Genetik Genetik (griech.): „Ursprung, Entstehung, Leben“ → Lehre der Vererbung und ihre Regeln und Gesetze Geschichte der Genetik • • • „Klassische“ Biologie ~1600 Erste Mikroskope in Holland durch die Brüder Janssen 1665 Beschreibung von "cells" als "little boxes" in Korkgewebe durch Hooke ~1680 Beschreibung von Einzellern, Bakterien, Spermatozoen und Blutkörperchen durch van Leeuwenhoek 1831 Entdeckung von Zellkernen in Pflanzenzellen durch Brown 1839 Begründung der ,,Zelltheorie" durch Schwann und Schleiden 1855 Erkenntnis, daß ,,omnis cellula e cellula" durch Virchow 1857 Beschreibung von Mitochondrien in Muskelzellen durch Kölliker Klassische Genetik (u.a. mendelsche Gesetze) Molekulargenetik (u.a. Struktur der DNA/Gene) Genomik (u.a. Transkriptom) Anfang der Genetik Im allgemeinen wird der Pater Johan Gregor Mendel (1822-1884) als Vater der modernen Genetik bezeichnet. Mendel formulierte seine Vererbungsgesetze, die er durch Kreuzungsexperimente mit 28.000 Garten Erbsen 1865 veröffentlichte Er ging davon aus, daß unsichtbare, interne "Informationseinheiten" oder "Faktoren" von einer Generation an die nächste weitervererbt werden. Zum Vergleich 1859 erschien Charles Darwins Evolutionsgedanke „On the Origin of Species by Means of Natural Selection“ Mendel 1865 Mendel 1865 beschränkte sich auf wenige, leicht beobachtbare Merkmale, die nicht von Umweltfaktoren (Wetter, Dünger..) abhängen. erkannte, daß die Nachkommenaufspaltung statistisch ausgewertet werden muß. → nur bei großer Nachkommenzahl möglich! erkannte, daß die Eltern an ihre Kinder "stoffliche Einheiten" = Erbfaktoren = Gene weitergeben - und zwar für jedes Merkmal zwei (ein Allel vom Vater, ein Allel von der Mutter) Mendels Forschung geriet in Vergessenheit und wurde 1900 von de Vries, Correns und von Tschermak wieder entdeckt Uniformitätsgesetz Spaltungsgesetz Neukombinationsgesetz 1 Genetik im 19. Jhd. 1869 isolierte der Schweizer F. Miescher einen Stoff aus eitrigen Bandagen, den er „Nuklein“ nennt und konnte mittels Elementaranalyse einen Gehalt von 14% N, 3% P und 2% S (verunreinigung von Proteinen) finden 1883 stellt A. Weismann in einem Buch fest, daß Vater und Mutter zu gleichen Anteilen an der Weitergabe der „Erbanlagen“ an die Kinder beteiligt sind 1889 postuliert H. De Vries, daß die Vererbung auf Faktoren im Zellkern („Pangenen“) basiert Anfang des 20. Jhd. (Teil 1) 1901 DeVries entdeckt bei einer Nachtkerzenpflanze ein neues Merkmal durch sprunghafte Veränderung. „Mutation“ 1901 Die Geschichte des Klonens beginnt in Deutschland: Der deutsche Entwicklungsbiologe Spemann klont durch Zufall einen Molch aus einer Embryozelle. Hierbei stellte sich heraus, daß ein Blastomerenkern sämtliche genetische Information enthält, wie der ursprüngliche Zellkern der Zygote 1903/04 Chromosomentheorie der Vererbung und Begründung der Cytogenetik durch Sutton, Boveri und Correns 1905 Bateson führt den Begriff „Genetik“ ein 1905 Wilson und Stevens konstatieren, daß unterschiedliche Xund Y-Chromosomen für das Geschlecht verantwortlich sind. Anfang des 20 Jhd. (Teil 2) 1924/26 Groter und Grendel beschreiben Biomembranen als Lipid-Bilayer 1926 Muller entdeckt das Röntgenstrahlung Mutationen im Erbgut bewirken 1928 Transformationsversuch von Griffith 1929 Levene studiert den zuvor unbekannten Zucker Desoxyribose in Nukleinsäuren, die keine Ribose enthalten. Er legt damit einen wichtigen Grundstein zur Entdeckung der Desoxyribonukleinsäure DNA T.H. Morgen 1907 wurde die Theorie von Sutton, daß paarweise auftretende Chromosomen Träger des Erbmaterials sind, von der Forschergruppe um Thomas Morgan an der Drosophila melanogaster (eine Taufliegenart) verfolgt und ausgebaut. In jahrelanger Arbeit gelang es Morgan, die Träger der geschlechtsgebundenen Erbanlagen, die Gene, an bestimmten Stellen der Taufliegen-Chromosomen zu lokalisieren und nachzuweisen, wie Gene durch die Aktivität von Chromosomen weitergegeben werden. Er erhielt "für seine Entdeckungen über die Bedeutung der Chromosomen als Träger der Vererbung" im Jahre 1933 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie und gilt seitdem als "Vater der Genforschung". Chromosomentheorie SUTTON und BOVERI 1903/04 faßten die in der Luft liegenden Vorstellungen zur Chromosomentheorie der Vererbung zusammen. Sie blieb jedoch noch auf Jahre umstritten, denn ein schlüssiger Beweis ließ auf sich warten. STRASBURGER schrieb 1909: "Die Studien über die Vererbung zeigen nun, daß die nach den Mendelschen Regeln sichtbare Erscheinung ganz dem entsprechen, was sich mikroskopisch bei der Kernteilung und Kernverschmelzung an den Chromosomen beobachten läßt." Anfag des 20. Jhd. (Teil3) 1935 Max Delbrück, Timofejew-Ressowsky und Zimmer schreiben das „grüne Pamphlet“ über die Natur des Gens. Sie vermuteten, daß es sich dabei um fest umrissene Einheiten eines Stoffes handelt 1938 Nachweis des „Crossing over“ beim Menschen 1941 Beadle und Tatum konstatieren nach Experimenten mit Schimmelpilzen, daß jedes Gen in ein Enzym übersetzt wird, welche das Leben im Organismus steuern 1944 Avery entdeckt anhand der Transformation von Pneumococcen, daß die DNA und nicht die komplexen Proteine als Träger der Erbinformationen fungieren 2 Crossing over - Morgan, Sturtevant, Muller, and Bridges, 1915 - Zufälliges Ereignis während der Zellteilung oder der Meiose Anfang des 20 Jhd. (Teil 4) 1946 Tatum und Lederberg zeigen, daß Bakterien genetisches Material direkt miteinander austauschen können. Diese Methode zur Einschleusung von Fremd-DNA wird später Konjugation genannt 1947 McClintock postuliert die "springenden Gene" (Transposons). Ihre Entdeckung bleibt lange Zeit unerkannt. 1950 Chargaff fand heraus, daß die DNA aus Adenin, Cytosin, Guanin und Thymin zusammensetzt. Außerdem fand er heraus, da immer die Menge Adenin zu Thymin und Cytosin zu Guanin gleich ist. Also diese Basen Paarförmig vorliegen 1950 Franklin fand durch Bestrahlung von DNA mit Röntgenstrahlung heraus, daß sie in Form einer Helix vorliegt, die aus zwei oder drei Ketten zusammengesetzt ist McClintock (Transposons) Avery Durchführung: In vier verschiedenen Reagenzgläsern, die alle R-Pneumokokken und ein Filtrat von hitzeabgetöteten SPneumokokken enthalten, wird jeweils ein Enzym hinzugefügt: 1. Amylase (Stärke spaltendes Enzym) 2. Protease (Protein spaltendes Enzym) 3. DNase (DNA spaltendes Enzym) 4. RNase (RNA spaltendes Enzym) Versuchsbeschreibung: Bei allen vier Reagenzgläsern bis auf dem mit der DNase kommt es nach einiger Zeit zur Bildung von S-Pneumokokken. Interpretation: Da es bei allen vier Versuchen bis auf den dritten zur Bildung von S-Pneumokokken kommt, muß die DNA die für die Weitergabe der zur Schleimkapselbildung nötige Information zu enthalten Tatum (Konjugation) Konjugation erfordert Zell-Zell Kontakt, welcher durch SexPili (längliche Zelloberflächenstrukturen) vermittelt wird. Das betreffende Plasmid wird durch Sigma-Replikation (Rolling circle) dupliziert, und ein Einzelstrang wandert während der Konjugation durch eine Pore von der Donorzelle in die Empfängerzelle (Rezipient). Chargaff (Basen) Die ersten Transposons wurden in den 1940er von Barbara McClintock entdeckt. Sie arbeitete mit Mais und fand heraus, daß die Transposons verantwortlich für verschiedene Arten von Gen Mutationen sind. Insertion Deletion Translocation 3 Mitte des 20. Jhd. (Teil 1) Hershey & Chase 1952 Hershey und Chase führen ihre berühmten "BlenderExperimente" mit markierten DNA-Sequenzen und Proteinen und Phagen durch, um den Lebenszyklus der Viren zu verfolgen. Sie weisen nach, daß die DNA Träger der genetischen Information ist und daß die Proteine nur eine untergeordnete Rolle spielen 1952 Lederberg und Tatum entdecken die Plasmide 1953 Watson und Crick fanden heraus, daß Adenin Cytosin abstößt, aber mit Thymin zusammen paßt. Die Verbindungen zwischen den Basen wird durch Wasserstoffbrücken realisiert, die zwischen H eines Moleküls und einem nicht-H eines anderen Moleküls stattfindet. Durch verschiedene Vorarbeiten und ihre eigenen Erkenntnissen entstand das räumliche Modell einer Doppelhelix-Strukur Watson & Crick Mitte des 20. Jhd. (Teil 2) 1955 Sanger entschlüsselt die Aminosäuresequenz von Insulin und zeigt erstmals, daß Eiweiße aus einer definierten Abfolge von Aminosäuren bestehen 1956 Levan und Tijo weisen nach, daß der Mensch 23 Chromosomenpaare hat. 1956 Arthur Kronberg gelingt es erstmals, eine DNASequenz zu synthetisieren. Parallel beginnt die Entwicklung einer Vielzahl von Methoden zur Analyse des Erbguts Sanger Zuerst wird (über eine nucleophile aromatische Substitution) 1-Fluor-2,4dinitrobenzol an die Aminogruppe substituiert. Dann wird das Peptid hydrolytisch gespalten. Führt man die Hydrolyse vorsichtig genug durch kann man so das ganze Peptid abbauen. Bei der Spaltung bleibt der Dinitrophenyl-Rest an der N-terminalen Aminogruppe haften. Diese kann dann leicht abgetrennt und z.B. über Chromatographie bestimmt werden Mitte des 20. Jhd. (Teil 3) 1959 Jacob und Monod beginnen mit Studien zur genetischen Regulation. Darunter verstehen sie nachweisbare Steuerungsmechanismen auf der DNA. Sie weisen die Existenz von Proteinen mit mehreren Funktionen nach. Zwei Jahre später postulieren sie ihr Modell der „Gen-Regulation“ 1961 Crick entdeckt, daß Botenmoleküle (mRNA) nötig sind, um die Informationen der DNA aus dem Zellkern ins Zytoplamsa zu transportieren, wo die Proteine gebildet werden. Entsprechende Vermutungen hatte Crick bereits ab 1957 geäußert 1961 Nirenberg synthetisiert einen mRNA-Strang der nur aus der Base Uracil aufgebaut ist. Er entdeckt, daß diese Sequenz die Aminosäure Phenylalanin definiert. Seine Entdeckung ist der erste Schritt, um den „genetischen Code“ aufzuklären 1965 Auf Grundlage der Arbeiten von Nirenberg gelingt es Mathaei und Ochoa, den Zusammenhang zwischen Genen und Proteinbildung (den so genannten genetischen Code) aufzuklären: Drei DNA-Bausteine definieren jede der 20 Aminosäuren 4 Jacob & Monet Nirenberg, Mathaei und Ochoa Mitte des 20. Jhd. (Teil 4) Ende des 20. Jhd. (Teil 1) 1967 es werden in verschiedenen Laboratorien die Ligasen, die „Kleber“ für die Erbsubstanz, isoliert 1968 Arber entdeckt die „Restriktionsenzyme“, die DNAMoleküle an definierten Stellen schneiden können - ein bedeutendes Werkzeug der Gentechnik wird geschaffen 1970 Temin und Baltimore entdecken in unterschiedlichen Studien in Retroviren das Enzym Reverse Transkriptase, mit dessen Hilfe Viren ihre Erbinformationen umschreiben können, um sie in die Wirts-DNA einzubauen 1970 Duesberg und Vogt entdecken das erste Krebsgen in einem Virus. 1970 Caspersson stellt eine Methode vor, Chromosomen derart zu färben, daß sie das heute bekannte BandenMuster zeigen Berg / Cohen, Chang & Boyer 1972 Einer Forschergruppe um Berg gelingt es, mit Hilfe von Restriktionsenzymen DNA zu zerschneiden und mit einem weiteren Enzym (Ligase) wieder zu verbinden. So entsteht das erste vollständige rekombinante DNA-Molekül, man spricht vom ersten gelungenen gentechnischen Experiment 1973 Cohen, Chang und Boyer transferieren in einem historischen Experiment zum ersten Mal DNA von einem Organismus in einen anderen: Sie vereinen virale und bakterielle DNA und kreieren ein Plasmid mit zwei Antibiotika-Resistenzen. Anschließend integrieren sie das Plasmid in die DNA des Darmbakteriums Escherichia coli und schaffen so den ersten rekombinanten Organismus. Sie legen damit den Grundstein für alle heutigen gentechnischen Arbeiten 1975 Köhler und Milstein veröffentlichen ihre Ergebnisse zur Herstellung von „monoklonalen Antikörpern“ Köhler & Milstein 5 Ende des 20. Jhd. (Teil 2) Sanger, Gilbert & Maxam 1977 Gilbert, Maxam und Sanger entwickeln eine leistungsfähige Methode zur DNA-Sequenzierung auf Basis von Chemikalien statt Enzymen 1978 Goodman, Gilbert gelingt die Synthese von Ratten-Insulin in Bakterien 1978 Erstmals wird ein gentechnisch veränderter Organismus patentiert. Es handelt sich um ein Bakterium, das in der Lage ist, Öl zu absorbieren. (Fa. Exxon) 1978 Fa. Gentech gelingt die gentechnische Herstellung von Humaninsulin im Labor Ende des 20. Jhd. (Teil 3) 1979 John Baxter berichtet vom ersten erfolgreichen Klonen eines menschlichen Wachstumshormons 1981 Der entscheidende Durchbruch für die Stammzelltechnologie gelingt: englische und amerikanische Embryologen trennen bei embryonalen Stammzellen den Prozeß der Vermehrung von der Differenzierung 1981 Die erste durch Embryonenteilung geklonte Kuh und die erste ebensolche Maus kommen zur Welt. Die Maus trägt das Gen für ein Wachstumshormon der Ratte in ihren Zellen und erreicht eine stattliche Größe 1982 Das erste gentechnisch hergestellte (rekombinante) Medikament kommt in den USA auf den Markt. Es handelt sich um Insulin für Zuckerkranke, das von einem transgenen Bakterium gewonnen wird Mullis Ende des 20. Jhd. (Teil 4) 1983 Die aus 48.502 Nukleotiden bestehende DNA-Sequenz des Bakteriophagen Lambda wird veröffentlicht 1983 Mullis entwickelt ein Verfahren, um mit Hilfe der "Polymerase-Kettenreaktion" (Polymerase Chain Reaction, PCR), DNA zu vervielfältigen. Damit wird die Molekularbiologie revolutioniert 1984 Das Genom des Human-Immundefizienz-Virus (HIV), das für Aids verantwortlich ist, wird entschlüsselt 1984 Willadsen kloniert Schafe aus frühen Embryo-Zellen. Er mixt auch Zellen verschiedener Arten und schafft die „Schiege“ aus Schaf und Ziege Ende des 20. Jhd. (Teil 5) 1986 Der erste therapeutische Antikörper wird in den USA zugelassen und gegen Abstoßungsreaktionen bei Nierentransplantationen eingesetzt 1986 Wilmut klont identische Lämmer aus neun Tage alten EmbryoZellen 1988 Die Initiative "Human Genome Project" wird in den USA und in Japan beschlossen. Sie soll die systematische Entschlüsselung des menschlichen Erbguts leisten. Die "Human Genome Organisation" (HUGO) übernimmt im Oktober 1990 die Koordination dieses Vorhabens 1988 wird erstmals ein gentechnisch verändertes Säugetier patentiert von Leder und Steward. Es handelt sich um eine Maus, die als Tiermodell für die Krebsforschung dient 1989 Capecchi stellt eine zuverlässige Technik vor, mit der bestimmte Gene in Mäusen gezielt ausgeschaltet werden können. Sie wird als "Knock-out-Methode" bezeichnet 6 Ende des 20. Jhd. (Teil 6) 1990 Anderson führt im September in den USA erstmalig ein Gentherapieexperiment an einem vierjährigen Kind durch. Das Mädchen leidet an einer schweren Immunkrankheit (ADA-Mangel), die unbehandelt rasch zum Tode führt 1990 Das Human Genome Project wird gestartet, um das menschliche Genom zu entschlüsseln 1991 Im April erhält das Max-Delbrück-Laboratorium die erste Genehmigung zur Freisetzung eines gentechnisch veränderten Organismus in der BRD. Es handelt sich um transgene Petunien, deren Blütenfarbe verändert wurde 1996 Hefe Genom komplett sequenmziert 1997 Erste geklonte Säugetier wird in Edinburgh präsentiert. „Dolly“ 2000 Die „Rohfassung“ des menschlichen Genoms wird veröffentlicht ....... Literatur Klonierungen, Klonierungen, Restriktionsenzyme: MBI Fermentas www.fermentas.de/katalog.htm oder NEB www.neb.com Literatur LabFAQs: www.roche-applied-science.com/labfaqs Bench Guide: www.qiagen.com/literature/benchguide Beides auch als kl. Buch bei Roche bzw. Qiagen erhältlich Literatur Protokolle Im Internet: www.protocolwww.protocol-online.org Als Buch: Shambrook „Molecular Cloning“ Cloning“ oder “Current protocols in molecular biology” Bibl. Bibl. Chemie (NC 03/48503/485-498) Literatur Alberts: „Lehrbuch der Molekularen Zellbiologie“ WileyWiley-VCH Knipers: Knipers: „Molekulare Genetik“ Thieme ..... 7