Vom Kampf gegen Ornament zum Paradigma: „Form follows function“ Im 19. Jhd. war das Ornament eine nahezu allgegenwärtige Form. Anhand einer Abbildung einer Straßenlaterne (aus einem Stadtgemälde von Paris) kann man den Stil des19. Jhd um 1870 nachvollziehen. Oben ist ein relativ einfacher Glaskörper, der sicherlich auch heute noch verwendet werden könnte. Den Schaft zieren jedoch zahlreiche florale Ornamente, er sieht aus wie aus Holz gedrechselt. Die Mitte des 19. Jhd. weiterentwickelte Gußtechnik - meist Eisenguß oder wahrscheinlich hier eine patinierte Messing/Bronze-Legierung - machte es zwar möglich, beliebige Formen zu gießen. Allerdings verneinen die holzdrechselähnlichen Windungen und Ornamente das Material. Man spricht hier auch von fehlender Materialehrlichkeit. Während des Jugendstils erlebte die Ornamentik einen großen Aufschwung. Allerdings gab es bereits einige Verfechter eines bewusst sparsamen Einsatzes von Ornamentik. So etwa hat der Designer Rennie Mackintosh um 1900 eine bewusst geometrisierte (und damit klare) Möbelserie entworfen. Zeitgleich kämpfte der Österreicher Adolf Loos mit der Kampfsschrift „Ornament und Verbrechen“ gegen die grade in Wien grassierende „Ornament-Wut“: „Evolution der Kultur ist gleichbedeutend mit dem Entfernen des Ornamentes aus dem Gebrauchsgegenstande.“ (Adolf Loos 1908) Und auch die Chicagoer Architekten Sullivan und Adler formulierten an einem neuen Verständnis von Design/Architektur, heute bekannt als Paradigma des Funktionalismus „form follows function“: „Es ist das Gesetz aller organischen und anorganischen, aller physischen und metaphysischen, aller menschlichen und übermenschlichen Dinge, aller echten Manifestationen des Kopfes, des Herzens und der Seele, dass das Leben in seinem Ausdruck erkennbar ist, dass die Form immer der Funktion folgt.“ (Sullivan 1896) Es kam jedoch erst Mitte der 1920er Jahre zu einem Stil, der auch als „neusachlich“ beschrieben werden kann. Maßgeblich war auch, dass nach Krieg und Zerstörung einerseits zunächst ein positiver Zukunftsoptimismus, gepaart mit dem Zwang zur weiteren Industrialisierung des Massenkonsumgegenstands aus ökonomischem Druck zusammen kam. Das Ornament war hier fehl am Platze - es war auch schlicht zu überflüssig, um es teuer zu produzieren. Das Bauhaus gilt als erste Hochschule für Gestaltung zumindest in der zweiten Phase unter der Leitung von Mies van der Rohe als Hort des funktionalistischem Design. Es war geprägt durch die Verwendung von den als angesehenen Geometrieformen Kreis/Quadrat/Dreieck zusammen mit einer Norm-orientierten Maßhaltigkeit (z.B. die Standardtiefe von 60cm für Küchengeräte) sowie eines Farbschemas für bestimmte Formen. Die Zuordnung von Farben zu Raumkörpern war sehr dogmatisch, z.B. Blau – Kreis; Rot – Quadrat; Gelb – Dreieck. Das Bauhaus gilt heute nicht ganz korrekt als der Inbegriff für das „funktionalistische“ Design. In der Zeit nach 1945 setzte sich für 30 Jahre eine Art Herrschaft des Funktionalismus in Architektur und Design durch, die mittlerweile durchbrochen ist durch postmoderne Strömungen. Aufgaben: 1. Suche drei Gegenstände oder Gebäude, die als Vertreter der Ornamentik bzw. der antiornamentalen Funktionalismusschule gelten können, maile die Fotos an [email protected] 2. Überlege, wo Ornamente heute eingesetzt werden. 3. Bespreche die nächsterreichbare Straßenlaterne vor der Haustür (öffentliche Straßenbeleuchtung) vergleichend mit dem abgebildeten Modell oben!