Persönlicher ERASMUS-Erfahrungsbericht Studienfach Gastuniversität Gastland Stadt Philosophie Università di Padova Italien Padova Aufenthaltsdauer (Monat/Jahr – Monat/Jahr) Einverständniserklärung 09 /2015 – 01 /2016 Ich bin damit einverstanden, dass mein Erfahrungsbericht an interessierte Studierende weitergeleitet wird. X ja nein Ich bin damit einverstanden, dass mein Erfahrungsbericht auf den Internetseiten des Akademischen Auslandsamtes anonym veröffentlicht wird. nein X ja 1. Vorbereitung Nachdem ich bereits während des Bachelorstudiums zwei Semester in Italien (Bologna) verbracht hatte, erfuhr ich zu Beginn des Masterstudiums von dem neu eingeführten ERASMUS+ Programm und entschloss mich, diese unverhoffte Gelegenheit zu nutzen, um noch einmal nach Italien zu gehen. Dabei plante ich den Aufenthalt für mein letztes Master-Semester, um die Zeit in Italien auch für meine Promotions-Vorbereitung nutzen zu können. Erfreulicherweise gibt es in Italien einige Spezialisten in meinem Fachgebiet, sodass auch die fachliche Ausrichtung der Gastuniversität bei der Auswahl eine große Rolle spielte. Bereits an dieser Stelle drohten meine Pläne etwas umständlich zu werden: Das Institut für Philosophie verfügt über Partnerschaften mit Bologna, Cagliari und Salerno. Abgesehen davon, dass ich Bologna schon kannte und etwas Neues ausprobieren wollte, schienen Cagliari und Salerno fachlich für meine Zwecke nicht besonders geeignet zu sein. Mit den fachlich naheliegenderen Universitäten in Verona und Padova verfügen wir leider über keine Partnerschaft, sodass ich mich über die Geschichtswissenschaften für Verona und über die Romanistik für Padova bewerben musste. Das war zwar etwas aufwendiger, stellte sich letzten Endes aber als unproblematisch heraus, nicht zuletzt wegen dem freundlichen Entgegenkommen von Fr. Wagner aus der Romanistik, die extra in Padova nachfragte, ob man angesichts meiner speziellen Situation eine Ausnahme machen könnte. Für beide Universitäten erhielt ich eine Zusage und entschied mich schließlich für Padova. Nach der Abgabe sämtlicher Bewerbungsunterlagen und der Nominierung durch die Romanistik erhielt ich von der Uni Padova eine Mail mit der Aufforderung, meine Bewerbungsunterlagen einzureichen. Gefordert waren zwei OnlineBewerbungsformulare (eines für die Uni, eines für das padovaner Studentenwerk), das Learning-Agreement sowie ein Sprachnachweis. Etwa zwei Wochen vor meiner Anreise kontaktierte mich mein padovaner Uni-Buddy Irma, mit der ich die verschiedenen Immatrikulationsschritte nach meiner Anreise erledigte. Es lief also alles sehr gut organisiert ab. 2. Studienort und Wohnsituation Padova liegt in der Region Veneto in Norditalien, ungefähr 30 km westlich von Venezia. Vielleicht wäre Padova nur eine reiche Provinzstadt, wenn nicht die Universität und die Religion wären: Nach Bologna ist Padova die zweitälteste Universität Italiens, sie ist zudem bis heute eine der größten und renommiertesten. Aus diesem Grund ist Padova nicht nur voll mit Studentinnen und Studenten, sondern es kommen auch junge Leute aus ganz Italien und dem Ausland in die Stadt, um an der UniPD zu studieren. Das macht Padova trotz seiner beschaulichen Größe (ca. 100 000 Einwohner) zu einem sehr interessanten Ort voller Leben und studentischer Kultur. Es ist z.B. unmöglich, durch die Stadt zu laufen, ohne früher oder später einer Festa di Laurea zu begegnen. Zudem ist Padova eine wichtige Stadt für den Katholizismus: Auch nicht-Katholiken wird der heilige Antonius von Padova sicherlich ein Begriff sein. Seinetwegen ist Padova schon seit Jahrhunderten eine berühmte Pilgerstadt mit vielen Kirchen und Klöstern. Zuletzt ist die Altstadt wirklich malerisch und alles ist so dicht beieinander, dass man eigentlich alles zu Fuß oder mit dem Rad erledigen kann. Mein Zimmer suchte ich – wie schon damals in Bologna – über das online-Portal bakeca.it. Dort fand ich eine Anzeige für ein kleines Zimmer in der Nähe des Ospedale Civile (am Rande der Altstadt) für exakt den benötigten Zeitraum und bezahlbare 260€, also rief ich kurzerhand an und bat darum, die Kommunikation auf facebook zu verlegen, um einer erhöhten Telefonrechnung auszuweichen. Ich hatte großes Glück: Der ‚Verhandlungspartner‘ stellte sich als Bekannter um mehrere Ecken von einer Freundin von mir aus Bologna heraus, eine sehr günstige Ausgangslage also. Nach etwa einer halben Stunde waren wir uns einig, so hatte meine Wohnungssuche insgesamt 2 Stunden gedauert. Meine fünf italienischen Mitbewohner waren alle unglaublich nett und während der Monate in Padova wurden wir gute Freunde. Als schwierig erwies sich nur die Vermieterin: In den Studentenstädten kommt es zuweilen vor, dass Vermieterinnen und Vermieter Klauseln in den Mietvertrag aufnehmen, die schon sehr weit gehen und an deren Bestand vor Gericht man eventuell zweifeln könnte. So waren wir gemäß Mietvertrag verpflichtet, „die Wohnung stets sauber zu halten“ und nachdem der Mann der Vermieterin (unangekündigt!) vor der Tür stand, um eine Lampe zu reparieren, drohte uns die Vermieterin damit, wegen angeblich katastrophaler Zustände in der Wohnung eine Putzfrau auf unsere Kosten kommen zu lassen. Leider ist es als Fremder nicht ganz einfach, zu beurteilen, was Vermieter dürfen und was nicht. Auf jeden Fall sollte am Anfang (eventuell mit Unterstützung des Buddys) Einsicht in den Vertrag genommen werden, so ist man auf der sicheren Seite. 3. Die Sprache Durch meinen früheren ERASMUS-Aufenthalt in Bologna konnte ich bereits zu Beginn meiner Zeit in Padova annähernd fließend sprechen (auch wenn ich natürlich nicht immer alles verstanden habe) und auch problemlos Veranstaltungen auf Italienisch besuchen. Im Laufe der Monate habe ich meine Sprache noch etwas verfeinern können. Wie schon damals nach meinem Aufenthalt in Bologna, würde ich allen Interessentinnen oder Interessenten empfehlen, mit einem Sprachniveau von mindestens A2, besser aber B1 oder B2 ins Ausland zu gehen: Italien ist ein Land, in dem ein großer Teil des Lebens in der Öffentlichkeit stattfindet und viel und gerne geplaudert wird, wer aber die Sprache nicht kann, schließt sich von solchen Erfahrungen aus. Es gibt natürlich immer Gruppen von Studierenden, die nur Englisch können und trotzdem wunderbar zurechtkommen, aber diese Gruppen bleiben meistens eher unter sich bzw. haben nur Kontakt mit anderen ERASMUSLeuten. Natürlich muss Jede/r selbst wissen, ob er/sie die Priorität eher auf die Sprache und Kultur des Gastlandes oder auf die internationalen ERASMUSVeranstaltungen legt. 4. Die Universität In Italien sind generell frontale Vorlesungen üblich (kaum bzw. keine Seminare), am Ende wird eine mündliche Prüfung (insbesondere Geisteswissenschaften) oder Klausur (Wirtschaftswissenschaften etc.) durchgeführt. Ob bzw. wie weit auf die Austauschstudierenden zugegangen wird, hängt dabei vor Allem von der Lehrperson ab: Während meine Professorinnen und Professoren sehr zuvorkommend waren, habe ich auch von Lehrenden gehört, die keine besonders große Rücksicht nahmen. Ich habe einige Vorlesungen aus dem Philosophie-Master besucht, die der Professor anbot, der auch zu ‚meinen‘ Themen forscht. Mit ihm konnte ich mich darauf einigen, statt der mündlichen Prüfung zu den in der Vorlesung besprochenen Büchern mehrere schriftliche Ausarbeitungen zu meinen eigenen Interessenschwerpunkten abzugeben und im Anschluss zu diskutieren. Das hat ausgezeichnet funktioniert und neben zahlreichen interessanten Diskussionen und hilfreichen Anmerkungen konnte ich ihn schließlich auch für die Zweitbetreuung meiner Promotion gewinnen. 5. Freizeit, Reisen Trotz der recht beschaulichen Größe verfügt Padova über ein ansehnliches Freizeitangebot: Über die Uni können diverse Sportkurse besucht werden, für eher musisch veranlagte Studierende sind auch Orchester und Chor vorhanden. Wie an beinahe jeder Universität gibt es auch hier eine ESN-Sektion, die Events und Reisen organisiert. Da ich damals in Bologna meinen Bedarf an ERASMUS-Veranstaltungen vermutlich bereits auf Lebenszeit gedeckt habe und die meisten ERASMUSStudierenden in Padova kaum oder gar kein Italienisch sprachen, hielt ich mich dieses Mal ausschließlich an die Einheimischen, aber wie gesagt: Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Padova liegt für Ausflüge auf jeden Fall recht günstig: Bis Venezia ist es nur ein Katzensprung und nach Bologna ist es auch nicht weit, es gibt aber ebenfalls Direktverbindungen nach Firenze, Roma, Torino, Milano und Napoli, auch wenn die Reise natürlich einen Moment dauert. Seit einiger Zeit gibt es in Italien übrigens auch günstige Fernbusse (Flixbus etc.), durch diese Konkurrenz haben die Staatsbahn trenitalia und das Privatunternehmen italotreno die Preise gesenkt besonders bei Online-Buchungen. Ich bin z.B. für insgesamt 39€ (hin und zurück!) mit einem modern ausgestatteten Intercity nach Orvieto gefahren, das entspräche in etwa der Strecke Berlin-Köln. Prinzipiell ist Ausgehen in Padova nicht übermäßig teuer, auch wenn das natürlich von Lokal und Lieblingsgetränk abhängig ist. Standardgetränk ist hier weder Bier noch Wein, sondern Aperol-Spritz, für ein Glas bezahlt man zwischen 2 und 3,50€, also nicht besonders viel. 6. FAZIT Padova ist eine großartige und authentische Stadt zum Studieren und zum Leben, in der ich mich immer sehr wohl gefühlt habe. Für Studierende, die Abwechslung vom großstädtischen Berlin suchen und gerne etwas italienische Studentenkultur erleben möchten, ohne sich in einer zu beschaulichen Kleinstadt zu langweilen, dürfte Padova (ebenso wie Bologna) eine gute Wahl sein. Ich bin sehr froh, dass ich mich damals für Padova entschieden habe und kann diese Erfahrung uneingeschränkt weiterempfehlen!