REPORT 53 *Walter Luessi Paul & Henri Carnal Hall, Institut Le Rosey in Rolle FUTURISTISCHE KUPPEL FÜR MUSIK UND THEATER 1 Mit der spektakulären Erweiterung «Carnal Hall» will die älteste Privatschule der Schweiz der künstlerischen Erziehung eine neue Plattform ­geben. So wird das Kuppelgebäude mit ­einem Durchmesser von 80 m über ein 900-plätziges Auditorium für Konzerte, Theater und Konferenzen verfügen. In den Nebenräumen bietet sich zudem Platz für Musikunterricht, Übungsräume für Instrumente, Chor, Orchester sowie für Ateliers. * Walter Luessi dipl. Architekt ETH/SIA / Mitglied der Geschäftsleitung Tuchschmid AG CH-8501 Frauenfeld Die aussergewöhnliche, anspruchsvolle Architektur des Baus besticht durch Schlichtheit, Moderne und Schönheit. Das Edelstahldach weist eine Fläche von 4900 m2 auf und überspannt eine 570 Tonnen schwere Stahlkonstruktion. Die verspielt integrierten Oberlichter weisen eine Glasfläche von 150 m2 auf. Architektonische Idee Die Integration des neuen Gebäudes Paul & Henri Carnal Hall in den historisch und architektonisch einheitlichen Campuskomplex des Institut Le Rosey ist mit dem futuristischen, aparten und gewölbten Kuppelbau gut gelungen. Die aussergewöhnliche Gebäudeform setzt gekonnt neue Akzente und unterstreicht auf besondere Weise Kreativität und Inszenierung, die auch in Musik und Theater eine grosse Rolle spielen. Die flache Kuppel mit 80 m Durchmesser überspannt alle Räume des Neubaus. Das Gebäude ist in drei wesentliche Teile gegliedert: erstens die runde Kuppel, zweitens die zwei Ebenen des Betonsockels mit Räumen für Workshops, Proben und Ausbildung. Drittens der Holzkern mit dem grossen rechteckigen Raum, dessen zentrales Element der grosse Konzertsaal ist, der von verschiedenen Probe- und Schulungsräu- men, Bibliothek und Restaurant sowie offenen, hellen Begegnungszonen ergänzt wird. Ein besonderes Augenmerk hat der berühmte schweizerische Architekt Bernard Tschumi auf die Materialisierung des Gebäudes gelegt. Im Innenbereich dominieren Stahl, Glas sowie Holz und aussen überzieht eine schimmernde Edelstahlhülle die gesamte Dachkonstruktion und hebt sich gekonnt von den grossflächigen Glasfronten ab. Statik und Planung Die anspruchsvolle Geometrie des Kuppelbaus mit den Wölbungen und dem von unten nach oben zueinander laufenden Achssystem stellte nicht nur hohe Ansprüche an die statischen Berechnungen des Gesamtgebäudes, für welche das am Bau beteiligte Ingenieurbüro zuständig zeichnete, sondern forderte auch vom Stahlbauspezialisten Tuchschmid in der Detailstatik bis zum letzten Anschluss eine hohe Kompetenz. So gelang dank der guten Zusammenarbeit der Ingenieure mit dem Stahlbauunternehmer die eine oder andere Optimierung in den Bereichen Materialstärke und Anschlüsse. Bereits in der Planungsphase mussten Überlegungen zum Montagekonzept und zur Mate­ riallogistik wie Bauteil- und Transportgrösse FASSADE FAÇADE 3/2015 54 REPORT 1 Die Paul & Henri Carnal Hall im Abendlicht 2 Der Kuppelbau aus Stahl 3 Stahlkonstruktion im oberen Kuppelbereich 4 Vordachkonstruktion 5 Ansicht Isometrie / ­Vertikalschnitt 6 Innenansicht Eingangs­ bereich 7 Schimmernder ­Kuppelbau 8 Sichtbare Stahl­ konstruktion im Innen­ bereich 9 Parallel laufende Edel­ stahldachelemente 2 sowie Krankapazität und Bauablauf berücksichtigt werden. Als besonders anspruchsvoll erwiesen sich die Planungsarbeiten für die radialen, gewölbten und runden Knotenpunkte und Anschlüsse. Auch die Planung der Edelstahlabdeckung stellte hohe Ansprüche, da die Linien der Stösse in regelmässigen, parallelen Abständen diagonal über die Dachstruktur verlaufen und ausgenommen die Randbleche alle Edelstahlteile die gleiche Dimension aufweisen. Stahlbau 3 Bildnachweis: Fotos 1,6-9: Tuchschmid AG /Hans Ege www.artege.ch Fotos 2 und 3: Fehlmann Architectes, Morges Fotos 4 und 5: Tuchschmid AG, Frauenfeld FASSADE FAÇADE 4 3/2015 Ausgehend von den geometrischen Angaben des Architekten erstellte die Planungsabteilung der Firma Tuchschmid ein 3D-Modell der Stahlkonstruktion. Der Kuppelbau setzt sich aus einem regelmässig angeordneten Achssystem mit 24 Hauptachsen zusammen. Die Pfetten be­ stehen aus geschweissten 4-Kant-Hohlprofilen (700×300 mm) und werden von insgesamt 26 Stahlstützen �300 mm, die auf dem Betonfundament stehen, getragen. Als Sparren wurden Stahl-Rundrohre �406 mm verwendet, welche an die Pfetten gesteckt und geschraubt wurden. Im oberen Kuppelbereich wurde eine Stahlkonstruktion aus massiven Doppel-T-Trägern erstellt, die mit HEB-Trägern ausgespart ist. Unterbrochen wird die umlaufende Achskonstruktion von drei der Geometrie folgenden Oberlichtbändern im oberen Teil des Gebäudes. REPORT 55 Isometrie Stahlbau ① ② ③ ④ ⑤ ⑥ Vertikalschnitt Dach ⑦ ③ ④ ① Dach-Hauptträger 1400×340 ⑧ ② Dach-Nebenträger IPE 360 ③ Caisson 300×700 ④ Stahlquerprofile Durchmesser 406,4×12,5 ⑤ Stahlstütze Durchmesser 298,5×10 ⑥ Alu-Stehfalzdach mit Topprofilen ⑦ 2 mm Chromstahlblech Eindeckung ⑧ 2 mm Chromstahlblech Untersicht ⑨ Panel mit Akustik-Untersicht 5 FASSADE FAÇADE 3/2015 56 REPORT 6 Herausfordernd waren die im Süd- und Nordbereich des Gebäudes liegenden Einschnitte für die jeweiligen Dachterrassen und Balkonreihen, welche die vorgegebene Geometrie in aussergewöhnlicher Weise durchbrechen. Diese Vorgaben hatten grosse Auswirkungen auf Statik und Anordnung der Stahlkonstruktion. Im zentralen, oberen Dachbereich wurde eine spezielle, gewölbte Stahlkonstruktion aus geschweissten Doppel-T-Blechträgern und HEBTrägern erstellt. Diese Stahlkonstruktion wurde mit 150 mm dicken Trapezblechen abgedeckt und bildet so den Unterbau der daraufliegenden Betondecke, die als Schallschutz des Konzertsaals dient. Ein weiteres Element mit besonderem Augenmerk auf Statik und Planung war die umlaufende Vordachkonstruktion aus Stahl, welche an die Hauptkonstruktion anschliesst. 7 Dachkonstruktion Nebst der Stahlunterkonstruktion gehörte auch der gesamte komplexe Dachaufbau zum Auftrag der Tuchschmid AG. So entwickelte man zusammen mit e­inem externen Partner eine für das Bauwerk zugeschnittene Lösung. Die einzelnen Dachaufbauelemente wurden entsprechend der Feldgrösse produziert und millimetergenau auf die umlaufende Feldkonstruktion gesetzt. Der Dachaufbau setzt sich aus einem zentralen Holzsandwichelement mit integrierter Dämmung FASSADE FAÇADE 3/2015 8 REPORT 57 und einem abgehängten, gelochten Akustikblech sowie einem Aufbau von Isolation, Dachbahn und Stehfalzblech zusammen. Die Noppen des Stehfalzbleches wurden mit speziellen Aluprofilen versehen und dienen zur Aufnahme der Edelstahlbleche. Die rechteckigen, abgekanteten Edelstahldachelemente (500×2000 mm) wurden diagonal verlegt, punktuell geklemmt und an die Profile geschraubt. Sie bilden den äusseren Abschluss des Dachs. Die Materialisierung mit Edelstahlblechen wurde bei sämtlichen Dach- und Terrassenuntersichten sowie bei den Balkonbrüstungen beibehalten. Integriert und in der Geometrie des Dachs verlaufend wurden drei Oberlichtbänder in die Dachkonstruktion eingebaut. Eine Rahmenkonstruktion aus Stahl bildet den Anschluss an die Dachkonstruktion. Der Einbau der trapezförmigen Isoliergläser mit Sonnenschutzbeschichtung erfolgte erst in einem späteren Arbeitsgang. Die Glaselemente sind flach gehalten und haben eine Scheibenabmessung von bis zu 2 m. 9 Produktion und Montage Auch während der Produktion standen die Fachleute aufgrund der gewölbten Gebäudeform immer wieder vor kniffligen Aufgaben. Die vielen Schweissungen an der Stahltragstruktur sowie die Tuchschmid-eigene Oberflächenbearbeitung mit Sandstrahlarbeiten, Grundierung und Mehrfachdeckanstrich (RAL 9016) sowie externe Verzinkungsarbeiten für Stahlteile im Aussenbereich mussten genauestens terminiert und dem Bauablauf entsprechend hergestellt und zur Baustelle transportiert werden. Als erste Montagearbeit wurden die beiden 1,3 m hohen Doppel-T-Träger auf die im Zentrum des Baus hochgezogenen Betonwände gestellt. Danach erfolgte der Einbau der neun 1 m hohen Doppel-T-Träger zwischen den beiden Randträgern. Als Sparren wurden HEB-Träger eingebaut. Nun konnte mit der Montage der Stahlstützen begonnen werden, auf welche die 24 Achsstützen gestellt und die mit der oberen Stahlkonstruktion und weiteren Anschlussträgern verschraubt wurden. Parallel dazu erfolgte die Montage der Trapezbleche auf dem oberen Kuppelbau. Danach wurde die horizontale Sparrenkonstruktion aus Rohren in das Achssystem eingesteckt und verschraubt. Den Abschluss der Stahlbaumontage bildeten die verschiedensten Spezialteile als Abschlusselemente von Terrassen, Balkonelementen und Oberlichtern sowie die Konstruktion für den Dachrandabschluss. Mit dem Einsetzen der Sandwichelemente und dem weiteren Dachaufbau inklusive Versetzen der Aluminiumteile auf die Stehfalzbleche begannen die Monteure mit der Edelstahlabdeckung. Die Arbeiten erfolgten von unten nach oben laufend und im Uhrzeigersinn um das Gebäude herum. Später folgten die Montagearbeiten bei den Dachuntersichten, die Terrassen- und Balkonbrüstungen sowie die Fertigstellung der Oberlichtbänder. Für die Montage der Stahlkonstruktion standen zwei mobile Krane mit Hublasten von 350 Tonnen und 100 Tonnen zur Verfügung. Das längste Stahlteil wies eine Länge von 27 m auf. Zusätzlich standen zwei Baukrane für die Dacheindeckung und die Abschlussarbeiten zur Verfügung. Fassadenverglasungen Die vollständig verglasten Fassaden sind Pfosten-Riegel-Konstruktionen oder grosse Fensterelemente. Die Gläser sind grau getönt und Zweifachisolierverglasungen mit einem U-Wert von 1,0W/m2K. Der Sonnenschutz besteht aus externen Jalousien. Alle Türen sowie Lüftungsöffnungen sind dunkel lackiert. Eine Präsentation dieses spektakulären Neubaus in französischer Sprache mit vertiefter Beschreibung der technisch interessanten Glasfassaden werden wir in der nächsten Ausgabe der FASSADE publizieren. Nous publierons dans le prochain numéro de FAÇADE une présentation de ce nouveau bâtiment spectaculaire, en français avec description approfondie des façades en verre intéressantes du point de vue technique. Bautafel Bauherr: Institut Le Rosey, CH-1180 Rolle Architekt: Bernard Tschumi Architects, 227 West 17th Street, New York City 10011 Bauleitung: Fehlmann Architectes SA, CH-1110 Morges Ingenieur: ARUP, 77 Water Street, New York New York 10005 USA Ingenieur Ausführung: Alberti Ingénieurs SA, CH-1005 Lausanne Fassadeningenieur: Biff SA, CH-1006 Lausanne Stahlkonstruktion und Edelstahldach: Tuchschmid AG,CH-8501 Frauenfeld Metallfassaden: Félix Constructions SA CH-1026 Denges Sonnenschutz: Griesser AG, CH-8355 Aadorf FASSADE FAÇADE 3/2015 INSERAT Schnelle Montage durch Einsatz der Bohrschraubentechnik Passende Befestiger für verschiedene Unterkonstruktionen Komplettsystem mit abgestimmtem Setzgerät CF55 Hohe Korrosionsbeständigkeit dank austenitischem Stahl A2 oder A4 Keine Dellenbildung im Aussenblech Gewindefreie Zone und Stützgewinde machen Kalotten überflüssig SLG-Befestiger für Blech-Blech-Verbindungen SXC-Befestiger zur Befestigung von Sandwichelementen auf StahlUnterkonstruktionen SFS unimarket AG Befestigungstechnik Nefenstrasse 30, 9435 Heerbrugg Blegi 14, 6343 Rotkreuz T 0848 80 40 30 F 0848 80 40 15 [email protected] www.sfsunimarket.biz Bohrbefestiger SXC und SLG Sandwichelemente sicher und schnell befestigen ! au e A présent en exclusivité de SAGER: les nouveau panneaux isolants de façade… uv No Zebra Premium • Dernière technologie EPS «mirror welding Z-29» • Précision de géométrie maximale • Soudage breveté SAGER • Produit de qualité suisse, fabriqué à 100% à Dürrenäsch • Structures murales épurées possibles • Meilleur rapport qualité / prix Sager SA | CH-5724 Dürrenäsch | www.sager.ch