Mit Prozessanalyse zum effektiven Dokumentenmanagement DOKUMENTE VERWALTEN Worauf sollte ein Unternehmen achten, wenn es ein DM-System einrichten will? Wichtig ist, dass nicht einfach alle bestehenden Dokumente verwaltet werden, sondern nur die geschäftsrelevanten. Mit einer Analyse der Geschäftsprozesse kann eine Firma den Aufwand für das Management überflüssiger Dokumente eliminieren und Kosten einsparen. Dokumentenmanagement ist kein Thema, das isoliert betrachtet werden sollte. Es ist eng verknüpft mit den Geschäftsprozessen,indenendieDokumente entstehen,verwendetodergeändertwerden. Auch sind Dokumente ein Teil des «Unternehmens-Contents»,verknüpftmit Unternehmensdaten wie Kundenadressen und mit anderen Dokumenten, beispielsweiseineinemKundendossier.Die Antwort auf die Frage, warum so viele ProjektezurEinführungeinesDokumentenmanagement-Systems(DMS)scheitern oder nach der Einführung nicht erfolgreich sind, hängt mit dieser Komplexität zusammen. Häufig beginnen solche Projekte mit einer Erhebung der verwendeten Dokumente.EswerdenInterviewsgeführt,MethodenderbestehendenDokumentenverwaltunganalysiertundAnforderungenan eine neue Lösung definiert. Dabei kommenwenigErkenntnissezutage,dienicht bereits seit Jahren in Fachbüchern beschrieben werden: lange Suchzeiten, redundanteAblagen,UnsicherheitinBezug auf die Aktualität eines Dokuments und soweiter.DasErgebnisderAbklärungen– eineDokumentationdesIst-Zustands,ein LastenheftodereinPflichtenheft–bildet danndieGrundlagefürdieAusschreibung einesDokumentenmanagement-Systems. Was daran falsch ist? Vom Grundsatz her nichts, aber es fehlt das Unternehmensspezifische:dieAnalysederGeschäftsprozesse, in welchen die Dokumenterelevantsind,unddieKosten,die derUnternehmungfürdieVerwaltungder Dokumente oder durch eine nicht ordnungsgemässe Ablage und Archivierung entstehen. Die Konsequenz ist, dass es schwierigist,dieOffertenderzahlreichen Anbieterzuevaluieren,dagenerelleAnforderungen längst auch generell abgedecktwerden. Wer sucht, der findet. Aber: Modernes Dokumentenmanagement beinhaltet mehr als nur Relevanz der Dokumente das elektronische Erfassen von Dokumenten. Bild: wildworx – Fotolia.com VON KNUT HINKELMANN UND BARBARA THÖNSSEN entscheidend WasalsosollenUnternehmensonsttun? Siemüssenspezifischwerden.Esbeginnt mit der Analyse der Geschäftsprozesse: Welche Dokumente werden in welchen Prozessen, Sub-Prozessen und Aktivitätenbenötigt?Vielleichtstelltmandann überraschtfest,dasseinDokumentzwar mit grossem Aufwand erzeugt, aber danach von niemandem verwendet wird. Oderaber,dassbestimmteInformationen inmehrerenAktivitätenbenötigtwerden unddafürimmerwiederneueReportsund Dokumente erzeugt werden – weil niemandvondenanderenVersionenweiss. ErfahrungsgemässisteingrosserTeil der verwendeten Dokumente eines Unternehmens zumindest teilweise irrelevant,weilsieentwederredundanteInfor- Dokumentenmanagement so wie es nicht sein sollte ... mationen enthalten oder weil niemand erkennt,dassdieInformationennichtgebrauchtwerden.DieVerwaltungdieserirrelevanten Dokumente erhöht den AufwandunddieKostenimBetriebdesDMS undmachtDokumentenmanagementunnötigaufwendig.StattalsodieverwendetenDokumentezuerheben,sollteesdas Zielsein,diewirklichrelevantenzuidentifizieren.InformationenundDokumente sinddannrelevant,wennsieineinemGeschäftsprozessbenötigtwerden.NurrelevanteDokumentemüssenverwaltetwerden.FürdieErhebungderInformationslogistik empfiehlt sich das «Rückwärts- design», das auch für die Modellierung der Geschäftsprozesse verwendet wird. DabeigehtmanvondenProzesszielenaus und analysiert den Informationsbedarf, dasheisstwelcheInformationenundDokumentebenötigtwerden,umdieProzesszielezuerreichen. Bild: Cmon – Fotolia.com Überflüssige Dokumente identifizieren 58 Dossier EinBeispiel:ImRahmeneinerErhebung von Informationsobjekten in der Auftragsabwicklung wurde festgestellt, dass beiderAuftragsannahmealleDatenund Anforderungen des Kunden sorgfältig in einem Report zusammengetragen und zumAuftragsdossierhinzugefügtwerden in dem Glauben, dass die nachfolgende Marketing & Kommunikation 4/12 Produktionsplanung diese InBegriff zu nennen) – hat das formationen benötigt. Die Anaübergeordnete Ziel, unabhängig lyse des Geschäftsprozesses von Quelle und Nutzung beliezur Auftragsbearbeitung hat bige Informationen bereitzusteldann gezeigt, dass das Dokulen und als Dienst allen Anwenment nur weitergeleitet und dungen gleichförmig zur Verfüabschliessend archiviert, aber gung zu stellen. Informationen nie gebraucht wurde – die Prokönnen sowohl strukturierte duktionsplanung hat ihre InDaten als auch Dokumente oder formationen auf anderem Weg Teile von Dokumenten sein. Doerhalten. Solche Beispiele von kumentenmanagement ist ein Dokumenten, die erstellt werwichtiger Teilbereich des ECM den, weil sie «nützlich sein zur datenbankgestützten Verwalkönnten», kommen immer tung elektronischer Dokumente, wieder in Unternehmen vor. das heisst eine Kombination von Die Analyse der GeschäftsTexten, Tabellen oder Bildern, prozesse hat zudem den Seiaber auch Audio und Videos, teneffekt, dass eine Firma dadie in Dateiform angelegt sind. mit genau weiss, welche DokuIm Gegensatz zum Dokumentenmente geschäftsrelevant und management-System speichert deshalb revisionssicher aufzuund verwaltet die elektronische bewahren sind. Und es wird Archivierung diejenigen DokuFür ein effektives Dokumentenmanagement sollte ein klar, wer Zugriff auf die Dokumente, die nicht mehr verändert Unternehmen die Geschäftsprozesse analysieren und unnötige mente haben muss: Personen, werden. Die Trennung zwischen Dokumente identifizieren. die die Geschäftsprozesse beDMS und EA ist fliessend und arbeiten, in denen die Dokukann auch zu Records Managemente benötigt werden. Zeit mit dem Suchen nach Informationen ment nicht scharf gezogen werden. AufDoch warum wird dieses Vorgehen so verbringen, aber nur zwischen fünf und grund der vielfältigen Ausprägungen der selten gewählt? Oft sind die Geschäftspro- 15 Prozent mit dem Lesen. Die Ablage Systeme und hohen Volatilität des Marktes zesse gar nicht so dokumentiert, dass eine eines Dokuments kostet angeblich 20 Dol- empfiehlt sich ein Blick in ständig aktuZuordnung der Dokumente möglich wä- lar; wurde es falsch abgelegt, kostet das alisierte Marktübersichten, wie sie beire. Ausserdem legen Unternehmen meist Wiederauffinden 120 Dollar. spielsweise unter www.documanager.de Wert darauf, dass mit der Einführung eines Aber selbst wenn ein Unternehmen oder www.contentmanager.de zu finden DMS endlich vorwärtsgemacht wird. Da die Zahlen erheben könnte, so fehlt doch sind. Egal welches Etikett ein System hat, bleibt häufig vorgängig keine Zeit, eine Ge- der Bezug zum Kerngeschäft. Um diesen wenn eine Firma konkrete, unternehmensschäftsprozessanalyse zu machen, da man herzustellen, müsste man beispielswei- spezifische Anforderungen formuliert hat, denkt, dass es zu lange dauert und viel zu se zeigen, dass eine effizientere Suche die findet sie auch in einem unübersichtviel kostet. Zeit für die Bearbeitung von Kundenanfra- lichen Markt die richtige Lösung! gen reduziert und damit die KundenzuGeschäftsprozesse bei Kosten friedenheit erhöht. Oder dass durch effizi- Nur geschäftsrelevante berücksichtigen enten Zugriff auf Dokumentationen frühe- Dokumente verwalten Bei der Schätzung von Kosten und Einspa- rer Entscheide neue Versicherungsanträge Ein Dokumentenmanagement-System rungen steht meist das Dokument im Zent- schneller und vor allem auch besser bear- sollte nicht einfach die bestehenden Dorum der Betrachtung. Es geht darum, den beitet werden können. Und damit wären kumente elektronisch verwalten, sondern Lebenszyklus der Dokumente zu optimie- wir wieder bei den Geschäftsprozessen, nur alle geschäftsrelevanten! Unternehren: schnellerer Zugriff auf Dokumente, denn deren Analyse kann die notwendigen men sollten die Chance nutzen, bei der Einführung eines DMS die InformationsVermeiden von Mehrfachablagen, Verwal- Informationen und Kennzahlen liefern. landschaft zu konsolidieren. Dazu dient tung von Bearbeitungszuständen (Versidie Analyse der Geschäftsprozesse: In welonen) oder das Protokollieren sämtlicher Welches System ist das richtige? Manipulationen. Um den Nutzen eines Schliesslich stellt sich noch die Frage, chen Geschäftsprozessen wird ein DokuDMS zu belegen, werden Kennzahlen wie welches Dokumentenmanagement-Sys- ment benötigt, welche rechtliche Bedeudie Reduktion der Suchzeiten, Einspa- tem das richtige ist. In den letzten Jahren tung hat es, wer greift darauf zu, in welcher rungen an Büro- und Archivraum oder hat sich der Markt zwar teilweise konso- Form, zu welchem Zweck und so weiter. reduzierte Speicherkapazität aufgeführt. lidiert, trotzdem ist er noch ziemlich un- So wird der Informationsbedarf festgestellt Wie lange hat eine Person im Durch- übersichtlich. Das beginnt schon mit den und die Kosten und Einsparungen für schnitt, um ein Dokument zu finden, und Bezeichnungen: Dokumentenmanage- das Unternehmen können ermittelt werwas kostet diese Arbeitszeit? Dafür gibt es ment-System (DMS) und Enterprise Con- den. Der Aufwand für die Prozessanalyse Schätzwerte. Aber die sind so hoch, dass tent Management (ECM) sind die wohl wird dadurch aufgewogen, dass man den sie in der Regel für die eigene Unterneh- gängigsten Begriffe, mit denen die Pro- Aufwand für die Verwaltung nicht benömung als nicht zutreffend erachtet wer- dukte beworben werden. Hinzu kommen tigter Dokumente eliminiert und sich auf den. So hat die Association for Informa- elektronische Archivierung (EA) und Re- die wirklich notwendigen fokussiert, die zur Optimierung der Geschäftsprozesse tion and Image Management AIIM (http:// cords Management (RM). www.aiim.org) beispielsweise berichtet, Das ECM – oder IIM (Integrated Infor- und damit zu wirklichen Einsparungen dass Mitarbeitende bis zu 50 Prozent ihrer mation Management, um einen weiteren beitragen. n Marketing & Kommunikation 4/12 Dossier 59