Climate Press Nr. 26 | 2009 | Kein Stillstand der globalen Erwärmung sind hauptsächlich ein Produkt der geographischen Ver­teilung der Wärmeenergie auf der Erde. Auch in wärmerem Klima können kalte Winter auftreten, allerdings nimmt deren Häufigkeit ab, diejenige von warmen Wintern hingegen zu. Das zyklische mehrjährige Auftreten von bestimmten atmo­sphä­rischen Strömungsmustern (z.B. die so ge­nann­te Nordatlantische Oszillation) kann dazu führen, dass auch mehrere kühle Winter nacheinander auftreten. Die geographische Verteilung der Wärmeenergie bzw. diese Strömungsmuster können durch die Erwärmung ebenfalls beeinflusst werden, doch sind die diesbezüglichen Auswir­ kun­gen noch nicht klar. Zur Einordnung der Jahresmitteltemperaturen 2008 in der Schweiz in die langen Messreihen und zum Zusammenhang mit der Klimaerwärmung siehe Bericht der MeteoSchweiz: http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de/klima/ berichte_und_publikationen/2008_und_die_klimaerwaermung.html Climate Press Hintergründe der Klima- und Global Change-Forschung Nr. 26 / Mai 2009 Kein Stillstand der globalen Erwärmung Trotz global etwas kühlerem Jahr 2008 und schneereichem Winter in der Schweiz gibt es keine konkreten Anzeichen für eine Verlang­ samung der langfristigen globalen Erwärmung. Das weltweit im Vergleich zu den letzten Jahren relativ kühle Jahr 2008 und der vergangene schneereiche Winter in West- und Mitteleuropa sind ein Ausdruck natürlicher kurzfristiger und regionaler Schwankungen, wie sie unabhängig vom langfristigen Trend zu erwarten sind. La Niña und wahrscheinlich auch die gegenwärtig tiefe Sonnenaktivität sind Gründe für die im Vergleich zu den letzten Jahren etwas kühleren globalen Temperaturen 2008. Der vergangene schneereiche Winter in den Alpen ist ein regionales Phänomen, das unter anderem mit der Nordatlantischen Oszillation zusammenhängt. Sobald der kühlende Effekt dieser Faktoren wegfällt, ist ein weiterer Anstieg der Tem­pera­ turen wahrscheinlich. Kurzfristige Schwankungen versus langfristige Trends Die globale Temperatur weist aufgrund natürlicher Prozesse (z.B. El Niño, Vulkanausbrüche, Sonnenzyklus) von Jahr zu Jahr und auch über mehrere Jahre hinweg erhebliche Schwankungen auf. So wurde beispielsweise die hohe Temperatur im Jahr 1998 durch ein ausserordentlich starkes El Niño-Ereignis ausgelöst. Abbildung 1 zeigt den Temperaturverlauf mit und ohne El Niño-Einfluss sowie den Einf luss von Vulkanausbrüchen. Berücksichtigt man den El Niño-Einfluss, so war 2008 global das viertwärmste Jahr seit Mess­ beginn. Der Einfluss der erhöhten Treibhausgas­konzen­ tration wirkt sich vor allem langfristig aus und ist deshalb nur in Trends über mindestens 15 Jahre klar zu erkennen. Die kurzfristigen Schwankun­ gen sind diesem Langzeittrend überlagert. Trends nur über wenige Jahre weisen deshalb sehr hohe Schwankungen auf und lassen keine Aussage über die langfristige Entwicklung und die Auswirkun­ gen der Treibhausgase zu. Das Jahr 2008 war zwar im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren relativ kühl, befindet sich aber trotzdem unter den zehn wärmsten Jahren seit Messbeginn. 2008 wurde massgeblich durch das La Niña-Ereignis und möglicherweise auch durch die tiefe Sonnenaktivität, d.h. das gegenwärtige Minimum des 11-Jahres-Sonnenzyklus, beeinflusst. Wir haben uns an warme Winter gewöhnt Bei regionalen und lokale Temperaturen spielt die wechselnde geographische Verteilung von Warmund Kaltluftmassen auf dem Globus eine grosse Rolle. Sie weisen deshalb von Jahr zu Jahr noch Redaktion: Urs Neu, ProClim–, [email protected] Herausgeber: ProClim–, Forum für Klima und globale Umwelt­ veränderungen und OcCC, Beratendes Organ für Fragen der Klimaänderung, Schwarztorstr. 9, 3007 Bern, www.proclim.ch Tel. 031/328 23 23, Fax: 031/328 23 20 Quellen Bildmaterial: Foto gross: NASA (Apollo 17 Earth); Foto klein: Christoph Ritz globale Temperatur, Abweichung vom Mittel 1961−1990 (in °C) Climate Press Nr. 26 | 2009 | Kein Stillstand der globalen Erwärmung 0.6 El Niño 1998 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -0.1 El Chichon Pinatubo -0.2 -0.3 1950 1955 1960 1965 1970 1975 globale Jahresmittel 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 globale Jahresmittel, korrigiert für El Niño-Einfluss Abbildung 1: Die globalen Temperaturen (NASA/GISS) gemessen (blau) und berechnet ohne Einfluss von El Niño (rot) als Abweichung vom Mittel 1961–1990. Die Vulkanausbrüche des El Chichon 1982 und des Pinatubo 1991 hatten eine vorüber­ gehend starke Abkühlung zur Folge. (Datenquelle: NASA/GISS für globale Temperaturen; K. Wolter, Earth System Research Laboratory NOAA für El Niño-Index) Abweichung vom Durchschnitt 1961−1990 4.0 3.0 2 4 2.0 Abbildung 3: Globale Verteilung der Temperaturabweichungen vom langjährigen Mittel (1961–1990) im Winter 2008/2009 (Quelle: NASA, Goddard Institute for Space Sciences; http://data.giss.nasa.gov/gistemp/maps/) Werte. Die kurzfristigen Schwankungen der Winter­­temperaturen in der Schweiz (Durchschnitt von Dezember bis Februar) sind um rund einen Faktor Zwanzig grösser als die Schwankungen des globalen Jahresmittels. Temperaturmittel im Winter in der Schweiz 1 5 3 1.0 Abweichung °C Climate Press Nr. 26 | 2009 | Kein Stillstand der globalen Erwärmung 0.0 −1.0 −2.0 −3.0 −4.0 Die Temperaturen im Schweizer Flachland von Dezember 2008 bis Februar 2009 lagen nur wenig unter dem langjährigen Mittel von 1961–1990. Der Winter wurde trotzdem als aussergewöhnlich kalt empfunden, weil solche Temperaturen in den letzten 20 Jahren nur einmal unterschritten worden sind (2006), während in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts praktisch jeder zweite Winter kälter war als der vergangene (siehe Abbildung 2). Warme und kalte Winter sind geographisch ungleich verteilt −5.0 −6.0 1880 1900 1920 Jahre über dem Durchschnitt 1961−1990 Jahre unter dem Durchschnitt 1961−1990 20−jähriges gewichtetes Mittel (Gauss Tiefpassfilter) 1940 1960 1980 2000 Jahr 2009: −0.7°C (Rang 87) © MeteoSchweiz Abbildung 2: Die Wintertemperaturen (Dez–Feb) in der Schweiz von 1865–2009 (Grafik: MeteoSchweiz) Die kalten Wintertemperaturen sind hauptsächlich auf die geographische Verteilung der warmen und kalten Luftmassen zurückzuführen. Die Abweichung der Mitteltemperaturen im Januar 2009 über dem Globus zeigen dies deutlich: Während der Norden Nordamerikas sowie Zentralund Westeuropa relativ kalte Temperaturen aufweisen, war es gleichzeitig z.B. in Nordeuropa, Zentralasien, Sibirien und in der gesamten Arktis deutlich wärmer als im langjährigen Durchschnitt (siehe Abbildung 3). Kühle Winter weiterhin möglich Temperaturschwankungen über wenige Jahre werden vorwiegend durch natürliche Schwankun­ gen des Klimasystems beeinf lusst und lassen keine Rückschlüsse auf die langfristige Entwick­ lung zu. Der langfristige Trend der globalen Temperatur­e ntwicklung zeigt weiterhin stark nach oben. Regionale Temperaturschwankungen sind hauptsächlich ein Produkt der geographischen Ver­teilung der Wärmeenergie auf der Erde. Auch in wärmerem Klima können kalte Winter auftreten, allerdings nimmt deren Häufigkeit ab, diejenige von warmen Wintern hingegen zu. Das zyklische mehrjährige Auftreten von bestimmten atmo­sphä­rischen Strömungsmustern (z.B. die so ge­nann­te Nordatlantische Oszillation) kann dazu führen, dass auch mehrere kühle Winter nacheinander auftreten. Die geographische Verteilung der Wärmeenergie bzw. diese Strömungsmuster können durch die Erwärmung ebenfalls beeinflusst werden, doch sind die diesbezüglichen Auswir­ kun­gen noch nicht klar. Zur Einordnung der Jahresmitteltemperaturen 2008 in der Schweiz in die langen Messreihen und zum Zusammenhang mit der Klimaerwärmung siehe Bericht der MeteoSchweiz: http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de/ klima/berichte_und_publikationen/2008_und_ die_klimaerwaermung.html globale Temperatur, Abweichung vom Mittel 1961−1990 (in °C) Climate Press Nr. 26 | 2009 | Kein Stillstand der globalen Erwärmung 0.6 El Niño 1998 0.5 0.4 0.3 0.2 0.1 0 -0.1 El Chichon Pinatubo -0.2 -0.3 1950 1955 1960 1965 1970 1975 globale Jahresmittel 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 globale Jahresmittel, korrigiert für El Niño-Einfluss Abbildung 1: Die globalen Temperaturen (NASA/GISS) gemessen (blau) und berechnet ohne Einfluss von El Niño (rot) als Abweichung vom Mittel 1961–1990. Die Vulkanausbrüche des El Chichon 1982 und des Pinatubo 1991 hatten eine vorüber­ gehend starke Abkühlung zur Folge. (Datenquelle: NASA/GISS für globale Temperaturen; K. Wolter, Earth System Research Laboratory NOAA für El Niño-Index) Abweichung vom Durchschnitt 1961−1990 4.0 3.0 2 4 2.0 Abbildung 3: Globale Verteilung der Temperaturabweichungen vom langjährigen Mittel (1961–1990) im Winter 2008/2009 (Quelle: NASA, Goddard Institute for Space Sciences; http://data.giss.nasa.gov/gistemp/maps/) Werte. Die kurzfristigen Schwankungen der Winter­­temperaturen in der Schweiz (Durchschnitt von Dezember bis Februar) sind um rund einen Faktor Zwanzig grösser als die Schwankungen des globalen Jahresmittels. Temperaturmittel im Winter in der Schweiz 1 5 3 1.0 Abweichung °C Climate Press Nr. 26 | 2009 | Kein Stillstand der globalen Erwärmung 0.0 −1.0 −2.0 −3.0 −4.0 Die Temperaturen im Schweizer Flachland von Dezember 2008 bis Februar 2009 lagen nur wenig unter dem langjährigen Mittel von 1961–1990. Der Winter wurde trotzdem als aussergewöhnlich kalt empfunden, weil solche Temperaturen in den letzten 20 Jahren nur einmal unterschritten worden sind (2006), während in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts praktisch jeder zweite Winter kälter war als der vergangene (siehe Abbildung 2). Warme und kalte Winter sind geographisch ungleich verteilt −5.0 −6.0 1880 1900 1920 Jahre über dem Durchschnitt 1961−1990 Jahre unter dem Durchschnitt 1961−1990 20−jähriges gewichtetes Mittel (Gauss Tiefpassfilter) 1940 1960 1980 2000 Jahr 2009: −0.7°C (Rang 87) © MeteoSchweiz Abbildung 2: Die Wintertemperaturen (Dez–Feb) in der Schweiz von 1865–2009 (Grafik: MeteoSchweiz) Die kalten Wintertemperaturen sind hauptsächlich auf die geographische Verteilung der warmen und kalten Luftmassen zurückzuführen. Die Abweichung der Mitteltemperaturen im Januar 2009 über dem Globus zeigen dies deutlich: Während der Norden Nordamerikas sowie Zentralund Westeuropa relativ kalte Temperaturen aufweisen, war es gleichzeitig z.B. in Nordeuropa, Zentralasien, Sibirien und in der gesamten Arktis deutlich wärmer als im langjährigen Durchschnitt (siehe Abbildung 3). Kühle Winter weiterhin möglich Temperaturschwankungen über wenige Jahre werden vorwiegend durch natürliche Schwankun­ gen des Klimasystems beeinf lusst und lassen keine Rückschlüsse auf die langfristige Entwick­ lung zu. Der langfristige Trend der globalen Temperatur­e ntwicklung zeigt weiterhin stark nach oben. Regionale Temperaturschwankungen sind hauptsächlich ein Produkt der geographischen Ver­teilung der Wärmeenergie auf der Erde. Auch in wärmerem Klima können kalte Winter auftreten, allerdings nimmt deren Häufigkeit ab, diejenige von warmen Wintern hingegen zu. Das zyklische mehrjährige Auftreten von bestimmten atmo­sphä­rischen Strömungsmustern (z.B. die so ge­nann­te Nordatlantische Oszillation) kann dazu führen, dass auch mehrere kühle Winter nacheinander auftreten. Die geographische Verteilung der Wärmeenergie bzw. diese Strömungsmuster können durch die Erwärmung ebenfalls beeinflusst werden, doch sind die diesbezüglichen Auswir­ kun­gen noch nicht klar. Zur Einordnung der Jahresmitteltemperaturen 2008 in der Schweiz in die langen Messreihen und zum Zusammenhang mit der Klimaerwärmung siehe Bericht der MeteoSchweiz: http://www.meteoschweiz.admin.ch/web/de/ klima/berichte_und_publikationen/2008_und_ die_klimaerwaermung.html Climate Press Nr. 26 | 2009 | Kein Stillstand der globalen Erwärmung Kontaktpersonen: Prof. H. Wanner Geographisches Institut, Universität Bern, Hallerstrasse 12, 3012 Bern, und Oeschger Center for Climate Research, Zähringerstr. 25, 3012 Bern Tel. 031 631 88 85 / 031 631 31 60 E-mail: [email protected] Hintergründe der Klima- und Global Change-Forschung Nr. 26 / Mai 2009 Dr. Mischa Croci-Maspoli Leiter Klimainformation MeteoSchweiz, Krähbühlstrasse 58, 8044 Zürich Tel. 044 256 94 06 E-mail: [email protected] PD Dr. Christof Appenzeller Leiter Abteilung Klima MeteoSchweiz, Krähbühlstrasse 58, 8044 Zürich Tel. 044 256 93 88 E-mail: [email protected] Kein Stillstand der globalen Erwärmung Trotz global etwas kühlerem Jahr 2008 und schneereichem Winter in der Schweiz gibt es keine konkreten Anzeichen für eine Verlang­ samung der langfristigen globalen Erwärmung. Das weltweit im Vergleich zu den letzten Jahren relativ kühle Jahr 2008 und der vergangene schneereiche Winter in West- und Mitteleuropa sind ein Ausdruck natürlicher kurzfristiger und regionaler Schwankungen, wie sie unabhängig vom langfristigen Trend zu erwarten sind. La Niña und wahrscheinlich auch die gegenwärtig tiefe Sonnenaktivität sind Gründe für die im Vergleich zu den letzten Jahren etwas kühleren globalen Temperaturen 2008. Der vergangene schneereiche Winter in den Alpen ist ein regionales Phänomen, das unter anderem mit der Nordatlantischen Oszillation zusammenhängt. Sobald der kühlende Effekt dieser Faktoren wegfällt, ist ein weiterer Anstieg der Tem­pera­ turen wahrscheinlich. Kurzfristige Schwankungen versus langfristige Trends Die globale Temperatur weist aufgrund natürlicher Prozesse (z.B. El Niño, Vulkanausbrüche, Sonnenzyklus) von Jahr zu Jahr und auch über mehrere Jahre hinweg erhebliche Schwankungen auf. So wurde beispielsweise die hohe Temperatur im Jahr 1998 durch ein ausserordentlich starkes El Niño-Ereignis ausgelöst. Abbildung 1 zeigt den Temperaturverlauf mit und ohne El Niño-Einfluss sowie den Einfluss von Vulkanausbrüchen. Berück­ sichtigt man den El Niño-Einfluss, so war 2008 global das viertwärmste Jahr seit Mess­beginn. Der Einfluss der erhöhten Treibhausgas­konzen­ tration wirkt sich vor allem langfristig aus und ist deshalb nur in Trends über mindestens 15 Jahre klar zu erkennen. Die kurzfristigen Schwankun­ gen sind diesem Langzeittrend überlagert. Trends nur über wenige Jahre weisen deshalb sehr hohe Schwankungen auf und lassen keine Aussage über die langfristige Entwicklung und die Auswirkun­ gen der Treibhausgase zu. Das Jahr 2008 war zwar im Vergleich zu den vorangegangenen Jahren relativ kühl, befindet sich aber trotzdem unter den zehn wärmsten Jahren seit Messbeginn. 2008 wurde massgeblich durch das La Niña-Ereignis und möglicherweise auch durch die tiefe Sonnenaktivität, d.h. das gegenwärtige Minimum des 11-Jahres-Sonnenzyklus, beeinflusst. Wir haben uns an warme Winter gewöhnt Bei regionalen und lokalen Temperaturen spielt die wechselnde geographische Verteilung von Warm- und Kaltluftmassen auf dem Globus eine grosse Rolle. Sie weisen deshalb von Jahr zu Jahr noch viel grössere Schwankungen auf als globale Redaktion: Urs Neu, ProClim–, [email protected] Herausgeber: ProClim–, Forum für Klima und globale Umwelt­ veränderungen und OcCC, Beratendes Organ für Fragen der Klimaänderung, Schwarztorstr. 9, 3007 Bern, www.proclim.ch Tel. 031/328 23 23, Fax: 031/328 23 20 Quellen Bildmaterial: Foto gross: NASA (Apollo 17 Earth); Foto klein: Christoph Ritz