Pressemitteilung vom 12. 11. 2014/acr Mozarts Verführer zwischen Clown und Teufel Herbert Fritsch inszeniert Don Giovanni Premiere: Sonntag, 30. November 2014 | 18 Uhr Am 30. November feiert Don Giovanni in der Neuinszenierung von Herbert Fritsch Premiere an der Komischen Oper Berlin. Wolfgang Amadeus Mozarts Dramma giocoso, ein »heiteres Schauspiel«, zählt zu den facettenreichsten Werken der Opernliteratur. Nicht zuletzt wegen der doppelbödigen Figur des Titelheldens, der zugleich ewiger Verführer und Versager ist, war die Oper Inspiration für unterschiedlichste Lesarten. Fritsch, den an dem Stück vor allem auch das teuflisch-komische Element im Sinne des »giocoso« interessiert, inszeniert zum ersten Mal am Haus an der Behrenstraße. Mit seinem Don Giovanni geht der Mozart-Zyklus an der Komischen Oper Berlin in eine neue Runde. Am Pult steht Generalmusikdirektor Henrik Nánási. Seit mehr als 400 Jahren treibt Don Juan sein Unwesen auf den Bühnen der Welt. Molière kitzelte besonders das sardonische Unterhaltungs-Potential des Anarcho-Egomanen hervor. Zur Unsterblichkeit verhalf dem Schwerenöter allerdings kein Autor, sondern die Musik: Wolfgang Amadeus Mozart verlieh dem inkarnierten Lustprinzip Don Giovanni eine Abgründigkeit, die rein gar nichts mit säuerlicher Moral zu tun hat, sondern die die ganze dämonische Faszination der hemmungslosen Grenzüberschreitung spüren lässt. Nun stürzt sich Herbert Fritsch, Meister des theatralen Wahnwitzes, mit voller Lust auf Mozart und seinen Don Giovanni. Mozart vereint in Don Giovanni große Tragödie und Komik: Der junge Adlige Don Giovanni, seines Zeichens selbsternannter Verführer unzähliger Frauen, ist auf der Flucht vor seinen Verflossenen. Unter ihnen sind auch Donna Elvira sowie Donna Anna, deren Vater, den Komtur, Don Giovanni umgebracht hat. Als er zudem die junge Braut Zerlina ins Visier nimmt, zieht er den Zorn von Masetto, ihrem Verlobten, auf sich. Und da ist auch noch Don Ottavio, der seine geliebte Anna beschützen möchte. Eine beachtliche Gruppe von Rächern verbündet sich gegen den vermeintlichen Frauenverführer und will ihm eine Falle stellen. Und selbst Leporello, eigentlich treuer Diener an Giovannis Seite und Chronist seiner absurd zahlreichen Eroberungen, hat von den Verfehlungen seines Herrn langsam genug … Doch sind die Eroberungen wirklich mehr als bloße Zahlen auf Papier? Informationen zu Besetzung, Terminen und Hintergrund folgen auf den nächsten Seiten. Stiftung Oper in Berlin/Komische Oper Berlin Behrenstraße 55–57, 10117 Berlin Pressetelefon +49 (0)30 202 60 370 Fax +49 (0)30 20260 366 Dr. Andrea C. Röber Pressesprecherin [email protected] www.komische-oper-berlin.de Wolfgang Amadeus Mozart Don Giovanni Dramma giocoso in zwei Akten (1787) Libretto von Lorenzo da Ponte Deutsche Textfassung von Sabrina Zwach Musikalische Leitung: Henrik Nánási/Kristiina Poska Inszenierung und Bühnenbild: Herbert Fritsch Kostüme: Victoria Behr Dramaturgie: Sabrina Zwach, Johanna Wall Chöre: David Cavelius Licht: Franck Evin Besetzung (Premierenbesetzung an erster Stelle) Günter Papendell/Tom Erik Lie (Don Giovanni), Erika Roos/Adela Zaharia (Donna Anna), Adrian Strooper/Stefan Cifolleli (Don Ottavio), Alexey Antonov/Hans-Peter Scheidegger (Komtur), Nicole Chevalier/Karolina Gumos (Donna Elvira), Jens Larsen/Stefan Sevenich (Leporello), Philipp Meierhöfer/Bogdan Taloş (Masetto), Alma Sadé/Annelie Sophie Müller (Zerlina), Chorsolisten der Komischen Oper Berlin u. a. Termine Einführungsmatinee: Sonntag, 16. November 2014, 12 Uhr (ab 10 Uhr Opernfrühstück) Premiere: Sonntag, 30. November 2014, 18 Uhr Weitere Termine: 6./14./17./25. Dezember 2014 11. Januar | 4./11. April | 3./17. Mai | 23. Juni | 11. Juli 2015 Karten Kartentelefon (030) 47 99 74 00 Montag bis Samstag 9 bis 20 Uhr, Sonntag 14 bis 20 Uhr Preise: 12–85 € [email protected] www.komische-oper-berlin.de 2 Hintergrund Herbert Fritsch und seine Lust auf Mozarts Don Giovanni Herbert Fritsch absolvierte seine Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule in München. Danach spielte er an verschiedenen großen Bühnen im In- und Ausland. Er war von Anfang der 1990er Jahre bis 2007 an der Berliner Volksbühne engagiert und arbeitete vielfach mit Frank Castorf zusammen. Seit seinem Abschied von der Volksbühne arbeitete Fritsch als Regisseur an verschiedenen deutschen Bühnen wie dem Schauspiel- und Opernhaus in Zürich, dem Residenztheater München, dem Bremer Theater, dem Kölner Schauspiel, dem Schauspielhaus Hamburg und der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz. Für das Zürcher Opernhaus inszenierte er mit Peter Eötvös’ Drei Schwestern 2013 seine erste Oper, ein Jahr zuvor hatte er sich am Theater Bremen mit der Operette Die Banditen von Jacques Offenbach auseinandergesetzt. Fritschs Karriere als Regisseur wurde mit dem Berliner Theatertreffen 2011 besiegelt: Gleich zwei seiner Inszenierungen wurden eingeladen, Nora oder Ein Puppenhaus und Der Biberpelz. 2012 war seine Inszenierung von Die (s)panische Fliege, 2013 MURMEL MURMEL und 2014 Ohne Titel Nr. 1 auf dem Festival vertreten. Bei vielen seiner Regiearbeiten zeichnet Herbert Fritsch auch für das Bühnenbild verantwortlich, so auch bei Don Giovanni. 2012 wurde er von der Zeitschrift Theater heute als »Bühnenbildner des Jahres« ausgezeichnet. Herbert Fritsch liebt die Oper und hat bereits mehrere Operetten und Opern inszeniert. Seine Schauspielinszenierungen reißen das Publikum durch ihre hohe, exakt auf den Punkt gebrachte szenische Musikalität zu Beifallsstürmen hin. Die Beziehung zu Mozart und Don Giovanni ist amourös, erotisch aufgeladen und von Lust geprägt. Eine wichtige Inspirationsquelle für die Arbeit an Don Giovanni stellt für ihn Giacomo Casanova dar – jener Mozart-Zeitgenosse und SeelenVerwandte des Don Juan. Historisch verbürgt ist eine Beziehung zwischen Mozart und Casanova zwar nicht – im Gegensatz zu Casanovas Bekanntschaft mit Mozarts Librettisten Lorenzo Da Ponte – doch heißt es, dass bei einer Abendgesellschaft am Vorabend der Uraufführung des Don Giovanni in Prag sowohl Mozart als auch Casanova zugegen gewesen sein sollen. Herbert Fritsch folgt in seiner Arbeit dem Lustprinzip. Er inszeniert nicht nach Regeln und handwerklichen Vorgaben. Im Fall des Don Giovanni kommt alles zusammen, was Herbert Fritschs Lustprinzip antreibt: Mozarts vorletzte Oper, die 1787 uraufgeführt wurde, ist voller vielschichtiger Musik und gleicht einem Frontalangriff auf jede moralische und formale Konvention, mit einer Personage, bei der man nicht weiß, ob man mit ihr lachen, weinen, oder am besten beides tun soll. Mozart verlieh seinem Titelhelden eine Abgründigkeit, die die ganze dämonische Faszination der hemmungslosen Grenzüberschreitung spüren lässt. Ein heiteres Spiel, das alles andere als happy endet. Oder ist Giovannis Höllenfahrt einfach der unendliche letzte Spaß dieses inkarnierten Lustprinzips, und der inkarnierte Feigling und Durchschnittsmensch Leporello nebst all den anderen Laffen muss eben draußen bleiben? 3