Übungstool für relationale Algebra

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Leopold-Franzens-Universität Innsbruck
Institut für Informatik
Datenbanken und Informationssysteme
Übungstool für relationale Algebra
Bachelor-Arbeit
Johannes Kessler
betreut von
Michael Tschuggnall, MSc
Univ. Prof. Dr. Günther Specht
Innsbruck, 16. Mai 2014
Zusammenfassung
Die relationale Algebra ist eine prozedurale Abfragesprache und theoretisches Fundament eines relationalen Datenbanksystems. Sie bildet die
Grundlage zum tieferen Verständnis der Arbeitsweise einer Datenbank
und wird in Datenbank-Vorlesungen ausführlich behandelt. Im Gegensatz zu anderen Abfragesprachen wie SQL gibt es jedoch kaum Programme, die Abfragen in relationaler Algebra unterstützen. Meist wird
sie eher theoretisch vermittelt und Beispiele müssen oft händisch berechnet werden.
In dieser Arbeit wird ein Übungstool vorgestellt, das Studenten erlaubt,
Abfragen in relationaler Algebra und SQL einzugeben und in relationaler
Algebra auszuführen. Dadurch soll das Erlernen dieser fundamentalen
Konzepte erleichtert und ein Einblick in die grundlegende Funktionsweise einer Datenbank gegeben werden.
Das webbasierte Übungstool unterstützt alle Basisoperatoren der relationalen Algebra und viele der erweiterten Operatoren.
Abstract
The relational algebra is a procedural query language and is the theoretial basis of a relational database system. It is taught in lectures at
universities to build the foundation of understanding how database systems work. In the contrast to other query languages like SQL, there
are very few programs that allow to run an arbitrary relational algebra
statement. It is therefore often told very theoretically and examples have
to be calculated manually.
In this thesis a platform was developed, that allows students to formulate
statements in either SQL or relational algebra. These statements are
then translated into and are run as relational algebra. This should allow
the users to learn the fundamental concepts more easily and should give
them an insight of how a database works.
The webbased tool supports all of the basic operators of the relational
algrebra and many of the additional operators and concepts.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
V
2 Relationale Algebra
2.1 Relationales Modell und relationale Algebra
2.1.1 Aufbau . . . . . . . . . . . . . . . .
2.1.2 Union-Kompatibilität . . . . . . . .
2.2 Operatoren der relationalen Algebra . . . .
2.2.1 Selektion . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.2 Projektion . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.3 Umbenennung . . . . . . . . . . . .
2.2.4 Vereinigung . . . . . . . . . . . . . .
2.2.5 Schnittmenge . . . . . . . . . . . . .
2.2.6 Differenz . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.7 Kreuzprodukt . . . . . . . . . . . . .
2.2.8 Theta-Join . . . . . . . . . . . . . .
2.2.9 Equi-Join . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.10 Natural-Join . . . . . . . . . . . . .
2.2.11 Outer Joins . . . . . . . . . . . . . .
2.2.12 Semi-Joins . . . . . . . . . . . . . .
2.2.13 Anti-Join . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.14 Division . . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.15 Sortieren . . . . . . . . . . . . . . .
2.2.16 Erweiterung der Projektion . . . . .
2.2.17 Gruppierung und Aggregation . . . .
2.3 Sichtbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . .
2.4 Operatorbaumdarstellung . . . . . . . . . .
2.5 Präzedenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
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3 Übungstool
3.1 Relationale Algebra
3.1.1 Syntax . . . .
3.1.2 Kommentare
3.1.3 Zuweisungen
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INHALTSVERZEICHNIS
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4 Grafische Benutzeroberfläche
4.1 Editor . . . . . . . . . . . . .
4.1.1 Syntax-Highlighting .
4.1.2 Fehlermeldungen . . .
4.1.3 Autovervollständigung
4.2 Operatorbaum . . . . . . . .
4.3 Font . . . . . . . . . . . . . .
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3.2
3.3
3.4
3.1.4 Inline-Relationen .
3.1.5 Präzedenz . . . . .
3.1.6 Plaintext Notation
3.1.7 SQL . . . . . . . .
Berechnung . . . . . . . .
Server . . . . . . . . . . .
Geteilte Tabellen . . . . .
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5 Zusammenfassung
65
Literaturverzeichnis
68
IV
Johannes Kessler
Kapitel 1
Einleitung
Das relationale Modell und die relationale Algebra (RA) wurden 1970
von E. F. Codd eingeführt [Cod70]. Sie bilden das theoretische Fundament jedes relationalen Datenbanksystems.
Die relationale Algebra ist eine prozedurale Sprache, um Abfragen mit
Relationen zu formulieren. Es werden hierfür Operationen definiert, die
Relationen (vereinfacht Tabellen) verarbeiten können.
Aufgrund ihrer fundamentalen Bedeutung für das Verständnis eines Datenbanksystems wird die relationale Algebra sowohl in den meisten Büchern behandelt, welche die Grundlagen einer Datenbank vermitteln, als
auch in Datenbankvorlesungen an Universitäten vorgestellt.
Im Gegensatz zu SQL, das den ISO-Standard für den Zugriff auf relationale Datenbanken darstellt, existiert für die relationale Algebra keine
breite Unterstützung durch entsprechende Tools oder Backends. Meist
wird sie eher theoretisch vermittelt und Beispiele werden oft händisch
berechnet.
Ziel dieser Bachelorarbeit ist die Entwicklung eines webbasierten
Übungstools für relationale Algebra. Es soll die Berechnung von beliebigen RA-Statements auf vorgegebenen Daten ermöglichen. Einzelschritte
der Berechnungen sollen in einem Operatorbaum visualisiert und deren Ergebnisse angezeigt werden können. Weiters soll es möglich sein,
Statements in SQL eingeben zu können und diese in RA zu übersetzen.
Ähnliche Projekte
Interaktive Relationale Algebra (IRA) von Henrik Mühe ist ein
webbasiertes Tool, um RA-Ausdrücke auf einem vordefinierten Schema
zu formulieren und auszuwerten1 . Die Eingabe der Formel erfolgt durch
Auswahl der entsprechenden Operatoren und Operanden. Ein bereits
1
http://www-db.in.tum.de/~muehe/ira/ und
https://github.com/henrik-muehe/ira, zuletzt besucht am 29.04.2014
V
KAPITEL 1. EINLEITUNG
eingegebener Teil kann dabei nicht direkt geändert werden, es steht jedoch eine Funktion zur Verfügung, die den jeweils letzten Schritt rückgängig macht. Die Darstellung der eingegebenen Formeln wurde durch
serverseitiges Rendering von Latexcode realisiert. Die Berechnung des
Ergebnisses erfolgt clientseitig in JavaScript.
Relation Algebra Expression Evaluation ist eine Bachelorarbeit
von Lucie Molkov an der Masaryk Universität [Mol09]. Die Arbeit behandelt das Parsen von RA-Ausdrücken und das Übersetzen der Statements in SQL. Hierfür wird eine alternative Klartextsyntax für die RA
eingeführt und eine Operatorpräzedenz definiert. Eine Berechnung von
RA-Statements ist durch ein in Perl implementiertes Programm möglich,
das die eingegebenen Abfragen in SQL übersetzt und für die Berechnung
an eine verbundene Datenbank weitergibt.
select2obaum ist ein webasiertes Programm der Fachhochschule
Köln, das vorgegebene oder frei formulierbare SQL-Statements in relationale Algebra übersetzt2 . Das Ergebnis ist ein RA-Ausdruck, der
sowohl als Formel als auch als einfacher Operatorbaum dargestellt wird.
Eine Auswertung der Abfrage auf echten Daten ist nicht möglich.
Relational Algebra Translator (RAT) ist ein Programm, das eingegebene RA-Statements in SQL übersetzt und diese auf einem verbundenen relationalen Datenbanksystem ausführt3 . Neben dem übersetzten SQL-Statement wird das RA-Statement als Operatorbaum dargestellt. Die semantische Prüfung der eigegebenen Abfrage erfolgt indirekt
durch das Ausführen des SQL-Statements. RAT wurde mit dem .NetFramework umgesetzt und benötigt eine Installation auf dem Zielrechner.
Relational Algebra Evaluator ist ein interaktiver Interpreter“ von
”
Nick Everitt4 . Er ist in Java implementiert und bietet dem User ein
Textinterface zur Eingabe der RA-Statements. Relationen können dabei
aus CSV-Dateien geladen werden.
2
http://edb.gm.fh-koeln.de/select_new/start.jsp?action=, zuletzt besucht am
29.04.2014
3
http://www.slinfo.una.ac.cr/rat/rat.html, zuletzt besucht am 29.04.2014
4
https://code.google.com/p/relational-algebra/, zuletzt besucht am
29.04.2014
VI
Johannes Kessler
KAPITEL 1. EINLEITUNG
Aufbau
Kapitel 2 ist eine Einführung in relationale Algebra. Dabei werden alle
im Programm unterstützten Operatoren vorgestellt und erklärt, sowie
der grundlegende Aufbau von RA-Abfragen und die Gültigkeitsbereiche
von Bezeichnern eingeführt. Weiterhin wird eine Operatorpräzedenz eingeführt, die es erlaubt, durch eine implizite Klammerung von Operatoren
auf einen Großteil der expliziten Klammerung zu verzichten.
In Kapitel 3 werden das umgesetzte Übungstool und dessen Kernkomponenten vorgestellt. Es wird dafür eine für einen Code-Editor geeignete
RA-Syntax und deren Grammatik vorgestellt. Außerdem werden mehrere Erweiterungen wie Zuweisungen oder im Code eingebettete Relationen erklärt, die Übersetzung von SQL Statements nach RA eingeführt
und das unterstützte SQL Subset definiert.
In Kapitel 4 wird die grafische Benutzeroberfläche des umgesetzten
Übungstools präsentiert. Dabei werden wichtige Komponenten wie der
Editor und der Operatorbaum und die damit verbundenen Erweiterungen vorgestellt.
Johannes Kessler
1
Kapitel 2
Relationale Algebra
In diesem Kapitel wird die relationale Algebra und deren Operatoren
vorgestellt. Hierbei werden alle im Übungstool unterstützen Operatoren im besonderen Hinblick auf die Verwendung von vollqualifizierten
Attributnamen eingeführt.
2.1 Relationales Modell und relationale Algebra
Das relationale Modell bildet die Grundlage heutiger relationaler Datenbanksysteme. Es wurde mit der relationalen Algebra (RA) Anfang der
70er Jahre von E. F. Codd eingeführt [Cod70].
Die relationale Algebra ist eine formale Sprache, mit der Abfragen formuliert werden können. Sie ist im Gegensatz zu den deklarativen Abfragesprachen, wie SQL, dem Relationen-Tupelkalkül oder dem Domänenkalkül, prozedural.
Das bedeutet, dass sie aus einer Abfolge von Operationen besteht, die
beschreiben, wie das Ergebnis berechnet wird. Die deklartiven Abfragesprachen beschreiben, welche Eigenschaften das Ergebnis haben soll,
nicht aber, wie dieses berechnet werden soll.
Das relationale Modell folgt einem einfachen Aufbau und besteht (grundsätzlich) aus Tabellen (Relationen), in denen die Daten zeilenweise gespeichert sind. Die Zeilen der Relationen (Tupel) haben keine feste Ordnung innerhalb der Relation. Duplikate (Zeilen mit gleichem Inhalt) sind
innerhalb einer Relation nicht möglich. Alle Einträge einer Spalte haben
denselben Datentyp (Domäne).
Formal [KE11, GMUW09] ist eine Domäne ein bestimmter Wertebereich oder Typ, der nur atomare Werte wie beispielsweise die Menge der
natürlichen Zahlen oder Zeichenketten enthält. Nicht zugelassen sind
strukturierte Typen wie Mengen oder Multimengen.
Eine Relation R wird als Teilmenge aus dem Kreuzprodukt aus n Do-
3
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
mänen definiert [KE11, Seite 71]:
R Ď D1 ˆ ¨ ¨ ¨ ˆ Dn |n ě 1
Ein Element der Relation R wird als Tupel bezeichnet und besitzt die
Stelligkeit n.
Eine Relation ist eine Menge, welche daher keine Duplikate enthält und
deren Elemente keine Ordnung besitzen.
In dieser Arbeit werden Relationen als Tabellen dargestellt, was am
Beispiel einer Kundentabelle Kunden Ď string ˆ string ˆ integer veranschaulicht werden soll:
Vorname
Kunden := Max
Johann
Nachname
Mustermann
Meier
Kundennummer
100
101
Eine Spalte wird als Attribut bezeichnet und dieser ein innerhalb der
Relation eindeutiger Name zugewiesen. Im gegebenen Beispiel werden
die Attribute Vorname, Nachname und Kundennummer verwendet. Die
Menge der Attribute einer Relation wird als Schema bezeichnet.
Attribut
Tupel
Relation
Abbildung 2.1: Bezeichnungen einer Relation als Tabelle dargestellt. Quelle: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Relational_
database_terms.svg, zuletzt besucht am 29.04.2014.
Das Schema einer Relation R (sch(R)) wird in dieser Arbeit wie folgt
dargestellt:
[Attributname1 : Attributtyp1 , . . . , Attributnamen : Attributtypn ]
Der Attributname ist ein vollqualifizierter Name in der Form Relationsname.Spaltenname und der Attributtyp der Bezeichner der jeweiligen
Domäne.
Das Schema der Relation Kunden wird somit als
[Kunden.V orname : string, Kunden.N achname : string,
Kunden.Kundennummer : integer]
4
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
dargestellt.
Um die Attribute einer Relation eindeutig ansprechen zu können, kann
entweder der Name des Attributs verwendet werden, oder dessen Index
(1-basiert) in eckigen Klammern. Beiden Varianten muss, wenn anders
nicht eindeutig, ein Qualifizierer vorangestellt werden, der durch einen
Punkt getrennt wird. Somit kann die erste Spalte der Kundenrelation
sowohl mit Vorname“, Kunden.Vorname“, [1]“ als auch mit Kun”
”
”
”
den.[1]“ angesprochen werden.
In diesem Kapitel werden drei verschiedene Typen verwendet: integer,
float und strings. Strings werden dabei analog zu SQL in einfachen Anführungszeichen notiert.
2.1.1 Aufbau
In diesem Abschnitt wird der Aufbau einer Formel in relationaler Algebra erklärt.
Eine benannte Relation ist eine Relation, der ein Name zugewiesen wurde und den Ausgangspunkt jedes RA-Ausdrucks bildet. Sie wird innerhalb der Formel durch ihren Namen, z.B. Kunden, angesprochen.
Zusätzlich kann jeder Ausdruck, nach einer entsprechenden Zuweisung,
über den neuen Variablennamen angesprochen werden:
A = (Kunde)⨯ρx (Konto)
πvorname,nachname,kontostand (A)
Jede unäre Operation folgt der folgenden Syntax:
αβ (R)
wobei α ein der Funktion entsprechendes Symbol (z.B. π für die Projektion), β das Argument und R eine Relation bezeichnet.
Eine binäre Operation wird als
(R)αβ (S)
notiert. Dabei stehen R und S für die übergebenen Relationen, α für die
Funktion (z.B. ⨝ für einen Natural-Join) und β für das Argument der
Funktion.
Für die Relationen R und S können entweder der Name einer benannten Relation oder ein beliebiger Ausdruck in RA eingesetzt werden. Die
Klammerung kann entfallen, solange der Ausdruck weiterhin eindeutig
definiert ist. Hierzu wird in Abschnitt 2.5 eine Operatorpräzedenz eingeführt.
Johannes Kessler
5
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
Das Statement
πnachname σvorname‰1 M ax1 Kunde
ist auch ohne Präzedenzregeln eindeutig.
Das Argument β ist nicht bei allen Operationen vorhanden, wobei sich
die Semantik des Operators dabei ändern kann.
Als Beispiel kann hierfür der Natural- und Theta-Join (siehe Abschnitt 2.2.10 und Abschnitt 2.2.8) genannt werden. Beide werden mit
demselben Symbol ⨝ bezeichnet. Die Unterscheidung erfolgt dadurch,
dass ein Theta-Join
R ⨝ R.a=S.b S
ein zusätzliches Argument β (hier R.a = S.b) besitzt, der Natural-Join
R⨝S
hingegen nicht.
2.1.2 Union-Kompatibilität
Bestimmte Operationen der relationalen Algebra wie Vereinigung, Schnitt und Differenz verlangen union-Kompatibilität. unionKompatibilität ist eine Eigenschaft des Schemas einer Relation.
Zwei Relationen R und S sind genau dann union-kompatibel, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind:
1. Die Relationen R und S besitzen dieselbe Stelligkeit n, d.h. sie
haben die selbe Anzahl von Spalten.
2. Für alle Spalten der Relationen gilt, dass die Domäne der i-ten
Spalte der Relation R mit dem Typ der i-ten Spalte der Relation
S übereinstimmt (0 ă i ă n).
Die Namen der Attribute spielen dabei keine Rolle.
Die Schemata [a : string, b : integer, c : integer] und [d : string, e :
integer, f : integer] sind somit union-kompatibel, da sie die selbe Anzahl
von Attributen besitzen und die Typen der Spalten jeweils paarweise
übereinstimmen.
2.2 Operatoren der relationalen Algebra
In diesem Abschnitt werden die Operatoren der relationalen Algebra
vorgestellt.
Jeder Operation der RA werden eine oder zwei Relationen als Argumente
übergeben. Der Rückgabewert ist jeweils eine neue Relation, welche das
Ergebnis der Operation enthält. Die Argumentrelationen werden dabei
nicht verändert.
6
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
Zur einfacheren Darstellung wird in diesem Kapitel teilweise davon gesprochen, dass eine Operation eine bestimmte Relation oder ein Schema
verändert, wobei darunter immer die Erzeugung einer neuen Relation
oder eines Schemas zu verstehen ist, welche die entsprechenden Änderungen enthält.
2.2.1 Selektion
Die Selektion dient dazu, bestimmte Tupel (Zeilen) auszuwählen und
wird mit σ bezeichnet.
Die Selektion
X = σC (R)
besteht aus einer Relation R und einer Selektionsbedingung C. Die Ergebnisrelation X hat dasselbe Schema und besteht aus jenen Tupeln,
welche die Selektionsbedingung C erfüllen (siehe Beispiel 2.1).



σaď2_b=’c’ 


R.a
1
2
3
6
R.b
a
b
b
c

R.a


= 1

2

6
R.b
a
b
c
Beispiel 2.1: Selektion.
Die Selektionsbedingung C ist ein bedingter Ausdruck, wie er auch in
Programmiersprachen wie Java oder C verwendet wird und der folgenden
Struktur entspricht:
1. Es werden die logischen Operatoren ^, _ und ␣ verwendet.
2. Die Operanden sind
(a) boolsche Konstanten (true oder false) oder
(b) Vergleiche von zwei Werten gleichen Typs mit den Operatoren =, ě, ď und ‰. Die Werte stammen von Attributen der
Relation oder sind konstante Werte der jeweiligen Domäne.
Die Bedingung bezieht sich jeweils auf ein einzelnes Tupel und wird auch
für andere Operationen wie den Theta-Join verwendet.
Johannes Kessler
7
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
2.2.2 Projektion
Die Projektion ist eine unäre Operation und wird als
X = πa
1 , a2 , . . . , an (R)
loooooomoooooon
Attribute
notiert, wobei a1 bis an Attribute der Relation R sind. Im Gegensatz
zur Selektion werden bei der Projektion keine Zeilen, sondern bestimmte
Spalten in die neue Relation X übernommen. Die Tupel der Ergebnisrelation enthalten nur jene Attribute, die als Argument angegeben wurden
(siehe Beispiel Beispiel 2.2).

R.a
 1
πc,b 
 2
3
R.b
a
b
b

R.c
R.c
1 
= 1
1 
1
1
R.b
a
b
Beispiel 2.2: Projektion.
2.2.3 Umbenennung
Attribute
Um einzelnen Attributen einer Relation einen neuen Namen zuzuweisen,
wird die Operation ρ verwendet, die als
X = ρb1 Ða1 ,...,bn Ðan (R)
notiert wird. R ist hierbei eine Relation, a1 bis an ist eine Teilmenge
der Attribute aus R und b1 bis bn sind die neuen Namen in der Ergebnisrelation X. Die Namen der Attribute, die nicht umbenannt werden,
übernehmen den Namen aus der Relation R.
Die Tupel der Relation R werden ohne Veränderung übernommen, verändert wird nur das Schema (siehe Beispiel 2.3).

R.a
 1
ρxÐb,yÐc 
 2
3
R.b
a
b
b

R.a
R.c

1 
1
=
1 
2
1
3
R.x
a
b
b
R.y
1
1
1
Beispiel 2.3: Umbenennung von Attributen einer Relation.
Zu beachten ist hierbei, dass die vollqualifizierten Namen der Attribute
innerhalb des neuen Schemas der Relation X eindeutig sein müssen.
8
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
Es ist somit möglich, Spalten umzubenennen, wenn diese unterschiedliche Qualifizierer haben, wie in Beispiel 2.4 (a) zu sehen ist.
Das Umbenennen ist jedoch nicht möglich, wenn die Attribute durch
die Umbenennung nicht mehr eindeutig wären, wie in Beispiel 2.4 (b) zu
sehen ist.


R.a S.b
R.x S.x
ρxÐa,xÐb  1
(a)
a = 1
a
2
b
2
b


R.a R.b
ρxÐa,xÐb  1
a  = Attribute nicht mehr eindeutig
2
b
(b)
Beispiel 2.4: Umbenennung von Attributen mit gleichem und unterschiedlichem Qualifizierer innerhalb des Schemas.
Relationen
Der Qualifizierer von vollqualifizierten Attributnamen wird mit
X = ρY (R)
verändert. Dabei ist Y der neue Qualifizierer aller Attribute einer Relation R (siehe Beispiel 2.6).
Um die Umbenennung durchführen zu können, müssen die unqualifizierten Namen des neuen Schemas eindeutig sein.
Die Umbenennung einer Relation mit dem Schema [R.a, S.a], die aus
einem Join der Relationen R und S entstehen kann, ist daher erst möglich wenn einer der Spalten ein neuer Name zugewiesen wird, wie in
Beispiel 2.5 illustriert wird.


R.a


ρY ρxÐR.a
1
2


R.x
S.a



= ρY
a
1
b
2

S.a
Y.x

= 1
a
b
2
Y.a
a
b
Beispiel 2.5: Umbenennung von Relationen bei gleichnamigen Spalten.
Johannes Kessler
9
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA

ρN EW
R.a
 1

 2
3
R.b
a
b
b

R.c
NEW.a

1 
1
=
1 
2
1
3
NEW.b
a
b
b
NEW.c
1
1
1
Beispiel 2.6: Umbenennung von Relationen.


R.a
 ρY  1
2


R.b
R.a
3  ⨝ Y.a=R.a  1
4
2
Y.a Y.b R.a R.b
1
3
1
3
2
4
2
4

R.b
3 =
4
Beispiel 2.7: Join von Relationen mit gleichnamigen Spalten.
Durch die Umbenennung kann sichergestellt werden, dass Attribute
zweier Relationen, die den selben vollqualifizierten Namen haben, eindeutig angesprochen werden können. Siehe dazu Beispiel 2.7.
2.2.4 Vereinigung
Die Vereinigung (union) ist eine Mengenoperation und wird als
X =RYS
notiert. Das Ergebnis ist eine neue Relation X mit allen Tupeln aus
den Relationen R und S. Die Schemata der Relationen müssen dazu
union-kompatibel zueinander sein (siehe Abschnitt 2.1.1).
Das Schema wird wie in SQL von der (linken) Relation R übernommen,
die Namen der Spalten von R und S müssen dabei nicht übereinstimmen.
Wie in Beispiel 2.8 zu sehen ist, werden Duplikate (im Beispiel Zeile
[1, b]) dabei nicht mehrfach übernommen.

R.a
 1

 2
3


R.b
S.d

a  
Y
1
b 
3
b
R.a

S.e
1
b = 2
3
b
1
R.b
a
b
b
b
Beispiel 2.8: Vereinigung.
10
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
2.2.5 Schnittmenge
Die Schnittmenge (intersection) wird als
X =RXS
notiert, wobei R und S Relationen mit union-kompatiblen Schemata sind
(siehe Abschnitt 2.1.1). Die Ergebnisrelation X beinhaltet alle Tupel, die
sowohl in R als auch in S enthalten sind. Das Schema wird wie bei der
Vereinigung von der linken Relation (R) übernommen.

R.a
 1

 2
3


R.b
S.d

a  
X
1
b 
3
b

S.e
R.a
b =
3
b
R.b
b
Beispiel 2.9: Schnittmenge.
2.2.6 Differenz
Für die Differenz gelten die selben Voraussetzungen und Regeln, wie für
die Schnittmenge und die Vereinigung. Die Differenz wird als
X =R´S
oder
X = RzS
notiert. Es werden all jene Tupel aus R in die Ergebnisrelation X übernommen, die nicht in S vorkommen.
Siehe dazu Beispiel 2.10.

R.a
 1

 2
3


R.b
S.d
a 
´ 1
b 
2
b

S.e
R.a
a =
3
b
R.b
b
Beispiel 2.10: Differenz.
Johannes Kessler
11
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
2.2.7 Kreuzprodukt
Beim Kreuzprodukt (cross join)
X = R⨯S
werden alle möglichen Kombinationen der Tupel aus R und S gebildet,
die der Form
(r, s)|r P R und s P S
entsprechen. Siehe dazu Beispiel 2.11.
Das Schema ergibt sich aus der Konkatenation der Schemata von R und
S. Das Kreuzprodukt mit einer Relation ohne Tupel ergibt eine leere
Relation.




R.a
1
2
3


R.b
S.d

a  
⨯
1
b 
2
b
R.a
1

S.e
1
a = 2
b
2
3
3
R.b
a
a
b
b
b
b
S.d
1
2
1
2
1
2
S.e
a
b
a
b
a
b
Beispiel 2.11: Kreuzprodukt.
2.2.8 Theta-Join
Der Theta-Join
X = R ⨝ ΘS
ist ein Kreuzprodukt mit einer zusätzlichen Joinbedingung.
Von allen Tupeln des Kreuzprodukts werden nur jene übernommen, die
die Bedingung Θ erfüllen. Siehe dazu Beispiel 2.12.




R.a
1
2
3


R.b
S.a
a 
 ⨝ R.aěS.a  1
b 
2
b
R.a
1
S.b
2
a =
2
b
3
3

R.b
a
b
b
b
b
S.a
1
1
2
1
2
S.b
a
a
b
a
b
Beispiel 2.12: Theta-Join.
Jeder Theta-Join kann auch durch Kreuzprodukt und Selektion dargestellt werden:
R ⨝ Θ S = σΘ (R⨯S)
12
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
Siehe dazu Beispiel 2.13.
R=
R.a
1
2
S.a
1
S=
1
42
X = R ⨝ R.a=S.a S = σR.a=S.a (R⨯S)


R.a S.a S.b
 1
1
a 


 1

R.a
1
b




= σR.a=S.a  1
42
c = 1
 2

1
a
1


 2

1
b
2
42
c
S.b
a
b
c
S.a
1
1
S.b
a
b
Beispiel 2.13: Theta-Join als Kreuzprodukt und Selektion.
2.2.9 Equi-Join
Der Equi-Join entspricht einem Theta-Join, wobei die Joinbedingung
Θ auf einfache Vergleiche der Form a = b beschränkt ist. Diese Unterscheidung ist wichtig, da es für diese Untergruppe schnellere JoinAlgorithmen wie z.B. den Hashjoin gibt1 .

R.a
 1

 2
3


R.b

a 
 ⨝ a=c 


b
b
S.d
1
2
4

S.e
R.a
x 
= 1
y 
2
z
R.b
a
b
S.d
1
2
S.e
x
y
Beispiel 2.14: Equi-Join.
1
http://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Hash_join&oldid=591594122,
zuletzt besucht am 29.04.2014
Johannes Kessler
13
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
2.2.10 Natural-Join
Der Natural-Join
X = (R) ⨝ (S)
besteht aus den folgenden zwei Schritten:
1. Einem Equi-Join mit allen Paaren von Spalten aus R und S, die
denselben Namen haben und
2. einer Projektion, bei der alle Spalten mit gleichem Namen ausgeblendet werden.
Die Gleichheit der Namen bezieht sich hierbei auf den unqualifizierten
Attributnamen.
Da diese zwei Schritte nicht sequenziell ausgeführt werden müssen, sondern eine neue atomare Operation bilden, kann das Schema der Ergebnisrelation X in einem Schritt erzeugt werden.
Dies ermöglicht auch Relationen zu joinen, deren vollqualifizierte Attributnamen nicht disjunkt sind, da nur einer davon in das Schema der
neuen Relation X übernommen wird.
Dadurch ist der Natural-Join idempotent: R ⨝ R = R




R.a R.b
S.a S.c
R.a R.b S.c
 1

a  


= 1
⨝
1
a
a
a
 2
b 
2
b
2
b
b
3
b
Beispiel 2.15: Natural-Join.
Im Beispiel 2.15 kommt der Spaltenname a sowohl in R als auch in S
vor. Laut Definition [KE11, Seite 91] wird bei der impliziten Projektion
nur eine der Spalten übernommen. Die Frage, welche der beiden Spalten
übernommen wird, ist erst bei Betrachtung des vollqualifizierten Namens von Bedeutung, da die Spalte später entweder als R.a oder S.a
ansprechbar ist.
In dieser Arbeit wurde daher definiert, dass immer die Spalte der linken
Relation (im Beispiel R.a) übernommen wird.
Wenn keine gemeinsamen Attribute existieren, gibt es zwei verschiedene
Möglichkeiten2 :
1. Es wird verlangt, dass zumindest ein gemeinsames Attribut vorhanden ist. Der Natural-Join kann somit nicht auf zwei Relationen
mit disjunkten Attributen angewendet werden.
2
https://en.wikipedia.org/w/index.php?title=Relational_algebra&oldid=
603628483, zuletzt besucht am 29.04.2014
14
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
2. Ohne gemeinsame Attribute verhält sich der Natural-Join genau
wie ein Kreuzprodukt.
In dieser Arbeit wurde die zweite Interpretation gewählt, da dies dem
Verhalten in modernen Datenbanksystemen wie z.B. PostgreSQL entspricht (siehe [Pos, Kapitel 7.2.1.1]).
2.2.11 Outer Joins
Bei Outer Joins können ein oder mehrere Werte eines Tupels fehlen.
Dieser Zustand wird durch null ausgedrückt. Man spricht hierbei auch
von einem null-Wert, wobei null kein Wert einer bestimmten Domäne
ist, sondern eine explizite Darstellung, dass das Tupel an dieser Position
keinen Wert enthält und ist damit mit der leeren Menge vergleichbar.
Left Outer Theta-Join
Der Left Outer Join
X = (R) ⟕Θ (S)
ist einem Theta-Join sehr ähnlich.
Die Werte eines Tupels der linken Relation R bleiben jedoch auf jeden
Fall erhalten, auch wenn kein entsprechender Joinpartner in der Relation
S gefunden wird, die Joinbedingung Θ also für r in Kombination mit
allen Tupeln aus S false ergibt.
Für jedes Tupel der Relation R wird mit allen Tupeln aus S ein Join-Paar
gebildet, wenn die Joinbedingung Θ erfüllt ist. Wenn kein Joinpartner
in S gefunden wurde, wird das Tupel der neuen Relation auf der rechten
Seite mit null-Werten aufgefüllt (siehe Beispiel 2.16).

R.a
 1

 2
3


R.b
S.a
a 
 ⟕R.a=S.a  1
b 
2
b

R.a
S.b
1
a =
2
b
3
R.b
a
b
b
S.a
1
2
null
S.b
a
b
null
Beispiel 2.16: Left Outer Theta-Join.
Um Bedingungen für Relationen zu formulieren, bei denen null-Werte
vorkommen können, muss eine dreiwertige Logik, analog zu SQL, verwendet werden. Dabei werden die logischen Zustände true und false um
einen dritten Zustand unknown erweitert.
Ein Vergleich von null mit einem nicht null-Wert ergibt immer unknown.
Bei zwei null-Werten ergeben =, ě und ď true, ą, ă und ‰ false.
Auch die Operatoren ^, _ und ␣ müssen, wie in Tabelle 2.1 gezeigt,
erweitert werden, wobei die Präzedenz erhalten bleibt.
Johannes Kessler
15
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
^
true
false
unknown
true
true
false
unknown
_
true
false
unknown
true
true
true
true
␣
true
false
false
false
false
false
unknown
unknown
unknown
unknown
false
true
false
unknown
unknown
true
unknown
unknown
false
true
unknown
unknown
Tabelle 2.1: Wahrheitstabellen der Operatoren der dreiwertigen Logik.
Quelle: [GMUW09, Seite 254].
Left Outer Natural-Join
Der Left Outer Natural-Join
X = (R)⟕(S)
vereint analog zum Natural-Join
• eine Projektion, bei der alle Spalten gleichen Namens ausgeblendet
werden und
• einen Left Outer Theta-Join, bei dem die Joinbedingung Θ durch
die Paare von Spalten mit gleichem Namen definiert ist.
Bei der Projektion geht jeweils die Spalte gleichen Namens aus der rechten Relation S verloren. Siehe dazu Beispiel 2.17.

R.a
 1

 2
3


R.b
S.b

a  
⟕
a
a 
b
d

R.a
S.c
1
5 =
2
6
3
R.b
a
a
d
S.c
5
5
null
Beispiel 2.17: Left Outer Natural-Join.
Right Outer Joins
Der Right Outer Natural-Join
X = (R) ⟕ (S)
16
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
und der Right Outer Theta-Join
X = (R) ⟕Θ (S)
verhalten sich analog zum jeweiligen Left Outer Join, nur dass hierbei
die Werte der rechten Relation S bestehen bleiben und links mit nullWerten aufgefüllt wird, wenn kein Joinpartner in der linken Relation R
vorhanden ist.
Beim Right Outer Natural-Join geht jeweils die Spalte gleichen Namens
aus der linken Relation R verloren. Siehe dazu Beispiel 2.18 und Beispiel 2.19.




S.a S.c
R.b R.a S.a S.c
R.b R.a
 1

a 
a
1
1
a
 a
=
1  ⟖R.a=S.a 
 2
b 
b
2
2
b
b
2
3
b
null null
3
b
Beispiel 2.18: Right Outer Theta-Join.


S.a
R.a
 1
1 ⟖
 2
2
3

R.b
 a
b

S.c
R.b
a 
= a
b 
b
b
null
S.a
1
2
3
S.c
a
b
b
Beispiel 2.19: Right Outer Natural-Join.
Full Outer Joins
Der Full Outer Join
X = (R)⟗(S)
und der Full Outer Theta-Join
X = (R)⟗Θ (S)
vereinen die Eigenschaften des Left- und Right Outer Joins.
Wenn kein Joinpartner für ein Tupel der linken Relation R gefunden
wird, wird rechts mit null-Werten aufgefüllt, und wenn keiner für ein
Tupel der rechten Relation S gefunden wird, wird links aufgefüllt.
Das Schema wird jeweils durch die Konkatenation der Schemata von R
und S gebildet. Siehe dazu Beispiel 2.20.
Der Full Outer Theta-Join kann auch durch eine Vereinigung von Leftund Right Outer Theta-Join dargestellt werden:
R ⟗Θ S = (R ⟕Θ S) Y (R ⟖Θ S)
Johannes Kessler
17
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA

R.a
 1
2
 
R.b
S.b
a ⟗ b
b
d

R.a
S.c
1
42  =
2
42
null
R.b
a
b
null
S.b
null
b
d
S.c
null
42
42
Beispiel 2.20: Full Outer Natural-Join.
2.2.12 Semi-Joins
Der Left Semi-Join
X = (R) ⋉ (S)
eliminiert alle Tupel der Relation R, für die kein Joinpartner in S gefunden wird. Beim Right Semi-Join
X = (R) ⋊ (S)
werden alle Tupel aus S nicht übernommen, die in R keine Joinpartner
haben.
Joinbedingung ist analog zum Natural-Join, dass Spalten der Relationen
R und S, die den gleichen Namen haben, idente Werte aufweisen müssen
(siehe Abschnitt 2.2.10).
Das Schema entspricht nach der Ausführung des Left Semi-Joins dem
der linken Relation R, nach der Ausführung des Right Semi-Joins dem
der rechten Relation S.
sch(R ⋉ S) = sch(R)
sch(R ⋊ S) = sch(S)
Der Semi-Join kann daher auch als Theta-Join (R ⨝ Θ S) mit nachfolgender Projektion auf die Attribute einer der Relationen angesehen werden,
wobei die Joinbedingung Θ analog zum Natural-Join gebildet wird.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass beim Theta-Join temporär eine neue
Relation entsteht, deren Schema aus der Konkatenation der Schemata
von R und S gebildet wird. Beim Semi-Join werden jedoch nur von
einer der Relationen Zeilen entfernt bzw. nicht in die neue Relation X
übernommen.
Da innerhalb eines Schemas die voll qualifizierten Namen eindeutig sein
müssen, kann ein Theta-Join nicht ausgeführt werden, wenn dieselben
voll qualifizierten Namen in beiden Relationen vorkommen. Beim SemiJoin besteht diese Einschränkung nicht.
Dies kann anhand eines Self-Joins (Join einer Relation mit sich selbst)
veranschaulicht werden:
18
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
Der Self-Join mithilfe eines Semi-Joins
R = R⋉R = R⋊R
ist problemlos möglich, da die Schemata nicht konkateniert werden müssen.
Der Self-Join mit einem Theta-Join
R ⨝ true R
ist jedoch nicht möglich, da das neue Schema nicht gebildet werden kann.
2.2.13 Anti-Join
Der Anti-Join oder Anti Semi-Join
X = (R) ◁ (S)
selektiert das Komplement des (Left) Semi-Joins. In der Relation X sind
damit all jene Tupel aus R enthalten, die keinen Joinpartner in S haben.
Der Anti-Join kann auch durch
R ◁ S = R ´ (R ⋉ S)
ausgedrückt werden.
2.2.14 Division
Die relationale Division
X =R˜S
ist eine binäre Operation und kann folgendermaßen durch andere Operatoren ausgedrückt werden [KE11, Seite 97]:
R = sch(R)
S = sch(S)
R1 = R ´ S
R ˜ S = πR1 (R) ´ πR1 ((πR1 (R)⨯S) ´ R)
S muss hierbei eine echte Teilmenge von R sein.
Das Schema R1 besteht aus jenen Attributen der Relation R, die nicht
Attribut der Relation S sind. R1 ist somit die Differenz der Schemata:
R1 = sch(X) = sch(R) ´ sch(S)
Die Tupel der Ergebnisrelation X bestehen aus einem Subset der Tupel
aus R (definiert durch (R1 )), bei denen alle Kombinationen mit allen
Tupeln aus S in R enthalten sind. Die Kombinationen entsprechen hierbei der Form [tr , ts ], wobei tr ein Tupel der Relation R und ts ein Tupel
der Relation S ist.
Johannes Kessler
19
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA















R.a
1
1
1
R.b
a
c
e
R.c
b
d
f
2
2
a
c
b
d
3
4
5
a
c
e
b
d
f




 

S.b

 
˜
a



c





R.a
S.c
b = 1
d
2
Beispiel 2.21: relationale Division.
2.2.15 Sortieren
Sortieren von Tupeln innerhalb einer Relation ist in der klassischen relationalen Algebra nicht möglich, da Relationen Mengen von Tupeln sind
und die Tupel darin - per Definition - keine Ordnung haben.
Der hier vorgestellte Sortieroperator [GMUW09, Seite 219] kann daher
nur angewendet werden, wenn diese Einschränkung aufgehoben wird,
wie in [GMUW09, Kapitel 5.1] erläutert wird.
In dieser Arbeit wird ein zusätzlicher Sortieroperator vorgestellt, da dieser mehrere Vorteile bietet:
1. Durch eine sortierte Ausgabe können Ergebnisse verschiedener Abfragen einfacher verglichen werden,
2. er ermöglicht die Darstellung der SQL-order by-Operation als eigene RA-Operation und
3. er ermöglicht die Ausgabe des Programms mit Beispielen aus Vorlesungsunterlagen oder Büchern einfacher zu vergleichen.
Der Sortieroperator
X = τa 1
asc,a2 desc,...,an (R)
sortiert die Tupel der Relation R nach den übergebenen Attributen (a1
bis an ).
Nach jedem Attribut kann zusätzlich eine optionale Sortierrichtung angegeben werden: asc für aufsteigend und desc für absteigend. Ohne explizite Angabe der Reihenfolge wird asc angenommen (siehe Spalte b in
Beispiel 2.22).
Das Schema wird dabei nicht verändert.
sch(τa1 ,...,an (R)) = sch(R)
20
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA



τa desc,b 


R.a
1
1
2
2
R.b
a
c
b
d
R.c
42
0
128
4



=


R.a
2
2
1
1
R.b
b
d
a
c
R.c
128
4
42
0
Beispiel 2.22: Sortieren einer Relation.
2.2.16 Erweiterung der Projektion
Durch Einführung einer Ordnung der Tupel durch Lockerung des strikten Mengenbegriffs (wie in Abschnitt 2.2.15 beschieben wurde), liegt die
Idee nahe, diese Ordnung für Abfragen nutzbar zu machen.
In SQL besteht diese Möglichkeit je nach Datenbanksystem durch die
Limit und Offset Klausel oder durch eine virtuelle Spalte rownum“,
”
welche den Zeilenindex jeder Zeile der Tabelle enthält.
Damit sind Abfragen wie “Top 10 Kunden mit den meisten
Bestellungen möglich die auf einer horizontalen Partitionierung unter
”
Ausnutzung der Ordnung beruhen.
In dieser Arbeit wurde die Projektion dafür um einen virtuelle Spalte
namens ROWNUM“ erweitert.
”
Solange kein Attribut mit dem Namen ROWNUM im Schema enthalten
ist, kann damit der Tupelindex (1-basiert) der Argumentrelation ausgegeben werden.
Die dadurch entstehende neue Spalte mit Integerwerten kann in allen
folgenden Operationen wie jede andere Spalte behandelt werden.
In Beispiel 2.23 werden die besten drei Studenten einer Prüfung gesucht.
Dazu wird die Relation zuerst nach den Noten sortiert um im nächsten
Schritt den Tupelindex ROWNUM hinzuzufügen. Über diese neue Spalte werden bei der Selektion die fünf ersten Einträge ausgewählt. Für
die Ausgabe könnte die Spalte ROWNUM über eine weitere Projektion
ausgeblendet werden.
Johannes Kessler
21
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA

MatrNr

42


43

σROW N U M ă=3 (πROW N U M,[1],[2] (τN ote asc 
45


46


48
59
ROWNUM R.MatrNr R.Note
1
42
1
2
59
1
3
45
2
Note
1
3
2
4
5
1





)) =




Beispiel 2.23: Verwendung des Tupelindex innerhalb einer RA-Abfrage.
2.2.17 Gruppierung und Aggregation
Bei der Gruppierung werden die Tupel einer Relation zu Gruppen zusammengefasst. Dabei sind all jene Tupel in einer gemeinsamen Gruppe
die bei allen Gruppierungsattributen die selben Werte aufweisen.
Auf alle Tupel einer Gruppe können Aggregationsfunktionen wie das
Aufsummieren aller Werte angewandt werden.
Die hier vorgestellte Aggregation entspricht einer Mischung aus den Definitionen in [KE11, Seite 97] und [GMUW09, Seite 214].
Durch die strikte Trennung von Gruppierung und Aggregation in der
Syntax von [KE11] ist klarer ersichtlich, dass es sich dabei um zwei separate Schritte handelt. Die direkte Benennung der durch die Aggregation
entstehenden Spalten in [GMUW09] ermöglicht eine einfache Weiterverwendung der Attribute über den zugewiesenen Namen. Die Attribute
nach denen gruppiert wird, sind wie in [GMUW09] optional.
Die Aggregation wird mit
X = γa1 , . . . , an ;AGG1 Ñ x1 , . . . , AGGn Ñ xn (R)
loooomoooon looooooooooooooooooomooooooooooooooooooon
Gruppierung
Aggregation
notiert.
Wobei a1 bis an die Attribute sind nach denen gruppiert wird, AGG1 bis
AGGn sind die Aggregationsfunktionen die auf alle Tupel der Gruppen
angewandt werden und x1 bis xn sind die Namen der Aggregationsspalten in der Ergebnisrelation X.
Die Angabe der Gruppierungsattribute ist optional. Wenn keine Gruppierung angegeben ist, gibt es eine einzelnen Gruppe welche alle Tupel
der Relation R enthält (siehe Beispiel 2.24). Der Strichpunkt kann dabei
entfallen.
22
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA



γSU M (b)Ñz,AV G(b)Ñy,M IN (a)Ñz 


R.a
1
1
2
2
R.b
a
c
b
d



= x

6

y
2
z
a
Beispiel 2.24: Aggregation ohne explizite Angabe einer Gruppierung.
Für die Aggregation stehen die in Tabelle 2.2 aufgelisteten Aggregationsfunktionen zur Verfügung. Die Beschreibung bezieht sich dabei immer
auf die Werte einer Gruppe.
Die Rückgabewerte der Funktionen COU N T (˚) und COU N T (Attribut)
sind Integer. Die Funktion AV G(x) gibt einen Float-Wert zurück. Bei
allen anderen entspricht der Typ der Rückgabe dem Typ des übergebenen Attributs.
Funktion
COU N T (˚)
COU N T (x)
M IN (x)
M AX(x)
SU M (x)
AV G(x)
Beschreibung
Anzahl der Tupel der Gruppe
Anzahl der nicht null-Werte der Spalte x
minimaler Wert der Spalte x
maximaler Wert der Spalte x
Summe aller nicht null-Werte der Spalte x
Durchschnitt aller nicht null-Werte der Spalte x
Tabelle 2.2: Aggregationsfunktionen in der relationalen Algebra.
Johannes Kessler
23
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA







R=






VorlNr
1
1
1
2
2
2
3
3
MatrNr
42
43
45
42
43
46
42
43
Note
1
2
4
3
2
5
2
1














γV orlN r;COU N T (˚)Ñteilnehmer,AV G(N ote)Ñdurchschnitt (R) =
R.VorlNr
1
=
2
3
teilnehmer
3
3
2
durchschnitt
2.33
3.33
1.5
Beispiel 2.25: Aggregation ohne explizite Angabe einer Gruppierung.
Wie in Beispiel 2.25 zu sehen ist können durch Verwendung der Gruppierung und Aggregation somit Abfragen wie die durchschnittliche Note
”
pro Fach“ sehr einfach formuliert werden.
2.3 Sichtbarkeit
Unter dem Sichtbarkeitsbereich (scope) versteht man einen bestimmten
Bereich, in dem ein Bezeichner sichtbar und ansprechbar ist.
Eine benannte Relation ist global gültig.
Ihr Name kann damit in der gesamten Abfrage verwendet werden und
muss auch global eindeutig sein.
Die Attribute einer Relation sind lokal gültig und müssen innerhalb des
Schemas eindeutig sein.
Es kann jedoch nötig sein, Attributnamen oder den qualifizierenden Relationsnamen zu ändern, um die Attribute bei binären Operationen eindeutig ansprechen zu können oder die Konkatenation von zwei Schemata
zu ermöglichen, die sich Attributnamen teilen (siehe Abschnitt 2.2.3).
2.4 Operatorbaumdarstellung
Beim Lesen komplexer Ausdrücke ist oft eine Darstellung der Formel
als Operatorbaum hilfreich. Hierbei bilden die einzelnen Operatoren die
Knoten eines Baumes, wobei die Argumentrelationen der Operatoren
24
Johannes Kessler
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
jeweils als Kindelemente im Baum dargestellt werden. Die Auswertung
des Ausdrucks erfolgt bottom-up.
Die Abfrage
(
)
(
))
(
πR.a,R.b,S.d πa,b σaąb_a=1 (R ⨝ ρS X) ⨝ R.a=S.c σcą10 (S)
kann somit als Operatorbaum dargestellt werden, wie in Abbildung 2.2
veranschaulicht ist.
.
πR.a,R.b,S.d
⨝ R.a=S.c
πa,b
σcą10
σaąb_a=1
S
⨝
ρS
R
X
Abbildung 2.2: Operatorbaumdarstellung einer RA-Formel.
2.5 Präzedenz
Die Operatorpräzedenz legt die Ordnung fest, nach der die Operatoren
ausgewertet werden, wenn diese nicht explizit geklammert sind. Ohne
Präzedenz ist das Statement
σaą0 R ⨝ S
nicht eindeutig definiert, da es zwei mögliche Auswertungsreihenfolgen
gibt (hier explizit geklammert):
1. σaą0 (R ⨝ S), wobei hier zuerst der Join ausgewertet wird oder
2. (σaą0 (R)) ⨝ S, bei der R zuerst selektiert wird.
Johannes Kessler
25
KAPITEL 2. RELATIONALE ALGEBRA
In der Literatur gibt es keine eindeutige Übereinkunft über die Wertigkeit der Operatoren [Mol09, Seite 24-25], [Ull04, slides5 Seite 21]. Gemeinsam ist den meisten Definitionen, dass die unären Operatoren die
höchste Wertigkeit haben, gefolgt von den Joins und den Mengenoperatoren (X vor Y). Im Zweifel sollte daher immer explizit geklammert
werden.
Für diese Arbeit wurde die Operatorpräzedenz wie in Tabelle 2.3 ersichtlich definiert. Die Operatoren werden der Tabelle folgend, von oben
nach unten und in jeder Zeile von links nach rechts ausgewertet. Die
höchste Bindung hat die benannte Relation. Ein Relationsname gehört
daher immer zur Operation.
Bei den logischen Operatoren hat ^ (AND) die höchste Präzedenz, gefolgt von ‘ (XOR) und _ (OR).
Präzedenz
4
3
2
1
Operator
Projektion, Selektion,
Umbenennung (Attribute), Umbenennung (Relationen),
Gruppieren, Sortieren
Kreuzprodukt, Theta-Join, Natural-Join,
Left Outer Join, Right Outer Join, Full Outer Join,
Left Semi-Join, Right Semi-Join, Anti Semi-Join,
Division
Schnitt
Vereinigung, Differenz
Tabelle 2.3: Operatorpräzedenz.
Durch die Definition der Präzedenz ist das Statement
σaą0 R ⨝ S
eindeutig bestimmt, da die unäre Operation σ eine höhere Präzedenz als
der Join hat und daher zuerst ausgeführt wird.
26
Johannes Kessler
Kapitel 3
Übungstool
Im Gegensatz zu SQL kann beim Erlernen der relationalen Algebra und
der Kalküle nicht auf eine umfangreiche Unterstützung in modernen
Datenbanksystemen zurückgegriffen werden.
In der Literatur [GMUW09, KE11, AHV95, AHV95] und in vielen Vorlesungen an Universitäten wird für die RA eine Notation verwendet,
welche der in Kapitel 2 vorgestellten sehr ähnlich ist. In den der Datenbankvorlesung zugehörigen Übungen werden die Aufgaben daher von
Studenten handschriftlich verfasst oder müssen aufwändig als Formel
gesetzt werden. Mangels Toolunterstützung werden die Berechnungen
oft händisch ausgeführt.
Für Übungsaufgaben in SQL können die nötigen Tabellen auf einer Datenbank zur Verfügung gestellt werden. Die Studenten können über eine
webbasierte Abfrageoberfläche wie phpMyAdmin1 darauf zugreifen und
ihre formulierten Abfragen direkt testen.
Die Grundidee des Übungstools für relationale Algebra ist es, ein vergleichbares Angebot für RA zu schaffen, das die Möglichkeit bietet, Abfragen in der erlernten Notation zu verfassen und auf vorgegebenen Datensätzen auszuführen. Dies ermöglicht den Benutzern, Beispiele in der
Literatur einfach nachzurechnen und zu erweitern.
Die flexible Eingabe als Klartext-Statement (siehe Abschnitt 3.1.6 auf
Seite 39) ermöglicht eine iterative Erarbeitung von Statements. Weiters soll den Benutzern eine experimentierfreundliche Umgebung geboten werden, die es ermöglicht, alternative Lösungswege zu erarbeiten.
Das webbasierte Programm sollte daher mindestens folgende Anforderungen erfüllen:
• einfache Bedienung für die Benutzer
• ohne Installation zusätzlicher Software lauffähig
1
http://phpmyadmin.net/, zuletzt besucht am 29.04.2014
27
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
• die verwendete Syntax soll möglichst nahe an der klassischen“
”
Notation sein
• Visualisierung der Abfrage als Operatorbaum
• Anzeige von Zwischenergebnissen
Die Anwendung besteht aus den folgenden Komponenten: Eine Grammatik für die relationale Algebra und SQL, aus diesen jeweils ein Parser
generiert wird. Diese Parser erzeugen den Syntaxbaum eines eingegebenen Statements (siehe Abschnitt 3.1).
Die Business-Logik’‘ ist eine Implementierung der relationalen Algebra
”
und umfasst über 2000 Zeilen JavaScript Code (siehe Abschnitt 3.2).
Eine Übersetzungsschicht übersetzt die Syntaxbäume in die relationale
Algebra.
Das Übungstool ist auf aktuellen Browsern lauffähig und wurde in den
in Tabelle 3.1 aufgelisteten Versionen getestet.
Microsofts Internet Explorer wird ab Version 10 unterstützt. Für alle
älteren Versionen wird eine entsprechende Meldung eingeblendet.
Browser
Google Chrome 35 (beta)
Mozilla Firefox 29
Opera 12
rekonq 2.4.2
Google Chrome 34
Mozilla Firefox 29
Apple Safari 7
Opera 20
Google Chrome 34
Mozilla Firefox 29
Opera 20
Microsoft Internet Explorer
Microsoft Internet Explorer
Microsoft Internet Explorer
Microsoft Internet Explorer
Microsoft Internet Explorer
11
10
11
10
9
Plattform
Ubuntu 14.04
Ubuntu 14.04
Ubuntu 14.04
Ubuntu 14.04
OS X
OS X
OS X
OS X
Windows 8.1
Windows 8.1
Windows 8.1
Windows 8.1
Windows 8
Windows 7
Windows 7
Windows 7
lauffähig
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
ja
eingeschränkt2
Tabelle 3.1: Liste der Browser, auf denen das Übungstool getestet wurde.
2
Das Laden von Tabellen von Github Gists (Seite 52) funktioniert nicht.
28
Johannes Kessler
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
3.1 Relationale Algebra
Die relationale Algebra (RA) wird klassischerweise als Formel dargestellt
(siehe Kapitel 2).
In dieser Arbeit wird RA jedoch als Quelltext, vergleichbar mit SQL,
aufgefasst.
Dies ermöglicht Features wie
• das einfache Bearbeiten in einem Editor,
• Syntax-Highlighting und
• Autovervollständung,
die in vielen SQL-Editoren (z.B. MySQL Workbench3 , pgAdmin4 ) enthalten sind, in einem RA-Übungstool anzuwenden.
Für diesen Zweck wurde eine Grammatik definiert, die es ermöglicht,
RA-Statements in der klassischen Notation fast unverändert zu verarbeiten. Weiters wurden mehrere Erweiterungen wie Kommentare oder
Einführung einer alternativen Notation vorgenommen, die in diesem Kapitel vorgestellt werden.
3.1.1 Syntax
Die Syntax für RA Statements folgt der in Kapitel 2 vorgestellten klas”
sischen“ Notation.
Die einzige Änderung besteht darin, dass die in Subscript notierten Argumente nicht tiefergestellt werden.
Die Syntax ist nicht zeilenorientiert und die einzelnen Tokens können
durch beliebigen Whitespace getrennt werden.
Die Operatoren können durch das entsprechende Sonderzeichen oder
durch eine Plaintext-Schreibweise notiert werden, die in Abschnitt 3.1.6
vorgestellt wird. Für die Operatoren werden die in Tabelle 4.1 dargestellten Unicode Symbole verwendet.
Die RA-Formel
π S.N ame,S.Semester,P.N ame (
(V orlesungen ⨝ (ρS Studenten ⨝ ρH hoeren))
⨝ gelesenV on=P ersN r (ρP P rof essoren))
kann durch die neue Grammatik wie folgt eingegeben werden:
3
4
http://www.mysql.de/products/workbench/, zuletzt besucht am 29.04.2014
http://www.pgadmin.org/, zuletzt besucht am 29.04.2014
Johannes Kessler
29
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
1 π S.Name , S.Semester , P.Name (
2
(
3
Vorlesungen
4
⨝ (
5
ρ S Studenten
6
⨝
7
ρ H hoeren
8
)
9
)
10
⨝ gelesenVon = PersNr
11
ρ P Professoren
12 )
Mit der in Abschnitt 3.1.6 vorgestellten alternativen Operatorschreibweise kann auf die Verwendung von Sonderzeichen verzichtet werden:
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
pi S.Name , S.Semester , P.Name (
(
Vorlesungen
natural join (
rho S Studenten
natural join
rho H hoeren
)
)
join gelesenVon = PersNr
rho P Professoren
)
PEG.js
PEG.js5 ist ein von David Majda entwickelter freier Parsergenerator für
JavaScript. Er kann direkt im Browser, über eine JavaScript API oder
über die Kommandozeile verwendet werden und steht als node.js-Modul6
zur Verfügung.
PEG.js verwendet eine sogenannte parsing expression grammar (PEG)
[For04], die syntaktisch einer kontextfreien Grammatik (CFG) sehr ähnlich ist. Der Unterschied ist, dass bei PEGs die Produktionen geordnet
sind und streng nach der Reihe angewandt werden. Sobald eine Regel
anwendbar ist, wird diese verwendet. Der Syntaxbaum ist dadurch immer eindeutig, da Mehrdeutigkeiten in CFGs durch mehrere passende
Produktionen entstehen.
1
2
3
4
5
6
5
6
rule1
= 'first parsing expression '
/ 'second ' 'parsing '? test:'expression '
{
/* action of the second expression */
return {
http://pegjs.majda.cz/, zuletzt besucht am 29.04.2014
http://nodejs.org/, zuletzt besucht am 29.04.2014
30
Johannes Kessler
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
7
8
9
10
11
12
13
a: 'a value ',
b: test --variable from parsing expression
};
}
integer
= [0 -9]+
Die Grammatik besteht (vereinfacht) aus Regeln (rules), die durch eindeutige Namen identifiziert werden [Maj14]. Jeder Regel folgt eine geordnete Liste von parsing expressions, die auf den Eingabetext matchen.
Sie bieten ähnlich zu regulären Ausdrücken die Möglichkeit, Literale,
Klassen von Zeichen und Wiederholungen abzubilden.
Jeder parsing expression kann eine action folgen, die von geschwungenen
Klammern umfasst wird. Die action besteht aus JavaScript Code, der
ausgeführt wird, wenn die expression matcht.
Die Werte von Teilen der parsing expression, die als Variablen definiert
wurden (im Beispiel test), stehen im JavaScript-Code zur Verfügung.
Durch die geordneten expressions kann die Regel test2 in der Grammatik
Beispiel 3.1 auf die Eingabe 123abc“ angewandt werden, nicht jedoch
”
test1, da der Ausdruck in Zeile 2 auf den Teilstring 123“ matcht.
”
1
2
3
4
5
6
7
test1
= [0 -9]+
/ [0 -9]+ [a-z]+
test2
= [0 -9]+ [a-z]+
/ [0 -9]+
Beispiel 3.1: PEG.js Grammatik.
Grammatik
Die Grammatik für die in Abschnitt 3.1.1 eingeführte Syntax wurde mit
dem Parsergenerator PEG.js umgesetzt.
Die Ausgabe des Parsers ist ein Syntaxbaum, der in einem weiteren
Schritt in den ausführbaren Code übersetzt wird. Diese Trennung ermöglicht das separate Testen und Entwickeln des Compilers bzw. der
Grammatik und der Ausführungslogik. Weiters können Operationen wie
die Ersetzung von Variablen direkt auf dem Syntaxbaum ausgeführt
werden (siehe Abschnitt 3.1.3).
Die umgesetzte Grammatik soll hier am Beispiel der Selektion und des
Theta-Joins vereinfacht dargestellt werden.
Die Schlüsselwörter sind jeweils als eigene Regeln ausgeführt, um die
alternative Schreibweise zu unterstützen.
Johannes Kessler
31
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
1
2
3
4
5
6
7
1
2
3
4
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6
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1
2
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4
5
6
7
8
9
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11
12
sigma
= 'σ'
/ 'sigma '
inner
= '⨝'
/ ('inner ' __)? 'join '
selection
= sigma __ arg: boolean __ child : expression_precedence3
{
return {
type: 'selection ',
arg: arg ,
child : child ,
codeInfo : getCodeInfo ()
}
}
thetaJoin
= child1 : expression_precedence3 __ inner __ arg: boolean __
child2 : expression
{
return {
type: 'thetaJoin ',
arg: arg ,
child : child1 ,
child2 : child2 ,
codeInfo : getCodeInfo ()
};
}
Die Selektion beginnt mit dem Keyword sigma, das wie in den Zeilen 1 bis
3 ersichtlich ist, die verschiedenen alternativen Schreibweisen abdeckt.
Die Regel __ wurde als beliebiger, aber nicht optionaler Whitespace definiert, expression_precedence3 steht für einen gültigen RA-Ausdruck und
ist als die Gruppe aller unären Operatoren definiert. Dadurch wird die
Selektion am stärksten an andere unäre Operatoren und an die benannte Relation als Basis gebunden, da diese früher gematcht werden. Die
Regel boolean steht für einen beliebigen boolschen Ausdruck.
Der Rückgabewert jeder Aktion eines Operators ist ein JavaScriptObjekt, das zumindest die Eigenschaft type besitzt, die zur Identifikation
des Typs jedes Knotens im Syntaxbaum dient. Die Eigenschaften child
und child2 enthalten die Subbäume der Operanden. Die Selektion als
unärer Operator hat daher nur einen Operanden child.
Das generische Objekt codeInfo enthält z.B die Position im Statementcode und wird verwendet, um in späteren Schritten Fehlermeldungen
mit genauen Positionsangaben versehen zu können und diese im Editor
an der richtigen Position anzeigen zu können.
32
Johannes Kessler
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
Der Theta-Join als Beispiel für einen binären RA-Operator ist analog
dazu aufgebaut.
Der erste Operand bei binären Operatoren ist jeweils vom Typ der
nächst höheren Präzedenzgruppe.
Jeder Syntaxbaum einer RA-Abfrage beginnt mit einem Knoten vom
Typ root, der alle Zuweisungen und die eigentliche Abfrage enthält.
Die Abfrage
1
2
3
sigma a>0 R
inner join R.b=S.b
S
ergibt somit den folgenden (vereinfacht dargestellten) Syntaxbaum:
1
2
3
4
5
6
7
8
9
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11
12
13
14
15
16
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18
19
20
21
22
23
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28
29
30
31
32
33
34
35
36
{
"type": "root",
" assignments ": [],
"child ": {
"type": " thetaJoin ",
"arg": {
"type": " ConditionConst ",
"value ": true ,
" codeInfo ": {"line": 2, " column ": 12,
" offset ": 26, "text": "true"}
},
"child ": {
"type": " selection ",
"arg": {
"type": " ConditionConst ",
"value ": false ,
" codeInfo ": {/* ... */}
},
"child ": {
"type": " relation ",
"name": "R",
" codeInfo ": {"line": 1," column ": 13,
" offset ": 12, "text": "R"}
},
" codeInfo ": {/* ... */}
},
" child2 ": {
"type": " relation ",
"name": "S",
" codeInfo ": {"line": 3, " column ": 1,
" offset ": 31, "text": "S"}
},
" codeInfo ": {/* ... */}
},
" codeInfo ": {/* ... */}
}
Johannes Kessler
33
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
3.1.2 Kommentare
Zum einfachen Kommentieren der Abfragen, auch im Hinblick auf die
Abgabe der Lösung einer Übung, sind zwei Arten von Kommentaren
verfügbar. Analog zu SQL [Pos, Kapitel 4.1.5] können einzeilige Kommentare mit -- “ eingeleitet werden.
”
1
2
3
π Name , Semester
σ semester <= 1 -- nur Erstsemestrige
Studenten
Mehrzeilige Block-Kommentare werden mit /* und */ umschlossen.
1
2
3
π Name /* , Semester */
σ semester <= 1 -- nur Erstsemestrige
Studenten
Beide Arten von Kommentaren werden als Whitespace behandelt und
sind daher gültige Trenner von zwei Tokens.
Beim einzeiligen Kommentar muss den zwei Minuszeichen mindestens
ein Whitespacezeichen folgen.
Dieses beugt einem Problem vor, dass bei einer Einführung von arithmetischen Operationen folgen würde: Der arithmetische Ausdruck a--b
wäre nicht gültig, da -- als Kommentar interpretiert würde und nicht
als Minusoperator, gefolgt von einem Vorzeichen7 . Dies müsste somit als
a-(-1), a - -1 oder a- -1 geschrieben werden.
3.1.3 Zuweisungen
Für größere Abfragen in relationaler Algebra ist es nicht unüblich, Teile
davon als Variable zu definieren und diese in der eigentlichen Abfrage zu
verwenden. Diese Variablen können nach ihrer Definition wie benannte
Relationen behandelt werden.
Für das Übungstool wurde diese Möglichkeit übernommen. Die Syntax
einer solchen Zuweisung ist:
VARIABLE = RA_EXPRESSION
ist dabei ein beliebiger Ausdruck in relationaler Algebra,
ein freier Bezeichner (siehe Beispiel 3.2). Die Variablennamen
teilen sich hierbei denselben globalen Namespace wie die benannten Relationen und müssen in diesem eindeutig sein. Die Zuweisung ist hier ein
rechtsassoziativer Operator.
Die Reihenfolge der Definitionen spielt keine Rolle. Es können auch Variablen innerhalb der Variablendefinition verwendet werden, solange dadurch keine zyklischen Abhängigkeiten entstehen.
RA_EXPRESSION
VARIABLE
7
https://dev.mysql.com/doc/refman/5.1/de/ansi-diff-comments.html, zuletzt
besucht am 29.04.2014
34
Johannes Kessler
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
1
2
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4
5
6
7
8
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10
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14
15
K = pi kundennr ,vorname , nachname
Kunde
-- neue Bestellugen
B1 = sigma datum > 2014 -01 -01
pi kundennr ,datum , gesamtpreis
Bestellungen
-- alte Bestellungen
B2 = sigma datum < 1970 -01 -01
pi kundennr ,datum , gesamtpreis
Bestellungen
K natural join
(B1 union B2)
Beispiel 3.2: Verwendung von Zuweisungen.
Die Variablenersetzung erfolgt im Syntaxbaum.
Für jede Zuweisung generiert der Parser einen eigenen Unterbaum, der
die definierte Abfrage enthält. Im nächsten Schritt werden alle Positionen in den Bäumen der Zuweisungen gesucht, an denen diese Bezeichner
verwendet werden. Mithilfe dieser Positionen wird mittels Tiefensuche
sichergestellt, dass keine zyklischen Zuweisungen vorhanden sind, da ansonsten die Ersetzung nicht terminieren würde. Jede Verwendung einer
Variable wird im letzten Schritt mit deren Definition ersetzt und die Ersetzung für die spätere Visualisierung im Operatorbaum (Abschnitt 4.2)
in den Metadaten des Knotens gespeichert.
Im Operatorbaum werden die einzelnen Teilbäume ausgezeichnet, die
von einer bestimmten Zuweisung stammen. Verschiedene Variablen werden dabei zur besseren Übersicht farblich markiert, wie in Abbildung 3.1
ersichtlich ist.
Johannes Kessler
35
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
1
2
3
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5
6
7
8
9
10
11
12
S = sigma Semester > 8 Studenten
Prof = sigma Rang >'C3' Professoren
T =
hoeren
natural join Vorlesungen
join gelesenVon = PersNr Prof
pi MatrNr (
S natural join T
)
Abbildung 3.1: Beispiel Abfrage in RA mit Zuweisungen und der Visualisierung im Operatorbaum des Programms.
3.1.4 Inline-Relationen
Für einzelne Abfragen kann es hilfreich sein, neben den vorgegebenen
Relationen eigene definieren zu können, die innerhalb eines Statements
gültig sind.
PostgreSQL bietet dafür z.B. die VALUES-Notation (siehe [Pos, Kapitel
7.7]), mit der konstante Tabellen“ definiert werden können.
”
Mit dieser Notation kann sehr kompakt eine neue lokale Tabelle in der
Abfrage definiert werden, wie am folgenden Beispiel ersichtlich ist:
1
2
3
4
5
6
36
select *
from ( values
('a', 1, 6) ,
('b', 2, 7) ,
('c', 3, 8) ,
('d', 4, 9)
Johannes Kessler
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
7
8
) as R (a, b, c)
where R.a != 'b'
Ohne die VALUES-Notation kann man in z.B MySQL dasselbe auch
folgendermaßen ausdrücken:
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
select *
from (
select 'a' as a, 1 as b, 6 as c
union
select 'b', 2, 7
union
select 'c', 3, 8
union
select 'd', 4, 9
) as R
where R.a != 'b'
Für diese Arbeit wurde die RA-Grammatik um ein vergleichbares Feature erweitert, das es erlaubt, innerhalb einer Abfrage neue Relationen
zu definieren.
Diese Inline-Relationen stellen einen gültigen RA-Ausdruck dar und können daher in jeder Operation verwendet werden.
Die Notation lehnt sich an die Schema- und Tupelschreibweise in [KE11,
Seite 72] an, wobei auf die eckigen Klammern verzichtet wird.
Die Syntax soll am folgenden Beispiel erklärt werden:
1
2
3
4
5
{
a:string ,
b:integer , X.c:date ,
word ,
1,
1970 -01 -01 ,
'long string ', 0.5,
1970 -01 -02 ,
}
d
null
'test '
Jede Inline-Relation wird von geschwungenen Klammern umgeben (Zeile
1 und 5). Die Daten sind zeilenweise strukturiert, wobei die erste Zeile
(Zeile 2 im Beispiel) die Beschreibung des Schemas und alle weiteren
Zeilen die Daten der einzelnen Tupel enthalten (Zeile 3 und 4). Die
einzelnen Spalten können durch
• Leerzeichen und Tabulatoren,
• Kommas mit optionalen Leerzeichen und Tabulatoren oder
• Strichpunkte mit optionalen Leerzeichen und Tabulatoren
getrennt werden.
Die Definition des Schemas erfolgt als Liste von Attributnamen, denen
bei Bedarf der jeweilige Spaltentyp, mit Doppelpunkt getrennt, nachgestellt werden kann. Die explizite Nennung des Typs kann entfallen, solange der Typ eindeutig aus den Werten bestimmen lässt (siehe Spalte d
Johannes Kessler
37
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
in Zeile 2). Der Typ wird dabei vom ersten nicht null-Wert definiert. Bei
jedem folgenden Wert anderen Typs wird eine Fehlermeldung ausgegeben. Gültige Typen sind number für integer- und float-Werte, string für
Zeichenketten und date für Kalenderdaten. Dem Attributnamen kann
ein mit Punkt getrennter Qualifizierer vorangestellt werden.
Diese Syntax entspricht dadurch weitgehend der in der Literatur [KE11,
Seite 72] und in Abbildung 2.1 verwendeten Notation eines Schemas.
Die Werte der Tupel werden jeweils in einer Zeile notiert. Es gelten dabei dieselben Separatoren zur Trennung der Spalten. Einfache Wörter
([a-zA-Z]+), numerische Werte, die Konstante null oder Kalenderdaten
in der Form YYYY-MM-DD werden ohne Anführungszeichen notiert.
Längere oder komplexere Strings werden in einfachen Hochkommas eingeschlossen.
Mit dieser Syntax kann in der Abfrage eine Relation erzeugt werden, die
dem SQL-Beispiel entspricht:
1
2
3
4
5
6
7
8
sigma R.a != 'b' ({
R.a, R.b, R.c
a,
b,
c,
d,
1,
2,
3,
4,
6
7
8
9
})
Ein minimales Beispiel würde aus einer Relation mit einer Spalte und
keinen Zeilen bestehen:
{a: number }
Der Typ muss dabei explizit angegeben werden, da keine Werte für eine
Typbestimmung vorhanden sind.
3.1.5 Präzedenz
Eine Operator-Präzedenz, wie sie in Abschnitt 2.5 definiert wurde, kann
in einer PEG direkt abgebildet werden.
Für die Grammatik des Übungstools wurden die Präzedenzregeln sowohl
für die logischen Operatoren ^, ‘ und _, als auch für die Operatoren
der relationalen Algebra umgesetzt.
Die Klammerung der Operanden ist somit optional und kann in den
meisten Fällen entfallen. Durch eine explizite Klammersetzung kann eine
beliebige Auswertungsreihenfolge erzwungen werden, wie in Beispiel 3.3
anhand der Projektion gezeigt wird.
Im Übungstool ist die gewählte Ausführungsreihenfolge nach der Ausführung sofort im Operatorbaum ersichtlich und die eingegebene Abfrage wird zusätzlich vollgeklammert angezeigt. Dadurch wird die Über-
38
Johannes Kessler
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
prüfung erleichtert, ob die gewählte Ausführungsreihenfolge mit der gewünschten übereinstimmt.
1 π A.Name , P.Name (
2
ρ A Assistenten
3
⨝ P. PersNr =Boss
4
σ Rang >'C3 ' _ Rangď'C2 '
5
ρ P Professoren
6 )
Beispiel 3.3: Abfrage mit minimaler Klammersetzung und Operatorbaumdarstellung.
3.1.6 Plaintext Notation
Alternativ zur klassischen Notation, die in Abschnitt 2.2 vorgestellt wurde, wird hier eine alternative Schreibweise eingeführt, die keine Sonderzeichen verwendet und dadurch eine möglichst komfortable und schnelle
Eingabe ermöglichen soll.
Es ist dadurch möglich, einen Ausdruck in relationaler Algebra als Plaintext zu notieren und ihn in dieser Form auch problemlos abzuspeichern
oder in Dokumente einzubetten. Die griechischen Buchstaben werden
dabei ausgeschrieben.
Für Sonderzeichen wie ⟕“ wird eine alternative Schreibweise einge”
führt, die sich an den SQL-Bezeichnern orientiert, um keine neuen Namen einführen zu müssen. Die zwei alternativen Schreibweisen können
nach Belieben gemischt verwendet werden.
In Tabelle 3.2 sind die alternativen Notationen den semantisch äquivalenten klassischen Notationen gegenübergestellt. Ausdrücke in eckigen
Klammern sind optional. Die Klammerung der Relationen R und S dient
nur der Veranschaulichung.
Johannes Kessler
39
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
klassische Notation
σaąb (R)
πa,b (R)
ρX (R)
ρxÐa,yÐb (R)
ρaÑx,bÑy (R)
RXS
RYS
R´S
RzS
R÷S
R⨯S
R ⨝ a=b^a=c S
R⨝S
R ⟕a=b_a=c S
R ⟖a=b_a=c S
R ⟖a=b_a=c S
R⋉S
R⋊S
R◁S
alternative Notation
sigma a > b ( R )
pi a, b ( R )
rho X ( R )
rho x <- a, x <- b ( R )
rho a -> x, a -> x ( R )
R union S
R intersect S
R - S
R \ S
R / S
R cross join S
R x S
R [inner] join a=b and a=c S
R [natural] join S
R left [outer] join a=b or a=c S
R right [outer] join a=b or a=c S
R full [outer] join a=b or a=c S
R left semi join S
R right semi join S
R anti [semi] join S
Tabelle 3.2: Plaintext Notationen der RA-Operatoren.
Bei boolschen Ausdrücken für Bedingungen wird dieselbe Notation wie
in SQL verwendet: Die logischen Operatoren and“, or“ und !“, und
”
”
”
Vergleiche mit =, >=, <=, !=, < und >.
Als Trennzeichen zwischen den einzelnen Tokens sind Leerzeichen, Tabulatoren und Zeilenumbrüche definiert. Dadurch kann ein großes Statement auch mit Einrückungen formatiert geschrieben werden.
Das Statement
1
2
3
4
5
6
pi Name , Rang
sigma p. PersNr >= 2130 (
rho p Professoren
join gelesenVon = PersNr
Vorlesungen
)
ist somit semantisch äquivalent zu
πN ame,Rang (σp.P ersN rě2130 (ρp P rof essoren ⨝ V orlesungen))
und sollte damit gleich komfortabel zu schreiben sein, wie dieselbe Abfrage als SQL Statement:
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Johannes Kessler
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
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select distinct Name , Rang
from Professoren as p
inner join Vorlesungen on gelesenVon = PersNr
where p. PersNr >= 2130
3.1.7 SQL
Der Parser für SQL wurde mit PEG.js (siehe Abschnitt 3.1.1) umgesetzt. Er bietet die Möglichkeit, einfache SQL-SELECT-Statements zu
formulieren, die in relationale Algebra übersetzt und ausgeführt werden.
Eine Unterstützung für DML-Statements wie INSERT oder UPDATE
ist nicht vorgesehen.
Die unterstützte Syntax ist in einigen Punkten wie z.B. den Kommentaren an die SQL-Syntax von MySQL8 und PostgreSQL9 angelehnt.
Die unterstützten Features sollen hier an mehreren kleinen Beispielen
erklärt werden:
Alle Schlüsselwörter sind nicht case-sensitiv und können daher auch klein
geschrieben werden.
Für den SELECT-Teil werden einerseits * oder eine Liste mit Spaltennamen in der Form name“ oder X.name“ unterstützt. X ist hierbei der Kurz”
”
bezeichner einer Tabelle oder Unterabfrage. Das Schlüsselwort distinct
wird zwingend verlangt, da die Elimination von Duplikaten in SQL nicht
optional ist. In der relationalen Algebra können Relationen jedoch keine
Duplikate enthalten.
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2
SELECT DISTINCT *
FROM Tabellenname
Im FROM-Teil können Tabellennamen oder nicht korrelierte Substatements stehen. Jeder Tabelle kann mit as X ein Kurzbezeichner zugewiesen werden, wobei X für einen beliebigen Bezeichner steht. Bei Substatements ist dies obligatorisch. Nicht korreliert bedeutet, dass im Substatement nicht auf Daten der außen liegenden Statements zugegriffen werden
kann.
8
http://dev.mysql.com/doc/refman/5.7/en/select.html, zuletzt besucht am
29.04.2014
9
http://www.postgresql.org/docs/9.3/static/sql-select.html, zuletzt besucht
am 29.04.2014
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KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
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SELECT DISTINCT *
FROM Tabelle1 , Tabelle2 as t2 , (
SELECT DISTINCT *
FROM Tabelle3
) as t3
inner join Tabelle4 as t4 on t4.a = t2.a
natural join Tabelle5
inner join Tabelle6 natural
left outer join Tabelle8 as t8 on t8.a = t2.a
left outer join Tabelle9 natural
right outer join (
select * from Tabelle10
) as t10
Zu joinende Tabellen können entweder, wie in Zeile 2 als Liste hinter FROM
aufgelistet werden oder, wie ab Zeile 6 dargestellt ist, explizit aufgeführt
werden. Hierbei werden für den inneren Natural-Join zwei alternative
Schreibweisen unterstützt, wie in Zeile 6 und 7 zu sehen ist.
Der Left-, Right- und Full-Outer-Join wird jeweils mit explizitem Joinkriterium unterstützt, das nach on angeführt wird. Weiters steht jeweils
eine Natural-Variante zur Verfügung, bei der das Joinkriterium implizit
gegeben ist.
Im WHERE-Teil werden Vergleiche in der Form a OPERATOR b mit den
Operatoren =, != oder <>, >, <, >=, <=, is null und is not null unterstützt.
Die Operanden a und b stehen hierbei für beliebige Spaltennamen oder
Literale. Vergleiche können mit and und or verknüpft werden, die Negation geklammerter Ausdrücke mit ! wird unterstützt.
Literale haben die Typen String, Number oder Date. Null kann als null
oder NULL geschrieben werden. Strings werden in einfachen Hochkommas
(z.B. 'text') notiert.
Numerische Werte sind entweder ganzzahlig mit optionalem Vorzeichen
in der Form (-?[0-9]+) z.B. 42“ oder Float Werte wie -42.0“, die durch
”
”
folgenden regulären Ausdruck (-?[0-9]+.[0-9]+) beschrieben werden können.
Datumswerte werden in der Form DATE('YYYY-MM-DD') notiert, wobei YYYY
für das Jahr, MM für den Monat und DD für den Tag stehen.
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SELECT DISTINCT *
FROM Tabellenname
WHERE a >10 and !(b <> '' or c is not null)
ORDER BY a, b asc , 3 desc , a, b
Das Sortierten der Ausgabe ist mit ORDER BY möglich. Dem Schlüsselwort folgt eine durch Kommas getrennte Liste mit Spaltennamen oder
Spalten-Indizes. Jeder Eintrag kann durch asc oder desc ergänzt werden,
um die Sortierrichtung anzugeben. Ohne explizite Angabe wird aufsteigend sortiert (asc).
Eine Gruppierung ist mit GROUP BY möglich, wobei hier eine Liste der
Spalten angegeben wird, nach denen gruppiert werden soll.
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Johannes Kessler
KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
Für die Aggregation können alle in Abschnitt 2.2.17 beschriebenen Funktionen verwendet werden. Für jede Aggregationsspalte muss mit as ein
Name angegeben werden.
In der HAVING-Klausel können, analog zur WHERE-Klausel, weitere
Einschränkungen formuliert werden. Aggregationsspalten werden dabei
über den neuen Bezeichner angesprochen.
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SELECT DISTINCT a, b, COUNT (*) as anzahl , SUM(d) as summe
FROM Tabellenname
GROUP BY a, b
HAVING summe > 100
ORDER BY 4 desc
LIMIT 10 OFFSET 0
Wie bei PostgreSQL [Pos, Kapitel 7.6] kann durch LIMIT x OFFSET y oder
LIMIT x eine vertikale Partitionierung vorgenommen werden. Es werden
dabei die ersten x Zeilen ab der Zeile mit dem Index y ausgegeben.
Um die Anzahl der Zeilen nicht zu limitieren, kann statt der Zeilenanzahl x das Schlüsselwort ALL verwendet werden. Ohne Angabe eines
Offsets wird ab der ersten Zeile gezählt, was der Angabe LIMIT x OFFSET
0 entspricht.
Die Schlüsselwörter UNION und INTERSECT stehen zur Verfügung, um die
Vereinigung bzw. die Schnittmenge zweier Abfragen zu bilden.
3.2 Berechnung
Die Berechnung der RA erfolgt ausschließlich clientseitig und wurde in
JavaScript implementiert.
Entgegen der RA-Theorie werden hier keine Mengen von Tupeln, sondern, ähnlich wie in relationalen Datenbanken, Multimengen in Form
von zweidimensionalen Arrays von Werten als Basis verwendet. Dies hat
den Vorteil, dass die Tupel eine definierte Ordnung besitzen. Duplikate
werden vor der Ausgabe unter Beibehaltung der Reihenfolge eliminiert.
Ziel dieser Arbeit war nicht, möglichst schnelle Algorithmen zu implementieren, sondern den Fokus auf den Übungscharakter des Programms
zu legen. Es wurden daher oft langsamere Algorithmen implementiert,
die für den User jedoch noch Vorteile wie das Erhalten einer bestimmten
Reihenfolge bieten.
Die Ausführungsgeschwindigkeit ist für kleine Tabellen und sinnvolle
Abfragen, wie Sie für Übungen und Beispiele verwendet werden, ausreichend. So wird die Abfrage in Beispiel 3.4, die auf den Daten aus
[KE11] basiert, in Google Chrome 35 und Mozilla Firefox 28 in ca 2 bis
4 Millisekunden ausgeführt10 . Bei kleinen Ergebnistabellen dauert die
Darstellung als Tabelle länger als die eigentliche Berechnung der Daten.
10
Teststyem: Intel(R) Core(TM) i5 CPU M 520 mit 2.40GHz
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tau [1], [2], [3]
pi S.Name , S.Semester , P.Name (
(
Vorlesungen
natural join (
rho S Studenten
natural join
rho H hoeren
)
)
join gelesenVon = PersNr
rho P Professoren
)
Beispiel 3.4: Abfrage in relationaler Algebra.
Alle RA-Operatoren wurden jeweils so umgesetzt, dass die Reihenfolge
der Tupel der Argumentrelationen erhalten bleibt.
Einer der einfachsten Algorithmen, einen Join auszuführen, ist der
Nested-Loop-Join. Dieser wird in Datenbanksystemen, wenn möglich,
durch schnellere Algorithmen ersetzt, da er eine Komplexität von
O(|R| ˚ |S|) besitzt. Der Nested-Loop-Join (Beispiel 3.5) hat jedoch die
Eigenschaft, dass das Ergebnis unabhängig von den Werten immer dieselbe leicht nachvollziehbare Struktur aufweist und auch Beispiele oft in
dieser Form angegeben werden (z.B. Abbildung 2.14 [GMUW09, Seite
44], Abbildung 2.16 [GMUW09, Seite 46] und Abbildungen [KE11, Seite
88 und 89]).
Ein Beispiel für einen Join-Algorithmus, bei dem die Reihenfolge nicht
erhalten bleibt, ist der Hash-Join [GMUW09, Seite 734-738]. Dieser besitzt zwar eine durchschnittliche Laufzeit von O(|R|+|S|), die Tupel der
Relationen werden jedoch über die Hashwerte der Join-Attribute gejoint.
Dadurch ist die Reihenfolge der Tupel in der Ergebnisrelation von den
Daten der Join-Attribute und der gewählten Hashfunktion abhängig.
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for(r in R){
for(s in S){
if(r.a == s.a)
// => [r, s] zum Ergebnis hinzufügen
}
}
Beispiel 3.5: Nested-Loop-Join der Operation R ⨝ r.a=s.a S als Pseudocode.
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KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
Aus diesem Grund wird für alle Join Operatoren der Nested-Loop-Join
verwendet.
Die Berechnung des Ergebnisses erfolgt, ausgehend vom Syntaxbaum
des Parsers, bei dem verwendete Variablen bereits ersetzt wurden (siehe
Abschnitt 3.1.3), in drei Schritten: Übersetzung, Überprüfung und die
eigentliche Berechnung.
Bei der Übersetzung wird anhand des Syntaxbaums (siehe Abschnitt 3.1.1) rekursiv ein Objekt für jede Operation erzeugt. Die Operanden jeder Operation sind wiederum Objekte der jeweiligen Operation
und werden als Argument übergeben.
Die verwendeten benannten Relationen werden in diesem Schritt aufgelöst, indem nach entsprechenden Relationen in der aktuell gewählten
Gruppe gesucht wird. Nach dem Mapping steht der vollständige Operatorbaum zur Weiterverarbeitung zur Verfügung.
Beim Wurzelobjekt dieses Operatorbaums wird im nächsten Schritt die
check“-Funktion aufgerufen, die das Schema der jeweiligen Operation
”
berechnet und eine semantische Prüfung vornimmt. Diese Funktion wird
rekursiv für alle Kindelemente aufgerufen, da die Berechnung des Schemas eines Operators von den Schemata der Argumente abhängt.
Die eigentliche Berechnung erfolgt in einem separaten Schritt. Die Basisfälle sind wiederum die Relationen, von denen ausgehend das Ergebnis
bottom-up berechnet wird.
SQL
Die Berechnung von SQL-Statements erfolgt indirekt durch eine Übersetzung in relationale Algebra.
Es wird ausgehend vom SQL-Syntaxbaum des Parsers ein RAOperatorbaum erzeugt. Ab diesem Zeitpunkt findet keine Unterscheidung mehr zwischen den beiden Sprachen statt.
Die Übersetzung eines SQL-Statements in relationale Algebra soll exemplarisch an Beispiel 3.6 erklärt werden.
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select distinct Titel as Vorlesungsname , Name
from (
select distinct Titel , Name , SWS
from Studenten as st
natural join hoeren as h
inner join Vorlesungen on h. VorlNr = Vorlesungen . VorlNr
union
select distinct Titel , Name , SWS
from Vorlesungen , Professoren
where gelesenVon = PersNr
) as t
where SWS >= 3
order by 1, 2 desc
Beispiel 3.6: Abfrage in SQL.
Da die relationale Algebra prozedural aufgebaut ist, wird hier von innen
nach außen vorgegangen. Im Programm ist dies einfach durch Rekursion
abbildbar.
Zuerst wird das Statement von Zeile 3 bis 6 übersetzt. Der Ausgangspunkt ist hierbei die Relation Studenten, welcher ein neuer Qualifizierer
st zugewiesen wird.
ρ st Studenten
Dieser Ausdruck wird mit einem Natural-Join mit der Relation hoeren
verknüpft, welcher der Kurzbezeichner h zugewiesen wird.
(ρ st Studenten ) ⨝ (ρ h hoeren )
In Zeile 6 wird mit der Relation Vorlesungen gejoint. Einer Relation, der
kein expliziter Kurzbezeichner zugewiesen wird, wird automatisch ein
Kurzbezeichner zugewiesen, der dem Relationsnamen entspricht. Dies
stellt sicher, dass die Spalten als Tabellenname.Spaltenname ansprechbar
sind:
(
(ρ st Studenten ) ⨝ (ρ h hoeren )
) ⨝ h. VorlNr = Vorlesungen . VorlNr (
Vorlesungen
)
Der SELECT-Teil des Statements entspricht in der RA einer Projektion.
Das Schlüsselwort distinct wird an dieser Stelle zwingend benötigt, da
die Duplikateneliminierung in SQL optional ist. Damit kann das Statement von Zeile 3 bis 6 in den folgenden RA-Ausdruck übersetzt werden:
π Titel , Name , SWS (
(
(ρ st Studenten ) ⨝ (ρ h hoeren )
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KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
) ⨝ h. VorlNr = Vorlesungen . VorlNr (
Vorlesungen
)
)
Im Statement von Zeile 10-12 wird die ältere Join-Syntax verwendet.
Hierbei wird zuerst das Kreuzprodukt der Relationen Vorlesungen und
Professoren gebildet und darauf die Selektion ausgeführt. Der select-Teil
wird, wie vorher, durch die Projektion abgebildet.
π Titel , Name , SWS (
σ gelesenVon = PersNr ( Vorlesungen ⨯ Professoren )
)
Die Union-Operation aus SQL ist äquivalent zur Vereinigung in der relationalen Algebra (siehe Abschnitt 2.2.4). Somit können die Zeilen 3 bis
12 einfach zur folgenden Abfrage zusammengefasst werden:
(
π Titel , Name , SWS (
(
(ρ st Studenten ) ⨝ (ρ h hoeren )
) ⨝ h. VorlNr = Vorlesungen . VorlNr (
Vorlesungen
)
)
) Y (
π Titel , Name , SWS (
σ gelesenVon = PersNr ( Vorlesungen ⨯ Professoren )
)
)
Im äußeren Statement wird das vereinigte Statement (Zeile 3 bis 12) als
Substatement verwendet, welchem der Bezeichner t zugewiesen wird.
Ein nicht korreliertes Substatement11 wird in der RA einfach als Operand der jeweiligen Operation abgebildet. Eine Übersetzung von korrelierten Unterabfragen wäre wesentlich aufwendiger und wird sowohl in
der Literatur, z.B. [KE11], als auch in Vorlesungen selten behandelt.
Daher wurde auf die Unterstützung von korrelierten Unterabfragen verzichtet.
Der WHERE-Teil entspricht einer einfachen Selektion mit der entsprechenden Bedingung.
Im SELECT-Teil in Zeile 1 wird der Spalte Titel ein neuer Name zugewiesen, was in der Verwendung der Umbenennung ρ resultiert.
Order-by kann durch die Erweiterung der relationalen Algebra (siehe
Abschnitt 2.2.15) mit dem τ -Operator abgebildet werden.
Das komplette Statement kann somit wie folgt in relationaler Algebra
dargestellt werden:
11
Korreliert bedeutet, dass innerhalb des Substatements auf Daten der
umschließenden Abfrage referenziert werden kann.
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KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
τ [1] , [2] desc (π Titel , Name (
σ SWSě3 (ρ t (
(
π Titel , Name , SWS (
(
(ρ st Studenten ) ⨝ (ρ h hoeren )
) ⨝ h. VorlNr = Vorlesungen . VorlNr (
Vorlesungen
)
)
) Y (
π Titel , Name , SWS (
σ gelesenVon = PersNr ( Vorlesungen ⨯ Professoren )
)
)
))
))
Das SQL-Statement
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SELECT DISTINCT a, b, COUNT (*) as anzahl
FROM R
WHERE a >= 1
GROUP BY a, b
HAVING anzahl > 2
ORDER BY 3 desc
LIMIT 1 OFFSET 1
kann folgendermaßen in relationale Algebra übersetzt werden:
π a, b, anzahl (
σ ROWNUMą1 ^ ROWNUMď2 (
π a, b, anzahl , ROWNUM (
τ [3] desc (
π a, b, anzahl (
σ anzahl >2 (
γ a, b ; COUNT (*)Ñanzahl (
σ aě1 ( R )
)))))))
Die Gruppierung in Zeile 4 wird dabei durch den Gruppierungsoperator
γ (siehe Abschnitt 2.2.17) abgebildet. Dabei wird nach allen in GROUP BY
angegebenen Spalten gruppiert. Die Aggregationsfunktionen (im Beispiel COUNT(*)) werden in SQL im SELECT-Teil definiert.
Die HAVING-Klausel in Zeile 5 entspricht einer Selektion, die nach γ
ausgeführt wird.
Die vertikale Partitionierung mit LIMIT 1 OFFSET 1 erfolgt in der relationalen Algebra durch eine Selektion mit dem Zeilenindex ROWNUM, der
durch die erweiterte Projektion (siehe Abschnitt 2.2.16) zur Verfügung
gestellt wird.
Die Übersetzung von RA in SQL erfolgt automatisch im Hintergrund,
um ein äquivalentes Statement in relationaler Algebra zu erzeugen (siehe
Abbildung 3.2). Die Übersetzung soll den Benutzern helfen, einerseits
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KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
die relationale Algebra schneller zu erlernen, wenn schon gewisse SQL
Vorkenntnisse vorhanden sind, und anderseits einen Einblick zu erhalten,
wie eine SQL-Abfrage in relationale Algebra übersetzt und ausgeführt
werden kann.
Abbildung 3.2: Anwendung mit SQL-Statement aus Abschnitt 3.2.
3.3 Server
Dieses Kapitel beschreibt die Serverkomponente, welche die Tabellen
zur Verfügung stellt, die für die RA- und SQL-Statements verwendet
werden.
Eine Aufgabe ist eine Zusammenstellung von einer oder mehreren zuJohannes Kessler
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KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
sammengehörenden Tabellen zu einer Gruppe. Diese kann mit zusätzlichen Informationen wie eine Referenz zum Übungsblatt und einem optionalen Sichtbarkeitszeitraum versehen werden.
Übungsleiter sollen in der Lage sein, neue Aufgaben anzulegen und dabei
vorhandene (MySQL) Tabellen wiederzuverwenden, die den Benutzern
beispielsweise über Frontends wie phpMyAdmin zur Verfügung gestellt
werden, um SQL Abfragen ausführen zu können.
Zur einfachen Weiterverarbeitung in JavaScript werden die Daten direkt
als JSON-codiert ausgegeben.
Eine Gruppe hat folgende Struktur:
• eine eindeutige numerische ID, um die Tabellen nachzuladen,
• einen Gruppennamen, wie er im Client angezeigt wird, z.B. Tu”
torial Exercise 1 - 2014“,
• eine Beschreibung mit weiteren Informationen zur Übung,
• einen optionalen Zeitraum zur Steuerung der Sichtbarkeit,
• eine Liste aller Tabellen der Gruppe mit
– einer numerischen ID,
– dem Namen der Tabelle, wie er im Client angezeigt wird und
– den Spaltennamen und -typen der jeweiligen Tabellen.
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{"2":
{
" groupId ": 2,
" groupName ": " DatabaseSystems Lecture ",
" groupDesc ": " Tables from and for the lecture <a href
=\" http :\/\/ dbis - informatik .uibk.ac.at \/249 -0 -VO Datenbanksysteme .html \"> Databases : Foundations ,
Data Models and System Concepts - University of
Innsbruck <\/a> chapter 3",
" online_until ": null ,
" tables ": [
{
" tableId ": 0,
" tableName ": "R",
" columnNames ": ["a", "b", "c"],
" columnTypes ": [" number ", " string ", " string "]
},
{
" tableId ": 1,
" tableName ": "S",
" columnNames ": ["b", "d"],
" columnTypes ": [" string ", " number "]
},
{
" tableId ": 2,
" tableName ": "T",
" columnNames ": ["b", "d"],
" columnTypes ": [" string ", " number "]
}
]
}
}
Beispiel 3.7: Antwort auf eine Abfrage aller Gruppen.
Die Serverkomponente wurde in PHP implementiert und stellt die Daten
über eine einfache REST-Schnittstelle zur Verfügung.
Es gibt zwei einfache Verwaltungstabellen, ra_group und ra_table, in
denen die Informationen zu den Gruppen und deren Tabellen gespeichert
sind.
Die Abfrage GET index.php/groups wird verwendet, um die Spezifikation
aller Gruppen und deren Tabellen zu laden. Die Namen und Typen der
Spalten der einzelnen Tabellen werden aus der MySQL-Tabelle INFORMATION_SCHEMA.COLUMNS 12 geladen, welche die Datentypen der
Spalten jeder Tabelle enthält (siehe Beispiel 3.7).
Die Abfrage GET index.php/tables/X dient dazu, die Daten der Tabellen
der Gruppe mit der group-id X zu laden (siehe Beispiel 3.8).
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http://dev.mysql.com/doc/refman/5.5/en/columns-table.html - 2014
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[
[
["1", "a", "d"],
["3","c","c"],
["4","d","f"],
["5","d","b"],
["6","e","f"]
],
[
["a","100"],
["b","300"],
["c","400"],
["d","200"],
["e","150"]
],
[
["a","100"],
["d","200"],
["f","400"],
["g","120"]
]
]
Beispiel 3.8: Antwort auf eine Abfrage index.php/tables/2.
3.4 Geteilte Tabellen
In Abschnitt 3.3 wurde eine Möglichkeit vorgestellt, den Usern Gruppen
von Tabellen für Abfragen zur Verfügung zu stellen. Der Fokus liegt dabei auf einer einfachen Wiederverwendung von vorhanden Datensätzen
und Tabellen in einer Datenbank. Somit können die Daten leicht sowohl
über das relationale Algebra Übungstool als auch z.B. per phpMyAdmin
zur Verfügung gestellt werden.
Eine Alternative dazu stellt das Laden der Daten von externen Quellen
dar. Das Ziel ist hierbei, eine einfache Möglichkeit zu schaffen, Tabellen
für Abfragen zu veröffentlichen und auszutauschen. Dies bietet unter
anderem die Möglichkeit, dass Benutzer selbst Tabellen definieren und
diese mit anderen teilen können.
Eine Gruppe von Tabellen besteht aus dem Namen der Gruppe, einer
optionalen Beschreibung und einer oder mehreren Tabellendefinitionen.
Für die Definition einer Gruppe wurde ein einfaches Format definiert,
das es erlaubt, ein oder mehrere Gruppen als Klartext zu beschreiben.
Die verwendete Syntax zur Definition der Tabellen entspricht der in Abschnitt 3.1.1 vorgestellten Syntax für Abfragen in relationaler Algebra.
Tabellen werden dazu als Zuweisungen (siehe Abschnitt 3.1.3) abgebildet.
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Der Gruppenname und die optionale Beschreibung werden am Beginn
der Datei notiert.
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group : Name der Gruppe
description [[ Beschreibung der Gruppe
über <b>mehrer </b> Zeilen ]]
TabelleA = {
a, b
1, a
2, b
3, c
}
TabelleB = {
a, d
1, 0.5
2, -1
4, 42
}
-- Tabellendefinition als komplexer Ausdruck
TabelleC = (pi a TabelleB ) cross join {
e
1970 -01 -01
2038 -01 -19
}
Jede Headerdeklartation beginnt mit dem Headernamen gefolgt von einem Doppelpunkt bei einzeiligen Text (Zeile 1) oder [[ bei mehrzeiligem
Text. Mehrzeilige Header werden durch ]] beendet das innerhalb des
Texts als \]] escaped werden kann.
Derzeit sind die Header group für den Namen der Gruppe und description
für deren Beschreibung definiert.
Im Beschreibungstext kann hierbei mit beliebigem HTML ausgezeichnet werden, um beispielsweise Hyperlinks auf weiterführende Literatur
setzen zu können.
Die Definition der Tabellen erfolgt durch eine Liste von Zuweisungen, wie
sie auch in einer Abfrage verwendet werden können. Der Variablenname
entspricht hierbei dem Tabellennamen in der Gruppe.
Die Tabelle wird durch den zugewiesenen Ausdruck definiert. Der Ausdruck muss dabei ein gültiger RA-Ausdruck sein und ist im einfachsten
Fall eine Inline-Relation (siehe Abschnitt 3.1.4).
Es ist möglich, innerhalb eines Ausdrucks eine andere Relation der selben Gruppe zu verwenden. Hierbei gelten dieselben Regeln wie für die
Verwendung von Zuweisungen (Abschnitt 3.1.3).
Die Namen und Typen der Spalten ergeben sich aus dem Schema der
Ausdrücke. Der Qualifizierer einer Tabelle wird beim Laden für alle Spalten automatisch auf den Tabellennamen gesetzt.
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KAPITEL 3. ÜBUNGSTOOL
Innerhalb einer Datei können mehrere Gruppen untereinander definiert
werden, wobei jede mit einem eigenen Header beginnt.
Dieses Format wird auch applikationsintern verwendet, um alle Gruppen zu laden, die nicht über die Serverschnittstelle aus der Datenbank
geladen werden.
Als Quelle wird derzeit Github Gist13 unterstützt.
Github Gist ist eine Plattform, auf der Code-Snippets einfach veröffentlicht und geteilt werden können. Jeder Gist ist dabei ein vollstädiges
Git-Repository. Gists können sowohl anonym als auch als registrierter
Github User erstellt werden und erhalten jeweils eine eindeutige ID.
Über diese ID können die Gruppendefinitionen im Übungstool geladen werden. Dabei wird die Applikation direkt mit dem Querystring
?data=gist:ID aufgerufen.
Die Url http://example.com/?data=gist:ac267b9cc810ac5f20e2 lädt somit automatisch die Tabellengruppe, die im Gist mit der ID
ac267b9cc810ac5f20e2 definiert wurde.
13
https://gist.github.com/, zuletzt besucht am 29.04.2014
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Kapitel 4
Grafische
Benutzeroberfläche
Die grafische Benutzeroberfläche des Übungstools ist komplett webbasiert und wurde mit HTML5 umgesetzt. Beim Start der Anwendung
wird die Gruppenübersicht vom Server gladen. Die Tabellen werden bei
der Auswahl einer Gruppe per AJAX nachgeladen.
Sämtliche Berechnungen laufen clientseitig ab. Dies ermöglicht ein komfortables Arbeiten ohne Rücksichtnahme auf die aktuelle Reaktionszeit
des Servers.
Wie in Abbildung 4.1 auf Seite 56 zu sehen ist, besteht die Oberfläche
aus den folgenden Komponenten (von links oben nach rechts unten):
1. einem Dropdownmenü zur Auswahl der Tabellengruppe
2. einer Liste mit Tabellen und deren Spalten
3. dem Editor mit Toolbar (siehe Abschnitt 4.1)
4. einer Operatorbaumdarstellung des Statements (siehe Abschnitt 4.2)
5. der RA-Formel jenes Teils der Formel, welcher berechnet wurde
6. der Anzeige der berechneten Daten als Tabelle
Die Oberfläche wurde zu großen Teilen mittels Bootstrap1 gestaltet. Für
die Interaktion mit dem DOM wird jQuery2 verwendet.
1
2
http://getbootstrap.com/, zuletzt besucht am 29.04.2014
http://jquery.com/, zuletzt besucht am 29.04.2014
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KAPITEL 4. GRAFISCHE BENUTZEROBERFLÄCHE
Abbildung 4.1: Editor mit Toolbar im Modus für relationale Algebra.
4.1 Editor
Der Editor ist eine der Hauptkomponenten der Applikation und dient
neben der Texteingabe auch der Anzeige von Fehlermeldungen. Die Editorkomponente wurde mit CodeMirror 3 umgesetzt3 . CodeMirror ist ein
freier webbasierter Editor, der unter der MIT-Lizenz steht und umfangreiche Erweiterungsmöglichkeiten bietet.
Die Eingabe einer Abfrage kann im Übungstool sowohl in SQL als auch
in relationaler Algebra erfolgen.
Für die relationale Algebra steht eine umfangreiche Toolbar zur Verfügung, über die Sonderzeichen der Operatoren komfortabel eingegeben
werden können. Wie in Abbildung 4.2 zu sehen ist, wird für jede Operation zusätzlich ein kurzes Beispiel angezeigt, das die Verwendung des
3
http://codemirror.net/, zuletzt besucht am 29.04.2014
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KAPITEL 4. GRAFISCHE BENUTZEROBERFLÄCHE
Operators illustriert.
. + . . oder der
Sprachübergreifend kann die aktuelle Abfrage mit strg
execute“-Schaltfläche ausgeführt werden. Über dieselbe Schaltfläche
”
kann, sobald Text innerhalb des Editors markiert ist, dieser Teil
der Abfrage ausgeführt werden. Dies ist auch über die Tastatur mit
. + .. + . . möglich.
strg
Abbildung 4.2: Editor mit Toolbar im Modus für relationale Algebra.
4.1.1 Syntax-Highlighting
Für die relationale Algebra wurde ein eigener mode4 definiert, der für
das Syntax-Highlighting verwendet wird. Dieser besteht aus einem einfachen Lexer, der die Eingabe in einzelne Tokens aufteilt, und einer einfachen Erkennung für Schlüsselwörter, Strings, einzeilige Kommentare und
Blockkommentare. Jedem Token wird in diesem Schritt ein Typ zugeordnet, der das Aussehen als CSS-Klasse definiert (siehe Abbildung 4.2
auf dieser Seite).
Für das Syntax-Highlighting wird nicht der Parser aus Abschnitt 3.1.1
verwendet, da dieser nur dann einen Syntaxbaum erzeugt, wenn die gesamte Abfrage syntaktisch korrekt ist.
Der Lexer besteht aus einer Funktion token und einem Zustandsobjekt.
Die Funktion token wird von Codemirror selbständig aufgerufen, liest bis
zum jeweils nächsten Token vom Stream und gibt den entsprechenden
Typ zurück. Das Zustandsobjekt wird bei jedem Aufruf der Funktion
token übergeben und enthält beispielsweise den Status, ob ein Blockkommentar geöffnet wurde.
4
http://codemirror.net/doc/manual.html#modeapi, zuletzt besucht am
29.04.2014
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KAPITEL 4. GRAFISCHE BENUTZEROBERFLÄCHE
CodeMirror ruft die Funktion token dabei wärend der Eingabe selbständig für Teile des Texts auf. Dabei wird jeweils ein an dieser Position gültiges Zustandsobjekt übergeben. Dadurch wird vermieden, jeweils den
gesamten Text neu parsen zu müssen.
Ein mode für SQL ist in Codemirror bereits enthalten und musste daher
nicht implementiert werden.
4.1.2 Fehlermeldungen
Fehlermeldungen werden direkt im Editor angezeigt, wenn Informationen zur Position im Code zur Verfügung stehen (siehe Abbildung 4.3).
Allgemeine Fehler, die nicht direkt auf eine bestimmte Textstelle bezogen werden können, werden unter dem Editor angezeigt.
Abbildung 4.3: Anzeige von Fehlermeldungen im Editor.
Die Überprüfung auf syntaktische und semantische Fehler erfolgt mithilfe des Lint-Addons5 während der Eingabe automatisch im Hintergrund.
Dafür wird der komplette Text kurze Zeit nach der letzten Eingabe geparst, in RA übersetzt und dort die semantische Prüfung vorgenommen.
Die Codepositionen werden bei den einzelnen Schritten, wenn möglich,
weitergegeben, sodass auch semantische Fehler im Text entsprechend
angezeigt werden können.
4.1.3 Autovervollständigung
. + Leertaste
.
Die Autovervollständigung kann mit strg
ausgelöst werden
und bietet Vorschläge zur Vervollständigung des aktuellen Wortes an.
Dazu stehen einerseits die Schlüsselwörter der aktuell ausgewählten
Sprache als auch die Namen und Spaltennamen der verwendeten Gruppe
von Tabellen zur Verfügung (siehe Abbildung 4.4). Bei jeder erfolgreichen Übersetzung in RA werden zusätzlich alle Spaltennamen der Schemata der Operatoren hinzugefügt.
5
http://codemirror.net/doc/manual.html#addon_lint, zuletzt besucht am
29.04.2014
58
Johannes Kessler
KAPITEL 4. GRAFISCHE BENUTZEROBERFLÄCHE
Abbildung 4.4: Autovervollständigung im Code-Editor.
Durch diese Erweiterungen und die alternative Plaintext Syntax für die
relationale Algebra können Abfragen sehr einfach formuliert und getestet
werden, ohne dafür die Maus verwenden zu müssen.
4.2 Operatorbaum
Für eine einfache Darstellung des ausgeführten Statements wird dieses
im Übungstool als Operatorbaum dargestellt.
Die Darstellung lehnt sich dabei an Darstellungen in der Literatur
(z.B. [KE11, Seite 98] und [GMUW09, Seite 48]) an und wurde in Abschnitt 2.4 vorgestellt. Durch diese Darstellung kann die Ausführungsreihenfolge selbst bei komplexen Abfragen sehr leicht nachvollzogen werden.
Der Baum dient weiters zur Steuerung der Anzeige von Zwischenergebnissen.
Beim Ausführen wird jeweils die gesamte Abfrage ausgewertet und das
Ergebnis tabellarisch angezeigt. Durch einen Klick auf einen Operator
im Baum wird das Ergebnis des jeweiligen Teilbaums berechnet und angezeigt. Der entsprechende Knoten und dessen Kindelemente wird dabei
optisch hervorgehoben. Durch dieses Feature ist es den Benutzern leicht
möglich, die Berechnung der Abfrage in Einzelschritten nachzuvollziehen.
Beim Mouseover über einen bestimmten Knoten werden Informationen
zum jeweiligen Zwischenergebnis angezeigt. Hierbei werden einerseits
das Schema der Relation als auch die maximale Anzahl der Zeilen6 angezeigt. Bei Natural-Joins wird zusätzlich angezeigt, über welche Spalten
gejoint wird.
Jede Verwendung einer durch eine Zuweisung entstandenen Variable
(siehe Abschnitt 3.1.3) wird im Operatorbaum durch ein farbiges Label
gekennzeichnet. Bei mehrfacher Verwendung derselben Variable erhält
das Label jeweils die gleiche Farbe.
6
Zeilenanzahl vor der Duplikatenelimination
Johannes Kessler
59
KAPITEL 4. GRAFISCHE BENUTZEROBERFLÄCHE
In Abbildung 4.5 auf dieser Seite ist der Operatorbaum der folgenden
Abfrage dargestellt:
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
S = rho S sigma Semester > 2 Studenten
Prof = sigma Rang >'C3' Professoren
T =
hoeren
natural join Vorlesungen
join gelesenVon = PersNr Prof
pi S.MatrNr , S.Name , Semester (
S join S. MatrNr = hoeren . MatrNr T
)
Die Wurzelknoten der Teilbäume der Variablen S, T, und Prof sind jeweils
farbig hervorgehoben. Das angezeigte Ergebnis wäre das des ersten Joins,
welches jedoch in der Abbildung nicht mehr dargestellt ist.
Abbildung 4.6 zeigt einen Ausschnitt desselben Baums beim Mouseover
eines Natural-Joins.
Abbildung 4.5: Operatorbaumdarstellung mit Variablen.
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Johannes Kessler
KAPITEL 4. GRAFISCHE BENUTZEROBERFLÄCHE
Abbildung 4.6: Informationen beim Mouseover im Operatorbaum.
4.3 Font
Das Übungstool ermöglicht es, Operatoren in RA-Ausdrücken mit den
entsprechenden Sonderzeichen zu notieren (siehe Abschnitt 3.1.1).
In Tabelle 4.1 auf Seite 63 werden dazu die entsprechenden Operatoren
und deren Symbole aufgelistet.
Um die Symbole jedoch im Browser darzustellen, muss ein Font zur Verfügung stehen, der Glyphen für alle verwendeten Sonderzeichen enthält.
Freie Fonts, die entsprechende Glyphen enthalten, z.B. Free Sans, Free
Serif, DejaVu Sans oder Asana-Math, sind mehrere hundert KB groß
und daher für eine Webanwendung nicht wirklich geeignet.
Auch sind nicht in jeder Font alle benötigten Symbole enthalten, wodurch ein inkonsistentes Aussehen entsteht, da Glyphen aus unterschiedlichen Schriftarten verwendet werden können, wie in Abbildung 4.7 auf
der nächsten Seite ersichtlich ist.
Um Umgebungen zu unterstützen, in denen kein entsprechender serifenloser Font zur Verfügung steht, und um größeren Einfluss auf das
Aussehen der Weboberfläche zu erhalten, wurde aus bestehenden Fonts
eine reduzierte Version erstellt, die Glyphen für alle Operatoren enthält,
und nur ca 20 KB groß ist. Es wurden dazu Glyphen der Fonts FreeSans und FreeSerif verwendet. Teilweise wurden die Glyphen manuell
angepasst.
Für die Operatoren werden die in Tabelle 4.1 dargestellten Unicode Symbole verwendet.
Johannes Kessler
61
KAPITEL 4. GRAFISCHE BENUTZEROBERFLÄCHE
Abbildung 4.7: Editor mit inkonsistenter Sonderzeichendarstellung (Firefox 28 unter Ubuntu 14.04).
Abbildung 4.8: Editor mit konsistenter Sonderzeichendarstellung (Firefox 28 unter Ubuntu 14.04).
Durch den neuen Font kann browser- und betriebsystemübergreifend ein
einheitliches Schriftbild im Editor gewährleistet werden, wie in Abbildung 4.8 dargestellt ist.
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Johannes Kessler
KAPITEL 4. GRAFISCHE BENUTZEROBERFLÄCHE
Zeichen
γ
π
σ
ρ
τ
Ð
Ñ
Y
X
÷
⨯
⨝
⟕
⟖
⟗
⋉
⋊
◁
^
_
‘
Y
‰
ď
ě
Bezeichnung
greek small letter gamma
greek small letter pi
greek small letter sigma
greek small letter rho
greek small letter tau
leftwards arrow
rightwards arrow
union
intersection
division sign
vector or cross product
join
left outer join
right outer join
full outer join
left normal factor semidirect product
right normal factor semidirect product
white right-pointing triangle
logical and
logical or
circleplus
xor
not equal to
less-than or equal to
greater-than or equal to
Position
U+03B3
U+03C0
U+03C3
U+03C1
U+03C4
U+2190
U+2192
U+222A
U+2229
U+00F7
U+2A2F
U+2A1D
U+27D5
U+27D6
U+27D7
U+22C9
U+22CA
U+25B7
U+2227
U+2228
U+2295
U+22BB
U+2260
U+2264
U+2265
Tabelle 4.1: Unicode Symbole der Operatoren.
Johannes Kessler
63
Kapitel 5
Zusammenfassung
In dieser Bachelorarbeit wurde ein Übungstool für relationale Algebra
(RA) vorgestellt. Dazu wurden die relationale Algebra und ihre Operatoren unter Verwendung eines vollqualifizierten Attributnamens vorgestellt und eine Operatorpräzedenz definiert, die im Programm verwendet
wurde.
Das implementierte Übungsprogramm ist in der Lage, beliebige Abfragen in RA zu berechnen. Die Ergebnisse werden dabei tabellarisch dargestellt und die RA-Formel als Operatorbaum präsentiert. Der Operatorbaum dient außerdem zur Anzeige von Zusatzinformationen zur jeweiligen Operation. Es ist auch möglich, Zwischenergebnisse eines Teils
der eingegebenen Abfrage berechnen und anzeigen zu lassen.
Das Programm bietet weiters die Möglichkeit, Abfragen in SQL einzugeben. Diese werden automatisch in RA übersetzt und berechnet.
Die für die Berechnung verwendeten Daten können in einer Datenbank
zur Verfügung gestellt werden und mittels PHP vom Server geladen werden. Als Alternative besteht die Möglichkeit, die Daten aus öffentlichen
Codesippets zu laden, die auf der Plattform Github Gist veröffentlicht
wurden. Damit ist es für jeden Benutzer möglich, die Basisdaten für
Berechnungen selbst anzulegen und mit anderen zu teilen.
Für die Eingabe der RA-Statements wird eine entsprechende Syntax
vorgestellt, die es ermöglicht, RA-Formeln in der klassischen“ Form
”
fast unverändert schreiben zu können. Alternativ wird eine Operatorschreibweise eingeführt, welche auf die Verwendung von Sonderzeichen
verzichtet und alternative Textbezeichner verwendet.
Für die RA-Syntax werden mehrere Erweiterungen definiert, die es ermöglichen, innerhalb der Abfrage Kommentare, Zuweisungen von Variablen und konstante Relationen zu verwenden. Konstante Relationen
bieten dabei eine einfache Möglichkeit, neue lokal gültige Relationen im
Quelltext definieren zu können.
Die Eingabe der Statements erfolgt in einem komfortablen Code-Editor,
65
KAPITEL 5. ZUSAMMENFASSUNG
für den eine Autovervollständigung als auch Syntax-Highlighting zur
Verfügung gestellt wird.
Ausblick
Das Übungstool unterstützt derzeit die Eingabe von Abfragen in relationaler Algebra und SQL.
In [GMUW09, Seite 217] wird eine Erweiterung der Projektion beschrieben, die es erlaubt, Berechnungen mit den Tupelkomponenten vorzunehmen. Ein einfaches Beispiel dafür wäre die Summe zweier Spalten. Dies
würde das Formulieren von komplexeren Abfragen mit arithmetischen
Ausdrücken erlauben, wie sie in SQL möglich sind.
Die Übersetzung von SQL bietet derzeit keine Unterstützung für korrelierte Unterabfragen, Abfragen mit Exists oder die Verwendung von
Funktionen und arithmetischen Operationen.
Meist werden in der Fachliteratur und in der Lehre neben der relationalen Algebra auch der Tupelkalkül und der Domänenkalkül eingeführt.
Diese werden vom Übungstool jedoch derzeit nicht unterstützt. Hier wäre interessant, eine Plattform zu schaffen, die das Erlernen aller grundlegenden Abfragesprachen unterstützt. Dabei wäre jedoch zu evaluieren, ob der Ansatz der Übersetzung in relationale Algebra dabei das
Verständnis erleichtert, oder ob eine alternative Darstellung hilfreicher
wäre.
66
Johannes Kessler
Literaturverzeichnis
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B. Ford: Parsing Expression Grammars: A Recognitionbased Syntactic Foundation, SIGPLAN Not., volume 39(1),
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1145/982962.964011.
[GMUW09] H. Garcia-Molina, J. D. Ullman and J. Widom: Database
Systems - The Complete Book, Pearson Prentice Hall, New
Jersey, 2nd edition, 2009.
[KE11]
A. Kemper and A. Eickler: Datenbanksysteme - Eine Einführung, Oldenbourg Verlag, München, 8. Auflage, 2011.
[Maj14]
D. Majda: PEG.js — Parser Generator for JavaScript,
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[Mol09]
L. Molkov: Relation Algebra Expression Evaluation, 2009,
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pdf.
[Pos]
PostgreSQL Global Development Group: PostgreSQL
9.3.4 Documentation, URL http://www.postgresql.org/
docs/9.3/static/, [Online; Stand 29. April 2014].
[Ull04]
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html, [Online; Stand 29. April 2014].
[Wik14a]
Wikipedia: Relational algebra — Wikipedia, The Free Encyclopedia, 2014, URL http://en.wikipedia.org/w/index.
67
LITERATURVERZEICHNIS
php?title=Relational_algebra&oldid=603628483, [Online; Stand 29. April 2014].
[Wik14b]
68
Wikipedia: Relationale Algebra — Wikipedia, Die freie
Enzyklopädie, 2014, URL http://de.wikipedia.org/
w/index.php?title=Relationale_Algebra&oldid=
128441501, [Online; Stand 29. April 2014].
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