Fleisch und Käse so schlecht wie Zigaretten

Werbung
1
Leonardo - Wissenschaft und mehr
Sendedatum: 05. März 2014
Fleisch und Käse so schlecht wie Zigaretten?
Ernährungsstudie warnt vor tierischem Protein
von Volkart Wildermuth
Sprecher:
Wer wissen will, wie die Ernährung die Gesundheit beeinflusst, der braucht einen
langen Atem, viele, viele Studienteilnehmer und vor allem benötigt er einen
konkreten Verdacht. Ohne heiße Spur ist es fast unmöglich, die entscheidenden
Faktoren unter den unzähligen Substanzen auf dem Teller zu identifizieren. Valter
Longo vermutete, dass Eiweiß in großen Mengen schädlich ist, denn Eiweiß führt zur
Ausschüttung des Wachstumsfaktors IGF-1 und der fördert auch die Vermehrung
von Krebszellen. Um seinen Verdacht zu erhärten, nutzte der Alternsforscher von der
Universität von Südkalifornien in Los Angeles eine große Datenbank. Die USGesundheitsforschungsinstitute begleiten seit über 18 Jahre etwa 6.000
repräsentativ ausgewählte ältere Amerikaner, sammeln regelmäßig Blutproben,
fragen nach Ihrer Ernährung und registrieren vor allem alle Todesfälle.
O-Ton Übersetzung:
„Als wir uns mit diesen 6.200 Menschen beschäftigten, konnte wir erst keinen
Einfluss des Eiweißes feststellen.“
Sprecher:
Als sich Valter Longo die Daten aber im Detail anschaute, viel ihm auf, dass das
Alter offenbar eine wichtigen Einfluss hat. Menschen über 65 Jahren sind häufig
schon etwas gebrechlich, haben zu wenig Wachstumsfaktoren. Deshalb profitieren
sie von Eiweiß. Bei den 50- bis 65-Jährigen sieht es aber ganz anders aus. Wer hier
mehr als 20% seiner Kalorien in Form von Protein zu sich nimmt, hat auf Dauer ein
Problem.
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2014
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder
vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.
2
O-Ton Übersetzung:
„Bei diesen Menschen ist die Krebssterblichkeit viermal so hoch, das ist
vergleichbar mit dem Einfluss des Rauchens. Und die Gesamtsterblichkeit
war um 75% erhöht.“
Sprecher:
Jeweils verglichen mit Menschen, die weniger als 10 % ihrer Kalorien in Form von
Eiweiß zu sich nehmen. Zum Vergleich: In westlichen Ländern liegt der Durchschnitt
bei rund 16 % Eiweißkalorien. Es gibt also viele Menschen, die in ihren mittleren
Lebensjahren mit einer vierfach erhöhten Krebssterblichkeit rechnen müssen. Das
klingt dramatisch. Prof. Andreas Pfeifer vom Deutschen Institut für
Ernährungsforschung bei Potsdam gibt allerdings zu bedenken, dass Krebs bei
Menschen unter 65 noch eine seltene Todesursache ist. Die Steigerung fällt deshalb
gar nicht so sehr ins Gewicht. Interessant findet Andreas Pfeifer einen anderen
Aspekt der Studie: Sie zeigt nämlich, dass die Quelle des Eiweiß eine große Rolle
spielt. Schädlich war vor allem tierisches Protein. Pflanzliches Protein, zum Beispiel
aus Bohnen oder Soja, ist weit weniger gesundheitsschädlich als Eiweiße tierischen
Ursprungs, also aus Fleisch und Käse. Valter Longo:
O-Ton Übersetzung:
„Leute die sehr viel pflanzliches Eiweiß essen, hatten immer noch ein dreifach
erhöhtes Krebsrisiko, verglichen mit denen, die wenig Eiweiß verzehren. Ihre
Gesamtsterblichkeit war aber gleich. Das bestätigt, dass die gesündeste
Ernährung auf Pflanzen basiert.“
Sprecher:
Pflanzliches Eiweiß und im Übrigen auch das Eiweiß aus Fischen hat eine andere
Aminosäurezusammensetzung als rotes Fleisch oder Milch. Deshalb ist sein Einfluss
auf die Wachstumsfaktoren geringer. Zusätzlich enthalten viele Pflanzen auch
sekundäre Inhaltstoffe, die schützend auf die Gesundheit wirken. Nun schmeckt den
meisten Menschen in den USA und wohl auch in Deutschland ein Steak besser als
ein Bohnenauflauf. Am Deutschen Institut für Ernährungsforschung wird deshalb mit
neuartigen Darreichungsformen und Rezepten für Pflanzeneiweiß experimentiert. Bis
die bereitstehen, lässt sich aus der amerikanischen Studie vor allem eines schließen:
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2014
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder
vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.
3
Zurückhaltung bei rotem Fleisch.
O-Ton Übersetzung:
„Das ist nicht schwer, wir geben keine extremen Empfehlungen. Bei den
meisten Leuten reicht es am Tag 20, 30, 40 Gramm weniger tierisches Eiweiß
zu essen.“
Sprecher:
Das entspricht dem Verzicht auf ein ganz kleines Steak. Es geht also nicht darum
Eiweiß zu verteufeln. Schließlich ist auch Proteinmangel ein ernsthaftes
Gesundheitsproblem, gerade für Ältere. Kritisch sieht Valter Longo aber die gerade
modernen Eiweißreichen Diäten. Die helfen zwar tatsächlich kurzfristig Gewicht zu
verlieren, schneiden aber deutlich schlechter ab, wenn es darum geht, die schlanke
Linie auch zu halten. Deshalb raten sowohl Andreas Pfeifer also auch Valter Longo
zu einer abwechslungsreiche Ernährung mit vielen Vitaminen und Mineralstoffen.
Eine Rat, den Valter Longo auch privat befolgt.
O-Ton Übersetzung:
„Abends esse ich meist Nudel, aber nur wenig Nudeln, 35 Gramm. Dazu
kommt dann viel pflanzliches, ein halbes Pfund Erbsen oder Bohnen oder
gemischtes Gemüse. Oder ich esse Lach mit viel Salat.“
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2014
Dieses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen
Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des WDR unzulässig. Insbesondere darf das Manuskript weder
vervielfältigt, verbreitet noch öffentlich wiedergegeben (z.B. gesendet oder öffentlich zugänglich gemacht) werden.
Herunterladen