Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen Lehr- und Forschungsgebiet Theoretische Informatik Prof. Peter Rossmanith Proseminar Netzwerkanalyse im SS 2004 Einführungsvortrag: Komplexe Strukturen Jan Braun & Gerrit Hentschel April 2004 Gliederung Einführungsvortrag: Komplexe Strukturen • Einführung • Small World Netzwerke • weak links • Hierarchische Netzwerke • Kosten • Tipping Points Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 2 Six degrees of separation • Entdeckt durch Stanley Milgram, verbreitet 1970 • Jeder Mensch ist nur 6 Bekanntschaften von jedem anderen Menschen entfernt Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 3 Six degrees of separation Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 4 Orakel von Kevin Bacon • Netzwerk: alle in der Internet Movie Database gespeicherten Schauspieler • Zwei Schauspieler sind verknüpft wenn sie im gleichen Film mitspielen • Durchschnittliche Anzahl an Links zu Bacon: 2,94 • Gesamtanzahl an Schauspielern: 631275 • http://www.cs.virginia.edu/oracle/ Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 5 Orakel von Kevin Bacon The Oracle of Bacon at Virginia The Oracle says: Helge Schneider has a Bacon number of 3. Helge Schneider was in Sieben Zwerge - Männer allein im Wald (2004) with Heinz Hoenig Heinz Hoenig was in Judgement in Berlin (1988) with Sean Penn Sean Penn was in Mystic River (2003) with Kevin Bacon Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 6 Offene Fragen • Wie kommt es das diese riesigen Netzwerke so eng verknüpft sind? • Wie sieht ein Graph aus der diese Eigenschaft hat und trotzdem eine realistische Struktur widerspiegelt? Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 7 Small Worlds Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 8 Small Worlds Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 9 Small Worlds Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 10 Small Worlds Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 11 Small Worlds Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 12 Small Worlds Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 13 Small Worlds Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 14 Weak Ties • Es gibt 2 Arten von Verbindungen im Sozialen Netzwerk: – strong links: gute Freunde, Familie und Arbeitskollegen – weak links/ties: flüchtige Bekannte, entfernt lebende Freunde • Unterschied: 2 gute Freunde (strong links) kennen sich meist auch untereinander, weak links haben anderen Freundeskreis Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 15 Weak Ties • Entfernt man einen strong link, so ist man immer noch über seine Freunde mit dieser Person verbunden • Entfernt man dagegen einen weak tie, so verliert man die Verbindung zu einem größeren sozialen Netzwerk • weak ties stellen soziale Brücken dar • diese Brücken sind die entscheidenden Verknüpfungen die das soziale Netzwerk zusammenhalten Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 16 Weak Ties • Granovetter, Professor aus Amerika, Entdecker der Bedeutung dieser weak ties • Arbeitssuchende, die sich in ihrem sozialen Umfeld nach Jobs umgeschaut hatten waren meist durch Leute fündig geworden die sie nur entfernt kannten Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 17 Weak Ties Weak ties in Ökosystemen/Food-Webs • Ein Ökosystem ist ein sehr komplexes Netzwerk • Das Aussterben einer Spezies beeinflusst den Bestand vieler anderer Arten • Die Folgen des Aussterbens einer Rasse sind kaum vorhersehbar • Aussagen wie: “ Wale essen Fische, fängt man Wale, so gibt es mehr Fische! “ (Pseudo-Argument der Japaner) sind vollkommen willkürlich Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 18 Weak Ties Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 19 Weak Ties • 2 Rassen interagieren in dem sie sich gegenseitig fressen • 2 Rassen sind stark verbunden (strong link) wenn das Raubtier nur wenige andere Spezies jagt • 2 Rassen sind schwach verbunden (weak tie) wenn das Raubtier noch viele andere Arten jagt • Stabilität wird durch die weak ties erreicht • Netzwerk wenig anfällig gegen Aussterben als auch gegen Eindringlinge ( zusätzliche Spezies ) Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 20 Hierarchische Netzwerke Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 21 Hierarchische Netzwerke Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 22 Hierarchische Netzwerke diffusion-limited aggregation (DLA) • Simuliert Entstehung eines aristokratischen Small-World Graphen • Prinzip: – Man beginnt mit einem einzelnem Atom, welches in der Mitte einer Fläche sitzt – Ein weiteres Atom wird aus zufälliger Richtung in die Fläche geschossen und durchquert sie auf einer zufälligen Route – Berührt das neue Atom das schon vorhandene bleibt es daran kleben, verfehlt es das Atom verschwindet es wieder – Dieser Vorgang wird 100000-mal wiederholt • Wie sieht die erhaltene Figur wohl aus? Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 23 Hierarchische Netzwerke Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 24 Hierarchische Netzwerke • Nach Bildung etwas längerer Äste fangen diese Arme mehr Atome ab –> The rich get richer“(preferential attachment) ” • Nur wenige Atome schaffen es bis in die Mitte der Figur • Es entstehen Äste von verschiedener Länge • Zählt man wie oft die einzelnen Längen vorkommen und zeichnet die Ergebnisse in einen Graphen erhält man wieder eine fat-tail curve Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 25 Hierarchische Netzwerke Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 26 Kosten • Wächst ein Netzwerk so wird es ein aristokratischer Small World Graph. • Gilt das immer? Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 27 Kosten • Betrachte das Netzwerk aus Flughäfen • Zwei Flughäfen sind verbunden wenn ein Flug von einem zum anderen existiert • Es bildeten sich grosse Flughäfen, wie der O’Hare International Airport in Chicago • Fluglinien boten viele Flüge zum O’Hare an, da von dort aus sehr viele Orte erreicht werden konnten • Es entstanden Hubs mit sehr vielen Verbindungen Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 28 Kosten • Ein Flughafen kann nur begrenzt viele Flugzeuge starten und landen lassen • Überlastung des Flughafens führt zu Verzögerungen und zur Streichung von Flügen • Fluggesellschaften weichen auf andere Flughäfen aus • Die superverlinkten Hubs verschwinden • Power-law gilt für dieses Netzwerk nicht • Es entsteht ein egalitäres Netzwerk Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 29 Kosten • Fazit: Überall wo Kosten oder begrenzte Kapazitäten auftreten wird das preferential attachment“ außer Kraft gesetzt und es ” entstehen egalitäre Netzwerke • Weitere Beispiele für egalitäre Netzwerke: – Stromnetz der USA – Neuronale Netzwerk des Wurms Coenorhabditis elegans“ ” Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 30 Übersicht • Small World“ Graphen: ” – stark geclustert – zusammengehalten durch weak links – niedriger degree of separation – effiziente Signalübertragung – hohe Stabilität – geringe Angriffsanfälligkeit Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 31 Übersicht Es existieren 2 Arten von Small World“ Netzwerken: ” • egalitäres Netzwerk: – alle Knoten haben etwa gleich viele Kanten – keine Hubs • hierarchisches Netzwerk: – grosse Unterschiede in der Anzahl der Kanten – es existieren stark verknüpfte Hubs – Graph unterliegt dem power law“ ” Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 32 Übersicht • Wachstum führt zu hierarchischem Netzwerk • Kosten führen zu egalitärem Netzwerk Nachteil der Small World“ Eigenschaft: ” • effiziente Signalübertragung führt zu sehr schneller Ausbreitung von Krankheiten, Seuchen, Epidemien Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 33 Tipping Points Mathematisch betrachtet: • Wenn eine Infektion im Durchschnitt mehr als eine neue Infektion auslöst, so verbreitet sich die Krankheit • Wenn eine Infektion im Durchschnitt weniger als eine neue Infektion auslöst, so stirbt die Seuche langsam aus • Wenn eine Infektion immer genau eine neue Infektion hervorruft, so ist die Krankheit selbsterhaltend Der Tipping Point“ ist genau der 3.Fall: ” Die Seuche bricht nicht aus, sie stirbt aber auch nicht aus Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 34 Tipping Points • HIV-Virus verbreitete sich 20 Jahre lang in Zentralafrika in spärlich besiedelten Gebieten • Durch den Wegfall der Kolonial-Herrschaften begannen die Einwohner mehr zu reisen • AIDS entwickelte sich erst nach dem Krieg zwischen Tanzania und Uganda zur Epidemie • Durch die sozialen Veränderungen in Afrika zu einer Small World“ ” schaffte AIDS es den Tipping Point zu überschreiten Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 35 Tipping Points Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 36 Verwendete Literatur Literatur [1] M. Buchanan, Nexus, Notre Dame de Courson, November 2001 [2] Henry Kaufman, DLA-Bild, http://apricot.polyu.edu.hk/ lam/dla/dla100m.html [3] David Lavigne, Food-Web for the http://www.imma.org/codvideo/foodwebpic.html Northwest Atlantic, [4] Oracle of Kevin Bacon, http://www.cs.virginia.edu/oracle/ Jan Braun & Gerrit Hentschel - Komplexe Strukturen 37