wie der uns vergiftet - Münchner Verlagsgruppe

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Julien Venesson
WIE DER
WEIZEN
UNS VERGIFTET
Der Ratgeber für Glutensensitive
© des Titels »Wie der Weizen uns vergiftet« von Julien Venesson
(ISBN 978-3-86883-477-2) 2015 by riva Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH,
München. Nähere Informationen unter http://www.rivaverlag.de
Danke an Thierry Souccar
für seine Unterstützung,
seine Erfahrung und
sein Einfühlungsvermögen.
Ich danke auch
Elvire Sieprawski
und ihrem Team
für ihre Professionalität
und guten Ratschläge.
Danke all den lieben
Menschen, die mir
am Herzen liegen!
© des Titels »Wie der Weizen uns vergiftet« von Julien Venesson
(ISBN 978-3-86883-477-2) 2015 by riva Verlag, Münchner Verlagsgruppe GmbH,
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Einleitung
Wenn Sie auf dem Umschlag dieses Buches lesen Wie der Weizen uns
vergiftet, denken Sie möglicherweise: »Schon wieder so ein Sensationstitel, Unsinn oder Quacksalberei.« Das hätte ich ebenfalls gedacht. Aber
so überraschend Ihnen das auch erscheinen mag, Sie werden sehen,
dass es sich anders verhält. Dieses Buch steht im Einklang mit meiner
gewohnten Arbeitsweise: wissenschaftlich, gründlich und im Dienst der
Gesundheit. Es stützt sich auf zahlreiche naturwissenschaftliche und
medizinische Belege, Forschungsarbeiten aus der ganzen Welt, die in
anerkannten medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht wurden.
Bei meinen Nachforschungen habe ich eine Überraschung nach der anderen erlebt, sodass meine kühnsten Vorstellungen übertroffen wurden. Wer hätte geglaubt, dass bestimmte Getreidesorten, insbesondere
der Weizen, eine so finstere Kehrseite haben? Wer hätte geglaubt, dass
ein so gängiges Lebensmittel wie der Weizen einem gentechnisch veränderten Organismus (GVO) näher steht als einer Wildpflanze?
Die Geschichte dieses Buches begann vor beinahe zehn Jahren. Meine Mutter litt am Reizdarmsyndrom (RDS), auch Irritables Darmsyndrom
(IDS) genannt. Nach jeder Mahlzeit wurde sie von Bauchschmerzen geplagt, und jeden Abend hatte sie Unterleibskrämpfe. Der medizinische
Befund lautete eindeutig: Stress sei die Ursache dieses rätselhaften
Syndroms. Und meine Mutter gab zu: »Stimmt, immer, wenn ich gestresst bin, tut es noch mehr weh.« Aber warum verschwanden die
Symptome dann nicht in längeren Ruhephasen? Warum ist bei dieser
Krankheit, von der offenbar rund zwölf Prozent der Deutschen betroffen sind, keine der medikamentösen Stresstherapien (psychiatrisch
oder nicht) wirksam? Schließlich sollte ich die Antwort finden.
In letzter Verzweiflung und nach einem Gespräch mit einer Freundin machte sich meine Mutter an die Lektüre eines polemischen Bu© des Titels »Wie der Weizen uns vergiftet« von Julien Venesson
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Wie der Weizen uns vergiftet
ches: L’Alimentation ou la troisième médecine (übersetzt: »Ernährung
oder die dritte Medizin«) von Dr. Jean Seignalet, einem 2003 verstorbenen Immunologen. Dieses Buch ist in gewisser Weise ein Kuriosum:
Dem Autor zufolge sind manche Eiweiße in der modernen Ernährung
nicht an unser genetisches Erbe angepasst, verursachen Störungen im
Darm und führen zu Krankheiten wie rheumatoide Arthritis (Rheuma),
Spondylitis ankylosans, Lupus erythematodes (Schmetterlingsflechte),
Sjögren-Syndrom, Morbus Basedow, Fibromyalgie (FMS), Spasmophilie,
Chronisches Erschöpfungssyndrom, Schizophrenie, Akne, Neurodermitis und sogar Krebs. War das nicht ein wenig übertrieben? Meine Mutter, Apothekerin und ziemlich aufgeschlossen, beschloss dennoch, die
Grundsätze dieser Diät zu befolgen, »um es auszuprobieren«. Nach einigen Wochen hatte sich ihr Zustand stark verbessert; ich brauchte allerdings noch ein paar Jahre, bis ich die Erklärung für die vollständige
Heilung meiner Mutter fand. Angesichts einer solchen Veränderung war
ich zuerst versucht, an einen großartigen Placeboeffekt zu glauben. Jedoch war ein neuer Aspekt ausschlaggebend: Seit 20 Jahren litt meine
Mutter an einer doppelten Arthrose in der Hüfte und im Rücken mit
Ischias (medizinischer Befund bestätigt durch Röntgenaufnahmen), die
sich nicht günstig entwickelten. Man prophezeite ihr immer größere
Schwierigkeiten beim Gehen. Dennoch, nach einigen Jahren mit dieser neuen Ernährung und einer radiologischen Routineuntersuchung,
gab es keinen Zweifel: Beide Hüften waren wie neu, die Arthrose war
verschwunden. Ich hätte dieses Wunder dem Vatikan melden können,
doch später begriff ich durch den Austausch mit anderen Erkrankten,
dass dies nichts mit einem Placeboeffekt zu tun hatte. In Wirklichkeit
gibt es eine vollkommen wissenschaftliche, rationale Erklärung für dieses Wunder. Doch niemand weiß das oder spricht darüber. Inmitten der
anerkannten Symbole, Institutionen und Lobbys hat diese Wahrheit
keinen Platz, sie wird nicht akzeptiert.
In diesem Buch werden Sie wahrscheinlich viel Neues erfahren,
wie ich selbst viel erfuhr, bevor ich es schrieb. Sie machen nähere Be10
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Einleitung
kanntschaft mit Getreide, insbesondere Weizen, Sie erfahren, welchen
Einfluss es auf die Gesundheit hat und wie bestimmte Ernährungsweisheiten, die von Forschungseinrichtungen oder der Industrie verbreitet
werden, Ihre Gesundheit ruinieren können.
Was Sie hier lesen, ist aufrüttelnd und unbequem. Noch können Sie
das Buch beiseitelegen und weiter in Unwissenheit leben … oder mit
dem ersten Kapitel beginnen.
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TEIL 1
Die Vergangenheit
kennen, um die Gegenwart zu verstehen
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Eine Geschichte,
die Bauchschmerzen
verursacht
KAPITEL 1
Dorians Geschichte beginnt im Sommer 1991. Damals beschlossen er
und seine Frau, in Griechenland auf der Insel Korfu Urlaub zu machen.
Korfu mit seiner dichten grünen Vegetation und seinen sonnigen Stränden, wo die Wassertemperatur im Sommer 25 Grad erreicht, wird auch
die smaragdgrüne Insel genannt: ein Traumziel, um sich zu erholen
und den Alltagsärger hinter sich zu lassen. Dorians Pläne waren ganz
einfach: Sonne, Meer, Spaziergänge und leckeres Essen. Dabei hatte er
die Rechnung ohne die Reisediarrhö gemacht. Diese auf Reisen sehr
häufige Infektionskrankheit, gemeinhin »Magen-Darm-Entzündung«
genannt, führt zu Durchfällen, Bauchkrämpfen, Übelkeit, Erbrechen,
was einem den Urlaub verderben kann. Erst als Dorian wieder zu Hause
war, gaben sich seine Verdauungsbeschwerden. Dennoch verschlechterte sich sein Gesundheitszustand von da an zusehends. In den folgenden 20 Jahren kamen nacheinander verschiedene Symptome hinzu:
zunächst chronische Müdigkeit, wiederholte Verdauungsbeschwerden
(Durchfälle), dann Magenverstimmungen und Sodbrennen, Übelkeit,
Hautausschläge, trockene Haut, Gelenkschmerzen, nächtliche Muskelkrämpfe, affektive Störungen und eine leichte Depression, Schlafstörungen und eine unheilbare Interstitielle Zystitis (Blasenentzündung
mit Schmerzen von Becken und Harnblase sowie häufigem Harndrang).
Aufgrund der zahlreichen Symptome suchte Dorian seinen Arzt auf,
doch dieser war völlig ratlos, hatten doch die ganzen Untersuchungen
nichts Auffälliges ergeben: Vielleicht war es Stress?
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Wie der Weizen uns vergiftet
Sein Arzt verwies ihn immerhin an Spezialisten: einen Gastroenterologen, einen Neurologen, einen Rheumatologen, einen Psychiater. Die
Ärzte hatten alle keine Antwort darauf und begnügten sich damit, die
Symptome mit Medikamenten versuchsweise zu verringern. Als Weihnachtsgeschenk bekam Dorian im Jahr 2006 eine Gallenkolik, gekrönt
von einer Entfernung der Gallenblase, von der er sich Heilung versprach.
Trotzdem waren die Verdauungsbeschwerden noch immer da, und Dorian
fühlte sich immer schwächer. Im Frühsommer 2008, das heißt 17 Jahre nach seinem ersten Urlaub in Griechenland, fiel ihm eine einfache
körperliche Anstrengung wie Bergaufgehen schwer. Dorian hatte Mühe,
sich fortzubewegen, und verließ das Haus kaum noch; er ging nicht
mehr zur Arbeit. Da er einen Großteil seiner Zeit im Internet verbrachte,
tummelte er sich auch in medizinischen Foren, wo er sich mit anderen
Erkrankten austauschte. Eines Tages schlug ihm jemand vor, er solle versuchen, bei seiner Ernährung das Gluten wegzulassen, ein Klebereiweiß
im Weizen, aber auch in anderen Getreidearten wie Roggen oder Dinkel.
Bei seinem Zustand hatte er nicht viel zu verlieren.
Das Resultat war unvorstellbar: Innerhalb einer knappen Woche waren alle Symptome stark zurückgegangen oder sogar verschwunden. Angesichts dieser radikalen Veränderung setzte Dorian seine Diät fort und
erlebte, wie sich sein Gesundheitszustand von Tag zu Tag verbesserte,
wobei noch keine Diagnose gestellt wurde. Das machte dann Dr. Kamran Rostami, Facharzt für Gastroenterologie, im Jahr 2012. Dorian litt
an einer Glutensensitivität. Glutensensitivität (oder Glutenüberempfindlichkeit) ist eine häufig vorkommende Erkrankung, die weder durch
eine Blut- noch durch eine Darmuntersuchung diagnostiziert werden
kann. Die Erkrankung unterscheidet sich zwar von der Zöliakie, von der
in diesem Buch ebenfalls die Rede sein wird, dennoch hatte sie einen
Teil des Lebens dieses Mannes, eines hervorragenden Biochemikers1,
ruiniert.
Mindestens sechs Prozent der Bevölkerung sollen davon betroffen
sein, manche Forscher gehen sogar von 35 Prozent aus.
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Eine Geschichte, die Bauchschmerzen verursacht
Wie kann Weizen so viel Unheil anrichten?
Wie lässt sich erklären, dass ein so verbreitetes und auch so harmloses Getreide wie der Weizen die Ursache für so viele Beschwerden
sein kann? Wir essen seit Jahrtausenden Weizen. Ist Weizen nicht die
Grundlage unserer Ernährung? Wenn man bedenkt, dass 94 Prozent der
Deutschen täglich Brot essen, dann stimmt das nachdenklich …
Ermutigen uns die Gesundheitsbehörden nicht dazu, anstelle von
zu fetten und zu süßen Nahrungsmitteln mehr Getreideprodukte zu
essen? In Deutschland werden die Ernährungsempfehlungen von der
Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) herausgegeben, in Österreich von der Österreichischen Gesellschaft für Ernährung (ÖGE). In
der Schweiz ist das die Aufgabe der Schweizerischen Gesellschaft für
Ernährung (SGE bzw. SSN) und des Bundesamts für Gesundheit (BAG
bzw. OFSP). All diese Fachleute vertreten ähnliche Auffassungen:
hh In Deutschland: fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag essen,
reichlich Flüssigkeit, Zucker und Salz in Maßen verwenden, Milch
und Milchprodukte täglich essen, Fisch ein- bis zweimal in der
Woche, wenig fettreiche Lebensmittel wie Fleisch, Wurstwaren sowie
Eier verzehren und vor allem reichlich Brot, Getreideflocken, Nudeln, Reis, am besten aus Vollkorn, sowie Kartoffeln. Verzehren soll
man die zuletzt genannten Lebensmittel mit möglichst fettarmen
Zutaten. Mindestens 30 Gramm Ballaststoffe sollen es täglich sein.
hh Die österreichischen sind den deutschen Empfehlungen sehr ähnlich,
sie formulieren den Verzehr von Getreideprodukten und Kartoffeln
nur etwas konkreter: vier Portionen pro Tag. Bevorzugen solle man
bei Brot, Nudeln und Reis Vollkornprodukte und bei Gerichten mit
Kartoffeln fettarme und schonende Zubereitungsmethoden.
hh Die Schweiz formuliert die Empfehlungen der stärkehaltigen Nah-
rungsmittel so: »drei Portionen am Tag«, vorzugsweise Vollkornprodukte. Das entspricht 300 Gramm Brot oder Nudeln pro Tag.
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Wie der Weizen uns vergiftet
Ein symbolträchtiges Lebensmittel
Getreide ist wahrscheinlich die erste Kulturpflanze in der Geschichte.
Es wurde rasch zu einer Hauptenergiequelle für den Menschen. Ackerbau unterliegt jedoch Witterungsschwankungen, und seit jeher gingen
Missernten mit Hungersnöten einher, die manchmal zu Kriegen führten. In der Hoffnung auf bessere Ernten haben Glaubensvorstellungen
und Riten bei der menschlichen Ernährung stets eine wichtige Rolle
gespielt. Man denke nur an Osiris in Ägypten oder Demeter, Göttin
des Ackerbaus und der Ernte in der griechischen Mythologie, von der
sich der Name des Biosiegels »Demeter« ableitet (dessen Normen etwas
strenger sind als die des »Deutschen Biosiegels«). Getreide galt schon
früh als Symbol des Lebens und der Erneuerung, noch stärker verkörpert
vom Brot, einem von Menschenhand geschaffenen Lebensmittel, bei
dem man ans Teilen, an die Fülle und die praktische Verwendbarkeit
denkt. Im Christentum ist das Brot ein starkes Symbol, das zusammen
mit Wein den Leib und das Blut Christi versinnbildlicht. Hostien sind
nichts anderes als ungesäuertes Brot aus Weizenmehl. Diese Symbolik
findet sich auch im Gebet »Vaterunser« wieder: »Unser tägliches Brot
gib uns heute.« Nach dem Sündenfall nimmt die Formulierung der Strafe
auch auf das Brot Bezug: »Im Schweiße deines Angesichts sollst du
dein Brot essen, bis daß du wieder zu Erde werdest, davon du genommen bist. Denn du bist Erde und sollst zu Erde werden.« (1. Mose 3, 19)
Auch die Redensart »Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot
verdienen« ist biblischen Ursprungs. Eine solche Symbolik des Getreides
und des Brots findet man weder in Asien, wo der Reisanbau vorherrscht,
noch in Amerika, wo traditionell Mais angebaut wird. Diese Geschichte
hat uns zahlreiche Redensarten als Erbe hinterlassen: »seine Brötchen
verdienen«, »weggehen wie warme Semmeln«, »das frisst kein Brot«,
»es ist sein täglich Brot«, um nur einige Beispiele zu nennen. Auch das
Wort »Kompagnon«, das etymologisch auf spätlat. compāniōnem, Akk.
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Eine Geschichte, die Bauchschmerzen verursacht
von compānio, »Brot-, Speisegenosse, Kamerad«, zurückgeht, bezeichnet den, »der das Brot mit (einem) anderen gemeinsam hat«.
Das Brotsymbol findet sich auch im Judentum beim Passahfest:
Während der acht Festtage, in denen der Auszug der Israeliten aus
Ägypten und der Neubeginn des landwirtschaftlichen Jahreszyklus
gefeiert wird, essen gläubige Juden ungesäuertes Brot (Matzen) und
keinerlei Lebensmittel, die mit Hefe hergestellt sind. Dies soll an die
biblische Überlieferung erinnern, nach der die Israeliten so eilig aus
Ägypten ausziehen mussten, dass zum Säuern und Gärenlassen der Brote keine Zeit mehr blieb. Die zwölf ungesäuerten »Schaubrote«, die am
Sabbat als Opfergabe in den Tempel gebracht wurden, durften nur von
den Priestern gegessen werden. Heute wird für Sabbat ein geflochtenes
Brot, die Challa, gebacken. Dagegen gibt es im Islam, in den buddhistischen Traditionen und den chinesischen Religionen keine Brotsymbolik.
Mit der Begründung, dass Getreideprodukte eine Nahrungsquelle »aus
komplexen Kohlenhydraten« darstellen, »die sehr verdauungsfördernd
und fettarm sind und langfristig Energie liefern«, werden sie von den
Gesundheitsbehörden überall in Europa und Nordamerika zum gesunden Lebensmittel schlechthin erhoben. Über die vermeintlich gesunden
Eigenschaften von Getreide könnte man viel sagen. Es wäre interessant,
die Zusammenhänge zwischen dem Verzehr von Getreide und Übergewicht oder Diabetes näher zu betrachten (dazu sind zahlreiche Studien
erschienen, und es wurde bereits einiges geschrieben2, 3), aber das ist
nicht das Thema dieses Buches. Was uns heute interessiert, ist das Auftauchen »neuer« Beschwerden im Zusammenhang mit dem Verzehr von
Weizen; gerade die neueren, überraschenden medizinischen Erkenntnisse möchte ich mit Ihnen teilen. Um sie jedoch zu verstehen, müssen
wir zurückblicken. Der Platz, den Getreide heute in unserer Ernährung
einnimmt, beruht auf einer Esstradition (lesen Sie dazu den Kasten),
die sehr weit zurückreicht. Wobei alles relativ ist …
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