Wissen - Entscheidungen Emotionen: Eine neurowissenschaftliche Perspektive Tagung „WISSEN=ERFOLG“ Stuttgart, 29. Januar 2014 Prof. Dr. habil. Rüdiger Reinhardt Seite 1 Zielsetzung & Einstimmung 2 Seite 2 Zielsetzung Verbesserte Umsetzung Wissensbilanzierung Rationales Entscheidungsparadigma Seite 3 „Neurowissenschaftliches“ Entscheidungsparadigma Der rationale Entscheider Ein kleiner Test I › › ›› › Stellen Sie sich vor, Sie werden gezwungen, russisches Roulette zu spielen. Sie haben allerdings die Möglichkeit, eine Kugel „zu kaufen“, d.h. einen Preis dafür zu bezahlen, dass eine Kugel aus der Trommel entfernt wird. Die Trommel enthält acht Schuss. Option 1: Die Trommel enthält eine Kugel. Option 2: Die Trommel enthält vier Kugeln. Frage: Zahlen Sie für die eine Kugel aus Option 1 genau soviel wie für die aus Option 2? Hinweis: Die Reduktion der Unsicherheit beträgt in beiden Fällen 12,5 Prozent. › Die meisten Menschen zahlen bei Option 1 wesentlich mehr als bei Option 2. › Warum? Seite 4 Einflussfaktoren auf Entscheidungen Fünf neurowissenschaftliche Perspektiven 1. Emotionale Restriktionen 2. Kognitive Restriktionen 3. Soziale Restriktionen 4. Aufgabenbezogene Restriktionen 5. Persönlichkeits -bezogene Restriktionen Seite 5 Wissensbilanzierung Erfolg Ausgangssituation: Wissensbilanzierung als rationales Problem 6 Seite 6 Entwicklung und Implementierung einer Wissensbilanz Vorgehensmodell: AK Wissensbilanz 1. Wozu? Ausgangssituation 2. Was? Intellektuelles Kapital 3. Wie gut? QQS-Bewertung 4. Wie viel? Indikatoren 5. Welche Zusammenhänge? Wirkungsnetze 6. Ergebnisse 7. Aktionsplanung 8. Bericht/Kommunikation Seite 7 Quelle: nach AK Wissensbilanz (2005) Schematische Darstellung der hierarchischen und funktionalen Teamzusammensetzung Repräsentativ für: Hierarchie Funktionen Gender Alter und Erfahrung Entscheidungen (Betriebsrat) Seite 8 Schlussfolgerungen › Die Entwicklung einer Wissensbilanz folgt an vielen Stellen einem rationalen Entscheidungsparadigma: › › › › › › Es wird davon ausgegangen, dass eine widerspruchsfreie Zielsetzung zu Beginn des Wissensbilanzierungsprozesses erfolgt. Es gibt eindeutige Bewertungskriterien (QQS) Es gibt eindeutige Entscheidungsregeln (vier Ausprägungen) Somit können Alternativen eindeutig bewertet und ausgewählt werden. …… Hinweis › Seite 9 Das ist aber kein alleiniges Merkmal der Wissensbilanzierung, sondern Standard bei der Planung und Implementierung von organisationalen Veränderungsmaßnahmen jedweder Art. Kognitive Restriktionen: Das von sich selbst überzeugte Gehirn 10 Seite 10 Ein kurzer Steckbrief unseres Gehirns › › › › › Das Gehirn wiegt ca. 1.4 kg – und somit etwa 2% des Körpergewichts - es verbraucht aber 20% des gesamten Körpersauerstoffs und 20% der gesamten Stoffwechselenergie! 100 Milliarden Nervenzellen – jede Nervenzelle steht ihrerseits mit bis zu etwa 8 bis 10 tausend weiteren Neuronen in Verbindung Das Ich-Bewusstsein, Wahrnehmung, Denken, Fühlen hängt von diesen 100 Milliarden Nervenzellen und ihren Verbindungen ab, ohne Gehirnaktivität existieren wir als Person nicht (Tod wird durch Hirntod festgestellt) Das Gehirn beschäftigt sich hauptsächlich mit sich selbst - nur etwa 10 bis 20% der Eingänge stammen unmittelbar aus den Sinneszellen. 80 bis 90 % der Verbindungen sind dem inneren Monolog gewidmet. Und vor allem: Das Gehirn ist sehr eitel! Seite 11 Menschen können besser entscheiden als Affen I Seite 12 Menschen können besser entscheiden als Affen II Seite 13 Der rationale Entscheider Ein kleiner Test II › Ein Schläger und ein Ball kosten 1,10 Euro. › Der Schläger kostet einen Euro mehr als der Ball. › Wie viel kostet der Ball? › Lösung › › Mehr als 80 Prozent der Befragten in entsprechenden Studien geben als Antwort „10 Cent“. Warum? Seite 14 Der rationale Entscheider Ein kleiner Test III › Lesen Sie die folgenden Fragen - und entscheiden Sie rein intuitiv, welche davon wahr ist. 1. Sind Sie ein guter Autofahrer? 2. Fahren Sie besser als die meisten anderen Menschen? › Lösung › › 90 Prozent der Befragten beantworten beide Fragen mit „ja“. Warum? Seite 15 Der begrenzt-rationale Entscheider Analyse System 1 (Intuitiv) System 2 (Reflektiv) Prozessmerkmale › Automatisch › ohne Anstrengung › Schnell, parallel › Fertigkeitsbasiert Prozessmerkmale › Kontrolliert › Anstrengend › Langsam, seriell › Regelorientiert Inhaltliche Merkmale › Affektiv / emotional › Konkret Inhaltliche Merkmale › Neutral › Abstrakt Quelle: nach Kahneman (2011) Seite 16 System 1 vs. System 2 Implikationen für die Praxis Man kann das schnelle Denken nicht ausschalten – nur kontrollieren lernen Voraussetzung: „Entschleunigung der Entscheidungssituation“ Intuition „Fehlerfreies System 1“ Reflexion Verbesserung der Entscheidungsqualität Seite 17 Formal-rationale Analyse „Fehlerfreies System 2“ Emotionale Restriktionen Das neuronale Belohnungs- und Bedrohungssystem 18 Seite 18 Der rationale Entscheider Ein kleiner Test I › › ›› › Stellen Sie sich vor, Sie werden gezwungen, russisches Roulette zu spielen. Sie haben allerdings die Möglichkeit, eine Kugel „zu kaufen“, d.h. einen Preis dafür zu bezahlen, dass eine Kugel aus der Trommel entfernt wird. Die Trommel enthält acht Schuss. Option 1: Die Trommel enthält eine Kugel. Option 2: Die Trommel enthält vier Kugeln. Frage: Zahlen Sie für die eine Kugel aus Option 1 genau soviel wie für die aus Option 2? Hinweis: Die Reduktion der Unsicherheit beträgt in beiden Fällen 12,5 Prozent. › Die meisten Menschen zahlen bei Option 1 wesentlich mehr als bei Option 2. › Warum? Seite 19 Der begrenzt rationale Entscheider Wahrscheinlichkeitsgewichtungsfunktion der Prospect-Theorie geringe Emotionen rationaler Entscheider Wahrscheinlichkeitsgewichtung 1 starke Emotionen 1 Wahrscheinlichkeit 0 unmögliches Ereignis sicheres Ereignis Quelle: nach Kahneman/Tversky (1992) Seite 20 Sicherheit und Unsicherheit Eine andere Perspektive › Allgemein entscheidet man hinsichtlich der Zukunftserwartungen eines Entscheiders zwischen Sicherheit und Unsicherheit. › › › Bei Sicherheit kann der Entscheider das Ergebnis einer Aktion eindeutig vorhersagen Bei Unsicherheit dagegen gibt es mehrere mögliche Ergebnisse. Kurz: Unsicherheit ~ mangelnde Prognosefähigkeit Quelle: http://wirtschaftslexikon.gabler.de/Archiv/9325/unsicherheit-v13.html › › Jetzt: Unter Situationen mit hohem Maß an Unsicherheit erlebt der Entscheider Unsicherheit Kurz: Unsicherheit ~ Aktivierung des neuronalen Bedrohungssystems Seite 21 Was passiert bei einer Bedrohung? › Stellen Sie sich vor, Sie gehen im Wald spazieren und erblicken – an der Grenze Ihres Blickfeldes - einen länglichen Gegenstand am Boden. › Wie reagieren Sie? Seite 22 Amygdala als schlechter Krisenmanager Angst produziert einen kognitiven Stil: › rasches Ausführen einfacher, gelernter Regeln (System 1) › Schlussfolgerndes Denken und Reflexion sind erschwert (System 2) › Angst sperrt die Gedanken in enge Denkmuster ein (wenn man schnell reagieren muss, ist das gut) › positive Emotionen und eine entspannte den Abruf von Erinnerung Seite 23 Atmosphäre stärken die Denkfähigkeit und Das Belohnungs-Bedrohungs-System Das SCARF-Modell Bedrohung minimieren Status Certainty Autonomy Relatedness Fairness Belohnung aktivieren Quelle: Rock (2008) Seite 24 Das Belohnungs-Bedrohungs-System Implikationen für die Entscheidungsqualität › Die fünf SCARF-Dimensionen spielen hier eine doppelte Rolle: › Wie wird der Entscheidungsprozess in der Gegenwart gestaltet? › › › Welches sind die vermuteten / befürchteten Konsequenzen der Entscheidung für die beteiligten Akteure in der Zukunft? › › Seite 25 Aktiviert er eher das Belohnungs- oder eher das Bedrohungssystem? Bei welchem der fünf Dimensionen im besonderen Maße? Aktivieren diese eher das Belohnungs- oder eher das Bedrohungssystem? Bei welchem der fünf Dimensionen im besonderen Maße? Zusammenfassung & Schlussfolgerungen 26 Seite 26 Einflussfaktoren auf Entscheidungen Fünf neurowissenschaftliche Perspektiven 1. Emotionale Restriktionen 2. Kognitive Restriktionen 3. Soziale Restriktionen 4. Aufgabenbezogene Restriktionen 5. Persönlichkeits -bezogene Restriktionen Seite 27 Entscheidungen Wissensbilanzierung Erfolg Nicht so….. Seite 28 Sondern so….. Seite 29 Hauptproblem: Zeit › › › Viele Entscheider sind nicht bereit, genügend Zeit in die Entscheidungsvorbereitungen zu investieren. Sie sehen nicht, dass hierdurch die Entscheidungsqualität deutlich verbessert werden könnte. Lässt sich das verändern? › › Seite 30 Grundsätzlich ja, aber ….. ….. aber das ist wiederum ein „neurobiologisches Problem“ Seite 31 Nutzen Sie Ihr Hirn!! Seite 32 VIELEN DANK FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT Seite 33