Auspreisen von Restriktionen Lagrange-Multiplikatoren Kuhn-Tucker-Theorem Schattenpreise 1 Restriktionen beschränken die Menge der wählbaren Handlungsmöglichkeiten im Entscheidungskalkül Handlungsmöglichkeiten, die zu inakzeptablen Ergebnissen führen, weil die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um sie durchzuführen durch Vorentscheidungen festgelegte Ziele („Targets“) nicht erreicht werden werden durch Restriktionen ausgeschlossen. Im Folgenden betrachtet: Restriktionen in Gleichungs- oder Ungleichungsform mit stetig differenzierbarer Abhängigkeit von den Entscheidungsvariablen keine explizite Berücksichtigung von Unsicherheit 2 Darstellung der Handlungsmöglichkeiten als lineare Aktivitäten Charakterisierung durch Einsatz und Aufkommen von Gütern in Abhängigkeit von Entscheidungsvariablen Handlungsalternativen als Kombinationen von Aktivitäten Zielbeiträge Einfluss auf Zulässigkeitsbedingungen (Restriktionen) insbesondere Güterbilanzen 3 Optimierung kontinuierlich variabler Aktivitätsniveaus: Lineare Optimierung Ein Gut des Plans wird als Zielgröße ausgewählt, für die übrigen sind Restriktionen einzuhalten. 4 Lineare Optimierung: Formale Darstellung Bezeichne aij den Koeffizienten von Gut i in Aktivität j (i = 0 bezeichne die Zielgröße) xj das Aktivitätsniveau von Aktivität j bi die Verfügbarkeitsschranke für Gut i A := (aij)i = 1,...,m; j = 1,...,n in der Tabelle: a0• := (a0j)j = 1,...,n max {a0x | Ax b; x 0} x1 x 2 x 3 . . . x n x b := (bi )i = 1,...,m a11 a12 a13 . . . a21 a22 a23 . . . . . ai1 a i2 ai3 . . . . . am 1 a m 2 a m 3 . . . a 1n a 2n a mn b1 b2 . . bi . . bm a01 a02 a 03 . . . a0n Z a in x A b a0 z 5 Lineares Optimierungsproblem: Beispiel Die Tiefkühlkost AG hat je eine Produktionsstätte in den Anbaugebieten SW und NO und Auslieferungslager in S und NW. Einige Daten der Produktionsstätten und Auslieferungslager: Produktionsstätten SW NO Ausl.-Lager Bedarf NW 5000 t S 2500 t Transportkosten je Monatstonne von 200 100 Produktionsstätte zu Auslieferungslager 50 150 Vorhandene Kapazität in Monatstonnen 2000 6000 Das Managementjesucht nach Monatstonne der kostengünstigsten Lösung, den Bedarf Kapazitätskosten zusätzliche 125 25 zu bedienen. 6 Produktionsstätten SW NO Transportkosten je Monatstonne von Produktionsstätte zu Auslieferungslager Vorhandene Kapazität in Monatstonnen 200 50 2000 Kapazitätskosten je zusätzliche Monatstonne 125 100 150 6 000 25 Ausl.-Lager Bedarf NW 5000 t S 2500 t Aktivitäten: j = 1: Produktion in SW für NW; j = 2: ... in SW für S j = 3: Produktion in NO für NW; j = 4: ... in NO für S j = 5: Einrichtung zusätzlicher Kapazität in SW; j = 6: ... in NO. Restriktionen: i = 1: Bedarf in NW; i = 3: Kapazität in SW; i = 2: Bedarf in S; i = 4: Kapazität in NO. LP-Formulierung: u.d.N. min {200x1 + 50x2 +100x3 + 150x4 + 125x5 + 25x6 } x1 + x3 5000 x2 + x4 2500 – x1 – x2 + x5 -2000 – x3 – x4 + x6 -6000 xi, 0 (alle i) 7 min {200 x1 + 50 x2 + 100 x3 + 150 x4 + 125 x5 + 25 x6 u.d.N. x1 + x3 x2 + x4 – x1 – x2 + x5 – x3 – x4 + x6 5000 2500 -2000 -6000 xi, 0 (alle i) Bedarf NW: Bedarf S: Kapazität SW: Kapazität NO: kT 1 0 -1 0 0 1 -1 0 1 0 0 -1 200 50 100 0 1 0 -1 0 0 1 0 0 0 0 1 150 125 25 5000 2500 -2000 -6000 Ergebnisbereich Güter: xT Kosten: 675000 0 2000 3500 500 0 1000 3500 2500 -2000 -3000 8 Knappheitspreise im Sensitivitätsbericht (Excel®) Veränderbare Zellen Lösung Zelle Name Endwert $B$13 xT SW für NW 0 $C$13 xT Ergebnisbereich 2000 $D$13 xT NO für NW 5000 $E$13 xT NO für S 500 $F$13 xT SW 0 $G$13 xT NO 0 Reduzierter Gradient 200,0005987 0 0 0 24,99970293 25,00019073 Nebenbedingungen Zelle Name $H$13 xT $H$14 $H$15 Kosten: $H$16 Lösung LagrangeEndwert Multiplikator 5000 100 2500 150 -2000 100 -5500 0 !! 9 Nichtlineare Optimierung unter Restriktionen Aufstellen der Zielfunktion F(x1,...,xn) Bewerten der Restriktionsverletzungen fi(x1,...,xn) mit einem Knappheitspreis li (i = 1,...,m) Einbeziehung der bewerteten Restriktionsverletzungen als Kosten in die Zielgröße (Lagrange-Funktion) L(x1,...,xn ,l1..., lm) : = F(x1,...,xn) - l1 f1(x1,...,xn) - ... - lm fm(x1,...,xn) Ein System von Bedingungen für Knappheitspreise und Entscheidungsvariablen ermöglicht die Bestimmung der optimalen Lösung 10 Ökonomische Interpretation Dem Entscheider bietet ein virtueller Partner einen bestimmten Knappheitspreis li , zu dem er fehlenden Spielraum fi(x1,...,xn) der Restriktion i kaufen und überschüssigen Spielraum -fi(x1,...,xn) verkaufen kann. Die Lagrangefunktion ist die Zielfunktion des Entscheiders in dieser Situation Der Knappheitspreis muss so gewählt werden, dass der Entscheider effektiv weder kaufen noch verkaufen will, d.h. der Preis muss null sein, wenn die Restriktion nicht bindet eine Verbesserung der Zielgröße durch Zukauf von Spielraum zum Knappheitspreis ausschließen. 11 Joseph-Louis Lagrange *1736 in Turin (Italien) † 1813 in Paris 1766 von Friedrich II. von Preußen als Nachfolger von Leonhard Euler nach Berlin berufen 1787 von Louis’ XVI. nach Paris berufen 1797 folgte er einem Ruf an die neu gegründete École Polytechnique in Paris, wo er bis zu seinem Tode blieb. Napoleon I. erhob ihn in den Stand eines Comte (Grafen). 12 Ökonomische Interpretation Der Knappheitspreis muss so gewählt werden, dass er die mit der zusätzlichen Einheit des knappen Faktors erzielbare Verbesserung des Zielfunktionswerts gerade absorbiert. Dann ist der Entscheider indifferent, ob er die zusätzliche Einheit nachfragt oder nicht. Der Knappheitspreis kann nicht negativ sein, sonst könnte der Entscheider durch Erhöhen seiner Nachfrage nach dem knappen Faktor den Wert der Lagrangefunktion beliebig erhöhen. 13 Optimalitätsbedingungen Problem: max {F(x1,...,xn)| fi(x1,...,xn) 0 (i = 1,...,m), x1,...,xn 0} Lagrangefunktion: L(x1,...,xn ,l1..., lm) : = F(x1,...,xn) - l1 f1(x1,...,xn) - ... - lm fm(x1,...,xn) L Optimalitätsbedingungen: xj Stets gilt: xj 0 und Lx 0 . Falls xj 0 , muss gelten Lx stets gilt: l i 0 und Ll 0. l i 0 kann nur gelten, falls Ll j i 0; j i 0. (Karush/Kuhn-Tucker-Bedingungen) ( L xj bezeichnet hier die Ableitung der Funktion L nach der Variablen xj ) 14 Geometrische Veranschaulichung I Fall 1: x j 0 , daher muss im Maximum L x 0. gelten. j 0.4 L xj Für ein inneres Maximum gilt die übliche Optimalitätsbedingung: Ableitung der Zielfunktion = 0 0.2 0 0 0.5 xj 15 Geometrische Veranschaulichung II Fall 2: x j 0, daher kann im Maximum L x 0 gelten; j 0.5 Bei einem Randmaximum kann die Ableitung der Zielfunktion nur negativ oder null sein; wäre sie positiv, würde eine Erhöhung von xj den Zielfunktionswert erhöhen. L xj 0 0 0.2 0.4 xj 16 Vorsicht ! Es gibt Fälle, in denen eine optimale Lösung den genannten Bedingungen nicht genügt und Fälle, in denen eine Lösung, die den Bedingungen genügt, nicht optimal ist. Für diese Probleme muss auf mathematische Literatur verwiesen werden, z.B.: Mangasarian, Olvi L., Nonlinear Programming, New York 1969, (McGraw-Hill), Chapter 7. 17 Beispiel: Lagerhaltung bei beschränkter Annahmekapazität Magdeburg-Frost vertreibt von einem Auslieferungslager Tiefkühlprodukte (j = 1,..., n), die mit Tiefkühl-LKW angeliefert werden. bj Kosten einer LKW-Lieferung Wie groß sollten qj Menge je LKW-Lieferung • Menge qj je Lieferung hj Lagerkosten pro to und Jahr. • und Lieferhäufigkeit fj fj Lieferhäufigkeit pro Jahr für jedes Produkt j sein ? fj qj Jahresabsatzmenge dj Bruttogewinn je Einheit Jahresabsatz Zahl der Lieferungen pro Jahr (für alle Produkte zusammen) darf nicht größer sein als f. Jahresnachfrage Dj nach Produkt j muß befriedigt werden. 18 Modellierung max q1 ,..., qn { j = 1,...,n [dj fj qj – (hj qj)/2 – fj bj] } Jahresabsatz Lagerkosten Jahrespro Jahr lieferkosten u.d.N. fj = Dj/qj (in der Zielgröße substituieren!) n fj f ; (Knappheitspreis: m) j=1 qj 0. Lagrangefunktion L( q1 ,..., qn , m) = j = 1,...,n [ Djdj – (hjqj )/2 – Djbj/qj ] – m (j = 1,...,n Dj /qj – f ) 19 Erläuterung Die Zielgröße setzt sich zusammen aus den Erlösen: j = 1,...,n fj qj dj den Kosten der Anlieferung j = 1,...,n fj bj und den Kosten der Lagerung = durchschnittlicher Bestand Lagerkostensatz = j = 1,...,n (hj qj)/2. Unterstellt: gleichmäßiger Lagerabgang, sofortige Anlieferung von qj , sobald Lager leer. Dann ist im langfristigen zeitlichen Durchschnitt die halbe Bestellmenge am Lager. 20 Lösung des Tiefkühlkost-Beispiels qi = 0 ist ausgeschlossen, die Nachfrage könnte nicht bedient werden. Also muss gelten: Lq D j b j m q j j Daraus folgt: 2 qj n Ist f j f j1 - hj 2 L( q1 ,..., qn , m) = j [ Djdj - (hjqj )/2 - Djbj/qj ] - m j Dj/qj - f ) 0 2D j b j m hj und f j Dj qj = h jD j 2 b j m mit m= 0 erfüllt, so ist dies die optimale Lösung; anderenfalls muss m aus der Gleichung n f j j1 f bestimmt werden 21 Erweiterung Aufgabe: Man erweitere das vorherige Beispiel für den Fall, dass neben der Annahmebeschränkung auch noch der Lagerraum beschränkt ist. (Man nehme dazu an, dass die Lieferzeitpunkte so gewählt werden können, dass sich die Lagerraumbeschränkung nur auf den durchschnittlichen Lagerbestand auswirkt. Ihr Modell sollte den unterschiedlichen Lagerraumbedarf der Produkte je Werteinheit berücksichtigen.) 22