SERIE PÄDIATRIE Rauchexposition und Erbsubstanz PÄDIATRIE UND SUCHTMEDIZIN: Schon eine Tabakrauchexposition über nur 4 Stunden erhöht die Zahl der DNA-Schäden. MÜTTERLICHE TABAKRAUCHEXPOSITION während der Schwangerschaft ist einer der wichtigsten Faktoren, die mit der fötalen Entwicklung interferieren. Die negativen Auswirkungen des Rauchens auf Mutter und Kind sind bekannt: Rauchen ● erhöht das Risiko der intrauterinen Wachstumsretardierung, ● reduziert die Zufuhr von Sauerstoff und nutritiven Substanzen durch eine restriktive Blutversorgung und ● führt zu fetaler Hypoxie durch die höhere Affinität des fetalen Hämoglobins zu CO. Als Auswirkungen des Tabakrauchens, die zu fetaler Dystrophie führen, werden unter anderem diskutiert: ● zytotoxische Effekte von Tabakrauchmetaboliten, ● beeinträchtigte Enzymfunktion durch Zinkdefizienz, ● Einflüsse auf Radikalfänger sowie ● strukturelle Veränderungen der Plazenta. DNA-SCHÄDIGUNG DURCH TABAKRAUCH Zahlreiche molekulargenetische Untersuchungen zeigen, dass genetische Mutationen bei Rauchern häufiger sind als bei Nichtrauchern. Die Daten stammen allerdings überwiegend von Untersuchungen bei Erwachsenen, insbesondere bei Lungenkrebspatienten. Verglichen damit ist die Information bezüglich der Frequenz der Mutationen und der klinischen Relevanz beim Fetus noch limitiert. Bisher wurde davon ausgegangen, dass nur eine chronische Tabakrauchexposition einen Beitrag zur Karzinogenese leistet. Nun konnte aber am Tiermodell gezeigt werden, dass es bereits bei einer Tabakrauchexposition über nur 4 Stunden zu einem signifikanten Anstieg der DNADeletionen kommt. Das macht eine höhere Sensitivität des Embryos gegenüber der 30 ÄRZTE KRONE 10/07 gentoxischen Wirkung von Tabakrauch wahrscheinlich. ERHÖHTE AUFNAHME TERATOGENER SUBSTANZEN Rauchen und Erbgut – die Fakten ● Bereits bei einer Tabakrauchexposition über nur 4 Stunden kommt es zu einem signifikanten Anstieg der DNA-Deletionen (Tierversuch). Translokationenen sind bei Neugeborenen, deren Mütter während der Schwangerschaft geraucht hatten, signifikant häufiger als bei Neugeborenen nichtrauchender Mütter. Bei Tabakkonsum während der Schwangerschaft kommt es in der Plazenta zu einer Akkumulation von Reaktionsprodukte von Penzo[α]pyrenen mit dem Erbgut (DNA-Addukte), die auch im Nabelschnurblut, im Ovar, in den Oozyten und in den Spermatozoen nachweisbar sind. Das Mutationsspektrum der T-Zellen der Tabakrauch-exponierten Neugeborenen unterscheidet sich von dem nicht-exponierter Neugeborenen. Bei Neugeborenen kann eine Exposition gegenüber Unwelttoxinen wie beispielsweise Tabakrauch während der Schwan● gerschaft aufgrund der Unreife des Organismus schwerwiegende Folgen haben. Translokationenen waren bei Neugeborenen, deren Mütter während der Schwangerschaft geraucht hatten, signifikant häu● figer als bei Neugeborenen nichtrauchender Mütter. Bei Tabakkonsum während der Schwangerschaft kommt es in der Plazenta zu einer Akkumulation von DNA-Addukten mit Penzo[_]pyrenen. Diese Reaktionsprodukte von Penzo[_]pyrenen mit dem Erbgut sind in kleinen Mengen im Nabelschnurblut, im Ovar (Granulosaluteinzellen), in den Oozyten und in den Spermato● zoen nachweisbar. Neugeborene von aktiv rauchenden und passiv exponierten Müttern zeigten einen signifikant erhöhten Uptake von polychlorierten Biphenylen und Hexachloropenzen. Diese Substanzen haben in Verbindung mit tabakspezifischen Karzinogenen karzinogene und tera- Weiterführende und detaillierte Untersutogene Eigenschaften. chungen der transplazentaren Effekte des Auch die T-Zellen der Tabakrauch-expo- Rauchens während der Schwangerschaft nierten Neugeborenen weisen ein charak- sind dringend angezeigt. Dabei ist sowohl teristisches Mutationsspektrum auf, das auf die Differenzierung zwischen aktiven sich von dem nicht-exponierter Neugebo- und passiven Tabakrauchkonsum zu achrenen unterscheidet. Bei den exponierten ten als auch auf eine präzise QuantifizieNeugeborenen zeigte sich eine deutlich rung der Exposition. höhere Frequenz einer chromosoPrim. Univ.-Prof. Dr. ROBERT BIRNBACHER, malen TranslokaAbt. für Kinder- und Jugendheilkunde, Landestion, die auch bei krankenhaus Villach, Mitglied der Österreichischen Leukämien und Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde Lymphomen im (ÖGKJ), [email protected] Kindesalter beobachtet wird.