„Die Macht des Subliminalen: Über subliminale Beeinflussung und mögliche Anwendungsbereiche“ The Power of the Subliminal: On Subliminal Persuasion and Other Potential Applications Ap Dijksterhuis, Henk Aarts, und Pamela K. Smith Ergänzt und zusammengefasst von: Cordula Pflügl (0604399) Patrizia Ejer (9408310) Einleitung Im letzten Jahrhundert wurden mehrere hundert Artikel über subliminale Wahrnehmung, subliminale Beeinflussung und mögliche Anwendungsbereiche veröffentlicht. Dies ließe einen ausgereiften Forschungsbereich vermuten, jedoch wird subliminale Wahrnehmung innerhalb und außerhalb der wissenschaftlichen Gesellschaft sehr kontrovers diskutiert, einige negieren sogar gänzlich ihre Existenz. Holender (1986) unterstreicht, dass die subliminale Wahrnehmung nie den Gütekriterien entsprechend gemessen werden konnte. Dixon (1986) kommentiert, dass Holenders Artikel die Antipathie gegenüber der Vorstellung aufzeigen, dass uns etwas beeinflussen könnte, was wir nicht bewusst kontrollieren können. Die empirische Erforschung des Gegenstands begann vor über 100 Jahren. Pierce und Jastrow (1884) zeigten, dass Versuchspersonen (in diesem Fall Pierce und Jastrow) das Gewicht zweier Objekte unterscheiden konnten, obwohl der Gewichtsunterschied bewusst nicht wahrnehmbar war. Nach der Objektauswahl haben sie auf einer Skala von 0 bis 3 (wobei 0 kein Vertrauen und 3 viel Vertrauen bedeutet) ihr Vertrauen in ihre Leistung eingetragen. Obwohl sie davon ausgingen sie wären bei allen Versuchen falsch gelegen, haben sie in 60% der Fälle das richtige Objekt gewählt. 1989 konnte Sidis nachweisen, dass Probanden, denen aus größerer Entfernung Karten gezeigt wurden, auf denen ein gedruckter Buchstabe oder eine gedruckte Zahl zu sehen war, eine überzählig richtige Zuordnung herstellten, obwohl sie die Karten nach eigenen Angaben praktisch gar nicht erkennen konnten. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 1/21 Poetzl (1917/1960) erforschte den Einfluss subliminaler Wahrnehmung auf die Traumentstehung und konnte zeigen, dass Bilder, die er seinen Probanden mit sehr kurzer Darbietungsdauer (10ms) präsentierte in die Träume der darauf folgenden Nächte Eingang fanden, obwohl sie so kurz dargeboten wurden, dass sie das Bewusstsein nicht erreichen konnten, sehr wohl aber im Unbewußten verankert waren. Trotz der Vielzahl an Studien und Ergebnissen bleibt der Forschungsbereich der subliminalen Wahrnehmung kontrovers. Die Autoren führen dies auf zwei Einflüsse zurück. Einerseits sei es das Unbehagen und die Angst der Menschen von etwas Unbewußten gelenkt zu werden, das sie nicht kontrollieren können und andererseits sind es die Aussagen von James Vicary, die dem Bereich eine kontinuierliche Entwicklung schwer machten. Die James Vicary Fälschung James Vicary behauptete 1957 den Popcorn- und Colakonsum in einem Kino in New Jersey über die subliminale Einblendungen der Imperative „Eat Popcorn“ und „Drink Coke“ überzufällig erhöht zu haben. Diese Behauptung hat einen Boom in der Erforschung subliminaler Wahrnehmung und Beeinflussung ausgelöst. Ein paar Jahre später gestand Vicary keine profunden Ergebnisse zu seinen Behauptungen gehabt zu haben. Die Anzahl der Forscher fiel daraufhin dramatisch für die nächsten 20 Jahre. Zudem erschienen zu jener Zeit Publikationen, die die Existenz von subliminaler Beeinflussung negierten und das Phänomen als Mythos herunterspielten. Aber ist es ein Mythos? Sollte man aufhören diesen Gegenstandsbereich zu erforschen? Im Nachfolgenden ein paar Gründe, warum man nicht aufhören sollte. Die Untermauerung dieses Anspruchs ist in 4 Kapitel unterteilt: 1. Definition subliminaler Wahrnehmung. Hier zeigen die Autoren unter anderem auf, warum es schwierig bzw fast unmöglich ist, dass unser gesamtes Handeln ein Ergebnis von bewussten Denkprozessen sei. 2. Beispiele subliminaler Stimulation werden aufgezeigt um evident zu machen welche Wirkung sie haben kann. 3. Basierend auf Forschungsergebnissen aus dem Bereich der Social Congition wird versucht einen groben theoretischen Ansatz zu präsentieren. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 2/21 4. Mögliche Anwendungsbereiche subliminaler Stimulation im täglichen Leben, der Politik, und der Wirtschaft. Hier wird weiter unterschieden in (i) Manipulation von Einstellungen durch subliminales evaluatives Konditionieren (ii) den Einfluss subliminal eingeblendeter Botschaften auf das Konsumentenverhalten (iii) den Einfluss subliminaler Botschaften auf die Gesundheit. 1. Definition Mitte der 80iger Jahre entfachte eine Diskussion um die Definition subliminaler Wahrnehmung. Die Debatte basierte auf dem Konzept der objektiven und subjektiven Schwellen (Chessman & Merikle, 1984). Eine objektive Schwelle muss überschritten werden damit ein Stimulus gefühlt werden kann und das adäquate sensorische System erreichen kann. Eine subjektive Schwelle muss überschritten damit der Reiz das Bewusstsein erreicht. Wenn nun die objektive Schwelle nicht überschritten wird wird der Stimulus nicht wahrgenommen. Wenn die objektive Schwelle überschritten wird, die subjektive nicht kommt es zu subliminaler Wahrnehmung. Wenn aber auch die subjektive Schwelle überschritten wird passiert bewusste Wahrnehmung. Holender argumentiert, dass die subjektive Schwelle nicht als Maß für die bewusste Wahrnehmung genommen werden kann. Anstelle könne nur die objektive Schwelle als abhängiges Kriterium herangezogen werden. Er weist darauf hin, dass, wenn ein Stimulus einen sensorischen Effekt hat, es keine Garantie dafür gäbe, dass die Versuchsperson ihn nicht auch bewusst erlebe. Wenn man zum Beispiel eine subliminale Einblendung eines Wortes sieht, so könnte es laut Holender sein, dass man dieses bewusst erlebt hat, das Wort aber sogleich vergessen haben kann. Diese Definition und das sich Festlegen auf die objektive Schwelle negiere jedoch die Existenz subliminaler Wahrnehmung. Subliminale Wahrnehmung passiert wenn die objektive Schwelle überschritten wird (diskrimiert über die Sensorik), die subjektive Schwelle (das Erreichen des Bewusstseins) jedoch nicht erreicht wird und der Reiz auch nicht verbal wiedergegeben werden kann. Aber können wir die subjektive Schwelle bestimmen? Nicht im absoluten Sinn. Es gibt keine fixe absolute Schwelle, die bei allen Menschen unter allen Umständen herangezogen werden kann. Die Theorie einer fixen Schwelle wurde verdrängt durch Ergebnisse aus der Signal Detection Theorie (Greenwald, Draine, Abrams, 1996). Ob ein kurz dargebotener Reiz das Bewusstsein erreicht oder nicht hängt von stabilen individuellen Differenzen, Zielen, Bedürfnissen und anderen kontextabhängigen Einflüssen ab. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 3/21 Diese Einsicht führte dazu, dass man generell von dem Ausdruck subliminal abkommen wollte und ihn durch implizite oder unbewußte Wahrnehmung ersetzen wollte. Die Autoren entscheiden sich jedoch bewusst für den Terminus subliminal, weil er der meist verwendete ist um das Phänomen zu beschreiben. Während implizite oder unbewußte Wahrnehmung bedeutet, dass der Reiz wahrgenommen werden kann, wenn man Aufmerksamkeit auf ihn fokussiert, ist dies beim subliminalen Reiz nicht der Fall. Die Autoren verwenden subliminale Wahrnehmung für Reize, die, auch wenn ihnen Aufmerksamkeit geschenkt wird, nicht wahrgenommen werden können. Wollen wir, dass ausschließlich das Bewusstsein unser Verhalten beeinflusst? Viele teilen die Vorstellung, dass unser Verhalten von bewussten Denkprozessen geleitet werden sollte. Das ist jedoch unmöglich, denn bewusstes Denken existiert nicht. Das Denken, definiert als assoziativer Prozess durch welchen bedeutungsgebende Konstrukte entstehen, passiert unbewusst. Watt (1905) zeigte in seinem Experiment die Unzugänglichkeit des Bewussten in den Denkprozess. Den Teilnehmern wurde ein Wort gezeigt und sie sollten so schnell wie möglich frei assoziieren. Die Probanden sollten einmal übergeordnete Begriffe finden, dann Teilelemente herausfiltern und untergeordnete Begriffe assoziieren. Die Idee war, dass bewusstes Denken in vier Phasen eingeteilt werden kann. Der Instruktion, der Präsentation des Wortes, der Suche nach der adäquaten Assoziation und der Antwort. Die Versuchsteilnehmer wurden gebeten jede Phase separat auf bewusste Inhalte zu prüfen. Wie sich gezeigt hat konnten die Teilnehmer in der dritten Phase auf keine bewussten Inhalte zurückgreifen. Dies ist die Phase, in der der Denkprozess abläuft. Rein die Instruktion und die Präsentation des Wortes haben den Denkprozess gestartet. Und dieser Denkprozess fand unbewusst statt. Norretrander (1998) hat die Forschungsergebnisse der 50iger und 60iger Jahre zu menschlicher Verarbeitungskapazität subsumiert. Es wurde die Verarbeitungskapazität der Sinne und des Bewusstseins erforscht. Um die verschiedenen Arten von Information (taktile versus visuelle versus auditve) zu operationalisieren, wurde diese in Bits gemessen. Es stellte sich heraus, dass unsere Sinne circa 11 Millionen Bits in der Sekunde verarbeiten können (Zimmermann 1989, Norretrander 1998). Allein das visuelle System verarbeitet 10 Millionen Bits. Die Verarbeitungskapazität des Bewusstseins hängt von der Aufgabe ab und ist um ein Vielfaches geringer als die Verarbeitungskapazität der Sinne. Wenn wir leise lesen verarbeiten wir 45 Bits/Sekunde (ein paar Worte), wenn wir laut lesen fällt das Die_Macht_des_Subliminalen.doc 4/21 Verarbeitungspotential auf 30 Bits/Sekunde. Wie wir sehen ist die Verarbeitungskapazität der Sinne 200.000 Mal höher als die Kapazität des Bewusstseins. Anders gesagt, das Bewusstsein kann nur einen geringen Prozentsatz der aufgenommenen Information verarbeiten, der Rest wird unbewusst verarbeitet. Für eine Entscheidung, die wir basierend auf dem Gefühl es ist die richtige Entscheidung treffen, brauchen wir 10 Minuten (es arbeiten hier 6.6 Milliarden Bits für uns). Würden wir diese Entscheidung basierend auf bewussten Denkprozessen treffen bräuchten wir 4 Jahre. Es ist wichtig einzusehen, dass unbewusste Wahrnehmungsprozesse einen überragenden Einfluss auf das Funktionieren des Menschen haben und wir sollten auch akzeptieren, dass subliminale Wahrnehmung weit reichende Konsequenzen hat. 2. Beispiele subliminaler Stimulation Aus jüngeren Forschungsberichten sprechen viele Beweise für die Existenz subliminaler Wahrnehmung. Die Frage, die man sich nun stellt ist die Frage nach den Effekten und Konsequenzen subliminaler Wahrnehmung. Hat sie nur kurze semantische Effekte zur Folge oder kann sie unser emotionales Erleben und unser Verhalten beeinflussen? Wir differenzieren zwischen (i) neurologischen Zusammenhängen, (ii) evaluativen und affektiven Effekten, (iii) semantischen Effekten, (iv) Effekten auf soziale Bewertungen und (v) Effekten auf Verhalten. (i) Neurologische Zusammenhänge Libert, Alberts, Wright und Feinstein (1967) waren die ersten, die entsprechende hirnelektrische Manifestationen zu subliminaler Reizung messen konnten. In ihrem Experiment haben sie die Haut der Versuchsteilnehmer so schwach gereizt, dass diese sie nicht wahrnehmen konnten. Die gleichzeitig gemessenen evozierten Potentiale zeigten hirnelektrische Änderungen. Beispiele subliminaler Wahrnehmung konnten bei Patienten mit neurologischen Schäden gefunden werden. Ein Charakteristikum vieler neurologischer Syndrome ist, dass die Patienten bestimmte Stimuli nicht sehen können, sie aber nichtsdestotrotz basierend auf der Information, die sie erhalten haben, antworten können. Ein Bespiel ist das Syndrom Blindsight. Bei diesen Patienten ist der primäre visuelle Kortex geschädigt. Aufgrund dieser Schädigung sind sie sich der Aufnahme von Stimuli innerhalb eines bestimmten Bereiches Die_Macht_des_Subliminalen.doc 5/21 nicht bewusst. Wenn wir zum Beispiel das visuelle Feld in vier Quadrate unterteilen so sehen die Patienten drei Quadrate normal, sehen aber die im vierten Quadrat präsentierten Stimuli nicht. Obwohl die Patienten in diesem „blinden“ Quadrat nichts sehen, können sie trotzdem einige der präsentierten Stimuli in Form und Größe unterscheiden. Ein anderes neurologisches Syndrom, bei dem subliminale Wahrnehmung stattfindet heißt Prosopagnosie (Gesichtsblindheit). Patienten mit dieser Krankheit sind nicht fähig Gesichter zu erkennen. Obwohl diese Menschen keine bewusste Information über ein Gesicht aufnehmen können, können manche dennoch bei zwei Antwortmöglichkeiten die richtige Zuordnung des Namens einer Stimulusperson herstellen. (zit. nach: Merikle) (ii) Evaluative und affektive Effekte 1968 hat Zajonc den mere exposure Effekt entdeckt: je länger wir einem Reiz ausgesetzt sind umso mehr mögen wir ihn. Kunst-Wilson und Zajonc zeigten, dass das einem Reiz subliminal Ausgesetztsein die Präferenz gegenüber dem Reiz erhöht. In ihrem Experiment wurden den Versuchspersonen 10 Polygone jeweils fünfmal für nur 1ms gezeigt. Dann wurden Polygon Paare präsentiert, wobei ein Polygon bereits im ersten Versuchsablauf gezeigt worden war und das zweite neu war. Zu jedem Paar wurden die Probanden gefragt welches Polygon schon gezeigt wurde und welches sie präferierten. Die Versuchsteilnehmer bevorzugten überzufällig oft das schon vorher präsentierte, ohne sagen zu können welches Polygon schon gezeigt worden war. (iii) Semantische Effekte Debner und Jacoby (1994) konnten semantische subliminale Prozesse beweisen. Sie blendeten ihren Probanden sublimninal Worte ein, die aus fünf Buchstaben bestanden. (z.B.: scalp) Im weiteren Versuchsablauf wurde nur der Wortstamm (z.B.: sca-) gezeigt und die Versuchsteilnehmer wurden gebeten den Wortstamm zu ergänzen. In einer Versuchsbedingung wurden die Versuchspersonen gebeten nicht das zuvor eingeblendete Wort zu nehmen. In der Kontrollgruppe wurde nur der Wortstamm gezeigt. Es zeigte sich, dass die Probanden, die gebeten wurden das subliminal präsentierte Wort nicht zu nehmen es öfter verwendeten. Auf diese Art konnten sie zeigen, dass semantische Prozesse ablaufen obwohl das Wort nicht bewusst wahrgenommen wurde. (Marcel, 1983; Merikle, Joordens, & Stolz, 1995). (iv) Soziale Bewertungen Die_Macht_des_Subliminalen.doc 6/21 Bargh und Pietromonaco (1982) konnten zeigen, dass subliminal aktivierte Traitkonstrukte den Eindruck, den wir von anderen haben, beeinflussen. Im Versuch wurden Worte am Bildschirm subliminal eingeblendet, die Feinseligkeit assoziieren ließen (je nach Versuchsbedingung waren 0%, 20% und 80% der Worte mit Feindseligkeit assoziierbar). Die Versuchspersonen sollten nur den Lichtblitz am Bildschirm lokalisieren. Danach wurden die Telnehmer gebeten eine Stimulus Person, deren Benehmen als feindselig beschrieben wurde, zu bewerten. Je zahlreicher die Einblendungen mit feindseliger Note umso negativer war die Einstellung gegenüber der Stimulus Person. (v) Verhalten Forschungsergebnisse haben gezeigt, dass aktivierte Traitkonstrukte und soziale Stereotype nicht nur unsere Urteile über andere sondern auch unser Verhalten beeinflussen. Bargh et al. (1996) maßen erhöhte Feindseligkeit bei Probanden, bei denen zuvor Stereotype von Amerikanern afrikanischer Abstammung aktiviert wurden. Während die Versuchsteilnehmer eine Computeraufgabe lösen mussten wurden ihnen in der einen Versuchsbedingung subliminal Fotos von männlichen Amerikanern afrikanischer Abstammung , in der anderen Versuchsbedingung Fotos von weißen männlichen Amerikanern präsentiert. Nach einer gewissen Zeit stürzte das Computerprogramm beabsichtigt ab und die Teilnehmer wurden aufgefordert die Aufgabe nochmals zu lösen. Die Probanden wurden währenddessen gefilmt und die abhängige Variable war die Intensität der Feindseligkeit, die sie zeigten, als sie hörten, dass sie die Aufgabe nochmals zu lösen hatten. Es hat sich gezeigt, dass die mit den Gesichtern von Amerikaner afrikanischer Abstammung geprimten Versuchspersonen feindseliger waren als die Kontrollgruppe. Die Ergebnisse wurden unter anderem von Chen & Bargh wiederholt. Basierend auf diesen Ergebnissen sollte evident sein, dass subliminale Wahrnehmung mehr bewirkt als kurze semantische Effekte. 3. Theoretischer Ansatz: Mentale Repräsentationen sind ausschlaggebend. Die Überraschung über die Forschungsergebnisse mag groß sein. Laut den Autoren ist die Überraschung nur deshalb so groß, weil die genannten Effekte auf subliminaler Darbietung und Wahrnehmung basieren. Diese Überraschung basiert auf der impliziten Annahme unser Die_Macht_des_Subliminalen.doc 7/21 Gehirn würde eine Unterscheidung machen ob ein Reiz sub- oder supraliminal dargeboten wird. Es ist jedoch so, dass unser Gehirn 99 von 100-mal nicht unterscheidet wie der Reiz dargeboten wird. Wir Menschen unterscheiden die Darbietungsart, unser Gehirn nimmt die Information auf. Wenn die mentale Repräsentation von Frau oder feindselig aktiviert wird so hat das psychologische Konsequenzen, unabhängig davon ob sie subliminal oder supraliminal aktiviert wurde. Wenn die supraliminale Aktivierung einen bestimmten Effekt hat, so sollte die subliminale Aktivierung desselben Reizes den gleichen Effekt haben. (Bargh 1989, 1992). Ergebnisse aus dem Forschungsbereich der Social Cognition untermauern den Anspruch, dass die Aktivierung der mentalen Repräsentation ausschlaggebend ist für das Auslösen psychologischer Konsequenzen unabhängig davon ob der Reiz sub- oder supraliminal dargeboten worden ist. Eine Vielzahl an Phänomenen, die zuerst mit supraliminalen Präsentationstechniken bewiesen werden konnten wurden subliminal erfolgreich repliziert. Higgins, Rhodes und Jones konnten zeigen, dass das supraliminal konfrontiert werden mit Trait Begriffen unseren Eindruck von anderen beeinflusst. Ein Experiment von Bargh und Pietromonaco (1982) zeigte, dass dieser Effekt auch bei subliminaler Aktivierung des Trait Konstruktes funktioniert. Dovidio, Evans und Tyler (1986) fanden heraus, dass auch die supraliminale Aktivierung einer sozialen Kategorie (z.B.: ältere Menschen) die Zugänglichkeit zu den assoziierten Stereotypen erhöht (langsam oder vergesslich). Ein paar Jahre später zeigte Devine (1989), dass die Aktivierung von Stereotypen auch subliminal funktioniert. 1986 fanden Fazio, Sanbonmatsu, Powell und Kardes heraus, dass supraliminal eingeblendete Wörter automatisch evaluiert werden. Greenwald et al. bewiesen diese automatische Evaluierung auch für subliminal präsentierte Begriffe. Bargh, Dijksterhuis et al. zeigten, dass sowohl subliminal wie auch supraliminal aktivierte Traits und Stereotype unser Verhalten beeinflussen. Dijksterhuis, Bargh und Miedema (2000) zeigten, dass Versuchsteilnehmer, die Fragen über ältere Menschen zu beantworten hatten für wenige Minuten selbst vergesslich wurden. Dijksterhuis, Aarts et al. (2000) zeigten, dass subliminal eingeblendete Worte, die den Stereotyp „ältere Menschen“ aktivierten, dazu führten, dass die Versuchspersonen eine verminderte Gedächtnisleistung zeigten. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 8/21 In all diesen Fällen hat die Aktivierung von mentalen Repräsentationen die Effekte ermöglicht unabhängig davon ob diese Repräsentationen sub- oder supraliminal aktiviert wurden. Auf der anderen Seite gibt es auch hier Ausnahmen in denen das Bewusstsein ausschlaggebend ist. Stimuli derer wir uns bewusst sind können Kontrollmechanismen auslösen, die nicht hervorgerufen werden, wenn der Stimulus unbewusst wahrgenommen wird. Wenn zum Beispiel Rassenstereotype aktiviert werden kann es sein, dass die Versuchsteilnehmer den Einfluss der aktivierten Stereotype zu unterdrücken versuchen (Monteith, Devine, & Sherman, 1998). Ausgenommen einiger Ausnahmen stellen die Autoren fest, dass in der überwiegenden Mehrheit der Fälle supra- und subliminale Beeinflussung den gleichen Effekt haben. Denkanstoß zur subliminalen Beeinflussung Die Bush-Kampagne Im September 2000 wurde Präsidentschaftskandidat George W. Bush beschuldigt dubiose Wahlkampfkampagnen einzusetzen, die eventuell subliminalen Inhalt nicht nur vermittelten, sonder gezielt eine negative Auswirkung auf seinen Gegner Al Gore anstrebten. In diesem speziellen Spot, der politisch auf Alters und Gesundheitsvorsorge eingeht wird der Satz „Bureaucrats decide“ (zu deutsch: „Bürokraten entscheiden“) eingeblendet. Allerdings erscheint unmerklich vor dieser Aussage für nur 1/30s das Wort „Rats“ zentriert auf dem Bildschirm. Dieses Wort stellt nicht nur die Wortendung des Wortes „Bureaucrats“ dar, sondern ist gleichzeitig ein negativer Stimuli der in direkte Verbindung mit dem Kandidaten Al Gore gebracht werden soll. Quelle: http://www.subliminalsex.com/rats.jpg (9.11.07-12:46) Es stellt sich die Frage ob es sich hierbei wirklich um unbewusste Beeinflussung handelt, denn obwohl der Effekt den meisten Zuseher nicht auffiel, war die Einblendung des Wortes bei genauer Aufmerksamkeit durchaus erkennbar und somit bewusst (Bruni, 2000, zit. nach The new unconscious, 2005, S.88). Trotzdem gibt dieses Beispiel einen gelungenen Anstoß in Die_Macht_des_Subliminalen.doc 9/21 Richtung unbewusste Verarbeitung und ihre Folgen auf das menschliche Verhalten sowie Einstellungen. 4. Bewertende/Evaluative Konditionstechniken Razran (1940) war der Erste, der bewertende Konditionstechniken nutzte um gezielt Einstellungen zu verändern. Er forderte seine Versuchspersonen auf, gewissen Slogans entweder zuzustimmen oder zu widersprechen. Eine Gruppe bekam die Slogans während eines gratis Mittagessen präsentiert, während die anderen Versuchspersonen die Aufgabe unter dem Einfluss unangenehmer Gerüche erledigen musste. Zu einem späteren Zeitpunkt wurden alle Versuchspersonen noch mal zu den Slogans befragt und es stellte sich heraus, dass die Slogans die mit dem positiven Stimulus (in diesem Fall das gratis Mittagessen) besetzt waren viel öfter Zustimmung fanden als die Statements, welche erstmal in Kombination mit unangenehmen Gerüchen präsentiert wurden. Dieser Versuch ist allerdings genauso so simple wie plump und deswegen nur eine Ausgangsbasis für spätere Versuche zu diesem Thema. Wie zum Beispiel die Versuche von Staats, Staats und Kollegen (1957, 1958, 1962) die unter weitaus kontrollierteren Bedingungen stattfanden. Sie zeigten Personen verschiedene Wörter (manchmal auch sinnlose Wörter) und besetzten sie mit Stimuli, die von anderen positiven Wörtern (positiver Stimuli) bis hin zu Elektroschocks (negative Stimuli) reichten. Erwartungsgemäß wurden die negativ besetzten Wörter schlechter bewertet als die positiven. Weiters deklarierten Staats und Staats, dass dieser Effekt unabhängig von dem Bewusstsein des Zusammenhangs zwischen UC und CS sei. Da es Psychologen gibt (Davey, 1993, Field, 2000) die einen subliminalen Effekt ohne bewusste Erkenntnis der Kontingenz zwischen gepaarten Stimuli anzweifeln, soll nun durch den Versuch von Krosnick gezeigt werden, dass ein Effekt auch mit einem unbewussten US erzielt werden kann (Zit. nach The new unconscious, 2005, S.89). Um diesen Sachverhalt noch einmal zu vereinfachen: Wenn ein unbewusst gesetzter US einen Effekt (bezogen auf Verhalten oder Einstellung) bewirken werden kann, wäre ein Bewusstsein der Kontingenz hinfällig, denn wie kann man sich der Kontingenz bewusst sein, wenn man sich nicht einmal dem US selbst bewusst ist. Krosnick (1992) setzte also einen US ein der gerade mal für 13 ms, dem Bewusstsein somit nicht zugänglich, gezeigt wurde, während Versuchspersonen Fotos von alltäglichen Aktivitäten einer Person sahen, die sie später bewerten mussten. Die Personen mit positiven Die_Macht_des_Subliminalen.doc 10/21 Einblendungen wurden generell positiver bewertet als Personen, unter deren Bilder ein negativer Stimulus gemischt war. Diese Ergebnisse wurden in einem 2.Experiment repliziert. Diese Versuche übertragen auf die Realität Auch wenn die Evidenz der unbewussten Beeinflussung nun belegt ist, wäre es ein vorschneller Schluss die Ergebnisse aus den Versuchen auch auf die Realität zu übertragen. Beeinflussung in der realen Welt unterscheidet sich durch zwei grundlegende Fakten, von der im Versuchsaufbau: 1. Produkte oder Personen (Stimuli) sind den Leuten bereits bekannt 2. Es haben sich bereits Meinungen über diese Stimuli ausgebildet Durch diese Unterschiede liegt der Gedanke nahe, dass Leute mit einer neutralen oder schwachen Einstellung leichter zu beeinflussen sind, als die mit starken und ausgeprägten Einstellungen. Ob sich dies als richtig erweist werden die folgenden Versuche belegen: • Ad 1.) Die Rolle der Bekanntheit Shimp, Stuart und Engle (1991; 1987) paarten bekannte und unbekannte Marken mit positiven und negativen Bildern und kamen zu dem Ergebnis, dass der Einfluss auf die unbekannten Marken größer war, allerdings auch eine Veränderung der Einstellung zu den bereits bekannten Marken erzielt werden konnte. Derselbe Effekt wurde von Cacioppo, MarshallGoodell, Tassinary und Petty 1992 nachgewiesen. Durch den Unterschied zwischen Veränderbarkeit bekannter und unbekannter Stimuli, ist es durchaus wahrscheinlich die Bekanntheit eines Stimulus als Moderatorvariable anzunehmen. • Häufigkeit der Paarung von US und CS Für jede Art der Konditionierung spielt die Häufigkeit der Paarung von UC und CS eine gewisse Rolle, so auch bei bewertender Konditionierung. Zum Beispiel wurde die BushKampagne 4000 Mal im amerikanischen Fernsehen ausgestrahlt (Berke, 2000, zit. nach The new unconscious, 2005, S.90). Um die Häufigkeit der Paarungen und ihren Einfluss genauer zu evaluieren verglichen Stuart und Kollegen (1987) verschiedene Frequenzen der StimuliPaarung (1, 3, 10 und 20). Es stellte sich heraus, dass höhere Frequenzen zwar zu einem größeren Effekt führten, dieser allerdings absolut gesehen eher schwach war. Zu ähnlichen Ergebnissen kamen auch Baeyens und Kollegen (1988, 1992), als sie dokumentieren konnten, dass bei bis zu 10 Paarungen ein größere Effekt nachgewiesen wurde, bei einem höheren Paarungswert sich jedoch eine fast umgekehrte Wirkung einstellte. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 11/21 • Extinktion Während bei klassischer Konditionierung eine Extinktion nach relativ kurzer Zeit eintritt, wurde bei evaluativer Konditonierung eine vergleichsweise lange Haltbarkeit der Einstellungsänderungen in Versuchen aufgezeigt. Zum Beispiel wiesen Baeyens und Kollegen 1988 in einem Experiment mit neutralen, beliebten und unbeliebten Gesichtern nach, dass sich die gebildeten Einstellungen zu den Gesichtern auch nach zwei Monaten noch nicht verändert hatten. Levey und Martin (1975) konnte sogar nach 18 Monaten noch kein Abklingen der Ergebnisse feststellen. Lassen all diese Erkenntnisse nun wirklich den Schluss zu; dass sich subliminale Stimulation auf unsere Einstellungen in jedem Fall auswirkt. Dies kann verneint werden, da unsere Einstellungen auf einer derartigen Vielfalt an Faktoren basieren, dass diese unwahrscheinlich alle in Betracht gezogen werden können. Jedoch gibt es Aussagen wie die von Cacioppo und Kollegen (1992), die sich trotz der unzähligen anderen Faktoren annehmen lässt. Die Psychologen postulierten, dass Einstellungen basiert auf evaluativer Konditionierung nur Wirkung auf wenig rationales und impulsives Verhalten und fast keine oder gar keine Wirkung auf überlegtes und intentionalisiertes Verhalten hätten (Cacioppo, 1992, zit. nach The new unconscious, 2005, S.91). Veränderung des Konsumentenverhaltens • Hunger und Durst Byrne war 1959 der Erste, der die Auswirkungen von unbewusster Stimulation auf subjektives Hungergefühl testete. Er flashte während eines Films genau 140 mal das Wort „beef“. Natürlich nur nachdem er sich vorher versichert hatte, das dieser Stimulus dem Bewusstsein nicht zugänglich war. Im Vergleich mit der Kontrollgruppe hatte dieser Effekt keine Wirkung auf die Präferenz von beef, aber eine erwartete Wirkung auf das subjektive Hungergefühl. Einige Jahre später replizierten Spence und Ehrenberg (1964) diese Ergebnisse: Nachdem sie während einer Wörterpräsentation das Wort „cheese“ subliminal erscheinen ließen, berichteten 24 von 35 Teilnehmern über angestiegenen Hunger. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 12/21 Hawkins (1970) ging noch einen Schritt weiter und flashte seine Versuchspersonen entweder mit dem Stimulus „coke“ oder mit „drink coke“. Das subjektive Durstgefühl war bei beiden Prime-Gruppen höher als bei einer Kontrollgruppe. Der Unterschied zwischen den zwei Wort-Konditionen war jedoch nicht signifikant. • Trinken und Essen Da sich die vorhergehenden Versuche nur auf Hunger und Durstraten bezogen, war man weiters daran interessiert eigentliches Verhalten also essen und trinken zu provozieren. Da sich gezeigt hat, dass die Aktivierung des Stereotypes Professors zum Beispiel zu Verhaltensrepräsentationen wie „konzentrieren“ oder „nachdenken“ führt, war naheliegend, dass dies auch auf Trink und Essverhalten übertragen werden konnte (zit. nach The new unconscious, 2005, S.94). Dijksterhuis, Wegner und Aarts (2001) testeten diese Idee indem sie ihren Versuchspersonen subliminal die Wörter „drink“ und „Cola“ zukommen ließen und ihnen nach einiger Zeit Getränke anboten um dann die genauen Angaben der getrunkenen Menge verwenden zu können. Beide Gruppen tranken maßgeblich mehr als die Kontrollgruppe, welche mit einer 4-Buchstaben Kombination geflasht wurde. Zu denselben Ergebnissen kamen auch Strahan, Spencer und Zanna (2002), die ihre Versuchspersonen mit Durst-assoziierten Wörtern beeinflussten. Wieder kamen sie zu dem Ergebnis, dass die getrunkene Menge an Flüssigkeit in den Prime-Gruppen immer höher war als in der Kontrollgruppe. • Wahl Die Frage ob subliminale Stimulation unsere Wahl direkt beeinflusst ist nicht nur für die Forscher von Interesse, sondern wird vor allem in der Werbebranche immer wieder diskutiert. Trappey (1996) recherchierte und fand neun namhafte Reviews von denen fünf postulierten, subliminale Stimulation hätte Einfluss auf die Wahl. Die anderen vier verneinten diesen Effekt. Basierend auf seinem eigenen metanalytischen Review kam Trappey zu dem Ergebnis, dass subliminale Nachrichten einen Effekt auf die Auswahl eines Produktes haben. Allerdings schien er diesem Effekt nicht wirklich viel Bedeutung bei zu messen, da er ihn mit dem Effekt von Aspirin auf Herzattacken verglich. Psychologisch gesehen ist der gefundene Effekt von r =.06 sehr klein, umgelegt auf die Die_Macht_des_Subliminalen.doc 13/21 Werbebranche allerdings könnte man zumindest in der Theorie von einem Gewinn von Millionen ausgehen. Strahan und Kollegen (2002) fanden zusätzlich heraus, dass der subliminale Einfluss größer ist, wenn ein relevantes Bedürfnis besteht. Sie luden bereits durstige Versuchspersonen ins Labor, primten einige von ihnen nochmal mit Durst-assoziierten Wörter und boten dann allen Versuchspersonen zwei verschiedene Getränke an. Eines der beiden Getränke war sehr für seine durstlöschende Wirkung bekannt, während über das andere Produkt nicht viel Information vorhanden war. Die Versuchspersonen die mit den Durst-Wörtern geprimed worden waren, hatten eine starke Tendenz zu dem durstlöschenden Getränk, während es bei der anderen Gruppe keinerlei Bevorzugung gab. Werbung mit subliminalen Effekt kann also, wenn ein echtes Bedürfnis schon vorhanden ist, überzeugender sein, als unter neutralen Bedingungen. Exkurs: Der unbewusste Konsument Da bisher viel von Versuchen die Rede war, dürfte ein kleiner Exkurs in einen alltäglicheren Bereich des Lebens und die dortige Beeinflussung durch unbewusste Faktoren von Interesse sein. In weiterer Folge soll auch auf ein interessantes Modell der unbewussten Imitation eingegangen werden. Das Beispiel des Einkaufens-Gehens, ist jedem ein Begriff: Man verbringt gute 20 Minuten im Supermarkt, endet mit einem vollem Einkaufswagen und könnte einem Psychologen an der Kassa nie genau erklären warum man jedes einzelne Produkt in diesem Wagen gekauft hat. Natürlich gibt es einige Produkte, die sich leicht erklären lassen, besonders wenn es sich um ein offensichtliches Bedürfnis handelt, welches gedeckt werden abgedeckt werden muss, wie fehlendes Toilettenpapier. Traditionell wird Konsumentenverhalten durch den Bereich der kognitiven Psychologie erklärt. Den Kaufentscheidungen stehen mehr oder weniger bewusste Informationsverarbeitungen voran (Chaiken, 1980; Petty, Cacioppo &Schumann, 1983), welche diese auf unterschiedlichem Weg beeinflussen. Die Anzahl sowie die Art der Informationen, die verarbeitet wird ist, wiederum von einigen Faktoren abhängig. Einstellungen können sowohl auf kognitiven Faktoren (z.B. die Nützlichkeit eines Produktes) als auch auf Affekten basieren (z.B. das Produkt hat einen symbolischen Wert). Ausgehend von dieser Aussage ist es unabdingbar zu vermuten, dass vor jeder Entscheidung bewusst Information verarbeitet wird. Dieser Ansatz birgt leider auch Gefahren, da er sich auf das Die_Macht_des_Subliminalen.doc 14/21 Intrapersonale und das Bewusste im Menschen bezieht, welches bei einer Entscheidung alle Pros und Contras überarbeitet, diese abwägt und dann erst die Entscheidung fällt. Es gibt keinen Zweifel, dass Menschen diesen Vorgang oft ausführen, aber für unser spezielles Thema ist der Ausgangspunkt, dass sie s oft eben nicht tun. Click-Zoom Reaktion Wenn ein Produkt mit der Phrase „Nur Heute“ verbunden wird, werden Konsumenten es häufiger kaufen, da der Effekt des Seltenen uns direkt zu dem nächsten Gedanken leitet; „Alles was selten ist, ist gut“. Diese Reaktionen werden als Click-Zoom Reaktionen bezeichnet und kommen auch bei anderen Eigenschaften, die mit Produkten in Verbindung gebracht werden, wie zum Beispiel Konsistenz und sozial-bewiesen zum Tragen. Diese Reaktionen führen uns wieder zum Einkauf-Beispiel zurück: Der Grund warum viele der getroffenen Produktentscheidungen sozusagen introspektiv leer sind, ist der, dass entweder nur minimale oder gar keine Informationsverarbeitung stattfand. Jetzt stellt sich die Frage welche anderen Faktoren dann dieses unbewusste Kaufverhalten beeinflussen. • Einige unserer Einkäufe sind streng habituelle Prozesse, somit aktiviert die Wahrnehmung eines Produktes bereits existierende Einstellungen und die Kaufentscheidung ist beinahe automatisch. Ein solcher automatischer Prozess ist zum Beispiel der Kauf der Lieblingsfrucht. • Manchmal findet unsere Auswahl auch ganz ohne jegliche Informationsverarbeitung statt. Hierbei handelt es sich um Impuls-Käufe die meist von unbewussten cues der Umwelt beeinflusst werden (ein Beispiel wäre das vorhin angesprochene Phänomen der Seltenheit). North, Hargreaves & McKendrick (1997) konnten zeigen, dass französische Musik die im Laden gespielt wurde, den Verkauf von französischem Wein merklich ansteigen ließ. Speziell zu diesem unbewussten Kaufverhalten gibt es zwei wichtige Erklärungsansätze auf die in Folge näher eingegangen wird. Erklärungsansätze der unbewussten Kaufentscheidung: 1. Verbindung zwischen Wahrnehmung und Verhalten Die_Macht_des_Subliminalen.doc 15/21 Diese Annahme geht davon aus, dass die mental Präsentation von Wahrnehmung mit der mentalen Präsentation des Verhaltens in Verbindung steht. Untermauert wird dieser Gedanke vor allem von der Tatsache, dass wir oft einfach tun, was wir sehen. Dijksterhuis postulierte 2005 zwei verschiedene Pfade dieser Verlinkung um die Komplexität des Einflusses zu differenzieren. Er stellt die „Low Road to Imitation“, welche sich auf simples beobachtbares Verhalten fokussiert der „High Road to Imitation“ die sich auf nachahmende Effekte, basierend auf Konstrukten wie Zielen oder Stereotypen konzentriert, gegenüber. .) Ad Low Road to Imitation: Diese banale Imitation ist eine Fähigkeit mit der wir Menschen geboren sind. Biologisch ist diese Fähigkeit auf die Spiegelneuronen zurück zu führen und veranlasst so auch schon Neugeborene nach zu ahmen. Der Sitz der Spiegelneuronen kann durch den PET und den funtkionellen MRI veranschaulicht werden. Bei Affen wurde er im prämotorischen Kortex entdeckt, während bei Menschen auch im Broca Areal auf die Existenz von Spiegelneuronen hingewiesen wird. Quelle: http://content.answers.com/main/content/wp/en/thumb/6/61/280px-Mirror_neuron.jpg 08.11.07 16:44 Die Nachahmung durch Spiegelneuronen bezieht sich auf Gesichtsausdrücke, Gestiken, Haltungen und sprachliche Ausdrücke. Johnston (2002) konnte sogar eine Evidenz der Auswirkung von Imitation auf Konsumentenverhalten aufzeigen. Er ließ Versuchspersonen Eiscreme Probe essen, jedoch immer in Gesellschaft einer eingeweihten zweiten „Versuchsperson“, die je nach Anweisung mehr oder weniger Eiscreme zu sich nahm. Die echten Versuchspersonen nahmen immer und aßen immer ähnlich viel wie die eingeweihte Person, also bei großen Eismengen des Verbündeten hörten auch die Versuchspersonen nicht auf das Eis zu „kosten“. Ein relativ neues Experiment, welches schon viel Aufsehen erlangte, führten Van Baaren, Holand, Steenart und Van Knippenberg 2003 durch. Sie instruierten eine Gruppe der Kellnerinnen in einem Restaurant immer die Wünsche und Bestellungen der Kunden laut zu wiederholen, während die andere Gruppe dies vermeiden sollte. Die Kontrollgruppe sollte die Sätze immer in einem neuen Wortlaut wiedergeben. Am Ende des Abends wurden die Die_Macht_des_Subliminalen.doc 16/21 Trinkgelder der beiden Kellnerinnen-Gruppen untereinander und mit der Basisrate verglichen. Erwartungsgemäß erhielt die Nachahmungsgruppe mehr Trinkgeld als unter ganz normalen Bedingungen. Das Trinkgeld der Nachahmungs-Vermeidungs-Gruppe verringerte sich verglichen mit der Basisrate. .) Ad High Road to Imitation: Dieser Erklärungsansatz ist uns besser bekannt unter dem Schlagwort Priming, zu welchem es vor allem in der Sozialpsychologie unzählige Experimente gibt. Die Aktivierung eines Konstrukts löst damit assoziiertes Verhalten aus. Das wohl bekannteste Experiment zu diesem Priming Thema stammt von Bargh und Kollegen (1996). Versuchspersonen wurden hierbei mit dem Stimulus des Alters geprimed und gingen nach dem Experiment langsamer zu einem Lift. Aber es gibt auch noch weitere interessanter Versuche zu diesem Thema wie der von Macrae und Johnston (1998). Während eine Gruppe von Probanden mit dem trait Hilfsbereitschaft geprimed wurde, diente die andere lediglich als Kontrollgruppe. Nachdem der Experimentleiter das vorgegebene Experiment beendete, ließ er einige seiner Sachen „unabsichtlich“ zu Boden fallen. Es ist nicht weiter überraschend, dass weit mehr geprimed Versuchspersonen ihm dabei halfen die Dinge wieder einzusammeln. 2. Automatische Zielverfolgung (automatic goal pursuit) Chartrand und Bargh (1996) waren die ersten die, dieses Gebiet weitgehend untersuchten. Sie nahmen die Ergebnisse von Hamilton, Katz und Leirer (1980) zur Hilfe, welche besagten, dass Versuchspersonen Informationen anders verarbeiteten abhängig ob sie, Impressionen über Personen sammeln oder sich Information über jeweilige Personen nur merken sollten. Ironischerweise erinnerten sie die Versuchspersonen besser wenn sie sich eine Meinung bilden sollten, als wenn sie sich die Informationen nur merken sollten. Chartrand und Bargh (1996) replizierten diese Ergebnisse mit einem wichtigen prozeduralen Unterschied. Sie teilten ihren Versuchspersonen nicht explizit mit sich eine Meinung zu bilden, sondern gaben ihnen diesen Befehl subliminal. Trotzdem erhielten sie exakt dieselben Ergebnisse. Bargh und Kollegen (2001) erweiterten diese Versuche und verwendeten auch soziale Ziele. Sie zeigten, dass Ziele ohne die bewusste Kenntnis erreicht und verfolgt werden konnten. Außerdem kamen sie zu dem Schluss, dass sich die unbewusste Zielsetzung auch durch Charakteristiken der bewussten Zielsetzung auszeichnete. Zum Beispiel zeigten Personen, denen das Erreichen des Zieles temporär verwehrt war, ansteigende Motivation, auch wenn die Zielsetzung nur unbewusst erfolgte. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 17/21 Hinzu kommt, dass auch das soziale Umfeld unbewusste Ziele aktivieren kann, zum Beispiel durch wichtige soziale Personen. Personen assoziieren Ziele mit spezifischen anderen Personen und diese allein können ausreichen um automatisch ein unbewusstes Ziel zu aktivieren. Fitszsimons & Bargh (2003) zeigten, dass Versuchspersonen die mit ihrem Vater oder ihrer Mutter geprimed wurden, sich mehr Mühe gaben eine spezielle Aufgabe zu lösen. Andere Ziele können unser Verhalten direkt beeinflussen, da sie mit einer spezifischen Umwelt in Verbindung stehen. So wird zum Beispiel bei der Stimulus Bibliothek das dazugehörende Verhaltensschema aktiv. In diesem Fall wäre es; sehr leise zu sein. Die Zusammenfassung dieser Ergebnisse besagt, dass auch zielgerichtetes Verhalten manchmal ohne die Teilnahme von Bewusstsein erfolgt und, dass Ziele unbewusst von einer Vielzahl von cues in der Umwelt aktiviert werden können. Verbesserung der Gesundheit Selbsthilfe-Kassetten erreichten um 1980 derartige Beliebtheit in den USA, dass Forscher die Wirkung in mehreren Versuchen testeten. Diese Kassetten versprachen mit Hilfe von subliminalen Nachrichten einen Effekt auf Wohlbefinden, Selbstbewusstsein oder Gesundheit zu haben. Greenwald, Spangenberg, Pratkanis und Eskenazi (1991) untersuchten zwei Kasetten. Eine designed um das Selbstbewusstsein, die andere um die Gedächtnisleistung zu verbessern. Um einem latenten Placebo-Effekt vorzubeugen, vertauschten die Forscher einige der Labels auf den Kassetten bevor sich ihren Versuchspersonen diese für ein Monat anhören mussten. Das Ergebnis war eindeutig: Es gab keinerlei Effekt, außer dem erwartenden Placebo-Effekt (in manchen Fällen). Soll das nun heißen, dass subliminale Nachrichten nicht zum Zwecke der Selbsthilfe eingesetzt werden können? Nur bedingt, denn die getesteten Instrumente waren in diesem Fall ja nur auditorisch. Ein Erklärungsansatz wäre, dass die kognitive Verarbeitung bei auditorischen Reizen in einem vie kleineren Ausmaß stattfindet, als bei visuellen Reizen. Mayer und Merkelbach (1999) und Theus (1994) wiesen auch auf die Kapazität der visuellen Verarbeitung hin, die weit über der auditorischen liegt. Das Problem der Single-Wort Präsentation Bei visueller Präsentation ergibt sich allerdings eine andere Schwierigkeit. Sätze, mehrer Wörter oder gar Befehle unbewusst zu präsentieren ist eine heikle Angelegenheit. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 18/21 Da wir in die genaue Verarbeitung des Unbewussten keine Einsicht nehmen können erscheint es unmöglich vorherzusagen, welche Teile eines Satzes das Unbewusste verarbeitet und auf welche Weise. Um dies an einem konkreten Beispiel zu veranschaulichen: Würde jetzt der Satz „Iss keine Eiscreme“ subliminal präsentiert werden, könnte man auch annehmen, dass nur der Teil „Iss Eiscreme“ ins Unbewusste übergeht. Also bleibt hier anscheinend nur die Möglichkeit der Single-Wort Präsentation. Dijksterhuis setzte genau diese für sein Experiment 2001 ein. Da es schon oft bewiesen wurde, dass entspannende Stimuli zu einer körperlich entspannenden Reaktion führen konnte wie zum Beispiel Verlangsamung der Atmung (Jones & Johnson, 1980) waren auch Dijksterhuis Stimuli; die Wörter „rest“ und „relax“ auf Entspannung abgezielt. Er präsentierte seinen Versuchspersonen diese Stimuli in einer von drei Perioden auf einem Computerscreen. In der Relax-Periode war die Herzrate signifikant niedriger als in den anderen Perioden. Subliminale Stimulation ist also in der Lage kardiovaskuläre Aktivität zu beeinflussen. Ähnliche Ergebnisse konnte auch Hull, Slone und Matthews (2001) vorweisen. Die Psychologen erforschten die Wirkung der subliminalen Wörter „angry“ und „relax“. Drei gute Gründe sich mit subliminaler Forschung zu beschäftigen 1. In diesem Bereich steckt enormes Potenzial hinsichtlich allgemeiner Nützlichkeit. Alleine die Wirkung auf die kardiovaskuläre Aktivität lässt auf ein großes Spektrum an Möglichkeiten im physischen Bereich schließen. 2. Ein weiterer Grund ist quasi eine Schutzmaßnahme. Wie in den vielen vorhergegangenen Versuchen bewiesen wurde, ist möglich unsere Einstellungen so verändern, dass wir uns selbst über diesen Prozess nicht im Klaren sind. Durch Information und Aufklärung auf diesem Gebiet kann dem Missbrauch subliminaler Beeinflussung vorgebeugt werden. 3. Der dritte Grund ist rein wissenschaftlich. Denn jeglicher Bereich der noch genügend Fragestellungen und erst wenige publizierte Studien aufweist, dürfte für die Psychologie von Interesse sein. Gründe einen Forschungsbereich abzulehnen wären normalerweise; • Man weiß alles, was man wissen wollte. • Man vermutet die Forschung führt zu keinem Ergebnis. • Der Bereich ist einfach nicht interessant genug. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 19/21 Keiner dieser Gründe trifft auf den subliminalen Bereich zu, doch durch den unglücklichen Zwischenfall mit James Vicary wurde die subliminale Forschung in ein falsches Licht gerückt. Einen Bereich mit so viel Potenzial unerforscht zu lassen, wäre jedoch nicht nur eine Verschwendung sondern auch höchst unwissenschaftlich. Zusammenfassung: Der Auszug aus dem Buch zeigt die Geschichte der psychologischen Forschung auf dem Gebiet der subliminalen Wahrnehmung auf, fasst den aktuellen Stand der experimentellen Forschung in diesem Bereich zusammen und ist ein klares Plädoyer für die weitere Erforschung des Phänomens subliminale Wahrnehmung. Viele der angeführten Studien zeigen deutlich auf, dass es unbewusste Wahrnehmung gibt bzw. dass unbewusste Wahrnehmungsprozesse passieren ohne das das Subjekt den Reiz bewusst aufnimmt. Subliminale Wahrnehmung hat weit reichende psychologische Konsequenzen wie zum Beispiel ihren Einfluss auf unser Verhalten und auf die Beurteilung anderer, welches in mehreren Versuchen veranschaulicht wird. Im Detail wird erklärt welche Faktoren die Größe und das Ausmaß des Effekts bestimmen und wie diese reguliert werden können. Besondere Aufmerksamkeit verdient der letzte Teil des Artikels, da er sich mit dem Einfluss der subliminalen Stimulation auf das körperliche Wohlbefinden beschäftigt. Der ergänzend zum zweiten Teil des Buchkapitels gewählte Artikel handelt vorwiegend von der Differenzierung der unbewussten Prozesse die auf das Verhalten eines Konsumenten wirken. Die einfache Frage warum spezielle Produkte im Einkaufswagen landen wird mit zwei verschiedenen Ansätzen erklärt. Auch die Rolle der Imitation und wie sie unbewusst beeinflusst wird erläutert. Die_Macht_des_Subliminalen.doc 20/21 . Literaturverzeichnis: Dijksterhuis, A., Aarts, H., & Smith, P. K. (2005). The power of the subliminal: On subliminal persuasion and other potential applications. In R. R. Hassin, J. S. Uleman, & J. A. Bargh (eds), The new unconscious (pp. 77-106). Oxford: Oxford University Press. Dijksterhuis, A., Smith, P. K., Van Baaren, R. B., & Wigboldus, D. H. J. (2005). The unconscious consumer: Effects of environment on consumer behavior. Journal of Consumer Psychology, 15, 193-202. P. M. Merikle, http://watarts.uwaterloo.ca/~pmerikle/papers/SubliminalPerception.html from A. E. Kazdin (Ed.), Encyclopedia of Psychology (Vol. 7, pp. 497-499). New York: Oxford University Press, 2000 Die_Macht_des_Subliminalen.doc 21/21