Mukosales Immunsystem im Darm Immunologische Grundlagen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen und der HIV-induzierten Enteropathie von Rainer Duchmann, Jörg Hoffmann, Thomas Marth, Thomas Schneider, Andreas Stallmach und Martin Zeitz Das Wissen um die Besonderheiten des Immunsystems der Darmschleimhaut ist erst wenige Jahrzehnte alt. In der Zwischenzeit haben intensive Forschungsbemühungen ein komplexes Bild der Strukturen und Aufgaben des intestinalen Immunsystems, seiner Interaktionen mit dem Darmepithel, der umgebenden Gewebematrix und den anderen immunologischen Kompartimenten des Körpers, entstehen lassen. Dies hat nicht nur die Mukosale Immunologie als eigenes Feld begründet, sondern auch entscheidend zum besseren Verständnis chronisch entzündlicher Darmerkrankungen und anderer Erkrankungen beigetragen. Im vorliegenden Beitrag werden einige Grundlagen des intestinalen Immunsystems und der chronisch entzündlichen Darmerkrankungen dargestellt. Diese werden durch aktuelle Beiträge zu ausgewählten Themen (Bedeutung von intestinalen T-Zellen, Adhäsionsmolekülen, oraler Toleranz, extrazellulärer Matrix, und der HIV-bzw. SIV-Infektion) ergänzt. 6) Del Rizzo DF, Fremes SE, Christakis GT et al. (1996) The current status of myocardial revascularization: Changing trends and risk factors. J Card Surg 11:18-29. 7) Dewar LRS, Jamieson E, Janusz MT et al. (1995) Unilateral versus bilateral internal mammary revascularization. Circulation 92(suppl II):II8-13 8) Fiore AC, Naunheim KS, Dean P et al. (1990) Results of internal thoracic artery grafting over 15 years: single versus double grafts. Ann Thorac Surg 49:202-209. 9) Kalmar P, Irrgang E (1998) Cardiac surgery in Germany during 1) Acar C, Jebara VA, Porthoghese M et al. (1992) Revival of the radial artery for coronary artery bypass grafting. Ann Thorac Surg 54:652660. 2) Bergsma TM, Grandjean JG, Voors AA et al. (1998) Low recurrence of angina pectoris after coronary artery bypass surgery with bilateral internal thoracic and right gastroepiploic arteries. Circulation 97:2402-2405. 3) Bical O, Braunberger E, Fischer M et al. (1996) Bilateral skeletonized mammary artery grafting: experience with 560 consecutive patients. Eur J Cardio-thorac Surg 10:971976. 4) Buxton B, Fuller J, Gaer J et al. (1996) The radial artery as a bypass graft. Curr Opini Card 11:591-598. 5) Cameron A, Kemp HG, Green GE (1986) Bypass surgery with the internal mammary artery graft: 15 year follow-up. Circulation 74 (suppl III) III-30-36. magazin forschung 1/1999 Abb. 1: Die epitheliale Barriere trennt die Immunzellen in der Lamina propria von den im Darmlumen befindlichen Antigenen. Schleimhautverletzungen, primäre Störungen der Epithelzellen, Störungen der aus Muzinen gebildeten Schleimschicht und weiterer Schutzfaktoren, die zum Beispiel für die Restitution von Epithelläsionen wichtig sind, können zu einem unphysiologischen Einstrom von Antigenen in die Darmwand führen und somit eine Entzündung auslösen oder verstärken. 47 Abb. 2: Besondere Strukturen des intestinalen Immunsystems. Zur Induktion einer Immunantwort werden luminale Antigene über spezialisierte (M) Zellen mit Hilfe eines endozytotischen Prozeßes transepithelial aufgenommen. Durch die Lage des spezialisierten Epithels direkt über den Peyer´schen Plaques erfolgt anschließend der erste Kontakt mit spezialisierten regulatorischen T-Zellen und antigenpräsentierenden Zellen und die Induktion einer mukosalen, auf die Produktion von IgA und Immunneutralisation spezialisierten humoralen Immunantwort. Ein Teil der aktivierten Lymphozyten tritt dann über die mesenterialen Lymphknoten in die Zirkulation ein und kann von dort selektiv durch Bindung an mukosale Adressine in die Lamina propria des Darmes und andere mukosale Gewebe rezirkulieren. T Lymphozyten der Lamina propria sind präaktivierte Zellen, die wichtige regulatorische und effektorische Funktionen wahrnehmen. Intraepitheliale Lymphozyten sind in der Mehrzahl CD8+ T-Zellen mit stark eingeschränktem T-Zellrezeptor Repertoire. Es wird angenommen, daß intraepitheliale Lymphozyten bei der Erstverteidigung gegen luminale Antigene beteiligt sind. 1997. Thorac Cardiovasc Surg 46:307-310. der normalen Darmflora erfordern jeweils sehr differenzierte, vom Charakter jedoch gleichzeitig sehr unterschiedliche Immunantworten. Das Immunsystem im Darm unterscheidet daher unter physiologischen Bedingungen mit hoher Selektivität pathogene Substanzen von apathogenen Substanzen. Dies führt dazu, dass z.B. pathogene Keime durch Produktion spezifischer Antikörper und zellulär vermittelte Entzündungsreaktionen rasch eliminiert werden können, systemische Immunreaktionen auf Nahrungsmittelantigene und Antigene der physiologischen Darmflora dagegen unterdrückt werden. Diese unterschiedlichen Funktionen wirkungsvoll wahrzunehmen und sinnvoll zu regulieren wird allgemein als die zentrale Aufgabe des intestinalen Immunsystems angesehen. Hierfür besitzt der Gastrointestinaltrakt sowohl angeborene antigenunspezifische Abwehrsysteme als auch Abwehrsysteme, die durch antigenspezifische Reaktionen, die sogenannte erworbene Abwehr, vermittelt werden. Die epitheliale Barriere te Reiz durch eine Vielzahl harm- Eine der wesentlichen Aufgaben 10) Loop FD, Lytle BW, Cosgrove DM et al. loser Antigene der Nahrung und (1986) Influence of the internal mammary artery graft on 10-year survival and other cardiac events. Prof. Dr. Martin Zeitz, geb. 1950, studierte Medizin von 1969- 1975 an der Freien N Engl J Med 314:1-6. Universität Berlin. 1976-1977 Promotionsstipendium der Graduiertenförderung der FU 11) Tector AJ, Amundsen S, Schmahl TM et al. (1994) Total revascularization with T-Grafts. Ann Thorac Surg 57:33-39. 12) Wendler O, Tscholl D, Huang Q et al. (1999) Free flow capacity of skeletonized versus pedicled internal thoracic artery grafts in CABG. Eur J Cardio Thorac Surg in press Das intestinale Immunsystem Das jederzeit mögliche Eintreten pathogener oder toxischer Substanzen in das Darmlumen und der gleichzeitig erfolgende permanen48 Berlin, 1977 Approbation als Arzt und Promotion zum Dr. med. 1977-1979 Wissenschaftlicher Assistent am Institut für Pharmakologie der FU Berlin. 1979-1985 Facharztausbildung und wissenschaftliche Tätigkeit in der Medizinischen Klinik und Poliklinik, Abteilung für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie; 1986 Facharztanerkennung für Innere Medizin. Von 1985-1987 Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft in der Mucosal Immunity Section, National Institutes of Health, Bethesda, USA. 1987 Oberarzt in der Abteilung für Innere Medizin mit Schwerpunkt Gastroenterologie am Klinikum Benjamin Franklin der FU Berlin, 1989 Habilitation, 1993 Ernennung zum außerplanmäßigen Professor an der FU Berlin. 1994 Rufannahme einer Universitätsprofessur und als Direktor der Inneren Medizin II, Medizinische Klinik, Universitätskliniken des Saarlandes in Homburg/Saar. Arbeitsschwerpunkte: Untersuchungen zu dem Komplex der Zelldifferenzierung und Wachstumsregulation im Gastrointestinaltrakt, schwerpunktmäßig immunologische Studien zu den Besonderheiten der Immunregulation im intestinalen Immunsystem. Zentrale Projekte zur Frage einer gewebespezifischen Differenzierung von T-Lymphozyten im Darm und ihrer Störung bei entzündlichen Erkrankungen des Magen-/Darmtraktes (z.B. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa). Bedeutung des Intestinaltraktes in der Pathogenese der HIV-Infektion beim Menschen bzw. SIV-Infektion bei nicht-menschlichen Primaten. Zytokinregulation mukosaler Immunantworten und Interventionsstrategien bei entzündlichen Darmerkrankungen. Universität des Saarlandes Abb. 3: Besondere Funktionen des intestinalen Immunsystems a) (links) Immune exclusion: Funktion und epithelialer Transport von mucosalem IgA. Plasma Zellen in der Lamina propria produzieren dimere IgA Antikörper (dIgA). Diese Antikörper binden an der basolateralen Zellmembran der Epithelzellen an den dort exprimierten polymeren Immunoglobulin Rezeptor (pIgR) und werden transepithelial zur luminalen Seite der Epithelzelle transportiert. Hier wird der externe, an das IgA bindende Teil des IgR (secretory component, SC) proteolytisch abgespalten. Das sekretorische IgA (dimeres IgA und SC) wird in das Lumen freigesetzt. Eine Bindung und Neutralisierung von (meist mikrobiellen) Antigenen durch das IgA, das im Vergleich zu IgG und IgM nur schwache entzündliche Effektorfunktionen besitzt, kann sowohl in der Lamina propria, in der Epithelzelle als auch luminal erfolgen. b) (rechts) Immunität und Toleranz: Regulation antigenspezifischer T-Zellantworten Das zelluläre Immunsystem muss eine effektive Immunantwort gegen schädliche Antigene (Immunität) aufbauen und gleichzeitig durch Immuntoleranz gegen harmlose Antigene (Nahrungsmittel, normale Darmflora) schädliche Entzündungsreaktionen vermeiden. Immunität: Kontakt mit einem pathogenen Bakterium kann zur Produktion von IL12 und zur Differenzierung von TH1 Zellen führen. Das von TH1 Zellen produzierte IFNgg ist ein bei antibakteriellen Immunanworten wichtiger Mediator und aktiviert mikrobizide Effektorfunktionen von Makrophagen. Toleranz: Kontakt mit einem harmlosen Antigen kann zur funktionellen Inaktivierung (Anergie), zum Tod des T-Lymphozyten (Apoptose) oder zur Differenzierung in regulatorische T-Lymphozyten führen, die suppressorische Zytokine (IL-4, IL10, TGF-ß) produzieren. der Epithelzellen im Darm und der damit assoziierten Schutzfaktoren besteht darin, den Einstrom von im Darmlumen befindlichen Substanzen und Antigenen in den Körper zu regeln und zu begrenzen (Abb. 1). Dies ist funktionell und quantitativ von großer Bedeutung, stellt doch die epitheliale Barriere im Darm mit 200m2 die größte Oberfläche des Menschen dar. Schleimhautschädigungen (durch Einnahme von nichtsteroidalen Antirheumatika, Entzündungen) können hierbei ebenso wie primäre Störungen der Epithelzellen, der aus verschiedenen Muzinen gebildeten Schleimschicht und weiterer Schutzfaktoren zu einem unphysiologischen Einstrom von Antigenen in die Darmwand führen und eine Entzündung auslösen oder verstärken. Entzündliche Prozesse werden hierbei durch den engen Kontakt zwi- magazin forschung 1/1999 schen Epithelschicht und den Immunzellen des darmassoziierten lymphatischen Gewebes, das wiederum das größte Immunorgan des Menschen darstellt, begünstigt. Besondere Strukturen des intestinalen Immunsystems Um die zahlreichen und teilweise widerstreitenden Aufgaben zu erfüllen, haben sich im Darm spezialisierte Kompartimente mit einzigartigen immunologischen und immunregulatorischen Charakteristika entwickelt (Abb. 2). Allgemein lassen sich die Peyer´schen Plaques, die mesenterialen Lymphknoten, der Appendix und die direkt unter dem Epithel gelegenen lymphatischen Follikel als organisierte lymphatische Gewebe und die flächig ausgebreiteten lymphatische Infil- trationen in der Lamina propria sowie die zwischen den epithelialen Zellen gelegenen intraepithelialen Lymphozyten (IEL) unterscheiden. Zu Beginn einer normalen Immunantwort werden luminale Antigene über spezialisierte (M) Zellen mit Hilfe eines endozytotischen Prozesses transepithelial aufgenommen. Durch die Lage des spezialisierten Epithels direkt über den Peyer schen Plaques erfolgt anschließend der erste Kontakt mit spezialisierten regulatorischen T-Zellen und antigenpräsentierenden Zellen und die Einleitung einer mukosalen, auf die Produktion von IgA und Immunneutralisation spezialisierten humoralen Immunantwort1). Ein Teil der aktivierten Lymphozyten tritt dann über die mesenterialen Lymphknoten in die Zirkulation ein und kann von dort selektiv durch 49 Bindung an mukosale Adressine2),3) in die Lamina propria des Darmes und andere mukosale Gewebe rezirkulieren. Zahlreiche Studien an Lymphozyten der Lamina propria (LPL) und an IEL zeigen, dass sich beide Zellpopulationen sowohl durch ihre unterschiedliche Lokalisation als auch durch zahlreiche phänotypische und funktionelle Charakteristika unterscheiden 4). LPL ähneln in der phänotypischen Verteilung den Lymphozyten des peripheren Blutes. T Lymphozyten der Lamina propria (LP-T) sind in der überwiegenden Mehrzahl präaktivierte Zellen, die wichtige regulatorische und effektorische Funktionen wahrnehmen4) - 6) . Ihr besonderer Differenzierungszustand ist gekennzeichnet durch die Expression eines distinkten Musters an Oberflächenmolekülen, die für die T-Zellaktivierung und Funktion von Bedeutung sind, einen höheren Grad der Aktivierung im Vergleich zu zirkulierenden T-Zellen, eine unter definierten Bedingungen geringere Stimulierbarkeit über den TZellrezeptor und eine vermehrte Fähigkeit, Zytokine zu synthetisieren und zu sezernieren. Intraepitheliale Lymphozyten unterscheiden sich dagegen bezüglich ihrer phänotypischen Zusammensetzung deutlich von den Lymphozyten des peripheren Blutes. So sind IEL in der Mehrzahl CD8+ TZellen und exprimieren nahezu alle das aEß7-Integrin (HML-1). Auch die Variabilität der auf der Zelloberfläche von IEL exprimierten antigenspezifischen T-Zellrezeptoren ist im Gegensatz zu Lymphozyten des peripheren Blutes oder LymAbb. 4: Klinisch-histologische Besonderheiten bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa der ina) (links) M. Crohn - oben: Granulom bei Morbus Crohn im Gewebeschnitt, Mitte: längliches phozyten Ulcus im Colon bei normaler Umgebungsschleimhaut im endoskopischen Bild, unten: ausge- testinalen Lamin proprägte Veränderungen mit Verdickung der gesamten Darmwand, Stenosen und prästenoti- pria stark limitiert7). schen Dilatationen in einem Colonresektat. b) (rechts) Colitis ulcerosa - oben: Kryptenabszeß bei Colitis ulcerosa im Gewebeschnitt, Dies deutet darauf hin, Mitte: kontinuierliche hämorrhagische Entzündung der Darmschleimhaut im endoskopischen dass IEL nur ein eingeBild, unten: ausgeprägte hämorrhagische und schleimhautbegrenzte Entzündung in einem schränktes Spektrum Colonresektat von Antigenen erkennen. Die Herkunft und Funktion intraepithelialer T Lymphozyten beim Menschen ist noch nicht ausreichend geklärt. Es wird angenommen, dass die intraepithelialen T Lymphozyten bei der Erstverteidigung gegen luminale Antigene beteiligt sind und eng mit Epithelzellen interagieren. Besondere Funktionen des intestinalen Immunsystems Mit der Darmschleimhaut in Kontakt tretende Pathogene oder andere für den Körper schädliche Substanzen erfordern eine effiziente Immunantwort mit dem Ziel der Neutralisation oder Elimination des schädlichen Agens. Um destruierende Effekte 50 Universität des Saarlandes auf körpereigene Gewebe hierbei zu vermeiden oder zu minimieren, hat sich das B-Zellsystem im Darm auf einzigartige Weise an die Notwendigkeit angepasst, eine protektive Immunantwort ohne ausgeprägte Entzündungsreaktion auszubilden (Abb. 3a). Dies ist möglich durch die vorwiegende Produktion neutralisierender und in der Regel nicht entzündungsvermittelnder Antikörper vom Typ IgA (immune exclusion), die durch ein ausgeklügeltes System von der Lamina propria durch die Epithelzelle in das Darmlumen transportiert werden. Makrophagen, Neutrophile und Lymphozyten, von denen zahlreiche im Verlauf des entzündlichen Prozesses in das Darmgewebe rekrutiert werden, sind - ähnlich wie an anderen Stellen des Körpers - an Entzündungsprozessen im Darm ebenfalls entscheidend beteiligt. Je nach Antigenreiz und Gesamtsituation ist hierbei eine Vielzahl unterschiedlicher Reaktionsformen möglich. T-Zellen, die z.B. unter dem Einfluss von Interleukin-12 (IL-12) zu entzündungsfördernden Zellen differenzieren, können so z. B. insbesondere bei bakteriellen Infektionen und chronischen Darmentzündungen wichtige Regulatoren und Mediatoren der Entzündung sein (Abb. 3b). Im Gegensatz zur Immunreaktion gegen Krankheitserreger erfordert der permanente Kontakt mit harmlosen luminalen Substanzen wie Nahrungsmittelantigenen8) und Antigenen der intestinalen Flora9) die Anwesenheit immunregulatorischer Mechanismen, welche kontinuierlich eine überschießende lokale und systemische Immunantwort und Entzündungsreaktion mit nachfolgender sinnloser Gewebeläsion vermeiden. Das intestinale Immunsystem besitzt daher eine besondere Fähigkeit, nach Kontakt mit oral aufgenommenen Antigenen eine spezifische Toleranz zu entwickeln. Dies wurde bereits von magazin forschung 1/1999 M .C rohn C olitis ulcerosa A phtoide,scharfbegrenzte U lzerationen Epitheloidzellgranulom e transm urale Entzündung segm ental-diskontinuierliche Entzündung,häufig term inales Ileum Befallvon M und bis A nus unscharfbegrenzte U lcerationen K ryptenabszesse schleim hautbegrenzte Entzündung kontinuierliche Entzündung im m erim Rektum beginnend Befallaufdas Colon beschränkt Tab. 1: Unterschiede bei Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. den Naturvölkern zur Vermeidung kutaner Allergien eingesetzt10), allerdings erst Mitte dieses Jahrhunderts erstmals beim Meerschweinchen immunologisch ausführlicher untersucht11). Zahlreiche nachfolgende Untersuchungen bestätigten, dass die orale Aufnahme von Antigenen ein geeigneter und auch beim Menschen therapeutisch nutzbarer Weg zur Induktion einer systemischen Toleranz (orale Toleranz) ist 12). Chronisch entzündliche Darmerkrankungen Morbus Crohn (Abb. 4 a) und Colitis ulcerosa (Abb. 4 b) stellen die klinisch-histologisch definierten Hauptformen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CEDE) dar13),14). Es ist durch zahlreiche Daten gut belegt, dass an der Pathogenese der CEDE genetische, endogene- und Umwelteinflüsse beteiligt sind. Nach derzeitiger Auffassung liegt dem chronisch-rezidivierenden Charakter der Entzündung vor allem eine Fehlregulation von intestinalen T-Lymphozyten und Makrophagen mit nachfolgender pathologisch gesteigerter Immunantwort und einem Ungleichgewicht von proinflammatorischen und kontrainflammatorischen Zytokinen zugrunde. Der Altersgipfel der Krankheitsmanifestation der CEDE liegt im 2. bis 3. Lebensjahrzehnt, bei einer Prävalenz von 250-500/100.000 in Deutschland sind derzeit ca. 300.000 Bundesbürger an einer CEDE erkrankt. Hierbei führen bei- de Erkrankungen aufgrund des meist jungen Lebensalters der Patienten und ihres chronischen und in Schüben verlaufenden Bildes (im Durchschnitt erleiden CEDE Patienten trotz Therapie alle 8-12 Monate ein Rezidiv) oft zu einer hohen Beeinträchtigung der Lebensqualität der Betroffenen und zu erheblichen allgemeinen sozioökonomischen Konsequenzen. M. Crohn und Colitis ulcerosa unterscheiden sich durch Lokalisation und Art der intestinalen Veränderungen, die beim M. Crohn den gesamten Darmkanal vom Mund zum Anus befallen können und bei der Colitis ulcerosa auf den Dickdarm beschränkt sind, und in deren Histologie (Tabelle 1). So dominieren bei der Colitis ulcerosa Mikroabszesse der Kolonkrypten sowie ulcerative Veränderungen der Darmschleimhaut, wobei die Infiltrationen charakteristischerweise auf die Mucosa und Submucosa begrenzt sind. Beim M. Crohn dagegen findet man typischerweise aphtoide Ulcerationen und epitheloidzellige Granulome sowie eine transmurale Infiltration mit Lymphozyten und Makrophagen. Im Gegensatz zur oberflächlich-kontinuierlich ulcerativen Entzündung der Colitis ulcerosa ist der M. Crohn somit durch eine transmuralsegmental granulomatöse Entzündung gekennzeichnet. Beide Erkrankungen sind durch ein gesteigertes lymphozytäres, plasmazelluläres und granulozytäres Infiltrat der Darmschleimhaut gekennzeichnet und sprechen auf eine antiinflammatorische und immun51 Die Ätiologie der CEDE ist trotz intensiver Forschungsbemühungen weiter unklar und eine kausale Therapie daher bislang nicht möglich. Etablierte antientzündliche und immunsuppressive Therapien sind in der Vergangenheit vorwiegend empirisch begründet worden. Hierbei sind in den letzten Jahrzehnten durch die Einführung des Mesalamin, der topisch wirksamen Steroide, Weiterentwicklungen in der Galenik und zunehmende Erfahrungen mit dem Einsatz von Immunsuppressiva deutliche Fortschritte erzielt worden. Vorwiegend aufgrund von Therapieversagen im akuten Schub, Versagen bei der Remissionserhaltung und gravierenden Nebenwirkungen, insbesondere bei der Langzeittherapie von Patienten mit chronisch aktivem Verlauf, steht in vielen Fällen jedoch immer noch keine dauerhaft zufriedenstellende medikamentöse Therapie der CEDE zur Verfügung. Neben der konservativ-medikamentösen Therapie kommen daher auch chirurgische Interventionen zum Einsatz. Resektive Verfahren bei Morbus Crohn sind aufgrund der hohen Rezidivrate und des häufigen Dünndarmbefalls jedoch nur als letzte Option bei Versagen Abb. 5: Extraintestinale Manifestationen konservativer Maßnahmen indibei CEDE 15),16). Bei der Colitis ulcerooben: Episkleritis, Mitte: Pyoderma ziert gangränosum, unten: Sakroileitis sa stellt die Kolektomie dagegen aufgrund des strikten Kolonbefalls eine kurative Option dar und suppressive Therapie an. Differenkann bei fulminantem oder langjähtialdiagnostisch müssen M. Crohn rigem Verlauf, insbesondere auch und Colitis ulcerosa von infektiösen zur Karzinomprophylaxe, notwenDarmerkrankungen abgegrenzt dig werden14). werden. Im Gegensatz zu diesen nehmen beide Erkrankungen einen Fortschritte in der medikamentöchronisch aktiven oder chronisch sen Therapie der CEDE sind vor alrezidivierenden Verlauf und sind lem durch eine bessere Kenntnis per definitionem nicht durch einen der Krankheitspathogenese zu er(zumindest keinen der bisher warten. Tiermodelle für CEDE habekannten) pathogenen Erreger ben hierbei in der Vergangenheit verursacht. entscheidende neue Impulse und 52 Erkenntnisse beigesteuert. So liefert die Entschlüsselung des komplexen Wechselspiels der am Entzündungsprozess bei CEDE beteiligten Stimuli, Immunzellen und immunologisch aktiven Mediatoren sowie deren molekulare und intrazelluläre Regulation nicht nur neue Einblicke in die Wirkungsweise etablierter Therapien, sondern ist auch notwendige Vorraussetzung für die Entwickung neuer, rational begründeter immunsuppressiver und immunmodulierender Therapien. Ziel solch neuer Therapeutika und Therapiestrategien wird es sein, die entzündliche Aktivität und den schubweisen Verlauf der CEDE effizienter und nebenwirkungsärmer zu behandeln als dies bisher möglich ist. Extraintestinale Manifestationen Die CEDE gehen zwar vom Darm aus, sie sind jedoch von ihrem Charakter her systemisch-immunologische Erkrankungen. Extraintestinale Manifestationen werden daher sowohl beim M. Crohn als auch der Colitis ulcerosa häufig beobachtet und treten als enteropathische Spondarthritiden, Beteiligungen der Haut mit Pyoderma gangraenosum und Erythema nodosum, Beteiligungen des Auges, der Leber, der Gallenwege und anderer Organe auf (Abb.5). Die häufigste extraintestinale Manifestation der CED sind hierbei Arthritiden des Achsenskeletts und der peripheren Gelenke. Diese können bereits vor der Darmerkrankung symptomatisch werden und stellen mit der enteropathischen Spondarthritis bei M. Whipple, der Spondylitis ankylosans, der reaktiven Arthritis und der Arthritis psoriatica die Gruppe der häufig mit der Expression des MHC-Klasse I Moleküls HLA-B27 assoziierten seronegativen Spondarthritiden dar. Ihre Ursache ist noch nicht gesichert. Tierexperimentelle Untersuchungen deuten Universität des Saarlandes Abb. 6: a) Störung der Toleranz gegen Antigene der eigenen Darmflora bei Patienten mit CEDE: Mononukleäre Zellen wurden aus dem peripheren Blut (PBMC), nicht-involvierter (LPMC-) und involvierter (LPMC +) Darmschleimhaut von Patienten mit chronisch entzündlicher Darmerkrankung (CEDE) und Kontrollpatienten isoliert und mit Sonikaten von Bakterien der eigenen Darmflora (BsA) oder der Darmflora eines fremden Individuums (BsH) inkubiert. Anschließend wurde der H3-Thymidin-Einbau als Maß für die Zellproliferation bestimmt. LPMC aus involvierter Darmschleimhaut von Patienten mit CEDE zeigten eine gestörte Toleranz gegenüber der eigenen Darmflora. b) Wiederherstellung der Toleranz gegen die eigene Darmflora bei experimenteller Kolitis durch Behandlung mit IL-10 und Antikörpern gegen IL-12: Mononukleäre Zellen von BALB/c Mäusen mit TNBS-induzierter Kolitis wurden aus den angegebenen Geweben isoliert und anschließend in vitro mit den angegebenen Stimuli für 5 Tage inkubiert. Die Daten zeigen, dass die Behandlung mit IL10 und Antikörpern gegen IL12 die bei Mäusen mit TNBS-induzierter Kolitis gebrochene Toleranz gegenüber Antigenen der eigenen Darmflora (BsA) wiederherstellte. Die Immunreaktion gegen Antigene fremder Darmflora (BsH) wurde nicht beeinflusst. jedoch darauf hin, dass für die CED-assoziierten Arthritiden pathogenetisch vor allem eine gestörte Immunreaktion gegen bakte- rielle Produkte der Darmflora in Frage kommt17). flora für die Pathogenese und Therapie von CEDE Bedeutung von T-Zellen und Antigenen der Darm- Phagozyten und proinflammatorische Mediatoren spielen eine wichtige Rolle in der akut entzündlichen Komponente der CEDE und der unmittelbaren Gewebeschädigung und Destruktion. Als Ursache des rezidivierenden Entzündungscharakters der CEDE wird heute dagegen vor allem eine Regulationsstörung von T Zellen angesehen. T-Zellen zeigen bei Patienten mit CEDE einen vermehrten Grad der Aktivierung, eine pathologisch veränderte Zytokinproduktion und sind in Tiermodellen für die Entwicklung einer chronischen Darmentzündung verant- PD Dr. Rainer Duchmann, geb. 1963, studierte von 1982-1988 Humanmedizin an den Universitäten in Frankfurt am Main und Genf. 1989 bis 1990 Arzt im Praktikum an der I. Medizinischen Klinik der Universität Mainz. 1990 Approbation als Arzt und Promotion zum Dr. med. an der Johann Wofgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. 1990-1992 DFG-Ausbildungsstipendium in der Mucosal Immunity Section, NIAID, NIH in Bethesda, USA. 1992-1997 Fortsetzung der Facharztausbildung und der DFG-geförderten wissenschaftlichen Tätigkeiten an der I. Medizinischen Klinik der Universität Mainz. 1996 1. Forschungspreis der Deutschen M. Crohn - Colitis ulcerosa Vereinigung, DCCV, e.V. 1997 Anerkennung als Facharzt für Innere Medizin. 1998 Wechsel an die Innere Medizin II der Universitätskliniken des Saarlandes und Ernennung zum Oberarzt. 1998 Abschluss der Habilitation an der Universität Mainz mit dem Thema Bedeutung von Antigenen der Darmflora in der Pathogenese von chronisch entzündlichen Darmerkrankungen: Antigenspezifität aund Reaktivität intestinaler T-Lymphozyten. 1998 Vorsitzender der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Forschungsschwerpunkte: Zelluläre und molekularbiologische Untersuchung antigenspezifischer Immunreaktionen intestinaler T-Zellen; Pathogenese und Klinik chronisch entzündlicher Darmerkrankungen und enterogener Spondarthritiden. magazin forschung 1/1999 53 wortlich. Darüber hinaus ist die normale Darmflora als endogener Stimulus in mehreren Tiermodellen für CEDE für die Manifestation einer chronischen Darmentzündung notwendig9),18) - 20). Antigenen der primär apathogenen Darmflora als Auslöser einer dysregulierten Immunantwort kommt daher mit hoher Wahrscheinlichkeit bei CEDE eine wesentliche pathogenetische Bedeutung zu. Um die Reaktivität humaner intestinaler T-Zellen gegen Antigene der Darmflora besser zu verstehen, wurden eigene Untersuchungen zu antigenspezifischen und funktionellen Aspekten von gegen die Darmflora gerichteten Immunreaktionen durchgeführt. An klonalen T-Zellen erhobene Daten zeigten erstmals, dass die von intestinalen CD4+TCRab+T-Zellen vermittelte Immunantwort gegen luminale Bakterien von einem Netzwerk spezifischer und kreuzreaktiver T-Zellen getragen wird. Außerdem war die Frequenz von TZellen mit Spezifität für unterschiedliche Bakterienspezies in entzündeter CEDE Schleimhaut signifikant erhöht21). Das Vorliegen antigenspezifisch expandierter T-Zellen in entzündeter Darmschleimhaut von Patienten mit Morbus Crohn wurde durch molekularbiologische Untersuchungen bestätigt. Funktionelle Daten (Abb.6a) wiesen darauf hin, dass eine spezifische Immuntoleranz gegenüber der eigenen intestinalen Flora besteht, und dass diese Toleranz in entzündetem Darmgewebe von Patienten mit CEDE aufgehoben ist22). Für weiterführende Untersuchungen wurde das Tiermodell der TNBS-induzierten Kolitis der Maus ausgewählt, welches klinisch, histologisch und immunologisch Ähnlichkeiten mit dem Morbus Crohn aufweist. In diesem Modell konnte die bei Patienten gezeigte pathologische 54 Reaktivität gegen die eigene Darmflora in genetisch verschiedenen Mäusen nachvollzogen werden23). Behandlung mit IL-10 und Antikörpern gegen IL-12 führte zu einer klinischen Remission der Kolitis und zu einer Wiederherstellung der Toleranz gegenüber der eigenen Darmflora (Abb.6 b). Diese Befunde bestätigen, dass bei chronischen Darmentzündungen eine dysregulierte Immunreaktion gegen Bestandteile der eigenen Darmflora vorliegt. Sie heben zudem die Bedeutung der Zytokine IL-12 und IL10 in der Immunregulation des Entzündungsprozesses hervor. Zusammenfassend unterstützen die Ergebnisse jene therapeutischen Ansätze, die darauf abzielen, die Exposition des Immunsytems mit bakteriellen Antigenen der Darmflora zu verringern oder die Immunreaktion gegenüber der Darmflora durch Gabe von Immunmodulatoren zu unterdrücken. Die im Modell der TNBS-Kolitis der Maus mit IL-10 und Antikörpern gegen IL-12 erzielten Ergebnisse deuten angesichts der Vergleichbarkeit der pathogenetischen Mechanismen im Tiermodell und bei Patienten mit CEDE an, dass beide Substanzen auch klinisch wirksam sein könnten. Eine antigenspezifische Therapie von CEDE ist aufgrund der dar- gestellten Daten noch nicht möglich. Ob die Voraussetzungen hierzu vorliegen, muss in weiterführenden Untersuchungen geklärt werden. Bedeutung von Adhäsionsrezeptoren für die Pathogenese und Therapie von CEDE Chronisch entzündliche Darmerkrankungen sind gekennzeichnet durch mononukleäre Zellinfiltrate, wobei lamina propria T Lymphozyten (LPL-T) und intestinale Makrophagen/Dentritische Zellen eine besondere Rolle spielen. Pathophysiologische Vorstellungen gehen von einer vermehrten Einwanderung (Homing), Proliferation und/oder vermindertem natürlichen Zelltod (Apoptose) aus. Homing, Proliferation und Apoptose werden über Adhäsionsrezeptoren vermittelt, die in 5 Gruppen eingeteilt werden: Selektine (Rolling), Integrine (Migration), Immunglobulin-Superfamilie (starke Adhäsion im Gewebe), TNF-verwandte und sonstige (z.B. CD44). Im Zentrum unseres Interesses stehen T Zell-spezifische kostimulatorische Adhäsionsrezeptoren. Diese gehören zumeist der Gruppe der Immunglobulin-Superfamilie an. He- Dr. Jörg C. Hoffmann, geb. 1964, studierte von 1983 bis 1990 Medizin an den Universitäten Freiburg, Southampton (England, DAAD-Stipendium), Mainz und Heidelberg. Studienabschnitte im Praktischen Jahr an den Universitäten von Michigan (Ann Arbor), Californien (Los Angeles) und Brown (Providence) im Rahmen eines DAAD-Stipendiums. Promotion an der Universität Mainz (1991) über Protogenexpression bei der Zell-Differenzierung. Von 1990 bis 1992 AiP in der Abteilung für Angewandte Immunologie des Deutsches Krebsforschungszentrums. Von 1992-1996 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Abt. Rheumatologie des Zentrums für Innere Medizin und Dermatologie der Medizinischen Hochschule Hannover, 1996 an der Abt. Innere Medizin I der Universität Tübingen und seit 1997 an der Klinik für Innere Medizin II der Universitätskliniken des Saarlandes, 1998 Facharzt für Innere Medizin. 1994 Preisträger der Kurt-Eberhard-Bode-Stiftung. Seit 1998 Koordinator bei der Bildung eines Kompetenznetzwerkes für chronisch entzündliche Darmerkrankungen (CEDMedNet). Seit 1993 kontinuierliche Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft mit den Schwerpunkten Zelluläre Immunologie der chronischen Entzündung, Apoptose-Induktion über Adhäsionsrezeptoren, Proliferationsregulation in vivo, lösliche Adhäsionsmoleküle bei chronisch entzündlichen Erkrankungen, molekulare Strukturanalyse von Adhäsionsrezeptoren für die gezielte Immunmodulation. Universität des Saarlandes rausragende Beispiele sind die Adhäsionsrezeptoren CD2 und CD28. In Vorarbeiten konnte gezeigt werden, dass sowohl CD2 mit seinen Liganden (CD58, CD48) als auch CD28 mit B7 für verschiedene zelluläre Funktionen wie Monozytenund T Zellaktivierung, aber auch B Zelldifferenzierung verantwortlich sind24). Neben den membrangebundenen Abb. 7: Mapping verschiedener Ratten CD2-Epitope im Bindungsbereich zu CD48 Adhäsionsrezeptoren exi- (A) Der CD2-Ligand CD48, (B) der anti-CD2 mAk OX53 und (C) der anti-CD2 mAk stieren lösliche Formen, z.B. OX34. Als Untersuchungsmethode wurden CD2-Mutanten auf ihre Bindung durch lösliches CD58 (sCD58), die Oberflächen-Plasmon-Resonsanz untersucht. Markiert sind Mutanten, die eine Bindungsreduktion von > 40% oder Bindungssteigerung von >30% zeigten. kompetitiv die CD2/CD58Bindung blokkieren25), 26). Bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen und Apoptose-Induktion mit OX34 propria des Darmes. Da beim Morchronischer Polyarthritis zeigten gezeigt werden. bus Crohn eine defekte Apoptosesich in Abhängigkeit von der KrankInduktion von CD4+ LPL-T sowohl heitsaktivität verminderte sCD58Zielsetzung unserer weiteren Arin vitro als auch in vivo beschrieben Spiegel als mögliche Ursache für beiten ist, im gesunden und entzünwurde, wäre dies eine attraktive verminderte Deadhäsion und damit deten Darm Proliferation, ApoptoMöglichkeit, Darm-Entzündung zu T Zell-Infiltrate27), 28). Daher wurse und Homing in vivo zu untersumodulieren. Als molekulare Grundde in einem Tiermodell chronischer chen. Aufbauend auf diese Arbeilage wurde durch site-directed Gelenkentzündungen, der Adjuten soll über die Adhäsionsrezeptomutagenesis eine Aminosäure gevansarthritis, die klinische Effektiren CD2 und/oder CD28 Colitis funden (Abb. 7), die neben der vität einer Adhäsions-blockierenmoduliert werden. CD2-Bindungsstelle für CD48 liegt. den anti-CD2 Antikörper-Therapie Ein weiterer cross-blockierenden (OX34) überprüft. Bei diesen Exanti-CD2 Antikörper (OX53), der Bedeutung von oraler Toperimenten fand sich sowohl eine wie CD 48 nicht an diese leranz und Apoptose für die Verhinderung der Entstehung einer Aminosäuren bindet, vermag keine Pathogenese und Therapie Arthritis als auch ein anti-inflammaApoptose zu induzieren. Um den von CEDE torischer Effekt bei etablierter Armolekularen Wirkungsmechanis29), 30) thritis . Da mittels eines zweimus weiter zu charakterisieren, tägigen Steroidstoßes die chroniwird eine mit Ratten-CD2 transfiDie Physiologie intestinaler Immunsche Entzündung praktisch vollstänzierte Jurkat-Zelllinie verwendet. In antworten hat auch für die Theradig verschwand, kann geschlossen dieser CD4+ Zellinie konnte pie chronischer Entzündungen zuwerden, dass dieser anti-CD2 Antikörper sowohl Entstehung als auch Perpetuierung der Entzündung verDr. Thomas Marth, geb. 1965, studierte Humanmedizin in Aachen und hindert. Derzeit wird dieser TheBonn. 1993 Promotion mit einer Arbeit über zellulär-immunologische Unterrapieansatz auf chronisch entzündsuchungen bei Patienten mit Morbus Whipple. 1993-94 Arzt im Praktikum an der Gastroenterologischen Abteilung der Universitätsklinik Benjamin Franklin liche Darmerkrankungen ausgeder FU Berlin, Direktor Prof. E. O. Riecken. Von 1995-1997 Stipendiat der dehnt. Dazu werden Colitis-TierDFG an der Mucosal Immunity Section, National Institues of Health mit eimodelle in der Maus (Transfernem Projekt zur Untersuchung von mukosalen Immunmechanismen beim Colitis) und der Ratte (TNBSZustandekommen oraler Toleranz im Tiermodell. Seit 1997 klinische und wisColitis) eingesetzt. senschaftliche Tätigkeit an der Inneren Medizin II der Universitätskliniken des Bei der Untersuchung des Wirkungsmechanismus von OX34 zeigte sich in vivo eine Apoptose von CD4+ T Zellen, z.B. in der Lamina magazin forschung 1/1999 Saarlandes. Arbeitsschwerpunkte: Charakterisierung mukosaler Immunantworten in TZellrezeptor transgenen Mäusen; Untersuchung der pro-apoptotischen Wirkmechanismen von anti-IL-12 Antikörpern; Untersuchungen zu zellulären Immundefekten bei Patienten mit M. Whipple. 55 Abb. 8: Induktion einer T-Zellapoptose im mukosalen Immunsystem nach oral induzierter Toleranz. Nach oraler Antigengabe an OVA-TCR transgene Mäuse erfolgt im mukosalen Immunsystem, insbesondere im Bereich der Peyer'schen Plaques, eine apoptotische Elimination von CD4+ antigenspezifischen T-Zellen. Die orale Antigengabe induziert dadurch eine systemische Immuntoleranz, die auch über den Mechanismus der Induktion von suppressiven Zytokinen (z.B. TGF-ß) vermittelt wird. Die Induktion der T-Zellapoptose kann wesentlich durch simultane Applikation von Antikörpern gegen IL-12 gesteigert werden (links: Kontrollgruppe, rechts: OVA Fütterung plus anti-IL12 Gabe). Die Immunmodulation durch Antikörpergabe bei gleichzeitiger Antigenstimulation kann potentiell zur Elimination hyperreaktiver Zellen in der Darmmukosa eingesetzt werden. nehmendes Interesse gewonnen. Die Ansätze zur Suppression antigenspezifischer Immunantworten durch orale Antigengabe haben Eingang in die Therapie chronischer Entzündungen gefunden. In einer Reihe von Tiermodellen autoimmuner Erkrankungen sowie beim Menschen z. B. bei der rheumatoiden Arthritis, der multiplen Sklerose und dem Diabetes mellitus kann die Gabe oraler Autoantigene zur Hemmung chronischer Entzündungsprozesse eingesetzt werden31). Ob eine orale Immuntherapie durch Gabe von Proteinen einen klinischen Stellenwert in der Therapie chronischer Entzündungen und Autoimmunkrankheiten erlangen kann, wird derzeit in verschiedenen Studien untersucht. Nach heutigem Verständnis wird die oral induzierte Toleranz durch ein komplexes Zusammenspiel immunregulatorischer Mechanismen vermittelt. Nach dem aktuellen Konzept sind dabei - ähnlich anderen Formen antigenspezifischer Toleranzinduktion - die Mechanismen aktive Suppression durch Zytokine, klonale Anergie und klonale Deletion durch Apoptose beteiligt. Trotz einiger Gemeinsamkeiten mit anderen Formen systemi56 scher Toleranzinduktion besitzt die nach Antigenfütterung beobachtete Toleranz charakteristische immunologische Merkmale. Eine zentrale Rolle bei der Induktion oraler Toleranz spielen die von T-Lymphozyten auf mukosaler und peripherer Ebene sezernierten Zytokine. In eigenen Arbeiten32), 33) wurden Beiträge zum Verständnis der physiologischen Regulation intestinaler Immunantworten nach oraler Antigengabe und zur Steuerung der Generation TGF-ß produzierender Zellen geleistet (Abb. 8). In einem Mausmodell, in dem antigenspezifische T-Zellantworten in optimaler Weise analysiert werden können, d. h. in Mäusen mit einer Transgenität für den Ovalbumin (OVA) spezifischen T-Zellrezeptor (TCR), wurde nach Niedrigdosisfütterung von OVA eine Stimulation von systemischen und mukosalen Immunantworten, insbesondere eine Induktion zellulärer Immunantworten mit assoziierter Interferon (IFN)-g Produktion, beobachtet. Erst Hochdosisfütterung mit dem spezifischen Antigen (OVA) resultierte in einer Suppression von Immunantworten (z. B. T-Zellproliferation, Zytokinsekretion, kutane Hypersensitivitätsreaktion). Die In- duktion einer aktiv supprimierenden TGF-ß Antwort jedoch war nur durch eine Langzeitfütterung mit dem Antigen oder durch eine Modulation der Hochdosistoleranz durch Neutralisation der IFN-g Produktion (durch Applikation von Interleukin-12 Antikörpern (anti-IL12)) zu erreichen. Die Beeinflussung des Zytokinmilieus (z. B. durch Gabe von anti-IL-12) stellt somit eine potente Möglichkeit zur Toleranzmodulation dar 34). Diese Arbeiten zeigen ebenso eine Regulation von mukosalen Immunantworten durch die orale Antigendosis und das Zytokinmilieu auf und weisen auf die auch in anderen Experimentalsystemen nachvollziehbare reziproke Regulation von Th1Immunantworten (IFN-g und IL-12) und supprimierenden Immunantworten (TGF-ß) hin. Als weiterer, wesentlicher Aspekt, der zur Verstärkung oraler Toleranz nach Neutralisation von IL-12 beitrug, konnte die Induktion eines programmierten Zelltodes (Apoptose) von IFN-g produzierenden Zellen durch Gabe von anti-IL-12 identifiziert werden. Zusätzlich wurden apoptotische Effekte einer anti-IL12 Therapie in einem Tiermodell für chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, dem Modell der Universität des Saarlandes mit einem komplexen Maschenwerk extrazellulärer Makromoleküle in Verbindung, das als Extrazelluläre Matrix (EZM) bezeichnet wird (Abb. 9). Durch die verschiedenen Komponenten der EZM werden Wachstum, Differenzierung und Stoffwechselfunktionen der verschiedenen Zellen im Gastrointestinaltrakt reguliert. Die Charakterisierung dieser Zell-MatrixInteraktionen besitzt nicht nur für das Verständnis physiologischer Prozesse, wie z. B. der Differenzierung von Zellen35), sondern auch in Abb. 9: Extrazelluläre Matrix (EZM) im Gastrointestinaltrakt der Aufklärung der ÄtiopaDas komplexe Maschenwerk extrazellulärer Makromoleküle der EZM steht mit verschiedenen Zellpopulationen in Verbindung und reguliert so Wachstum, Differenzierung thogenese reparativer (z. B. und Stoffwechselfunktionen. IEL:Intraepithelialer Lymphozyt; LPL: Lamina propria Ulkusheilung) und immunoLymphozyt; Mff: Makrophage logischer Vorgänge (z. B. Adhäsion und Aktivierung 2,4,6, Trinitrochlorbenzol Sulfonvon immunkompetenten Zellen) Funktion mukosaler Lymphozyten im säure (TNBS) Kolitis, nachgewieeine hohe Bedeutung36). Intestinaltrakt sen. Als charakteristisches Merkmal inEs ist somit möglich, dass die Elimiflammatorischer Zellen der Lamina Im Gastrointestinaltrakt stehen die nation hyperreaktiver CD4+ Zellen propria ist die Expression von Zellverschiedenen Zellpopulationen durch eine anti-IL-12 vermittelte Matrix-Rezeptoren beschrieben Apoptose in der Mukosa bei chronisch-entzündlichen Abb. 10: Bidirektionaler Signaltransfer: "inside-out und outside-in signaling" die fokalen Zellkontaktstrukturen findet auf molekularer Ebene eine VerknüpDarmerkrankungen oder bei Durch fung mit der extrazellulären Matrix und den intrazellulären Signalkaskaden statt. Dieser Autoimmunerkrankungen bidirektionale Signaltransfer wird auch als "inside-out und outside-in signaling" beeine geeignete Therapie mit zeichnet. langfristiger Wirkung darstellen könnte. Mit derzeit laufenden Untersuchungen sollen die molekularen Wirkmechanismen von anti-IL-12, insbesondere ihre pro-apoptotische Wirkung, weiter aufgeklärt werden. Die Modulation der Zellapoptose durch antiIL-12 könnte für die therapeutische Elimination hyperreaktiver CD4+ Zellen bei CEDE Bedeutung gewinnen. Bedeutung der extrazellulären Matrix für die Differenzierung und magazin forschung 1/1999 57 worden. Von besonderem Interesse für die Interaktionen zwischen immunkompetenten Zellen der Mukosa im Gastrointestinaltrakt und der EZM sind Integrine. Integrine sind transmembranöse Glykoproteine, deren intrazellulärer Anteil u. a. in Wechselwirkung mit Komponenten des Zytoskeletts steht und deren extrazelluläre Domäne als Rezeptor für verschiedene Matrixproteine oder Zellmembranproteine fungiert. Sie bestehen aus einer a-Einheit, die nicht-kovalent mit einer b-Einheit verbunden ist. Zur Zeit sind zehn verschiedene b-Ketten und 20 verschiedene a-Ketten bekannt. Basierend auf den differenten b-Ketten werden die Integrine in verschiedene Subfamilien Abb. 11: Stimulation von b1-Integrinen auf CD4-positiven Lymphozyten der Lamina propria unterteilt. Zell-Matrix-InteraktioAus Blut (PBL) und Darmgewebe (LPL) isolierte aufgereinigte CD4-positive nen zwischen Lymphozyten der LaLymphozyten wurden mit verschiedenen Antikörpern stimuliert. Nach 4 Stunmina propria und der EZM im Inden Stimulation wurden die Zellen aufgearbeitet, RNA isoliert und nach cDNA-Synthese Zytokin-spezifische Transkripte mittels einer semi-quantitatitestinaltrakt werden überwiegend ven PCR gemessen. Deutlich erkennbar führt die alleinige Stimulation von durch die b1-Integrine vermittelt. Lamina- propria Lymphozyten durch anti-CD3 (T-Zellrezeptor-Antikörper) Die Bindungsspezifität der b1-Intenur zu einer geringen Erhöhung der IFN-gg-spezifischen Transkripte (im grine für Bestandteile der EZM Vergleich zu PBL). Die Ko-Stimulation mittels 12G10 (ein ß1-Integrin aktivierender Antikörper) erhöht die IFN-gg-Transkripte signifikant. wird im wesentlichen durch die variable a-Kette bestimmt. In den letnachgewiesen werden, ohne dass oberfläche ist für die Bindung von zten Jahren publizierte Daten soder entsprechende Zell-Matrix-ReLymphozyten an Kompnenten der wie eigene Untersuchungen belezeptor in seiner Dichte verändert EZM der funktionelle Zustand der gen, dass bei chronisch entzündwird. So induziert z. B. TNF-a in Rezeptoren (Phosphorylierung und lichen Darmerkrankungen spezifiaktivierten T-Zellen über eine TyroDephosphorylierung), der mit dem sche Veränderungen im Muster der sinphosphorylierung eine verstärkAktivierungszustand der Zellen exprimierten Integrine nachzuweite Adhäsion dieser Zellen an Fikorreliert, entscheidend. Sowohl 37) sen sind . So findet sich z. B. bei bronektin ohne die Dichte der spefür naive als auch für memory der Colitis ulcerosa auf B-Zellen zifischen Zelladhäsionsrezeptoren Zellen kann durch Zytokine oder der Lamina propria eine verstärkte zu verändern. Interessanterweise nach Stimulierung über den T-ZellExpression der a5-Kette, die auf löst Fibronektin im Zusammenspiel Rezeptor eine deutliche Zunahme eine verstärkte Aktivierung dieser mit TNF-a ein wichtiges bindungsder Bindung an EZM-Komponenten Zellen hindeutet. In diesem Zusammenhang ist auch von Interesse, dass bei der Prof. Dr. Andreas Stallmach, geboren 1960 studierte von 1978 - 1985 Humanmedirheumatoiden Arthritis, zin an der Freien Universität Hamburg. 1986 Approbation und Promotion zum Thema einer chronischen In vitro Wirkungen von Gliadinfraktionen in der intestinalen Organkultur-UntersuchunEntzündung, die in ihrer gen zur Enterotoxizität und Immunogenität von Gliadinpartialhydrolysaten in der Pathogenese der Coeliakie. Von 1986 bis 1993 wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung Pathogenese zahlreiche für Gastroenterologie, Klinikum Benjamin Franklin, FU Berlin, 1993 Ernennung zum Übereinstimmungen mit Oberarzt und Habilitation zum Thema Expression und Funktion von Zelladhäsionsmoledem M. Crohn zeigt, külen und deren Veränderungen bei der malignen Transformation im Kolon. 1994 Wechebenfalls Verschiebungen sel an die Innere Medizin II der Universitätskliniken des Saarlandes. Seit 1996 Heisenbergim Muster von b1-InteStipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft. 1997 Ernennung zum außerplanmäßigrinen auf synovialen Tgen Professor der Universität des Saarlandes. Zellen zu beobachten Arbeitsschwerpunkte: Zelluläre und molekulare Immunologie bei entzündlichen Erkransind. Neben der Dichte kungen des Gastrointestinaltraktes sowie gastrointestinaler Tumoren. Entwicklung immunologischer Behandlungsverfahren durch Fusionsproteine bei chronisch entzündlichen der exprimierten Darmerkrankungen. Integrine auf der Zell58 Universität des Saarlandes vermittelndes kostimulatorisches Signal aus, so dass sich beide Faktoren in ihrer Wirkung synergistisch ergänzen38). Ob bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen Integrine verstärkt in einem funktionellen Zustand exprimiert werden, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. Neben der Rezeptor-vermittelten Adhäsion ist die Aktivierung von second messenger-Mechanismen nach Bindung des entsprechenden Liganden an Integrine beschrieben worden. Integrine sind in fokalen Zellkontaktstrukturen konzentriert, die in den letzten Jahren als eine neue Art von Signaltransduktionsorganelle erkannt worden sind39). Durch die fokalen Zellkontaktstrukturen findet auf molekularer Ebene eine Verknüpfung mit der extrazellulären Matrix und den intrazellulären Signalkaskaden statt. Dieser bidirektionale Signaltransfer wird auch als inside-out und outside-in signaling bezeichnet (Abb. 10). Wenn auch alle Einzelbefunde noch nicht in einem allgemein gültigen Konzept zusammengefasst sind, sollen hier doch beispielhaft aktuelle Befunde diskutiert werden. Zellbiologische Untersuchungen belegen, dass die Aktivierung von Integrinen auf Monozyten in einer Aktivierung eines cis-acting-integrin-responsive-element, welches zwei Transkriptionsfaktor AP-1Stellen und eine kB-ähnliche Struktur enthält, resultiert. Aus dieser Aktivierung folgt eine Stimulation von inflammatorischen EffektorGenen, die auch z. B. durch TNFa vermittelt werden kann. Zusätzlich verändert sich die intrazelluläre Calziumkonzentration und der pHWert und es folgt die Tyrosinphosphorylierung von Proteinen intrazellulärer Signalkaskaden. Aus dieser Aktivierung von Signalkaskaden resultiert z. B. eine Freisetzung von interstitiellen Kollagenasen und der Protease Stromelysin. Ebenfalls wird durch die Rezeptor-vermittelte Induktion von second messenmagazin forschung 1/1999 ger Mechanismen das Proliferationsverhalten von Lymphozyten modifiziert. So kann durch die Rezeptor-Liganden-Interaktion von a4b1 und a5b1 mit Fibronektin sowie a6b1 mit Laminin eine spezifische Proliferation von aktivierten Lymphozyten induziert werden. Der Einfluss der EZM-Komponenten auf die Proliferation dieser Zellen ist in diesen in-vitro-Modellen größer als der Stimulationseffekt, der durch Zytokine, wie z.B. Interleukin-1b, Interleukin-6 oder Interleukin-7, vermittelt wird. Eigene Untersuchungen zeigen, dass die Stimulation mittels eines agonistisch-wirkenden Antikörpers von b1-Integrinen auf CD4-positiven Lymphozyten der Lamina propria Synthese proinflammatorischer bzw. regulativer Zytokine deutlich verstärkt (Abb. 11). Gleichzeitig wird ein kontra-apoptisches Signal ausgelöst (Erhöhung der bcl/xlbax-Ratio), welches intrazellulär durch die Aktivierung von MAP-Kinasen vermittelt wird. In der Zusammenfassung könnte folgendes Szenario bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen von Bedeutung sein. Die extrazelluläre Matrix ist in ihrer Zusammensetzung verändert; neue Liganden werden exprimiert40). Integrine auf CD4-positiven Lymphozyten sind funktionell aktiv und binden an ihre Liganden. Dadurch wird ein Signal ausgelöst, welches in der Sekretion proinflammatorischer Zytokine und einer verminderter Apoptose der Zellen resultiert. Hieraus resultiert eine Perpetuierung der Entzündung mit Gewebsdestruktion. Basierend auf diesem Konzept wurde in verschiedenen Entzündungsmodellen und ersten klinischen Studien bei Patienten mit therapierefaktärem M. Crohn durch Antikörper gegen Integrine bzw. Gabe von löslichen Liganden versucht, die inflammatorische Aktivität zu reduzieren. Wenn auch die positiven Effekte nicht so ausgeprägt waren wie die der klassischen immunsuppressiv-wirkenden Substanzen, rechtfertigt vor allem die niedrige Rate unerwünschte Wirkungen eine weitere Bearbeitung dieses Konzeptes. HIV/SIV Infektion der intestinalen Mukosa Der Gastrointestinaltrakt ist für die Pathogenese der HIV-Infektion in verschiedener Hinsicht von großer Abb. 12: Infektionsverlauf bei SIV-Infektion Verlauf der CD4-positiven T-Zellen in % von CD2 positiven Lamina propria TLymphozyten (LPL) und der p27 Konzentration im Duodenum von Rhesusaffen zu verschiedenen Zeitpunkten nach Infektion mit SIV (Werte repräsentieren Mediane von 8 Tieren). 59 Bedeutung. So stellt die intestinale Schleimhaut für die in entwickelten Ländern vorherrschende Risikogruppe homosexueller Männer die häufigste Eintrittspforte für HIV dar41). Das intestinale Immunsystem als größtes immunologisches Kompartiment des Organismus ist wahrscheinlich ein wichtiges Virus-Reservoir und ein wichtiger Ort der HIV-induzierten CD4 TZell-Depletion42). Schließlich sind gastrointestinale Symptome und Funktionsstörungen mit die häufigsten klinischen Manifestationen einer HIV-Infektion, verursacht zum Teil durch opportunistische Krankheitserreger, zum Teil aber möglicherweise auch durch die Infektion der Mukosa mit HIV selbst 43). Verschiedene Untersuchungen belegen, dass Veränderungen im peripheren Blut den Verlauf der HIVInfektion nur unzureichend widerspiegeln. So konnte gezeigt werden, dass insbesondere in frühen Stadien der Erkrankung die HIV-Beladung und HIV-Replikation in Lymphknoten sehr viel stärker ausgeprägt ist als im peripheren Blut44)-46). In einer Studie wurde in homogenisierten intestinalen Biopsien eine um den Faktor 200-1000 höhere p24-Konzentration als im Serum gemessen47), was auf eine erhebli- che Virusproduktion in der intestinalen Mukosa hinweist. In eigenen Untersuchungen konnten wir zeigen, dass die Virusproduktion in der intestinalen Schleimhaut im Vergleich zum peripheren Blut deutlich gesteigert ist. Diese Hochregulation der Virusreplikation beruht auf einer Steigerung der Transkription/Translation, da in beiden Geweben gleiche Kopienzahlen an proviraler HIV-DNA pro Zellzahl nachgewiesen wurden48). In unserer Arbeitsgruppe konnte gezeigt werden, dass die CD4 T-ZellDepletion im peripheren und intestinalen Immunsystem nicht korreliert. Dabei ist die CD4 TZell-Depletion in der duo- Abb. 13: Lichtmikroskopische Aufnahme denalen Mukosa regelmäßig, (x180) von Dünndarmschnitten von einem vor allem aber in frühen uninfizierten Rhesusaffen mit einer normalen fingerförmigen Zotte (a) und einem SIV-infiStadien der HIV-Infektion, zierten Tier mit abgeflachten und fusionierten sehr viel ausgeprägter als im Zotten (b). peripheren Blut49). Weiterhin konnten wir im Schleimhaut SIV-infizierter Tiere SIV-Modell zeigen, dass der maximit dem CD4 T-Zellverlust assozimale p27-Gehalt in der intestinalen iert ist (Abb.12), was auf einen Einfluss von retroviralen FaktoDr. med. Dr. rer. nat. Thomas Schneider, geb. 1959, studierte von 1980-1986 ren auf die mukosale CD4 THumanmedizin. 1986 Approbation und 1987 Promotion zum Dr. med. , 1987 AbZell-Depletion hindeutet50). schluss des 1985 begonnenen Doppelstudiums der Biologie und Beginn der Promotionsarbeit zum Dr. rer. nat. im Robert Koch-Institut in Berlin. 1990-1991 zusätzliche Forschungstätigkeit im Rahmen der Berlinforschung in der Neurologie des RudolfVirchow-Krankenhauses in Berlin. Ab 1991 Tätigkeit in der Inneren Abteilung der Universitätsklinik Benjamin Franklin im Rahmen eines Projekts HIV-assoziiertes Diarrhea/Wasting Syndrom. Von 1993-1997 Projektleiter in dem BMBF-geförderten Projekt Untersuchungen zur lokalen sekretorischen Immunantwort gegen HIV und andere Erreger im Gastrointestinaltrakt bei HIV-infizierten Patienten und CoAntragsteller im BMBF-Projekt SIV-infection of non-human primates as model to study mucosal vaccination in immunocompromised individuals, the pathogenesis of small intestinal damage (enteropathy) and virus entry sowie im BMBF-Projekt Mucosal immunopathogenesis of HIV infection. Seit 1998 Projektleiter in dem DFGgeförderten Projekt In vitro-Untersuchungen zur Rolle zellulärer und viraler Faktoren bei der mukosalen HIV-Infektion. Seit 1994 Assistenzarzt in der Inneren Medizin II (Direktor Prof. Zeitz) in Homburg/Saar. 1998 Forschungspreis der Universitätsklinik Benjamin Franklin Berlin. Arbeitsschwerpunkt: Immunpathogenese viraler und bakterieller Infektionskrankheiten der intestinalen Mukosa. Entwicklung und Optimierung von immunmodulatorischen Therapiestrategien. 60 Die ausgeprägte CD4Depletion in der Lamina propria des Gastrointestinaltraktes führt offensichtlich weniger zu Veränderungen in der lokalen quantitativen Immunglobulinproduktion51), sondern vielmehr zur Reduktion der antigenspezifischen lokalen IgA-Produktion und sekretorischen antigenspezifischen IgAProduktion52). Diese gestörte lokale spezifische Immunantwort betrifft auch andere Erreger, wie CMV53). Universität des Saarlandes und SIV-Infektion nachgewiesen50), 57). Kürzlich konnten wir im SIV-Modell zeigen, dass die Veränderungen der Dünndarmarchitektur schon früh in den ersten 2 bis 3 Wochen nach Infektion auftritt und in dieser Form dann bestehen bleibt. Dies legt die Hypothese nahe, dass die am Anfang hochaktivierten CD4 positiven T-Zellen vor ihrem Verschwinden durch Zytokinfreisetzung über die Stimulation von Mesenchymund/oder Epithelzellen zur Zottenatrophie und Fusion von Zotten beitragen könnten (Abb.13). Diese Annahme wird noch dadurch verstärkt, dass es sich hierbei um eine hyperproliferative Zottenatrophie handelt. Im Verlauf der HIV-Infektion Abb. 14 Schematische Zusammenfassung der Ergebnisse bei HIV/SIV Infektion im kommt es noch zu weiteren Gastrointestinaltrakt wichtigen zellulären Die hier gezeigte schematische Zusammenfassung der Ergebnisse versucht die EinzelVeränderungen im befunde in einen hypothetischen Zusammenhang zu bringen. Im Zentrum steht eine des deutlich gesteigerte HIV/SIV-Replikation in der intestinalen Mukosa, möglicherweise Immunsystem bedingt durch die vorwiegend aktivierten und differenzierten CD4+ T-Zellen, was Gastrointestinaltraktes. So schließlich zu einem raschen und ausgeprägten Verlust der CD4+ T-Zellen führt. Durch konnten wir eine Zunahme diesen Verlust kommt es zu einer gestörten oder fehlenden erregerspezifischen IgASynthese und letztendlich zum Ausfall der spezifischen sekretorischen Immunantwort, an aktivierten zytotoxischen was eine ungestörte Ausbreitung sekundärer Infektionen in der intestinalen Mukosa zur CD8 positiven T-Zellen und Folge haben könnte. Die Abnahme an Natural Killer-Zellen führt zusätzlich zu einer eine reduzierte Expression fehlenden Elimination virusinfizierter Zellen. Die Aktivierung und Vermehrung von T-Zellzytotoxischen CD8+ T-Zellen und die durch polyklonale B-Zellstimulierung gesteigerte von mukosale IgG-Produktion führt zu einer Epithelschädigung, die neben Flüssig- Differenzierungsmarkern keitsverlust und lokaler Entzündung auch das Eintreten sekundärer Pathogene erleich- nachweisen58). Darüber hintert. aus fanden wir eine Reduktion des Anteils an Naüberführen. Dies scheint um so Eine hochaktive antiretrovirale tural Killerzellen in der intestinalen wichtiger, da sich unter einer länTherapie (HAART) führt zu einer Mukosa von HIV-infizierten Patiengerdauernden HAART-Therapie erImmunrekonstitution auch in der ten im Vergleich zu Kontrollen58). hebliche Nebenwirkungen ausbilintestinalen Mukosa mit WieEine Zusammenfassung der wichtigden können, die dann zum Abderanstieg der CD4 positiven Tsten Ergebnisse ist in Abbildung 14 bruch der Therapie zwingen könZellen54). Diese Immunrekonstitugezeigt. Der Gastrointestinaltrakt nen. tion betrifft auch die spezifische seist demnach nicht nur ein Ort häukretorische IgA-Antwort der Mufiger Symptommanifestationen bei Weiterhin wurde durch unsere Arkosa (eigene bisher unveröffentAIDS-Patienten und eine Eintrittsbeitsgruppe auf die Bedeutung der lichte Ergebnisse). pforte für HIV, sondern auch ein HIV-Infektion für die Pathogenese Ort der gesteigerten Virusreplimorphologischer und funktioneller Dies eröffnet weitergehende therakation und CD4+ T-Zelldepletion, Veränderungen der Dünndarmarpeutische Ansätze, wie zum Beiwas offensichtlich zusätzlich zu eichitektur hingewiesen und der Bespiel gezielte Impfungen, die eine nem Zusammenbruch des wichtiggriff der HIV-Enteropathie eingeantiretrovirale auch mukosale Imsten Effektorarms des mukosalen führt55), 56). In weiteren Arbeiten munantwort induzieren mit der Immunsystems, der Produktion Möglichkeit, die Patienten in sogewurden funktionelle Störungen der spezifischer, sekretorischer IgA, nannte Langzeitüberlebende zu Dünndarmfunktion durch die HIVführt. magazin forschung 1/1999 61 Ausblick Intensive Forschungsbemühungen der zurückliegenden Jahrzehnte haben die mukosale Immunologie als eigenständiges Gebiet etabliert und zu einer immer klareren Definition der strukturellen und funktionellen Besonderheiten des Immunsystems der Darmschleimhaut geführt. Im Rahmen dieses Wissenszuwachses liegen derzeit bereits detaillierte Kenntnisse der physiologischen Aufgaben des intestinalen Immunsystems und auch der Pathogenese zahlreicher gastrointestinaler und vom Darm ausgehender Erkrankungen (H. pylori assoziierte Erkrankungen, glutensensitive Enteropathie, CEDE, M. Whipple, enteropathische Spondarthritiden, HIVInfektion) vor. Aufbauend auf diesen Grundlagen werden entscheidende Herausforderungen der Zukunft darin bestehen, die Fähigkeit des intestinalen Immunsystem zur Immunisierung für effektivere und nebenwirkunsärmere Vakzinierungen und die Fähigkeit zur Induktion von Toleranz für die Therapie von Autoimmunerkrankungen weiter nutzbar zu machen. Bessere Kenntnisse der Krankheitspathogenese sollten zu Fortschritten bei Prävention und Therapie gastrointestinaler und vom Darm ausgehender Erkrankungen führen. Dies ist aufgrund der Häufigkeit und Schwere der Erkrankungen sowie ihrer bisher oft unzureichenden Therapiemöglichkeiten von großer medizinischer Bedeutung. Literaturverweise 1) Kelsall BL, Strober W. Host defenses at mucosal surfaces. in: Clinical Immunology, Principles and Practice (eds.: Rich, Fleischer, Schwartz, Shearer, Strober) Mosby, St. Louis (1995) 299-332 . 2) Berlin C, Berg EL, Briskin MJ, 62 Andrew DP, Kilshaw PJ, Holzmann B, Weissman IL, Hamann A, Butcher EC. 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