Das junge Publikum – integrierter Bestandteil einer Theater-, speziell der Schauspielerausbildung Ein Erfahrungsbericht aus der Hochschule Musik und Theater Zürich mit dem Theater an der Sihl als Praxisstätte für Studierende „Muss wirklich jeder Student in einer Produktion für Kinder spielen?“ fragt ein Student im 2. Ausbildungsjahr, als das Konzept des Theaters an der Sihl und der Spielplan der kommenden Spielzeit, den die Studierenden mit umsetzen werden, vorgestellt wird. Ein halbes Jahr später macht eben dieser Student im Besetzungsgespräch, wo er seine Wünsche nach Mitwirkung in den verschiedenen Produktionen benennen kann, deutlich, dass er ja eigentlich nicht gern in einer Produktion für Kinder dabei wäre. Allerdings interessiert ihn das Stück, das geplant ist. Und vom Regisseur hat ihm die letzte Produktion die er gesehen hat, gefallen und über den Probenprozess nur Gutes gehört. Er hätte also nichts dagegen, darin besetzt zu sein – auch wenn es für Kinder ist. Wieder ein halbes Jahr später sein Kommentar am Premierentag: „Die eigentliche Premiere war gestern in der Voraufführung mit den 100 Kindern. Das war geil zu spielen.“ Wenn in Zürich in den vergangenen sieben Jahren Schauspiel-, Regie- und Theaterpädagogikstudierende ihre Ausbildungseinrichtung verliessen, gehörten in den Rucksack erworbener Fähigkeiten und Fertigkeiten auch Erfahrungen mit einem jungen Publikum. Durch unterschiedliche Angebote, Erfahrungs- und Experimentierfelder, Praxisbegegnungen während des 4jährigen Studiums lernten die Auszubildenden dieses eine Feld späterer Berufsmöglichkeiten kennen. Begleitet und beeinflusst wurden sie dabei von Dozierenden und Partnern aus der Berufspraxis für ein junges Publikum, die mit Professionalität, Engagement und Selbstverständlichkeit in diesem Bereich tätig sind. Dabei ging es nicht um eine Spezialausbildung für das Kinder- und Jugendtheater, sondern um spezielle Fähigkeiten und ein Bewusstsein, auch für ein junges Publikum zu arbeiten. So, wie für die gesamte Ausbildung an der Hochschule Musik und Theater Zürich Praxisnähe ein Markenzeichen ist, ist sie es auch und besonders beim Theater für ein junges Publikum. Nur durch eigene Erfahrungen kann der Blick geschärft, können Masstäbe gesetzt werden, die dem in der Gesellschaft verbreiteten negativen Klischeebild von Kinder- und Jugendtheater entgegenwirken. Wenn die Absolventen dann später Vertragsangebote für Engagements bekommen, prüfen sie im Bereich des Kinder- und Jugendtheaters mit anderen Kriterien: Fragen nach Spielplänen, nach Rollen, nach Regisseuren zeugen von der Kenntnis eines Umfeldes. Masstäbe, die sich durch die eigenen Praxiserfahrungen ausbildeten, werden auch weiterhin angelegt - hinter sie will man nicht zurück. Und mündige, selbstbewusste Absolventinnen sind eine Chance für die Szene. Über die geringere Bezahlung, das hohe Mass an Neuproduktionen und Vorstellungszahlen (zu allen möglichen Tages-Un-Zeiten) pro Spielzeit, spezielle Aufführungsorte wie Klassenzimmer, Schulaula, Kindergarten etc. können das Interesse an und die „Verliebtheit“ in diese Theaterarbeit hinwegsehen helfen bzw. erwächst genau aus diesen Faktoren die Anziehungskraft, dort arbeiten zu können. Negativ und schwerer wiegen die Ignoranz und Arroganz einer ganzen Reihe von Theaterleitern und Regisseuren dieser Theaterarbeit gegenüber. Die blosse Erwähnung in künstlerischen Biographien verhindert später Einladungen zu Vorsprechen und die Wahrnehmung künstlerischer Entwicklungen. Hier sind Aufklärung und Initiative gefragt. Wenn der künstlerische Werdegang von Absolventen durch Erstengagements im Bereich des Theaters für ein junges Publikum blockiert werden und sich diese als Sackgassen erweisen, haben Ausbildungen, die das junge Publikum integrieren und dieses Feld als Arbeitsmarkt eröffnen, keine Zukunft. 1 Solange Theater für ein junges Publikum in der Gesellschaft nicht anerkannt ist, findet es keine Aufnahme in Ausbildungscurricula, denn Ausbildungen, so unterschiedlich sie auch gestaltet sein mögen, streben Abschlüsse mit gesellschaftlicher Anerkennung an. Die Ausbildung zum Kinder- und Jugendtheater braucht Recherche als Bestandteil des Studiums, sie braucht die Wahrnehmung des Publikums in seiner sozialen Situation mit seinem vielfältigen Empfinden und seinen unterschiedlichen Ausdrucksformen… es gilt, das Publikum in seiner Imaginationsmöglichkeit ernst zu nehmen und dementsprechend künstlerisch herauszufordern. (*) Zu Hunderten bewerben sich jährlich junge Menschen an den verschiedenen Ausbildungseinrichtungen für Schauspiel, Regie, Theaterpädagogik, Szenographie, Dramaturgie, Theaterwissenschaften. Sie kommen aus Jugendspielclubs, Schultheatergruppen, haben in ihrer Kindheit Theateraufführungen gesehen und bringen also ganz konkrete Erfahrungen und Kenntnisse über ein Theater für ein junges Publikum mit. Sie wissen, was ihnen gefallen hat, was sie faszinierte, was in Erinnerung geblieben ist. All das wird allmählich bewusst, wenn in den ersten Wochen der Ausbildung in der Hochschule Musik und Theater Zürich Spielbiographien der Studierenden am Entstehen bzw. Bewusstwerden sind. Dozierende aller Fachbereiche arbeiten mit den Studierenden des 1. Ausbildungsjahres unter der Überschrift „Vom Spiel zum Schau-Spiel“. Bei der Auswahl von Theaterproduktionen für ein junges Publikum, die dann in den Bereichen Inszenierungstheorie über Aufführungsanalysen und Inszenierungsgespräche vertieft werden, wird versucht, an solche Erfahrungen anzuknüpfen und sie dem ganzen Jahrgang zugänglich zu machen. Ausserdem knüpfen die Studierenden im Rahmen von Theaterpatenschaften an Theatererlebnisse aus der Kindheit an und spüren den Arbeitsweisen und Personen nach, die sie in Kindheitstagen mit Theater verbanden. Ein Prozess der Auseinandersetzung mit eigenen und überlieferten Theatervorstellungen, Erwartungen und Ansprüchen an Theater beginnt. Je weiter die Ausbildung fortschreitet, desto mehr verändert sich der Kontext, in dem das eigene Theaterschaffen angesiedelt ist. Der Horizont von Theaterauffassungen und Arbeitsweisen erweitert sich. So, wie man sich von Orten der Kindheit im Prozess des Erwachsenwerdens distanziert, rückt das Theater für ein junges Publikum in die Ferne. Die im Unterricht erworbenen Fähigkeiten drängen nach eigenem künstlerischen Ausdruck. Man „gehört“ jetzt „dazu“, macht „richtiges“ Theater. Die Studierenden erfahren sich in einer neuen Umgebung und machen neue Erfahrungen mit sich selbst. Die gesamte Ausbildung stellt Wahrnehmungsgewohnheiten, bekannte Körperlichkeiten infrage bzw. lässt alles neu erscheinen. Die Konzentration auf sich selbst, auf das in einem selbst vorhandene „Material“ verändert den Blick. Die Vielfalt von Mitteln will erprobt werden und man möchte sie beherrschen. Mit dem neu Erlernten möchte man sich öffentlich vorstellen, erhofft, erwartet Anerkennung. Da man sich aber des Prozesses, in dem man sich befindet, bewusst ist, wird gleichzeitig ein Schutzraum beansprucht. Veröffentlichungen von Arbeitsergebnissen sollen den Charakter eines Experimentierfeldes bewahren, des Noch-nicht-Fertigen. In diesem Zusammenhang entsteht der Wunsch nach einem speziellen Publikum, nämlich einem, das die erworbenen Leistungsschritte, Fertigkeiten zu würdigen weiss, das anerkennen kann und/oder erstaunt ist beim Präsentieren von erworbenen Fähigkeiten wie zum Beispiel verändertem Stimmeinsatz, akrobatischen Kunststücken, gekonnten Kampfszenen, emotional berührenden Figurendarstellungen. Dieses Publikum setzt sich aus dem familiären Umfeld zusammen, aber auch aus Gleichgesinnten, ebenfalls sich in der Ausbildung Befindenden und aus Dozierenden. Dass zu diesem Publikum aber auch Jugendliche gehören können, ist die Erfahrung mit einem speziellen Theaterprojekt, das seit über 30 Jahren in der Stadt Zürich im Angebot ist unter dem Titel THEATER SPIELEN. 2 Seit 1976 besteht der Auftrag des Schul- und Sportdepartements der Stadt Zürich an die damalige Schauspiel Akademie, das heutige Departement Theater der Hochschule Musik und Theater Zürich, jährlich eine Produktion für SchülerInnen der 1.Oberstufe (12 Jahre) zu erarbeiten, in deren Zentrum der Beruf des Schauspielers steht. Form und Inhalt dieser Produktion ist dem jeweiligen Regieteam überlassen. Die Produktionen der letzten Jahre verbanden auf beispielhafte Weise Interessen der beteiligten Studierenden mit denen des Auftraggebers bzw. der Zuschauer. Pausenplatz-Geschichten unter dem Titel PAUSENREHE & PLATZHIRSCHE, SQUASCH & SODA, STRENG VERTRAULICH, QUATEMBERKINDER sind nur einige Titel von Produktionen, die im Rahmen von „Theater spielen“ entstanden. In der Konzeptionsphase kommt der Frage nach der Geschichte, dem Figurenarsenal eine zentrale Bedeutung zu. In welchen Kontext lassen sich die gerade neu erworbenen Fähigkeiten der Schauspielstudierenden einbinden und inwiefern ist dieser thematische Ansatz sowohl interessant für die Altersgruppe der 12- bis 14jährigen als auch für die Darstellenden? Die Recherche gliedert sich in zwei Phasen. Anfangs ist sie dramaturgisch orientiert beim Aufspüren von Stücken, Texten, Figuren sowie beim Gewinnen von Theaterschaffenden, die Interesse haben, an einer Ausbildungseinrichtung zu arbeiten und die gleichzeitig für die Studierenden von Interesse sind. Im Weiteren kommt den an der Produktion mitarbeitenden professionellen Theaterpädagogen zusammen mit Theaterpädagogikstudierenden eine besondere Bedeutung zu. Sie sind vielfältig an den Inszenierungsprojekten beteiligt. Aus der Kenntnis des Publikums heraus sind sie eingebunden in die Entstehung der Inszenierungen und stellen die Vermittlung zwischen Schauspielern und Zuschauern her. Parallel zur Inszenierungsentstehung führen sie gemeinsam mit den Schauspielern Theaterwerkstätten in Schulklassen durch, bei denen die Schauspieler Einblicke in die Erlebnis- und Erfahrungswelt der Zuschauer bekommen. Es entstehen aktuelle, konkrete Beziehungen zwischen Darstellern und Zuschauern. Die gegenseitige Neugier, Vorfreude aufeinander wachsen und beeinflussen wiederum den Theatervorgang. Die Schauspieler fühlen sich beim Spielen getragen vom Publikum, die Zuschauer fühlen sich ernst genommen von den Akteuren auf der Bühne. PAUSENREHE & PLATZHIRSCHE - eine szenische Collage Für die Spielplanposition „Theater spielen“ in der Spielzeit 2000/01 gab es das Zusammenwirken in einem europäischen Theaterverbund unter dem Titel „schoolyardstories“. Theater aus sieben verschiedenen Ländern mit unterschiedlichen Profilen, kulturellen Hintergründen und Erfahrungen in der Theaterarbeit für ein junges Publikum hatten sich zusammengeschlossen. An jedem dieser Theater entdeckten Autoren, Schauspieler, Regisseure, Dramaturgen, Ausstatter, Musiker ihren Zugang zum Ort des Schulhofes, den dort verborgenen Geschichten und arbeiteten an einer künstlerischen Umsetzung für die Bühne. Zum Jahresbeginn 2000 begaben sich also fünf Schweizer Autoren auf die Suche nach Pausenplatz-Geschichten (in verschiedenen Kreisen der Stadt Zürich und des Umlandes, in eigenen Schulzeiterinnerungen sowie gegenwärtigen Schulerlebnissen). Für die Mitarbeit konnten Autoren gewonnen werden, die die Schweizer Kinder- und Jugendtheaterlandschaft im europäischen Rahmen vertreten wie Paul Steinmann und Guy Krneta, aber auch Autoren, die dadurch einen Zugang zur Theaterpraxis finden konnten wie Dörthe Braun, Lukas Holliger, Kaspar Manz. Gemeinsam war den Texten, dass sie diejenigen in den Mittelpunkt stellten, die in der Realität eher am Rand des Pausenplatzes zu finden sind, in den Ecken, einzeln stehen. Diejenigen, die im Alltag kaum Gehör finden, bekamen eine Stimme. Versteckte oder verdrängte, sehr wohl aber wahrnehmbare Fragen, Wünsche, Sehnsüchte, Konflikte wurden zum Gegenstand erfundener Geschichten. Die Form der Texte war unterschiedlich. Es entstanden Liedtexte, Gedichte, Szenen und Spielbeschreibungen. 3 Die Aufgabe der szenischen Umsetzung bestand darin, den Zuschauer entdecken zu lassen, inwieweit der Pausenplatz Spiegel gesellschaftlichen Lebens ist, ihn in einem bekannten Umfeld mit Unbekanntem zu konfrontieren. Auch im Bereich der Regiearbeit wurde der Kern des Gesamtprojektes verfolgt, der in einer Vernetzung, Verbindung unterschiedlicher Arbeitsweisen besteht, indem "Inszenierungsbausteine" in Auftrag gegeben wurden. Zürcher Theaterschaffende wie Crescentia Dünsser und Otto Kukla (damals Leitung des Theater Neumarkt) konnten ebenso gewonnen werden wie Sebastian Nübling (junges theater basel, Theater Basel) und der noch junge, aber im Theaterbetrieb bereits sehr erfahrene Sascha Hawemann aus Berlin. Diese Arbeitsweise trug der Ausbildungssituation der Schauspielstudierenden Rechnung. Sie hatten auf diesem Weg die Möglichkeit, sich innerhalb einer Produktion an verschiedenen Regiehandschriften auszuprobieren. Die künstlerische Gesamtleitung lag in den Händen von Marcelo Diaz, dem damaligen künstlerischen Leiter des Theaters an der Sihl, sowie Matthias Lehmann, damals noch Regiestudent. Im August 2000 suchten die beteiligten Regisseure aus der Textsammlung jeweils die Texte heraus, an deren szenischer Umsetzung sie mit den Studierenden arbeiten wollten. Ohne Gedanken an die spätere Aufführung entstand hierbei eine Materialsammlung szenischer Entwürfe, Umsetzungen. Anschliessend bestand für Marcelo Diaz und Matthias Lehmann die Aufgabe darin, zusammen mit dem Musiker und der Choreographin dieses Material für eine Inszenierung aufzugreifen, zu ordnen, zu verändern, zusammenzustellen, zu inszenieren. Bei den beiden Kinder- und Jugendtheatertreffen in Berlin 2001 wurden die Inszenierungen aller am Projekt beteiligten Theater gezeigt. Zürcher Schauspielstudierende traten in den Austausch mit Berufskollegen aus Madrid, St. Petersburg, Palmela, Berlin, York, Zaandam. Beim Treffen Deutschsprachiger Schauspielschulen 2001 in Bern gewannen die Studierenden den 1. Preis. Weitere Gastspiele führten sie nach Deutschland und Spanien. Die Ausbildung zum Kinder- und Jugendtheater braucht den Impetus, zu lehren, wie man sich in das Kinder- und Jugendtheater verlieben kann. (*) Innerhalb der Hochschulen braucht es engagierte, in der Berufspraxis anerkannte und aktuell tätige VertreterInnen dieses Bereichs der Theaterpraxis. Und ebenso sollten herausragende VertreterInnen der Berufspraxis in die Ausbildung drängen. Es gilt, Initialzündungen für die Studierenden zu suchen, zu kreieren, auf denen systematisch, planmässig und kontinuierlich im Verlauf des gesamten Studiums weitergearbeitet werden kann. Grundlage für die hier beschriebenen Erfahrungen war der bis Juli 2007 vertraglich geregelte Dienstleistungsauftrag des Theaters an der Sihl, Schülern aus Stadt und Kanton Zürich kontinuierlich theatrale Eigenproduktionen anzubieten. Diesen Auftrag galt es, mit dem Ausbildungsauftrag der Studierenden sinnvoll zu verbinden. Dabei wurden verschiedene Wege begangen: Ko-Produktionen mit anderen Theatergruppen und –institutionen gaben den Schauspielstudierenden die Möglichkeit, an einem anderen Ort, in unbekannten Arbeitszusammenhängen, mit erfahrenen Schauspielern zu arbeiten und sich dabei anders gefordert zu sehen. Die Aufführungen wurden von einem anderen Publikum, an einem anderen Ort wahrgenommen. Gastspielaufführungen dann auch im hauseigenen Theater an der Sihl garantierten aber auch das Wahrgenommenwerden im bekannten Umfeld, auch durch Studierende und Dozierende. 4 Die durch diese konkreten Arbeitserfahrungen unterlegten Kontakte führten dann wiederholt zu Engagements nach Studienabschluss. Ko-Produktionen mit anderen Theatern: 2002 SCHNEELUFT von Charles Way mit der Gruppe Eiger, Mönch und Jungfrau 2002 NORWAY TODAY von Igor Baursima am Landestheater Bregenz 2003 DIE SCHAUKEL von Edna Mazya am Jungen Theater Konstanz 2005 Uraufführung SCHÄRI STEI PAPIER von Beat Sterchi am Vorstadt Theater Basel, u.a. Ein anderer Weg, Dienstleistungs- mit Ausbildungsauftrag zu verbinden, bestand darin, im Kindertheater erfahrene Regisseure für Inszenierungsarbeiten zu gewinnen. Für die Gastregisseure ist das Bewusstmachen der besonderen Produktionsbedingungen innerhalb der Ausbildungseinrichtung eine entscheidende Arbeitsvoraussetzung. Die Beteiligung von Dozierenden der verschiedenen Fachbereiche ist zum einen eine Notwendigkeit im Sinne der kontinuierlichen Ausbildungsgarantie für die Studierenden. Zum anderen birgt das aber auch eine Chance für die Produktion selbst, denn selten können Fachleute aus den Bereichen Stimme, Sprechen, Gesang und Körper und Bewegung zum Regieteam hinzugezogen werden. Dazu braucht es künstlerisch arbeitende Dozierende sowie Kontinuität in der Zusammenarbeit, damit sich Vertrauen entwickeln kann. Neugier auf junge Schauspielerkollegen, Geduld in der Arbeit mit ihnen, das Interesse und die Fähigkeit, gewohnte Arbeitsweisen zu hinterfragen und sie mit pädagogischen Aspekten zu verknüpfen, sind weitere Faktoren, die die Produktionsprozesse bestimmten. Die Liste der sich speziell an ein Kinder-, Jugend- und Familienpublikum richtenden Inszenierungen, die von und mit Schauspielstudierenden erarbeitet wurden, ist lang: SCHELLEN-URSLI / DAS DOPPELTE LOTTCHEN / THE KILLER IN ME IS THE KILLER IN YOU MY LOVE / WINTERSCHLAF / DER TEUFEL BEKKANKO / SCHNEEWEISS / FRÜHLINGS ERWACHEN / KICK & RUSH/ DIE WILDEN SCHWÄNE / SCHWESTERN / WEIT IST DER WEG u.a. Bei der Auswahl von Stoffen und Stücken sind neben den Regie- und Publikumsinteressen auch die Interessen der Studierenden zu bedenken: komplexe Geschichten, die mit Spielweisen erzählt werden, die die Vielfalt von Theatermitteln beanspruchen, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen solistischen Aufgaben und Ensemblespiel, das Interesse an konkreten Autoren und Stoffen. Von den WILDEN SCHWÄNEN zu SCHWESTERN und WEIT IST DER WEG Enrico Beeler übernahm 2002 die Regie für die Uraufführung von Thomas Brasch DIE WILDEN SCHWÄNE. Bei den Besetzungswünschen fiel den Studierenden die Entscheidung schwer. Einige kannten national wie international anerkannte Produktionen des Regisseurs mit Peter Rinderknecht, Margrit Gysin, Mark Wetter und freuten sich, mit diesem Regisseur jetzt selbst arbeiten zu können. Andere waren angezogen von dem Status der Neuentdeckung eines Autors wie Thomas Brasch, weiteren war die angekündigte Verbindung mit Musik und Bewegung ein wichtiger Anreiz. Was für den erfahrenen Regisseur ein Anreiz für die Arbeit war, nämlich mit einem grossen Ensemble arbeiten zu können, was ansonsten innerhalb der freien Szene, vor allem für ein junges Publikum, undenkbar ist, war jedoch für die Studierenden eine ganz deutliche Barriere. Der Wechsel von der Kleingruppenarbeit im Grundstudium hin zum Ensemble ist generell schwer, die Sorge, unterzugehen, nicht genügend wahrgenommen und nicht individuell gefördert zu werden, ist gross. Auch sind Kinder als Publikum eher ein Minuspunkt. Schauspielstudenten haben im aktuellen Lebensabschnitt keinen unmittelbaren 5 Bezug zu ihnen, keine Kenntnis ihres Verhaltens, sondern eher Ängste und die Befürchtung, eigene Ansprüche herunterschrauben und einem „kindgemässen“ Verständnis anpassen zu müssen. Dazu kommen ungewohnte Vorstellungszeiten bei Vor- und Nachmittagsvorstellungen. Auch da ist das gesamte Regieteam zusätzlich gefordert. Der Probenprozess war ein schwieriger für alle Beteiligten. Erst nach Abschluss der Arbeit war eine Reflexion über Ausbildungs- und Entwicklungsschritte möglich: Ensemblespiel auf der Basis starker Individualitäten, die sich einem gemeinsamen Ziel, der Geschichte, verschreiben, Musikalität und Rhythmus im Spiel des einzelnen wie aller, Raumbewusstsein, Kommunikation zwischen Bühne und Zuschauerraum, Finden, Entwickeln und Präzisieren von Spielvorgängen, zu denen der Text verführt u.a. Ein Bewusstsein von der erreichten Qualität der Arbeit – als einzelner Schauspieler wie als Ensemble – entstand erst, als das Ergebnis öffentlich wurde. Ausverkaufte Vorstellungen gaben den Akteuren auf der Bühne die Gewissheit, dass ihre Arbeit wahrgenommen und wertgeschätzt wurde. Vermittelnde theaterpädagogische Arbeit, aber auch ganz direkte Kommunikation zwischen Spielern und Zuschauern öffneten Zugänge zu einer unerwartet vielschichtigen Rezeption beim Kinder- wie Erwachsenenpublikum. Offensiv betriebene Einladungen an Berufskollegen und potenzielle Arbeitgeber, Gastspiel- und Festivaleinladungen, Pressereaktionen steigerten den Wert der Arbeit für die Studierenden. Die Kommunikation innerhalb der Hochschule über die Produktion schuf beste Voraussetzungen dafür, ein neues Inszenierungsprojekt mit demselben Regisseur zu initiieren. Neben Regie- und Publikumsinteressen beeinflusste diesmal auch das Nachdenken über schauspielerische Herausforderungen für in der Ausbildung stehende Schauspielerinnen die Stücksuche bzw. –auswahl. Eine längerfristige Kenntnis schauspielerischer Entwicklungen innerhalb der verschiedenen Ausbildungsjahrgänge seitens des Regisseurs bildete dafür die Grundlage. Die Schweizer Erstaufführung von SCHWESTERN von Theo Fransz erfüllte Dienstleistungs- wie Ausbildungsauftrag. Allerdings führten die Besetzungsentscheidungen zu Enttäuschungen, denn die Stückvorlage erforderte nur zwei Darstellerinnen. Viele andere, auch männliche Studierende, wären gern dabei gewesen – eine gute Voraussetzung für ein neues Ensemblestück zu einem späteren Zeitpunkt. Dazwischen aber wiederum: ausverkaufte Vorstellungen, Gastspiele, eine erfolgreiche Wiederaufnahme. Manche Festivaleinladung, zusätzliche Vorstellungen konnten nicht realisiert werden, um die kontinuierliche Ausbildung der beiden Schauspielerinnen nicht weiter einzuschränken. Jetzt, zum Abschluss ihrer Ausbildung werden sie die Produktion übernehmen und weiter spielen. WEIT IST DER WEG von Charles Way in der Spielzeit 2006/07 reiht sich in die kontinuierliche Theaterarbeit für ein junges Publikum am Theater an der Sihl ein und setzte die längerfristige Zusammenarbeit mit dem Regisseur Enrico Beeler fort. Dem Publikum wie auch den Studierenden erschloss sich dabei einer der wichtigsten englischen Dramatiker für ein junges Publikum. Für eine intensive musikalische Arbeit wurde Tom Tafel gewonnen, den ebenfalls eine vielfältige kontinuierliche Arbeit mit dem Theater an der Sihl verbindet und den die Studierenden bereits kannten. Das Inszenierungsergebnis wurde zwölf Mal vor Kindern ab 9 Jahren in Schulklassen und Familien sowie Erwachsenen gespielt. Es war die letzte Eigenproduktion des Theaters an der Sihl für Kinder und Familien. Das Schauspielensemble stellte den Antrag auf Wiederaufnahme der Produktion in der kommenden Spielzeit, um der Nachfrage nach Schülervorstellungen seitens der Zürcher Schulen sowie den Gastspielanfragen nachkommen zu können. Ein weiterer Ausbildungsaspekt kam auch bei den Eigenproduktionen für ein junges Publikum zum Tragen. Ein fest engagiertes Ensemble von drei älteren, erfahrenen SchauspielerInnen stand den Studierenden als MitspielerInnen auf der Bühne zur Verfügung. 6 EIN STÜCK ÜBER GENERATIONEN VON GENERATIONEN GESPIELT Die Arbeitsbedingungen am Theater an der Sihl boten die Möglichkeit, das Stück WEIT IST DER WEG mit seinen elf Rollen auch mittels eines grossen, gemischten Spielensembles zu erarbeiten. Wenn es im Stück um das Miteinander der Generationen geht, um das Gestalten von Lebenswegen, in das unterschiedliche Lebenserfahrungen einfliessen, wenn Themen wie Geburt, Tod, Liebe, Rache, Haben und Sein auftauchen, bestand ein besonderer Reiz darin, diese aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und zur Diskussion zu stellen. Daher war es ein Anliegen, auch auf der Bühne jungen wie älteren SchauspielerInnen zuschauen zu können, wo sich gelebte Leben ohne ein zusätzliches Wort zum Material des Stückes addieren. Und das, was sich so auf der inhaltlichen Ebene ergab, war auch prägend für das Zusammenspiel der Beteiligten. Mit drei älteren SchauspielkollegInnen als SpielpartnerInnen setzten die Studierenden des 3. und 4.Jahrgangs ihre Ausbildung anwendungsorientiert fort. Und diese altersmässige Zusammensetzung auf der Bühne fand ihren Spiegel im Zuschauerraum. Die Ausbildung zum Kinder- und Jugendtheater muss an die Praxis geknüpft sein: Kinder- und Jugendtheater wird dann nachgefragt, wenn der Arbeitsmarkt auch Angebote macht. (*) Die Neugier und Attraktivität von Studienangeboten steigert sich – wie bei anderen Angeboten auch – über die „Mund-zu-Mund“-Propaganda. Keine Einführung in eine Lehrveranstaltung, kein Konzept kann ersetzen, was das gute „Image“ eines Studienangebotes vermag, von dem ältere Jahrgänge berichten und schwärmen. D.h. geglückte Initialzündungen, Start-Pakete beinhalten dann fast die Pflicht zur Wiederholung, weil nachfolgende Jahrgänge Anspruchsrechte geltend machen. Kontinuität zahlt sich also auch in diesem Zusammenhang aus, denn sie schafft Freiräume für aktuelle und individuelle Differenzierungen und Weiterentwicklungen. Die Teilnahme von Studierenden an Festivals des Kinder- und Jugendtheaters gehört zu solchen Angeboten. Die Chance ist gross, Sondermittel für deren Finanzierung zu bekommen, erfahrungsgemäss auf Grund der Exklusivität und der zeitlichen wie örtlichen Begrenztheit. Dadurch werden im günstigsten Fall weder Hochschul- noch Festivalbudgets belastet. Eine langfristige Terminkenntnis kann Studienabläufe berücksichtigen, vorausgesetzt die Dozierenden messen diesem Praxisbezug eine Wichtigkeit bei. Die Erfahrungen zeigen, dass die Teilnahme von Studierenden an Festivals des professionellen Kinder- und Jugendtheaters in zwei Richtungen verlaufen sollte: a) Schaffen von direkten Auftrittsmöglichkeiten für die Studierenden, damit sie in ihrer jeweils aktuellen Ausbildungssituation auch von Vertretern aus der Theaterpraxis wahrgenommen werden können. b) Wahrnehmen der aktuellen künstlerischen Praxis über Vorstellungsbesuche und direkte Kontakte zu Theaterschaffenden. Je nach Festivalausrichtung gibt es zusätzliche Möglichkeiten wie workshops, vorbereitende Treffen mit KuratorInnen oder anderen Auswahlgremien und/oder Veranstaltern über die Konzipierung des jeweiligen Festivals etc. Eine frühe Einbindung der Programmschiene für Studierende, eine langfristige Zusammenarbeit der Festivalorganisatoren mit beteiligten Hochschulen ist unabdingbar, will man die jeweiligen Gegebenheiten in Studiengängen und Ausbildungseinrichtungen mit inhaltlichen Schwerpunkten des Festivals koppeln. Die Schweizer Treffen professioneller Theaterschaffender für ein junges Publikum SPOT und BLICKFELDER gehören zu Höhepunkten des Studiums in Zürich. Seit der 2000 in Zürich veranstalteten Fachtagung „How to study theatre for children and young people“ gehört die Beteiligung von Theater-Studierenden zum Bestandteil des alle zwei Jahre stattfindenden Schweizer Theaterfestivals für ein junges Publikum SPOT. Sowohl 7 die astej als auch die jeweiligen Veranstalter übernahmen Verantwortung für den Nachwuchs und boten den Ausbildungseinrichtungen jeweils verschiedene Partizipationsmöglichkeiten. 2003 waren in Bern Studierende aus Lausanne, Zürich und Bern mit eigenen Beiträgen zu spezifischen Aspekten des Treffens vertreten (Neue Stücke, Musik im Theater für Kinder, Jugendstücke) Ausserdem nahmen sie an verschiedenen, extra für sie organisierten workshops mit Theaterprofis teil, deren Aufführungen zum Festival eingeladen worden waren. 2005 in Neuchatel spielten Studierende in den von der Jury des Festivals ausgewählten Produktionen des Theaters an der Sihl Zürich („Das doppelte Lottchen“ und „ The killer in me is the killer in you my love“). Für Fribourg im September 2007 ist für Studierende aus Zürich, Lausanne und Verscio ein workshop mit Theaterkünstlerinnen des belgischen Theaterhauses BRONKS geplant. Im Vorfeld dieser gemeinsame Arbeit gibt es Theaterbesuche bei Schweizer Theatergruppen für ein junges Publikum, um Arbeitsbedingungen, Arbeitsweisen, etc. in allen Sprachregionen der Schweiz kennen zu lernen – ein potentieller Arbeitsmarkt nach Studienabschluss. Das Festival BLICKFELDER 2004 bot den Studierenden des damaligen 1. Jahrgangs Auftrittsmöglichkeiten und Vorstellungsbesuche internationaler und nationaler Produktionen für ein junges Publikum. Sie lernten ganz unmittelbar TheaterkünstlerInnen anderer Länder, spezielle Arbeitsweisen, neue Stücke und Spielweisen kennen. Im späteren Studienverlauf waren das gemeinsame Bezugspunkte und Orientierungsgrössen. Ganz besonderen Stellenwert erlangen Festivals, wo Produktionen, an denen Studierende beteiligt sind, aus Qualitätsgründen und nicht als „Nachwuchsquote“ zum Festivalprogramm gehören. Den Blick der Festivalmacher dafür zu schärfen wie auch die Ausbildungseinrichtungen zu ermutigen, allfällig vorhandene Produktionen vorzuschlagen, sind dafür notwendige Voraussetzungen. Allein schon die Wahrnehmung durch die professionelle Szene sorgt für eine Offenheit bei den Studierenden diesem besonderen Theaterbereich gegenüber. Österreich Szene bunte Wähne – DIE TOCHTER DES GANOVENKÖNIGS, SCHWESTERN Schäxpir – SCHNEEWEIS, HEIMATEN, KICK & RUSH, DER TEUFEL BEKKANKO Spleen – DAS DOPPELTE LOTTCHEN Russland King of fairytale – DIE WILDEN SCHWÄNE Raduga – SCHNEEWEISS Deutschland Augenblick mal - PAUSEN-REHE&PLATZ-HIRSCHE Schöne Aussicht – URSLE Panoptikum – SCHNEEWEISS Festival Theater im Klassenzimmer – DAS DOPPELTE LOTTCHEN Triangel – KICK & RUSH Spanien Teatralia – PAUSEN-REHE&PLATZ-HIRSCHE Diese Auswahl von eingeladenen Produktionen des Theaters an der Sihl Zürich bei internationalen Festivals des Kinder- und Jugendtheaters zeugt von der Qualität der im Rahmen der Schauspielausbildung erarbeiteten Produktionen für ein junges Publikum unter Anleitung erfahrener Regieteams. Die Teilnahme an diesen Festivals gab den beteiligten Studierenden die Möglichkeit, sich im Kreis professioneller Theatermacher vorzustellen, ins Gespräch zu kommen, Arbeitsergebnisse anderer zu sehen und sich an Diskussionen zu beteiligen. 8 Gastspiele am Jungen Ensemble Stuttgart mit FRÜHLINGS ERWACHEN, THE KILLER IN ME IS THE KILLER IN YOU MY LOVE, am caroussel Theater Berlin mit DIE WILDEN SCHWÄNE, im Dschungel Wien mit URSLE und KICK & RUSH sind nur einige Beispiele dafür, wie Arbeitsergebnisse von Regie- und Theaterpädagogikstudierenden und schauspielerische Entwicklungen durch die künstlerischen Leitungen dieser Theaterhäuser kontinuierlich wahrgenommen wurden. Den Studierenden wurde Aufmerksamkeit zuteil, sie hatten die Möglichkeit, Publikumserfahrungen ausserhalb gewohnter Zusammenhänge zu sammeln und sich auch anderen Theaterleuten vorzustellen, denn immer waren die künstlerischen Leitungen auch anderer Häuser vor Ort eingeladen. Das schlug sich in nachfolgenden Intendantenvorspielen und Vorsprechen nieder. Allen Angeboten ist gemeinsam, dass sie kooperierende Partner ausserhalb der Hochschule genutzt haben. Es braucht professionelle Theaterkünstler, die Interesse am Nachwuchs haben, die ihnen Arbeitsmöglichkeiten bieten, Publikum zuspielen, neugierig und offen sind,. Sie stellen wichtige Partner für die Ausbildungseinrichtung dar. Die Ausbildung zum Kinder- und Jugendtheater ist ein lebenslanger Prozess, es ist integrativ und additiv, es reflektiert in der Praxis und formuliert daraus seine Theorie. (*) Vieles aus den vergangenen sieben Jahren lädt hoffentlich zur Nachahmung und Weiterentwicklung ein. Dabei sollen die gesammelten Erfahrungen anderen zur Verfügung gestellt werden. Theaterproduktionen, die auf ein Premierendatum hinarbeiten, folgen eigenen Gesetzmässigkeiten. Kollisionen ergaben sich vor allem zwischen inszenierungsbedingten Abläufen, (einschl. technischer Notwendigkeiten, Vorstellungszeiten für ein Schülerpublikum etc.) und der kontinuierlichen, teilweise an Gruppen gebundenen Ausbildung in Bewegung, Körpertraining, Stimme, Sprechen. Es muss gelingen, Stundenpläne nicht in Konkurrenz zu Inszenierungsprozessen zu sehen. Vielmehr gilt es, die Verbindung zwischen beiden Bereichen als Herausforderung und Teil praxisorientierter Ausbildung wertzuschätzen, eröffnet es doch allen Beteiligten neue Arbeitsfelder. Gegenseitige Kenntnis von Inszenierungszielen und Arbeitsweisen einerseits, von Ausbildungsinhalten und Methoden andererseits bildet die Grundlage dafür, Inszenierungsprozesse als Teil der Ausbildung zu begreifen und sie in diese zu integrieren. Ebenso wie eine gemeinsame Vorbereitung trägt eine Evaluation durch alle Beteiligten zum Bewusstmachen von Lernschritten, zum Formulieren nächster Ausbildungsaufgaben und zum Reflexion des Geleisteten bei. Im Herbst 2007 stehen für die Theaterausbildung in Zürich einschneidende Veränderungen bevor. Inwieweit Theaterarbeit für ein junges Publikum künftig Bestandteil der Ausbildung an der Zürcher Hochschule der Künste sein wird, ist ungewiss. Neue Studiengänge und –vertiefungen könnten zur Bereicherung führen, bergen aber auch die Gefahr des Verlustes von Bisherigem. Es wäre wünschenswert, in nächster Zeit eine Sammlung vorhandener Ausbildungsangebote an verschiedenen Institutionen weltweit zusammenzustellen und darüber zu informieren. In einem nächsten Schritt sollten Ausbildungsmodule kreiert werden, in denen das junge Publikum integraler Bestandteil von Theaterausbildungen ist . Es wäre weiterhin interessant, diese Ausbildungsmodule unter verschiedenen Ausbildungssituationen und –strukturen in verschiedenen Ländern vergleichsweise durchzuführen. Daran könnten sich Forschungsaufträge knüpfen, die die Wirkungsweisen und Ausprägungen dieser Lehrveranstaltungen untersuchen – 9 zum Beispiel: Wie gestaltet sich das Zusammenwirken von erfahrenen und jungen auszubildenden KünstlerInnen? Wie entwickeln sich künstlerische Handschriften ausgewählter Künstlerpersönlichkeiten? Welche Rezeptionsweisen bietet das Theater für ein junges Publikum und welchen Einfluss hat das auf Spiel- und Arbeitsweisen bei der künstlerischen Produktion? Wünschenswert wäre zudem eine Evaluation darüber, wie das Theater für ein junges Publikum innerhalb der Berufstätigkeit von AbsolventInnen verschiedener Ausbildungseinrichtungen in den Jahren nach Studienabschluss vertreten ist. Inwieweit kann sich die ASSITEJ mit Berufsverbänden wie zum Beispiel dem Deutschen Bühnenverein oder dem Schweizer Bühnenkünstlerverband verbinden in Sachen Nachwuchsförderung für das Theater, das sich an ein junges Publikum wendet? In Zürich steht für solche und ähnliche Fragen künftig das dem neuen Departement Darstellende Künste und Film zugehörige Institut (institut for performing arts) zur Verfügung. Und Forschungsthemen gibt es innerhalb des Theaters für ein junges Publikum genügend. „Die Kindheit müsste eigentlich Pflichtfach an allen Kunsthochschulen sein“, propagiert die schwedische Regisseurin Suzanne Osten, „und ich meine damit ein Fach, mit dem man sich soziologisch, historisch und ideengeschichtlich zur Kindheit verhält. Man muss über den wesentlichen Teil unseres Lebens lernen, den Teil, der den Grund für Kreativität legt….alle müssen Research machen, alle müssen Kinder wirklich sehen, Dinge für Kinder untersuchen und Kindern und ihren Gedankengängen begegnen, wie sie auch alle die Geschichte der Kindheit zur Kenntnis nehmen müssen.“ Petra Fischer April 2007 Mit (*) gekennzeichnete Passagen sind Thesen der im Jahre 2000 in Zürich veranstalteten Tagung „How to study theatre for children and young people“. 10