KONZEPTE ZUR KUNDENBINDUNG Karin Schmidt „Der Verkauf eines Autos ist nicht der Abschluss eines Geschäftes, sondern der Beginn einer Beziehung.“ (Henry Ford) Einleitung Langfristige Kundenbindung stellt einen wichtigen Erfolgsfaktor für Unternehmen dar. Bedenkt man, dass die Gewinnung eines Neukunden fünf – bis zehnmal so hohe Kosten verursacht, wie das Halten eines Bestandskunden, so wird schnell klar, warum es sinnvoll ist, sich mit den Möglichkeiten der Kundenbindung zu beschäftigen. Um als Unternehmen im Wettbewerb bestehen zu können sollte die Kundenbindung daher in jedem Fall auch ein Teil der Unternehmensstrategie sein. Ein wichtiger Baustein der Kundenbindung ist die Kundenzufriedenheit. Diese wiederum erlangt man nur durch eine entsprechend kundenorientierte Ausrichtung im Unternehmen, durch die passenden Maßnahmen zur Kundenbindung und durch motivierte Mitarbeiter, die diese mit Leben erfüllen und umsetzen. Um Kunden an ein Unternehmen zu binden, ist es wichtig zu verstehen, wer der Kunde ist. So werden als Kunden Personen oder auch Gruppen bezeichnet, die die Entscheidung für den Kauf des Produktes oder der Leistung treffen. Dabei unterscheidet man zwischen bestehenden Kunden (also diejenige Gruppe, die die Leistung zum wiederholten Male kauft) und potenziellen Kunden (also der Gruppe, die bisher noch kein Produkt erworben hat, jedoch künftig als Käufer in Frage kommt). Ein weiteres wichtiges Unterscheidungskriterium in Hinsicht auf Kunden ist, ob es sich bei dem Kunden um eine Privatperson handelt, die Konsumgüter einkauft oder um einen Mitarbeiter eines Unternehmens (oder eine Gruppe von Kaufbeeinflussern in Unternehmen = Buying Center) der im Auftrag des Unternehmens handelt und über die Anschaffung von Investitionsgütern bzw. Betriebsmitteln entscheidet. Die beiden Kundengruppen unterscheiden sich hinsichtlich der Kundenbindung zwar dahingehend, welche Möglichkeiten Konzepte zur Kundenbindung | Seite 1 von 15 angewandt werden können, auf der anderen Seite gelten für beide Gruppen die Gesetzmäßigkeiten des Kundenlebenszyklus. Der Kundenlebenszyklus Der Kundenlebenszyklus beschreibt die einzelnen Phasen von der Neukundengewinnung bis zur „Zurückeroberung“ eines bereits verloren gegangenen Kunden. Nachfolgende Grafik verdeutlicht sehr anschaulich, dass im Rahmen des Interessentenmanagements (= Neukundenakquisephase) kein Gewinn zu erwirtschaften ist – im Gegenteil, hier sind Aufwendungen notwendig um die Interessenten zu Neukunden zu machen. Hat der Kunde einmal gekauft und ist er zum Bestandskunden geworden, gilt es diesen über einen möglichst langen Zeitraum zu halten. 1 1 Vgl. munich-business-school.de Konzepte zur Kundenbindung | Seite 2 von 15 Die Phasen im Einzelnen Das Interessentenmanagement umfasst alle aktiven Vertriebsmaßnahmen zur Gewinnung eines Neukunden, wie z.B. Adressgenerierung- und qualifizierung, Mailingaktionen, Telefonakquise, Präsentation oder Angebotsabgabe. Das Neukundenmanagement umfasst die Tätigkeiten die nach Vertragsabschluss zunächst ausgeführt werden müssen. Beispiele hierfür sind das Erfassen der Verträge, der Kundendaten, die Koordination der Lieferung oder auch das Rechnungswesen. Das Bestandskundenmanagement befasst sich mit dem Erhalt der Kundenbeziehung. Hierfür ist es zunächst wichtig herauszufinden, was dem Kunden wichtig ist bzw. wann er zum Wettbewerber wechseln würde. Ein weiterer wesentlicher Aspekt in diesem Zusammenhang ist die Kundenzufriedenheit. Je zufriedener ein Kunde ist, desto loyaler verhält er sich dem Unternehmen gegenüber und desto schwieriger wird es für den Wettbewerber ihn „abzuwerben“. Auf die unterschiedlichen Kriterien, sowie die Möglichkeiten die sich bieten, um eine Kundenbeziehung aufrecht zu erhalten wird in den folgenden Kapiteln näher eingegangen. Das Rückgewinnungsmanagement spielt für allen Branchen eine große Rolle, bei denen der Kunde das Produkt sehr schnell wechseln kann. Ein Beispiel hierfür wäre der Telekommunikationsmarkt. Das Rückgewinnungsmanagement umfasst alle Aktionen mit denen „verlorene Kunden“ wieder angesprochen werden können. Im Gegensatz zum Interessentenmanagement ist diese Phase deutlich günstiger, da die Bedürfnisse des Kunden dem Unternehmen bereits bekannt sind und man auf bestehendes Adressmaterial zurückgreifen kann. Wirkungskette der Kundenbindung Kundenbindung bedeutet, dass sich der Kunde freiwillig an ein Unternehmen bindet. Dies ist ein langer Prozess, der direkt nach dem Kauf des Produktes beginnt. Auf den Prozess haben sowohl Kunde als auch Unternehmen Einfluss. Letztendlich sollte es jedoch der Wunsch des Kunden sein dauerhaft die Beziehung zum Unternehmen aufrechtzuerhalten. Konzepte zur Kundenbindung | Seite 3 von 15 Erstkontakt (Kauf des Produktes) Kundenzufriedenheit (Soll-IstVergleich) Kundenloyalität (Akzeptanz, Vertrauen, positive Einstellung) Kundenbindung (Wiederholter Kauf, Cross-buying, Weiterempfehlung) Ökonomischer Erfolg Die Kundenzufriedenheit spielt dabei eine zentrale Rolle. Sie spiegelt die Erwartungshaltung mit der tatsächlichen Leistung wieder. Im Rahmen des Kundenbeziehungsmanagements ist es für Unternehmen schon fast unerlässlich, regelmäßig die Zufriedenheit der Kunden zu hinterfragen bzw. regelmäßige Kundenzufriedenheitsumfragen durchzuführen. Werden die Erwartungen des Kunden nicht erfüllt, führt das in der Regel zu Unzufriedenheiten, werden sie übererfüllt jedoch häufig zu Begeisterung. TIPP: Führen Sie systematische Kundenzufriedenheitsumfragen durch. Sie können diese nach 30 oder 60 Tagen nach Lieferung bzw. Leistung durchführen. Erarbeiten Sie dazu eine unternehmensspezifische Checkliste (Kundenbefragung). Sie erhalten durch eine Umfrage Feedback zu den Produkten und es ist der erste Schritt zur Kundenbindung. Im Rahmen der Umfrage können Sie Ihren Kunden zur aktiven Mitarbeit auffordern und erhalten so auch Anregungen zur Verbesserung der Produkte/Leistungen. Fragen Sie nicht nur nach Produkteigenschaften, sondern auch nach Service vor Ort, Verhalten der Mitarbeiter, Zufriedenheit mit Preis /Leistungsverhältnis, Kommunikations-möglichkeiten, Auftragsabwicklung, Lieferung, Beschwerdemanagement, oder Image des Unternehmens. Konzepte zur Kundenbindung | Seite 4 von 15 Vergessen Sie nicht die berühmten „statistischen Daten“ zu erheben. Im Privatkundenumfeld könnten dies Fragen zu Alter, Geschlecht, Einkommen sein. Im Firmenkundenumfeld zu Unternehmensgröße, Entscheidungsstruktur oder auch regionale Verteilung der Unternehmen. Denken Sie bitte in diesem Zusammenhang auch immer daran, dass die Daten vertraulich behandelt werden müssen. Insbesondere im Privatkundenumfeld sollten Sie die Daten anonym erheben. Ein zufriedener Kunde wird das Unternehmen weiterempfehlen, weitere Produkte selbst kaufen oder auch einen höheren Preis bezahlen als beim Wettbewerber. Wesentliche Einflussfaktoren der Kundenzufriedenheit sind: • Image des Unternehmens bzw. Marke Dabei ist entscheidend, welche Erwartungen an die Nutzung des Produktes gerichtet werden. Desto höher das Image ist, desto höher sind auch die Erwartungshaltungen des Kunden – allerdings lässt sich dann auch ein höherer Preis rechtfertigen. Hierzu gehört auch eine eindeutige Corporate Identity. Das Image des Unternehmens kann für den Erstkauf entscheidend sein. TIPP: Formulieren Sie auf Ihre Zielgruppe hin ausgerichtet eine klares Leistungsversprechen, das Sie auch halten können oder geben Sie ihre Firma oder Ihren Produkten ein Motto. • Preis und Qualität des Produktes Dies bedeutet, wie der Kunde das Produkt wahrnimmt und ob in den Augen des Kunden das Leistungsversprechen gehalten wird. Die Wahrnehmung ist meist subjektiv, wird jedoch häufig durch Produkttests beeinflusst. Eine entscheidende Frage kann dabei sein, ob das Problem des Kunden gelöst wurde. Ist der Kunde hier mit der versprochenen Leistung zufrieden, dann kann dieser Punkt ausschlaggebend sein ob ein Produkt ein zweites Mal gekauft wird. Inwiefern Ihre Produkte den Erwartungen des Kunden entsprechen, können Sie nur vom Kunden selbst erfahren. TIPP: Fragen Sie den Kunden! (vgl. Zufriedenheitsumfrage) • Kommunikation Die Kommunikation sollte sehr regelmäßig stattfinden. Die Kommunikation mit dem Kunden beeinflusst maßgeblich wie Qualität und Leistung Konzepte zur Kundenbindung | Seite 5 von 15 wahrgenommen werden. Gleichzeitig sollte sie individuell auf jeden Kunden (B2B) bzw. die einzelnen Kundengruppen abgestimmt sein (B2C). Wichtig ist dabei, dass man mit dem Kunden in der Art kommuniziert, die für ihn angenehm und sinnvoll ist. Kommunikation ist vielfältig. Sie kann einseitig durch das Unternehmen stattfinden (z.B. Newsletter, Preislisten, Plakate) oder auch beidseitig, indem man sich mit dem Kunden austauscht und vom Kunden Informationen erhält. TIPP: Überlegen Sie an welchen Stellen Sie im Unternehmen oder auch außerhalb mit Ihren Kunden in Kontakt kommen. Informieren Sie Ihre Kunden über aktuelle Neuentwicklungen. Achten Sie darauf, dass alle Möglichkeiten der Kommunikation nach innen (also auch was im Unternehmen stattfindet) und außen immer einheitlich und exakt auf das Corporate Design des Unternehmens abgestimmt ist. Fragen Sie im Freundeskreis nach, wo Ihr Unternehmen wie wahrgenommen wird. Lassen Sie auch zufriedene Kunden zu Wort kommen und nutzen Sie Medien wie Facebook um Referenzen darzustellen. • Beschwerdemanagement und Service Bei Reklamationen ist die Erwartungshaltung des Kunden meist deutlich höher, als wenn es um eine „normale“ Beurteilung des Produktes geht. Daher kann ein entsprechender Umgang mit Reklamationen dafür ausschlaggebend sein, ob der Kunde langfristig verloren geht, oder ob er Bestandskunde bleibt. Hier einige TIPPS für den Umgang mit Reklamationen: • Der richtige Ansprechpartner sollte beim ersten Anruf sofort präsent sein bzw. der Annehmer des Anrufs kann sofort zu einem kompetenten Ansprechpartner verbunden werden • Die Reaktionszeit von der Annahme der Reklamation bis zum ersten Lösungsvorschlag darf nicht länger als 24 Stunden dauern • Der Kunde kennt die maximale Erledigungszeit (Zeitspanne zwischen Lösungsvorschlag und Erledigung) • Termintreue, d.h. die zugesagte Erledigungszeit wird eingehalten • Sie haben klare Eskalationsstufen im Unternehmen (es muss nicht alles sofort Chefsache werden, es ist aber klar definiert, wann etwas zur Chefsache wird) Konzepte zur Kundenbindung | Seite 6 von 15 • Zuverlässigkeit und Stabilität Kunden kaufen bei Menschen! Daher sollte jedes Unternehmen darauf achten, dass die Kunden kontinuierlich die gleichen Ansprechpartner haben, bzw. dass das „Unternehmensgedächtnis“ funktioniert. Dies kann in Form eines CRM-Systems softwareseitig unterstützen. Wichtig ist, das der Kunde das Gefühl hat, er wird im Unternehmen als Partner betrachtet und nicht als anonymer Faktor. Zusagen, die dem Kunden bei Kaufabschluss gegeben wurden sollten eingehalten werden. TIPP: Nehmen Sie Zusagen und Leistungsversprechen in die Kundenbefragung auf und checken Sie regelmäßig ob die Kunden diese auch so wahrnehmen wie Sie. Regeln Sie im B2B Umfeld klar die Vertretung der Ansprechpartner im Urlaubs- oder Krankheitsfall und lassen Sie dies den Kunden auch wissen, so beugen Sie dem vor, dass der Kunden das Gefühl hat von einem Mitarbeiter zum andern „geschubst“ zu werden. Formen der Kundenbindung Es gibt unterschiedliche Varianten wie ein Unternehmen Kunden langfristig an sich binden kann. Im Folgenden sind zunächst einmal die wesentlichen Hauptformen beschrieben. • Emotionale oder psychologische Kundenbindung Kunden, die emotional an ein Unternehmen gebunden sind, kaufen häufiger deren Produkte und sind auch nicht so preissensibel und wechselwillig wie Kunden, denen diese emotionale Bindung fehlt. Dabei spielt neben der Kundenzufriedenheit auch das Image des jeweiligen Unternehmens eine große Rolle, sowie das Differenzierungskriterium, also das, wovon sich das Unternehmen von seinen Wettbewerbern unterscheidet. Kunden, die sich mit dem Image des Unternehmens identifizieren, sind bereit, einen höheren Preis in Kauf zu nehmen. Sie verstehen sich auch als Botschafter des Unternehmens und tragen dies sichtlich nach außen. Die Kunst liegt dabei darin, dass der Unternehmer eine klare Identität für sich und seinen Kunden schaffen muss, was bedeutet, dass das WIR-GEFÜHL zwischen Kunden und Unternehmen gestärkt werden muss. Erst wenn sich der Kunde als Teil des Ganzen versteht wird die Bindung so stark, dass der Wechselwille nachlässt. Die emotionale Kundenbindung findet man sowohl im B2B als auch im B2C Umfeld. Eine solche emotionale Bindung kann man z.b. durch exklusive Kundenkarten erreichen, die eine bestimmte Eintrittsschwelle vorsehen, Konzepte zur Kundenbindung | Seite 7 von 15 bevor man zum „Member“ in einem Club wird (z.B. Senatorkarte bei Lufthansa) aber auch durch ein bestimmtes Image (z.B. Ikea family card) Emotionale Kundenbindung lässt sich häufig auch sehr gut in die CSRStrategie eines Unternehmens einbinden indem bestimmte Rabatte nicht an den Kunden weitergegeben werden, sondern für soziale Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Die emotionale Kundenbindung ist die stärkste Bindung die ein Kunde an ein Unternehmen haben kann, denn der Kunde ist stolz darauf Kunde des Unternehmens zu sein und seine Produkte zu besitzen bzw. seinen Leistungen zu beanspruchen. TIPP: emotionale Kundenbindung setzt voraus, dass man als Unternehmen seine Werte klar in Richtung des Kunden kommuniziert hat. Prüfen Sie einmal für Ihr Unternehmen welche Werte es nach innen und außen darstellt und ob diese mit der Wertevorstellung Ihres Kunden übereinstimmen • Vertragliche Kundenbindung Die vertragliche Kundenbindung ist das Resultat eines Vertrages. Dieser hat eine bestimmte Laufzeit während der Kunde in der Regel nicht – oder nur mit finanziellen Einbußen- wechseln kann. Der Kunde verpflichtet sich dabei für einen bestimmten Zeitraum eine bestimmte Leistung in Anspruch zu nehmen. Eine vertragliche Bindung kann dabei einen bestimmten Zeitraum umfassen (z.B. Servicevertrag über 24 Monate, Leasingvertrag über 36 Monate) oder auch ein bestimmtes Leistungskontingent innerhalb eines Zeitraums (z.B. 100 SMS in einem Monat). Für den Kunden ist es in der Regel schwierig, innerhalb der Vertragslaufzeit den Vertrag zu beenden. Im Rahmen der vertraglichen Kundenbindung erhält der Kunde im Gegenzug zu einer bestimmten Mindestlaufzeit häufig entsprechende Vergünstigungen, die es ihm erleichtern, lange Laufzeiten abzuschließen. TIPP: Überlegen Sie, ob sie für Ihr Unternehmen ein „Abo-Modell“ anbieten könnten. Handelt es sich bei Ihrer Leistung um eine immer wiederkehrende Leistung, bei der dies dem Kunden auch einen sinnvollen Nutzen bieten könnte z.B. durch Zusatzprodukte? • Technische Bindung Im Rahmen der technischen Bindung kann der Käufer die Leistung oder das Produkt des Anbieters nur dann sinnvoll nutzen, wenn er ein zweites Produkt dazu kauft bzw. weitere Leistungen des Anbieters in Anspruch nimmt. Diese technische (oder auch technisch-funktionale) Bindung kann sowohl im B2B Konzepte zur Kundenbindung | Seite 8 von 15 als auch im B2C Kundenumfeld Anwendung finden. Bekannte Beispiele hierfür sind Kapselautomaten bei Kaffee, bei denen man die Kapseln vom Hersteller der Kaffeemaschine kaufen muss, Tintenpatronen oder Tonerkartuschen die man beim Druckerhersteller kaufen muss, aber auch das jährlich fällige update bei der Buchhaltungssoftware zählen hierzu. Im Rahmen von Smartphones, Tablett PCs und ebooks gehören hier in-appKäufe genauso in den Rahmen der technischen Kundenbindungsmöglichkeiten, wie bestimmte Funktionalitäten oder neue Leben in Spielen, die erst während des Spielverlaufes gekauft werden. TIPP: Welche Möglichkeiten bietet Ihre Leistung/ihr Produkt den Kunden technisch zu binden? Gibt es Funktionalitäten, die man separat zukaufen kann? Gibt es ggf. Verbrauchsmaterialien, die einen günstigen Preis des Hauptgerätes rechtfertigen würden? Eine ebenfalls häufig gebrauchte Variante ist das Anbieten von Schulungen ohne die das Produkt nicht bedienbar ist. • Ökonomische Kundenbindung Im Rahmen der ökonomischen Kundenbindung werden Wechselbarrieren errichtet, die bei einem Wechsel des Anbieters zu einem finanziellen Verlust führen. Der Kunde wechselt den Anbieter nicht, weil er real oder subjektiv hohe Wechselkosten hat. Beispiele hierfür wären kostenpflichtige Kundenkarten, die einen bestimmten Rabatt auf die Leistung gewähren (z.B. Bahncard) oder auch Kundenkarten die langfristige Rabatte gewähren – im Gegenzug gibt der Kunde statt Geld seine Daten dem Unternehmen preis und legt sein Kaufverhalten offen. Ein anderes Beispiel sei an dieser Stelle der Wechsel der Krankenversicherung, der ggf. zu einer Neueinstufung in ein anderes Tarifsystem führen kann oder zu Verlusten von Altersrückstellungen führen kann. Ebenfalls eine ökonomische Kundenbindung liegt vor, wenn der Wechsel nur mit erheblichen Kostenaufwand durchzuführen ist, weil beispielsweise bei einen bestimmten Softwareprodukt die Migration auf ein Wettbewerbssystem einen hohen personellen und finanziellen Aufwand bedeutet. Im Rahmen der ökonomischen Kundenbindung muss der Kunde in jedem Fall die finanziellen Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen. Konzepte zur Kundenbindung | Seite 9 von 15 Fazit Formen der Kundenbindung Die einzige echte freiwillige Form der Bindung ist die emotionale Kundenbindung. Diese lässt sich aber gut in Mischformen mit den anderen Formen kombinieren. Sowie für den Kunden der emotionale Faktor überwiegt werden die übrigen Faktoren weniger stark als Zwang empfunden. Kundenbindungsmaßnahmen Je nach Zielgruppe, Unternehmen und Ziel können unterschiedliche Maßnahmen zur Kundenbindung eingesetzt werden. Zu Beginn jeder Kundenbindungsaktion sollte man aber zunächst klar die Ziele definieren. 1. Formulieren Sie zunächst ein klares und eindeutiges Ziel. Was mit der Maßnahme erreicht werden soll (z.B. innerhalb eines Jahres sollen 10 % der Kunden die ein Seminar besucht hatten ein Folgeseminar buchen oder 6 Monate nach Produkteinführung eines neuen Produktes soll es bei mindestens 50 % Ihrer Kunden bekannt sein) 2. Prüfen Sie ob das Ziel messbar ist. Ein quantitatives Ziel ist anhand von konkreten Zahlen leicht messbar, ein qualitatives Ziel benötigt ein wenig mehr Aufwand (z.B. Messung ob wirklich 50% Ihre Kunden ein neues Produkt kennen kann durch eine Umfrage erfolgen) 3. Stellen Sie sicher, dass die Erreichung des Ziels nicht von externen Faktoren abhängig ist. 4. Definieren Sie das Ziel realistisch und Erreichbar. Unrealistische Ziele wirken demotivierend 5. Terminieren Sie das Ziel klar. Im Folgenden werden nun einige Kundenbindungsmaßnahmen erläutert: • Kundenzeitschriften und Newsletter sind geeignet um mit Kunden unproblematisch in Kontakt zu treten. Sie eignen sich vor allem um über Neuigkeiten zu informieren und auf besondere Aktionen aufmerksam zu machen. Im Falle der elektronischen Newsletter muss darauf geachtet werden, dass die Einwilligung vom Kunden zum Erhalt des Newsletters vorliegt. Newsletter eignen sich für Kunden, die digitalaffin sind und schnell über einen weiteren Klick an Informationen gelangen möchten. Sie sind für Produkte hervorragend geeignet, die über das Internet vertrieben werden. Konzepte zur Kundenbindung | Seite 10 von 15 Die Printausgabe von Kundenzeitschriften eignet sich insbesondere für Produkte im gehobenen Preissegment bzw. für eine nicht internetaffine Zielgruppe oder für Produkte die eine besondere Form der Präsentation benötigen. TIPP: Newsletter zwar regelmäßig aber nicht zu häufig versenden. Einmal im Monat oder einmal im Quartal ist auch für kleine Unternehmen noch eine realisierbare Größenordnung. Der Newsletter darf den Kunden nicht langweilen und muss (wie der Name schon sagt) immer etwas Neues vorstellen, wobei der Kunde im Newsletter namentlich angesprochen wird. • Bei Kundenkarten handelt es sich um Karten, die von einem Unternehmen oder einer Unternehmensgruppe ausgegeben werden und die über unterschiedliche Funktionen wie Identifikationsfunktion, Servicefunktion, Treuefunktion oder auch Zahlfunktion verfügen können. Man unterscheidet dabei zwischen Multipartnerkarten (bei mehreren Unternehmen einsetzbar z.B. payback) oder Stand-alone-karten (Karten, die nur für ein Unternehmen gelten, aber häufig mit einer weiteren Funktion z.b. Kreditkarte versehen sind) Mit der Kundenkarte zeigt der Kunde zum einen seine Loyalität einem bestimmten Unternehmen gegenüber nach außen (vgl. emotionale Bindung) und erhält vom Unternehmen häufig geldwerte Vergünstigungen (z.b. kein Meilenverfall bei Lufthansa Kreditkarte, Meilensammeln beim Bezahlen mit der Karte) • Bei Bonuskarten verzichtet man in der Regel auf die Identifikationsfunktion des Kunden und möchte vielmehr einen Anreiz schaffen eine feste Kundenbindung mit möglichst einfachen Mitteln für beide Seiten einzugehen. Bonuskarten lassen sich auch für KMUs relativ leicht realisieren. Beispiele hierfür sind eine Stempelkarte beim Café um die Ecke oder ein Kundenheft beim Friseur. Bonuskarten belohnen den Kunden für seine Treue immer mit einem auf das Unternehmen abgestimmten Bonus. (z.B. nach 5 mal Cappuccino ist der 6.te kostenlos) Sie sollen Kunden animieren eine bestimmte Leistung häufig zu nutzen. Ein Bonus kann aber auch eine Schulung oder ein Seminar ein, wenn ein bestimmter Wert an Leistungen eingekauft wurde (z.B. Lizenzen für mindestens 10 Mitarbeiter einer Anwendungssoftware werden verkauft, dann erhält ein Mitarbeiter einen kostenlose Schulung) Konzepte zur Kundenbindung | Seite 11 von 15 • Durch Veranstaltungen oder Events soll der Kunde das Unternehmen auch von seiner „privaten“ Seite kennenlernen. Veranstaltungen fördern das Zusammengehörigkeitsgefühlt und reizen in der Regel alle Sinne des Kunden. Durch den hohen Spaßfaktor bieten sie einen hohen Erinnerungswert. Veranstaltungen können ein Tag der offenen Tür sein aber auch die Einladung zu Sportveranstaltungen, Oktoberfest oder Kunstausstellung. Die Grenze ist hier meist durch das Budget vorgegeben • Durch Sponsoring kann die emotionale Kundenbindung unterstützt werden und es sorgt zusätzlich häufig noch für positive PR und dient somit nicht nur der Kundenbindung sondern auch der Neukundenakquise. Je nach Ausrichtung des Unternehmens kann das Sponsoring für sportliche oder kulturelle, soziale oder ökologische Zwecke ausgerichtet sein. Sponsoring lässt sich häufig auch bereits mit einem kleinen Budget betreiben. • Der persönliche Verkauf eignet sich als Kundenbindungsinstrument sowohl für Produkte im B2B als auch im B2C Umfeld, wobei im B2C Umfeld der Verkaufsort häufig Läden sind. Ausschlaggebend ist dabei die persönliche Bindung die zum Kunden aufgebaut wird. Regelmäßige Kundenbesuche im B2B Bereich, besonders im Investitionsgüterumfeld dienen auch der Information des Verkäufers, da hierbei schnell Probleme oder Wünsche des Kunden ermittelt werden können. Zudem können neue Produkte so leichter vorgestellt werden. Ein Gespräch bei einem gemeinsamen Mittag- oder Abendessen rundet einen Betreuungsbesuch häufig ab. Die Gesprächsthemen sind dabei i.d.R. allgemeiner Natur und haben nicht unbedingt etwas mit dem Unternehmensgegenstand zu tun. Ähnlich kann auch die Kundenbeziehung im B2C Umfeld im Ladengeschäft gestärkt werden, indem der Stammkunde mit Namen angesprochen wird und der Verkäufer bereits erahnt welche Wünsche der Kunde hat. • Telefonmarketing stellt eine gute Variante der Kundenbetreuung dar. Der Unternehmer erhält sofort ein Feedback auf seinen Anruf, der Kunde kann eventuelle Unzufriedenheit direkt kommunizieren. Telefonmarketing eignet sich auch zur Durchführung von Kundenumfragen, wobei sich diese auf einige wenige ausgewählte Fragen beschränken sollten. Konzepte zur Kundenbindung | Seite 12 von 15 TIPP: Rufen Sie Ihre Kunden im B2B Umfeld eine Woche nach Lieferung eines Produktes an und erkundigen Sie sich ob die Lieferung und Installation seinen Wünschen entsprochen hat. Rufen Sie den Kunden nach weiteren 2 bis 3 Monaten ein und erkundigen Sie sich ob er noch Fragen zum Produkt hat. Evt. ist dies der richtige Zeitpunkt die eine oder andere Produktergänzung anzubieten oder auf eine spezielle Schulung aufmerksam zu machen. • Durch spezielle Vergünstigungen, die der Kunde beim Kauf eines Produktes erhält kann ein Anreizsystem geschaffen werden, dass der Kunde immer wiederkehrt. Dies können spezielle Probieraktionen sein, aber auch (Mengen-) Rabatte oder Coupons, die der Kunde bei seinem nächsten Besuch einlösen kann. Kleine Geschenke zaubern insbesondere im Privatkundenumfeld immer wieder ein Lächeln aufs Gesicht. Je nach Zielgruppe und Produkt freuen sich vor allem Kinder über kleine Aufmerksamkeiten - und bringen somit die Eltern wieder ins Geschäft. Gewinnspiele können dafür sorgen, dass der Kunde neugierig bleibt und immer wieder Kontakt zum Unternehmen aufnimmt – und dauerhafte Kontakte binden Kunden ans Unternehmen. • Workshops und Seminare können sowohl kostenpflichtig als auch kostenlos angeboten werden, wobei hier die Imagepflege und das Herausstellen der Unternehmenskompetenz im Vordergrund steht. Sie eignen sich daher besonders für Unternehmen, die komplexe Produkte oder Leistungen anbieten. • Empfehlungen sind die stärkste Form der Kundenbindung. Ein Kunde, der ein Unternehmen weiterempfiehlt wird selbst dort auch wieder kaufen. Sie können Empfehlungen auch fördern indem Sie sich beim Empfehlungsgeber mit einer kleinen Aufmerksamkeit z.B. einen Gutschein für seinen nächsten Besuch, bedanken. Customer Relationship Management (CRM) Die Kundendaten sind das wertvollste Gut über das das Unternehmen in Marketing und Vertrieb verfügt. Häufig werden die vorliegenden Informationen aber nicht optimal genutzt, da die Schnittstellen im Unternehmen nicht eindeutig beschrieben sind oder die interne Konzepte zur Kundenbindung | Seite 13 von 15 Kommunikation nicht funktioniert. Ein professionelles Kundenbeziehungsmanagement, das von allen Mitarbeitern getragen wird, kann hier Abhilfe schaffen und dafür Sorge tragen, dass der richtige Kunde zur richtigen Zeit mit dem für ihn richtigen Angebot angesprochen wird. Es integriert und optimiert abteilungsübergreifend alle kundenbezogenen Prozesse in Vertrieb, Marketing, Service und Forschung & Entwicklung sowie weiteren Fachbereiche. Zudem bildet es idealerweise den Vertriebsprozess im Unternehmen ab. Es sollte im Mindesten folgende Inhalte abdecken: • detaillierte Adressinformationen • Komplette Kundenhistorie • Spezifische Marketingaktionen • Individuelles Reporting • Kundenstatistik • Auftragsinformation • Ggf. integriertes Dokumentenmanagementsystem • Ggf. Zeitmanagement • Kundenverantwortlichkeit Man kann hierzu auf eine Vielzahl standardisierter Softwarelösungen zurückgreifen. In der Regel unterscheidet man hierbei zwei Varianten: 1. Software, die auf dem eigenen Computer installiert wird: Hier müssen in der Regel für jeden Arbeitsplatz Lizenzen erworben werden. Die Einzelnen Arbeitsplätze werden über das LAN und einen Server im Unternehmen vernetzt, so dass der Unternehmensweite Zugriff gewährleistet ist. Nachteil dieser Lösung ist, dass der Zugriff von außen oder von mobilen Endgeräten auf die Daten in der Regel nicht oder nur schwer möglich ist. Vorteil ist, das viele Anbieter für größere Unternehmen Unternehmenslizenzen anbieten und die Software individuell anpassen. 2. Software, die über das Internet bereit gestellt wird Hierbei liegen die Kundendaten in der Cloud und der Kunde greift auf seinen eigenen Daten zu. Der Vorteil dabei ist, dass der Datenzugriff ortsunabhängig geschehen kann, da viele Anbieter auch bereits mobile Lösungen für Smartphones anbieten. Das Lizenzmodell sieht meistens einen Preis pro User und Monat vor, womit zunächst keine hohen Anschaffungskosten verbunden sind. Gerade größere Konzepte zur Kundenbindung | Seite 14 von 15 Unternehmen sollten allerdings die Kosten über einen längeren Zeitraum berechnen, da diese sich sehr schnell aufsummieren können. Weiterführende Literatur: Hans Jürgen Ott/Martin Hubschneider: Kundenbindung Munich business school: die Bedeutung der Kundenbindung Bruhn, M.: Handbuch der Kundenbindung Weiterführende Links: Crm-erfolg.de Kundenbindung-tipps.de Munich-business-school.de Karin Schmidt | www.businessdevelopment-berlin.com Konzepte zur Kundenbindung | Seite 15 von 15