Systeme zur Außendienssteuerung Strategische Ziele werden selten erreicht CAS- und CRM-Software waren „das“ Thema auf der CeBIT 2000. Die Fachhochschule Niederrhein und die Düsseldorfer Unternehmensberatung Rölfs Partner Management Consultants befragten über 100 Unternehmen zu ihren Erfahrungen mit dieser Software. Das Ergebnis offenbaren noch große Defizite. • Die angestrebten strategischen Ziele beim CAS-Einsatz werden nur in unbefriedigendem Maße erreicht. • Die Systeme stellen eine sinnvolle Ergänzung für eine bestehende Strategie zum gezielten Kundenbindungsmanagement dar. • *Die Software nimmt das Management nicht aus der Verantwortung für die Optimierung der Kundenbindung. • Außendienststeuerung * CAS-Software • CRM-Software • CAS-Funktionalitäten • Kennzahlensysteme Autor: Andre Dammer Andre Dammer studierte an der FH Niederrhein Betriebswirtschaftslehre. Er untersuchte im Rahmen seiner Diplomarbeit den Einsatz von CRM Systemen. Seit 12/99 ist er fürr CSC Ploenzke tätig. e-mail: [email protected] Autor: Thomas Falk Thomas Falk ist Senior-Berater bei Rölfs Partner Management Consultants. Er beschäftigt sich im Rahmen seiner Aufgabengebiete Strategie, Marketing und Vertrieb mit der Einführung von CRM-Systemen. e-mail: [email protected] Autor: Prof. Dr. Doris Kortus-Schultes Prof. Dr. Doris Kortus-Schultes vertritt am Fachbereich Wirtschaft der Fachhochschule Niederrhein das Konzept eines wertschöpfungsorientierten Marketing. Lehr- und Forschungsgebiete sind Geschäftsprozesssoftware und neue Medien in Marketing und Vertrieb. e-mail: [email protected] Software und Systeme zur computergestützten Vertriebssteuerung können das Kundenmanagement nachhaltig verbessern. Das versprechen zumindest die Anbieter dieser Lösungen. Steigender Wettbewerbsdruck, schwindende Differenzierungsmöglichkeiten in den materiellen Produkten und eine wachsende Bereitschaft der Kunden, Lieferanten aufgrund geringster Preis- und Leistungsunterschiede zu wechseln, beflügeln zusätzlich die Nachfrage nach elektrifizierter Außendienststeuerung. Doch können die Systeme tatsächlich die hohen Erwartungen erfüllen, die mit ihrer Implementierung assoziiert werden? Die Ergebnisse der Befragung zeigen, dass Computer Aided Selling-Lösungen im täglichen Einsatz die in sie gesetzten Hoffnungen nur zu einem geringen Teil erfüllen. Fast 80 % der befragten Firmen beklagen Mängel an den Systemen. Aber auch die mit der Einführung verfolgten strategischen Ziele wie Verbesserung der Kundenbindung, Identifikation von Cross Selling Potentialen oder Verbesserung des Umsatz- bzw. Deckungsbeitrag pro Kunde wurden nur in wenigen Fällen als erreicht eingestuft. Was leisten die Systeme? CAS-Systeme dienen der Optimierung von Kundenbeziehungen. Sie sind ausgelegt, Kundeninformationen zu erfassen, strukturieren und zeitnah zur Verfügung zu stellen sowie die kundennahen Prozesse zu unterstützen. Ihre Nutzung verspricht wesentliche Optimierungspotentiale für Vertrieb, Marketing und Service. Dazu zählen eine gezielte Identifizierung von zukünftigen, profitablen Kunden, eine Steigerung des ausgeschöpften Kundenpotentials, ein verlängerter Lebenszyklus der Kundenbindung sowie das Erkennen und Nutzen von Rationalisierungspotentialen in der Kundenkommunikation. Die Studie In einer schriftlichen Befragung wurden inländische Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung erfasst, die nachweislich mit einem CAS-System arbeiten. Die insgesamt gezogene Stichprobe belief sich auf 240 Unternehmen. Dabei reichte die Spannweite der Umsatzklassen von unter DM 50 Mio. bis über DM 1 Mrd. bzw. von 20 bis 25.000 Mitarbeiter. Ansprechpartner in der Befragung waren in erster Linie Führungskräfte, die stark in die Einführung des Aussendienststeuerungssystems einbezogen waren. Die Rücklaufquote der Fragebögen lag mit fast 50 % ungewöhnlich hoch und offenbart das Interesse der Befragten, die eigenen Erfahrungen mit ihrer gewählten CAS-Lösung einordnen zu können. Die nachfolgenden Aussagen beruhen auf 106 ausgewerteten Fragebögen der Studie. Die durchschnittliche Einsatzdauer der CAS-Systeme in den Unternehmen betrug ca. 41 Monate. Somit ist davon auszugehen, dass die Untersuchungsergebnisse auf validen Erfahrungswerten beruhen. Die Zahl der Anwender des Steuerungssystems belief sich im Durchschnitt auf 190 Mitarbeiter. Nahezu jede zweite CRM-Einführung hatte der Vertrieb initiiert, in 31 % der Fälle war die Geschäftsleitung der Auslöser, in 7 % die EDV sowie weiteren 5 % die Marketingabteilung. Die Einführungsphase erstreckte sich durchschnittlich über 12 Monate, wobei die kürzeste Einführung zwei Monate beanspruchte, die längste zwei Jahre. Die durchschnittlichen Einführungskosten betrugen pro Anwender ca. TDM 13, wobei die Kosten zwischen TDM 2 und TDM 20 pro Anwender variierten. Weder in der Einführungsdauer noch in den Einführungskosten zeigten sich signifikante Zusammenhänge mit der Unternehmensgröße oder der Zahl der Anwender. Das legt die Schlussfolgerung nahe, dass die Einführungsdauer und die Einführungskosten pro Anwender dominant durch den gewählten Funktionsumfang des CRM-Systems und dem notwendigen Anpassungsaufwand (z.B. aufgrund der vorhandenen Organisation, Prozesse und IT-Systeme) bestimmt werden. Grafik 1: Häufigkeit der eingesetzten CAS-Funktionalitäten Untersuchungsergebnisse • Nahezu alle Unternehmen nutzen ihr System zur Vertriebssteuerung, um Kundenkontakte zu terminieren, inhaltlich vorzubereiten und zu dokumentieren sowie zur Verwaltung und Pflege der Kundenstammdaten. • Die CRM-Systeme werden auch im Marketing- und Vertriebscontrolling eingesetzt, wie z.B. zur Analyse der Kundenentwicklung, Erstellung von Absatz- und Umsatzanalysen oder Analyse der Entwicklung von Produkten. • Hingegen sind Funktionalitäten, die einen Datenaustausch mit den IT-Systemen anderer Unternehmensbereiche voraussetzen, weniger verbreitet. Dazu zählen die Verfolgung von Kundenaufträgen, die automatische Weitergabe von Auftragsdaten des Außendienstes und die Durchführung der Spesenabrechnung des Außendienstes. • Online-Funktionalitäten werden bislang kaum angewendet. Aber dies ist auch darauf zurückzuführen, dass derartige Funktionalitäten erst seit kurzer Zeit verfügbar sind. • Eine große Ernüchterung offenbarte allerdings die Einstufung der Zielerreichungen, die ursprünglich mit der Einführung des CAS-Systems verfolgt wurden (s. Grafik 2). • Grafik 2: Einstufung, der durch die Einführung eines CAS-Systems erreichten Ziele • Es wird deutlich, dass die angestrebten Ziele nicht automatisch allein durch die Schaffung technischer Voraussetzungen realisiert werden. • Es zeigt sich, dass die operativen Ziele den höchsten Erreichungsgrad aufweisen. So z.B. die zeitnahe Erfassung, Analyse und Kommunikation der für den Kundenkontakt notwendigen Daten sowie die Unterstützung der kundennahen Prozesse. • Allerdings wurden trotz der erkennbaren Optimierung der Abläufe im Tagesgeschäft nach Einstufung durch die Befragten die strategischen Ziele nur in relativ geringem Umfang erreicht. • So erreichten z.B. die Erhöhung der Kundenbindung, die Identifikation von Cross Selling Potentialen und die Verringerung der Vertriebskosten, die als Hauptargumente für die Einführung der Systeme gelten, nur durchschnittliche Werte. • Eine offene Kontrollfrage zu den wesentlichen Veränderungen durch die Einführung der Aussendienststeuerungssysteme führte zu ähnlichen Ergebnissen. Ebenso werden die oben gemachten Aussagen durch eine Analyse der Entwicklung wesentlicher Kennzahlen nach der CAS-Einführung gestützt. • Grundsätzlich ist ein tendenziell positiver Einfluss der CAS-Einführung auf die Kennzahlen zu erkennen. Eine nachhaltige Verbesserung – insbesondere der kundenbezogenen Erfolgsgrößen wie Umsatz oder Deckungsbeitrag je Kunde – ist jedoch nicht nachweisbar. • Grafik 3: Verbreitung von Kennzahlen und ihre Entwicklung nach CAS-Einführung • Zusammenfassend zeigt die Bewertung der CAS-Systeme, dass • fast 80 % der befragten Anwenderfirmen Mängel an den Systemen feststellen • 70 % der Unternehmen würden bei einer erneuten Einführung des CAS-Systems anders vorgehen. • Diese Ergebnisse sind insoweit überraschend, da die überwiegende Zahl der befragten Ansprechpartner aus Referenzunternehmen der führenden Anbieter von CAS-Systemen stammt und die Systeme in den meisten Fällen auch direkt durch den Hersteller geliefert wurden. Schlussfolgerungen Obwohl die meisten untersuchten Unternehmen die wesentlichen Funktionalitäten nutzen, um ihr Tagesgeschäft erfolgreich zu optimieren, stellt sich jetzt die Frage, warum die strategischen Ziele nur vergleichsweise unbefriedigend erreicht werden. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass die Einführung eines CAS-Systems nicht die Lösung für alle Kundenbeziehungsprobleme darstellen kann. Vielmehr stellen die Systeme eine sinnvolle Ergänzung für eine bestehende Geschäftsstrategie zum gezielten Kundenbindungsmanagement dar. Ihre Wirkung kann sich jedoch nur entfalten, wenn die richtige Strategie, die richtige Organisation und die richtigen Prozesse "elektrifiziert" werden. Die bloße Nutzung eines CRM-Systems führt nicht automatisch dazu, dass das Unternehmen auch die anderen entscheidenden Wettbewerbsfaktoren wie Produkt, Preis und Distribution beherrscht.(1) Dennoch bieten die Systeme zahlreiche Ansatzpunkte, den ganzen Kanon der marktgestaltenden Parameter deutlich zu verbessern. Nur muss dies alles durch Menschen dargestellt werden, die die Vorteile des Systems erkennen, umsetzen und kontinuierlich verbessern. Die Technik allein löst kein Problem.(2) Auch die beste CAS-Software kann nur die Voraussetzung für die Optimierung der Kundenbindung schaffen. Die Anwender sind für die konsequente Anwendung verantwortlich. Entscheidende Erfolgsfaktoren dafür sind Akzeptanz und Qualifikation bei den Anwendern in Vertrieb, Marketing und Strategie. Fußnoten (1) Vgl.: Winkelmann, P.: Computergestützte Vertriebssteuerung: Der lange Marsch zum Durchbruch; in: Absatzwirtschaft, Heft 3/98; S. 70-73 (2) Vgl.: Schwetz, W.. Der Schlüssel heißt Akzeptanz. CRM-Software: Erfolg beginnt vor dem Projektstart; in: Marketplus 1/2000; Beilage zur absatzwirtschaft, Heft 1-2/2000; S. 31