42 Hantavirusinfektionen

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Hantavirusinfektionen
42.1 Krankheitsformen
Hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom
(HFRS), Hantavirus kardiopulmonales Syndrom
(HCPS).
42.2 Klinisches Bild
Das hämorrhagische Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) ist klinisch durch die Trias Fieber, Hämorrhagien und Nierenversagen definiert. Der
Verlauf ist komplex und besteht aus 5 Phasen. Die
Schwere der Erkrankung variiert mit dem auslösenden Hantavirus und ist demzufolge abhängig
vom natürlichen Wirt des jeweiligen Virus und der
geografischen Region, in der er vorkommt
(▶ Tab. 42.1). Das „klassische“ HFRS, an dem während des Koreakrieges etwa 3 000 UN-Soldaten erkrankten, wird durch das Hantaanvirus verursacht.
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Eine milde Form des HFRS wird in Skandinavien
seit den 1930er-Jahren auch als Nephropathia epidemica(NE) bezeichnet.
Das HFRS beginnt akut mit hohem Fieber, Schüttelfrost und Lethargie, Kopfschmerzen, Bauch- und
Rückenschmerzen, Schwindelgefühl, Benommenheit und Sehstörungen, Haut- und Schleimhautblutungen oder Petechien und einem Erythem der
oberen Körperhälfte. Gegen Ende der 1. Woche
können konjunktivale Blutungen, Epistaxis, Melena und Metrorrhagien auftreten. Die 2. Phase (Tage
5 – 8) beginnt mit akutem Blutdruckabfall und
Thrombozytopenie. Sie dauert wenige Stunden bis
Tage und kann zu irreversiblem Schock führen. Typische Laborbefunde sind neutrophile Leukozytose > 20 × 109/l mit Linksverschiebung, Anämie
und Thrombozytopenie < 30 × 109/l, Anstieg von Creaktivem Protein (CRP) und Serumtransaminasen, sowie Gerinnungsstörung mit intravasalem
Tab. 42.1 Klinisch wichtige Hantaviren: Verbreitung, Reservoirwirt und Schwere der menschlichen Erkrankung.
Virus1
Endemiegebiete
Schweregrad
Natürlicher Wirt2
hämorrhagisches Fieber mit renalem Syndrom (HFRS) einschl. Nephropathia epidemica
Puumala (PUUV)
Europa
mild
Rötelmaus (Myodes glareolus)
Kurkino (DOBVAa)
Mitteleuropa
mild/mäßig
Brandmaus (A. agrarius)
Dobrava (DOBVAf)
Südosteuropa (Balkan)
mäßig/schwer
Gelbhalsmaus (Apodemus
flavicollis)
Sochi (DOBV-Ap)
Russland (Schwarzmeergebiet)
mäßig/schwer
Schwarzmeer-Waldmaus (A.
ponticus)
Hantaan3 (HTNV)
Ostasien (China, Korea, Ostsibirien)
mäßig/schwer
Brandmaus (A. agrarius)
Seoul4 (SEOV)
Ostasien, seltener weltweit
mild/mäßig
Ratten (Rattus norvegicus, R.
rattus)
Dobrava-Belgrad2 (DOBV),
3 Genotypen:
Hantavirus kardiopulmonales Syndrom (HCPS)
Sin Nombre5 (SNV)
Nordamerika
schwer
Weißpfötchenmäuse (Peromyscus spp.)
Andes6 (ANDV)
Südamerika
schwer
Reisratte (Oligoryzomys longi-caudatus)
1
Auswahl aus der Gruppe humanpathogener Hantaviren
Generell weisen die verschiedenen Hantaviren eine ausgeprägte Wirtsspezifität auf. DOBV-Subspezies kommen mit
unterschiedlichen Wirtsspezies assoziiert und unterschiedlicher Schwere der klinischen Symptomatik vor.
3 HTNV-Infektionen sind auch als „koreanisches“ oder „epidemisches hämorrhagisches Fieber“ bekannt.
4 weltweite Verbreitung mit dem Wirt Rattus norvegicus vor allem in Hafenstädten
5 Weitere Fälle von HCPS, z. T. auch mit (stärkerer) renaler Beteiligung, durch andere nordamerikanische Hantaviren
wurden beschrieben, z. B. New-York-Virus, Monogahela-Virus, Bayou-Virus und Black-Creek-Canal-Virus.
6 In Südamerika werden zunehmend Fälle von HCPS berichtet, die nicht nur durch Andes-Virus (Chile, Argentinien,
Bolivien), sondern auch durch weitere durch Neuweltmäuse (Sigmodontinae) übertragene Viren hervorgerufen werden,
z. B. Araraquara-Virus, Choclo-Virus, Juquitiba-Virus, Laguna-Negra-Virus, Lechiguanas-Virus, Oran-Virus.
2
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42 Hantavirusinfektionen
Faktorenverbrauch, Prothrombin- und partieller
Thromboplastinzeitverlängerung und Fibrinogenspaltproduktvermehrung. Die 3., oligurische Phase
(Tage 9 – 12) ist durch eine akute tubulointerstitielle Nephritis und Nierenversagen mit obligat
tubulärer Proteinurie und Hämaturie gekennzeichnet, gelegentlich mit Lungenödem oder „acute respiratory distress syndrome“ (ARDS). Die Nierenfunktion bessert sich bei den überlebenden Patienten in der Regel nach 3 – 10 Tagen mit Übergang in
die polyurische Phase. Eine chronische Niereninsuffizienz ist selten. Das komplette Bild des HFRS
mit Haut-, Schleimhaut- und internen Blutungen
tritt nur bei einem Drittel der Patienten mit Hantaanvirusinfektion auf (Tage 13 – 21). Die Letalität
des durch Hantaanvirusinfektion bedingten HFRS
beträgt 5 – 20 %. Todesursachen sind hauptsächlich
Schock oder Nierenversagen, seltener Lungenödem.
Milde, durch Infektionen mit dem Puumalavirus
ausgelöste, klinische Verläufe des HFRS werden
auch als Nephropathia epidemica (NE) bezeichnet. Der klinische Verlauf imponiert als 2-phasige
grippeähnliche Krankheit. Häufige Symptome sind
Fieber, kolikartige, oft einseitige Flankenschmerzen, Übelkeit und Diarrhoe, Kopfschmerzen und
Nackensteifigkeit, gelegentlich mit Sehstörungen
(Myopie, Fotophobie) und konjunktivalen Einblutungen. Generalisierte Blutungsneigungen sind extrem selten. Transiente Proteinurie (0,1 – > 20 g/l)
und Mikrohämaturie werden fast immer gefunden. Eine akute Nierenfunktionseinschränkung
tritt im Mittel nach 7 (3 – 19) Tagen auf mit generell mäßigem Anstieg von Serumkreatinin, CRP
und
Leukozytenzahl,
und
Thrombozytopenie < 100 × 109/l sowie tubulärer Proteinurie mit
Vermehrung von α-1-Mikroglobulin. Histologisch
findet sich eine interstitielle Nephritis mit mononukleärem Infiltrat und, gelegentlich, interstitieller (medullärer) Hämorrhagie. Bei unkompliziertem Verlauf ist in der Regel eine Nierenbiopsie
nicht erforderlich. Dialyse ist in < 10 % der Fälle indiziert. Die Letalität ist < 1 %. In jüngerer Zeit wurden in Nord- und Ostdeutschland auch ähnliche
Krankheitsbilder nach Infektion mit Dobravaviren
(Genotyp DOBV-Aa) beschrieben.
Bei Kindern mit HFRS/NE stehen initial Fieber,
Kopf- und Halsschmerzen, Myalgien, gastrointestinale Symptome mit Bauch- und Flankenschmerzen, Erbrechen, Oligurie und Bluthochdruck im
Vordergrund. Haut- und Schleimhautblutungen
(Petechien, gastrointestinale Blutungen) sowie
schweres Nierenversagen sind die Ausnahme. Es
muss angemerkt werden, dass Kinder relativ selten
an HFRS erkranken und dass auch die Seroprävalenz (Vorkommen von Hantavirus-Antikörpern) im
Kindesalter noch gering ist.
Das Hantavirus kardiopulmonale Syndrom
(HCPS) ist die typische Krankheitsform in Nordund Lateinamerika durch dort endemische Hantaviren (siehe ▶ Tab. 42.1). Die oft akut verlaufende
Erkrankung ist charakterisiert durch Fieber und
Myalgien, Schüttelfrost, gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen und
Diarrhoe gefolgt von Dyspnoe, Thrombozytopenie,
Kreislaufinstabilität und Lungenödem. Trotz verlängerter PTT und PT sind manifeste Blutungen selten. Eine renale Beteiligung mit tubulärer Proteinurie und/oder Hämaturie, aber nur geringer Nierenfunktionseinschränkung, findet sich bei etwa
50 % der Patienten. Die Erkrankung hat eine Letalität von ca. 35 %. HCPS kommt in Europa nur als importierte Erkrankung vor.
Pathogenese und klinischen Manifestation von
HFRS und HCPS ähneln sich, zumal auch HFRS-Fälle mit schweren Lungenkomplikationen und
HCPS-Fälle mit Nierenbeteiligung auftreten. Deshalb wird vorgeschlagen, übergreifend den Begriff
Hantavirus-Erkrankung zu verwenden, wie es
auch das Robert Koch-Institut schon seit Jahren
tut.
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42.3 Ätiologie
HFRS und HCPS werden durch einzelsträngige
RNA-Viren aus der Familie der Bunyaviridae, Genus Hantavirus, hervorgerufen. Hantaviren variieren hinsichtlich der geografischen Verteilung, des
spezifischen Nagetierreservoirs und des Verlaufs
der assoziierten Erkrankung. Die Puumala-Viren
und verschiedene Dobravavirus-Subtypen sind die
Erreger des europäischen HFRS. Details sind in
▶ Tab. 42.1 aufgeführt.
In vitro führen Infektionen mit Hantaviren nur
zu geringer Zellschädigung. In vivo beeinflussen
sie vor allem die Funktion der Endothelzellen und
induzieren Infiltrate aus aktivierten (CD8+-)T-Zellen, Monozyten und Makrophagen im Interstitium.
Der Krankheitsentstehung liegen wahrscheinlich
immunpathologische Mechanismen zugrunde, die
eine Störung der Endothel-Barrierefunktion in den
Kapillaren durch zytotoxische T-Zellen und inflammatorische Zytokine bedingen. Außerdem
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42.3 Ätiologie
können Hantaviren mit Megakaryozyten und auch
den Thrombozyten selbst interagieren.
HFRS und HCPS hinterlassen wahrscheinlich
eine lang andauernde, zell- und antikörpervermittelte Immunität und damit einen Schutz vor erneuter Erkrankung.
42.4 Epidemiologie
Hantaviren sind in weiten Gegenden Eurasiens endemisch. Bekannte europäische Endemiegebiete
sind Skandinavien, der europäische Teil Russlands
und der Balkan, vor allem Serbien und Nordgriechenland. Zunehmend werden Fälle auch aus
Deutschland, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Belgien und Nordfrankreich berichtet. Mit
1688 gemeldeten Erkrankungen im Jahr 2007,
2017 Fällen in 2010 und 2500 Fällen im Jahre 2012
bereits bis September des Jahres gehören Hantavirus-Erkrankungen in diesen Jahren zu den 5 häufigsten meldepflichtigen Viruserkrankungen in
Deutschland. Die meisten Erkrankungen in
Deutschland werden durch das Puumalavirus ausgelöst. Im Norden und Osten Deutschlands führt
außerdem eine Variante des Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV-Aa) zu Erkrankungen. Zu den Regionen
mit der höchsten Inzidenz gehören die Schwäbische Alb, der Bayerische Wald und der Spessart.
Schwere Formen mit Letalitätsraten bis zu 12 %
sind vor allem im ehemaligen Jugoslawien beschrieben worden. Auf dem Balkan sind DobravaBelgrad- und Puumalaviren endemisch. Die schweren Verläufe werden durch eine dort vorkommende Variante des Dobrava-Belgrad-Virus (DOBV-Af)
ausgelöst.
Das Reservoir der Hantaviren sind in der Regel
Nagetiere der Unterfamilien Murinae (DOBV,
HTNV, SEOV), Arvicolinae (PUUV) und Sigmodontinae (SNV, ANDV). Hantaviren sind an spezifische
Nager adaptiert, bei denen sie eine vermutlich
symptomlose, chronische Infektion verursachen.
Die Übertragung geschieht über Exkremente, insbesondere Urin und Speichel der Nager, die vom
Menschen über Aerosole aufgenommen werden.
Hantaviren werden nicht von Mensch zu Mensch
übertragen. Eine mögliche Ausnahme ist das Andesvirus, für das einzelne Fälle einer Übertragung
zwischen Menschen beschrieben wurden. Für Laborpersonal besteht Infektionsgefahr durch Kontakt mit Material von Patienten oder infizierten
Versuchstieren. Weitere Wirte, z. B. Bisamratten,
Spitzmäuse, Maulwürfe und Fledermäuse, können
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infiziert sein, ohne dass bisher eine humanpathogene Bedeutung der entsprechenden Hantavirustypen bekannt ist.
Die Inzidenz der Erkrankung ist in ländlichen
Gegenden höher als in urbanen Gebieten. Wahrscheinlich bedingt durch Exposition und berufliche Tätigkeiten sind Männer häufiger als Frauen
betroffen (2:1 bis 3,5:1), bevorzugt im Alter zwischen 20 und 49 Jahren. Infektionen treten zu jeder Jahreszeit mit einem Häufigkeitsgipfel im Sommer auf. Es wird angenommen, dass die Infektion
in bis zu 90 % der Fälle asymptomatisch verläuft.
Die Inkubationszeit wird mit 7–40 Tagen angegeben.
42.5 Diagnose
Wenn eine Leptospirose ausgeschlossen ist, lässt
sich die Verdachtsdiagnose HFRS gelegentlich aufgrund der klinischen und epidemiologischen Angaben stellen, jedoch ist das klinische Bild oft unvollständig, und die Symptome sind nicht spezifisch. Die Virusanzucht ist schwierig und meist erfolglos. Infolgedessen gewinnt der Nachweis virusspezifischer Nukleinsäuren in Blut, Speichel oder
Urin sowie Gewebeproben mittels PolymeraseKettenreakion (RT-PCR), ggf. mit nachfolgender Sequenzierung, zunehmende Bedeutung. Die Virämiephase bei HFRS-Patienten ist jedoch sehr kurz,
sodass der Nachweis von viraler RNA aus dem Blut
nur während der akuten Phase und auch hier nur
bei einem Teil der Patienten gelingt. Zur retrospektiven Diagnostik bieten sich immunhistologische
Techniken an, z. B. in fixiertem Gewebe.
Die Diagnose wird daher in der Regel serologisch durch den Nachweis spezifischer Immunglobulin (Ig)M- und IgG-Antikörper mittels Enzymimmunoassay (ELISA) oder Western-Blot gestellt, unter Verwendung von (rekombinanten) Nukleokapsid-(N-)Proteinen als diagnostischem Antigen oder
mittels indirektem Immunfluoreszenztest (IFA).
Dabei muss in Europa sowohl mit Puumala- als
auch mit Dobrava-Antigenen getestet werden. Die
Mehrzahl hantavirusinfizierter Patienten hat bereits bei Beginn der klinischen Symptome nachweisbare IgM-Antikörper. IgG-Antikörper werden
in 80 – 90 % der in den ersten 5 Tagen entnommenen Serumproben gefunden. Der IgM-Nachweis ist
vor allem in Endemiegebieten wichtig aufgrund
der Prävalenz virusspezifischer IgG-Antikörper.
Mit hochsensitiven Tests lassen sich IgM-Antikörper noch bis zu 2 Jahre nach der Erkrankung
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Hantavirusinfektionen
42.7 Prophylaxe
42.6 Therapie
Die Behandlung konzentriert sich auf die Beherrschung von Blutungen, die Stabilisierung des
Kreislaufs und die Korrektur der Folgen der akuten
Niereninsuffizienz. Patienten sollten frühzeitig in
ein Zentrum mit allen Möglichkeiten der intensivmedizinischen Betreuung und Nierenersatztherapie verlegt werden.
Eine wirksame antivirale Therapie des HFRS ist
mit Ribavirin möglich. In einer prospektiven, randomisierten, placebokontrollierten Studie zwischen 1985 und 1987 an 242 chinesischen Patienten mit serologisch gesichertem HFRS führte eine
frühzeitige intravenöse Ribavirin-Therapie zur signifikanten Senkung der Inzidenz von Nierenversagen, hämorrhagischen Komplikationen und Letalität. Der „loading dose“ mit 30 mg/kgKG folgte
die Gabe von 15 mg/kgKG alle 6 h über 4 Tage,
dann 8 mg/kgKG alle 8 h über weitere 3 – 6 Tage.
Ribavirin wurde über 30 Minuten intravenös infundiert.
Systemische Ribavirin-Therapie kann dosisabhängig zu einer reversiblen hämolytischen Anämie und Knochenmarksuppression führen. Der
Nutzen der virostatischen Therapie bei der in der
Regel leichteren mitteleuropäischen Form des
HFRS (NE) und beim HCPS ist nicht bewiesen. Alpha-Interferon scheint das Risiko der Hämorrhagien, nicht jedoch die Letalität zu beeinflussen.
42.7 Prophylaxe
Aktive oder passive Impfstoffe stehen in Europa
bisher nicht zur Verfügung. Südkorea hat 1992
eine Hantaanvirus-Vakzine aus formalininaktiviertem Hirnextrakt von infizierten Mäusen (Hantavax) in das nationale Impfprogramm aufgenommen (2 Dosen im Abstand von 1 Monat, Auffrischimpfung nach 12 Monaten; über 6 Mio. Dosen verimpft). Nach der 2. und 3. Dosis wurden neutralisierende Antikörper nur bei 17 % bzw. 33 – 50 %
der freiwilligen Impflinge erzielt. Adäquate, kontrollierte und randomisierte Studien fehlen bisher.
Der Schutzeffekt in der Bevölkerung ist unbekannt
und Kosten-Nutzen-Analysen stehen noch aus.
Zwar wurde derselbe Impfstoff während der Jahre
1996 – 1998 in einer Feldstudie im früheren Jugoslawien mit „gutem Erfolg“ an insgesamt 3 900
Probanden getestet, erhebliche methodische Mängel mindern jedoch den Wert dieser Untersuchung. In China und Südkorea sind noch weitere
Impfstoffe auf der Basis inaktivierter Viren (China:
HTNV/SEOV, Südkorea: HTNV) im Einsatz.
Klinische Studien mit einem rekombinanten
Vakzinia-Lebendimpfstoff mit HTNV-Membranglykoproteinen G1 und G2 und dem Nukleokapsidantigen wurden in den USA nicht weitergeführt. Eine
Schutzwirkung gegenüber der in Mitteleuropa
vorherrschenden Hantavirus-Erkrankung durch
Puumula- und Dobrava-Viren ist mit keinem der
oben genannten Impfstoffe zu erwarten.
Erste tierexperimentelle Studien zeigen, dass
eine passive Immunisierung mit hantavirusspezifischen (monoklonalen) Antikörpern die Induktion
von Zytokinen und Krankheitssymptomen mildert.
Die Expositionsprophylaxe (Vermeidung des
Kontakts mit Mäusen und deren Ausscheidungen)
ist von zentraler Bedeutung für die Verhinderung
von Infektionen mit Hantaviren. Dazu gehört die
Bekämpfung von Mäusen innerhalb und in der
Umgebung von Wohn- und Arbeitsplätzen. Bei Tätigkeit in Räumlichkeiten, in denen Mäuse gehaust
haben können (z. B. Stallungen, Schuppen, Reinigung von Sommerhäusern nach der Winterpause) sollten Einweghandschuhe und möglichst
Mundschutz getragen werden; eine Aufwirbelung
von Staub bei der Entfernung von Mäusekot oder
Nestmaterial ist zu vermeiden. Beim Aufenthalt im
Freien (z. B. Camping, Tätigkeit in Wald und Feld)
sollten ebenfalls Kontakte mit Mäusenestern und
Mäuseausscheidungen vermieden werden. Weitere Maßnahmen sind die sichere Aufbewahrung
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nachweisen. Mit zunehmendem Wissen um die
Epidemiologie der Hantaviren wird es möglich
und nötig sein, trotz der ausgeprägten Kreuzreaktionen vor allem zwischen den Viren der Hantaan-Gruppe (HTNV/SEOV/DOBV) virusspezifische
Antigene einzubeziehen. Zur definitiven Differenzierung von Hantavirus-Antikörpern müssen aufwendige Neutralisationstests durchgeführt und/
oder auf RT-PCR-Ergebnisse zurückgegriffen werden.
Prinzipiell wird die akute Infektion durch den
Nachweis von IgM und IgG oder signifikantem Titeranstieg (Serumpaar) von IgG diagnostiziert. In
Nichtendemiegebieten wird schon der 1-malige
gesicherte Nachweis von IgG im Zusammenhang
mit der klinischen Symptomatik als beweisend für
die Infektion angesehen. Die Bestätigung von ELISA-Daten durch ein unabhängiges Verfahren zum
Antikörpernachweis (Immunoblot, IFA) wird empfohlen.
Hantavirusinfektionen
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Koordinator:
D. H. Krüger
Z
●
Mitarbeiter:
R. Beetz, M. Panning
42.8 Weiterführende
Informationen
Centers for Disease Control and Prevention: www.
cdc.gov > A–Z Index: H > Hantavirus Pulmonary
Syndrome (HPS)
Institut für Virologie der Charité: virologie-ccm.
charite.de > Institut > Konsiliarlaboratorium für
Hantaviren: Maßnahmen zur Vermeidung von
Hantavirusinfektionen (pdf)
Konsiliarlaboratorium für Hantaviren
Institut für Medizinische Virologie Charité-Universitätsmedizin Berlin
Charitéplatz 1
10 117 Berlin
Ansprechpartner: Prof. Dr. D.H. Krüger
Tel.: 030 450–525 092 oder -525 084
Fax: 030 450–525 907
E-Mail: [email protected]
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von Nahrungsmitteln innerhalb und außerhalb
menschlicher Wohnungen sowie die Desinfektion
und Entsorgung von gefangenen bzw. toten Mäusen. Einzelheiten können einem gemeinsamen Informationsblatt des Nationalen Konsiliarlaboratoriums für Hantaviren an der Charité, des Robert
Koch-Institutes und weiterer Einrichtungen entnommen werden.
Schwangerschaft. Die Zahl publizierter Fälle
von Hantavirusinfektionen in der Schwangerschaft
ist gering und lässt keine zuverlässige Risikoeinschätzung zu. In Einzelberichten wurden vaginale
Blutungen, spontaner Abort, Frühgeburt mit Atemnotsyndrom und Tod des Neugeborenen unmittelbar nach der Geburt in Verbindung mit einer Hantavirus-Erkrankung der Mutter während der
Schwangerschaft gebracht. In einer Studie zu Puumula- und Dobravavirusinfektion während der
Schwangerschaft wurden jedoch keine vertikale
Virusübertragung und keine offensichtlichen Auswirkungen auf den Fetus oder das Neugeborene
dokumentiert.
Meldepflicht nach § 6 und 7 IfSG. Namentliche
Meldung an das Gesundheitsamt innerhalb von
24 Stunden durch das Labor bei direktem oder indirektem Nachweis einer akuten Infektion durch
Hantaviren. Namentliche Meldepflicht durch den
behandelnden Arzt bei virusbedingtem hämorrhagischem Fieber (VHF).
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