Krisenintervention/Notfallmedizin Priv.-Doz. Dr. med. Peter Danos Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am Klinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Klinikum Offenbach 1 „Psychische Krise“ Frühere Definition einer psychischen Krise = Psychische Ausnahmezustände aufgrund einer psychosozialen Belastung bei zuvor psychisch unauffälligen Menschen (Riecher-Rössler et al, In: RiecherRössler et al (Hrsg.), Psychiatrisch-psychotherapeutische Krisenintervention, 2004) Aktuelle Definition einer psychischen Krise = Akute Verschlechterung des psychischen Zustandes bei vorhandenen chronischen psychischen Störungen (Murphy et al 2012) Es sollte weiterhin versucht werden zu unterscheiden zwischen einer psychischen Krise mit unspezifischen Symptomen bei einer schweren Belastung einerseits und einer Krise mit spezifischen Symptomen bei bestehender psychischen Störung In der Regel besteht bei einer psychischen Krise keine unmittelbare Lebensgefahr oder Gefahr anderer schwerwiegender Folgen 2 „Psychiatrischer Notfall“ und „psychische Krise“ Definition eines psychiatrischen Notfalls: Ein psychisch-bedingter Zustand, der unverzüglich einer psychiatrisch-ärztlichen Behandlung bedarf zur Abwendung von Lebensgefahr oder anderen schwerwiegenden Folgen (Rössler, In: Hewer und Rössler (Hrsg.), Das Notfall Psychiatrie Buch, 1998) Der Begriff des psychiatrischen Notfalls entstammt dem pragmatischen Verständnis der Notfallmedizin Die Grenzen zwischen Krise und Notfall sind nicht scharf zu ziehen Eine psychosoziale Belastung kann bei einem Schizophrenie-Kranken zunächst zu einer unspezifischen Krisensymptomatik, im weiteren Verlauf auch zu Suizidalität oder zu einem psychotischem Erregungszustand führen (Riecher-Rössler et al, 2004) Auch die Grenzen zwischen Krisenintervention und psychiatrischer Notfallbehandlung sind oft fließend 3 Notärztliche Intervention bei psychischen Krisen (I) Pajonk und D‘Amelio (2013) haben Empfehlungen im Hinblick auf notärztliche Interventionen bei psychischen Krisen publiziert Jeder Einsatz eines Notarztes aufgrund einer psychischen Krise sollte solange als „psychiatrischer Notfall“ angesehen werden, bis eine akut bestehende Fremd- oder Selbstgefährdung sicher ausgeschlossen wurde 4 Notärztliche Intervention bei psychischen Krisen (II) Folgende Interventionen sollten durchgeführt werden: Schnelle Stabilisierung des Patienten: „Psychologische Erste Hilfe“ Beziehung aufbauen Erfassen der Situation Beurteilung der Fremd- oder Selbstgefährdung Linderung der Symptome Abschluss: Einweisung in die Klinik? 5 Notärztliche Intervention bei psychischen Krisen „Psychologische Erste Hilfe“ Schnelle Stabilisierung des Patienten: „psychologische Erste Hilfe“ Der Patient sollte psychologisch und körperlich stabilisiert werden Danach sollte der Patient entweder in seinem gewohntem Umfeld verbleiben können oder sicher in eine stationäre Behandlung überführt werden Dem Patienten sollte nach der Stabilisierung immer angeraten werden, sein Problem im Rahmen spezialisierter Institutionen weiter zu bearbeiten 6 Notärztliche Intervention bei psychischen Krisen Beziehung aufbauen Beziehung zum Patienten aufbauen durch folgende Schritte: Persönliche Vorstellung: „Mein Name ist Dr. Müller, ich bin der zuständige Arzt“ Gesprächsführung: Bei stummen oder in sich gekehrten Patienten können folgende Beispielsätze den Redefluss aktivieren: „Ich merke, dass es Ihnen gerade nicht so gut geht. Ist das schon länger so? Im Gang halten des Gesprächs mittels non-verbaler Zeichen (z.B. sich hinsetzen, Augenkontakt herstellen, Nicken) Affirmative Äußerungen: „ich beginne zu verstehen, können Sie mir noch mehr darüber erzählen?“ 7 Notärztliche Intervention bei psychischen Krisen Erfassen der Situation Die psychologische Situation des Patienten und mögliche Auslöser der aktuellen Krise sollten zunächst erfasst werden Man sollte dem Patienten signalisieren, dass man seinen Leidensdruck nachempfinden kann: „Ich glaube, vielen Menschen würde es jetzt genau so gehen wie Ihnen jetzt“ Einflussfaktoren für den weiteren Verlauf erfragen: Somatische Krankheiten, Medikamenteneinnahme, finanzielle und soziale Belastungen, beistehender Freundeskreis 8 Notärztliche Intervention bei psychischen Krisen Besteht Fremd- oder Selbstgefährdung? Von der Bewertung einer Selbst- oder Fremdgefährdung ist abhängig, ob Maßnahmen auch gegen den Willen des Patienten getroffen werden, dabei müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein: Eine medizinische Behandlung ist aufgrund einer akuten Selbst- oder Fremdgefährdung dringend indiziert Der Patient lehnt aufgrund einer psychischen Störung eine Behandlung ab 9 Notärztliche Intervention bei psychischen Krisen Linderung der Symptome Der Leidensdruck des Patienten in der psychischen Krise sollte auf ein für ihn erträgliches Maß reduziert werden Der Patient sollte ermutigt werden, seine belastenden Gefühlszustände auszudrücken: „Ich habe den Eindruck, Sie sind gerade sehr verzweifelt“ In manchen Fällen, ist eine medikamentöse Intervention indiziert, z.B. Gabe eines Benzodizepins (z.B. Lorazepam) bei schweren Angstzuständen bei großem Leidensdruck (Cave Suchtpotential bei Benzodizepinen) Identifikation von Lösungsansätzen: „Haben Sie schon mal eine ähnliche Situation gemeistert?“, „Was tun Sie üblicherweise, um sich abzureagieren“? 10 Notärztliche Intervention bei psychischen Krisen Abschluss Zum Anschluss jeder psychologsichen Krisenintervention sollte abgeschätzt werden, ob der Patient ausreichend stabilisiert werden konnte, oder ob eine stationäre Weiterbetreuung indiziert ist Bei Vorliegen einer psychiatrischen Erkrankung in der Vorgeschichte oder im Falle eines Konsums von Alkohol oder weiteren Drogen sollte der Patient grundsätzlich zu einer Verlaufsbeobachtung in eine entsprechende Einrichtung überführt werden Auch wenn der Patient ausreichend stabilisiert werden konnte, und ein Verblieb im häuslichen Umfeld vertretbar ist: Dem Patienten sollte empfohlen werden, sich zeitnah in eine weiterführende psychosoziale Betreuung zu begeben 11 Psychische Krise, psychiatrischer Notfall Indikation zur stationären Behandlung Bei manchen Syndromen (z.B. „Erregungszustand“) wird der Begriff „Syndrom“ nicht ausdrücklich hinzugefügt Unklare Diagnose: z.B. Delir unklarer Genese Selbstgefährdung: Suizidgefahr (vorsätzliche Selbstschädigung), Delir (Situationsverkennung und damit Gefahr von Unfällen oder Unterkühlung) Fremdgefährdung: Fremdaggression bei psychotischer Verkennung Psychiatrische Notfälle – Syndromdiagnosen (I) Die Stellung einer psychiatrischen Diagnose ist zu Beginn einer Notfallsituation häufig nicht möglich Syndrom= Eine Gruppe von Symptomen, die in regelhafter Kombination miteinander auftreten (Stieglitz und Freyberger, In Berger (Hrsg.), Psychische Erkrankungen. Klinik und Therapie, 2004) Syndrome sind ätiologisch unspezifisch, so kann ein depressives Syndrom im Rahmen einer affektiven Störung, einer Anpassungsstörng oder einer organischen psychischen Störung auftreten Syndrome dürfen nicht mit Diagnosen verwechselt werden 13 Psychiatrische Notfälle – Syndromdiagnosen (II) Auch wenn die Stellung einer psychiatrischen Diagnose zu Beginn einer Notfallsituation häufig nicht möglich ist, kann aufgrund der Anamnese, des psychischen Befundes, und – falls möglich – einer Fremdanamnese ein o der mehrere Syndrome beschrieben werden Bei manchen Syndromen (z.B. „Erregungszustand“, stuporöser Zustand) wird der Begriff „Syndrom“ nicht ausdrücklich hinzugefügt In der Mehrzahl der psychiatrischen Notfällen sind mehrere Syndrome gleichzeitig vorhanden 14 Psychiatrischer Notfall – Zugang zum Patienten Ie bei einer psychischen Krise ist die Herstellung eines vertrauensvollen Kontaktes zwischen Untersucher und Patient beim Erstgespräch von entscheidender Bedeutung (Aldenhoff, In Hewer und Rössler (Hrsg.), Das Notfall Psychiatrie Buch, 1998) Gesprächsführung: Der Arzt sollte dem Patienten zuhören, und signalisieren, dass er nachvollziehen kann, was der Patient „innerlich bewegt“ 15 Psychiatrischer Notfall - Gefährdung des Personals Ein Risiko psychischer Notfälle liegt darin, dass Patienten die Situation verkennen, was zur Fremdaggression führen kann (Aldenhoff 1998) Bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung gilt die Maxime: Der Selbstschutz des Personals hat Vorrang gegenüber allen weiteren Maßnahmen (Pajonk und D‘Amelio 2013) 16 Maßnahmen bei akuter Selbst- oder Fremdgefährdung Bestimmte räumliche Vorkehrungen sollten für Gesprächskontakte in akuten Notfallsituationen gegeben sein (Aldenhoff 1998): Genügend Platz, um die Distanzgrenzen von Klient und Untersucher nicht zu unterschreiten und um einen körperlichen Zugriff auf Untersuchers zu erschweren Leicht zugängliche Möglichkeiten, um schnell Personal zu Hilfe zu rufen (Notfallknopf) Kein Zugang für den Patienten für Gegenstände, die potentiell als Waffe verwendet werden können Kein Zugang zu einem offenen Fenster 17 Einbeziehung von Angehörigen Es gibt unterschiedliche Meinungen hinsichtlich der Rolle der Angehörigen in der Notfallsituation (Aldenhoff 1998, Pajonk und D‘Amelio 2013) Manche Autoren weisen auf die erheblichen Probleme bezüglich des Vertrauens der Patienten in den Untersucher durch die Einbeziehung der Angehörigen, so dass eine Gesprächssituation unter vier Augen zu bevorzugen sei (Aldenhoff 1998) Allerdings kann der Aufbau einer guten Beziehung zum Angehörigen auch den Zugang zum Patienten erleichtern und Auskünfte geben, wenn der Patient dazu nicht in der Lage ist (Pajonk und D‘Amelio 2013) Der Untersucher sollte zunächst ein Gespräch nur mit dem Patienten führen, in dessen Verlauf die Frage nach der Hinzuziehung Dritter mit ihm geklärt werden kann 18 Psychiatrischer Notfall - Körperliche Untersuchung Häufig sind Patienten mit akuten psychiatrischen Erkrankungen nicht willens, sich körperlich untersuchen zu lassen Psychiatrische Patienten reagieren besonders empfindlich, da sie ihnen der Grund körperlicher Untersuchung bei nicht als körperlich empfundener Symptomatik nicht ersichtlich ist (Aldenhoff 1998) In der Akutsituation sollte man die Vitalfunktionen (Puls, Blutdruck, Atmung) überprüfen, die als Standardverfahren dem Patienten in der Regel geläufig sind und daher am ehesten akzeptiert werden 19 Psychiatrische Notfälle – Statuserhebung Verschiedene Punkte müssen bei der Statuserhebung bei psychiatrischen Nofällen geprüft und dokumentiert werden (Brunhuber, In Lieb et al (Hrsg.), Intensivkurs Psychiatrie und Psychotherapie, 2008) Bewusstsein: klar oder verändert Motorik: gesteigert, normal, vermindert Suizidalität: nicht vorhanden oder vorhanden Selbst- Und/oder Fremdgefährdung: nicht vorhanden oder vorhanden Krankheitseinsicht: nicht vorhanden oder vorhanden Psychotische Symptome (Wahn, Halluzinationen): nicht vorhanden oder vorhanden 20 Psychiatrische Notfälle – Syndrome (I) Verzweifelung und Suizidalität: Patienten weinen, wollen sich umbringen, es habe alles keinen Sinn mehr Angst- und Erregungszustände: Syndrome, die durch psychomotorische Unruhe, Angst und Antriebssteigerung gekennzeichnet sind Akute Psychosen: Wahrnehmungsstörungen (Akustische oder optische Halluzinationen), Wahn (Verfolgungswahn=paranoider Wahn), formale Denkstörungen, desorganisiertes Verhalten Delirante Syndrome: Verwirrtheitszustände Stuporöse Zustände: Abnormer Zustand psychomotorischer Hemmung mit aufgehobener Reaktivität auf Umweltreize 21 Psychiatrische Notfälle – Syndrome (II) Neuroleptika-induzierte Syndrome - Malignes neuroleptisches Syndrom: Extrapyramidale Symptome (Akinese, Rigor), Fieber, fluktuierende Bewusstseinsstörungen - Frühdyskinesien: Zungen-Schlund-Krämpfe oder Blickkrämpfe unter Neuroleptika-Einnahme 22 Psychiatrische Notfälle – Syndrome Suizidalität - Symptomatik Folgende Abfolge ist häufig (Brunnhuber, 2008): Passiver Todeswunsch Unkonkrete Suizidgedanken Konkreter Suizidplan Abschiedsvorbereitungen Suizidhandlung Suizidalität • Für Suizide ist der bedeutendste Faktor ein vorangegangener Suizidversuch, und zwar, je mehr Suizidversuche in der Vorgeschichte erfolgt sind, desto größer wird die Wahrscheinlichkeit des Suizids (Bronisch, In: Riecher-Rössler et al (Hrsg.), Psychiatrischpsychotherapeutische Krisenintervention, 2004) 25 Suizidalität – Indikatoren für Suizidalität (I) Personale Faktoren (Bronisch 2004) • Patient distanziert sich nicht von Suizidideen, auch nicht nach einem ausführlichem Gespräch • Patient erlebt drängende Suizidgedanken • Patient wirkt ausgesprochen hoffnungslos • Patient ist sozial isoliert • Patient hat Konflikt, der zu Suizidversuch führte nicht gelöst • Patient reagiert ausgesprochen gereizt/aggressiv oder ist agitiert, ein tragfähiger Gesprächsrapport kommt nicht zu Stande • Patient hat schwere depressive Verstimmung, evtl. mit depressiven Wahnideen 26 Suizidalität – Indikatoren für Suizidalität (II) • Anamnestische Aspekte (Bronisch 2004) • • • • • Patient hat eine Suchterkrankung Patient befindet sich in einer akuten psychotischen Episode Patient hat einen oder mehrere Suizidversuche in der Vorgeschichte Patient hat bereits einen Suizidversuch mit harter Methode durchgeführt Patient hat eine positive Familienanamnese mit Suiziden und/oder Suizidversuchen • Patient zeigt mangelnder Impulskontrolle 27 Suizidalität – Psychotherapeutische Intervention (I) Leitsätze zur psychotherapeutischen Intervention nach (Bronisch 2004): Basis jeder psychotherapeutischen Intervention ist eine eindeutige Haltung des Therapeuten zur Suizidalität Patienten niemals allein lassen Der Therapeut muss mit dem suizidalen Patienten einen zeitlichen Aufschub vereinbaren, während dessen er – noch einmal – mit dem Patienten die Lebenssituation genau anschauen kann Kein Therapeut kann einen Patienten mit chronischer Suizidalität von einem Suizidversuch/Suizid langfristig abhalten Der Therapeut muss für den Patienten stellvertretende Hoffnung darstellen können 28 Suizidalität – Psychotherapeutische Intervention (II) Bronisch (2004): Maßnahmen zur psychotherapeutischen Intervention Folgendes Vorgehen empfiehlt sich bei derpsychotherapeutischen Intervention: Aufbau einer tragfähigen Beziehung Akzeptieren des suizidalen Verhaltens als Notsignal Verstehen der Bedeutung und subjektiven Notwendigkeit dieses Notsignals Gemeinsame Entwickluing alternativer Problemlösungen für die aktuelle Krise Kontaktangebote als Hilfe zur Selbsthilfe Einbeziehung von Angehörigen – unter Berücksichtigung der individuellen Situation 29 Suizidalität – Pharmakologische Intervention Bronisch (2004) Psychopharnaka dienen zur akuten Bekämpfung der Spannung, Angst und Schlaflosigkeit sowie bei sehr akuter Suizidalität zur Sedierung des Patienten Liegt ein ausgeprägtes depressives Syndrom vor, dann sollte auch schon in der Akutphase mit einer antidepressiven Behandlung begonnen werden Vor allem Benzodiazepine dienen zur Spannungs- und Angstreduktion und Sedierung. Hierzu geeignet ist Lorazepam (1,5-3mg/die), das allerdings auch ein deutliches Abhängigkeitspotential aufweist Niederpotente Neuroleptika (z.B. Chlorprothixen oder Pipamperon bei älteren Patienten) können die Funktion der Benzodiazepine hinsichtlich Sedierung und Normalisierung des Schlafes übernehmen, nicht hinsichtlich der Sopannungs- und Angstreduktion 30 Angst- und Erregungszustände – Symptomatik Ausgeprägte Antriebssteigerung Motorische Hyperaktivität Starke Gereiztheit und Aggressivität Kontrollverlust mit möglicher Eigen- und/oder Fremdgefährdung Tachykardie Angst- und Erregungszustände – Vorkommen Schizophrene oder manische Psychosen Panikattacken Intoxikationen Organische Psychosen Ängstlich-agitierte Depressionen Angst- und Erregungszustände - Akutintervention Ruhiges Auftreten, geplante Maßnahmen erklären Keine Überschätzung von Seiten des Behandlers, stattdessen rechtzeitig Helfer herbeiziehen (z.B. Sanitäter, Polizei) Die Behandlung ist symptomatisch, das bedeutet, dass die Medikamentenauswahl und die Dosis richten sich nach dem klinisch führendem Syndrom: Diazepam (5-10 mg) oder Lorazepam (1-2,5 mg) zur Anxiolyse Angst- und Erregungszustände – Medikamentöse Behandlung bei psychotischen Symptomen • Jungen Patienten: Risperidon: 2-4 mg/die • Älteren Patienten: Risperdidon: 0,5-1mg/die Akute Psychose- Symptomatik Wahrnehmungsstörungen (Akustische oder optische Halluzinationen) Wahn (Verfolgungswahn=paranoider Wahn) Formale Denkstörungen, Desorganisiertes Verhalten Tachykardie Akute Psychosen – Vorkommen Schizophrenien Alkohol-, Kokain-, Amphetamin-Intoxikation Demenz Schädel-Hirn-Trauma Hirntumor Epilepsie 36 Akute Psychosen – Akutintervention Behandlung der internistischen/neurologischen Grunderkrankung Schizophrenien und Manie: Haloperidol (5-10 mg) oder Risperidon (2-4mg), kombiniert mit Diazepam (5-10 mg), evtl. Zuclopenthixol (Ciatyl-Z-Acuphase) i.m. Regelmäßige Kreislaufüberwachung, Blutzuckerkontrollen Ggf. Fixierung, falls die Voraussetzungen vorliegen (Akute Selbst- oder Fremdgefährdung, Ablehnung der Behandlung seitens des Patienten aufgrund einer bei ihm vorliegenden psychischen Störung) Epilepsie 37 Delirante Syndrome - Symptomatik Desorientiertheit mit wechselnder Bewusstseinslage Globale Störungen der Kognition Psychomotorische Störungen (Hypo- oder Hyperaktivität) Störungen des Schlaf-Wach-Rhythmus Affektive Störungen: Angst, Depression, Reizbarkeit, Apathie Erhöhte Suggestibel (Fadentest) Sinnestäuschungen (vor allem optische Halluzinationen) 38 Delirante Syndrome - Vorkommen Demenzerkrankungen Alkohol- oder Medikamentenentzugsdelir Wernicke-Enzephalopathie: Vitamin-B1-Mangel Enzephalitis Sepsis Hypoglykämie 39 Delirante Syndrome: Akutintervention bei Alkoholentzugsdelir Alkoholentzugsdelir: Wenn bei einem Alkoholentzugsdelir eine sofortige ärztliche Behandlung indiziert ist (Notfall), dann steht die Störung und Überwachung der Vitalfunktionen (Atmung, Kreislauf) im Vordergrund Bei jedem Alkoholentzugsdelir muss sorgfältig überprüft werden, ob es sich um einen internistischen Notfall handelt, die auf einer Medizinischen Intensivstation behandelt werden muss 40 Delirante Syndrome: Akutintervention bei älteren Patienten Delir bei älteren Patienten: Behandlung der internistischen oder neurologischen Grunderkrankung Medikation: Haloperidol (1-3 mg/die) oder Risperidon (0,5-2 mg/die) Zusätzlich Pipamperon (bis 80 mg/die) 41 Stuporöse Zustände - Symptomatik Zustand von Bewegungs- und Regungslosigkeit Keine Reaktion auf äußere Reize Der Patient spricht nicht (Mutismus), auch wenn er dazu aufgefordert wird (Negativismus) Im späteren Verlauf berichtet der Patient, dass er alles gesehen, gehört und verstanden hat, aber nicht in der Lage war, zu reagieren Sehr selten: lebensbedrohliche perniziöse Katatonie mit Fieber, autonomer Entgleisung, Bewusstseinstrübung. Differentialdiagnose: malignes neuroleptisches Syndrom 42 Stuporöse Zustände- Vorkommen Schizophrenie: katatone Schizophrenie Depressionen: depressiver Stupor Demenz Enzephalitis, insbesondere wenn der Hirnstamm betroffen ist Psychogen - psychogener Stupor 43 Stuporöse Zustände - Akutintervention Bei Stupor im Rahmen von schizophrenen oder depressiven Störungen: Medikamentöse Behandlung mit Lorazepam (2-6 mg) Bei organisch bedingtem Stupor: Behandlung der internistischen oder neurologischen Grunderkrankung, ggf. Haloperidol nach Ausschluss eines malignen neuroleptischen Syndroms Bei Stupor unterschiedlicher Genese mit Entgleisung der Vitalfunktionen: Stationäre Behandlung auf einer medizinischen Intensivstation Bei perniziöser Katatonie: Kühlung, Volumensubstitution, Elektrokrampftherapie nach Ausshluss einer Enzephalitis 44 Malignes neuroleptisches Syndrom (MNS) - Symptomatik Es handelt sich um eine sehr seltene Nebenwirkung einer Antipsychotika therapie, die in der Regel innerhalb von 2 Wochen nach Beginn der Antipsychotikatherapie auftritt, es besteht eine vitale Gefährdung (Benkert und Hippius (Hrsg.), Kompendium der Psychiatrischen Pharmakotherapie, 2011) Es zeigen sich extrapyramidale Störungen, fluktuierende Bewusstseinsstörungen, abnorme autonome Funktionsstörungen (Tachykardie, Harninkontinenz, Hypertonus), und eine erhöhte Kreatinkinase (Benkert und Hippius 2011) Die drei Leitsymptome nach Levenson (1985): Hyperthermie, Rigor, erhöhte Kreatinkinase 45 Malignes neuroleptisches Syndrom - Differentialdiagnose Die wichtigste Differentialdiagnose stellt die perniziöse Katatonie dar („Katatones Dilemma“) Die perniziöse Katatonie beginnt mit einer extremen psychotischen Unruhe, während beim MNS schon zu Beginn mit einer deutlichen Muskelrigidität gekennzeichnet ist (Fleischhacker et al 1990) Ausgeprägte Angstsymptome sind für die perniziöse Katatonie typisch, während man bei MNS der Patient nicht ängstlich wirkt Die perniziöse Katatonie reagiert positiv auf Benzodiazepine, das MNS nicht (Schröder et al 1989) Bei der perniziösen Katatonie ist die Kreatinphosphokinase nicht stark erhöht 46 Malignes neuroleptisches Syndrom – Akutintervention Absetzen der neuroleptischen Behandlung Behandlung auf einer medizinischen Intensivstation zur Überwachung der Vitalparameter Eventuell Gabe von Dopamin-Agonisten 47 Frühdyskinesien – Symptomatik und Therapie Symptomatik: Zungen-, Schlund- und Blickkrämpfe unter einer neuroleptischen Behandlung Therapie: Biperiden (Akineton ®) intravenöse hilft sofort 48 Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!