Erziehungsbedürftig oder krank? Grenzfälle und Kooperationen zwischen stationärer Einrichtung der Jugendwohlfahrt und der Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Steiermark. Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Philosophie an der Karl- Franzens- Universität Graz eingereicht von Mag.a Sandra MÖSTL am Institut für Erziehungs- und Bildungswissenschaft Erstbegutachter/in: o.Univ.Prof. Dr. Josef SCHEIPL Zweitbegutachter/in: Ao.Univ.Prof. Dr. Arno HEIMGARTNER 2009 Danksagung Diese Seite ist all jenen Menschen gewidmet, ohne die diese Arbeit nie in dieser Form zustande gekommen wäre. Mein besonderer Dank gilt meinem „Doktorvater“ Herrn Univ.- Prof. Dr. Josef Scheipl, der mich vor allem in der Wahl des Themas sehr bestärkte und durch seine ständige Unterstützung und fachliche Betreuung die Realisierung dieser Arbeit ermöglichte. Herzlich bedanken möchte ich mich auch bei Frau Primaria Dr. Anna- Katharina Purtscher, die mir den Zugang zu den Daten für die Dokumentenanalyse ermöglichte und mich in der Absolvierung des Doktoratsstudiums neben meiner Tätigkeit als Sozial- und Heilpädagogin an ihrer Abteilung bestärkte. Weiters gilt mein Dank meinen Kolleginnen und Kollegen des pädagogischen Teams, die immer Rücksicht genommen haben. Ebenfalls danken möchte ich allen InterviewpartnerInnen, die bereit waren, sich Zeit zu nehmen und dadurch diese Arbeit qualitativ aufwerteten. Danken möchte ich auch meiner Familie, insbesondere meinem Vater, Karoline, meinem Großvater und Traude für die Unterstützung und Rücksichtnahme. Besonderen Dank auch an meinen Lebenspartner Wolfgang, der mich zum Doktoratsstudium motiviert und mich auch während der Verfassung dieser Arbeit immer aufgebaut, an mich geglaubt und mich aktiv unterstützt hat. Nicht zuletzt möchte ich auch all jenen Kindern und Jugendlichen danken, die im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen. Durch den täglichen Umgang mit ihnen und durch die kleinen Erfolgserlebnisse wurde ich immer wieder bekräftigt, mein Vorhaben weiter zu verfolgen, um letztlich vielleicht für sie einen kleinen Schritt gehen zu können. Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .....................................................................................................................................8 2 Begriffsklärung..........................................................................................................................11 3 2.1 Grenzfälle .............................................................................................................................11 2.2 Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) ..................................................................................13 2.3 Sozialpsychiatrie...................................................................................................................15 2.4 Salutogenese .........................................................................................................................16 2.5 Psychische Krankheit - Abweichendes Verhalten- erziehungsbedürftig oder krank?..........17 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich ...............................24 3.1 Entwicklung bis 1900............................................................................................................25 3.2 Die Zeit von 1900 bis 1933...................................................................................................29 3.3 Die Psychiatrie in der Zeit des Nationalsozialismus............................................................32 3.4 Die Zeit nach 1945................................................................................................................37 3.5 Die Gegenwart......................................................................................................................39 3.6 Das Verhältnis von Kinder- und Jugendpsychiatrie und Pädagogik ...................................39 4 Die Klientel der Kinder- und Jugendpsychiatrie ...................................................................43 5 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie..........................................46 5.1 Rahmenbedingungen für sozial- und heilpädagogisches Handeln.......................................46 5.1.1 Strukturelle Rahmenbedingungen..................................................................................46 5.1.1.1 Teilstationäre Behandlungsform: Tagesklinik ........................................................47 5.1.1.2 Ambulanz ................................................................................................................47 5.1.1.3 Stationärer Bereich ..................................................................................................47 5.1.1.3.1 Offene Unterbringung.........................................................................................48 5.1.1.3.2 Geschlossene Unterbringung ..............................................................................48 5.1.2 Personelle Rahmenbedingungen- das multiprofessionelle Team ..................................49 1 Inhaltsverzeichnis 5.1.3 Rechtliche Rahmenbedingungen....................................................................................52 5.1.3.1 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB).....................................................52 5.1.3.2 Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz (StKALG 1999)....................................53 5.1.3.3 Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz (StJWG 1991) ......................................55 5.1.3.3.1 Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz- Durchführungsverordnung (StJWG- DVO 2005) ...........................................................................................................................57 5.1.3.3.2 Steirischer Jugendwohlfahrtsplan (2005) ...........................................................59 5.1.3.4 Steiermärkisches Behindertengesetz (StBHG 2004)...............................................62 5.1.3.5 Unterbringungsgesetz (UBG 1991).........................................................................63 5.1.4 Grenzen durch Finanzierung und Rechtsgrundlagen .....................................................65 5.2 Das pädagogische Konzept der Kinder- und Jugendpsychiatrie- der LSF-Graz.................67 5.3 Leitperspektiven sozial- und heilpädagogischen Handelns in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ...........................................................................................................................68 5.3.1 Ressourcenorientierung..................................................................................................68 5.3.2 Lebensweltorientierung..................................................................................................68 5.3.3 Pädagogische Gruppenarbeit (Gruppenpädagogik) .......................................................70 5.3.4 Beziehungsarbeit- pädagogischer Bezug .......................................................................73 5.3.5 Sozialraumorientierung..................................................................................................75 5.4 6 Konkrete Umsetzung .............................................................................................................76 5.4.1 Alltagspädagogik ...........................................................................................................76 5.4.2 Freizeitpädagogik...........................................................................................................77 5.4.3 Pädagogisch therapeutische Arbeit ................................................................................78 5.4.4 Gruppenspezifische Angebote .......................................................................................81 5.4.5 Gruppenübergreifende Angebote...................................................................................82 5.4.6 Einzel- und Kleingruppenarbeit .....................................................................................82 5.4.7 Angehörigenarbeit..........................................................................................................83 5.5 Therapie und Pädagogik.......................................................................................................83 5.6 Sozial- und heilpädagogische Diagnostik ............................................................................87 5.7 Was kann Sozial- und Heilpädagogik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie leisten ..........90 Sozialpsychiatrische Versorgung für Kinder und Jugendliche in der Steiermark .............95 6.1 Kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark .......................................95 6.2 Extramurale kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung................................................95 2 Inhaltsverzeichnis 7 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt .......................................................................................97 7.1 Stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt ...................................................................97 7.1.1 Kinder- und Jugendwohngruppe/ Sozialpädagogische Wohngemeinschaften für Kinder und Jugendliche...........................................................................................................................99 8 7.1.2 Therapeutische Wohngemeinschaften ...........................................................................99 7.1.3 Geschlossene Unterbringung in Heimen......................................................................100 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW..............................................104 8.1 Interpersonelle Ebene.........................................................................................................115 8.2 Interinstitutionelle Ebene....................................................................................................115 8.3 Ebene der Gesamtversorgung.............................................................................................116 8.4 Aufgabe der Kinder- und Jugendpsychiatrie......................................................................117 8.5 Aufgabe der Jugendwohlfahrt.............................................................................................120 9 Empirisch Pädagogische Sozialforschung.............................................................................124 9.1 Quantitative Sozialforschung..............................................................................................124 9.1.1 9.2 10 Die Dokumentenanalyse ..............................................................................................125 Qualitativ- empirische Sozialforschung .............................................................................128 9.2.1 Arten qualitativer Sozialforschung ..............................................................................128 9.2.2 Das problemzentrierte Interview..................................................................................129 9.2.3 Die Inhaltsanalyse ........................................................................................................130 Forschungsdesign .................................................................................................................132 10.1 Problemstellung...............................................................................................................132 10.2 Hypothesen ......................................................................................................................133 10.3 Fragestellungen bzw. Ziele der Untersuchung................................................................134 10.4 Wahl der Forschungsmethode.........................................................................................136 10.4.1 Der Interviewleitfaden ..............................................................................................137 10.4.2 Der Erhebungsbogen ................................................................................................138 3 Inhaltsverzeichnis 11 Stichprobenbeschreibung....................................................................................................139 11.1 Dokumentenanalyse.........................................................................................................139 11.2 Problemzentriertes Interview ..........................................................................................139 12 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion..................................................................140 12.1 Ergebnisse der Dokumentenanalyse ...............................................................................140 12.1.1 Deskriptive Auswertung ...........................................................................................140 12.1.1.1 Geschlecht .............................................................................................................140 12.1.1.2 Alter ......................................................................................................................141 12.1.1.3 Zahl der psychiatrischen Interventionen ...............................................................146 12.1.1.4 Aufenthaltsdauer ...................................................................................................148 12.1.1.5 Wohnform vor der Intervention ............................................................................151 12.1.1.5.1 1. Intervention.................................................................................................152 12.1.1.5.2 2. Intervention.................................................................................................153 12.1.1.5.3 3. Intervention.................................................................................................155 12.1.1.5.4 4. Intervention.................................................................................................156 12.1.1.5.5 5. Intervention.................................................................................................156 12.1.1.6 Wohnform nach der Intervention..........................................................................157 12.1.1.6.1 1. Intervention.................................................................................................159 12.1.1.6.2 2. Intervention.................................................................................................160 12.1.1.6.3 3. Intervention.................................................................................................161 12.1.1.6.4 4. Intervention.................................................................................................162 12.1.1.6.5 5. Intervention.................................................................................................163 12.1.1.7 Wechsel der Wohnform ........................................................................................164 12.1.1.8 Interventionsform..................................................................................................166 12.1.1.8.1 1. Intervention.................................................................................................167 12.1.1.8.2 2. Intervention.................................................................................................167 12.1.1.8.3 3. Intervention.................................................................................................168 12.1.1.8.4 4. Intervention.................................................................................................168 12.1.1.8.5 5. Intervention.................................................................................................168 12.1.1.9 Aufnahmediagnose................................................................................................169 12.1.1.9.1 1. Intervention.................................................................................................169 12.1.1.9.2 2. Intervention.................................................................................................174 12.1.1.9.3 3. Intervention.................................................................................................177 4 Inhaltsverzeichnis 12.1.1.9.4 4. Intervention.................................................................................................179 12.1.1.9.5 5. Intervention.................................................................................................180 12.1.1.9.6 Resümee..........................................................................................................181 12.1.1.10 Entlassungsdiagnose ...........................................................................................182 12.1.1.10.1 1. Intervention...............................................................................................182 12.1.1.10.2 2. Intervention...............................................................................................184 12.1.1.10.3 3. Intervention...............................................................................................187 12.1.1.10.4 4.Intervention................................................................................................188 12.1.1.10.5 5.Intervention................................................................................................190 12.1.1.10.6 Resümee........................................................................................................191 12.1.1.11 Aufnahmegrund ..................................................................................................193 12.1.1.11.1 1. Intervention...............................................................................................193 12.1.1.11.2 2. Intervention...............................................................................................197 12.1.1.11.3 3. Intervention...............................................................................................199 12.1.1.11.4 4.Intervention................................................................................................201 12.1.1.11.5 5.Intervention................................................................................................202 12.1.1.11.6 Resümee........................................................................................................203 12.1.1.12 Aufnahme im geschützten Bereich .....................................................................203 12.1.1.12.1 1. Intervention...............................................................................................203 12.1.1.12.2 2. Intervention...............................................................................................206 12.1.1.12.3 3. Intervention...............................................................................................208 12.1.1.12.4 4.Intervention................................................................................................210 12.1.1.12.5 5.Intervention................................................................................................211 12.1.1.12.6 Resümee........................................................................................................211 12.1.1.13 Fallvignetten........................................................................................................212 12.1.1.13.1 1. Fall ............................................................................................................213 12.1.1.13.2 2.Fall .............................................................................................................215 12.1.1.13.3 3. Fall ............................................................................................................217 12.1.2 Analytische Auswertung...........................................................................................219 12.1.2.1 „Grenzfälle“ zwischen KJP und JW .....................................................................219 12.1.2.2 Alter ......................................................................................................................221 12.1.2.3 Geschlecht .............................................................................................................222 12.1.2.4 Zahl der Interventionen .........................................................................................223 12.1.2.5 Aufenthaltsdauer ...................................................................................................225 12.1.2.6 Interventionsform..................................................................................................229 5 Inhaltsverzeichnis 12.1.2.7 Aufnahme im geschützten Bereich .......................................................................233 12.1.2.8 Aufnahmediagnose................................................................................................238 12.1.2.9 Entlassungsdiagnose .............................................................................................245 12.1.2.10 Aufnahmegrund ..................................................................................................248 12.1.2.11 Zusammenfassung...............................................................................................253 12.2 Ergebnisse der Interviews ...............................................................................................259 12.2.1 Die InterviewpartnerInnen........................................................................................261 12.2.2 Vergleich der Interviews nach den Kategorien ........................................................262 12.2.2.1 Strukturelle Voraussetzungen ...............................................................................262 12.2.2.1.1 Team ...............................................................................................................264 12.2.2.1.2 Aufnahme .......................................................................................................264 12.2.2.1.3 Tagesstruktur ..................................................................................................276 12.2.2.1.4 Pädagogische Grundhaltung ...........................................................................279 12.2.2.2 Problemfälle ..........................................................................................................282 12.2.2.3 Grenzfälle..............................................................................................................287 12.2.2.3.1 Umgang mit psychiatrischen Diagnosen ........................................................291 12.2.2.3.2 Unterstützung..................................................................................................295 12.2.2.3.3 Gründe für die Überweisung ..........................................................................297 12.2.2.3.4 Umgang mit schwierigen Situationen.............................................................298 12.2.2.3.5 Pinball Effekt ..................................................................................................302 12.2.2.4 Geschlossene Unterbringung ................................................................................307 12.2.2.5 Ausbildung/ Weiterbildung...................................................................................312 12.2.2.6 Kooperation...........................................................................................................317 12.2.2.6.1 Interpersonelle Ebene .....................................................................................318 12.2.2.6.2 Interinstitutionelle Ebene................................................................................323 12.2.2.6.3 Ebene der Gesamtversorgung .........................................................................327 12.2.2.7 Spannungsfelder- Kritikpunkte .............................................................................337 12.2.2.8 Optimale Zusammenarbeit....................................................................................342 12.2.3 Resümee....................................................................................................................344 6 Inhaltsverzeichnis 13 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation .......................................................351 14 Zusammenfassung- Ausblick ..............................................................................................361 15 Literaturverzeichnis.............................................................................................................372 16 Anhang ..................................................................................................................................387 17 Verzeichnisse ........................................................................................................................412 17.1 Verzeichnis der Tabellen .................................................................................................412 17.2 Verzeichnis der Grafiken.................................................................................................415 7 Einleitung 1 Einleitung Durch meine Tätigkeit als Sozial- und Heilpädagogin auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz seit Februar 2005 konnte ich bald erkennen, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Kinder und Jugendlichen, die psychiatrisch behandelt werden auch durch das System der Jugendwohlfahrt betreut werden. Mein Forschungsinteresse richtete sich auf jene Gruppe Kinder und Jugendlicher, die einerseits in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht sind und zusätzliche psychiatrische Hilfe benötigen, da ich beobachten konnte, dass sich in der Zusammenarbeit immer wieder Schwierigkeiten ergeben und diese teilweise für alle Seiten nicht zufrieden stellend verläuft, was vor allem die Kinder und Jugendlichen zu spüren bekommen. Mein Bestreben war es daher von Anfang an, die Kinder und Jugendlichen in den Vordergrund zu stellen, die in den Institutionen immer wieder an die Grenzen gehen und darum multiple Hilfsangebote benötigen. Oftmals konnte ich beobachten, dass Kinder und Jugendliche, die in den Institutionen Schwierigkeiten machen bzw. an die Grenzen gehen, in die Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) überwiesen werden. Dort wird das Kind oder der Jugendliche zwar psychiatrisch abgeklärt und behandelt, dann aber wieder so schnell wie möglich in die „Herkunfts“Institution entlassen, um bei der nächsten Schwierigkeit wieder eingewiesen zu werden. So kommt es dazu, dass Kinder und Jugendliche zwischen stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen und der Kinder- und Jugendpsychiatrie hin und her geschoben werden. Besonders wichtig erschien es mir daher, Gründe für diverse Probleme in der Kooperation zu erkunden, um eventuelle Vorschläge zur Verbesserung machen zu können. Auch konnte ich beobachten, dass immer wieder Kinder und Jugendliche länger in stationärer Behandlung sind als unbedingt notwendig, da keine geeignete Jugendwohlfahrtseinrichtung für eine weitere Betreuung gefunden werden kann. In der Literatur werden die diversen Kooperationsprobleme zwischen Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der Kinder- und Jugendpsychiatrie beschrieben, es existieren jedoch diesbezüglich nur wenige empirische Studien. Die wenigen Studien wurden bereits in den 1990er Jahren für einzelne Regionen Deutschlands durchgeführt. Ein wesentliches Ziel dieser Arbeit ist es daher, Daten für die Steiermark zu erheben, um empirisch abgestützte Aussagen darüber treffen zu können, wie viele Kinder und Jugendliche von wechselseitigen Zuständigkeiten einerseits des Gesundheitssystems und andererseits des Systems der Jugendwohlfahrt betroffen sind. Weiters sollte die Gruppe dieser Kinder und Jugendlichen im Hinblick auf unterschiedliche Faktoren, wie etwa Alter, Anzahl der Interventionen, Diagnosen, Aufnahmegründe etc. beschrieben werden um 8 Einleitung Unterschiede zu jenen Kindern und Jugendlichen herauszuarbeiten, die keinen Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen hatten. Diesen Ausführungen soll ein wesentlicher Teil dieser Arbeit gewidmet sein. Um eine Parteilichkeit, die trotz aller Bemühungen um Objektivität eventuell durch meine Tätigkeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie gegeben ist zu minimieren, ist es meiner Meinung nach notwendig, das Problem der Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der Kinder- und Jugendpsychiatrie auch von Seiten stationärer Einrichtungen zu beleuchten. Aus diesem Grund wurden zusätzlich zur quantitativen Studie auch qualitative Interviews durchgeführt, die die Erfahrungen und Ansichten der Experten, die in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt tätig sind, in den Vordergrund stellen sollen. Die Arbeit ist somit in drei Teile gegliedert. Im ersten Teil der Arbeit wird die Fachliteratur analysiert. Hier werden zunächst wesentliche Begriffe wie etwa der Begriff der Grenzfälle, der Begriff der Kinder- und Jugendpsychiatrie selbst, sowie der Sozialpsychiatrie u.a. erklärt. Ein Unterkapitel ist der Unterscheidung bzw. dem Verhältnis von psychischer Krankheit und abweichendem Verhalten und der damit verbundenen Frage der Erziehungsbedürftigkeit oder Krankheit gewidmet. Die Frage, ob ein Kind als erziehungsbedürftig oder krank definiert wird, erscheint in dieser Arbeit als sehr zentral, da durch diese Begrifflichkeiten letztlich auch Zuständigkeiten definiert werden. In einem weiteren Kapitel soll auf historische Aspekte der Kinder- und Jugendpsychiatrie eingegangen werden, um das Verhältnis von Pädagogik und Psychiatrie unter historischen Gesichtspunkten zu beleuchten. Obwohl die Verbindung von Pädagogik und Psychiatrie bereits Tradition hat, ist das Feld der Sozial- und Heilpädagogik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein neues Feld. Daher wird das Arbeitsfeld der Sozial- und Heilpädagogik an der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz näher beschrieben. Dazu werden Rahmenbedingungen für sozial- und heilpädagogisches Handeln wie etwa personelle, rechtliche und strukturelle Rahmenbedingungen beschrieben erläutert. Außerdem wird das pädagogische Konzept der Abteilung in Grundzügen dargestellt. Ein weiterer Bereich beschäftigt sich mit sozialpsychiatrischer Versorgung in der Steiermark sowie mit dem Angebot der Jugendwohlfahrt in der Steiermark. Ein zentrales Kapitel arbeitet die Literatur in Bezug auf die Frage der Zusammenarbeit zwischen Jugendwohlfahrt und Kinder- und Jugendpsychiatrie auf und versucht vor allem auch die Aufgaben der beiden Systeme zu definieren. 9 Einleitung Im zweiten Teil der Arbeit werden die Ergebnisse der Dokumentenanalyse mit Hilfe von Grafiken und Tabellen dargestellt, bevor im dritten Teil der Arbeit dann die Analyse der Interviews erfolgt. Am Ende dieser Arbeit befasst sich ein Kapitel mit Lösungsvorschlägen und Möglichkeiten der Verbesserung der Kooperation. Hier sollen konkrete Vorschläge in den Mittelpunkt rücken, die, wenn sie umgesetzt werden könnten, nicht wenigen Kindern und Jugendlichen eventuell eine bessere Zukunft ermöglichen und einen Streit um Zuständigkeiten, der letztlich auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen wird, vermeiden könnte. Abschließend wird eine kurze Zusammenfassung mit einem Ausblick für die zukünftige Forschung gegeben. Das sozialpädagogische Interesse dieser Arbeit liegt darin, einen umfassenden Einblick in die Thematik der Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der Kinder- und Jugendpsychiatrie in der Steiermark zu gewähren, um so auf jene Kinder und Jugendlichen hinzuweisen, die oftmals Anlass von Zuständigkeitsproblemen und –verschiebungen sind, und die die Leidtragenden eines Mangels in der Gesamtversorgung der Jugendwohlfahrt wie aber auch der Kinder- und Jugendpsychiatrie sind. Das System der Jugendwohlfahrt, das ohne jeden Zweifel in den Bereich der Sozialpädagogik fällt, sowie das Gesundheitssystem, dem sich die Sozialpädagogik auch nicht verschließen sollte, müssen auf vielen Ebenen zusammen arbeiten, um auch schwer betreubaren Kindern und Jugendlichen eine Zukunft bieten zu können. Gerade die Sozialpädagogik sollte sich nicht mit der Tatsache abfinden, dass es nun einmal Jugendliche gibt, denen nicht geholfen werden kann. Hier müssen Angebote geschaffen werden, die sich gerade an diesen Kindern und Jugendlichen orientieren, ohne von ihnen zu verlangen, sich an die bestehenden Angebote anpassen zu müssen. Wenn wir jetzt in diese Kinder und Jugendlichen investieren und Angebote schaffen, statt diese immer mehr zu reduzieren, wird sich dies letztlich auch ökonomisch rentieren und weitere Kosten einsparen. 10 Begriffsklärung 2 Begriffsklärung Zunächst sollen einige zentrale Begriffe erklärt werden, damit ein einheitliches Verständnis für den weiteren Verlauf der Arbeit gesichert ist. Dazu soll vor allem der Begriff der Grenzfälle, der schon im Titel der Arbeit erwähnt wird, definiert werden. Weiters soll auf die Begriffe Kinder- und Jugendpsychiatrie und Sozialpsychiatrie eingegangen werden, bevor die Begriffe psychische Krankheit und abweichendes Verhalten bzw. Erziehungsbedürftigkeit und Krankheit zueinander in Beziehung gesetzt werden. 2.1 Grenzfälle Der Begriff der Grenzfälle soll hier der Einfachheit halber eingeführt werden und zu diesem Zweck erklärt werden. Kinder und Jugendliche, die als Grenzfälle bezeichnet werden können, sollen in dieser Arbeit in den Vordergrund rücken und daher an dieser Stelle genau definiert werden. Es geht nach Kalter (2004: 449) um jene Kinder und Jugendlichen, die sowohl das System der Jugendwohlfahrt (JW) als auch das der Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) in Anspruch nehmen und somit „einerseits zu Abgrenzungsproblemen, zu Schwierigkeiten in der Zuständigkeitsklärung führen, sie aber andererseits zu fruchtbaren Ergänzungen und Kooperationen zwingen können.“ Der Terminus der Grenzfälle wird von Pankhofer (1997: 67f.) wie folgt definiert: „Grenzfälle sind solche Jugendlichen, die in Heimen der Jugendhilfe leben, als besonders schwierig gelten und bei denen neben pädagogischen Problemen psychische oder psychiatrische Ursachen für die ‚Schwierigkeit’ anzunehmen sind.“ Birgit Kalter (2004: 450ff.) versucht in einigen Punkten diese Kinder und Jugendlichen zu charakterisieren: -Es geht um junge Menschen, deren Verhalten fortgesetzt Hilflosigkeit und Ohnmacht auslöst. -Es geht um junge Menschen, deren Verhalten fortgesetzt dazu führt, dass sie ausgegrenzt werden. - Die Biographien der jungen Menschen weisen i. d. R. nicht nur problematische Beziehungserfahrungen, sondern auch sozioökonomische Belastungen und/oder krisenhaft zugespitzte Lebensverhältnisse auf, die sich gegenseitig häufig bedingen und verstärken. - Das auf Ablehnung stoßende Verhalten wird den jungen Menschen immer mehr zum Selbstverständnis und setzt ihren Gesamtwerdegang zusätzlichen Bedrohungen aus. - es geht um die jungen Menschen, die angewiesen sind auf alternative Erfahrungen, auf grundlegende Orientierungen und basale Sicherheiten. 11 Begriffsklärung - Es geht um jene jungen Menschen, deren Verhalten sowohl die Jugendhilfe als auch die Jugendpsychiatrie an die Grenzen ihrer Möglichkeiten führt und das die Zusammenarbeit unterschiedlicher Hilfesysteme fordert. Erst durch die Erklärung von Zuständigkeit und Nichtzuständigkeit können „Grenzfälle“ entstehen. Dabei ist die Abgrenzung zueinander ein wichtiges Thema. Die Abgrenzung der einzelnen Systeme zueinander kann aber schnell zu einer Ausgrenzung der Kinder und Jugendlichen werden, denen bekundet wird, dass sie nicht in das eine oder das andere System passen (vgl. Schone 1995: 105). Der DPWV- Landesverband Nordrhein- Westfalen (1988:41 zit. nach Schone, 1995: 105) schreibt zum Thema „Grenzfälle“ zwischen Psychiatrie und Jugendwohlfahrt: Wenn Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie kommen, so wird häufig davon gesprochen, dass es sich dabei um ‚Grenzfälle’ zwischen Jugendhilfe und Psychiatrie handelt. Die Rede über ‚Grenzfälle’ sagt jedoch weniger etwas über die Kinder und Jugendlichen aus als darüber, dass bestimmte Heime bzw. die Mitarbeiter dieser Heime subjektiv das Empfinden haben, in der Arbeit mit dem entsprechenden Kind an eine Grenze ihrer Möglichkeiten gekommen zu sein. So wenig es möglich ist, bei Kindern und Jugendlichen genau zwischen psychischer Krankheit und psychischer Gesundheit zu unterscheiden oder eine Grenzlinie zwischen vermeintlich noch normaler und bereits pathologischer psychischer Entwicklung zu ziehen so wenig lässt sich eine ‚Indikation’ für Kinder- und Jugendpsychiatrie definieren. Die Grenzen sind fließend und die Einschaltung psychiatrischer Einrichtungen markiert das Scheitern bisheriger Erziehungsbemühungen und eine gewisse Hilflosigkeit in Bezug auf das weitere pädagogische Handeln. Insofern sind ‚Grenzfälle’ gemacht, sind als Zustandsbeschreibung pädagogisch erfolgloser Interaktion anzusehen. Es geht also um jene Kinder und Jugendlichen, die ständig an oder über die Grenzen gehen und Institutionen an ihre Grenzen treiben. Diese Tatsache macht die Kooperation zwischen den unterschiedlichen Institutionen notwendig, damit auch diese besonders schwierigen Kinder und Jugendlichen betreut und gefördert werden können. Ein Aspekt, der in diesem Zusammenhang noch wichtig erscheint, ist, dass Grenzfälle erst dann entstehen, wenn sie als solche definiert werden. Zudem spielt auch das Hilfesystem in dieser Beziehung eine nicht unwesentliche Rolle. Sabine Ader und Christian Schrapper (2004c: 57) meinen, dass zwei Faktoren ausschlaggebend sind, dass Kinder und Jugendliche zu sogenannten „schwierigen Fällen“ werden: • „Materielle, psychische und/oder soziale Not und Isolierung, die […] dazu führt, dass ein Familiensystem völlig „aus den Fugen gerät“, • Und ein Hilfesystem, das so in die Falldynamik verstrickt und mit eigenen (Kooperationsund Zuständigkeits-) Problemen beschäftigt ist, dass es den am jungen Menschen orientierten Blick auf eine eskalierende familiäre Situation verliert (ebd.).“ Daher sollte der Kooperation zwischen jenen Systemen, die mit diesen Fällen zu tun haben ein wichtiger Stellenwert eingeräumt werden. 12 Begriffsklärung 2.2 Kinder- und Jugendpsychiatrie (KJP) Der Begriff der Kinder- und Jugendpsychiatrie kann im Hinblick auf mehrere Ebenen beschrieben werden. Einerseits ist die KJP ein eigenständiges Fachgebiet der Medizin, das laut deutscher Bundesärztekammer wie folgt beschrieben wird: Die Kinder- und Jugendpsychiatrie umfasst die Erkennung, nichtoperative Behandlung, Prävention und Rehabilitation bei psychischen, psychosomatischen, entwicklungsbedingten und neurologischen Erkrankungen und Störungen sowie der psychischen und sozialen Verhaltensauffälligkeiten von Kindern und Jugendlichen sowie Heranwachsenden und jungen Volljährigen mit Entwicklungsverzögerung, denen eine psychische Erkrankung oder eine Fehlentwicklung der Person zugrunde liegt, einschließlich der Psychotherapie als EinzelGruppen- und Familientherapie (Knölker et al, 2007: 18). Diese Fachdisziplin der Medizin baut im Gegensatz zur Erwachsenenpsychiatrie auf einer größeren Vielfalt von unterschiedlichen, historisch gewachsenen Quellen auf, von denen die moderne Fachdisziplin der KJP beeinflusst wird. Tatzer, Fliedl und Krisch (2000: 195) formulieren diese Einflüsse in Anlehnung an Remschmidt 1988 und Spiel& Spiel 1987: - pädagogische, insbesondere heilpädagogische Ansätze, - organmedizinisches Fachwissen, das einerseits aus der Erwachsenenpsychiatrie und Neurologie sowie aus der Pädiatrie entstanden ist, - psychoanalytische bzw. psychodynamische und tiefenpsychologische Elemente, - Anregungen aus vielen unterschiedlichen Gebieten der Sozialforschung und Gruppendynamik sowie systemtheoretische Vorstellungen, - und empirische, epidemiologische sowie statistisch objektivierbare Untersuchungsergebnisse und Erkenntnisse. Demzufolge versteht sich die KJP heute als „ein Amalgam aus Psychiatrie, Neurologie, Pädiatrie, Entwicklungspsychologie, Tiefenpsychologie und Heilpädagogik“ (Spiel & Spiel 1987: 1 zit. nach Tatzer/ Fliedl, 2000: 194). Andererseits ist die KJP auch ein konkreter, sozialer Ort. In Österreich meist eine Abteilung an einer psychiatrischen, oder allgemeinen Klinik. Weiters kann Psychiatrie, hier im speziellen die KJP auch als soziale Institution begriffen werden, die sich neben einer Zweckorientierung auch durch Norm- und Wertorientierung auszeichnet. „Psychiatrie ist demnach ein gesellschaftliches Ordnungsmuster, das als Antwort auf soziale Fragen entstanden und folglich ein Resultat des Zusammenspiels von gesellschaftlichem Bedarf und Ressourcen ist“ (Dörr, 2005:13). 13 Begriffsklärung Erving Goffman (1972: 11) geht noch einen Schritt weiter und bezeichnet die Psychiatrie bzw. Irrenhäuser als totale Institution, die sich als „Wohn- und Arbeitsstätte einer Vielzahl ähnlich gestellter Individuen definieren“ lässt, „die für längere Zeit von der übrigen Gesellschaft abgeschnitten sind und miteinander ein abgeschlossenes, formal reglementiertes Leben führen.“ Merkmale totaler Institutionen wären nach Goffman (ebd.: 17): 1. „Alle Angelegenheiten des Lebens finden an ein und derselben Stelle, unter ein und derselben Autorität statt. 2. Die Mitglieder der Institution führen alle Phasen ihrer täglichen Arbeit in unmittelbarer Gesellschaft einer großen Gruppe von Schicksalsgenossen aus […]. 3. Alle Phasen des Arbeitstages sind exakt geplant, […], und die ganze Folge der Tätigkeiten wird von oben durch ein System expliziter formaler Regeln und durch einen Stab von Funktionären vorgeschrieben. 4. Die verschiedenen erzwungenen Tätigkeiten werden in einem einzigen rationalen Plan vereinigt, der angeblich dazu dient, die offiziellen Ziele der Institution zu erreichen.“ Goffman bzeichnet jedoch nicht nur psychiatrische Anstalten als totale Institutionen, auch Waisenhäuser, Armenasyle, Gefängnisse, Kasernen, Klöster etc. fallen darunter. Durch Goffmans Modell „ließen sich Prozesse in Anstalten als systematische Folgen von Organisationsentscheidungen verstehen, die zuvor als Ausdruck der Pathologie von Insassen beschrieben worden waren“ (Freigang, 2004: 140). An dieser Stelle ist zu betonen, dass dies zum Teil sicher auch noch heute zutrifft, dennoch vor allem in der KJP der Lebensweltorientierung und dem Bezug nach Außen mittlerweile eine sehr große Rolle zukommt. Institutionen sind für die Gesellschaft und die Fortentwicklung des Menschen ein sehr wichtiger Faktor. Sie können Entlastung bringen, indem Institutionalisierung eng verbunden ist mit der Herausbildung von Gewohnheiten und Typisierungen, die das „Alltägliche ordnen, Routinen ermöglichen und damit bestimmte (implizite) Wissenszusammenhänge zur Verfügung stellen und andere wiederum ausblenden“ (Dörr, 2005: 13). Die Psychiatrie als Institution kann somit als „gesellschaftliche Organisierung psychischen Leids“ beschrieben werden, die von der Gesellschaft hervorgebracht und auch von dieser in ihrer Form erhalten bleibt. 14 Begriffsklärung 2.3 Sozialpsychiatrie Unter Sozialpsychiatrie wird entweder eine Perspektive und Arbeitshaltung in der psychiatrischen Versorgung oder aber auch eine Spezialdisziplin innerhalb der Psychiatrie verstanden (vgl. v. Kardoff, 2001: 1438). Wenn wir von Sozialpsychiatrie im Hinblick auf psychiatrische Versorgung sprechen, kann festgestellt werden, dass diese Richtung im Grunde versucht, Menschen mit psychischen Erkrankungen vermehrt in die Gesellschaft zurück zu holen und mit ihnen gemeinsam zu leben (vgl. Dörr, 2005: 14). Oftmals wird Sozialpsychiatrie in dieser Hinsicht auch mit Gemeindepsychiatrie im Sinne von Psychiatrie in der Gemeinde synonym verwendet. Dafür können nach Ernst von Kardoff (2001: 1438) einige Prinzipien formuliert werden: 1.) Es geht darum, Strategien zu entwickeln, um Menschen mit psychischen Erkrankungen gleiche Zugangsmöglichkeiten zu eröffnen, die die Würde und Rechtssicherheit dieser Menschen wahren, Selbstbestimmung und gesellschaftliche Partizipation fördern, die berufliche Wiedereingliederung unterstützen und die zu einer möglichst selbständigen Lebensführung befähigen. 2.) Ambulante Versorgungsformen sollen gegenüber teilstationärer und stationärer Versorgung vorrangig sein, um Hospitalisierungseffekte zu vermeiden und Alltagsnähe zu sichern. 3.) Eine gemeindenahe Infrastruktur mit möglichst wohnortnahen Angeboten soll geschaffen werden, um eine Behandlungskontinuität und Synergieeffekte zu gewährleisten. 4.) Regionale Versorgungsverpflichtung, um eine nachfrageorientierte und koordinierte Planung im Versorgungsgebiet zu fördern. 5.) Anregung und Begleitung von Selbsthilfe- und Angehörigengruppen im Sinne des Empowerment. 6.) Medizinische, psychosoziale und berufliche Rehabilitation durch multiprofessionelle Teamarbeit und interdisziplinäre Kooperation. Besonders der Punkt der Rehabilitation durch interdisziplinäre Kooperation scheint für die KJP und die Jugendwohlfahrt von besonderer Bedeutung zu sein. Hier geht es vor allem darum, dass diese beiden Systeme so zusammenarbeiten, dass eine gute Eingliederung dieser Jugendlichen in die oben dargestellten Bereiche gewährleistet werden kann. Wenn wir von Sozialpsychiatrie im Sinne einer Spezialdisziplin der Psychiatrie ausgehen, kann der Begriff als theoretische und empirische Wissenschaft beschrieben werden, „die sich mit Krankheit bzw. psychischen Leiden als sozialem Prozess befasst und folglich soziale Ursachen, Folgen und Behandlungsmöglichkeiten untersucht“ (Dörr, 2005: 14). Gunter Klosinski (2001: 1446) beschreibt 15 Begriffsklärung Sozialpsychiatrie als eine Disziplin, „die die sozialen Interaktionen, die zwischenmenschlichen Beziehungen des psychisch Kranken mit seinem Umfeld untersucht und ihre Bedeutung für Krankheitsentstehung, Therapie und Rehabilitation zu bessern versucht.“ Battegay et. al. (1977: 11) beschreiben Sozialpsychiatrie als eine Richtung, deren Standort zwischen den Sozialwissenschaften, der Sozialpsychologie und der Psychiatrie zu suchen ist und sich „mit der Erforschung der Zusammenhänge zwischen psychischer Krankheit und sozioökonomischen wie auch soziokulturellen Bedingungen im weitesten Sinne“ (ebd) befasst. Somit versteht sich die Sozialpsychiatrie als eine Richtung die vermehrt versucht, soziale Aspekte mit einzubeziehen und ihren Bezug zu psychischer Krankheit herzustellen. Vor allem in der KJP ist dieser Ansatz sehr gängig und es wird stets versucht, die Kinder und Jugendlichen in ihrem sozialen Umfeld zu sehen und dieses in die Behandlung mit einzubeziehen. 2.4 Salutogenese Die Perspektive der Salutogenese von Aaron Antonovsky entwickelte sich aus der Frage, wie es Menschen schaffen, trotz widriger Bedingungen und extremer Belastungen gesund zu bleiben. Die Aufmerksamkeit wird hier auf gesundheitserhaltende Faktoren gerichtet, die Menschen dazu verhelfen, so erfolgreich wie möglich mit den Bedrohungen und Krisen des Lebens umzugehen. Ziel ist es nicht mehr, den Faktoren entgegenzuwirken, die Krankheiten verursachen, sondern Bedingungen zur Herstellung und Sicherung von Gesundheit zu schaffen (vgl. Wilser, 2004: 247). Um von gesunden Anteilen im Menschen sprechen zu können, soll an dieser Stelle der Begriff der Gesundheit kurz definiert werden. Gesundheit ist nicht alleine als Abwesenheit von Krankheit zu verstehen. Gesundheit ist ein dynamischer Prozess, bei dem geistige, seelische, körperliche und soziale Faktoren den Zustand eines Menschen bestimmen. Gesundheit ist kein ausschließlich medizinischer sondern vorwiegend ein sozialer Prozess, der von vielen Faktoren beeinflusst wird. Gesundheit im Sinne des allgemeinen Wohlbefindens ist dann gegeben, wenn der Einzelne sich möglichst gut mit seiner physischen und sozialen Umwelt auseinandersetzt. Je mehr Ressourcen zur alltäglichen Lebensund Konfliktbewältigung zur Verfügung stehen und auch genutzt werden können, desto unwahrscheinlicher wird Krankheit als Bewältigungsstrategie. Dieser Zustand ist aber nicht einfach gegeben sondern muss in ständigen Lern- und Aushandlungsprozessen immer wieder hergestellt und optimiert werden (vgl. Wilser, 2004: 248). 16 Begriffsklärung Nach dem Konzept der Salutogenese von Aaron Antonovsky kann jeder Mensch auf einem Kontinuum zwischen Gesundheit und Krankheit eingeordnet werden (vgl. Dörr, 2005: 25). Wo auf diesem Kontinuum sich ein Mensch befindet, hängt immer von unterschiedlichen Stressoren und deren Verarbeitung ab. Wie diese Stressoren verarbeitet werden hängt wiederum von den Ressourcen ab, die individuell, subkulturell und gesellschaftlich verankert sind (vgl. Filsinger/ Homfeldt, 2001: 708). Eine zentrale Kategorie im salutogenetischen Modell von Antonovsky ist das Kohärenzgefühl (Sense of Coherence = SOC). Unter Kohärenzgefühl versteht Antonovsky das Ausmaß in dem jemand ein durchgehendes, überdauerndes und dynamisches Gefühl der Zuversicht hat, dass Ereignisse vorhersehbar und erklärbar sind, dass Ressourcen zur Anforderungsbewältigung verfügbar sind und dass diese Anforderungen sinnvoll sind, es sich also lohnt, sich dafür einzusetzen (Wilser, 2004: 249). Ein Mensch hat also immer gesunde auch kranke Anteile in sich. Für die Sozial- und Heilpädagogik im Kontext der KJP ist diese Sichtweise von besonderer Bedeutung, da in diesem Modell das Augenmerk auf die Ressourcen und Stärken der Betroffenen gelegt wird und somit auch die Möglichkeit diese zu fördern in den Vordergrund rückt. Es scheint besonders wichtig, dass SozialpädagogInnen ihre Aufmerksamkeit besonders auf die gesunden Anteile im Menschen legen, um einen Gegenpol und eine fruchtbare Ergänzung zur Defizitorientierung der Medizin darzustellen. 2.5 Psychische Krankheit - Abweichendes Verhalten- erziehungsbedürftig oder krank? Vor allem wenn wir über abweichendes Verhalten bzw. psychische Krankheit in Bezug auf die Kooperation zwischen Jugendwohlfahrt und der KJP sprechen, müssen wir uns ins Bewusstsein rufen, dass wir es in beiden Systemen mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, die sich noch entwickeln. Sehr häufig begegnen wir Kindern und Jugendlichen, die sich gerade in, vor oder nach der Pubertät befinden, die per se häufig Schwierigkeiten mitbringt. Jugendliche in diesem Entwicklungsabschnitt sind mit vielzähligen Entwicklungsaufgaben konfrontiert, die sie bewältigen müssen. Dabei gilt es für uns PädagogInnen, wie in weiterer Folge auch für ÄrztInnen, PsychologInnen oder TherapeutInnen immer abzuwägen, ob es sich bei einem bestimmten Verhalten um eine Normvariante oder um abweichendes bzw. pathologisches Verhalten handelt. Der Entwicklungsaspekt ist hier immer auch beinhaltet und fließt in die Definition von psychischer Krankheit im Kindes- und Jugendalter ein. So schreibt Gunter Klosinski (2001:1447): „Hinzu kommt, dass im Bereich der KJP der Entwicklungsaspekt in den Krankheitsbegriff mit eingeht: Ein 17 Begriffsklärung zweijähriges Daumen lutschendes Kind wird niemand als psychisch krank ansehen, während ein pubertierender Daumenlutscher als ‚nicht mehr normal’ eingeschätzt wird.“ Es gilt also ständig zu entscheiden, welches Verhalten sich noch im Bereich der Normalität bewegt, und welches als abweichend bezeichnet werden muss, um schließlich die geeigneten Maßnahmen treffen zu können. Wichtig zu bedenken ist allerdings, dass in diese Entscheidungen auch die Einstellungen und Hintergründe der Professionellen mit einfließen. Zuerst soll eine Definition abweichenden Verhaltens vorgenommen werden. Allgemein kann gesagt werden, dass abweichendes Verhalten sich immer auf ein Verhalten bezieht, das nicht mit sozialen Normen und Regeln übereinstimmt. Dabei kann zwischen abweichendem Verhalten, das gesellschaftlich toleriert und jenem, das skandalisiert wird, unterschieden werden. Wichtig ist an dieser Stelle anzumerken, dass die Skandalisierung des abweichenden Verhaltens genauso alt ist, wie es Kulturen gibt. So ist schon in einem sumerischen Keilschrifttext ca. 2000 vor Christus zu lesen: „Die Kinder gehorchen nicht mehr ihren Eltern- das Ende der Welt ist nahe“ (vgl. Scheipl, 2006). August Aichhorn (1925,1951: 9) bezeichnet besonders schwierige Jugendliche als „verwahrloste Jugendlichen“, unter denen er nicht nur „alle Typen von kriminellen und dissozialen Jugendlichen, sondern auch schwer erziehbare und neurotische Kinder und Jugendliche verschiedener Art“ versteht. „Eine genaue Sondierung dieser Gruppen voneinander ist schwierig, die Übergänge zwischen ihnen sind fließend“ (ebd.). August Aichhorn (1925,1951: 10) beschreibt die Verwahrlosung in der psychoanalytischen Tradition indem er meint, dass jedes Kind sein Leben als asoziales Wesen beginnen würde. …es besteht auf der Erfüllung der direkten, primitiven Wünsche aus seinem Triebleben, ohne dabei die Wünsche und Forderungen seiner Umwelt zu berücksichtigen. Dieses Verhalten, das für das Kleinkind normal ist, gilt als asozial oder dissozial, wenn es sich über die frühen Kinderjahre hinaus fortsetzt. Es ist die Aufgabe der Erziehung, das Kind aus dem Zustand der Asozialität in den der sozialen Anpassung überzuführen, eine Aufgabe, die nur erfüllt werden kann, wenn die Gefühlsentwicklung des Kindes normal verläuft. Klaus Hartmann (1979: 101ff.) beschreibt die Verwahrlosung als eine Unterkategorie der Dissozialität, die „mit oder ohne Kriminalität sowie mit oder ohne psychische Abnormität einhergehen“ kann. Nach einer Definition der Weltgesundheitsorganisation, die den Krankheitsbegriff nicht auf körperliche Störungen beschränkt, kann Verwahrlosung unter Umständen sogar als Krankheit gelten. Durch eine Untersuchung von S. und E. Glueck, in der 500 verwahrloste mit 500 nicht verwahrlosten Burschen verglichen wurden, konnten Merkmale herausgearbeitet werden, die überzufällig häufiger bei verwahrlosten Minderjährigen auftraten. 18 Begriffsklärung Nach dieser Vergleichsuntersuchung zeigt das Verhalten Verwahrloster u.a. Verhaltensstörungen im Sinne von „Labilität“ (Bindungsschwäche, Belastungsschwäche, Depression), „Impulsivität“ (Schulschwänzen, Weglaufen, Bummeln), „Aggressivität“ (Aggressionen gegen Personen, Aggressionen gegen Objekte) und „Kriminalität“ (häufig als Eigentumskriminalität, Wiederholungskriminalität, Frühkriminalität). Außerdem fanden sich Schulschwierigkeiten (Leistungs- und Verhaltensstörungen) sowie dissoziale Kontakte (Anschluss an dissoziale Kameraden und dissoziale Gruppen […] (Hartmann, 1979: 104f.). Hier wird abweichendes Verhalten vor allem im Hinblick auf eine der Hauptursachen, der Verwahrlosung beschrieben. Allgemein kann festgestellt werden, dass abweichendes Verhalten als nicht der sozialen Norm entsprechend definiert werden kann. Diesbezüglich würde auch psychische Krankheit bzw. die Verhaltensweisen, die damit einhergehen, unter abweichendem Verhalten subsumiert werden. Als abweichendes Verhalten könnte also alles bezeichnet werden, das nicht mit gesellschaftlichen Normen übereinstimmt, wie z.B.: Kriminalität, Suizid, Drogenabhängigkeit und -mißbrauch, Alkoholismus, Krankheit, psychische Störungen, Behinderung, Randgruppenzugehörigkeit und je nach Kultur und Religion auch Ehebruch oder Abtreibung. Trojan (1978: 176) zitiert J.L. Simmons der zeigt, dass „eine weite Auslegung des Abweichungsbegriffes bis zum gewissen Grade berechtigt ist, da tatsächlich fast alle Leute irgendein Verhaltensmerkmal haben, das von irgendeiner anderen Person für abweichend gehalten wird.“ Generell löst der Begriff des abweichenden Verhaltens ältere, stigmatisierende Begriffe wie etwa Verwahrlosung oder Gefährdung ab. Demzufolge könnte man eine Liste mit all jenen Verhaltensweisen erstellen, die in einer bestimmten Gesellschaft, einem bestimmten Kulturkreis, als abweichend oder als nicht normal gelten. Die Frage, die sich jedoch an dieser Stelle stellt, ist, was normal ist und durch wen oder was dies definiert wird. Diesbezüglich soll der Labeling Approach erwähnt werden. Er beinhaltet, dass es abweichendes Verhalten bzw. psychische Krankheit an sich nicht gibt, sondern dieses erst durch eine Definition entsteht. „Es ist also die informelle oder formelle soziale Kontrolle, die die Abweichung feststellt“ (Lamnek, 1994: 60). „In dieser Hinsicht ist psychische Devianz ein soziales Phänomen, das in einem gesellschaftlichen Definitionsprozess durch das Handeln von Institutionen (von Kontroll- Instanzen, wie der Labeling Approach sie nennt) zur psychischen Krankheit wird“ (Cobus- Schwentner, 1990: 79). In diesem Modell steht nicht nur derjenige im Mittelpunkt der Betrachtung, der abweichendes Verhalten zeigt, sondern auch diejenigen, die auf die Abweichung reagieren, indem sie „etikettieren (diagnostizieren) und Maßnahmen gegen die Krankheit ergreifen“ (Trojan, 1978: X). 19 Begriffsklärung Eine psychiatrische Diagnose bezeichnet Trojan (1978: XII) als „formelle Etikettierung“. Die Einweisung in eine psychiatrische Klinik bezeichnet er als schwerwiegendste Etikettierung. Trojan ist der Meinung, dass diese formelle Etikettierung gängige Praxis in der Psychiatrie ist und von den Praktikern auch als hilfreich für den Patienten verstanden werden. Von der soziologischen Perspektive wird dies jedoch auch als Akt sozialer Kontrolle gesehen, die dazu dienen soll, das soziale Problem psychischer Störungen in der Gesellschaft zu bewältigen. Von diesem Blickwinkel aus werden auch die negativen Konsequenzen angesprochen, die eine solche Etikettierung für den Einzelnen und den Verlauf der Krankheit haben kann. „Zu den möglichen negativen Folgen gehört einmal die Veränderung des Selbstbildes, die durch die Etikettierung einer Person als psychisch krank hervorgerufen wird. Der Etikettierte gewöhnt sich an die neue Definition seiner Person als ‚Kranker’, er übernimmt eine ihm von anderen zugeschriebenen ‚abweichende Rolle’, er entwickelt eine ‚abweichende Identität’, […]“(ebd.: XII). Dies würde auch dazu führen, dass sich der Betroffene auf die Hilfe anderer verlässt und eine passiv- resignative Haltung gegenüber seiner Lebenssituation einnimmt. Gleichzeitig zur Veränderung für den Betroffenen selbst, ergeben sich auch Änderungen im Umfeld des Betroffenen. Bezugspersonen treten demjenigen möglicherweise anders gegenüber und nehmen ihn eventuell auch anders wahr. Dies bewirkt wiederum ein verändertes Verhalten ihm gegenüber. Dieser Ansatz ist besonders auch für die Kooperation zwischen stationären Fremdunterbringungseinrichtungen und der KJP von Bedeutung. Es mag sein, dass ein Kind oder Jugendlicher aufgrund seiner momentanen Problemsituation von diesen beiden Systemen betreut werden muss. Hier muss man sich jedoch immer ins Bewusstsein rufen, was eine Einweisung in eine psychiatrische Klinik für ein Kind oder einen Jugendlichen bedeutet. Besonders wichtig ist an dieser Stelle der professionelle Umgang mit psychiatrischen Diagnosen von Seiten der Jugendwohlfahrtseinrichtungen. Der Umgang mit psychiatrischen Diagnosen in den Jugendwohlfahrtseinrichtungen soll daher mit Hilfe der Interviews im empirischen Teil noch einmal zum Thema gemacht werden. In diesem Zusammenhang beschreibt Nils Christie sehr ausdrucksvoll: „Das Verbrechen existiert nicht. Nur Handlungen existieren, Handlungen, denen häufig in unterschiedlichen sozialen Systemen unterschiedliche Bedeutungen beigemessen werden“ (Christie, 2005: 14). Diese unterschiedliche Bedeutungszuschreibung könnte auch zu Schwierigkeiten in der Kooperation zwischen dem System der Jugendwohlfahrt und der KJP führen. Nämlich immer dann, wenn in einem System bestimmte Handlungen als normal definiert werden, während diesen Handlungen im anderen System eine unterschiedliche Bedeutung zugeschrieben wird. 20 Begriffsklärung Eine weitere Definition abweichenden Verhaltens gibt Hilde van den Boogart (In: Kreft/Mielenz: 2005: 31): Abweichendes Verhalten und Normalität bleiben unzweifelhaft zwei zentrale Begriffe der Praxis und der Theorie der Sozialarbeit/ Sozialpädagogik. Sowohl die Konturierung der Zusammenhänge und Prozesse, in die man präventiv oder intervenierend sich einzumischen gedenkt (Einmischungsstrategie), als auch die Bestimmung einer entsprechenden Zielperspektive orientieren sich an Norm und Abweichung. Dies gilt auch dann, wenn sich im Kontext sozialarbeiterischer und sozialpädagogischer Diskussion und Praxis die Vorstellung dessen, was als normal zu gelten habe, verschoben hat. Es bleiben Vorstellungen vom „richtigen“ Leben, vom „sinnvollen“ Dasein, die nach wie vor Normen bilden. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die Ausweisung bestimmter Gruppen als gefährdet oder gefährlich die Grundlage für finanzielle Zuwendung bleibt. Auch Bettmer (2001: 6) beschreibt die die Problematik der Abgrenzung von Normalität und Abweichung als eine zentrale Fragestellung der Sozialen Arbeit: Die Soziale Arbeit ist zutiefst in diese Problematik verstrickt. Sie orientiert sich auf die Selbstkonstitution des Subjekts, ist aber gleichzeitig an das Ziel einer gesellschaftlichen Integration ihrer Adressaten gebunden. Dieses Ziel wird unbestimmt, soweit die moralische Unterscheidung von A/N ihre gesellschaftsintegrative Begründung verliert und infolgedessen auch von der Sozialen Arbeit als Kriterium abgelehnt wird. Wenn die Soziale Arbeit ihre Hauptfunktion nun in der Unterstützung der individuellen Prozesse subjektiver Selbstkonstitution sieht […] so bleibt doch die Frage offen, von wo aus die Ergebnisse dieses Prozesses unter dem Aspekt der Integration beurteilt werden können. Auch die Anomietheorie von Merton, die im Rahmen der Sozialen Arbeit eine nicht unwesentliche Rolle spielt, soll an hier kurz erwähnt werden. Der Begriff der Anomie, der von Durkheim am Ende des 19. Jahrhunderts entwickelt wurde bezeichnet eine gesellschaftliche Situation, die durch Regelund Normlosigkeit geprägt ist und als Folge wachsender Arbeitsteilung und Differenzierung gesehen werden kann. Eine weitere wichtige Facette dieses Begriffs, auf die sich Merton vor allem bezieht besteht in der Diskrepanz zwischen kulturell vorgegebenen Zielen und den Mitteln, die zur Erreichung dieser Ziele zur Verfügung stehen und als legitim, bzw. institutionalisiert gelten. In der Anomietheorie wird abweichendes Verhalten als „Anpassungsprozess an widersprüchliche gesellschaftliche Anforderungen“ gesehen (Lamnek, 2007: 293). „Nach Coward und Ohlin sind aber zusätzlich zur Dissoziation von kulturellen Zielen und institutionalisierten Mitteln die (soziostrukturell) unterschiedlich verteilten Zugangschancen zu illegitimen Mitteln zu berücksichtigen, denn diese sind, ebenso wie die legitimen Mittel (z.B. Bildung, Einkommen) ungleich verteilt […]“(Lamnek, 2007: 98). Durch dieses Verständnis von abweichendem Verhalten lassen sich individuelle, persönliche Eigenschaften in die Entstehung desselben mit einbeziehen. Ein weiterer Faktor ist, dass sich dadurch nicht nur die Entstehung von delinquentem Verhalten sondern auch von psychischen Krankheiten wie z.B. Depressionen erklären lassen. 21 Begriffsklärung An dieser Stelle soll noch einmal kurz auf den Begriff der Gesundheit nach der WHO eingegangen werden. Die WHO definiert Gesundheit als einen „Zustand vollkommenen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlbefindens und nicht allein als Fehlen von Krankheit und Gebrechen“ (zit. nach Klosinski, 2001: 1447). „Psychiatrische Krankheiten sind Störungen im Erleben und in den Verhaltensweisen eines Menschen“ (Klosinski, 2001: 1447). Diese sind mit einer Beeinträchtigung in den Bereichen Liebes-, Arbeits-, und Genussfähigkeit, die von Freud definiert wurden, verbunden. Eine Besonderheit psychischer Erkrankungen ist, dass nicht unbedingt jeder psychisch Kranke auch unter einem Leidensdruck steht. So kann es z.B. sein, dass ein manisch- depressiver Patient sich in seiner manischen Phase sehr wohl und energiegeladen fühlt, obwohl er akut krank und gefährdet ist. Meist leidet hier dann die Umgebung bzw. das soziale Umfeld. Hier kommt auch ein ethischer Aspekt hinzu, der beinhaltet, inwieweit wir als professionell Handelnde in solch einem Fall eingreifen sollen oder müssen. Dörner (1975: 47) spricht von einem gewissen Nutzen des Krankheitsbegriffes. Er meint dazu: Nicht selten registrieren wir es sogar mit Erleichterung, wenn ‚besondere Lebensvorgänge’ oder unverständliche, bedrohliche, oder auch nur abweichende Verhaltensweisen uns als Fall von Krankheit erklärt werden. Das magische Etikett ‚Krankheit’ erzeugt Beruhigung. Das Unverständliche wird verständlich, das Fremdartige wird neutralisiert, ja vertraut, das Besondere wird ein Fall von…, das Abweichende ist kanalisiert, und das Bedrohliche mag zwar materiell bedrohlich bleiben; aber es ist eingeordnet, in einem wissenschaftlichen System diagnostisch untergebracht, entschuldigt, an die zuständigen sozialen und technisch-therapeutischen Instanzen verwiesen (Dörner, 1975: 47). Die Frage der psychischen Krankheit bzw. des abweichenden Verhaltens stellt sich immer in Zusammenhang mit der Frage, ob Kinder oder Jugendliche erziehungsbedürftig oder krank sind. Daraus sollte sich dann auch ergeben, in welchem System das Kind oder der Jugendliche Hilfe in seiner aktuellen Krise bekommt. Generell klingt die Frage nach Erziehungsbedürftigkeit oder Krankheit paradox, wenn wir uns doch auf Kinder und Jugendliche beziehen. Dennoch treffen wir immer wieder auf die Gegenüberstellung von Erziehungsbedürftigkeit und Krankheit, vor allem dann, wenn es um die Klärung von Zuständigkeiten geht. Diese Begriffe beinhalten unterschiedliche Dimensionen, und werden häufig synonym verwendet, ohne dass sie das gleiche meinen. Schon alleine für den Begriff der Erziehung gibt es im wissenschaftlichen Sinn keine einheitliche Begriffsbestimmung. Meist bedeutet Erziehung jedoch, auf andere Menschen Einfluss zu nehmen, sodass eine Entwicklung günstig verläuft. Dabei gehen die Meinungen darüber, was als günstig oder ungünstig zu gelten hat weit auseinander. Daher hat der Begriff unterschiedliche Bedeutungen, die von „disziplinierungsbedürftig, schutzbedürftig bis hin zu beheimatungsbedürftig oder emanzipationsbedürftig“ reichen (vgl. Specht 1990: 66). 22 Begriffsklärung Für die Zuständigkeit der Jugendwohlfahrt bzw. der KJP ist es von zentraler Bedeutung, ob ein Kind oder Jugendlicher als erziehungsbedürftig angesehen wird und somit die Zuständigkeit der Jugendwohlfahrt ausreicht, oder ob ihm eine Krankheit zugeschrieben wird und sich somit eine Zuständigkeit der KJP ergibt. Hierzu ist zu erwähnen, dass sich bereits in den 1920er Jahren die Versorgung besonders schwieriger Kinder und Jugendlicher als ein großes Thema innerhalb der Sozialpädagogik heraus kristallisierte. In dieser Zeit suchte man vor allem nach Gründen, diese schwierigen Kinder und Jugendlichen auszugrenzen und in „Sonderanstalten für Psychopathen“ unterzubringen (vgl. Niemeyer, 1998: 149). In die Diskussion um die Psychopathenfürsorge waren vor allem H. Nohl, M. Isserlin, C. Bondy, S. Bernfeld, R. van der Leyen und andere beteiligt. So hielt Herman Nohl zum Beispiel im Jahr 1924 kurz nach einer Tagung mit dem Thema Ausscheidung der Unerziehbaren aus der Fürsorgeerziehung einen Vortrag mit dem Thema Die Pädagogik der Verwahrlosten (vgl. Niemeyer, 1998: 150). Schon anhand dieses kurzen Diskurses zu bedeutenden Vertretern der Pädagogik kann man sehen, dass das Thema der Erziehung besonders schwieriger Kinder und Jugendlicher und ihrer Verortung in der Pädagogik bzw. in Nachbardisziplinen wie etwa der Psychiatrie ein schon lange diskutiertes Thema ist, das in den letzten Jahren in der Fachliteratur zwar am Rande diskutiert wird, jedoch vor allem in Österreich immer wieder in Vergessenheit gerät. Höchstwahrscheinlich ist dieser Streit um Zuständigkeiten für diese Kinder und Jugendlichen nicht hilfreich. Vielleicht brauchen gerade Kinder und Jugendlichen, die sich in schwierigen Lagen befinden, Erziehung, was sich schon alleine aus der Tatsache ergibt, dass es sich um Kinder und Jugendliche handelt, und Therapie oder eventuell medizinische Behandlung. Schon Redls bedeutsame Erkenntnis war es, dass die Störungen der Kinder, mit denen er zu tun hatte, Störungen ihrer Ich- Funktionen waren, und dass diese eine therapeutische Unterstützung erfordern (vgl. Redl, 1971: 19). Dazu schreibt Köttgen (1998: 69): „Bei sozialen Schwierigkeiten, die sowohl die VertreterInnen der Jugendhilfe als auch der Jugendpsychiatrie hilflos machen, werden die Probleme der Jugendlichen je nach Bedarf als ‚psychiatrische Krankheiten’ oder ‚erzieherische Probleme’ definiert und wechselweise der einen oder anderen Institution überantwortet.“ 23 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich 3 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Die gegenwärtige Diskussion um die Psychiatrie ist eng mit der Zeitgeschichte der Psychiatrie verbunden. Häufig wirken die historischen Wurzeln nach. Besonders das Thema von psychisch kranken Menschen zur Zeit des Nationalsozialismus ist eines der dunkelsten Kapitel, mit dem sich die Psychiatrie konfrontieren muss. Im Allgemeinen hat die Psychiatrie heute mit einer Vergangenheit zu tun, in der der psychisch kranke Mensch nicht als krank gesehen wurde, sondern als ein Sicherheitsrisiko für Staat und Gesellschaft eingestuft wurde (vgl. Blasius, 1980: 9). In diesem Kapitel soll die Geschichte der Psychiatrie, im speziellen der KJP, skizziert werden, um gegenwärtige Strukturen und Behandlungsformen besser verständlich zu machen. In Bezug auf die Kinder und Jugendpsychiatrie liegt keine einheitliche Ideengeschichte vor, wie das in anderen Gebieten der Fall ist. „Dies hängt möglicherweise damit zusammen, dass die Beschäftigung mit dem seelisch kranken/behinderten/verhaltensauffälligen Kind erst vor etwa 70 Jahren Teilbereich der Medizin und überwiegend der Erwachsenenpsychiatrie wurde, die auch erst in der Mitte des 19. Jahrhunderts entstanden war. Der direkte Vorläufer, die Heilpädagogik entwickelte sich ebenfalls erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Hinzu kommt, dass gerade die Medizin zu Beginn dieser Zeit den siegreichen Fortschritt bei der Bekämpfung der Krankheiten betonte, so dass Rückblicke nicht üblich waren, zumal das Gebiet ja auch vorher anderen Disziplinen zugeordnet war“ (Engbarth, 2003: 18). Die Geschichte der KJP muss auf jeden Fall im Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Sichtweise von Krankheit gesehen werden. In diesem Kapitel sollen daher die gesellschaftlichen Bedingungen dargestellt werden, die dazu führten, dass die KJP in dieser Form heute existiert. So ist die Entwicklung der KJP eng verbunden mit der Entwicklung der Fürsorge und der Einstellung zu Krankheit generell bzw. im engeren Sinne, mit den späteren Erkenntnissen über psychische Krankheit. 24 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich 3.1 Entwicklung bis 1900 Die KJP hat unterschiedliche Wurzeln. Einerseits wissenschaftliche Disziplinen wie die Medizin, die Pädagogik und später auch die Psychologie und Heilpädagogik. Andererseits entwickelte sich die KJP aber auch aus dem Fürsorge- Bestreben von Seiten der Kirche und des Staates heraus. In der Entwicklung bis zur Aufklärung spielen Kinder eine noch sehr untergeordnete Rolle. Um die KJP als spezielle Fürsorge für Kinder und Jugendliche zu verstehen, ist es notwendig nachzuvollziehen, wie sich Fürsorge für Arme, Kranke und Kinder im Mittelalter und in der Neuzeit gestaltet hat. Die Armen wurden erste Objekte einer gezielten Fürsorge. Die Einstellung zur Armut war im Mittelalter geprägt durch die Religion. Dem Glauben nach hing es von der göttlichen Gnade ab, ob man mit Reichtum gesegnet oder zur Armut verurteilt war. Die Armut wurde dadurch aufgewertet, dass sie den Reichen die Möglichkeit gab durch milde Taten ihr Seelenheil zu verdienen. Innerhalb dieser Grundauffassung vollzogen sich seit dem 12. Jh. Allerdings einige Veränderungen. Zunehmend wurden die Armen kritisiert und die Barmherzigkeit institutionalisiert und ritualisiert. So wurde die Almosenvergabe immer mehr zu einem Schauspiel, das dazu diente, die eigene Frömmigkeit darzustellen. Demgegenüber stand eine zunehmende Professionalisierung des Bettelns. Die Bettler wurden somit strenger überwacht. Karl V. führte ein, dass die Kinder der Bettler diesen weggenommen werden und in eine Handwerkslehre gegeben werden sollten. Ein durchgehendes Thema dieser Zeit war das Lob und die Glorifizierung der Arbeit, die als Umerziehungsinstrument der Armen gesehen wurde. Im 16. und 17. Jh. Wurde immer wieder lautstark gefordert, vor allem die „unwürdigen Armen“ (Vagabunden etc.) in Arbeits- und Zuchthäuser zu inhaftieren. Tatsächlich wurden auch in Gesamteuropa Arbeits- und Zuchthäuser gebaut. Das Vorhaben wurde jedoch in einem größeren Ausmaß lediglich in Frankreich durchgeführt (vgl. Scheipl, 2008b: 60). Auch im 18. Jh. Wurde Armut einerseits als notwendiges Übel, andererseits aber auch als Gefahr für die öffentliche Ordnung gesehen (vgl. Engbarth, 2003: 33ff.). Ein wichtiger Entwicklungsschritt in der Armenfürsorge in dieser Zeit war jedoch, dass man durch strukturelle Hilfemaßnahmen versuchte, die Armut zu überwinden. Es wurden neue Produktionsund Arbeitsmöglichkeiten geschaffen sowie ein „Almosenfonds“ eingerichtet. Allerdings wurden durch die Einrichtung dieser Fonds Gelder für Witwen, Waisen und Behinderte gekürzt, die schließlich die Opfer dieser neuen Armenpolitik waren. Markant war jedoch, dass in dieser Zeit die Armut nicht mehr so stark moralisiert sondern eher erforscht wurde. Im 19. Jahrhundert waren vor 25 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich allem Ideen und Programmschriften der „Frühen Sozialisten“ sowie das Kommunistische Manifest von Marx und Engels für die Frage der Armenfürsorge maßgebend (Scheipl, 2008b: 62ff). Neben der Armenfürsorge ist es auch wichtig, die Kinderfürsorge zu skizzieren. Sehr lange galt das Kind als Besitz des Vaters, der über Leben und Tod entscheiden konnte. Eine spezielle Fürsorge für arme Kinder gab es nicht. Sie wurden mit Beginn der Neuzeit gemeinsam mit ihren Eltern in entsprechenden Einrichtungen untergebracht. Entgegen dieser Praxis gab es aber auch Stimmen, die die Trennung der Kinder von ihren Eltern forderten und eine besondere Erziehung zur Arbeit und das Erlernen eines Handwerks für erstrebenswert hielten. Kranke Kinder wurden, solange die Tötung von Kindern nicht verboten war, getötet. Wenn ein gesundes Kind erkrankte, gab es meist auch wenig Hilfe. Bis in das 19.Jh. hinein erreichte nicht zuletzt aufgrund der Säuglingssterblichkeit nur jedes 2. Kind das 14. Lebensjahr. Die Ärzte befassten sich zu dieser Zeit noch sehr wenig mit der Behandlung von Kindern. Um den Kindermord zu verhindern wurden von der Kirche Findelhäuser errichtet. Das Kennzeichen war die anonyme Abgabe der Kinder. Hinter dieser Maßnahme stand die christliche Auffassung, dass ein Kind ein Geschenk Gottes sei und daher auch nicht das Eigentum der Eltern wäre. Das erste Findelhaus wurde 787 in Mailand errichtet. Die Sterblichkeit in den Findelhäusern war sehr hoch. Eine realistische Chance hatten nur diejenigen, die von einer Amme ernährt wurden. Teilweise wurden bis zu 30% der Geburten ins Findelhaus gegeben. Hier vermutet man, dass diese Einrichtungen auch von Eltern missbraucht wurden, die ihre Kinder hätten ernähren können. Es konnte aber festgestellt werden, dass die Kindsmorde durch die Findelhäuser nicht zurückgegangen sind. In Hamburg wurde zusätzlich zum Waisenhaus ein Zuchthaus gebaut. Hier bestanden auch Pläne das Waisenhaus und das Zuchthaus zusammen zu legen, was aber durch den Vorsteher des Waisenhauses Simon von Petkum verhindert werden konnte. Finanziert wurde das Waisenhaus zur damaligen Zeit durch Spenden der Bürger und Zahlungen aus den Kirchspielen (vgl. Engbarth, 2003: 36 ff.). Im Jahr 1784 wurde in Wien das Findelhaus vom Staat errichtet. Somit wurden uneheliche Geburten zu einem gesamtgesellschaftlichen Problem gemacht. Die Aufnahme erfolgte gegen Bezahlung bzw. wenn die Mütter mittellos waren unentgeltlich. Die Kinder lebten nicht in der Anstalt selbst, sondern bei Pflegeparteien (Pawlowsky, 2001: 38). Die Findelanstalt musste vor allem dafür sorgen, dass genügend Pflegeplätze für die aufgenommenen Kinder vorhanden waren und diese gewissen Qualitätskriterien entsprachen (vgl. ebd.: 152). Bis 1813 wurde die Wiener Findelanstalt ihrem Anspruch Leben zu erhalten nicht gerecht. Konkret starben in etwa 97% der aufgenommenen Kinder während der Betreuung durch die Wiener Findelanstalt. Von den Kindern, 26 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich die zwischen 1784 und 1910 aufgenommen wurden starben etwa 68% vor Ablauf der Betreuungszeit (vgl. ebd.: 200). Eine Verbesserung brachte die Erhöhung des Kostgeldes im Jahr 1813 sowie im Jahr 1873, die auch eine Vermehrung der Zahl der Pflegefrauen zur Folge hatte (vgl. ebd: 153). In Bezug auf den Umgang mit psychisch Kranken ist zu erwähnen, dass diese bis ins 19. Jahrhundert nicht als Kranke galten sondern eher gemeinsam mit Armen, Vagabunden, Kriminellen u.a. auf der Strasse lebten. Die Wahnsinnigen wurden in die Verfolgung des Müßigganges miteinbezogen und gemeinsam mit den Armen zu Arbeit gezwungen. Sie zeichneten sich jedoch durch ihre Unfähigkeit zu Arbeiten oder den Strukturen zu folgen aus (vgl. Foucault, 1973: 91). Man kann im 17. und 18. Jahrhundert zwar noch nicht von einem systematischen Umgang mit psychisch Kranken sprechen, dennoch wurde zum Beispiel in Frankreich im Hôtel-Dieu Geisteskranke behandelt, die man noch zu heilen hoffte. Dies passierte vor allem mit Mitteln wie Aderlaß, Purganz und in bestimmten Fällen Zugpflastern und Bädern (vgl. Foucault, 1973: 101). Auch in London war Bedlam für die reserviert, die man als „Mondsüchtig“ bezeichnete. Hier wurden bereits am Beginn des 15. Jahrhunderts einige Geisteskranke mit Fesseln und Ketten festgehalten. Dieses wurde weiter ausgebaut und bereits im 17. Jahrhundert konnte es zwischen 120 und 150 Wahnsinnige beherbergen und war auch für diese vorgesehen. Die Behandlung erfolgte einmal im Jahr, meist im Frühling in Form des Aderlasses und der anschließenden Purganz (vgl. Foucault, 1973: 102). So begann die Tradition der Internierung der Geisteskranken und Wahnsinnigen in Internierungshäusern, die wie Gefängnisse waren. Ein Beispiel, an dem sich gut sehen lässt, wie der Umgang mit psychisch Kranken war, ist das von Bentham entwickelte Panopticon, ein gefängnisähnliches Gebäude, das in der Peripherie ein ringförmiges Gebäude mit einem Turm in der Mitte war. Von diesem Turm aus war es möglich die Gefangenen (Kriminelle, Irre, Kinder, Arbeiter etc.) in ihren kleinen Zellen lückenlos zu überwachen, ohne dass diese erkennen konnten, dass sie beobachtet wurden. „Diese Anlage ist deswegen so bedeutend, weil sie die Macht automatisiert und entindividualisiert“ (Foucault, 1976: 259). Abgesehen davon, dass das Panopticon als königliche Menagerie, in der das Tier durch den Menschen ersetzt ist“ (Foucault, 1976: 261) bezeichnet werden kann, wurde dieses einerseits zur Beobachtung der Kranken und Irren (Krankenhäuser), zur Erziehung und zum Unterricht von Kindern (Schulen) und zur Disziplinierung von Arbeitern (Fabriken) eingesetzt (vgl. ebd.). Allgemein war das Panopticon die Institutionalisierung und Realisierung der Macht und der allgemeinen Disziplinierung. 27 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Einige klösterliche Einrichtungen z.B. die Alexianer boten Schutz und Versorgung und öffneten eigene Institutionen für Geisteskranke. Doch in diesen herrschte auch die Devise „ora et labora“ mit der Pflicht zu Gehorsam, Armut und Keuschheit. Nicht jeder psychisch Kranke wurde dort aufgenommen. Vielmehr werden in den Stadtgeschichten „Narrenschiffe“, die unerwünschte Personen an Bord nahmen und in anderen Gegenden aussetzten, „Narrentürme“ und „Tollkästen“ erwähnt. In Wien zum Beispiel wurde zurzeit Joseph II der Narrenturm eröffnet, der sich noch heute auf dem Areal des Allgemeinen Krankenhauses befindet. Von 1784 bis in die 1860er Jahre diente dieser als eine für unsere heutigen Verhältnisse unmenschlich erscheinende „Verwahranstalt für Geisteskranke (…) in dem manche der ‚Patienten’ an die Wände ihrer Zellen gekettet waren“(Stohl, 2000: 7). Viele psychisch Kranke dieser Zeit lebten jedoch in ihren Familien und Dorfgemeinschaften wo die leicht geistig Behinderten eher toleriert wurden, als die psychisch Kranken. Besonders wichtig ist, dass „verrückte“ Handlungen dadurch erklärt wurden, dass sie durch Dämonen verursacht wurden (vgl. Clausen, J. et al, 1996: 22). Daher wurden psychisch Kranke meist mit Folter und Scheiterhaufen traktiert (vgl. Dörr, 2005: 129). Einen entscheidenden Wendepunkt im Umgang mit geistig Kranken stellt das Zeitalter der Aufklärung dar, in dem scharf zwischen Vernunft und Unvernunft unterschieden wurde. In Bezug auf die „Verrückten“ führte dies zu einer Befreiung der Geisteskranken aus den Anstalten. Symbolisch dafür war die Befreiung von in Käfigen und an Ketten gefesselten „Verrückten“ durch den Psychiater Pinel, aus dem Pariser hôpital gèneral. Er sah in ihnen in erster Linie Bürger und im Wahnsinn eine behandelbare Krankheit. Darauf folgte ein neues Zeitalter der „umfassenderen nun wissenschaftlich begründeten, humanistisch legitimierten und administrativ nützlichen Einsperrung und Kontrolle“ (Kardoff, 2001: 1436). Die Faszination, die der Wahnsinn im 18. und 19. Jahrhundert auf Wissenschaftler, Moralisten, Philosophen ausübte hängt vor allem mit dem Wandel von der ländlich agrarischen Feudal- zur städtisch- industriellen aufgeklärt- absolutistischen und später demokratischen Gesellschaft zusammen. Damit zerbrechen herkömmliche Ordnungsmuster und Wertvorstellungen bzw. Lebenswelten und es wird für jeden notwendig, seine individuelle Identität zu konstruieren. Dies führt viele Menschen in Ambivalenzen zwischen der geforderten rationellen Lebensführung und die eigene Selbstfindung und –verwirklichung. 28 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich In diesem Spannungsverhältnis entwickelt sich die Psychiatrie als eine eigenständige wissenschaftliche Disziplin und Profession (vgl. ebd.). Erving Goffman (1972: 365) schreibt zur Notwendigkeit psychiatrischer Anstalten: Es gibt in unserer Gesellschaft nicht deshalb Heilanstalten, weil Aufseher, Psychiater und Pfleger einen Arbeitsplatz brauchten; es gibt sie deshalb, weil eine Nachfrage nach ihnen besteht. Wenn heute alle Heilanstalten eines bestimmten Gebiets geschlossen würden, dann würden morgen Verwandte, Polizisten und Richter den Ruf nach neuen Anstalten anstimmen. Und sie, die in Wahrheit die Klienten der Heilanstalt sind, würden nach einer Institution verlangen, die ihre Bedürfnisse befriedigt. Im Hinblick auf die Erziehung psychisch kranker Kinder und Jugendlichen in Österreich, gingen die ersten Institutionen, die sich mit der Erziehung „schwachsinniger Kinder“ in Wien befassten auf private Initiativen zurück. So wurde 1856 auf Anregung Ludwig Mauthners, dem Begründer des St. Anna- Kinderspitals, die erste „Anstalt für schwachsinnige Kinder“ gegründet. Nachdem diese keine öffentlichen Gelder bekam, bestand die Klientel eher aus Kindern aus besseren Kreisen. 1872 wurde die „Sektion der Heilpädagogen“ gegründet, die sich vor allem mit „den Ursachen sozialen Elends von schwachsinnigen und verwahrlosten Kindern in Österreich beschäftigte“(Rudolph/Benetka, 2007: 28). 3.2 Die Zeit von 1900 bis 1933 In dieser Zeit entstand eine multiprofessionelle Fürsorge für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten und psychischen Störungen, wobei das Zusammenwirken der unterschiedlichen Ursachen berücksichtigt wird und auch in den Methoden der Behandlung zum Tragen kommt. Gleichzeitig mit dieser Ausdifferenzierung scheint in dieser Zeit das Bedürfnis nach einfachen Lösungen zu wachsen. In dieser Zeit gewann der Disziplinierungscharakter der Psychiatrie immer mehr an Bedeutung. Die Psychiatrie war der Ort für all jene, deren soziale Brauchbarkeit nicht wieder hergestellt werden konnte und die im Gegensatz zu den Insassen der Arbeitshäuser auch nicht gebessert werden konnten. Die Psychiatrie wurde zu einer staatsnahen Macht und auch zu einer staatsnahen Wissenschaft (vgl. Engbarth, 2003: 205). In der Zeit des Ersten Weltkrieges kam es in den Großkrankenhäusern zu einem Massensterben, das auf die mangelnde Ernährung zurückzuführen ist. Ebenfalls in dieser Zeit wurde die Euthanasie zum Thema. Einerseits entstand die Position, dass man „wertlos gewordenes“ Leben nicht länger erhalten solle. Andererseits wurde diese Position aber auch sehr stark kritisiert. Vor allem von psychiatrischer Seite hieß es, dass alles getan werden müsse, um das Leben jener Menschen zu 29 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich erhalten, die weder den Willen zu leben noch zu sterben hegen würden. Besonders wichtig war auch die Forderung das Leben nicht nur erhalten zu müssen, sondern auch dem Leben der übrigen Bevölkerung, vor allem in Hinblick auf die Ernährung, anzupassen (vgl. Engbarth, 2003: 206). Einzelnen Reformern wie etwa Hermann Simon und Maximilian Thumm in Deutschland gelangen allerdings beachtliche Fortschritte. Im Mittelpunkt ihrer „aktivierenden Krankenbehandlung“ standen das Herausholen der Pfleglinge aus ihrer „Krankenversunkenheit“ und die Arbeitstherapie. In Erlangen entwickelte Gustav Kolb das Modell der „offenen Fürsorge“ das den Krankenanstalten auch die Aufgabe einer intensiven Nachsorge empfiehlt. In diesem Zusammenhang kann erstmals von psychiatrischer Sozialarbeit gesprochen werden, da sich das Pflegepersonal hier auch um das materielle Wohl der Familien kümmerte und auch Arbeit und Wohnung vermittelte.(vgl. Clausen et al., 1997: 27) Unabhängig von politischen Entwicklungen gab es in dieser Zeit erhebliche wissenschaftliche Fortschritte in der Psychiatrie. In diesem Zusammenhang sind vor allem KRAEPELIN und Eugen BLEULER zu nennen. Diese betonten immer wider die Gegensätze zu pädagogischen Theorien, um ihren wissenschaftlichen Rang zu demonstrieren. Die Psychiatrie übernahm weitgehend die Praktiken der Arbeits- und Zuchthäuser und behielt damit eine ordnungspolitische Funktion (vgl. Dörr 2005: 136f.). Ebenfalls zur selben Zeit entwickelte Freud seine Psychoanalyse, die vorerst von Seiten der Psychiatrie weitgehend ausgeblendet wurde. 1911 wurde in Österreich die erste Heilpädagogische Station unter Lazar gegründet. Diese gilt als ein Vorläufer der heutigen KJP (vgl. Thun-Hohenstein, 2007: 22.). Auch für das Fürsorgewesen war Lazar sehr bedeutend. Er insistierte darauf, dass sich gewisse Umweltbedingungen, wie etwa die Verwahrlosung, schädlich auf die Entwicklung des Kindes auswirken würden. So wies er schon 1909 in dem Artikel „Die Verwahrlosung und ihre schädliche Einwirkung auf die psychische Entwicklung des Kindes“ darauf hin, dass sich Verwahrlosung bei Kindern, die ins schulpflichtige Alter kommen, häufig in einer Verkümmerung der Sprache auswirke. Auch propagierte er, dass bei misshandelten Kindern das Ausbleiben der Sprache psychisch bedingt sei. Lazar unterschied zwei Hauptformen jugendlicher Verwahrlosung. Einerseits die „Normalen“ und andererseits die „Abnormalen“. Bei den „Normalen“ würde keine Art psychischer Krankheit vorliegen. Die Verwahrlosung sei durch den schädlichen Einfluss des Milieus, dem die Kinder ausgesetzt waren bedingt. 30 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Daher seien diese Kinder auch nicht als schwachsinnig anzusehen und seien therapierbar. Eine große Bedeutung müsse jedoch in dieser Hinsicht dem Milieuwechsel zugesprochen werden (vgl. Rudolph/Benetka, 2007b: 30). Eingang in die Psychiatrie fanden aber auch rassenhygienische Gesichtspunkte. 1905 wurde z.B. in Deutschland die „Gesellschaft für Rassenhygiene“ gegründet, die 1911 auf die wachsende Zahl der in öffentlichen Anstalten verpflegten „Irren“ hinwies und ihre „Unfruchtbarmachung oder Ausmerzung“ vorschlug. (vgl. Clausen et al, 1997: 28). Während die Tötung von so genannten „Unheilbaren“ erst 1939 begann, lief zu dieser Zeit die Sterilisationspraxis bereits an. Am 1. Mai 1939 trat das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ in Kraft. Dies führte dazu, dass Menschen mit erblicher Blindheit, erblicher Taubheit, schwerem Alkoholismus, erblichen körperlichen Missbildungen, Schizophrenien, manisch- depressiven Erkrankungen, Veitstanz (Chorea Huntington) und geistigen Behinderungen mit radikaler Konsequenz sterilisiert wurden. Während des Dritten Reiches wurden insgesamt etwa 360.000 Menschen nach diesem Gesetz zwangssterilisiert. Wohlfahrtspflegerinnen waren dafür verantwortlich, dem Amtsarzt sämtliche Personen, die ihnen als „erbkrank“ erschienen anzuzeigen (vgl. ebd. 31 f.). Schon Julius Tandler (1869-1936), Leiter des Wohlfahrtsamtes der Stadt Wien, schlug 1924 als Alternative zur Freigabe der Abtreibung die „Errichtung eines bevölkerungspolitisch orientierten eugenischen Gerichtes“ vor, das schließlich unter absoluten Zwangsbestimmungen 15 Jahre später auf der rechtlichen Basis des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ auch realisiert wurde (vgl. Kapeller, 2000: 237). Schon einige Jahre vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Deutschland hatten sich die ethischen Bedenken gegen die Euthanasie im Denken weitgehend aufgelöst. Tandler übertrug die menschenökonomische Kosten- Nutzen Rechnung auf die Soziale Arbeit. Er stützt sich vor allem auf Rudolf Goldscheid, einen sozialdemokratischen Wiener Parteigenossen, der die Bevölkerung als das „organische Kapital“ einer Volkswirtschaft betrachtete. Mit diesem müsse nach ökonomischen Gesichtspunkten gewirtschaftet werden. Das heißt, „die ‚Kosten der Menschenproduktion’ müssten in einem ökonomischen Verhältnis zu ihren ‚volkswirtschaftlichen Nutzen’ gesehen werden. Goldscheid geht sogar noch weiter und „schlägt vor, die ‚Menschenproduktion’ nach ähnlichen Methoden zu handhaben, wie sie in der wissenschaftlich angeleiteten Viehzucht in der Landwirtschaft angewendet würden“ (Kapeller, 2000: 238.). Tandler formuliert sehr radikal, dass z.B. die Anstaltspflege einiges an Kosten verursachen würde und keinesfalls produktiv wäre. 31 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Er schreibt vor allem auch in Hinblick auf „Irrenanstalten“: […] Welchen Aufwand die Staaten für vollkommen lebensunwertes Leben leisten müssen (Hervorh. M.K.), ist z.B. daraus zu ersehen, dass die 30 Tausend Vollidioten Deutschlands diesen Staat 2 Millionen Friedensmark kosten. Bei der Kenntnis solcher Zahlen gewinnt das Problem der Vernichtung lebensunwerten Lebens im Interesse der Erhaltung lebenswerten Lebens an Aktualität und Bedeutung. (Hervorh. M.K.) Gewiß, es sind ethische, es sind humanitäre oder fälschlich humanitäre Gründe, welche dagegen sprechen, aber schließlich und endlich wird auch die Idee, dass man lebensunwertes Leben opfern müsse, um Lebenswertes zu erhalten, immer mehr ins Volksbewußtsein dringen. Denn heute vernichten wir vielfach lebenswertes Leben, um lebensunwertes zu erhalten. (Hervorh. M.K.) […] (Tandler, 1924 zit. nach Kapeller, 2000: 238). Mit der Machtergreifung Hitlers 1933 wurde die Philosophie der Eugenik noch weiter geführt. Im Mai 1933 gab es erste Bücherverbrennungen, bei denen auch Schriften von Psychiatern und Psychoanalytikern verbrannt wurden. Zahlreiche jüdische, bzw. politisch gefährdete Psychiater und Psychoanalytiker verließen in den Jahren zwischen 1933 und 1939 Deutschland und Österreich. Die Zusammenarbeit der Psychiatrie als Wissenschaft mit der Politik des „Dritten Reiches“ wurde vor allem von Ernst Rüdin vorangetrieben, der 1934 Vorsitzender der „Gesellschaft deutscher Soziologen und Psychiater“ übernahm und gleichzeitig empfahl, auch „soziale Minderwertigkeit“ als Sterilisationskriterium anzuerkennen. Was mit der Sterilisation von psychisch Kranken begann mündete schließlich in der systematischen Ermordung psychisch Kranker und Behinderter (vgl. ebd. 32). 3.3 Die Psychiatrie in der Zeit des Nationalsozialismus Die Entdeckung der Erblichkeit führte dazu, dass biologische Modelle auch für psychische Krankheiten verabsolutiert wurden. Die Erbgesundheitslehre (Eugenik) stieg zur „Leitwissenschaft für bevölkerungs-, gesundheitspolitisches und fürsorgliches Handeln“ auf. Bereits 1920 wurde vom Juristen Binding und dem Ordinarius für Psychiatrie in Freiburg, Hoche eine Schrift veröffentlicht, in der die Euthanasie verschiedener Gruppen Geisteskranker befürwortet wurde. Die Folgeerscheinungen einer eugenischen und einseitig körperorientierten- biologistischen Einstellung der Psychiatrie wurden im unmenschlichen Vernichtungsfeldzug gegen die „Irren“ während des Nationalsozialismus traurige Wirklichkeit. Die Psychiatrie hatte in der NS- Zeit ihre dunkelsten Stunden. Geisteskranke wurden in dieser Zeit als „Erbfeinde unseres Volkes“ stigmatisiert und umgebracht (vgl. Dörr, 2005: 137f). Am 9. Oktober 1939 ergingen auf Veranlassung des Reichsministeriums Meldebögen an alle Heilund Pflegeanstalten. Diese sollten angeblich lediglich dazu dienen, die Arbeits- und Wirtschaftsfähigkeit psychisch Kranker Menschen zu erheben. Am gleichen Tag wurde jedoch die Zahl der zu Tötenden mit 70 000, „darunter auch 5000 Kinder im Rahmen der ‚Kindereuthanasie’“(Malina, 2007: 104). beziffert. Als Methode, um diese Menschen umzubringen, 32 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich wurde die Vergiftung durch Gas beschlossen. Aber auch Erschießungen fanden statt. Mit Sicherheit sind einige auch durch zu hohe Medikamentendosen verstorben. So wurden im polnischen Krankenhaus Chelm im Jänner 1940 alle Insassen an einem Tag von SS- Männern ermordet. Im Jänner 1940 wurde der Gastod erstmals direkt an einer psychiatrischen Krankenanstalt des Reiches (in Brandenburg) angewandt. Meist wurden die Insassen in Zwischenanstalten verlegt, bevor sie in die Tötungsanstalten gebracht wurden (vgl. Clausen, 1997: 33 f.). Im Rahmen dieser Aktion die als „T4“ bezeichnet wird, wurden insgesamt 200 000 Menschen ermordet. Auch in der Steiermark wurde dies praktiziert. Vom damaligen Großkrankenhaus „Am Feldhof“, der heutigen Landesnervenklinik Sigmund Freud, in Graz wurden etwa 1200 psychisch Kranke Menschen und Behinderte direkt mit der Bahn weggebracht, um schließlich vergast zu werden. Unter diesen 1200 befanden sich auch etliche Kinder (Danzinger, 2006). Auch die Kinder- Euthanasie wurde organisatorisch vorbereitet. So mussten alle Kinder, die behindert oder auf irgendeine Art missgebildet waren den Gesundheitsämtern gemeldet werden. Die Kinder wurden dann in so genannte Fachabteilungen zur Begutachtung geschickt. Dort bekamen sie dann das Schlafmittel Luminal verabreicht, was schließlich zu einer tödlichen Lungenentzündung (einem scheinbar natürlichen Tod) führte, oder sie wurden durch Verhungern- lassen getötet. Für das österreichische Gebiet lassen sich zum heutigen Zeitpunkt zwei Kinderfachabteilungen nachweisen, die zurzeit zwischen 1940 und 1945 bestanden haben. Dies war einerseits die Kinderfachabteilung „Am Spiegelgrund“ in Wien und die Kinderfachabteilung „Am Feldhof“ in Graz. Als „Spiegelgrund“ wurde die Heil und Pflegeanstalt auf dem „Steinhof“ in Wien zu einem Begriff für eine „bedrohliche, demütigende, in vielen Fällen auch tödliche ‚Heil’- Pädagogik in der NSZeit“ (Malina, 2007: 159). Wenn wir vom „Spiegelgrund“ sprechen, so sind eigentlich zwei Institutionen gemeint. Einerseits das „Erziehungsheim“ und andererseits die „Nervenheilanstalt“, die vor allem im Zusammenhang mit dem Namen Dr. Heinrich Gross in den letzten Jahren immer wieder in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt ist. Obwohl sich in den letzten Jahren immer mehr Zeitzeugen und Betroffene gemeldet haben, ist über das „Erziehungsheim“ immer noch relativ wenig bekannt (vgl. ebd.). Durch die T4 Aktion, die in weiterer Folge noch beschrieben wird, wurde am Gelände des „Steinhofes“ Platz gemacht, um 1940 als neu errichtete städtische „Jugendfürsorgeanstalt Am Spiegelgrund“ mit einer Kapazität von 640 Betten den Betrieb aufnehmen zu können. Die Anstalt stand unter ärztlicher und pädagogischer Leitung. 33 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Diese Anstalt war Teil eines umfassenden Plans, alle Kinder und Jugendlichen im Raum Wien zu erfassen, die nicht den nationalsozialistischen Idealen von Brauchbarkeit, Leistung und Gesundheit entsprachen. Mit der Kinderfachabteilung war auch die Jugendfürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ in die Kindermordaktion eingebunden (vgl. ebd.: 161). Ursprünglich war die Jugendfürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ als „Durchzugsheim“ organisiert. Es gab jedoch „drei ‚Dauergruppen’ für besonders schwierige Erziehungsfälle, die als noch nicht hoffnungslos galten, ‚deren Führung in anderen Anstalten aus pädagogischen Gründen aber untragbar ist’“(Malina, 2007: 162). In diesen Gruppen wurde versucht die Kinder und Jugendlichen durch „Zucht, strenge Disziplin, lückenlose Beschäftigungstherapie und ganz besondere Pflege des Gemeinschaftssinnes“ wieder in die Gruppengemeinschaft zu integrieren (ebd.) Festzuhalten ist, dass der „Spiegelgrund“ zeit seines Bestehens mit seinen verschiedenen Funktionsbereichen („Nervenklinik“, „Kinderfachabteilung“, „Erziehungsheim“) als das entscheidende Selektionsinstrument der Wiener Jugendfürsorge diente. Die „Jugendfürsorgeanstalt“ vereinigte bis zum Jahr 1942 im Grunde zwei Institutionen. Ein Erziehungsheim, das der Korrektur und Normalisierung jener Kinder und Jugendlichen dienen sollte, die als noch „brauchbar“ und „normalisierbar“ erschienen; und eine Einrichtung zur Selektion und Behandlung von den Kindern, die aufgrund ihrer Behinderung zu Tode „behandelt“ werden sollten. Somit war die Jugendfürsorgeanstalt „Am Spiegelgrund“ eine komplexe Institution, die nicht nur auf die Kindereuthanasie reduziert werden kann (vgl. Malina, 2007: 165ff.). Im Jahr 1942 wurden die beiden Bereiche Erziehungsheim und Nervenklinik organisatorisch getrennt. Dennoch scheinen diese beiden Bereiche nach wie vor eine enge Verbindung gehabt zu haben (vgl. ebd.). Wichtig an dieser Stelle anzumerken ist, dass in dieser Zeit die KJP eine große Rolle in Fürsorgeverfahren spielte. Somit muss die Kooperation zwischen KJP sich mit diesem Erbe auseinander setzen, um einen neuen Anfang wagen zu können. Zum heutigen Zeitpunkt ist es sehr schwierig nachzuvollziehen, wie viele Kinder wirklich der Kinder- Euthanasie zum Opfer gefallen sind, da einerseits Krankengeschichten vernichtet wurden und andererseits die Euthanasie ohnehin nicht in den Krankengeschichten erwähnt wurde. In einem Interview meint Dr. Marianne T. (zit. nach Oelschläger, 2003: 1035) dazu: „In sehr vielen Fällen war die unmittelbare Todesursache eine Lungenentzündung, die im Zuge der Schlafmittelvergiftung aufgetreten ist. In den Krankengeschichten scheint natürlich die Lungenentzündung auf.“ Diese Aussage zeigt, dass eine Unterscheidung zwischen den Kindern, die an einem natürlichen Tod und jenen, die der Kinder- Euthanasie zum Opfer gefallen sind, nicht möglich ist. Trotzdem können Aussagen über die Entwicklung der Kinderfachabteilungen zwischen 1939 und 1945 getroffen werden. 34 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Klar ist, dass der „Reichsausschuss“ keine Weisungsbefugnis über den Aufbau von Kinderfachabteilungen gab. Entschied sich eine Anstalt für die Einrichtung einer solchen, war es ihr überlassen, welche Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt wurden, und wie diese belegt wurden. Bei der Erstellung von Befundberichten waren die Ärzte allerdings an klare Vorgaben von Seiten der „Reichsausschussgutachter“ gebunden. Hier waren detaillierte Angaben zur Anamnese verlangt und Untersuchungsergebnisse gefordert. Eine besondere Bedeutung in diesen Berichten kam der Prognose der zukünftigen Entwicklung zu, im Besonderen der Bildungs- bzw. Arbeitsfähigkeit. Gegebenenfalls mussten diese Berichte durch Ergebnisse medizinischer Verfahren wie z.B. eines Enzephalogramms oder einer Lumbalpunktion ergänzt werden. Außer jene Kinder, die aufgrund geistiger Behinderung oder schwerer körperlicher Schädigungen von vornherein nicht für therapeutische Maßnahmen in Frage kamen, wurden bei den eingewiesenen Kindern in einem unterschiedlichen Umfang Therapie-, Förderungs-, und Arbeitsversuche in der anstaltseigenen Hilfsschule oder Landwirtschaft durchgeführt. Durchaus nicht unüblich war es, die Kinder und Jugendlichen je nach Krankheitsbild an Krankenhäuser zu operativen Eingriffen zu überweisen. „In den Kinderfachabteilungen verzahnten sich so die medizinische Diagnostik und Therapie der Psychiatrie, der Pädiatrie und pädagogische Maßnahmen“ (Oelschläger, 2003: 1035). Trotzdem sind diesen Maßnahmen immer Selektionskriterien zugrunde gelegen und in den Kinderfachabteilungen wurden trotzdem Tötungen durchgeführt, vor allem, wenn therapeutische Maßnahmen keine Wirksamkeit zeigten (vgl. ebd.: 1035). Die Tötungen, die am Spiegelgrund in Wien stattgefunden haben sind mittlerweile schon oft beschrieben, daher soll an dieser Stelle besonders auf die Kinderfachabteilung der Steiermark eingegangen werden. Die Kinderfachabteilung in Graz wurde an der „Gau-Heil und Pflegeanstalt des Reichsgaues Steiermark Feldhof- Graz“ errichtet. Auf diesem Gelände befindet sich die heutige Landesnervenklinik Sigmund Freud Graz. Als Eröffnungszeitpunkt wird das Jahr 1941 angenommen. 1940 wurde das Pius- Institut in Bruck an der Mur aufgelöst und die Kinder in die bis zu diesem Zeitpunkt relativ kleine Kinderabteilung des „Feldhofs“ gebracht. Im Zuge dessen wurde in der Zweigstelle Kainbach und nach deren Auflösung im Schloss Pertlstein bei Feldbach der Kindergarten bzw. die Schulabteilung für bildungsfähige Minderjährige des „Feldhof“ eingerichtet. In der alten Kinderabteilung wurden vor allem Beobachtungsfälle sowie jene Kinder und Jugendlichen, die als bildungsunfähig galten und meist schwer behindert waren. Nachdem in diesem Bereich ein Reservelazarett der Deutschen Wehrmacht errichtet wurde, wurden die Kinder und Jugendlichen auf die restlichen Stationen verteilt. Dazu kam noch eine Einrichtung in Messendorf, die auf einer großen Landwirtschaft Arbeitstherapie für die Anstaltsinsassen des „Feldhof“ betrieb. Viele Kinder wurden auf ihre Arbeitsfähigkeit getestet. Bestanden sie den Test nicht, so verstarben sie meist innerhalb weniger Wochen (vgl. Oelschläger, 2003: 1039). 35 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Die Kinderabteilung im „Feldhof“ hatte keine eigenen Räumlichkeiten. Die Kleinkinder bis zum 6. Lebensjahr wurden auf der Frauenabteilung untergebracht. Ältere Kinder und Jugendliche wurden auf die verschiedenen Frauen- und Männerabteilungen verteilt. Die dokumentierbaren Todesfälle verteilen sich dementsprechend auf die gesamte Anstalt. Die bereits in der Anstalt tätigen Ärzte übernahmen zunächst die Aufgaben der Kinderfachabteilung. Später wurden Ärzte aus anderen Einrichtungen mit der Leitung der Kinderfachabteilung betraut. Keiner dieser Ärzte im „Feldhof“ besaß eine spezielle jugendpsychiatrische bzw. pädiatrische Ausbildung (vgl. Oelschläger, 2003: 1039 f.). Insgesamt verstarben in Graz 267 Minderjährige (unter 21 Jahren). Beim Großteil der Fälle wurde Schwachsinn (Idiotie) unterschiedlichen Grades diagnostiziert. Durch die Unterlagen kann allerdings nicht nachvollzogen werden, wie viele Kinder und Jugendliche „Reichsausschuss“ Kinder waren. Über mögliche medizinische Forschungen an der Kinderfachabteilung in Graz gibt es ebenfalls keine Belege (vgl. ebd.: 1040). Die Kinder- Euthanasie wurde während der gesamten Zeitspanne des Krieges durchgeführt und besonders auch auf mischlings- und jüdische Kinder ausgedehnt (vgl. Clausen, 1997: 34). 1941 ließ Hitler die Aktion „T4“ stoppen, die Tötungen gingen jedoch unter anderen Decknamen weiter. Peter Malina (2007: 103) schreibt dazu sehr markant: Eine Pädagogik, die es nicht ertragen konnte, mit Schwachen, Kranken und angeblich nicht ‚Leistungsfähigen’ umzugehen, und eine Medizin, die sich dem Töten statt dem Heilen verschrieb, waren die Voraussetzung dafür, dass nun auch ein gnadenloser ‚Krieg gegen die psychisch Kranken’, gegen körperlich und geistig Behinderte eröffnet wurde, der auch und besonders Kinder und Jugendliche betraf. Auch Margret Dörr schreibt in Bezug auf die Psychiatrie in der NS- Zeit treffend: „Die Psychiatrie hatte in der NS- Zeit eine ihrer dunkelsten Stunden. Als wissenschaftliche Disziplin und professionelle Praxis hat sie wesentlich dazu beigetragen, dass in dieser Zeit die Geisteskranken in Deutschland als ‚Erbfeinde unseres Volkes’ stigmatisiert und umgebracht wurden“ (Dörr, 2005: 138). Trotz dieser traurigen Entwicklung in dieser Zeit, die ein schreckliches Erbe für die Psychiatrie darstellt, kann die Zeit zwischen 1937 und 1945 als die Zeit der eigentlichen Konstituierung der Kinder und Jugendpsychiatrie betrachtet werden. Der Zeitpunkt der Konstituierung ist mit dem 1. Internationalen Kongress 1937 in Paris zu sehen, dessen Präsident der französische Kinderpsychiater HEUYER den ersten Lehrstuhl dieses Faches innehatte (vgl. Berger, 2007a:10). 36 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich 1940 fand der Gründungskongress der Deutschen Gesellschaft für KJP in Wien statt. Trotzdem war die Aufgabe der KJP zu dieser Zeit die einer „Ordnungs-, Auslese- und Vernichtungspsychiatrie“, was eine „nicht-tilgbare“ Hypothek für dieses Fach darstellt (vgl. ebd. 10ff.). 3.4 Die Zeit nach 1945 Einige Psychiater der NS- Zeit wirkten auch nach dem Krieg als angesehene Wissenschaftler weiter. Die Ideologie blieb allerdings gleich verachtend gegenüber psychisch kranken Menschen. Unter Juristen gab es die Diskussion, um eine Verbesserung der Persönlichkeitsrechte psychisch Kranker. Von Seiten der Medizin wurde allerdings entgegnet, dass diesen weiterhin bestimmte Rechte vorenthalten bleiben sollten, da sie weder zur Selbstbestimmung noch zur Verantwortungsübernahme fähig wären. Mit der Einführung der Psychopharmaka fand sich eine medizinische Behandlung, die trotz Nebenwirkungen im Vergleich zu Schocktherapien etc. als schonend bezeichnet werden kann. Außerdem wurden Behandlungsmöglichkeiten vielfältiger und somit die Zahl der als „unheilbar“ Geltenden geringer. Darum hielt man am naturwissenschaftlichen Ansatz fest und konzentrierte sich auf die Medikation. Dies führte dazu, dass viele Menschen entweder dauerhospitalisiert blieben oder zu so genannten „Drehtürpatienten“ wurden. Die Hospitalisierung ging mit Merkmalen wie etwa dauerhafter sozialer Rückzug einher, was lange Zeit auch als Krankheitssymptom interpretiert wurde. Tatsächlich wurden diese Symptome durch Bedingungen wie fehlendem Kontakt zur Außenwelt, erzwungener Untätigkeit, dem autoritären Verhalten von Ärzten und dem Pflegepersonal, Medikamenten, der Anstaltsatmosphäre etc. im Zusammenhang mit dem Klinikaufenthalt verursacht. Bis weit in die 60er Jahre konnte die Psychiatrie glaubhaft versichern, dass sie den Kranken Asyl bot und sie vor den Ansprüchen der normalen Welt schützte. Diese Aufgabe wurde meist von unzureichend ausgebildetem Pflegepersonal übernommen, das strukturell überfordert war und alltäglich mit den Betroffenen zu tun hatte (vgl. Dörr 2005: 140 f.). Alexander Mitscherlich (1908-1982) war nach 1945 einer der bekanntesten Symbolfiguren in der psychiatrischen Neuorientierung. Er kritisierte die gängigen NS- Praktiken und veröffentlichte Material zur Anklage dieser gnadenlosen Menschen. Auch Thure von Uexküll arbeitete das Vergangene als Bestandteil der Psychiatrie-Geschichte auf, die bis dato noch erheblichen Einfluss hatte. Diese Aufarbeitung wurde auch z.B. von Dörner in seiner Psychiatriekritik „Bürger und Irre“ (1969) gefordert. Er verlangte eine dringend notwendige Selbstaufklärung der Psychiatrie, die Adorno und Horkheimer allgemein für die Naturwissenschaften forderten: „Was die Atombombe 37 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich von Hiroshima für die Physik, sind die Gaskammern von Hadamer für die Psychiatrie“ (Blasius 1986:9 zit. nach Dörr, 2005: 140) Dennoch war das Töten mit 1945 nicht beendet, sondern ging noch bis 1950 weiter. In der Nachkriegszeit ließ man die verbliebenen Patienten in den psychiatrischen Anstalten verhungern und stahl ihr Essen (vgl. Berger, 2007a: 12). Sehr lange (bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts) galten psychiatrische Krankenhäuser und Anstalten als totale Institutionen, in denen ein Machtverhältnis ausgenutzt wurde. Es waren etablierte Institutionen mit Zwangsstrukturen und hierarchischen Beziehungen. Psychisch Kranke waren sehr lange Menschen, die brutal unterdrückt wurden (vgl. Pirella, 1973: 204ff.) und nahezu keine Rechte hatten. Um dieses zu ändern waren die Italiener Franco Basaglia und seine Frau richtungweisend, die geschlossene Abteilungen mit beachtlichen Heilungserfolgen geöffnet haben. Der Neubeginn in der 2. Republik wurde aus mehreren Quellströmen gespeist. Einerseits aus dem der Heilpädagogik, die in Österreich vor allem von Hans ASPERGER vertreten wurde; andererseits aus der Mental Health – Bewegung und aus der Child guidance Bewegung. Auf diesem Hintergrund entwickelte sich die klinische KJP neben der bereits bestehenden Heilpädagogik. In dieser Zeit waren allerdings noch große Anstalten und Institutionen für die Versorgung von Kindern und Jugendlichen zu finden, Kinderhäuser in Landes-Heil und Pflegeanstalten, geschlossene Heime in der Jugendfürsorge sowie geschlossene Justizanstalten. Die KJP hat sich mit diesen Anstalten auseinandergesetzt und diese problematisiert. Ab 1970 wurden dann schließlich Bemühungen unternommen, um die alten Strukturen zu ändern. Walter SPIEL war in dieser Zeit einer der Hauptinitiatoren dieser Reformen (vgl. ebd.: 13f.). „In diesen Jahren wurden in der Kooperation von Kinderpsychiatrie und Jugendwohlfahrt- zum gegenseitigen Nutzen- zahlreiche neue Betreuungsprojekte initiiert und erprobt“ (Berger, 2007a:14). Die Hauptentwicklung dieser Periode bis etwa zum Jahr 1975 bestand darin, dass Anstaltsstrukturen überwunden wurden und langsam psychosoziale Netzwerke aufgebaut wurden (vgl. ebd.). Im Jahr 1975 erfolgten die Gründung der ersten, und bis heute einzigen, Universitätsklinik in Wien sowie die Einrichtung des Additivfaches „Kinder- und Jugendneuropsychiatrie“. Damit etablierte sich die KJP in unserem Land mit den Kernideen von Walter SPIEL. Diese Kernideen finden sich in dem bio-psychosozialen sowie biografischen Modell, sowie in der Idee der Psychotherapie als 38 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Handwerkszeug der KJP und in der Arbeit in sozialpsychiatrischen Netzwerken wieder (vgl. Berger, 2007a:16ff.). Noch in den 80er Jahren kam der KJP in der Steiermark im Gegensatz zu anderen Bundesländern wenig bis gar keine Bedeutung zu. Helga Baumann schreibt 1988 dazu: „Nahezu alle österreichischen Bundesländer sind jugendpsychiatrisch besser versorgt als die Steiermark“ (Baumann, 1988: 11). In Wien gab es zu diesem Zeitpunkt bereits eine eigene Klinik für Neurologie und Psychiatrie des Kindes- und Jugendalters während Salzburg und Tirol eine Abteilung hatten. Baumann schreibt zur kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung im Jahr 1988: „Der Istzustand in der Steiermark ist besonders für Mädchen äußerst ungünstig, die im Krisenfall auf die Frauenstation des Landessonderkrankenhauses eingewiesen werden und dort über Wochen stationär bleiben. Uns fehlt in der Steiermark sowohl das auf Kinder und Jugendliche spezialisierte psychiatrische stationäre Angebot (in Salzburg 9 Betten!) als auch das ambulante Therapieangebot“ (Baumann, 1988:12). 3.5 Die Gegenwart Die aktuelle Situation der KJP in Österreich ist geprägt durch ein unüberschaubares Angebot an Einrichtungen, die teilweise auch am Namen nicht als kinder- und jugendpsychiatrische Einrichtungen gekennzeichnet sind. Diese sind in unterschiedlichen Strukturen angesiedelt, und werden von unterschiedlichen Trägern finanziert. Trotzdem sind diese „nicht in der Lage, eine moderne Vollversorgung der Bevölkerung im Sinne der WHO zu gewährleisten“(ThunHohenstein, 2007: 21). Zur Allgemeinsituation in Österreich schreibt Thun-Hohenstein (2007: 29): Es stehen in Summe […] in der stationären Akutversorgung zur Zeit 252 kinderpsychiatrische und 29 neuropsychiatrische Betten zur Verfügung. Bei einer Gesamtbevölkerung von 8 Mio Menschen würden nach den Berechnungen des ÖBIG in Österreich ca. 800 kinder+jugendpsychiatrische Betten benötigt. 3.6 Das Verhältnis von Kinder- und Jugendpsychiatrie und Pädagogik Um über die Bedeutung der (Sozial-) Pädagogik in der Psychiatrie zu sprechen, ist es notwendig, darauf hinzuweisen, dass bereits die absolutistischen Zucht- und Arbeitshäuser von einem pädagogischen Diskurs begleitet wurden, insbesondere bezog sich dieser Diskurs auf Methoden zur Besserung der Insassen. Foucault meint, dass im Zuge der „Pädagogisierung aller Mittel“ ursprüngliche medizinische Mittel zu pädagogischen gemacht wurden. Engel hingegen zeigt auf, dass das wesentliche Moment in der Psychiatrie in der Medizinalisierung von bisher gängigen 39 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich Besserungspraktiken, auch die einer „schwarzen Pädagogik“ liegt. Vormals pädagogische Methoden wurden als medizinische Heilmethoden deklariert und umgekehrt: pädagogische Praktiken wurden an den Rand gedrängt und als unwissenschaftlich verhöhnt. Durch eine bessere Abschottung von anderen sollte vor allem eine eventuelle Ansteckung verhindert werden. Der Arzt wurde somit der Beschützer der Bevölkerung, statt der Retter der Eingeschlossenen. Besonders interessant ist, dass die Lage der psychisch Kranken zu diesem Zeitpunkt vor allem aus medizinischen Veröffentlichungen hervorgeht. Der alltägliche Umgang wird weitgehend als unwissenschaftlich deklariert und somit ausgeblendet (vgl. Dörr 2005: 129f.). Die Entstehung der Psychiatrie kann, wie schon erwähnt, nur im Zusammenhang mit einer Sozialgeschichte der Armut und der Formen bürgerlicher Armenfürsorge gesehen werden. Eine Wurzel, die bis heute das Verhältnis von Pädagogik und Psychiatrie prägt, ist die am Anfang des 19. Jahrhunderts propagierte „neue Heilmethode“ der medizinischen Psychiatrie, die „psychische Kurmethode“, die HERZOG (1984) als „irrenärztliches Pädagogentum“ darstellte. Das Werk „Rhapsodieen über die Anwendung der psychischen Curmethode auf Geisteszerrüttungen“ von Johann Christian REIL (1803) wird als Beginn einer deutschsprachigen Psychiatrie bezeichnet. Die Entschlüsselung seiner Ausführungen macht das dialektische Verhältnis von Pädagogik und Psychiatrie deutlich. Die pädagogischen Zucht- und Besserungsmittel, die er in seinem Entwurf aufgenommen hatte, galten vordergründig für die Gruppe der „Unheilbaren“, die wiederum vom Bereich der Psychiatrie ausgenommen wurden. Doch genau genommen hatten pädagogische Zuchtund Besserungsmittel für den gesamten Bereich der Psychiatrie eine fundamentale Bedeutung: Die Anwendung der psychiatrischen Heilmittel setzte in jedem Fall den absoluten Gehorsam des Kranken voraus. War dieser Gehorsam nicht freiwillig, sollte er mit den pädagogischen Mitteln des Zucht- und Arbeitshauses erzwungen werden. Insofern lassen sich diese pädagogischen Mittel als Basis der psychiatrischen Behandlung verstehen, obgleich sie von Reil manifest nur als untergeordnete Elemente einer medizinischen Gesamttheorie – sie dienten der Vorbereitungsphase der Behandlung- dargestellt wurden (Dörr, 2005: 132). Im Grunde kann gesagt werden, dass die medizinische Psychiatrie von REIL auf pädagogische Praktiken angewiesen blieb, obwohl sie ursprünglich versuchte, diese zu überwinden (vgl. ebd.: 132). Bei grundsätzlicher Betrachtung vertreten Psychiatrie und Pädagogik, damals wie auch heute, unterschiedliche Handlungsansätze. Die Medizin verfolgt ein Handlungsmodell, das von einem Defizit oder von einer Störung ausgeht. Die Pädagogik auf der anderen Seite orientiert sich am Modell der Förderung und will sich an den gesunden Anteilen im Menschen orientieren (vgl. du Bois, 2004: 421). Diese beiden Ansätze nähern sich allerdings immer mehr an. So versucht auch die Psychiatrie vor allem durch die Theorie der Salutogenese von ANTONOVSKY, ebenfalls von 40 Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich diesem rein defizitorientierten Krankheitsmodell wegzugehen und auch die gesunden Anteile im Menschen mit einzubeziehen. Einige für die Entwicklung der KJP wichtige Therapeuten wie etwa Redl, Adler, Aichhorn oder Bettelheim kamen aus der Heimpädagogik und der Sozialarbeit. Bei der Gründung kinderpsychiatrischer Stationen, in Deutschland und der Schweiz, wie etwa beim „Neuhaus“ oder der psychiatrischen Klinik „Waldau“ in Bern, standen heilpädagogische Heime im süddeutschen Raum und in den Alpenländern Pate. Die pädagogisch- medizinische Interdisziplinarität war hier von Anfang an sehr bedeutsam (vgl. du Bois, 2004: 423). Auch in Österreich wurde von Beginn der KJP an der Pädagogik ein sehr hoher Stellenwert eingeräumt. Schon LAZARs Publikationen geben Auskunft über die enge Verbindung von Pädagogik, Psychiatrie und Psychologie vor und nach 1900. In einem Vortrag, den er 1907 über die Hilfsschulbewegung hielt, versuchte er den Zusammenhang der Disziplinen deutlich zu machen. Hier machte er vor allem auf die Chancen aufmerksam, die die Beobachtung des Hilfsschulkindes beim Erlernen des Lesens, Schreibens und Rechnens biete, aufmerksam. Diese Beobachtungen würden wichtige Anhaltspunkte geben, um das Wesen psychischer Störungen genauer zu erfassen (vgl. Rudolph/Benetka, 2007b: 30). ASPERGER und SPIEL, die als Begründer der KJP in Österreich gelten haben sich beide mit der Pädagogik auseinander gesetzt. ASPERGER versuchte die diesbezüglich relevanten Gebiete der Pädagogik als integratives Fachgebiet unter der Bezeichnung „Heilpädagogik“ zusammen zu fassen. Auch SPIEL räumte dem Pädagogischen einen hohen Stellenwert ein. Durch die Bezeichnung der Kinder- und Jugendneuropsychiatrie ordnete er diese eindeutig der Medizin zu, an seiner Klinik gab es allerdings von Anfang an Heilstättenlehrer und –klassen, SozialpädagogInnen und Kindergärtnerinnen (vgl. Leixnering, 2007: 91ff.). „Darüber hinaus schuf er gemeinsam mit HEITGER ein interfakultäres Institut für Sonder- und Heilpädagogik der Universität Wien, mit dem Anspruch, dem auch aus seiner Sicht enorm wichtigen ‚weiten Land’ spezialisierter Pädagogik für Kinder/ Jugendliche mit Entwicklungsstörungen und psychischen Krankheiten auch eine eigenständige akademische Begründung zu geben“ (ebd.: 93). ASPERGER hat sich ebenfalls um die Aus- und Weiterbildung pädagogischer Berufe gekümmert. Auch hat er wesentlich die Heilpädagogische Gesellschaft Österreich mitbegründet und –gestaltet. Heute muss die KJP vor allem in der Wissensvermittlung für alle pädagogischen Berufe eine Aufgabe übernehmen. Für LehrerInnen, 41 HortnerInnen, BehindertenpädagogInnen, Historische Aspekte der Kinder und Jugendpsychiatrie in Österreich SozialpädagogInnen, FamilienpädagogInnen, Pflegeeltern etc. wird kinder- und jugendpsychiatrisches Wissen immer wichtiger, vor allem weil man davon ausgeht, dass in Europa etwa 20% aller junger Menschen psychosoziale, psychische oder Verhaltensprobleme haben, von denen 5% einen psychiatrischen Interventionsbedarf haben (vgl. Leixnering, 2007: 96). Leixnering (2007: 103) fordert weiters für jene PädagogInnen mit akademischem Abschluss, die in der KJP bzw. im klinischen Alltag tätig sind, eine eigene Bezeichnung der „Klinischen HeilpädagogInnen“ und damit verbunden auch die Verankerung im Curriculum. Generell ist anzumerken, dass in den letzten Jahren innerhalb der Psychiatrie wiederum ein Umdenken stattgefunden hat, indem man weg von einem rein somatischen Modell von psychischer Krankheit hin zu einem biopsychosozialen Krankheitsmodell geht, in dem nicht nur die körperlichen Defizite miteinbezogen werden, sondern der Mensch in seiner Ganzheit mit all seinen sozialen Bezügen gesehen wird (vgl. Dörr, 2005: 21ff.). Diese Entwicklung macht die Zusammenarbeit von Pädagogik und Psychiatrie, vor allem im Bereich KJP notwendig. In der Literatur wird mit dem Begriff der Pädagogik meist die Jugendwohlfahrt verbunden. Dabei stellt sich nicht die Frage nach entweder Pädagogik oder Psychiatrie. Wir haben es mit Kindern und Jugendlichen mit schwierigen Lebensläufen zu tun. Schon alleine aufgrund dieser Tatsache darf die Pädagogik in der KJP nicht ausgeblendet werden. Sie muss ebenso wie die Medizin eine zentrale Rolle spielen. In der Realität sind heute in der KJP auch Mitarbeiter aus nicht- medizinischen Professionen beschäftigt. Diese prägen ebenfalls das therapeutische Milieu. Umgekehrt sind Einrichtungen der Jugendwohlfahrt häufig mit Kindern in Krisensituationen und mit psychischen Krankheiten beschäftigt. Folglich sind diese oft mit den gleichen Fragestellungen befasst wie eine kinder- und jugendpsychiatrische Klinik (vgl. du Bois, 2004: 422 f.). De facto ist die KJP ohne pädagogisches Engagement nicht denkbar, da pädagogische Handlungsfelder den Rahmen schaffen, innerhalb dessen sich Entwicklung und Fehlentwicklung gestalten. 42 Die Klientel der Kinder- und Jugendpsychiatrie 4 Die Klientel der Kinder- und Jugendpsychiatrie Bevor wir daran gehen, über die unterschiedlichen Diagnosen zu sprechen, die in der KJP vorzufinden sind, ist zu erwähnen, dass diese Kinder und Jugendliche oftmals ähnliche Erfahrungen in ihren Lebensgeschichten zu verzeichnen haben. Wenn wir hier also von Diagnosen wie sozialen Anpassungsstörungen, Depressionen u.ä. sprechen, müssen wir uns bewusst sein, dass es sich hierbei im metaphorischen Sinn nur um die Blätter eines Laubbaumes handelt. Die Wurzeln dieser Krankheiten sind jedoch meist sehr ähnlich. Diese Kinder und Jugendlichen haben in ihren frühen Lebensjahren häufig massive Vernachlässigungserfahrungen gemacht oder andere Traumatisierungen erfahren. Aufgrund der damit verbundenen Bedrohungen der emotionalen, sozialen und realen Bedürfnisse entwickeln sie oft spezifische Handlungsmuster und Überlebensstrategien, die in diesem Zusammenhang auch als sinnvoll und sachlogisch erscheinen. Zu einem späteren Zeitpunkt, abhängig von situativen Bedingungen, erscheinen dieselben Handlungsmuster dann als kontraproduktiv, weil sie im Lebensumfeld der Kinder und Jugendlichen nicht mehr verstanden werden. Die Kinder werden schließlich schnell als „sozial auffällig“ eingeordnet und gelten als „nicht normal“. Das soziale Umfeld reagiert meist mit Ausgrenzung (vgl. Ader, 2004a: 443). Klar ist also, dass die meisten der Kinder und Jugendlichen, die psychiatrisch auffällig oder als besonders schwierig bezeichnet werden, auch ein Trauma erlebt haben, das entweder durch ein traumatisches Einzelereignis (z.B. eine Naturkatastrophe, schwerer Unfälle, schwerwiegende Verlusterlebnisse, einmalige Gewalttätigkeiten etc.) oder aber durch chronische/ wiederholte Ereignisse (z.B. Vernachlässigung, chronische familiäre oder außerfamiliäre Gewalt, Kindesmisshandlung, sexueller Missbrauch, Krieg, Flucht oder Folter etc.) hervorgerufen wurde. „Bei beiden Formen der Traumatisierung kann man davon ausgehen, dass es zu vielfältigen Folgeerscheinungen und unterschiedlichen –erkrankungen kommen kann“ (Purtscher, 2007: 70). In diesem Zusammenhang finden sich spezifische Traumafolgeerscheinungen, zu denen etwa akute Belastungsreaktionen, posttraumatische Belastungsstörungen oder traumatische Entwicklungsstörungen zählen, und unspezifische Traumafolgeerscheinungen, die sich in Form von Depressionen, Anpassungsstörungen, Angststörungen, Verhaltensstörungen, Beschwerden oder psychogenen Schmerzsyndromen ausdrücken (vgl. ebd.: 71). 43 somatoformen Die Klientel der Kinder- und Jugendpsychiatrie Nachdem in dieser Arbeit besonders jene Kinder und Jugendliche in den Blick genommen werden sollen, die sowohl zum Klientel der KJP als auch zum Klientel der Jugendwohlfahrtseinrichtungen gehören, ist es besonders wichtig, sich ins Bewusstsein zu rufen, dass es sich meist um traumatisierte Kinder und Jugendliche handelt. Von besonderer Bedeutung ist es zu wissen ist, dass bei diesen Kindern und Jugendlichen bestimmte Situationen bzw. Ereigniskonstellationen zu einer Wiederholung des Traumas bzw. zu einer Retraumatisierung führen können. Im Alltag ist es daher notwendig, „neuerliche Traumaexpositionen bzw. die Konfrontation mit Triggern zu vermeiden und besonders auf stabilisierende und Sicherheit vermittelnde Interventionen zu achten“ (Purtscher, 2007: 78). In der KJP werden Kinder und Jugendliche mit den unterschiedlichsten Diagnosen behandelt. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass jedem Kind oder jedem Jugendlichen bei der Aufnahme eine Diagnose nach dem ICD 10 zugeschrieben wird. Dies ist notwendig, um die Finanzierung des Aufenthaltes von Seiten der Krankenkassen zu garantieren. Mit der internationalen Klassifikation psychischer Störungen fand man in den 90er Jahren einen eher beschreibenden Ansatz, welcher die verwirrende Vielfalt an unterschiedlichen Theorien und Behandlungsansätzen überwinden helfen soll. Der Begriff der „Krankheit“ wurde durch „Störung“ ersetzt und das ICD 10 versucht der Tatsache Rechnung zu tragen, dass es nicht eine Theorie für das Entstehen einer Störung gibt (vgl. Köttgen, 1998: 87). Im Sinne des oben erwähnten Labeling- Ansatzes handelt es sich hier um eine notwendige Etikettierung mit all ihren positiven wie auch negativen Konsequenzen. Im speziellen werden Kinder und Jugendliche auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der Landesnervenklinik Sigmund Freud behandelt bei: – depressiven Erkrankungen, Angststörungen, Psychosen, Essstörungen, Hyperaktivität und Verhaltensauffälligkeiten – akuten Krisen nach traumatischen Lebensereignissen – bei selbst verletzendem Verhalten, Suizidgefahr, nach Suizidversuchen – bei sozialen Eingliederungsschwierigkeiten und Schulproblemen Die Klientel von stationären Fremdunterbringungsmöglichkeiten in der Jugendwohlfahrt wird auf der anderen Seite von Klawe (1993: 20) folgendermaßen beschrieben: In die Heimerziehung eingewiesen werden Jugendliche, die auffälliges oder abweichendes Verhalten gezeigt haben, oder solche, bei denen eine drohende Verwahrlosung vermutet wird, oder deren kontinuierliche Erziehung und Versorgung nicht sichergestellt ist, weil sie einen oder beide Elternteile verloren haben, oder diese aus verschiedenen Gründen ihrer Erziehungsaufgabe nicht nachkommen können. Das Spektrum der als auffällig definierten Verhaltensweisen reicht von Widersetzlichkeit gegen Erwachsene, Fortlaufen und Umhertreiben, Schulschwänzen und Arbeitsbummelei, sexuellen und aggressiven Auffälligkeiten hin bis zu Sachbeschädigung und Eigentumsdelikten. 44 Die Klientel der Kinder- und Jugendpsychiatrie Angesichts der negativen Faktoren, mit denen viele der Kinder und Jugendlichen belastet sind, die im Rahmen der Jugendwohlfahrt betreut werden, müssen wir uns laut Bruno Bettelheim (1988: 17) klarmachen, „dass die ‚Substruktur’ der Persönlichkeit des Kindes immer schwach bleiben wird. Die Grundlage für die Entwicklung seiner Persönlichkeit ist im Säuglingsalter und in der frühen Kindheit gelegt worden. Wir können sie vielleicht hier und dort verstärken, gleichsam abstützen, aber wir können dem Kind keine neue Substruktur geben. Wir müssen versuchen, dem Kind zu helfen, auf dieser von Haus aus schwachen und nur zum Teil ‚umgebauten’ Grundlage genug IchStärke und Persönlichkeitsintegration zustande zu bringen, so dass seine beschränkten inneren Kraftreserven es durchtragen, selbst wenn die äußeren Umstände es im Stich lassen.“ Wir haben es also in beiden Systemen- der KJP und der Jugendwohlfahrt- mit Kindern und Jugendlichen zu tun, die nicht nur frühe Traumatisierungen erlebt haben, sondern durch unterschiedliche Faktoren keine bzw. nur wenig Gelegenheit hatten, sich förderlich zu entwickeln. Es ist natürlich unumstritten, dass es auch Kinder und Jugendliche gibt, die es trotz widriger Umstände schaffen, eine starke Persönlichkeit zu entwickeln. Diese Kinder und Jugendlichen, werden jedoch meist nicht zur Klientel der KJP oder der Jugendwohlfahrt. Schon hier kann man deutlich erkennen, dass es in Bezug auf die Klientel der KJP und der stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt Ähnlichkeiten und Überschneidungen gibt. Kinderund Jugendliche, die von diesen beiden Systemen betreut werden, sollen im Weiteren wie bereits definiert als „Grenzfälle“ bezeichnet werden. 45 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Wie bereits festgestellt wurde, ist pädagogisches Handeln auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station von allen Berufsgruppen gefordert. In diesem Kapitel sollen die Rahmenbedingungen für die Sozial- und Heilpädagogik auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der LSF Graz beschrieben und Grenzen, die durch diese Rahmenbedingungen gegeben sind dargestellt werden. In weiterer Folge wird das pädagogische Konzept speziell für die Situation in Graz beschrieben. Außerdem soll allgemein auf den Unterschied zwischen Therapie und Pädagogik eingegangen werden, da dies speziell auf kinder- und jugendpsychiatrischen Stationen immer wieder zum Thema gemacht wird. In einem weiteren Kapitel soll auf sozial- und heilpädagogische Diagnostik eingegangen werden und vor allem diese in Bezug auf die kinder- und jugendpsychiatrische Station in Graz beschrieben werden. Weiters wird darauf eingegangen, was Sozial- und Heilpädagogik im Rahmen der KJP leisten kann, da dieses Feld für die Sozial- und Heilpädagogik ein relativ junges ist. In einem letzten Kapitel werden die Leitperspektiven sozial- und heilpädagogischen Handelns im Rahmen der KJP dargestellt. 5.1 Rahmenbedingungen für sozial- und heilpädagogisches Handeln In diesem Kapitel sollen vor allem die strukturellen, personellen und rechtlichen Rahmenbedingungen beschrieben werden, die unumgänglich auch Auswirkungen auf das pädagogische Handeln und vor allem die Erstellung des pädagogischen Konzeptes haben und hatten. 5.1.1 Strukturelle Rahmenbedingungen Die kinder- und jugendpsychiatrische Abteilung der Landesnervenklinik Sigmund Freud gliedert sich in drei Gruppen. Einerseits wird hier unterschieden zwischen der Kindergruppe, der alle schulpflichtigen Kinder (8-15 Jahre) zugeteilt werden, einer Jugendgruppe, in der Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren behandelt werden, und einer Intensivgruppe, der Kinder- und Jugendliche, die einen besonderen Betreuungsbedarf haben, zugeordnet werden. Jeder dieser Gruppen ist ein multiprofessionelles Bezugsteam zugeteilt, das in der Folge noch beschrieben wird. 46 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.1.1.1 Teilstationäre Behandlungsform: Tagesklinik Die Tagesklinik ist eine Form der Behandlung, die einerseits dazu dienen soll, Kinder- und Jugendliche nach einem stationären Aufenthalt schrittweise auf die Entlassung nach Hause oder in eine Einrichtung vorzubereiten. Andererseits sind im Rahmen der Tagesklinik auch Untersuchungen zur psychiatrischen Abklärung möglich. Weiters kann die Behandlung von vornherein in einem tagklinischen Setting geplant werden. Wenn ein Kind oder Jugendlicher tagklinisch behandelt wird bedeutet dies für die Situation in Graz, dass er/sie morgens zwischen 8.00 und 8.30 auf die Station kommt, dort gemeinsam mit den stationären PatientInnen den Tag im Rahmen der stationären Tagesstruktur verbringt und um 17.00 wieder nach Hause gehen kann. Die Besonderheit besteht hier darin, dass es keinen eigenständigen tagklinischen Bereich mit eigenen Angeboten gibt, sondern dass diese PatientInnen in den Stationsalltag mit eingebunden sind. Diese Form der Behandlung ist vor allem als Übergang vom stationären Setting vor der endgültigen Entlassung eine Möglichkeit, das Kind oder den Jugendlichen noch ein Stück weit zu begleiten. Auch im Sinne der Lebensweltorientierung ist die Tagesklinik ein guter Ansatz, um Kinder- und Jugendliche psychiatrisch zu behandeln und sie gleichzeitig in ihrem familiären Umfeld zu belassen. 5.1.1.2 Ambulanz Die kinder- und jugendpsychiatrische Ambulanz wird vorwiegend nach stationären Aufenthalten als Kontrolltermin in Anspruch genommen. Hierzu ist zu sagen, dass fast nach jedem stationären Aufenthalt zumindest ein, wenn notwendig auch mehrere ambulante Termine im Sinne der Nachsorge durchgeführt werden. Auch ambulante Gespräche zur Krisenintervention werden durchgeführt. Nicht jedes Kind bzw. jeder Jugendliche, wird sofort stationär aufgenommen; bei einigen sind ein ambulantes entlastendes Gespräch und ein weiterer Termin ausreichend. Dies wird dann von Fall zu Fall vom Arzt entschieden. Hierzu ist zu erwähnen, dass es zum Zeitpunkt der Erhebung noch keinen eigenen Ambulanzarzt gegeben hat. Mittlerweile ist ein Arzt alleinig für die Ambulanz zuständig, was zur Folge hat, dass mehr Kinder und Jugendliche ambulant betreut werden können. 5.1.1.3 Stationärer Bereich Der stationäre Bereich der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz gliedert sich in einen offenen Bereich und einen geschützten (geschlossenen) Bereich. Diese sollen im Folgenden genauer erklärt werden. 47 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.1.1.3.1 Offene Unterbringung Der offene Bereich der Abteilung beinhaltet einen Bereich für die Jugendgruppe, einen für die Kinder- und an die geschützte Abteilung angrenzend einen eigenen Bereich für die Intensivgruppe. 5.1.1.3.2 Geschlossene Unterbringung Die geschlossene Unterbringung in Intensivbehandlung. Sie wird notwendig, der KJP ist eine Sonderform der stationären wenn bei Kindern und Jugendlichen aufgrund ihrer Problematik bzw. ihres Krankheitsbildes eine besondere Gefährdungssituation vorliegt und keine andere Möglichkeit der Behandlung gegeben ist (vgl. Rüth, 2006: 3). Grundsätzlich wird eine Klinikbehandlung dann als geschlossene Unterbringung angesehen, „wenn sie gegen den ausdrücklichen Willen des Minderjährigen stattfindet und der Jugendliche sich aus der Behandlung nur durch Überwindung einer ‚Absperreinrichtung’, wie zum Beispiel einer geschlossenen Stationstür, entfernen kann“ (ebd.: 4). Der geschlossene oder geschützte Bereich besteht meist aus mehreren Räumen, die von der restlichen Station abgegrenzt sind und versperrt werden können. Auf kleineren Stationen kann es allerdings durchaus der Fall sein, dass die geschlossene Unterbringung auf der an sich offenen Station bei dann geschlossener Stationstüre stattfindet (vgl. ebd). Für eine fachlich gute Behandlung sind im geschlossenen Bereich einer Station besondere Sicherungsmöglichkeiten notwendig. Ein kleines Beispiel in dieser Hinsicht ist, dass Besteck nur abgezählt auszugeben und wieder einzusammeln ist, oder dass Kinder und Jugendliche nach begleiteten Ausgängen auf gefährliche Gegenstände untersucht werden (vgl. Rüth, 2006: 9). Die Behandlung in einer geschlossenen Abteilung erfordert ein hohes Maß an Professionalität auf allen Behandlungsebenen (vgl. ebd.:16). In diesem Bereich können nur jene Kinder- und Jugendlichen behandelt werden, bei denen das Unterbringungsgesetz (1990) Anwendung findet. Hier gibt es genaue Vorgaben und Richtlinien, die im Kapitel Unterbringungsgesetz näher beschrieben werden. Die geschlossene Unterbringung in der KJP wurde bis zum jetzigen Zeitpunkt nur eingeschränkt zum Thema wissenschaftlicher Untersuchungen gemacht. Die meisten Veröffentlichungen befassen sich mit qualitativen oder rechtlichen Aspekten. Quantitativ konnte Kowerk (1990) allerdings für 48 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Deutschland belegen, dass nach der Abschaffung geschlossener Heime in Hamburg eine Verschiebung in die KJP stattfand (vgl. Rüth, 2006: 3). Wichtig zu erwähnen ist, dass rein rechtlich die geschlossene Unterbringung in der KJP nur dann indiziert ist, wenn eine akute Gefährdung psychiatrisch und nicht durch Sozialverhaltensstörung oder Kriminalität bedingt ist (vgl. ebd.: 8). 5.1.2 Personelle Rahmenbedingungen- das multiprofessionelle Team Die KJP ist eine Fachdisziplin, die wie fast keine andere einem multidisziplinären Ansatz verpflichtet ist. Immer stärker setzt sich die Erkenntnis durch, dass eine Erfolg versprechende Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit psychischen Leiden nur dann möglich ist, wenn Fachleute unterschiedlicher Disziplinen intensiv zusammenarbeiten. Neben Krankenschwestern und –pflegern, ÄrztInnen und PsychologInnen sind PädagogInnen (sowohl Sozial- als auch HeilpädagogInnen), SozialarbeiterInnen, PhysiotherapeutInnen, ErgotherapeutInnen sowie Kunstund MusiktherapeutInnen sind für die Mitarbeit in kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken vorgesehen. Durch die Integration einer Schule für die kranken Kinder und Jugendlichen tragen auch LehrerInnen zum multidisziplinären klinischen Behandlungsangebot bei (vgl. Schmeck, 2004: 251). Zunächst ist die KJP ein medizinisches Gebiet, doch wenn man psychische Erkrankung als Zeichen einer Beeinträchtigung menschlicher Erlebnis- und Handlungsmöglichkeiten sieht, dann scheint es plausibel, dass „gerade bei Kindern und Jugendlichen eine strikte Trennung zwischen Krankheitsbehandlung und Erziehungsbedürftigkeit nicht sinnvoll sein kann. Die KJP wird zunehmend als eine Fachdisziplin verstanden, die Aspekte der Medizin, Neuropsychiatrie, Heilpädagogik, Psychologie, Psychoanalyse, Soziologie, Krankenpflege, Arbeits- und Beschäftigungstherapie sowie Pädagogik und Jugendhilfe integriert“ (Dörr, 2005: 37). Die erforderliche Vernetzung der unterschiedlichen Professionen bedeutet für die einzelnen Mitarbeiter eine verstärkte Notwendigkeit zur Kooperation mit anderen Berufsgruppen. Sie müssen lernen, ihre berufsbezogenen Qualifikationen und Methoden mit den Augen der anderen zu sehen und sie gegebenenfalls zu verteidigen, allerdings ohne sie absolut zu setzen, was die Herausbildung einer eigenen Berufsidentität sehr erschwert (vgl. ebd.: 38). Hier soll kurz dargestellt werden, welche Aufgabenbereiche die einzelnen Berufsgruppen in der Praxis auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station haben. 49 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie So sind die Aufgaben der Ärzteschaft eindeutig definiert. Neben der Diagnostik und Differentialdiagnostik psychischer Erkrankungen des Kindes- und Jugendalters besteht ihre Aufgabe in medizinischen Untersuchungen, der Pharmakotherapie, aber auch der Psychotherapie sowie der Einbeziehung der erwachsenen Bezugspersonen. An vielen Kliniken sind Kinder- und Jugendpsychiater auch in der Weiterbildung für andere Berufsgruppen wie z.B. Pädagogen, Krankengymnasten, Musiktherapeuten usw. tätig. An Universitätskliniken kommt auch noch der Aufgabenbereich der Forschung hinzu (vgl. Remschmidt, 2005: 481). Zusätzlich zu den Ärzten gehören auch klinische PsychologInnen zum festen Mitarbeiterstab an kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken. Ihr Aufgabenbereich hat breite Berührungspunkte mit dem der Ärzte. Zu den Hauptaufgaben der klinischen PsychologInnen gehören vor allem die Psychodiagnostik, die Durchführung von Therapien sowie ebenfalls die Mitarbeit in Forschung und Lehre (vgl. ebd.). Außerdem sind auch Psychotherapeuten auf kinder- und jugendpsychiatrischen Klinken tätig. Deren vordergründige Aufgabe ist die Durchführung von Therapien und die Erstellung von Behandlungsplänen im multiprofessionellen Team. Hierzu ist jedoch zu sagen, dass sehr viele ÄrztInnen und PsychologInnen zusätzliche Therapieausbildungen haben. Einen großen Teil des multiprofessionellen Teams bilden Schwestern und Pfleger, für die in der KJP pädagogische und psychologische Aufgaben im Vordergrund stehen. Generell beschreibt Remschmidt (2005: 482f.) sechs Aufgabenbereiche der Schwestern und Pfleger: - physische Pflege des Patienten: in der KJP steht dieser Bereich nicht im Vordergrund. Dafür gewinnen allerdings die anderen Bereiche an Bedeutung- wie - emotionale Unterstützung - erzieherische Beeinflussung: diese Aufgabe teilen sich Schwestern und Pfleger mit dem pädagogischen Personal. Letztlich sind alle Mitarbeiter einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station an diesem Prozess beteiligt. In erster Linie kommt es darauf an, Kinder- und Jugendliche zu motivieren, das Therapieprogramm zu akzeptieren sowie den adäquaten Umgang mit dem Personal zu fördern. In der Gleichaltrigengruppe sollen die Kinder und Jugendlichen soziale Kompetenzen wie etwa Rücksichtnahme oder das Eingehen auf den anderen erlernen. In dieser Hinsicht sind Kenntnisse im Bereich der Heilpädagogik erforderlich, die am besten im Rahmen von innerbetrieblichen Fortbildungen erarbeitet werden. - Vermittlung zwischen Patient, Arzt und anderen Mitarbeitern: Da das Pflegepersonal viel mehr Patientenkontakt hat als Ärzte oder Psychologen, ist es besonders wichtig, dass Schwestern und Pfleger ihre Beobachtungen mitteilen, damit diese in den diagnostischen Prozess mit einfließen können. Auch fassen die jungen PatientInnen durch den engeren 50 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie persönlichen Kontakt oftmals schneller Vertrauen zu Mitgliedern des Pflegepersonals oder des pädagogischen Personals. Daher fällt es ihnen manchmal leichter, mit diesen über ihre Probleme zu sprechen. Es muss jedoch von Anfang an klar sein, dass diese Erzählungen eventuell auch dem Arzt mitgeteilt werden, damit es nicht zu Vertrauensbrüchen oder Loyalitätskonflikten kommt. - Mithilfe in der Diagnostik - Mitwirkung bei der Therapie Auch pädagogische Berufsgruppen sind ein wichtiger Bestandteil des multiprofessionellen Teams einer kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung. Hier sind an den meisten Kliniken Lehrer, Erzieher, Sozialpädagogen und Heilpädagogen tätig. Vor allem die Aufgabenbereiche der Erzieher und Sozialpädagogen ergeben breite Berührungspunkte mit denen des Pflegepersonals. Eine der wichtigsten Aufgabenbereiche besteht in der Beobachtung und der daraus resultierenden Zielformulierung und Beschreibung. Erzieher und Sozialpädagogen sehen die Kinder und Jugendlichen in unterschiedlichen Situationen, was ihnen erlaubt, auch Unterschiede im Verhalten festzustellen, die eventuell situationsbedingt sind. Dies ist sowohl ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik als auch der Therapie (vgl. Remschmidt, 2005: 486). Weiters gibt es auch noch Heilpädagogen bzw. akademische Sozial- und HeilpädagogInnen. Deren vordergründige Aufgabe liegt darin, Konzepte zu erstellen und das übrige multiprofessionelle Personal im Hinblick auf pädagogische Fragen anzuleiten sowie eigenständige therapeutische Arbeit durchzuführen. „Ziel der Heilpädagogik ist es, den Kindern und Jugendlichen zu helfen, die optimale Verwirklichung eines den individuellen Möglichkeiten und den sozialen Anforderungen angepassten, sinnerfüllten und glücklichen Lebens zu erreichen“ (ebd.). Genauer soll auf die Aufgabenbereiche der Sozial- und Heilpädagogik in der KJP im Kapitel 5.7 Was kann Sozial- und Heilpädagogik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie leisten? eingegangen werden. Es braucht hier einerseits die Sozialpädagogik, die das gesamte soziale Umfeld der jungen PatientInnen im Blick hat, wie aber auch die Heilpädagogik, die sich genuin mit behinderten bzw. verhaltensauffälligen Kindern und Jugendlichen beschäftigt. Ein wichtiger Punkt beider Disziplinen besteht darin, sich mit der Integration bzw. Inklusion der Kinder und Jugendlichen einerseits in die Stationsgruppe, andererseits aber auch in das gesellschaftliche Leben zu beschäftigen. An manchen kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilungen sind auch Berufsgruppen wie Ergotherapeuten oder Krankengymnasten beschäftigt. Diese sind an der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung in Graz nicht vertreten. Allerdings ist hier eine Sportwissenschafterin angestellt, die Aufgaben der Bewegungsförderung übernimmt. Weiters werden immer wieder Projekte über einige Monate im künstlerischen Bereich durchgeführt. 51 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.1.3 Rechtliche Rahmenbedingungen An dieser Stelle sollen einige rechtliche Rahmenbedingungen geklärt werden, die Einfluss auf den Stationsalltag, bzw. auf jeden einzelnen Patienten haben. In diesem Zusammenhang sollen im Anschluss auch Grenzen dargestellt werden, die sich durch rechtliche Rahmenbedingungen, wie aber auch durch die Finanzierung ergeben. 5.1.3.1 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch (ABGB) Das Allgemeine Bürgerliche Gesetzbuch ist für die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP insofern wichtig, als hier die Obsorge bzw. Pflege und Erziehung von Kindern festgelegt ist. Dies ist vor allem dann von Bedeutung, wenn es um Einverständniserklärungen für medizinische Behandlungen auf der KJP geht. Obwohl dies banal klingt, kommt es hier immer wieder zu Schwierigkeiten, wenn nicht klar ist, wer mit der Obsorge bzw. der Pflege und Erziehung betraut und somit zu einer Unterschrift berechtigt ist. Im ersten Teil des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (2002) sind die Personenrechte geregelt. Diese beinhalten im dritten Hauptstück (§§137-186a) die Rechte zwischen Eltern und Kindern sowie im vierten Hauptstück (§§187-283) Vormundschaften und Kuratele. Grundsätzlich haben nach § 137 (1) die Eltern für die Erziehung ihrer minderjährigen Kinder zu sorgen und ihr Wohl zu fördern. Somit sind die Eltern dazu verpflichtet, „das minderjährige Kind zu pflegen, sein Vermögen zu verwalten und es in diesen sowie in allen Angelegenheiten zu vertreten; […]“ (ABGB, §144). Laut § 146 ABGB umfasst die Pflege des minderjährigen Kindes „die Wahrung des körperlichen Wohles und der Gesundheit sowie die unmittelbare Aufsicht, die Erziehung, besonders die Entfaltung der körperlichen, geistigen, seelischen und sittlichen Kräfte, die Förderung der Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Kindes sowie dessen Ausbildung in Schule und Beruf.“ Von besonderer Bedeutung für die Behandlung auf der KJP ist § 146c in dem die Einwilligung in medizinische Behandlungen festgelegt ist. Hier heißt es in Absatz 1: „Einwilligungen in medizinische Behandlungen kann das einsichts- und urteilsfähige Kind nur selbst erteilen; im Zweifel wird das Vorliegen dieser Einsichts- und Urteilsfähigkeit bei mündigen Minderjährigen vermutet.“ Für die Behandlung auf kinder- und jugendpsychiatrischen Stationen bedeutet dies, dass der Arzt die Einsichts- und Urteilsfähigkeit des Kindes feststellen muss. Ist diese gegeben, so kann das Kind selbst der Behandlung zustimmen. Bei mündigen Jugendlichen, das heißt Jugendlichen, zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr, wird Einsichts- und Urteilsfähigkeit angenommen. Falls diese nicht gegeben ist, muss die Person zusätzlich zustimmen, die mit der Pflege und Erziehung 52 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie betraut ist. Wichtig in diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass bei Kindern und Jugendlichen, die stationär fremd untergebracht sind, immer die jeweilige Einrichtung mit der Pflege und Erziehung betraut ist. Das Einverständnis ist nur dann nicht notwendig, wenn ein Aufschub das Leben des Kindes gefährden würde oder mit einer schweren gesundheitlichen Schädigung verbunden wäre (Abs.3). Wenn die Eltern nicht in der Lage sind, das Wohl des Kindes zu garantieren oder dieses sogar gefährden, kann ihnen das Gericht die Obsorge für das Kind ganz oder teilweise entziehen (ABGB §176) soweit dies zur Sicherung des Wohles des Kindes nötig ist. Dies ist vor allem dann relevant, wenn Kinder und Jugendliche fremd untergebracht werden. Hier kann es sein, dass die Einrichtung mit der Pflege und Erziehung betraut wird (Erziehungsberechtigung) und die Eltern dennoch die gesetzlichen Vertreter bleiben, oder dass der Einrichtung die gesamte Obsorge übertragen wird. Für die KJP ist es wie bereits erwähnt immer wichtig zu wissen, wer mit der Pflege und Erziehung betraut ist, bzw. wer der gesetzliche Vertreter ist, um das Einverständnis für gewisse Behandlungen von den zuständigen Personen einholen zu können. Wenn Unklarheit herrscht, kann es auch einmal passieren, dass die falschen Personen, ohne jegliche böse Absicht, kontaktiert und informiert werden, was dann wiederum zu Schwierigkeiten in der Kooperation und zu Vorwürfen führen kann. 5.1.3.2 Steiermärkisches Krankenanstaltengesetz (StKALG 1999) Im Steiermärkischen Krankenanstaltengesetz (1999) ist vor allem geregelt, welche Bedingungen erfüllt sein müssen, damit sich eine Anstalt „Krankenanstalt“ nennen darf. Wichtig im Zusammenhang mit dieser Arbeit ist vor allem der §24 St-KALG 1999 (1). In ihm ist geregelt, dass das Land die Versorgung von anstaltsbedürftigen Personen im eigenen Bundesland, entweder durch die Errichtung und den Betrieb öffentlicher Krankenanstalten, oder aber durch Vereinbarungen mit anderen Trägern sicher stellt. Hier soll der Landes- Krankenanstaltenplan bedacht werden. Vor allem, wenn wir, wie im Kapitel kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung beschrieben daran denken, dass in der Steiermark die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung nicht ausreichend gewährleistet ist, stellt sich die Frage, inwieweit dieses Gesetz in diesem Bereich zum Tragen kommt bzw. ob der Landes- Krankenanstaltenplan den Bedürfnissen entspricht. In §24 St-KALG 1999 (2a) sind Richtlinien zur Erlassung des Landes- Krankenanstaltenplans angeführt. In diesem Zusammenhang erscheint vor allem §24 St- KALG 1999 (2a), 3 von besonderem Interesse, in der es heißt: „Die von der Planung umfassten Krankenanstalten sollen durch Verlagerung von Leistungen in den ambulanten (spitalsambulanter und niedergelassener Bereich sowie selbständige Ambulatorien) und rehabilitativen Bereich nachhaltig entlastet, die 53 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Krankenhaushäufigkeit und Belagsdauer auf das medizinisch notwendige Maß minimiert wird“ (St- KALG 1999, §24 (2a), 3) Für mich als juristischen Laien stellt sich hier erneut die Frage, in welcher Weise dieser Grundsatz im Bereich der KJP, in dem in der Steiermark dringend mehr ambulante Versorgungsstrukturen gebraucht würden, zum Tragen kommt. Laut §29 St- KALG 1999 sind jene Personen in die Anstalt aufzunehmen, die anstaltsbedürftig sind, und jene Personen, die sich einem operativen Eingriff unterziehen. Als anstaltsbedürftig werden jene Menschen bezeichnet, deren „auf Grund ärztlicher Untersuchung festgestellter geistiger oder körperlicher Zustand die Aufnahme in Krankenanstaltspflege erfordert, […]“ (St- KALG 1999, §29 (3)). Weiters heißt es in §31 (St- KALG 1999): „In Anstaltspflege befindliche Personen sind zu entlassen, wenn sie auf Grund des Ergebnisses einer anstaltsärztlichen Untersuchung der Anstaltspflege nicht mehr bedürfen.“ Hier kommt es in der KJP zu Widersprüchen. In der KJP ist das soziale Umfeld in einer Weise mit einzubeziehen, wie in sonst fast keiner anderen Disziplin. Das heißt, es kann immer wieder vorkommen, dass Kinder- und Jugendliche vielleicht keiner Anstaltspflege mehr bedürften, jedoch noch keine geeignete Unterbringung oder Wohnform gefunden wurde, die die psychische Stabilität gewährleisten würde. Somit kommt es immer wieder zu längeren Aufenthalten, da hier mit einbezogen werden muss, dass eine geeignete Betreuung nach dem Aufenthalt gewährleistet sein muss, bevor das Kind oder der Jugendliche aus der Anstaltspflege entlassen werden kann. In §54 St- KALG 1999, (2) ist der Zweck der Aufnahme psychisch Kranker in Krankenanstalten und Sonderkrankenanstalten geregelt. Hier heißt es: Zweck der Aufnahme ist 1. die Feststellung des Gesundheitszustandes durch Untersuchung, 2. die Behandlung zur Heilung, Besserung oder Rehabilitation, 3. die Behandlung zur Hintanhaltung einer Verschlechterung oder 4. die erforderliche Betreuung und besondere Pflege, sofern diese nur in der Krankenanstalt gewährleistet werden können. Laut §54a sind die Abteilungen und Sonderkrankenanstalten für Psychiatrie grundsätzlich offen zu führen. Die Anhaltung von PatientInnen im geschlossenen Bereich ist im Unterbringungsgesetz, das in dieser Arbeit in einem eigenen Kapitel (Kapitel 5.1.3.5 Unterbringungsgesetz) ausführlich beschrieben wird, geregelt. 54 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.1.3.3 Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz (StJWG 1991) Im Steiermärkischen Jugendwohlfahrtsgesetz (1991) sind neben allgemeinen Bestimmungen, die Leistungen der Jugendwohlfahrt sowie die Kostenübernahme u.v.m. geregelt. Als Aufgabe der öffentlichen Jugendwohlfahrt (Mutterschafts-, Säuglings- und Jugendfürsorge) wird einerseits die Betreuung der Mütter, werdender Mütter sowie Säuglingen und deren Eltern genannt. Andererseits aber auch die „Entwicklung Minderjähriger durch Anbot von Hilfen zur Pflege und Erziehung zu fördern und durch Gewährung von Erziehungsmaßnahmen zu sichern (Jugendfürsorge)“ (StJWG 1991: §1, (1), 2). Die öffentliche Jugendwohlfahrt ist besonders dann zuständig, wenn durch die Erziehungsberechtigten das Wohl des Kindes nicht gewährleistet werden kann. Die öffentliche Jugendwohlfahrt darf in familiäre Bereiche „nur insoweit eingreifen, als dies zum Wohl des Kindes notwendig ist“ (StJWG 1991: §2, (2). Um eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten, ist die Landesregierung verpflichtet, einen Jugendwohlfahrtsplan zu erstellen, und diesen alle fünf Jahre anzupassen (StJWG 1991: §9). Dieser Jugendwohlfahrtsplan, auf den im Kapitel 5.1.3.3.2 Steirischer Jugendwohlfahrtsplan näher eingegangen werden soll, hat folgende Punkte zu beinhalten und zu berücksichtigen: die gesellschaftliche Entwicklung, die Bevölkerungsentwicklung, geschlechtsspezifische Bedürfnisse, den zukünftig zu erwartenden Bedarf an Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, Kosten und Zeitpläne sowie Ergebnisse der Forschung in einschlägigen Bereichen. Ein wichtiger Teil des Jugendwohlfahrtsgesetzes beinhaltet die Leistungen der Jugendwohlfahrt. Hier wird im ersten Abschnitt des 2. Hauptstücks auf Soziale Dienste eingegangen. Sie sollen vor allem dann zum Tragen kommen, wenn diese für das Wohl des Kindes zweckmäßiger erscheinen, als die Gewährung von Hilfen zur Erziehung. Besonders in Betracht gezogen werden sollen Beratungsdienste und andere vorbeugende Hilfen, Betreuungsdienste und therapeutische Hilfen, Unterbringungsmöglichkeiten und Erholungsaktionen (vgl. StJWG 1991: §16). Für jene Kinder und Jugendlichen, die in dieser Arbeit angesprochen sind, sind im Bereich der Beratungsdienste jene Beratungsdienste „für Jugendliche und Familien für psychische, pädagogische, sozialpädagogische, soziale, juridische und medizinische Fragen, wobei Beratungszentren der Vorrang zu geben ist“, von besonderer Bedeutung (StJWG 1991: §17, (2), 2). Auch relevant ist §17, (2), 4 des StJWG 1991 in der die Betreuung Minderjähriger durch niederschwellige Dienste wie z.B. Streetwork oder Notschlafstellen geregelt ist. 55 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Ebenfalls von Relevanz sind therapeutische Hilfen wie etwa Psychotherapie, die vor allem für viele dieser traumatisierten Kinder und Jugendlichen von Bedeutung ist, mit denen wir in der Jugendwohlfahrt und der KJP zu tun haben. In § 19 (StJWG 1991) werden jene stationären Unterbringungsmöglichkeiten aufgezählt, die vorgesehen sind: Mutter-Kind-Wohnmöglichkeiten, Pflegefamilien, Wohngemeinschaften, Kinderdörfer, Jugendheime und heilpädagogische Stationen sowie betreutes Wohnen für Jugendliche ab Beendigung der Schulpflicht zur kurzfristigen Überbrückung von Krisensituationen. Diesbezüglich neu ist die Durchführungsverordnung zum Steiermärkischen Jugendwohlfahrtsgesetz, die 2005 erlassen wurde und eine aktuelle Konkretisierung beinhaltet. Auf diese wird in Kapitel 5.1.3.3.1 Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz- Durchführungsverordnung näher eingegangen. In Abschnitt 5 (StJWG 1991) sind die Hilfen zur Erziehung, die die Unterstützung der Erziehung und die volle Erziehung beinhalten, geregelt. Als Unterstützung zur Erziehung gelten vor allem Beratungsangebote, die Gewährung therapeutischer Maßnahmen, sozialpädagogische Familienbetreuung usw. Unter voller Erziehung versteht man die stationäre Unterbringung wie Pflegeeltern, familienähnliche Einrichtungen, Heime und sonstige pädagogische Betreuungsformen, wenn der Jugendwohlfahrtsträger zur Gänze mit der Pflege und Erziehung betraut wurde. Wichtig in diesem Zusammenhang erscheint auch §38 (2) (StJWG 1991). In ihm ist explizit geregelt, dass Kinder ab dem vollendeten 10. Lebensjahr persönlich und in geeigneter Weise von der Bezirksverwaltungsbehörde gehört werden müssen. Besonders wichtig im Hinblick auf stationäre Fremdunterbringung ist der §40 (StJWG 1991), der mit der Durchführung der Hilfen zur Erziehung befasst ist. Die Bezirksverwaltungsbehörde ist dafür verantwortlich, Hilfen zur Erziehung zu gewähren. Um eine Maßnahme zur Unterstützung der Erziehung oder der vollen Erziehung bewilligen zu können, muss ein Team von sachverständigen Personen, das vorwiegend aus dem Jugendamtsleiter, zwei SozialarbeiterInnen und dem oder der AmtspsychologIn besteht, einberufen werden. Sofern nicht unmittelbar Gefahr im Verzug ist, muss dieses Team noch vor Setzung der Maßnahme beraten. In diesem Zusammenhang von besonderer Relevanz erscheint Absatz (5) in dem es heißt: Es ist jeweils die der Persönlichkeit des Minderjährigen und seinen Lebensverhältnissen entsprechende Maßnahme einzuleiten. Bei der Durchführung sind die Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten des Minderjährigen zu berücksichtigen. Dabei ist auch das Umfeld des Minderjährigen mit einzubeziehen. Wichtige, dem Wohl des Kindes dienende Bindungen, die für die persönliche Entfaltung erforderlich sind, sind zu erhalten, zu stärken oder neu zu schaffen (StJWG 1991, §40 (5)). 56 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie In der Praxis muss man jedoch sagen, dass die Möglichkeiten teilweise nur sehr begrenzt sind. Das heißt, Kinder und Jugendliche können oftmals nicht in der für sie unbedingt besten Maßnahme untergebracht werden, weil die Plätze sehr begrenzt sind und so müssen die Bezirksverwaltungsbehörden sich oftmals danach richten, wo freie Kapazitäten gegeben sind. Die Kosten müssen je nach Maßnahme teilweise von den Minderjährigen und den nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen getragen werden, sofern sie nach ihren Lebensverhältnissen dazu in der Lage sind (vgl. StJWG 1991, §41-47). Dazu ist anzumerken, dass die meisten der Familien, die soziale Dienste (ausgenommen Beratungsdienste), die volle Erziehung sowie die Unterbringung bei Pflegeeltern in Anspruch nehmen müssen, ohnehin nicht dazu in der Lage sind, die Kosten selbst zu tragen. 5.1.3.3.1 Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz- Durchführungsverordnung (StJWGDVO 2005) Im Jahr 2005 wurde zum Steiermärkischen Jugendwohlfahrtsgesetz die Durchführungsverordnung erlassen, in der vor allem Leistungen und Leistungsentgelte festgelegt sind. Durch diese Durchführungsverordnung sollte die Transparenz der Leistungen, die innerhalb der Jugendwohlfahrt erbracht werden, gewährleistet sowie Normkosten festgelegt werden. Im ersten Abschnitt werden die „sachlichen, fachlichen und personellen Erfordernisse für die Erbringung der Leistung sowie die Maßnahmen der Qualitätssicherung und des Controllings“ (StJWG-DVO 2005, §1) geregelt. Einige zusätzliche Maßnahmen ermöglicht §2 der DVO 2005 in dem festgelegt ist, dass zusätzliche Kosten übernommen werden können, wenn es das Wohl des Kindes erfordert. Auch hier ist geregelt, dass das Land mit freien Trägern der Jugendwohlfahrt Verträge zur Erbringung von Leistungen abschließen kann, die in der DVO nicht erfasst sind (StJWG- DVO, §2). Durch diese Regelung werden viele Kosten von Leistungen, die zum Beispiel das Institut für Kind, Jugend und Familie in Graz anbietet, übernommen und somit teilweise eine individuelle sozialpsychiatrische Betreuung ermöglicht. Auch in der DVO festgelegt sind Zuschüsse zur Psychotherapie und zu psychologischen Behandlungen (StJWG-DVO, §19, 20). Interessant ist, dass für viele Dienste wie z.B. für sozialpädagogische Wohngemeinschaften, die in der Durchführungsverordnung geregelt sind, eine „im Vordergrund stehende Pflege- bzw. 57 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Betreuungsbedürftigkeit wegen körperlicher, geistiger oder psychischer Beeinträchtigung“ einen Ausschließungsgrund darstellt. Ebenso „akute Alkohol- und/oder Drogen- bzw. Medikamentenproblematik, die eine nichtkontrollierbare Selbst- und/oder Fremdgefährdung beinhaltet“, „schwere Verwahrlosungsfolgen, die eine Integration in eine Einrichtung unmöglich macht“; „schweres delinquentes und gemeinschaftsgefährdendes Verhalten“ sowie „akute Selbstoder Fremdgefährdung“. An dieser Stelle stellt sich die Frage, wie diese Punkte ausgelegt werden. Diese Punkte sind so weit gefasst, dass gerade Aspekte dieser Punkte gerade auf besonders schwierige Kinder und Jugendliche zutreffen. In den Anlagen sind weiters die genauen Zahlen an Kostenzuschüssen vermerkt. Für eine sozialpädagogische Wohngemeinschaft zum Beispiel liegt der Tagsatz im Moment bei 118,79 €. Die WGs berichten durchwegs, dass dieser Tagsatz sehr knapp bemessen ist und keinen Spielraum für eventuell erforderliche Maßnahmen lässt. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass in der Anlage 3 (StJWG- DVO 2005) festgelegt ist, dass die Wohngemeinschaften auch bei einem Krankenhausaufenthalt des Kindes oder des Jugendlichen den Tagsatz verrechnen können. Dieser wird zwar um 7% reduziert (vgl. Anlage 3- 2.2.7), aber dennoch werden die Wohngemeinschaften bezahlt, wenn eine Aufenthaltsbestätigung vorgelegt wird. Im Kalenderjahr dürfen nicht mehr als 50 krankheitsbedingte Abwesenheitstage verrechnet werden (vgl. Anlage 3- 2.4.2; 2.4.3). Man könnte an dieser Stelle kritisch hinterfragen, inwieweit Wohngemeinschaften vielleicht interessiert sind, zu einer schnellen Entlassung schwieriger Jugendlicher aus dem kinder- und jugendpsychiatrischen Setting zuzustimmen, wenn sie auch bezahlt werden, während der Jugendliche auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung eine gute Betreuung und Behandlung erfährt. Gerechtfertigt ist diese Bezahlung dann, wenn regelmäßige Besuche etc. stattfinden. Auch für die Jugendwohlfahrtsbehörde ergibt sich daraus eine Ersparnis von 7% pro Tag. Wenn allerdings der Aufenthalt über 50 Tage hinausgeht, bringt das für die JW- Behörde eine vollkommene Ersparnis, da der Aufenthalt durch die Krankenkassa bezahlt wird. Gesamtgesellschaftlich betrachtet, verursacht ein Tag in der KJP mehr als das Doppelte an Kosten (stationärer Aufenthalt / Tag 294,10; Tagesklinik/ Tag: 70,50 vgl. Krobath, 2009). Es stellt sich die Frage, das Gesundheitsressort und das Jugendwohlfahrtsressort zu koordinieren um Maßnahmen finden zu können, sodass diese Kosten durch diverse Maßnahmen und Kooperationen allgemein minimiert werden können. 58 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.1.3.3.2 Steirischer Jugendwohlfahrtsplan (2005) Mit dem Jugendwohlfahrtsgesetz 1989 verpflichtete der Gesetzgeber die Länder als Jugendwohlfahrtsträger erstmals zu einer forschungsorientierten Jugendwohlfahrtsplanung. Dabei schreiben die Steiermark und Salzburg die Erstellung und Fortschreibung eines Jugendwohlfahrtsberichtes bzw. –planes vor. Hierbei kann die Steiermark als vorbildlich beschrieben werden, da es hier bereits den 3. Jugendwohlfahrtsplan gibt. Vor allem der 2. Jugendwohlfahrtsplan 1999 wurde sehr ausführlich „auf der Grundlage einer öffentlich ausgeschriebenen umfassenden sozialwissenschaftlich orientierten Bestands- und Bedarfserhebung erstellt“ (Scheipl, 2001b: 298). Scheipl (2001b: 298) beschreibt diesen wie folgt: Diese differenzierte Erhebung ermöglicht bezüglich der meisten angebotenen JW- Leistungen relativ klare quantifizierbare Prognosen, die wiederum regional zuordenbar sind. Diese Prognosen gelten nicht als umzusetzende Richtwerte, sondern als Grundlage für die sachpolitische Diskussion. Die Analyse der Erhebungsergebnisse bezüglich Qualitätssicherung, Personalentwicklung etc. bilden weitere wichtige Planungsunterlagen, die in diskursiven Verfahren weiter zu entwickeln sein werden. Problemorientierte Beschreibungen von wichtigen Projekten, die im Sinne einer Weiterführung des Planungsprozesses vorgeschlagen werden, unterstreichen die Prozessorientierung des zweiten Steirischen JW- Plans. Schon im Jugendwohlfahrtsplan von 1999 wurde das Problem der Kooperation zwischen KJP erkannt und als Projekt vorgeschlagen. Hier heißt es konkret: Im Zusammenhang mit den Grundlagenstudien von Solve- Consulting wurde für den Gesundheitsbereich auch die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung angesprochen. Es wird empfohlen, Möglichkeiten einer Zusammenarbeit mit den Stellen, die psychiatrisch auffällige Kinder und Jugendliche betreuen, zu prüfen, mit dem Ziel, die Qualität der Versorgung für psychiatrisch auffällige Kinder und Jugendliche zu verbessern. Im Rahmen dieses Projektes wird vorgeschlagen, ein Netz zwischen Jugendwohlfahrt und Kinder- und Jugendpsychiatrie zur gegenseitigen Unterstützung aufzubauen, wobei für eine qualitativ hochstehende medizinische und psychotherapeutische Betreuung eine enge und unbürokratische Zusammenarbeit mit dem behandelnden Arzt bzw. der Krankenanstalt als notwendig erachtet wird (Amt der Steiermärkischen Landesregierung, 1999: 115). An dieser Stelle ist jedoch anzumerken, dass obwohl im Jahr 1999 schon explizit darauf hingewiesen wurde, in den letzten 10 Jahren keine Schritte dahingehend unternommen wurden. Der Jugendwohlfahrtsplan 2005 stellt einen Überblick über alle Angebote im Rahmen der Jugendwohlfahrt dar und gibt Hinweise darauf, welche Bereiche nicht ausreichend versorgt sind, und wo noch Maßnahmen notwendig sind, um das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Steiermark zu garantieren. Dabei wurde bereits im ersten Jugendwohlfahrtsplan (1991) der Grundsatz „mobil vor ambulant vor stationär“ formuliert. Das heißt, in der Hilfeplanung besteht die Zielsetzung darin, mobile Angebote vor ambulanten, teilstationären und erst in weiterer Folge stationären Hilfen zu gewähren und einzusetzen. Im Sinne der Lebensweltorientierung erscheint dieser Ansatz als durchaus sinnvoll (vgl. Jugendwohlfahrtsplan, 2005: 15). 59 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie In den vergangenen Jahren konnte eine Senkung der Zahl der Kinder und Jugendlichen, die in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt betreut wurden, erreicht werden. So war die Anzahl der stationären Fremdunterbringungen im Jahr 2000 bei mehr als 900 und im Jahr 2004 bei 800. (vgl. Jugendwohlfahrtsplan, 2005:25). Dies ist eventuell darauf zurückzuführen, dass ambulante bzw. mobile Betreuungsformen ausgebaut wurden. Sehr interessant ist auch, dass etwa 30% der in der Steiermark stationär untergebrachten Jugendlichen aus anderen Bundesländern stammen, während in etwa 230 steirische Jugendliche in stationären Einrichtungen anderer Bundesländer betreut werden (vgl. ebd.: 26). In Kapitel 6.7 des Jugendwohlfahrtsplans wird der Wichtigkeit der öffentlichen Sozialarbeit Rechnung getragen. Hier ist dargestellt, wie viele Kinder und Jugendliche auf eine behördliche SozialarbeiterIn entfallen. Dies sind nach Bezirken aufgeschlüsselt zwischen 900 und 1900. An dieser Stelle stellt sich für mich die Frage, ob im Hinblick auf diese hohe Anzahl eine optimale Betreuung der Kinder und Jugendlichen gewährleistet werden kann. Angesichts dieser Zahlen ist es auch kaum verwunderlich, dass behördliche SozialarbeiterInnen teilweise sehr schwer zu erreichen sind und dies natürlich auch auf die Aufenthaltsdauer mancher Kinder und Jugendlichen auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der LSF Auswirkungen hat. In Bezug auf sozialpädagogische Unterbringung wird im Jugendwohlfahrtsplan die Angebotssituation 2005 als nicht ausreichend beschrieben. Hier besteht eine hohe Konzentration in einigen Regionen (vgl. ebd.: 37). Auch in Bezug auf Krisenplätze ist hier eindeutig ein hoher Bedarf in den meisten Bezirken beschrieben. Als ein spezieller Problembereich werden „unbetreubare Jugendliche“ beschrieben. Dies sind laut Jugendwohlfahrtsplan jene Kinder und Jugendlichen, die als nicht betreubar eingestuft werden. Hier heißt es wörtlich: „Die Einrichtungen der Jugendwohlfahrt stoßen an den Rand ihrer Möglichkeiten, für Einrichtungen der Kinder- und Jugendpsychiatrie reicht für eine längerfristige Betreuung die Indikation nicht aus“ (ebd.: 39). An dieser Stelle ist zu hinterfragen, welche Einrichtungen der KJP hier angesprochen sind, da, wie in einem der nächsten Kapitel beschrieben, die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung sehr schlecht ist und es hier nur die heilpädagogische Station und die kinder- und jugendpsychiatrische Abeilung der LSF gibt. Es fehlt im Jugendwohlfahrtsplan eine genauere Darstellung der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Angebote in der Steiermark. Somit werden das ungenügende Angebot und die ungenügende kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in diesem Zusammenhang verschleiert. 60 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Als eine mögliche Lösung werden hier kurzzeitige und intensive Betreuungsformen genannt, die in der Steiermark sicher gebraucht würden. Andererseits aber wäre eine weitere Möglichkeit die Zusammenarbeit zwischen Jugendwohlfahrt und KJP und die Entwicklung gemeinsamer Maßnahmen. Im Zuge der Bedarfserhebung für den Jugendwohlfahrtsplan 2005 wurden alle Bezirkshauptmannschaften und der Magistrat Graz hinsichtlich des Bedarfs der unterschiedlichen Maßnahmen und Dienstleistungen befragt. Es ergibt sich ein hoher Bedarf an Möglichkeiten einer diagnostischen Abklärung. Diesbezüglich heißt es im Jugendwohlfahrtsplan (2005: 86): „In den meisten Bezirken fehlt die Möglichkeit einer stationären diagnostischen Abklärung. Teilweise könnte der Bedarf durch entsprechende ambulante Angebote gedeckt werden. Notwendig ist neben Graz ein zweiter Standort unter Berücksichtigung des weiteren Ausbaus der Kinder- und Jugendpsychiatrie […].“ Somit hier wurde hier die Notwendigkeit des Ausbaus ambulanter kinder- und jugendpsychiatrischer Dienste erkannt und gefordert. Weitere hohe Priorität hätte laut Jugendwohlfahrtsplan auch der Ausbau des psychologischtherapeutischen Dienstes der öffentlichen Jugendwohlfahrt. In Bezug auf sozialpädagogische Wohngemeinschaften bzw. Kinder- und Jugendwohngruppen sollte eine bezirksübergreifende Versorgung priorisiert werden. Dieses Ergebnis ergibt sich nicht nur aus den Rückmeldungen der Bezirkshauptmannschaften sondern auch aus der Anzahl der Jugendlichen, die in anderen Bundesländern betreut werden und aus der geografischen Verteilung der bestehenden Einrichtungen. Hier werden vor allem Einrichtungen in den Bezirken Deutschlandsberg, Hartberg, Judenburg, Graz Umgebung und in weiterer Folge Bad Radkersburg und Murau gefordert. Aus den Befragungen der ExpertInnen der Bezirkshauptmannschaften ergab sich auch der Bedarf neuer Dienstleistungen, die noch nicht in der Leistungs- und Entgeltverordnung inkludiert sind. Hier ist vor allem eine sozialpädagogische Intensivbetreuung notwendig, die auch im Hinblick auf die Betreuung der in dieser Arbeit angesprochenen Kinder und Jugendlichen als unentbehrlich gesehen werden kann. Hierzu heißt es im Jugendwohlfahrtsplan (2005: 93): „Dieses Angebot kann dazu dienen, derzeit unbetreubare Jugendliche zu betreuen, und in eine niederschwelligere Leistung überzuführen. Ein weiteres Betätigungsfeld liegt bei Jugendlichen mit Multiproblemlagen. Hier gibt es eine Schnittstelle zur extramuralen Kinder- und Jugendpsychiatrie.“ Hier wird explizit die Schnittstelle zur extramuralen KJP angesprochen. An dieser Stelle ist jedoch zu erwähnen, dass es im Rahmen der extramuralen KJP in der Steiermark sehr wenige bis gar keine Angebote gibt. 61 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Dennoch wird bereits im Jugendwohlfahrtsplan angesprochen, was durch die Ergebnisse dieser Arbeit als unvermeidbar erscheint. Hier heißt es, dass vermehrt Planungskonferenzen in den einzelnen Regionen stattfinden sollten. Dabei sollten „neben der öffentlichen Hand auch freie Träger, Betroffene, Einzelpersonen, wie z.B. Psychotherapeuten, und Vertreter aus angrenzenden Fachbereichen, wie z.B. Schulen, Psychiatrie und Sucht“ (Jugendwohlfahtsplan, 2005: 97) anwesend sein. 5.1.3.4 Steiermärkisches Behindertengesetz (StBHG 2004) An dieser Stelle ist es auch wichtig, das Behindertengesetz kurz zu skizzieren, da es in der Steiermark manchmal vorkommt, dass Kinder und Jugendliche mit psychischen Krankheiten den Status eines Behinderten beantragen müssen, um Leistungen, die aufgrund des Behindertengesetzes finanziert werden, in Anspruch nehmen zu können und somit auf diese Weise eine Chance bekommen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. Man kann sich vielleicht vorstellen, was es für manche dieser Kinder und Jugendlichen bedeuten muss, einen Antrag um Eingliederung in das Behindertengesetz unterschreiben zu müssen. Dieses beinhaltet nämlich Einrichtungen, die im Rahmen des Jugendwohlfahrtsgesetzes nicht vorgesehen sind bzw. nur ungenügend ausgebaut sind. Ein Beispiel wäre die Möglichkeit der Ausbildung mit gleichzeitiger Berufsausbildung in einem niederschwelligeren Rahmen, als dies zum Beispiel die Einrichtung „Aufwind“ bietet. Nach §2 StBHG 2004 gelten jene Personen als Menschen mit Behinderung, die aufgrund einer Beeinträchtigung nicht die Möglichkeit haben, „eine angemessene Erziehung, Schulbildung oder Berufsausbildung zu erhalten, oder eine ihnen zumutbare Beschäftigung zu erlangen oder beizubehalten“ und denen es nicht möglich ist, „eine angemessene Eingliederung in die Gesellschaft zu erreichen.“ Als Beeinträchtigung gelten laut §2 StBHG 2004 Abs. 4 insbesondere alle physischen, psychischen und intellektuellen Beeinträchtigungen sowie somatische Erkrankungen und deren Folgewirkungen. Durch das Behindertengesetz sind unterschiedliche Arten von Hilfeleistungen geregelt. Für jene Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die in dieser Arbeit angesprochen werden, kommen vor allem folgende Leistungen in Frage: Erziehung und Schulbildung, berufliche Eingliederung, unterstützte Beschäftigung, Beschäftigung in Tageseinrichtungen oder Betrieben, Wohnen in Einrichtungen, Hilfen zum Wohnen, Entlastung der Familie und Gestaltung der Freizeit. In der Steiermark ist die „Kompetenz GmbH“ eine sehr wichtige Einrichtung, mit der die kinder- und jugendpsychiatrische Station sehr eng zusammen arbeitet. Dies ist eine Einrichtung, die einerseits eine Wohnmöglichkeit und andererseits die Möglichkeit einer Berufsausbildung bietet. Da es im Rahmen der Jugendwohlfahrt kaum solche Möglichkeiten gibt, sind SozialarbeiterInnen teilweise 62 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie gezwungen, Kinder und Jugendliche als behindert oder beeinträchtigt im Sinne des Steiermärkischen Behindertengesetzes zu erklären, um ihnen die bestmöglichen Chancen hinsichtlich Wohnversorgung und Berufsausbildung zu eröffnen. 5.1.3.5 Unterbringungsgesetz (UBG 1991) 1991 trat das Unterbringungsgesetz in Kraft. Es regelt die Aufnahme und den zwangsweisen Aufenthalt in psychiatrischen Anstalten bzw. Abteilungen. Durch dieses Gesetz wurde der Schutz der persönlichen Rechte von Betroffenen auf eine neue Grundlage gestellt. Durch das Inkrafttreten des Unterbringungsgesetzes hat sich das Verhältnis zwischen Arzt und Patienten an psychiatrischen Abteilungen stark verändert. Zusehends steht die Mitwirkung und aktive Gestaltung des Patienten an seinem Aufenthalt im Mittelpunkt des Interesses. Durch die Patientenanwaltschaft wird eine Vertretung von zwangsweise untergebrachten Patienten sichergestellt (vgl. Schlaffer, 2004: 5). Wenn ein Patient in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt wird und z.B. bestimmte Räume nicht verlassen darf, so ist er im Sinne des Unterbringungsgesetzes „untergebracht“. Um einen Patienten unterbringen zu können, müssen drei Voraussetzungen erfüllt sein: - der Betroffene ist psychisch krank - der Patient gefährdet sich selbst oder andere - ausreichende andere Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeiten sind nicht gegeben. Gegen seinen Willen darf eine Person nur dann in ein psychiatrisches Krankenhaus gebracht werden, wenn zuvor ein im öffentlichen Sanitätsdienst stehender oder ein Polizeiarzt diese untersucht und in einer ärztlichen Bescheinigung feststellt, dass die Voraussetzungen für eine Unterbringung vorliegen. Ausnahmsweise können Sicherheitsorgane (Polizei) Menschen, bei denen die drei Voraussetzungen erfüllt sind, nur bei unmittelbarer Gefahr in Verzug gegen oder ohne ihren Willen direkt in eine psychiatrische Abteilung bringen. Laut Gesetz haben der Arzt und die Sicherheitsorgane den Betroffenen möglichst zu schonen. Es spielt keine Rolle, ob ein Patient die Unterbringung verlangt, oder gegen seinen Willen in eine Anstalt gebracht wird, es muss als erster wichtiger Schritt die Aufnahmeuntersuchung folgen. Der Abteilungsleiter bzw. sein Vertreter und ein weiterer Facharzt überprüfen dabei unabhängig voneinander, ob die Voraussetzungen für eine Unterbringung vorliegen. Wenn jemand auf eigenes Verlangen untergebracht werden möchte, muss zusätzlich vor den Ärzten eine eigenhändig geschriebene Willenserklärung abgegeben werden. Weiters muss überprüft 63 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie werden, ob der Betroffene einsichts- und urteilsfähig ist. Bei Minderjährigen müssen auch die Erziehungsberechtigten zustimmen, bzw. bei mündigen Minderjährigen (über 14 Jahren) zusätzlich sie selbst. Ist für eine Person ein Sachwalter bestellt, dessen Wirkungskreis auch diesen Bereich umfasst, muss auch dieser zustimmen. Die Unterbringung auf Verlangen darf nicht länger als sechs Wochen, auf erneutes Verlangen höchstens zehn Wochen dauern. Für diese Dauer ist das Gericht nicht einbezogen, eine nochmalige Verlängerung ist allerdings nicht zulässig. Wenn jemand ohne seinen Willen in eine Anstalt gebracht wird und zwei Fachärzte unabhängig voneinander das Vorliegen der drei Voraussetzungen für die Unterbringung bestätigen, muss der Abteilungsleiter oder sein Vertreter dem Betroffenen die Gründe für die Unterbringung erklären und dann das zuständige Bezirksgericht und die Patientenanwaltschaft unverzüglich verständigen. Der Betroffene kann auch einen Angehörigen und einen Rechtsbeistand (z.B. einen Rechtsanwalt oder Notar) verständigen oder verständigen lassen. Nicht alle Unterbringungen erfolgen unmittelbar bei der Aufnahme, manche werden auch erst während des Aufenthalts notwendig. Der zuständige Richter muss innerhalb von vier Tagen ab Kenntnisnahme den Betroffenen hören und sich einen persönlichen Eindruck verschaffen. Er muss den Patienten über den Grund und die Bedeutung des gerichtlichen Verfahrens aufklären. Bei diesem Termin sieht der Richter die Krankengeschichte ein, und hört den Patientenanwalt, den Abteilungsleiter oder einen Vertreter sowie einen allenfalls anwesenden Vertreter des Betroffenen. Außerdem hat der Richter die Möglichkeit, einen Sachverständigen bei zuziehen. Wenn der Richter bei diesem Termin zur Ansicht gelangt, dass die Voraussetzungen für die Unterbringung nicht vorliegen, dann muss er diese sofort für unzulässig erklären. Ab diesem Zeitpunkt darf der Betroffene nicht mehr in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt werden. Er muss entweder entlassen oder mit seinem Einverständnis auf eine offene Abteilung verlegt werden. Eine Ausnahme besteht dann, wenn der Abteilungsleiter gegen die gerichtliche Entscheidung sofort Rekurs erhebt und der Richter diesem Rekurs aufschiebende Wirkung zuerkennt. Hält der Richter die Unterbringung für zulässig, dann wird eine mündliche Verhandlung innerhalb von 14 Tagen anberaumt. Bei dieser mündlichen Verhandlung muss der Richter zumindest einen Sachverständigen hinzuziehen. Der Betroffene oder sein Patientenanwalt können einen weiteren Sachverständigen verlangen. Die Sachverständigen müssen den Patienten untersuchen und ein schriftliches Gutachten ausstellen. Die mündliche Verhandlung findet in der Anstalt statt. 64 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Hier muss der Richter dem Betroffenem, seinem Vertreter und dem Abteilungsleiter oder einem Vertreter die Möglichkeit zur Stellungnahme geben. Am Ende dieser Verhandlung entscheidet der Richter im Beisein des Betroffenen über die Zulässigkeit der Unterbringung. Der Beschluss muss schriftlich ausgefolgt werden. Wird die Unterbringung für zulässig erklärt, hat der Richter eine Frist festzulegen, die drei Monate ab Beginn der Unterbringung nicht übersteigen darf. Wird die Unterbringung für unzulässig erklärt, dann darf der Patient in seiner Bewegungsfreiheit nicht mehr eingeschränkt werden. Wenn nach Ansicht des Abteilungsleiters über den vom Gericht festgelegten Termin hinaus weitere Gründe für eine geschlossene Unterbringung vorliegen, hat er dies dem Gericht bis spätestens vier Tage vor Ablauf der Frist mitzuteilen. Das Gericht muss dann eine weitere Anhörung und eine mündliche Verhandlung über die weitere Zulässigkeit der Unterbringung durchführen. Durch die Maßnahme der Unterbringung sind nur Einschränkungen auf bestimmte Räumlichkeiten legitimiert. Werden weitere Maßnahmen, wie etwa die Fixierung an ein Bett, notwendig, dann müssen diese vom behandelnden Arzt angeordnet, in der Krankengeschichte dokumentiert und dem gesetzlichen Vertreter bzw. dem Patientenanwalt unmittelbar mitgeteilt werden. Telefonische und schriftliche Kontakte sowie Besuche dürfen nur vom Arzt eingeschränkt werden, wenn dies für das Wohl des Patienten unerlässlich ist (vgl. Schlaffer, 2004: 12ff.). 5.1.4 Grenzen durch Finanzierung und Rechtsgrundlagen Der Aufenthalt von Kindern und Jugendlichen in der KJP wird in der Regel durch die Krankenkasse finanziert. Dies bedeutet, dass die KJP Teil des Gesundheitswesens ist und dementsprechend auch handeln muss. Konkret heißt das, dass der Aufenthalt den Krankenkassen gegenüber begründet werden muss. Dazu gehört eine Nennung der Diagnose und der therapeutischen Maßnahmen. Die Frage der Finanzierung ist in Bezug auf die KJP eine sehr zentrale. Durch die Klärung von Finanzierungen, vor allem in Bezug auf die Finanzierung von weiterführenden Maßnahmen kann nämlich die Dauer des Aufenthaltes sehr beeinflusst werden. Reinhart Lempp (1990: 21ff.) beschreibt die Situation in Deutschland, die mit der in Österreich bzw. der Steiermark annähernd zu vergleichen ist: Tatsächlich benötigen wir, wenn ein Patient aus der Kinder- und Jugendpsychiatrie in eine Einrichtung der Jugendhilfe fremdplatziert werden soll, in der Regel zwei bis drei Monate, bis sich dieser Übergang in die Jugendhilfeeinrichtung realisieren lässt. Dabei geht es nicht darum, dass etwa kein Platz in der Einrichtung zur Verfügung stehe. Es geht ausschließlich darum, dass die Zeit benötigt wird, um die Kostenzuständigkeit zu klären. Solange aber wartet der Jugendliche bei uns in unruhiger Erwartung mit einer gewissen natürlichen Angst vor dem, was auf ihn zukommt (ebd.: 24). 65 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Er meint weiters dazu, dass diese Kosten anstandslos von den „Krankenkassen zum teuren Pflegesatz bezahlt“ werden, „obwohl das Ziel der stationären Behandlung längst erreicht ist und eine Weiterbehandlung eigentlich nicht mehr stattfindet. Es wäre aber auch nicht möglich, für diese Wartezeit die Kostenverpflichtung eines Jugendhilfe- oder Sozialhilfeträgers zu bekommen“ (Lempp, 1990: 25). In Bezug auf Grenzen zur Finanzierung ist pointiert formuliert zu hinterfragen, inwieweit die Jugendwohlfahrt noch ein Interesse daran haben könnte, spezifische Betreuungssettings zu entwickeln bzw. zu finanzieren, wenn Kinder- und Jugendliche in besonders schwierigen Situationen auf der KJP „untergebracht“ werden können und somit die Kosten von der Krankenkasse, also vom Gesundheitssystem getragen werden. Somit ist für diese Kinder und Jugendlichen eine hochqualifizierte Behandlung und Betreuung gewährleistet, ohne dass für die Jugendwohlfahrt zusätzliche Kosten entstehen. Aufgrund dessen könnte man hinterfragen, inwieweit lange Wartezeiten auf der KJP dem Jugendwohlfahrtssystem sogar entgegen kommen. Von Seiten der KJP gibt es die Möglichkeit der Asylierung. Dies bedeutet, dass das Kind oder der Jugendliche von Seiten der Klinik als psychiatrisch nicht behandlungsbedürftig definiert wird und somit die Kosten für den stationären Aufenthalt nicht mehr von der Krankenkasse getragen werden. Dies bedeutet nicht unbedingt, dass diejenigen Kinder und Jugendlichen nicht therapiefähig sind, sondern wenn eine Entlassung nur aus dem Grund nicht erfolgen kann, weil noch keine geeignete Unterbringung gefunden ist, kann man eine psychiatrische Behandlungsbedürftigkeit nur mehr sehr schwer begründen. Im Fall einer Asylierung werden allerdings in manchen Fällen im Endeffekt die Eltern zur Kasse gebeten. Wenn man bedenkt, dass die Klientel der KJP nicht aus vorwiegend gut betuchten Menschen besteht scheint diese Maßnahme kontraproduktiv, da eine Kostenübernahme von Seiten der Familie diese in noch weitere strukturelle Schwierigkeiten bringen würde, was wiederum negative Auswirkungen auf das Kind bzw. den Jugendlichen haben könnte. Grenzen sind auch dadurch gegeben, dass einerseits die Kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark nicht ausreichend gegeben ist und andererseits auch Angebote im Rahmen der Jugendwohlfahrt besonders für jene Kinder und Jugendlichen in besonders schwierigen Situationen nicht hinreichend vorhanden sind. Wie bereits im Kapitel 5.1.3 Rechtliche Rahmenbedingungen beschrieben besteht eine weitere Grenze darin, dass im Rahmen des Steiermärkischen Behindertengesetz teilweise Maßnahmen finanziert werden, die für diese Kinder und Jugendlichen als geeigneter erscheinen und die es im Rahmen der Jugendwohlfahrt in dieser Art und Weise nicht gibt. Daher kommt es vor, dass Kinder 66 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendliche in schwierigen Situationen als behindert anerkannt werden müssen, damit eine Maßnahme finanziert wird, die für sie eine weitere optimale Entwicklung in Bezug auf die Wohnversorgung und die Berufsausbildung garantiert. Eine weitere Grenze in Bezug auf die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP ist durch die Durchführungsverordnung des Steiermärkischen Jugendwohlfahrtsgesetzes gegeben. Hier ist genau festgelegt, welche Leistungen im Rahmen der Jugendwohlfahrt finanziert werden, und welche Voraussetzungen diese erfüllen müssen. Zuschüsse sind teilweise sehr knapp kalkuliert, so dass eventuelle intensivere Betreuungsmaßnahmen nicht oder nur sehr schwer durchgeführt werden können. 5.2 Das pädagogische Konzept der Kinder- und Jugendpsychiatrie- der LSFGraz Um eine optimale sozialpädagogische Behandlung von Kindern und Jugendlichen auf der kinderund jugendpsychiatrischen Abteilung der LSF zu gewährleisten, war es notwendig, ein pädagogisches Konzept zu erstellen, das von der aktuellen Situation ausgeht und die pädagogische Arbeit in den Stationsalltag integriert. Außerdem ist dies besonders wichtig, um zu wissen, welche sozial- und heilpädagogischen Maßnahmen bei welchen Patienten getroffen werden, um die Qualität der pädagogischen Arbeit zu sichern. Hierzu wurde erarbeitet, dass die pädagogische Arbeit auf der KJP der Landesnervenklinik eine lebensweltorientierte Sichtweise beinhaltet, die sich einerseits in der Alltagspädagogik, andererseits in der Freizeitpädagogik und der pädagogisch- therapeutischen Arbeit widerspiegelt. Diese drei großen Bereiche sind auch die Hauptaufgabenbereiche des pädagogischen Teams der Station. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass eine eindeutige Abgrenzung dieser drei Bereiche nicht erfolgen kann, da sie ineinander spielen und z.B. Freizeitpädagogik oder pädagogisch therapeutische Arbeit nicht ohne Alltagspädagogik passieren kann. Im Folgenden sollen zunächst die Leitperspektiven sozial- und heilpädagogischen Handelns in der KJP beschrieben werden, bevor deren konkrete Unsetzung in der pädagogisch- therapeutischen Arbeit, der Alltags- und der Freizeitpädagogik sowie in konkreten Angeboten dargestellt wird. 67 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.3 Leitperspektiven sozial- und heilpädagogischen Handelns in der Kinderund Jugendpsychiatrie In diesem Kapitel sollen pädagogische Grundsätze dargestellt werden, die dem pädagogischen Konzept und der pädagogischen Arbeit auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der LSF zugrunde liegen. Hier sind vor allem das Konzept der Ressourcenorientierung und der Lebensweltorientierung im Vordergrund. Ebenso soll in diesem Kapitel auf die pädagogische Gruppenarbeit und die Beziehungsarbeit als Leitperspektiven pädagogischen Handelns eingegangen werden. 5.3.1 Ressourcenorientierung Im folgenden Kapitel soll der Begriff der Ressourcenorientierung in Bezug auf ihre Bedeutung für die Sozial- und Heilpädagogik im Kontext der KJP diskutiert werden. Der Begriff der Ressourcen soll in diesem Zusammenhang ein Oberbegriff sein, für all das, was die Klientel an „Lern- und Hilfsprozessen, an eigenen Kompetenzen, Stärken, sowie materiellen und ideellen Beiträgen einbringt“ (Staub- Bernasconi, 2001: 1507). Vor allem die Stärken und Kompetenzen des einzelnen Klienten sollen für die Sozial- und Heilpädagogik einen besonderen Stellenwert haben. Die Ressourcenorientierung stellt ein Pendant zur Defizitorientierung der Medizin dar. Da angenommen wird, dass jeder Mensch Ressourcen wie auch Defizite hat, gilt es für die Sozial- und Heilpädagogik in diesem Feld, immer wieder, die Ressourcen und Entwicklungspotentiale von Kindern und Jugendlichen zu betonen. Auch wenn Kinder und Jugendliche auffällige Verhaltensweisen zeigen, muss es dem Sozial- und Heilpädagogen gelingen, den Blick auf die Stärken und Ressourcen des Kindes zu legen. 5.3.2 Lebensweltorientierung Das Konzept der Lebenswelt- oder Alltagsorientierung, das meist synonym verwendet wird, kann als eine zentrale Theorieströmung verstanden werden, die die Entwicklung der Sozialen Arbeit in Theorie und Praxis seit den 70er Jahren erheblich beeinflusst hat. Lebensweltorientierung bezeichnet sowohl ein Rahmenkonzept sozialpädagogischer Theorieentwicklung als auch eine grundlegende Orientierung sozialpädagogischer Praxis, die sich in sozialpolitischen und rechtlichen Rahmenbedingungen […], in institutionellen Programmen und Modellentwicklungen […] sowie in Konzepten sozialpädagogischen Handelns konkretisieren (Grunwald/ Thiersch, 2001: 1136). Das Konzept der Lebensweltorientierten Sozialen Arbeit bezieht sich auf die Notwendigkeit, sich konsequent an den AdressatInnen mit ihren unterschiedlichen Selbstdeutungen und individuellen Handlungsmustern in gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen zu orientieren. „Soziale Arbeit 68 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie nutzt ihre rechtlichen, institutionellen und professionellen Ressourcen dazu, Menschen in ihrem vergesellschafteten und individualisierten Alltag zu Selbständigkeit, Selbsthilfe und sozialer Gerechtigkeit zu verhelfen“ (vgl. ebd. 1136). Grunwald und Thiersch (2004: 5) erklären das Konzept der Lebensweltorientierten Sozialen Arbeit wie folgt: Das Konzept Lebensweltorientierte Soziale Arbeit zielt darauf, Menschen, in ihren Verhältnissen, in ihren Ressourcen, ihren vorenthaltenen Partizipationschancen und ihren Schwierigkeiten des Alltags zu sehen. Lebensweltorientierte Soziale Arbeit sucht dementsprechend den Menschen im Medium ihrer erlebten, erfahrenen Deutungs- und Handlungsmuster durch Unterstützung, Provokation und Arbeit an Alternativen zu besseren Verhältnissen und tragfähigeren Kompetenzen zu helfen. Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass unterschiedliche Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, als aktuelle Lebenswelt des Kindes bzw. des Jugendlichen gelten. Wird dieser Jugendliche auf der KJP stationär aufgenommen, dann gilt, teilweise für kürzere, in manchen Fällen auch für längere Zeit, die Station als aktuelle Lebenswelt, obwohl der Aufenthalt nicht dazu dienen soll. Trotzdem gibt es Kinder- und Jugendliche, die aufgrund ihrer Problematik länger auf der Station bleiben müssen, und für die sich dann zwangsläufig die KJP als Lebenswelt konstituiert. Somit ist der Jugendliche oder das Kind einerseits in seiner eigenen Lebenswelt, aus der er/sie kommt, andererseits in der aktuellen Lebenswelt der Station zu sehen. Lebensweltorientierte Hilfen setzen an in den lebensweltlichen Verhältnissen der AdressatInnen, wobei diese Verhältnisse gleichzeitig in ihrer gesellschaftlichen Überformung kritisch zu reflektieren sind. Darüber hinaus betonen sie die in der heutigen gesellschaftlichen Realität gegebene Offenheit und Komplexität von Verhältnissen, um so Menschen in ihren Ansätzen der Stärken zu stabilisieren, also in ihrer Fähigkeit, sich in offenen Verhältnissen zu arrangieren, in Fähigkeiten des Empowerments und der souveränen Selbstzuständigkeit“ (Grunwald/ Thiersch, 2004: 189). Im Sinne der lebensweltorientierten Sichtweise, müssten therapeutische Angebote hin zu präventiven, ambulanten und offenen, vor allem aber zu niedrigschwelligen, auf die Lebenswelterfahrungen der AdressatInnen bezogenen und in das Gemeinwesen hinein geöffneten Angeboten, ausgebaut werden. Es kann festgehalten werden, dass auf der KJP immer versucht wird, das Kind oder den Jugendlichen in seinen Lebensverhältnissen zu sehen und auch die Hilfe in Form von ambulanten und tagklinischen Angeboten so anzusetzen, sodass es möglich ist, in den Lebensverhältnissen zu bleiben. Nun sind wir aber im Kontext der KJP immer wieder mit Kindern und Jugendlichen konfrontiert, denen es nicht möglich ist, im familiären Umfeld zu bleiben, da gerade dieses zur Problemkonstellation gehört. Nicht abzustreiten ist, dass auch die aktuellen Lebensverhältnisse in den Jugendwohlfahrtseinrichtungen an sich ebenfalls problembeladen sind. An dieser Stelle wird die Zusammenarbeit zwischen der KJP und den Einrichtungen der Jugendwohlfahrt besonders 69 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie wichtig. Auch wenn Kinder oder Jugendliche aus einer Einrichtung auf die KJP kommen, ist die Zusammenarbeit im Hinblick auf den lebensweltorientierten Ansatz von besonderer Bedeutung. 5.3.3 Pädagogische Gruppenarbeit (Gruppenpädagogik) Wie bereits erwähnt, ist im Stationsalltag pädagogische Gruppenarbeit von zentraler Bedeutung und in Bezug auf soziales Lernen unverzichtbar. Unter pädagogischer Gruppenarbeit wird an dieser Stelle einerseits die Arbeit im Alltag, in der Stationsgruppe verstanden, die geprägt ist von gruppendynamischen Prozessen, die entweder zur Stabilisierung vorhandener Probleme beitragen, oder aber auch neue Probleme für Kinder- und Jugendliche schaffen können. Dieser Gruppenalltag kann dann zur Gruppenpädagogik werden, wenn er bewusst als soziales Lernfeld für alle Beteiligten verstanden wird (vgl. Kruse, 2002: 100). Andererseits ist die pädagogische Gruppenarbeit auch im Rahmen der Freizeitpädagogik und im Rahmen pädagogischer Gruppenstunden, die 1- 2 Mal pro Woche stattfinden und in denen gruppendynamische Prozesse angesprochen und bewusst gemacht werden bzw. Übungen zur Interaktion und sozialen Kompetenzförderung durchgeführt werden, eine wesentliche Grundlage. Ein wichtiges Ziel dieser speziellen Gruppenarbeit ist es auch, aus zufällig einander zugeordneten Personen eine Gruppe mit einem Gefühl der Zusammengehörigkeit zu schaffen. Pädagogische Gruppenarbeit in diesen beiden Bedeutungen ist nach Kruse (2002: 100) gekennzeichnet durch drei wichtige Aspekte: - die Alltagsorientierung: dies bedeutet, dass Lernen und Veränderung im Alltag und in alltäglichen Situationen stattfindet, wie dies bereits im Kapitel der Lebensweltorientierung angesprochen wurde. - Die Ganzheitlichkeit: in Gruppen sind kognitive und soziale Lernerfahrungen möglich. - Die relative Offenheit: Lern- und Veränderungsprozesse sind nicht vollständig planbar. Besonders ist auch, dass die Betreuenden selbst Teil des Gruppenprozesses und damit ebenfalls Lernende sind. An dieser Stelle ein kurzer Diskurs zur Bedeutung der Gruppe. Besonders in der Pubertät hat die Gleichaltrigengruppe vor allem in der Ablösungsphase von den Eltern eine sehr wichtige Funktion. Die Gruppe ermöglicht ein Gefühl der Zugehörigkeit und Identifikation mit Gleichaltrigen sowie Anerkennung und Akzeptanz in ihrer Identität außerhalb der Familie. Eine tragfähige Gruppe wird zu einem wichtigen Faktor als Vorbereitung auf spätere Lebensbewältigung. Sie kann als Übungsfeld für Unterschiedlichkeiten und Angemessenheiten sozialer Verhaltensweisen angesehen 70 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie werden (vgl. Kruse, 2002 113f.). Auch kann die Gruppe eine stabilisierende Wirkung in Bezug auf jugendliche Entwicklungsprozesse haben, indem sie Erfahrungen gleicher Lebenslagen und Solidarität ermöglicht, Anerkennung verschafft und wichtige Orientierung bietet, sowie Ängste abbaut (vgl. Klawe, 1993: 174). Diese Gleichaltrigengruppe ist notwendig, kann allerdings auch, besonders wenn abweichende in Richtung Devianz gehende Verhaltensweisen im Spiel sind, negative Auswirkungen haben. Dies führt in Bezug auf stationäre KJP sowie auch für stationäre Fremdunterbringungsmöglichkeiten der Jugendwohlfahrt zu einer Chance aber auch zu Herausforderungen. Das Problem, das sich besonders im Bereich der KJP zeigt besteht darin, dass viele Jugendliche bereits abweichendes Verhalten, besonders in Bezug auf Drogen, Alkohol, Delinquenz etc. zeigen und sich damit die Gleichaltrigengruppe in stationären Einrichtungen teilweise als negativer Einfluss, besonders für Kinder- und Jugendliche, die solche Erfahrungen noch nicht gemacht haben, darstellt. Die Chance der Gleichaltrigengruppe in der stationären Behandlung besteht allerdings darin, dass Aktivitäten, bzw. das Zusammenleben, in dem prosoziales Verhalten gefördert und gelebt wird, einen positiven Einfluss auf die Entwicklung der Jugendlichen haben kann (vgl. Klosinski, 2003: 80). Auf diesen Bereich gilt es, vor allem für die Pädagogik, besonderes Augenmerk zu legen und in diese Richtung auch präventive Schritte zu unternehmen. Klosinski (2003: 80) schreibt dazu in Bezug auf Familien: Um das Risiko eines negativen Einflusses der jugendlichen Peer- Gruppe zu minimieren, bedarf es einer „fördernden Umwelt“, die auf allen Entwicklungsstufen unserer Kinder und Jugendlichen vorhanden sein sollte, damit Aggression in die „rechte Bahn“ gelenkt werden kann und damit eine Entwicklung in Gang kommt, die hin zu einer gesunden Selbstbehauptung, Standfestigkeit und Zivilcourage führt und ein gesundes Selbstbewusstsein ermöglicht. Dies kann jedoch auch gleichbedeutend für die stationäre KJP gelten. Hier muss es vor allem in Anbetracht der teilweise schwierigen Konstellation der Gruppe immer wieder zum Thema gemacht werden, wie das Risiko des negativen Einflusses minimiert und eine „fördernde Umwelt“ geschaffen werden kann. Für jedes einzelne Kind oder Jugendlichen birgt die Gruppe eine wertvolle Chance, da die anderen Gruppenmitglieder mit ihm noch keine negativen Erfahrungen gemacht haben und umgekehrt. In diesem Sinne kann diese neue Gruppe ein Feld eröffnen, in dem unterschiedliche Rollen erprobt werden können. Durch diese Annahme ergibt sich eine wichtige Aufgabe für PädagogInnen und Pflegepersonal. Die Gruppenleitung kann durch Hilfestellungen bzw. Gespräche, Reflexionen und Bewusstmachungen unerwünschte Rollenübernahmen beeinflussen und thematisieren (vgl. Kruse, 2002: 113). Hierzu ein konkretes Beispiel: Ein etwas stärkerer 14 jähriger Bub wird wegen seines Gewichts von anderen gehänselt und wird in Konfliktsituationen mit anderen Jugendlichen schnell 71 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie aggressiv. Die Mutter kann als sehr übergriffig beschrieben werden und es besteht eine schwierige Beziehung zum Vater. Hier könnte man alle möglichen psychologischen Schlüsse ziehen. Im Stationsalltag geht es allerdings darum, dass der Jugendliche gemeinsam mit der PädagogIn Möglichkeiten findet, um mit unterschiedlichen Beschimpfungen und Ausgrenzung zurecht zu kommen und Strategien entwickelt, um sich gegen Beschimpfungen und Hänseleien adäquat zu wehren. Ein weiteres Ziel für die pädagogische Arbeit mit diesem Jugendlichen in der Gruppe wäre es, dass er lernt, einen positiven Kontakt zu Mitpatienten aufzunehmen (vgl. ebd.: 113) und dass im Rahmen der Gruppenpädagogik die Gruppe lernt, anders mit diesem Jugendlichen umzugehen, als dieser es bisher gewohnt war. Auch in Bezug auf die Alltagsorientierung spielt die Gruppe eine wesentliche Rolle. Im stationären Setting verbringt und bewältigt eine Gruppe annähernd Gleichaltriger ihren Alltag. Daraus ergibt sich auch das wichtigste Arbeitsfeld für Pflegepersonal und Sozial- bzw. HeilpädagogInnen. Kruse (2002: 109) schreibt dazu: „Das wichtigste Arbeits- und Handlungsfeld des Pflege- und Erziehungsdienstes ist die Stationsgruppe im Alltag: Hier wird gegessen, getrunken, gestritten, getröstet, geliebt, gekämpft- Alltag kann Spaß machen vielfältige Lernmöglichkeiten bieten und ‚gelingen’, Alltag kann aber auch in drögen Routinen mit ‚Ämtchen’ (Diensten) und fragwürdigen Regeln […] erstarren.“ In diesem Zitat wird deutlich, dass der Alltag genauso wie die Gruppe Gefahren und Chancen bietet. Für den/ die PädagogIn besteht die Herausforderung in der Arbeit mit Gruppen darin, einen guten Mittelweg darin zu finden, Freiräume zu gewähren und andererseits wichtige Strukturen, Regeln und somit auch Orientierung zu bieten (vgl. Klawe, 1993: 176f.). Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Stationsgruppe sowie gruppenbezogene Maßnahmen ein wesentlicher Bestandteil der kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlung sind. Besonders in Bezug auf die pädagogische Arbeit leistet die Gruppenpädagogik einen wesentlichen Beitrag, der es ermöglicht, personale und soziale Identität zu entwickeln. Soziales Lernen wird somit zu einer Möglichkeit der Entwicklung von Ich-Identität. Als eines der wichtigsten Grundlagen der pädagogischen Arbeit im Kontext der KJP kann die bewusste Gestaltung der sozialen Interaktion im gemeinsamen Alltag verstanden werden (vgl. Kruse, 2002: 115ff.). Die Wichtigkeit der Gleichaltrigengruppe sollte von pädagogischem Personal immer wieder betont werden und ein Bewusstsein dafür geschaffen werden, dass diese wichtigen Funktionen „selbst von den wohlmeinendsten pädagogischen Konzepten“ nicht ersetzt werden kann (Klawe, 1993: 175). 72 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.3.4 Beziehungsarbeit- pädagogischer Bezug Eine der wichtigsten Prämissen in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen, beziehungsweise generell in der pädagogischen Arbeit ist die Beziehungsarbeit. Ohne Beziehung keine Erziehung. Das heißt, wir müssen es zuerst schaffen eine Beziehung zum Kind oder zum Jugendlichen herzustellen, sodass ein Umfeld geschaffen wird, in dem Lernen überhaupt möglich ist. Vor allem Herman Nohl hat in den 1920 er Jahren das emotionale Verhältnis zwischen Erwachsenen und Jugendlichen als einen zentralen Punkt in der pädagogischen Arbeit beschrieben. Dieser wie er es nannte, pädagogische Bezug, macht die notwendige Entwicklung auf beiden Seiten erst möglich. Dies ist auch notwendig, um Kindern und Jugendlichen wichtige Grenzen setzen zu können, die diese auch akzeptieren können (vgl. Böhnisch, 2001a: 189f.). Vor allem im Kontext der KJP spielt das Grenzen setzen und die Struktur eine wesentliche Rolle und trägt wesentlich zur Behandlung bei. Viele psychische Krankheiten werden auch als Ausdruck einer Störung der Beziehung zwischen den einzelnen Menschen gesehen. Lempp (1991: 61) schreibt dazu: „Wenn es sich aber bei der Psychose um eine Störung der Beziehung des betroffenen Menschen zu seinen Mitmenschen handelt, dann muss doch diese Beziehung im Mittelpunkt unserer helfenden und heilenden Aktivität stehen, und dass es hier mit Distanz, wie sie der überlegene Chirurg gegenüber einer zu entfernenden Geschwulst zeigen kann oder der Orthopäde, der ein gebrochenes Bein schient, nicht getan sein kann. Es liegt nahe, dass hier die Nähe, das von Liebe, das heißt von Emotionalität getragene Beziehungsangebot der Pädagogik viel mehr am Platze ist.“ Wenn Patienten nicht mehr in die gemeinsame Realität zurückfinden, diese geradezu fürchten, dann ist nach Lempp gerade das ständige Beziehungsangebot als vertrauensbildendes Vorbild und die möglichst bedingungslose Akzeptanz entsprechend den frühinfantilen Bedürfnissen der gebotene Weg (vgl. Lempp, 1990: 61). Man muss sich darüber im Klaren sein, dass in der Sozialen Arbeit immer auch eine emotionale Komponente mitspielt. Wir werden von unseren AdressatInnen nicht nur als Professionelle, sondern auch als Menschen erfahren (vgl. Böhnisch, 2001b: 311). Auch Burkhart Müller (2008: 62) misst dieser Komponente eine zentrale Bedeutung bei und hat durch seine empirischen Untersuchungen in Bezug auf die Jugendarbeit folgende These untersucht und bestätigt: Besondere Bildungsgelegenheiten der Jugendarbeit ergeben sich daraus, dass sich die Mitarbeiterinnen immer in einer Doppelrolle befinden (gerade auch aus der Sicht der Jugendlichen): (a) als „Erwachsene zum Anfassen“ und Partnerinnen in einer persönlichen Auseinandersetzung und (b) als Repräsentantinnen und Dienstleister in einer Freizeiteinrichtung, die Respekt für diese Aufgabe fordern müssen. Jugendliche profitieren, wenn sie beides erleben. 73 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Dadurch entwickelt sich ein emotionales Spannungsfeld, das man auch durch noch so professionelle Distanzierungs- und Kontrolltechniken nicht ausgleichen kann. Es muss uns vor allem auch gelingen, unsere AdressatInnen auszuhalten um sie schließlich akzeptieren und verstehen zu können. Ein wesentlicher Punkt in der Beziehungsarbeit ist auch die Trennung von Verhalten und Person als einen der wichtigsten Grundpfeiler der pädagogischen Arbeit. Auch wenn man mit einem bestimmten Verhalten nicht einverstanden ist, respektiert man das Kind oder den Jugendlichen trotzdem und darf diesen nicht fallen lassen (vgl. Böhnisch, 2001b: 311). Wenn man als Professionelle(r) weiterhin zu dem Kind oder Jugendlichen steht, impliziert das auch, dass man ihm oder ihr zutraut auch anders zu können. Dies sind die wichtigsten Grundlagen, um eine positive Beziehung, die schließlich Veränderung möglich macht, aufzubauen. Auch Burkhart Müller (2008: 61) schreibt der Beziehungsarbeit vor allem im Hinblick auf die Bildungsförderung und informelle Bildung in der Arbeit mit Jugendlichen einen zentralen Stellenwert zu. Dabei definiert er die notwendige Art der Beziehung wie folgt: Es handelt sich weder um den pädagogischen Bezug im Arbeitsbündnis zwischen Erzieher und Zögling, Lehrer und Schüler, noch um eine therapeutische oder Beratungsbeziehung, noch um eine private Beziehung zwischen Erwachsenen und Jugendlichen oder unter Freunden, noch um eine Arbeitsbeziehung zwischen Dienstleister und Kunden, sondern um eine merkwürdige Mischung von all diesem. Beziehungsarbeit heißt hier also zunächst, sich in dieser Mischung zurecht zu finden, den Ton zu treffen, sie zu balancieren und auszuhalten, statt in eine jener Möglichkeiten zu flüchten. Im Rahmen der klinischen Sozial- und Heilpädagogik besteht hier die Besonderheit, dass die Aufenthalte so kurz wie möglich sein sollen. Daher liegt es im Fingerspitzengefühl des Personals, eine tragbare Beziehung aufzubauen, um Lernen zu ermöglichen, andererseits aber diese Beziehung nicht in einer Weise einzugehen, die auf eine längerfristige Intervention abzielt. Das heißt, es geht hier immer um eine Gratwanderung- einerseits ist Beziehung notwendig, andererseits darf diese nicht zu eng werden, da in der Klinik kurze Interventionen vorgesehen sind. Natürlich kommt es in Einzelfällen immer wieder dazu, dass vor allem bei Kindern und Jugendlichen, die im Endeffekt eine sehr lange Zeitspanne stationär bleiben müssen, Beziehungen aufgebaut werden, die eigentlich im Rahmen eines klinischen Aufenthaltes nicht zielführend wären, sich aber durch sehr lange Aufenthaltsdauern (von bis zu einem Jahr oder länger) ergeben und nur schwer vermeiden lassen. Hier muss eine professionelle Distanz gewahrt werden, um einen weiteren Beziehungsabbruch in Lebensläufen, die ohnehin sehr häufig von vielen Beziehungsabbrüchen geprägt sind, besser bewältigbar zu machen. 74 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.3.5 Sozialraumorientierung Als Bezeichnung für lebensweltnahe, räumliche Gebietseinheiten hat sich der Begriff des Sozialraumes durchgesetzt. Mit dem Konzept des Sozialen Raumes wird die Aufmerksamkeit in der Sozialen Arbeit verstärkt auf den Zusammenhang von „sozialen Bedingungen (sozialer Lebenslage) und (nah)räumlicher Umwelt (Lebensraum) und auf die sich daraus ergebenden unterschiedlichen Lebenswelten (Lebenssituationen, Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten) von Menschen“(Lukas, 2005: 867) gelegt. In städtischen Gebieten kann man den Sozialraum als eine Zwischenebene von der Mikroebene (Familie, Freunde) und der Makroebene (Gesamtgesellschaft) begreifen (vgl. ebd.). Ein grundlegendes Ziel der Sozialen Arbeit ist es, Lebensbedingungen so zu gestalten, „dass Menschen dort entsprechend ihren Bedürfnissen zufrieden(er) leben können“ (Hinte, Treeß, 2007: 33). Der Begriff des Sozialraumes darf vor allem im Hinblick auf Kinder und Jugendliche nicht nur auf bestimmte Stadtteile bezogen werden, da gerade für Kinder und Jugendliche auch entfertere andere Orte eine Rolle spielen, hier sind sogar virtuelle Räume miteinzubeziehen (vgl. Deinet/ Krisch, 2005: 146). Dementsprechend versuchen sozialräumlich orientierte Lebensweltanalysen Deutungen, Handlungsweisen und Interessen mit dem Blickwinkel bestimmter sozialräumlicher Bedingungen, die auf die Kinder und Jugendlichen „wirken“ und die wechselseitig von ihnen in bestimmter Form definiert werden, in den Vordergrund des Erkenntnisinteresses zu stellen. Es stehen demnach nicht so sehr die „objektiven“ Strukturen, wie demografische Daten, die Dichte sozialer Institutionen, die Anzahl der Sportplätze etc. im Vordergrund, sondern die lebensweltlichen Interpretationen, Deutungen und Sichtweisen der Kinder und Jugendlichen bezüglich ihrer Lebensräume (ebd.). Für die Sozial- und Heilpädagogik in der KJP heißt das, gezielt darauf Wert zu legen, wie die Räume gestaltet sind und eventuell bei der Planung neuer kinder- und jugendpsychiatrischer Stationen aktiv mitzuwirken. Konkret beginnt dies schon bei Kleinigkeiten wie etwa Rückzugsmöglichkeiten zu schaffen, oder etwa auf robuste Möbel Wert zu legen. Vor allem auch im Hinblick auf das therapeutische Milieu sollte der Raumgestaltung ein entsprechender Stellenwert eingeräumt werden. „Paul Moor, der bekannte Heilpädagoge spricht in diesem Zusammenhang von einem ‚Äußeren Halt’ und einem ‚Inneren Halt’. Gerade durch eine entsprechende Raumgestaltung kann der beeinträchtigte ‚Innere Halt’ durch einen entsprechenden ‚Äußeren Halt’ unterstützt werden“ (Eitle, 2003: 137). Ein weiterer wichtiger Part der SozialpädagogInnen auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station ist es, vor allem im Hinblick auf die Ressourcenorientierung, auch Ressourcen des Sozialraumes mit ein zu beziehen. Auch in die sozial- und heilpädagogische Diagnostik sollten die Deutungen und Sichtweisen der Kinder und Jugendlichen bezüglich ihrer Lebensräume 75 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie miteinbezogen werden. Dies spielt vor allem für Kinder und Jugendliche, die in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht sind eine nicht unwesentliche Rolle. 5.4 Konkrete Umsetzung Im Folgenden soll dargestellt werden, wie die eben beschriebenen Leitperspektiven in der praktischen Arbeit auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz umgesetzt werden. 5.4.1 Alltagspädagogik Das Konzept der Lebensweltorientierung realisiert sich auf der Ebene der Alltagspädagogik. In den Bereich der Alltagspädagogik fällt im Rahmen der stationären KJP von der Einhaltung der Tagesstruktur als ein wichtiger Schwerpunkt, alles was mit Einhaltung von Regeln zu tun hat bis hin zu adäquater Tischkultur usw. Vor allem auch die Regeln stellen einen großen Teil pädagogischer Arbeit dar. Diese ermöglichen auch Bildungsprozesse, wie Burkhart Müller et. al. (2008: 76) in Bezug auf Jugendarbeit wie folgt formuliert: Regeln des Umgangs bei der Nutzung einer Einrichtung und ihrer Angebote sind zugleich Gelegenheitsstrukturen für Bildungsprozesse: allerdings nicht als primär formale Vorschriften oder Hausordnungen, sondern als Gelegenheiten zum Verhandeln, Grenzen zeigen, Kompromisse schließen, eigene Rechte und Rechte anderer abwägen und Fehler wieder gut machen. Dabei beeinflussen sich die von Pädagogen eingebrachten Regeln und informelle Regeln, die unter den Jugendlichen gelten, gegenseitig auf förderliche oder auch weniger förderliche Weise. Der Alltag gilt als besonders wichtig, da hier die Schwierigkeiten zum Tragen kommen, die diesen auch beeinflussen. Thiersch (2003: 126f.) schreibt dazu: Der Alltag in der verworrenen Fülle seiner „schmuddeligen“ Geschäfte und Schwierigkeiten ist der Ort, an dem wir leben und unser Leben bewältigen müssen. Dieser Alltag braucht Struktur. […] Das Überleben im Alltag kann nicht in einen permanenten Diskussionsprozess aufgelöst werden. Die Alltagspädagogik wird als besonders wichtig erachtet, was auch durch das Leitprinzip der Lebensweltorientierung zum Ausdruck kommt. Kruse (2002: 109) meint, dass der Alltag oftmals zu einer „Restkategorie“ verkommt und verkürzt wird. An dieser Stelle zitiert Kruse den 8. Jugendbericht der BRD aus dem Jahr 1990 in dem Alltag beschrieben wird: „Alltag ist bestimmt durch die unmittelbar erfahrenen räumlichen, zeitlichen und sozialen Bezüge (…) und durch das pragmatische Interesse der sich stellenden Aufgaben“ (S. 80 zit. nach Kruse, 2002: 109). 76 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Die Idee des „gelingenderen Alltags“ nach Thiersch sollte zu einer erzieherischen und pflegerischen Praxis führen, in der der Alltag an sich einen besonderen Stellenwert als therapeutischer bzw. heilender Faktor hat, ohne das Alltagsleben zu entwerten oder überzutherapeutisieren (vgl. ebd.: 110). Da wir es in der KJP wie auch in der Jugendwohlfahrt teilweise mit sehr schwierigen Kindern und Jugendlichen zu tun haben, ist es von besonderer Bedeutung, diesen Kindern und Jugendlichen im Alltag ihre Grenzen aufzuzeigen und ihnen im Alltag ständig Feedback zu geben. Wesentlich ist es, Lebensbedingungen so zu verändern, dass neues Verhalten ermöglicht wird, und einen gelingenderen Alltag zu ermöglichen (vgl. Freigang, 2004: 141). Im Rahmen der stationären KJP müssen wir als Sozial- und HeilpädagogInnen einerseits den Stationsalltag so gestalten, dass ein verändertes Verhalten ermöglicht wird und andererseits auch Wert darauf legen, Veränderungen im aktuellen Lebensumfeld zu initiieren. Im Großen und Ganzen besteht das Ziel der sozial- und heilpädagogischen Behandlung darin, Hilfestellungen zu geben, um den PatientInnen einen gelingenderen Alltag in ihrem aktuellen Lebensumfeld zu ermöglichen. Dieses Ziel ist vor allem auch durch Gruppenarbeit und Gruppenpädagogik zu erreichen. 5.4.2 Freizeitpädagogik Der Bereich der Freizeitpädagogik umfasst vor allem die Nachmittage, an denen ein umfassendes Programm angeboten wird, aus dem die Jugendlichen wählen können. Hier wird vor allem darauf geachtet, dass immer ein aktivierender bzw. passiv regulierender Programmpunkt bzw. eine eher laute und eher leise Aktivität angeboten wird. Die Aktivitäten dauern am Nachmittag drei Stunden mit einer Pause von einer halben Stunde. In diesen drei Stunden müssen die Jugendlichen an der Einheit teilnehmen, die sie sich in den meisten Fällen selbst aussuchen und sollten aktiv teilnehmen. Dies bedeutet, wenn sie zum Beispiel Sport wählen, sollen sie auch aktiv etwas tun und nicht nur zuschauen. Dies wird mit Hilfe eines Verstärkersystems dann beurteilt und den Kindern und Jugendlichen rückgemeldet. Die Struktur der unterschiedlichen Aktivitäten gestaltet sich immer gleich. Dies ist notwendig, um den Kindern und Jugendlichen Sicherheit zu geben. Am Beginn jeder Einheit gibt es eine Anfangsrunde, in der in Form eines kurzen Blitzlichts gesagt werden soll, wie es jedem einzelnen im Moment geht. Am Ende jeder Einheit wird immer eine Abschlussrunde durchgeführt, in der jedes Kind und jeder Jugendliche sich selbst einschätzen soll und danach ein Feedback vom Betreuer und der Gruppe bekommt. 77 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.4.3 Pädagogisch therapeutische Arbeit Die pädagogisch therapeutische Arbeit bezieht sich vor allem auf Angebote wie z.B. die Geschmacks- oder Sinnesschule, unterschiedliche Themenworkshops, die Schreibwerkstatt und das soziale Kompetenztraining, die im Laufe der Zeit für Gruppen entwickelt wurden und hier kurz erläutert werden sollen. Die Idee der Sinnesschule entstand ursprünglich aus der Notwendigkeit, Sinneswahrnehmungen vor allem für Patienten mit einer gestörten Körperwahrnehmung, zu trainieren, sowie auch ein Genusstraining anzubieten. In der Sinnesschule sollen alle Sinne bewußt trainiert werden. Die Sinnesschule beinhaltet immer ein vorher festgelegtes Thema, das dann einen Nachmittag lang behandelt wird. Themen können z.B. sein: Gewürzkräuter, Tee, Vitamine und Säfte, süß und salzig, Milchprodukte, Marmelade, Gewürze, Schokolade usw. Die Ziele dieser pädagogisch therapeutischen Aktivität sind aus alltagspädagogischer Sicht das Kennen lernen und Üben einer Tisch- und Esskultur, Gesprächskultur, das Kennen lernen und Üben von Küchenarbeiten, Küchenhygiene, Gerätekunde, Ernährungs- und Einkaufskunde, die Förderung von Kompetenzen im Haushalt sowie interkulturelles Lernen etc. Aus pädagogisch therapeutischer Sicht stehen vor allem wie bereits erwähnt das Genusstraining und die Sinneswahrnehmung im Vordergrund sowie auch die Förderung der Fein- und Grobmotorik und kognitiver Fähigkeiten. Einen wesentlichen Bestandteil stellt auch die Förderung eines Gesundheitsbewusstseins dar, das bei psychisch kranken Kindern und Jugendlichen als besonders wichtig erachtet wird. Eine weitere pädagogische- therapeutische Einheit ist die Schreibwerkstatt. Sie wird im Rahmen des Wochenplanes an einem Nachmittag pro Woche angeboten. In ihrem Rahmen entsteht eine Stationszeitung mit Beiträgen der Kinder- und Jugendlichen entsteht. In der Schreibwerkstatt wird den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geboten, sich in einem angemessenen Rahmen schriftlich und graphisch auszudrücken. Darüber hinaus gibt es die Option, dass diese Beiträge in der Stationszeitung veröffentlicht werden. Folgende Ziele wurden vom pädagogischen Team im pädagogischen Konzept der Station festgelegt. Ein besonders wichtiges Ziel aus pädagogisch therapeutischer Sicht ist die Auseinandersetzung mit der Gefühlswelt, das Formulieren der eigenen Gefühle sowie das Schreiben als Bewältigungsstrategie zu erkennen und anzuwenden. Ein weiteres Ziel ist es im Sinne des ressourcenorientierten Ansatzes, Ressourcen zu erkennen und zu fördern und in diesem Sinne den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu bieten Selbstsicherheit zu gewinnen. Auch sollen das Durchhaltevermögen gestärkt und die Kreativität gefördert werden. Ebenso können aus alltagspädagogischer und freizeitpädagogischer Sicht einige Ziele der Schreibwerkstatt formuliert werden. Diese sind vor allem die Computerkenntnisse zu vertiefen, die Arbeit an einer Zeitung kennen zu lernen, das Gruppengefühl zu stärken und eine gewisse 78 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Berufsorientierung zu bieten. Auch Lesen bzw. Schreiben als Freizeitaktivität zu erkennen sowie unterschiedliche Interessen zu wecken und zu festigen bzw. die Individualität des einzelnen Kindes und Jugendlichen herauszuheben sind wesentliche Zwecke. Etwas genauer soll hier das soziale Kompetenztraining erklärt werden, das ebenfalls einmal in der Woche im Rahmen der sozial- und heilpädagogischen Einheiten am Nachmittag durchgeführt wird. Zurzeit können sich Kinder- und Jugendliche freiwillig für diese Aktivität anmelden wodurch dann eine heterogene, interessierte Gruppe entsteht, mit der gearbeitet werden kann. In Zukunft wäre allerdings wünschenswert, dass das soziale Kompetenztraining mit den meisten Kindern- und Jugendlichen im Rahmen der Therapie durchgeführt wird. Wenn in diesem Zusammenhang ständig von sozialen Kompetenzen gesprochen wird, sollte der Begriff der sozialen Kompetenz definiert werden. Eine viel verwendete Definition der sozialen Kompetenz stammt von Döpfner, Rey & Schlüter (zit. nach Jugert et al., 2001: 5). „Demnach versteht man unter sozialer Kompetenz die Verfügbarkeit und Anwendung kognitiver, emotionaler und motorischer Fertigkeiten, die in bestimmten sozialen Situationen zu einem langfristig günstigen Verhältnis von positiven und negativen Konsequenzen führen.“ Die Formulierung „in bestimmten sozialen Situationen“ macht es notwendig, ein Bündel an Fähigkeiten und Fertigkeiten zu formulieren, die in mehreren Bereichen, wie z.B. Schule, Elternhaus, Freundeskreis etc. notwendig bzw. anwendbar sind. Fertigkeiten wie z.B. Durchsetzungsvermögen, Selbstsicherheit, Kontaktund Kooperationsfähigkeit, sollen den Kindern und Jugendlichen dazu dienen, einen Kompromiss zwischen sozialer Anpassung und persönlichen Bedürfnissen zu finden. Als eine wichtige Entwicklungsaufgabe wird der Erwerb von sozialen Kompetenzen gesehen, die viele Kinder- und Jugendliche nicht befriedigend bewältigen können. Dies hat weit reichende Folgen für ihr persönliches, berufliches und gesellschaftliches Leben. Viele Kinder und Jugendliche, vor allem jene, die die Klientel der KJP darstellen, scheitern am Schulabschluss oder bei der Lehrstellensuche, sie haben Schwierigkeiten mit dem Aufbau von adäquaten Beziehungen und mit den Anforderungen, die unsere Gesellschaft an ihre Mitglieder stellt (vgl. Jugert G. et.al.: 2001: 1). Auf diesem Hintergrund wurde von Jugert und anderen (2001) ein pädagogisches Training mit dem Titel Fit for Life entwickelt, das die aktuelle und präventive Förderung von sozialen und berufsbezogenen Fähigkeiten und Fertigkeiten benachteiligter Jugendlicher zum Ziel hat. Auf diesen Modulen basiert auch das soziale Kompetenztraining für die Kinder und Jugendlichen, 79 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie SOKO- Gruppe genannt, das auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der Landesnervenklinik Sigmund Freud durchgeführt wird. Der Begriff der sozialen Kompetenz wird seit vielen Jahren diskutiert. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass Verhaltensweisen, die soziale Kompetenzen ausmachen, immer altersabhängig sind. Durch Begriffe wie Durchsetzungsvermögen, Selbstsicherheit etc. kann das Konstrukt der Sozialen Kompetenz sicher nur teilweise erfasst werden. In der klinischen Psychologie werden die Begriffe soziale Fertigkeiten und soziale Kompetenz meist synonym verwendet. Sachgemäß wäre es jedoch, den Begriff der sozialen Kompetenz als Oberbegriff für soziale Fertigkeiten zu gebrauchen (vgl. ebd.). Die soziale Kompetenz Selbstsicherheit wird durch unterschiedliche Fertigkeiten bestimmt wie z.B. im Kontakt mit anderen angemessen Forderungen zu stellen, sich von anderen abzugrenzen (Nein-sagen-können), Gefühle angemessen auszudrücken, Kritik angemessen zu formulieren sowie mit berechtigter oder unberechtigter Kritik an der eigenen Person angemessen umzugehen etc. Personen mit fehlenden sozialen Kompetenzen erscheinen vermeidend unsicher oder zudringlich aggressiv, wenn die beiden Extreme benannt werden (vgl. Jugert et al, 2001: 6). Kinder mit psychischen Problemen haben sicher teilweise fehlende soziale Kompetenzen, oder sie können die anstehenden Entwicklungsaufgaben nicht angemessen bewältigen. Diese Kinder- und Jugendlichen brauchen auf jeden Fall eine Hilfestellung bzw. ein Training. An dieser Stelle ist jedoch gesagt, dass soziale Kompetenzen nicht nur durch gezielte pädagogische Trainings erworben werden können sondern dass diese vor allem auch im Alltag trainiert und eingeübt werden müssen. Vor allem müssen diese im alltäglichen Zusammenleben auf der Station bzw. im Alltag zu Hause erworben werden. Das soziale Kompetenztraining Fit for Life versucht durch unterschiedliche Übungen und Rollenspiele soziale Kompetenzen wie z.B. Selbstsicherheit, Konfliktlösestrategien, berufliche Fertigkeiten etc. zum Thema zu machen und mit den Jugendlichen gemeinsam zu besprechen bzw. einzuüben. Dadurch können die Jugendlichen ihr eigenes Verhalten reflektieren und sich gegebenenfalls in einem geschützten Rahmen ausprobieren. Ein wichtiger Grundsatz in den sozialen Kompetenztrainingsgruppen ist, dass das Vertrauen unter den Gruppenmitgliedern gegeben sein muss. Nur so kann gewährleistet werden, dass jede/r Einzelne sich auch auf die Übungen einlässt und diese für sich nutzen kann. Ein weiterer wichtiger Bestandteil der einzelnen Module ist das Feedback, durch das auch der Alltagstransfer erleichtert werden soll. 80 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Ein solcher Alltagstransfer ist ein wesentlicher Punkt des sozialen Kompetenztrainings sowie auch der anderer sozial- und heilpädagogischer Einheiten auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station. Es hat wenig Sinn, pädagogische Trainings durchzuführen, die wenig Bezug zum Alltag der Jugendlichen haben. Daher wird immer wieder versucht, Übungen und Rollenspiele möglichst an der Lebenswelt der Jugendlichen anzulehnen sowie den Alltagstransfer ständig zu thematisieren. Trotzdem muss der Alltagstransfer noch mehr in das pädagogische Konzept miteinbezogen werden, um zu gewährleisten, dass das Kind oder der Jugendliche das Gelernte auch zu Hause anwenden kann. Dies gilt für alle sozial- und heilpädagogischen Einheiten, die angeboten werden. Die pädagogische Arbeit muss auch dokumentiert werden, um eine Evaluation zu ermöglichen. Hier werden im Dokumentationssystem Medocs© einerseits Dekurse geschrieben, die vor allem beinhalten, welche Beobachtungen während der Aktivitäten und im Stationsalltag gemacht wurden. Andererseits werden auch sozial- und heilpädagogische Berichte verfasst, auf die im Kapitel 5.6 Sozial- und heilpädagogische Diagnostik noch einmal Bezug genommen werden soll. 5.4.4 Gruppenspezifische Angebote Mindestens einmal pro Woche wird eine gruppenspezifische Aktivität durchgeführt. Dies bedeutet, dass sich die Kinder und Jugendlichen in ihrer Gruppe (Jugendgruppe, Intensivgruppe, Kindergruppe) auf eine Aktivität einigen, die dann gemeinsam durchgeführt wird. Die Hauptziele von gruppenspezifischen Angeboten sind die Identifikation mit der Altersgruppe. Dies bedeutet z.B. in der Kindergruppe, dass Möglichkeiten geschaffen werden, dass Kinder noch einmal Kind sein dürfen; auch soll der Zusammenhalt in der Gruppe gestärkt werden und ein Gruppengefühl gefördert werden. Besonders in der Jugendgruppe ist ein weiteres wichtiges Ziel der gruppenspezifischen Angebote die Eigeninitiative zu stärken, für das einzutreten, was man wirklich möchte, die Kompromissbereitschaft sowie ein selbst gestaltetes Freizeitverhalten zu fördern. Darüber hinaus soll der Kontakt zwischen den BezugspädagogInnen und dem Bezugspflegeteam gestärkt werden. 81 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie 5.4.5 Gruppenübergreifende Angebote Nahezu alle sozial- und heilpädagogische Einheiten werden gruppenübergreifend angeboten. Das hat jene Vorteile, dass sich PatientInnen mit ähnlichen Interessen gruppieren können, dass ruhige und laute Gruppen geschaffen werden können und dass durch inhomogene Gruppen Jüngere von Älteren lernen können und umgekehrt etc. Folgende Einheiten werden angeboten: Täglich: Sport Kreativraum Lern- und Hausaufgabenbetreuung Alternierend: Soziales Kompetenztraining Sinnesschule Schreibwerkstatt Themenworkshops (z.B.: Wohlfühlen) Erlebnisspiele Theaterworkshop Tanzworkshop bzw. Ausdruckstanz div. Aussenaktivitäten (z.B. Museumsbesuch, Kegeln, Skaten etc.) Schwimmen Kochen Div. Projekte (z.B. Filmprojekt, erlebnispäd. Projekt) 5.4.6 Einzel- und Kleingruppenarbeit Zusätzlich zu gruppenübergreifenden und gruppenspezifischen Angeboten arbeitet das pädagogische Team auch in Einzelbetreuung. Ein Ziel dieser Arbeit ist die verstärkte Zuwendung und Aufmerksamkeit, die entweder als Verstärker eingesetzt werden kann, oder weil PatientInnen zu diesem Zeitpunkt nicht in die Gruppe integrierbar sind. Auch im Sinne der Alltagspädagogik ist Einzelbetreuung sinnvoll z.B. beim Einkaufen gehen, um zu lernen, mit Geld umzugehen. Im Sinne der pädagogisch therapeutischen Arbeit wäre das Einzelsetting teilweise zu bevorzugen. Dies ist jedoch ressourcentechnisch zur Zeit nicht möglich. „Für viele Kinder und Jugendliche ist zunächst einmal das Gemeinsame Tun in der Zweierbeziehung die einzige Möglichkeit zur Kontaktaufnahme, bevor sie sich in größeren Gruppierungen zurechtfinden können“ (Kruse, 2002: 117). 82 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Für manche Kinder und Jugendlichen ist es erforderlich, sich in einem kleinen Rahmen zu bewegen und erst schrittweise in die Gruppe integriert zu werden. Dazu ist die Einzelarbeit von zentraler Bedeutung. 5.4.7 Angehörigenarbeit Ein weiterer wichtiger Bereich der pädagogischen Arbeit im Hinblick auf das Paradigma der Lebensweltorientierung müsste vor allem die Angehörigen- bzw. Elternarbeit sein. Im Moment sind die Ressourcen im pädagogischen Bereich jedoch so knapp, dass ein persönlicher Kontakt zwischen den PädagogInnen und den Eltern bzw. Angehörigen nur sporadisch stattfindet. Ein wesentliches Element jedoch ist die psychoedukative Elterngruppe, in der die Angehörigen und Eltern der PatientInnen vor allem über unterschiedliche Krankheitsbilder, deren Entstehung und Behandlung informiert werden. Diese Elterngruppe beinhaltet sieben Module, die multiprofessionell gestaltet werden. Ein Modul wird von PädagogInnen geleitet. Hier wird vor allem auf das Thema „Nachgeben oder sich durchsetzen“ eingegangen, da die meisten Eltern in punkto Erziehung verunsichert sind und Unterstützung brauchen. Die Verunsicherung drückt sich zum Teil in einem irritierten Rückzug von Müttern und Vätern aus, in dem Bemühen, nur ja keine Fehler in der Erziehung zu machen und sich deswegen am Besten ganz heraus zu halten. Das andere Extrem ist die Kurzschlussreaktion von Gewalt in der Erziehung der Kinder. Aus völliger Überforderung, nervlicher Überbeanspruchung und absoluter Ratlosigkeit werden Kinder geschlagen oder psychisch malträtiert. So groß wie heute war der Unterstützungsbedarf von Eltern (und auch von Berufspädagoginnen und –pädagogen!) wohl noch nie (Hurrelmann, 2003: 9). Im Rahmen der Elterngruppe wird im Modul Pädagogik vor allem auf positive Verstärkung und Verstärkerpläne eingegangen sowie auf die Notwendigkeit der Grenzensetzung. 5.5 Therapie und Pädagogik Vor allem im Hinblick auf die Sozial- und Heilpädagogik im Kontext der KJP, stellt sich die Frage nach der Abgrenzung zwischen Therapie und Pädagogik bzw. Therapie und Erziehung. Auf den ersten Blick mag die Sache sehr einfach aussehen. Hier Therapie, dort Pädagogik und dazwischen eine Grenze. Wenn man aber in die rund um die Begriffe liegende Alltagspraxis schaut, kann es leicht passieren, dass das eine und das andere grenzenlos ineinander fließen und die Grenzen verschwinden (vgl. Kreszmeier, 1999: 10). Eine wichtige Unterscheidung zwischen Erziehung bzw. Pädagogik und behandlungsorientierten Strategien, die in der Psychiatrie einen wichtigen Stellenwert haben, ist, dass vielen dieser Strategien ein Modell von linearen Ursache- Wirkungszusammenhängen zugrunde liegt. Eine spezifische Behandlungsform wie etwa z.B. die Verabreichung eines bestimmten Medikamentes 83 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie oder die Anwendung einer speziellen Therapiemethode soll eine spezielle Wirkung auslösen. Dies kann von pädagogischer Intervention nicht behauptet werden, da für pädagogisches Handeln ein Prinzip maßgeblich ist, das als „strukturelles Technologiedefizit“ bezeichnet wird und der Individualität sowie der Eigenwilligkeit unserer AdressatInnen Rechnung trägt (vgl. Kapitel 5.6. Sozial- und heilpädagogische Diagnostik). „Als pädagogisch sind nur solche Interventionen legitimiert, die von einem gewollten Spielraum des Kindes ausgehen“ (Wolf, 1998: 52). Die pädagogische Intervention ist vor allem darauf ausgerichtet, nicht nur eine mögliche Reaktion zuzulassen, sondern Anreize für Entwicklungen zu schaffen. Dabei sind die Geschwindigkeit und die Entwicklungsrichtung nicht vorbestimmt, sondern das Produkt der pädagogischen Interaktion, die auf beide Beteiligten Einfluss hat und durch die sich beide Beteiligten verändern und lernen. Pädagogische Interventionen sollten vielschichtigere Intentionen haben, als Konditionierungsprogramme, die vor allem auf die Verstärkung oder Reduzierung unterschiedlicher Reaktionen gerichtet sind (vgl. ebd.: 52). Das „strukturelle Technologiedefizit“ besagt auch, dass die Wissenschaft nicht das bieten kann, was in der Praxis benötigt wird. Dies wird vor allem durch die Individualität der Menschen bzw. KlientInnen begründet. So kann eine pädagogische Intervention zwar einen Anreiz bieten, jedoch auch bei unterschiedlichen KlientInnen zu unterschiedlichen Reaktionen führen. Lempp (zit. nach Rotthaus, 1990: 189) macht eine sehr eng auf psychoanalytische Therapie bezogene Unterscheidung indem er sagt, dass die Pädagogik die „Auseinandersetzung mit der gemeinsamen Realität“ der „Alltagsorientierung“ sei, während Therapie die „Auseinandersetzung mit der Nebenrealität oder der privaten Phantasie“, ein „Umweg zum Ziel“ wäre. An dieser Stelle ist zu betonen, dass es im Grunde nicht möglich ist, Therapie und Pädagogik personell zu trennen, da Therapie vor allem in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen immer etwas Pädagogisches haben wird und Pädagogik immer einen therapeutischen Anteil. Lempp (zit. nach Rotthaus, 1990: 1991) meint dazu: „Das Pädagogische in jeder Therapie – und das gilt im Grunde genommen letztlich gar nicht nur für die Psychotherapie, wenn auch für diese ganz besonders- ist ihre zukunftsorientierte Konfrontation mit der gemeinsamen Realität. Das Therapeutische in der Pädagogik ist die dabei gelebte Akzeptanz des Patienten und damit die Möglichkeit zur Übertragung und Gegenübertragung, mit deren Hilfe emotional Versäumtes nachgeholt und retrospektiv die Probleme überwunden werden können.“ Sowohl die Pädagogik als auch die Psychotherapie haben dieselbe Zielsetzung: Es geht beiden darum, Kinder, Jugendliche und deren Eltern dahingehend zu unterstützen, problematische Situationen zu analysieren, zu reflektieren und einen konstruktiven Umgang mit Problemsituationen zu erleben. Beide Bereiche haben ebenfalls gemeinsam, dass wachstums- und ressourcenorientiert 84 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie gearbeitet wird. Sie sollen den KlientInnen helfen, eine andere Sichtweise auf ihre Situation zu erlangen und den Mut zu schöpfen, Neues auszuprobieren (vgl. Gasser, 1999: 7). In der Kinder und Jugendpsychiatrie Tätige werden also sowohl therapeutisch als auch erzieherisch wirksam. In diesem Hinblick ist es allerdings besonders wichtig, ein Bewusstsein dafür zu entwickeln, wann und warum das eine geschieht und wann und warum das andere. Es könnte sehr verhängnisvoll sein, wenn dort wo Erziehung stattfinden sollte therapiert wird und umgekehrt. Ludewig (zit. nach Rotthaus, 1990:192) hebt drei wichtige Unterschiede zwischen Therapie und Erziehung hervor: „1. Während Therapie die Lösung von Lebensproblemen zum Thema hat, ist das Thema von Erziehung die gezielte Veränderung des anderen; 2. während Therapie konstitutiv zeitlich begrenzt sein muss, ist dies keine notwendige Bedingung für Erziehung; und 3. während Therapie vom Therapeuten verwirklicht wird, wird Erziehung vom Erzogenen vollzogen.“ Eine wichtige Unterscheidung ist, dass ein therapeutisches System dann zustande kommt, wenn der Beteiligte ein Problem beschreibt und um Hilfe bittet. Die Zielbeschreibung erfolgt durch den Klienten. Bei Erziehung ist das nicht so. Die Bitte um Erziehung ist im Gegensatz zur Bitte um Therapie ein Widerspruch in sich (vgl. Rotthaus, 1990: 195). Ein weiterer Unterschied bezieht sich auf das Setting. Während die Therapie in einem geschützten, Rahmen und in regelmäßigen Abständen stattfindet, findet Pädagogik immer und überall und vor allem im Alltag statt (vgl. Gasser, 1999: 7). Therapie schließt die Lösung des Problems mit ein, während Erziehung ein umfassender Prozess ist. An dieser Stelle könnte man einwenden, dass Kinder und Jugendliche häufig nicht die Initiative für eine Therapie ergreifen. Wenn allerdings die Eltern die Aufnahme des Kindes in der KJP initiieren und Probleme definieren, so sind zumindest auf dieser Ebene die Voraussetzungen erfüllt. Definiert das Kind selbst kein Problem, so kommt es meist zu einer erzieherischen Intervention. Bei Jugendlichen kommt es häufig zu einer therapeutischen Beziehung, wenn diese selbst Zielsetzungen formulieren oder diese von ihren Eltern annehmen (vgl. Rotthaus, 1990: 195). Herzka (zit. nach Lempp, 1991: 58) hat eine Gegenüberstellung von Therapie und Pädagogik vorgenommen. Er meint: „Das psychoreaktiv erkrankte Kind braucht Psychotherapie, weil es krank ist- und es braucht Pädagogik, weil es ein Kind ist.“ Er verknüpft Pädagogik mit den Begriffen 85 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie „Vorbild, Führung, Korrektur“, und Psychotherapie mit den Begriffen „Assoziation und Interpretation“. Er sieht in der Pädagogik mehr Realität als Phantasie, mehr Nähe als Distanz. In der Psychotherapie sieht er mehr Phantasie und Distanz. Eine wichtige Unterscheidung für ihn ist die Beziehung, die er in der Erziehung als immer vorhanden sieht, während er die Beziehung in der Psychotherapie nur als vorübergehend, während der Therapiestunde, ansieht. Die Beziehungsarbeit ist sicher eines der wesentlichsten Elemente, wenn es um pädagogische Arbeit in der KJP geht. An dieser Stelle ist aber betont, dass die Beziehungsarbeit auch zentral für die Psychotherapie ist. Hier passiert dies aber vorwiegend in der Therapiestunde. Vor allem ist die Beziehung, die ein Therapeut zu seinem Klienten aufbaut eine andere, als die Beziehung zwischen Pädagogen und zu Erziehendem. Für Tätige in der KJP ist es notwendig, ihre Rollen als Erzieher oder Therapeut klar zu machen, denn nur in diesem Fall kann eine Unklarheit von Botschaften verhindert werden (vgl. ebd.: 58). Auch wenn in der pädagogischen Arbeit therapeutische Momente auftauchen, so können diese nicht als vom Pädagogen gemacht, sondern als vom Leben geschenkt angesehen werden. Der/ die PädagogIn kann aktiv prüfen, ob sie dieses Geschenk annehmen will. „Manche Geschenke sind eben so groß, dass man sie besser höflich zurückweist. Sagt sie[die Pädagogin] aber ja, so kann sie diese Geschenke dankbar annehmen und sich als Beschenkte glücklich schätzen. Wenn sie das tut, bleibt sie bei ihrer Aufgabe und ihrem Auftrag und dennoch lebendig“ (Kreszmeier, 1999: 16). Obwohl eine Unterscheidung zwischen Pädagogik und Therapie durchaus sinnvoll und nützlich ist, müssen wir vor allem auf kinder- und jugendpsychiatrischen Stationen davon ausgehen, dass sich diese Bereiche nur sehr schwer trennen lassen. Eine zentrale Aufgabe des pädagogischen Personals zum Beispiel besteht in der Gestaltung des therapeutischen Milieus an dem es ebenfalls teilhat. Auf das therapeutische Milieu wird im Kapitel 5.7 Was kann Sozial- und Heilpädagogik in der Kinderund Jugendpsychiatrie leisten? näher eingegangen. In vielen Richtungen der Psychotherapie wird eine Distanz zum Klienten oder Patienten gefordert. Dem gegenüber nimmt die Pädagogik eine Position von Nähe ein. Weiters versucht sie sich ganz auf das anvertraute Kind einzulassen und dem Kind ein Vorbild zu sein, das ihm möglichst nahe ist (vgl. Lempp, 1991: 60). Hier wird wieder deutlich, dass sich die Pädagogik eher einer längeren Zeitspanne verschreibt, was in der Praxis der KJP nicht in dieser Weise möglich ist. Hier spielt der Beziehungsaspekt auf jeden Fall eine große Rolle, jedoch muss sowohl auf der Seite der Kinderund Jugendlichen als auch der Betreuungspersonen, immer wieder ins Bewusstsein gerufen werden, 86 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie dass es sich in diesem Kontext nur um eine Beziehung mit begrenzter Dauer handeln kann. Dies macht die pädagogische Arbeit in der KJP auf jeden Fall sehr schwierig. An dieser Stelle soll angemerkt werden, dass auch wenn Lempp hier die Pädagogik in dieser Weise hervorhebt, die Psychotherapie, die medizinisch- psychologische, die therapeutische und vor allem auch die pflegerische Seite einen hohen Stellenwert haben. Diese unterschiedlichen Disziplinen enthalten durchwegs auch pädagogische Elemente. 5.6 Sozial- und heilpädagogische Diagnostik In der Pädagogik hat sich die Diagnostik sehr lange Zeit auf Leistungs- und Schuldiagnostik bezogen. Erst in den letzten Jahren, versucht man auch die zentrale Funktion einer sozialpädagogischen Diagnostik immer wieder zu betonen. Besonders für die Kooperation mit Nachbarprofessionen ist die sozialpädagogische Diagnostik unverzichtbar. Dieses Thema wurde von Seiten der sozialpädagogischen Wissenschaft auch immer wieder aufgegriffen, es bleibt aber eine erhebliche Diskrepanz zwischen dem, was in der Praxis gebraucht wird, und den Methoden und Instrumenten, die die Wissenschaft zur Verfügung stellen kann (vgl. Schrapper, 2006: 40). Eine Erklärung für dieses Defizit bietet ein in der Pädagogik bekanntes Grundprinzip, das von Luhmann und Schorr (1982) als „strukturelles Technologiedefizit“ der Sozialen Arbeit bezeichnet wurde. Dieses besagt, dass ein Subjekt in ein System eingebettet ist und sich die Adressaten sozialer Arbeit nicht so einfach beeinflussen lassen, sondern auch eigenwillig sind und sich gegebenenfalls sogar dem Angebot entziehen (vgl. Böhnisch, 2001b: 319). Als ersten Schritt gilt es, dieses Subjekt zu beschreiben und zu verstehen. Aufgrund dessen kann eine Intervention erfolgen, die in einem zweiten Schritt vom Subjekt individuell verarbeitet wird und dieses daraufhin entsprechend reagiert. Diese Reaktion muss durch den Professionellen wiederum beschrieben und interpretiert werden, um möglicherweise eine erneute Intervention zu setzen u.s.w. Wichtig hierbei ist jedoch, dass hier keine Kausalität gegeben ist. Das heißt, eine Intervention kann sich im Extremfall bei einer Person als sehr wirksam und bei einer anderen als kontraproduktiv herausstellen. Dennoch ist die sozialpädagogische Diagnostik besonders für eine gelingende Kooperation zwischen der Jugendwohlfahrt und Nachbardisziplinen wie der Justiz und der KJP eine unverzichtbare Grundlage (vgl. Schrapper, 2004: 5). Vor allem dann, wenn man den Nutzen der Diagnostik primär in der Verständigung untereinander sieht. 87 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Diesbezüglich muss man sich aber ins Bewusstsein rufen, dass in der Sozialpädagogik eine „Methode“ wie etwa zur sozialpädagogischen Diagnostik keine bloße Theorieanwendung meint, sondern stets auf einen „selbstreflexiven ‚kasuistischen’ Diskurs verweist […] durch welchen sozialpädagogisch Handelnde instand gesetzt werden, selbst das fallspezifisch notwendige Wissen zu generieren und überprüfbar zu machen“ (Müller, 2006: 15). Im Prozess der sozialpädagogischen Diagnostik ist immer zu bedenken, dass man es hier mit Eltern und Kindern zu tun hat, die nicht einfach Konsumenten von Dienstleistungen sind, sondern aktive Mitgestalter der für sie erbrachten Leistungen. Daher nehmen die Verständigung und der Dialog mit den Betroffenen in der sozialpädagogischen Diagnostik einen sehr hohen Stellenwert ein. Christian Schrapper (2004b: 11) schreibt dazu: Professionelle Einschätzungen in den Feldern der Sozialen Arbeit, soviel wird deutlich, sind auf beides angewiesen, auf Durchblick ebenso wie auf Verständigung, auf Diagnosen (=durchblickende Unterscheidungen) ebenso wie auf Dialoge (= um Verstehen und Verständigung bemühtes Sprechen und Zuhören). Auch hier ist zu fragen, welche Arbeitsweisen und Instrumente den Fachkräften nützlich sein können, diese doppelte Aufgabe zu bewältigen. Obwohl die Wichtigkeit sozialpädagogischer Diagnostik auf keinen Fall bestritten werden kann, wird diese auch in der Praxis der Jugendwohlfahrt nicht standardisiert eingesetzt. Dies bestätigt auch die Untersuchung von Scheipl 2008 (vgl. Scheipl, 2008a: 393ff.). Auch wurden durch diese Untersuchung die unterschiedlichen Positionen der Fachkräfte hinsichtlich sozialpädagogischer Diagnostik bekannt. Einerseits werden Vorteile gesehen in Bezug auf den „Aufbau einer Fachsprache sowie damit verbunden in einer differenzierteren und spezifischen Beschreibung von Wirklichkeitsannahmen unter Bezugnahme auf die Lebenssysteme der KlientInnen, in einer intensiveren Theorieanbindung der Praxis und somit der Professionalität“ (Scheipl, 2008a: 403). Andererseits werden aber auch immer wieder Vorbehalte deutlich, die sich vor allem auf die vermutete Defizitorientierung von Diagnosekonzepten beziehen. Hier ist allerdings festzuhalten, dass Diagnosekonzepte der Sozialen Arbeit kaum bekannt sind (vgl. ebd.). Wie bereits erwähnt, scheint die sozial- und heilpädagogische Diagnostik besonders im Hinblick auf die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und ihren Nachbardisziplinen von Bedeutung. In diesem Zusammenhang erscheint das „Kölner Modellprojekt“ besonders interessant. Im Rahmen des „Kölner Forschungs- und Modellprojektes“ wurde das Instrument des „kollegialen Fallverstehens“ entwickelt. Dabei handelt es sich um ein „gruppenorientiertes Verfahren zur Fallanalyse und Entscheidungsfindung, das darauf zielt, einen Fall zu verstehen und nächste Handlungsschritte in der Beziehungsgestaltung zu einer Familie bzw. ein Hilfeangebot daraus abzuleiten“ (Ader, 2004b: 318). 88 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Dabei werden folgende Aspekte für das Fallverstehen als notwendig erachtet: - die Familien- und Beziehungsdynamik im Klientensystem, - die Rolle und die Interventionen der HelferInnen, - die Binnendynamik des Hilfesystems, - und die Interaktionsdynamik zwischen Familie und Hilfesystem. Die Besonderheit dieses Modells ist die sytemtheoretisch begründete These, dass auch das System der Jugendwohlfahrt und seine KooperationspartnerInnen Einfluss auf die Entwicklung von (kritischen) Lebenssituationen haben. Diese tragen auch dazu bei, dass ein Fall schwierig wird. Daher ist der Gegenstand der Analyse einerseits das Klienten- wie aber auch das Hilfesystem. Dieses Instrument ermöglicht eine „fachlich und methodisch zuverlässige Form des ‚Zusammenwirkens mehrerer Fachkräfte’“ (Ader, 2004b: 319). Wichtig in der Durchführung dieser Methode ist, dass die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden (vgl. ebd.). Auch im psychiatrischen Kontext nimmt die sozial- und heilpädagogische Diagnostik an Bedeutung zu. In der Praxis der KJP in Graz hat sich trotz großen Bemühens keine einheitliche Methode zur sozialpädagogischen Diagnostik durchgesetzt. Obwohl die sozialpädagogische Diagnostik nach Mollenhauer und Uhlendorff interessante Aspekte und Anhaltspunkte beinhaltet, wäre dieses Verfahren im klinischen Alltag für 30-40 PatientInnen mit einer sehr hohen Fluktuation sehr aufwendig. Daher wird hier eine sozialpädagogische Beschreibung im Hinblick auf unterschiedliche Kategorien (Interaktion mit Gleichaltrigen, Geschlechtsidentität, Sprache und Kommunikation, Selbstwahrnehmung, Körperwahrnehmung, Problemlösekompetenzen, Stärken und Ressourcen) durchgeführt und anschließend Zielsetzungen für die pädagogische Arbeit festgelegt. Die Beschreibung basiert vor allem auf der Verhaltensbeobachtung, die durch das multiprofessionelle Team durchgeführt und einmal in der Woche für jeden Patienten in der multiprofessionellen Visite (ohne PatientInnen) besprochen wird. Ein Vorteil dieser Art der pädagogischen Beschreibung ist, dass hier auf die Individualität jedes einzelnen eingegangen werden kann. Jedoch erschwert die individuelle Beschreibung des Beobachteten eine Standardisierung. Trotzdem ist es auch ein Weg, der zur besseren Verständigung einerseits unter den Berufsgruppen, wenn man es schafft, eine verständliche Sprache zu finden, und andererseits auch der Sozial- und Heilpädagogen untereinander, in unterschiedlichen Hilfekontexten, beitragen kann. Vor allem aber wird durch eine Beschreibung des Beobachteten eine Stigmatisierung und Etikettierung weitgehend vermieden. Andererseits schafft eine Diagnose wie es sie etwa im psychiatrischen Bereich gibt, auch in einer gewissen Weise Ordnung durch das Einordnen, 89 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie Klassifizieren und Systematisieren. Weiters kann durch eine Diagnose z.B. im medizinischen Bereich auch eine gewisse Prognose für die Therapie und den Verlauf abgegeben werden (vgl. Dörner, 1975: 139). Die Standardisierung der psychiatrischen Diagnosemodelle lässt sich jedoch auch weitgehend hinterfragen. Es ist zwar unumstritten, dass diese die Kommunikation untereinander erleichtern und sich jeder in diesem Feld Tätige unter einer gewissen Krankheit auch etwas Vergleichbares vorstellen kann. Obwohl man sich sehr um eine Vereinheitlichung bemüht, ist immer auch die Person desjenigen, der diagnostiziert mit einzubeziehen. Dieser Aspekt betrifft natürlich gleichermaßen die sozial- und heilpädagogische Beschreibung. Es kann als großer Kritikpunkt angesehen werden, dass in die Beschreibung immer auch individuelle und persönliche Aspekte mit einfließen, die immer mit reflektiert werden müssten. Hier sieht Burkhart Müller (2008: 227) auch eine wesentliche professionelle Kompetenz von PädagogInnen: Fachkräfte der Kinder- und Jugendarbeit sollten sowohl genauer beobachten können, was Jugendliche in ihren Einrichtungen tun. Zugleich sollten sie aber auch ihre eigene Praxis im Umgang damit beobachten können. Diese Fremd- und Selbstbeobachtungen sollten insbesondere dort stattfinden, wo die Situation schwierig ist: Dann, wenn es um irritierende Erfahrungen geht, die nicht mehr in Erklärungsmuster des Alltagsverstehens eingeordnet werden können. Gerade in schwierigen Situationen muss es den Fachkräften gelingen, einen Schritt zurück zu treten und die Situation wahrzunehmen als würden sie einen Film ansehen, „in dem sie selber mitspielen, ohne ihn in Gänze verstehen zu können“ (Müller et.al, 2008: 228). Vor allem dies Notwendigkeit der Selbst -beobachtung und –reflexion stellt nicht nur eine geforderte Kompetenz sondern auch eine Aufgabe der Sozial- und Heilpädagogik in der KJP dar. 5.7 Was kann Sozial- und Heilpädagogik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie leisten Wenn man von KJP spricht und sich bewusst ist, um was es in diesem Fachbereich geht, wird schnell klar, dass es quasi unmöglich ist, psychosoziale Probleme und Erziehungsbedürftigkeit von seelischer Erkrankung zu trennen. Darum muss die Sozial- und Heilpädagogik eine notwendige Relevanzdisziplin der KJP sein. Eine klare Abgrenzung zwischen den Aufgaben der Kinder- und Jugendpsychiater und der Psychologen auf der einen und der Sozial- und Heilpädagogen auf der anderen Seite ist schon alleine deshalb schwierig, weil wir es mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Gerade bei dieser Klientel ist es schwierig, Therapie und Pädagogik oder Heilen und Erziehen zu trennen. Pädagogische Konzepte müssen in kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtungen und Kliniken einen ergänzenden Bestandteil bilden. Vor allem bei jüngeren Kindern mit externalisierenden Verhaltensstörungen ist die therapeutische Behandlung ohne einen pädagogischen Rahmen mit 90 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie klaren Regeln und Grenzen nicht denkbar. Diese klaren äußeren Strukturen sind vor allem für jene Kinder wichtig, die wenig innere Strukturen ausgebildet haben. Wesentlich ist, dass das pädagogische Handeln in ein therapeutisches Grundkonzept miteingebunden ist und sich alle beteiligten Berufsgruppen einem gemeinsamen Behandlungsziel verpflichtet fühlen (vgl. Schmeck, 2004: 255). Klaus Schmeck (ebd.) schreibt über die Bedeutung der Pädagogik in der KJP: Neben der Sozialpädagogik kommt in kinder- und jugendpsychiatrischen Behandlungssettings der Sonder- und Heilpädagogik der größte Stellenwert zu. Gerade bei den in ihrer Entwicklung behinderten Kindern liefert die an Stärken und Ressourcen orientierte Sichtweise dieser Disziplinen eine sinnvolle und hilfreiche Ergänzung zu der eher defizitorientierten medizinischen Sichtweise […]. Klaus Schmeck sieht also die Pädagogik in der KJP als Ergänzung zu einer medizinischen Behandlungsplanung. Erziehung spielt innerhalb der KJP eine wesentliche Rolle. Kinder und Jugendliche haben ein Recht auf Erziehung. Umgekehrt haben die Erziehungsberechtigten auch die Pflicht, ihre Kinder zu erziehen. Nicht zuletzt durch die Erziehungsbedürftigkeit der Kinder und Jugendlichen ist auch der hohe Personalbedarf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Einrichtung zu begründen. Zunächst einmal wird der KJP von den Eltern oder einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt die Erziehungsaufgabe delegiert, die nur durch die personale Präsenz von Mitarbeitern erfüllt werden kann. Erst als zweites kann die Aufgabe der Therapie erfüllt werden (vgl. Rotthaus, 1990: 189). Thea Schönfelder (1975 zit. nach Lempp, 1991: 62) meint bei der Darstellung der Familientherapie in der KJP, dass „der Therapeut sich nur bereithalten könne für eine Form des MiteinanderUmgehens, die allen Beteiligten möglich sei. Das ‚Miteinander-Umgehen’ zu erlernen ist eine typisch pädagogische Aufgabe.“ Einen weiteren Faktor stellen die sozialen Interaktionen in der Gruppe sowie mit den MitarbeiterInnen und Bezugspersonen dar. Dem sozialen Miteinander kommt eine wesentliche Bedeutung zu. Die Therapiemotivation hängt im Wesentlichen auch davon ab, inwieweit sich ein/e PatientIn angenommen und akzeptiert fühlt (vgl. Reinl et al., 2004: 188f.). Eine wesentliche Aufgabe des pädagogischen Zuganges auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung ist es, ein Klima zu schaffen, in dem es den PatientInnen möglich ist, sich akzeptiert und angenommen zu fühlen. Diese Aufgabe stößt allerdings wegen der Gruppendynamik oft an ihre Grenzen. Häufig passiert es durch die unterschiedlichen Persönlichkeiten und Krankheitsbilder, dass einige PatientInnen zu AußenseiterInnen werden. Hier sehe ich aber trotzdem die Aufgabe der PädagogInnen oder des Pflegepersonales bzw. jedes Mitarbeiters der Station, dies so gut wie 91 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie möglich zu verhindern bzw. zu minimieren. Auch wenn man als Gegenargument sagen könnte, dass Kinder- und Jugendliche auch in der realen Lebenswelt mit diesen Dingen konfrontiert sein werden, soll doch die kinder- und jugendpsychiatrische Station einen geschützten Ort darstellen, an dem Kinder- und Jugendliche in besonderen Krisensituationen Unterstützung finden können. Als eine zentrale Aufgabe der Pädagogik in der KJP ist daher auch die pädagogische Gruppenarbeit zu sehen. Gemeinsames Tun und Handeln im Stationsalltag und pädagogische Gruppenangebote sind notwendige Elemente im Behandlungsprozess und für eine Stabilisierung unverzichtbar. Auf diesen Punkt wird auch in einem der folgenden Kapitel näher eingegangen. Die soziale Gruppenarbeit kann also als ein sehr wichtiger Schwerpunkt der Sozial- und Heilpädagogik im kinder- und jugendpsychiatrischen Kontext, die zum Teil auch mit der Freizeitpädagogik verbunden ist, gesehen werden. Ziel dieser Gruppenarbeit ist vordergründig die Förderung der sozialen Kompetenzen (vgl. Kap. 5.4.3. Pädagogisch therapeutische Arbeit). Das Kind oder der Jugendliche soll Gelegenheit erhalten, sich seiner Stärken und Schwächen, auch im Vergleich zu anderen, bewusst zu werden. Das Kind oder der Jugendliche soll seine individuelle Besonderheit und Einzigartigkeit erfahren, gleichzeitig aber auch lernen, andere anzuerkennen. Kinder und Jugendliche, bei denen eine stationäre Aufnahme notwendig ist, haben meist über einen längeren Zeitraum wichtige Entwicklungserfahrungen nicht machen können. Eine der Besonderheiten im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich gegenüber der Arbeit mit Erwachsenen, ist dass die Zeit des Kindes- und Jugendalters die Zeit einer sehr dynamischen Entwicklung ist. Die Auswirkungen eines mehrjährigen Entwicklungsstillstandes sind daher bei Kindern und Jugendlichen viel schwerwiegender als bei Erwachsenen. Kinder und Jugendliche können nicht auf Fertigkeiten und Fähigkeiten zurückgreifen, da sie diese oft ja noch nicht erworben haben. Es liegen häufig erhebliche Entwicklungsdefizite vor, die vor allem die Fähigkeit zur Freizeitgestaltung, soziale Kompetenzen oder kognitive Wahrnehmungsfertigkeiten betreffen. Eine wesentliche Chance für Kinder und Jugendliche besteht darin, während eines stationären Aufenthaltes versäumte Entwicklungserfahrungen in gedrängter Form nachvollziehen zu können (vgl. Rotthaus, 1990: 205). Eine Hauptaufgabe der Pädagogik soll es daher sein, eine Umgebung zu schaffen, in der es dem Kind oder Jugendlichen ermöglicht wird, Lernerfahrungen zu machen. Ein wichtiger Bereich besteht in diesem Zusammenhang in der Freizeitpädagogik (vgl. Kap. 5.4.2. Freizeitpädagogik). Das bemerkenswerte bei vielen Kindern und Jugendlichen ist, dass sie zu einer selbständigen Planung und Gestaltung ihrer Freizeit nicht oder nur wenig in der Lage sind. Daher 92 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie kommt es häufig auch im Rahmen des stationären Settings zu Gruppenbildungen mit Schnüffeln, Alkoholkonsum u.ä. (vgl. ebd.: 206). Auch die pädagogische Einzelarbeit soll einen wichtigen Bestandteil in der pädagogischen Arbeit in der KJP der Landesnervenklinik Sigmund Freud sein. Diese ist vor allem dann erforderlich, wenn ein Kind oder Jugendlicher kaum über Gruppenfähigkeit verfügt. Hier ist eine intensive Zuwendung möglich sowie eine gewisse Kontinuität gewährleistet, d.h. ein sehr regelmäßiges Beziehungsangebot zu immer demselben Mitarbeiter. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass eine der wichtigsten Aufgaben der Sozial- und Heilpädagogik auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station die Gestaltung des Alltages und des therapeutischen Milieus besteht. Schon Fritz Redl (1971: 72 ff.) hebt die Bedeutung des therapeutischen Milieus hervor. Redl (1971: 76) beschreibt die unterschiedlichen Bedeutungen des therapeutischen Milieus wie folgt: - „therapeutisch“ im Sinne von: sie zumindest nicht vergiften: jeder, der ein therapeutisches Milieu konzipiert, soll dazu angehalten werden, dass er oder die den PatientInnen keinen Schade zufügt und versucht, möglichst alles schädlichen Faktoren von ihnen fern zu halten. - „therapeutisch“ im Sinne von: sie müssen aber auch zu essen haben: therapeutisch“ im Sinne von: sie müssen aber auch zu essen haben: Kinder und Jugendliche, die in kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken behandelt werden, bringen je nach ihrem Entwicklungsstand, ihrem kulturellen Hintergrund etc. Grundbedürfnisse mit, die unabhängig vom jeweiligen Krankheitsbild gesehen werden müssen. Diesen Bedürfnissen müssen wir uns annehmen, um dem Kind oder Jugendlichen unabhängig von der Therapie, in einem anderen Bereich zu schaden. Dies kann als eine wichtige Aufgabe der Sozial- und Heilpädagogik im Bereich der KJP gesehen werden. Fritz Redl illustriert diesen Aspekt mit einem sehr treffendem Beispiel: Selbst dort, wo für jedes Kind wöchentlich sechs Stunden Individualtherapie garantiert sind, wird niemand von einem therapeutischen Milieu sprechen, wenn den Kindern zugemutet wird, ruhig auf einer Bank sitzend, ihrer Therapiestunde zu harren; wenn das Personal nicht dazu ausgebildet ist, schädliche Einflüsse der Patienten untereinander zu erkennen und zu verhüten […]. - „therapeutisch“ im Sinne von: der Entwicklungsphase und dem soziokulturellen Hintergrund angemessen: - „therapeutisch“ im Sinne von klinischer Elastizität: Es besteht die Erfordernis, dass sich der klinische Betrieb in einer Weise flexibel zeigt und den therapeutischen Erfordernissen anpassen kann, ohne dass die Gesamtstruktur völlig verloren geht. - „therapeutisch“ im Sinne von: Einbeziehung sekundärer Behandlungsziele 93 Sozial- und Heilpädagogik und Kinder- und Jugendpsychiatrie - „therapeutisch“ im Sinne von: das Milieu und ich: Die Individualtherapie muss von einem Ansatz begleitet werden, der den gesamten Lebenszusammenhang mit einbezieht. Neben der Hilfe des Therapeuten müssen wir den Kindern einen „Lebensraum bereitstellen, in dem es sich leisten kann, krankhafte Abwehrhaltungen aufzugeben und die notwendigen emotionalen Bindungen zu entwickeln, die der primären Wertidentifikation vorausgehen müssen“ (ebd: 82). - „therapeutisch“ im Sinne von: Vorbereitung auf das Leben: das therapeutische Milieu muss dem wirklichen Leben auch ähnlich sein. Es muss den Patienten dazu anregen, „aus seiner Krankheit, aus der Umgebung, in dem man ihn zu heilen versucht, hinauszuwachsen. […] Dem Patienten soll nicht von der Krankenhausatmosphäre der Geschmack am ‚normalen Leben’ verdorben werden. In diesem Punkt sehe ich persönlich eine der größten Schwierigkeiten des therapeutischen Milieus auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station. Hier erfahren die Kinder und Jugendlichen oft erstmals Anerkennung und Akzeptanz, einerseits von Erwachsenen, andererseits aber auch von der GleichaltrigenGruppe, da den Gleichaltrigen oft ähnliche Dinge widerfahren sind, und hier mehr Verständnis herrscht. Schon alleine diese Tatsache führt oft dazu, dass Kinder und Jugendliche sich auf der Station wohler fühlen, als im „wirklichen Leben“. Hier einen Mittelweg zu finden, den Kindern und Jugendlichen die bestmögliche Behandlung zu bieten, andererseits aber auch Aspekte des wirklichen Lebens mit einzubeziehen, sehe ich als eine der schwierigsten Aufgaben der Sozial- und Heilpädagogik in diesem Bereich. 94 Sozialpsychiatrische Versorgung für Kinder und Jugendliche in der Steiermark 6 Sozialpsychiatrische Versorgung für Kinder und Jugendliche in der Steiermark In diesem Kapitel soll einerseits die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung für Kinder und Jugendliche vor allem im Hinblick auf Größenverhältnisse in der Steiermark kurz dargestellt werden. Andererseits soll aber auch die extramurale sozialpsychiatrische Versorgung für Kinder und Jugendliche in der Steiermark beschrieben werden. 6.1 Kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark Im Psychiatriebericht 2006 (Steiermärkische Landesregierung 2006: 13) heißt es wörtlich: Die Kinder- und Jugendpsychiatrische Versorgung in der Steiermark war im Berichtszeitraum weder im stationären noch im extramuralen Bereich ausreichend gewährleistet: Im stationären Bereich steht die Kinder- und Jugendpsychiatrische Abteilung der Landesnervenklinik Sigmund Freud zur Verfügung. Für die Abteilung sind in der KAGes –Planung 30 Betten vorgesehen. Diese Planung rechnet allerdings mit einer ergänzenden universitären Einrichtung. Das vorhandene Angebotsdefizit führt dazu, dass de facto viele Kinder und Jugendliche auf der psychosomatisch- psychotherapeutischen Station und Ambulanz der UniversitätsKinderklinik betreut werden. Im Bereich der Ambulanzen gibt es eine intramurale Ambulanz, die der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der LSF zugehörig ist und eine extramurale Ambulanz der Heilpädagogischen Station. In Bezug auf tagklinische Versorgung gibt es ebenfalls an der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Sigmund Freud die Möglichkeit mit 6 Plätzen, und extramural eine Tagesklinik an der Heilpädagogischen Station mit ebenfalls 6 Plätzen. Insgesamt gibt es zurzeit 5 niedergelassene Ärzte mit dem Zusatzfach Kinder- und Jugendneuropsychiatrie, von denen 3 dies Vollzeit- beschäftigt ausüben (vgl. Thun- Hohenstein, 2007: 25ff.). 6.2 Extramurale kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung Wie bereits im vorigen Kapitel beschrieben gibt es hier ein ambulantes und tagklinisches bzw. stationäres Angebot im Rahmen der heilpädagogischen Station in Graz. Hier werden jedoch vorwiegend Kinder und Jugendliche bis zum 14. Lebensjahr behandelt. In den Beratungszentren Hartberg, Leibnitz, Voitsberg sowie Feldbach mit einer Außenstelle in Fürstenfeld sowie in Bad Radkersburg kann mit geringer Kapazität spezifisch für Kinder- und 95 Sozialpsychiatrische Versorgung für Kinder und Jugendliche in der Steiermark Jugendliche sozialpsychiatrische Betreuung angeboten werden. Nachdem jedoch der Bedarf stetig steigt, kann dies längst nicht als eine an den Bedarf angemessene Situation bezeichnet werden (vgl. Amt der Steiermärkischen Landesregierung 2006: 214). In Graz existieren zwei private Einrichtungen bzw. Institute (Institut für Kind, Jugend und Familie; Institut für Klinische Psychologie, Psychotherapie und Gesundheitsförderung des Kindes- und Jugendalters), welche speziell für psychische Probleme junger Menschen zur Verfügung stehen (vgl. ebd.). Am Rande ist zu bemerken, dass laut Psychiatriebericht im Berichtszeitraum 2006 insgesamt 1046 Jugendliche in den verschiedenen Betreuungsbereichen der extramuralen sozialpsychiatrischen Einrichtungen betreut wurden. Dies entspricht knapp 7,6% des Gesamtklientels. Ein weiteres Angebot stellen die Kinderschutzzentren dar, die sich zwar in erster Linie an Kinderund Jugendliche mit Gewalterfahrungen richten, allerdings ergänzend auch bei Problemen wie etwa Überforderung in Erziehungsaufgaben zur Verfügung stehen (vgl. ebd.). 96 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt 7 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt Im Rahmen der Jugendwohlfahrt werden unterschiedliche Hilfen zur Erziehung angeboten. Eine Form dieser Hilfen sind stationäre Einrichtungen, die die volle Erziehung zur Aufgabe haben. In dieser Arbeit soll vor allem diesen stationären Einrichtungen Aufmerksamkeit geschenkt werden. Diesen Punkt betreffend ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass wenn über die Kooperation zwischen Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP gesprochen wird, auch ambulante Erziehungshilfen nicht auszuklammern sind. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang scheint jedoch auch die Zusammenarbeit zwischen der KJP und behördlichen Vertretern der JW (behördlichen SozialarbeiterInnen). Dieser Punkt kann allerdings im Rahmen dieser Arbeit nur am Rande berücksichtigt werden. 7.1 Stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt In dieser Arbeit soll vor allem die Zusammenarbeit zwischen der KJP und stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untersucht werden. In diesem Zusammenhang gelten als stationäre Einrichtungen Wohngemeinschaften und Heime, heilpädagogische Wohngemeinschaftsähnliche Stationen, Formen wie SOS-Kinderdörfer, etwa (Familien-) Wohngruppen, Krisenstellen, Notschlafstellen und (mobil) betreutes Wohnen. Nicht berücksichtigt werden Pflegefamilien. Auch sollen hier nur Einrichtungen in der Steiermark beschrieben werden, obwohl Jugendwohlfahrtsabteilungen auch Angebote aus anderen Bundesländern annehmen (vgl. Scheipl, 2001a: 106). Laut Gesetz ist in Österreich die stationäre Betreuung in der Jugendwohlfahrt bis zum 18. Lebensjahr möglich. Bei Bedarf kann dies allerdings bis zum 21. Lebensjahr verlängert werden (vgl. ebd.). In der Steiermark werden 70% des Platzangebotes der stationären sozialpädagogischen Betreuung von privaten Trägern gestellt. Hier scheint das Platzangebot auf einige wenige Träger konzentriert zu sein. Im Jahr 2000 hat es in der Steiermark nach einer Untersuchung von Scheipl (2001: 107f.) 583 stationäre Betreuungsplätze gegeben. Diese verteilen sich folgendermaßen auf die unterschiedlichen Betreuungsformen: 97 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt Betreuungsformen Prozent Heime 43% SOS- Kinderdörfer 10% Wohngemeinschaften 29% Betreutes Wohnen 17% Krisenplätze 1% Gesamt 100% Tabelle 1: stationäre Betreuungsformen (vgl. Scheipl, 2000: 107f.) Dem letzten Jugendwohlfahrtsplan 2005 ist zu entnehmen, dass in den letzten Jahren eine leichte Abnahme der stationären Unterbringungen zugunsten des mobil betreuten Wohnens passiert ist. So waren im Jahr 2004 etwa 800 Kinder und Jugendliche fremd untergebracht (Amt der Steiermärkischen Landesregierung, 2005: 25). Im Dienstleistungskatalog 2005 (StJWG- DVO 2005) sind folgende Leistungen im Rahmen der stationären Jugendwohlfahrt enthalten: • Kinder- und Jugendwohngruppe • Sozialpädagogische Wohngemeinschaft für Kinder und Jugendliche • Wohngemeinschaft für Mutter mit Kind • Familienähnliche Wohngemeinschaft • Kriseninterventionsstelle/ Krisenunterbringung • Wohn- Lebens- und Arbeitstrainingsmaßnahmen im Rahmen der Jugendwohlfahrt • Mobil betreutes Wohnen (betreutes Wohnen, Betreute Wohngruppe, betreutes Wohnen in Krisensituationen, Wohnbetreuung von jugendlichen Paaren mit Kindern) Im Folgenden sollen sozialpädagogische Wohngemeinschaften näher beschrieben werden, bevor auf therapeutische Wohngemeinschaften, die in der Steiermark zwar notwendig wären, aber laut DVO nicht existieren eingegangen wird und anschließend die geschlossene Unterbringung im Kontext der Jugendwohlfahrt zum Thema gemacht wird. 98 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt 7.1.1 Kinder- und Jugendwohngruppe/ Sozialpädagogische Wohngemeinschaften für Kinder und Jugendliche In der Kinder- und Jugendwohngruppe werden Kinder und Jugendliche zwischen 5 und 15 Jahren betreut. Die Zielgruppe sozialpädagogischer Wohngemeinschaften in der Steiermark sind Kinder und Jugendliche zwischen 10 und 18 Jahren. Beide Angebote haben das Erlernen von Selbstbestimmung und Alltagskompetenz zum Ziel, bzw. wollen den Kindern und Jugendlichen einen Lebensraum bieten, der ihren Bedürfnissen entspricht. Als Zuweisungskriterien gelten für beide Maßnahmen gleichermaßen die Gefährdung des Kindeswohls, Entwicklungsverzögerungen und Förderungsdefizite, schwere emotionale Vernachlässigung sowie das Verwahrlosungssyndrom. Für die Kinder- und Jugendwohngruppe werden als Zuweisungskriterium auch Verhaltensauffälligkeiten genannt, während für sozialpädagogische Wohngemeinschaften noch zusätzlich zu den bereits erwähnten Punkten auch Folgeprobleme aus Beziehungsabbrüchen angegeben werden. Im Rahmen der Zuweisungskriterien werden hier meiner Meinung nach Begriffe verwendet, die einerseits sehr weitläufig sind und andererseits auch unterschiedlich ausgelegt werden könnten. Ebenso die Ausschließungskriterien, die bereits im Kapitel Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz- Durchführungsverordnung (StJWG-DVO) angesprochen wurden. 7.1.2 Therapeutische Wohngemeinschaften Der Terminus der therapeutischen Wohngemeinschaft ist nicht genau definiert. In der DVO des Jugendwohlfahrtsgesetzes Steiermark existieren auch keine therapeutischen Wohngemeinschaften mehr. Es gibt also keine klaren Kriterien, die eine therapeutische Wohngemeinschaft ausmachen. Dennoch verspricht dieser Terminus mehr Kompetenzen. Auch von MitarbeiterInnen von sozialpädagogischen Wohngemeinschaften ist ein häufiges Argument, wenn man mit einem Kind oder Jugendlichen nicht zurecht zu kommen scheint, oder es mit seiner Problematik nicht aufnehmen will, dass man ja keine therapeutische Wohngemeinschaft sei (vgl. Sommer, 1999: 22). Es stellt sich die Frage, was eine therapeutische Einrichtung bieten kann. Es wird nicht lediglich mit einem Angebot der Psychotherapie getan sein, was auch in sozialpädagogischen Wohngemeinschaften üblich ist. Sommer (1999: 24f.) stellt einige Kriterien auf, die eine therapeutische Wohngemeinschaft ausmachen müsste: In erster Linie ist es wichtig, jenen Jugendlichen, die durch diverse Umstände in ihren seelischen Kräften beeinträchtigt sind, Zeit zu geben, um wieder zu ihren eigenen Kräften und Fähigkeiten zurück zu finden. Aber Zeit alleine wird nicht zu einer Heilung führen. Von besonderer 99 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt Bedeutung ist es, diese Zeit zu nutzen, um zugefügte Schmerzen aufzuarbeiten und vorhandene Ressourcen zu erkennen. Dafür ist einerseits Psychotherapie erforderlich, andererseits aber auch durch Tagesstruktur und Aktivitäten gefordert zu werden, ohne überfordert zu sein. Eine therapeutische Einrichtung muss also in Hinblick auf finanzielle, infrastrukturelle und personelle Mittel verfügen, um auf jedes einzelne Kind individuell einzugehen und ein sinnvolles Maß an Aktivität, Reflektion und Erholung in einer Gemeinschaft anzubieten. Um ein konstantes Beziehungsangebot zu gewähren muss der Personal- Klientenschlüssel so hoch liegen, dass Kindern und Jugendlichen auch die Möglichkeit der Einzelbetreuung geboten werden kann. Letztlich kann Beziehung heilend wirken. Auch die räumlichen Bedingungen müssen so gestaltet sein, dass den Kindern und Jugendlichen genügend Rückzugsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Außerdem müssen Arbeits- und Beschäftigungsmöglichkeiten sowohl innerhalb des geschützten Rahmens der Einrichtung wie auch außerhalb zur Verfügung stehen. Diese eben erwähnten Punkte sieht Sommer (1999: 24ff.) als Kriterien, an denen eine therapeutische Wohngemeinschaft gemessen werden könnte. Trotzdem ist, auch wenn dies alles gewährleistet ist, nicht sicher, dass solche Einrichtungen in der Lage sind, alle Schwierigkeiten alleine zu meistern. Es gibt Erkrankungen wie z.B. Psychosen, die unbedingt auch medizinische Hilfe erforderlich machen. Es stellt sich die Frage, ob therapeutische Wohngemeinschaften als Unterbringungsform die Arbeitsbereiche KJP, Heilpädagogik und Sozialpädagogik umfassen müssen. In dieser Beziehung muss eine klare Begriffsbestimmung vorgenommen werden. Auf der anderen Seite ist zu überlegen, ob es vielleicht sinnvoller ist, sozialpädagogische Wohn- und Betreuungsformen flexibler und kompetenter zu gestalten, um schwierigen Kindern auch dort eine Chance zu geben und die Stigmatisierung, die dadurch gegeben ist, in einer therapeutischen Wohngemeinschaft zu wohnen, zu vermeiden (vgl. ebd.: 27). 7.1.3 Geschlossene Unterbringung in Heimen Das Thema der geschlossenen Unterbringung in Heimen wird schon viele Jahre immer wieder diskutiert. In Österreich gibt es keine geschlossenen Heime, aber dennoch wird dieses Thema immer wieder aufgerollt und neu besprochen. Debatten über dieses Thema spalten die Gemüter der Fachleute und treffen regelmäßig einen empfindlichen Nerv. Für die einen bedeutet die geschlossene Unterbringung in Heimen bzw. stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen, einen Rückschritt im Hinblick auf die emanzipatorische Sozialpädagogik, für andere gilt die geschlossene Unterbringung als notwendig, um Jugendliche zu 100 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt betreuen, die sonst in die kriminelle Szene, in Drogenkreise, Prostitution oder fortschreitende Verwahrlosung abrutschen würden. Oftmals wird offene Unterbringung mit „guter“ Pädagogik und geschlossene Unterbringung mit „schlechter Pädagogik“ gleichgesetzt, ohne dabei zu beachten, dass es auch durchaus möglich ist, dass offene Unterbringung zwar baulich nicht abgegrenzt ist, sich allerdings voll und ganz in die Tradition der ‚schwarzen Pädagogik’ stellt- oder umgekehrtJugendliche zwar am Verlassen der Gruppe gehindert werden, jedoch ein offenes, verständnisvolles, pädagogisches Klima herrscht (vgl. Wolffersdorf/ Sprau-Kuhlen, 1990: 9f.). Ernst Tatzer (2000: 142) schreibt dazu: „Wer Kinder unreflektiert laufen lässt macht sich mitschuldig, wenn sie in ihr Unglück rennen. Es geht nicht ums Einsperren, sondern darum, ein Setting zu schaffen, in dem beziehungsgestörte und nahezu bindungsunfähige Kinder neue Beziehungen aufbauen können.“ Gerade im Zusammenhang mit der Kooperation zwischen Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP ist die geschlossene Unterbringung in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt ein Punkt, der diskutiert werden muss, auch wenn dies ein leidiges Thema ist. Klar ist, dass es Jugendliche gibt, die eine intensivere Betreuung benötigen, damit sie nicht immer ausreißen, vor Drogenkreisen und Kriminalität beschützt werden etc. Auch ist mit Sicherheit festzustellen, dass diese Jugendlichen in normalen Erziehungsgruppen nur sehr schwer bis gar nicht betreut werden können. Besonders für diese eben erwähnten Jugendlichen ist es notwendig, geeignete Betreuungsformen zu finden. Viele Stimmen meinen, dass die geschlossene Unterbringung in Heimen aus Strukturmängeln der Jugendwohlfahrt resultiert (vgl. Wolffersdorf/ Sprau-Kuhlen, 1990: 20). Interessant ist daher, inwieweit, Einrichtungen der Jugendwohlfahrt selbst einen Bedarf an geschlossenen Unterbringungen sehen. Dieser Frage soll im empirischen Teil weiter nachgegangen werden. Oftmals ist eine Fremdunterbringung die letzte Möglichkeit für Kinder- und Jugendliche, nachdem schon viele andere Instanzen in Anspruch genommen worden sind. Was aber passiert mit den Kindern- und Jugendlichen, bei denen auch im Rahmen der Fremdplatzierung solche Schwierigkeiten auftreten, dass Einrichtungen nicht mehr weiter wissen? Fest steht, dass für diese Jugendlichen spezielle Betreuungsformen gefunden werden müssen, ungeachtet dessen, ob dies geschlossene Unterbringungsformen sein müssen. Außerdem muss die Frage geklärt werden, ob für diese Jugendlichen ein stationärer Aufenthalt auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station das Richtige sein kann. 101 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt In diesem Zusammenhang hat es für den Raum Brandenburg in Deutschland ein Gutachten von Paetzold und Lachmann (zit. nach von Wolffersdorff, 2003: 53f.) gegeben, das zu dem Ergebnis gekommen ist, dass obwohl die Zahl der Fälle mit expliziten psychiatrischen Störungen in der Untersuchungsgruppe relativ gering war, von 33 registrierten Fällen nur einer in einem geschlossenen Heim der Jugendhilfe, jedoch zehn in psychiatrischen Einrichtungen des Landes Brandenburg und sogar 22 in psychiatrischen Einrichtungen außerhalb des Landes geschlossen untergebracht worden sind. Auch eine Studie des Deutschen Jugendinstituts zum Thema „Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen von Kinder- und Jugendhilfe, Psychiatrie und Justiz“ (Hoops, 2006: 63f.) zeigte, dass jene deutschen Bundesländer, die keine Plätze mit Freiheitsentzug in der Jugendhilfe zur Verfügung haben, immer wieder in anderen Bundesländern anfragen, jedoch häufig Absagen erhalten. Durch Interviews wurde deutlich, dass dann notgedrungen auf geschlossene Unterbringungen auf Erwachsenenstationen zurückgegriffen wird, bzw. sogar forensische Betten in Bezirkskrankenhäusern mit Jugendlichen belegt werden. Hoops (2006: 66) schreibt dazu: Vergegenwärtigt man sich, dass in manchen Bundesländern schwierige Jugendliche eher z.T. nur vermeintlich auf Freiwilligkeit basierende offene Auslandsmaßnahmen bekommen, andernorts wiederum primär in der Kinder- und Jugendpsychiatrie oder gar- wenngleich nicht in großem Umfang- auf Stationen der Erwachsenenpsychiatrie oder der Forensik untergebracht werden bzw. auf das Erreichen der Strafmündigkeitsgrenze mit 14 Jahren und damit auf die Zuständigkeit der Justiz gewartet wird, wird deutlich, dass es notwendig ist, das gesamt Spektrum von freiheitsentziehenden Maßnahmen und so genannten „Alternativmaßnahmen“ in den Blick zu nehmen. Zentrale Schnittstellen zwischen den einzelnen Disziplinen, an denen Kooperationsbeziehungen zusammen treffen, müssen verstärkt in den Blick genommen werden unter der Perspektive, ob hier von einem fachlichen Miteinander im Sinne des Klienten auszugehen ist bzw. ob diese Schnittstellen nicht deutliche und alarmierende Hinweise auf ein Verschieben von Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten geben. Auch Reinhard Wiesner steht der ablehnenden Haltung der Jugend -hilfe bzw. –wohlfahrt kritisch gegenüber und meint, diese mache es sich zu einfach, wenn sie diesbezüglich ihre Hände in Unschuld wäscht jedoch „’nicht erreichbare Jugendliche’ […] sehenden Auges der Justiz oder den KJPn überlässt, die dann ihrerseits freiheitsentziehende Maßnahmen durchführen“ (Wiesner, 2003 zit. nach Hoops, 2006: 67). Es stellt sich natürlich die Frage, für wen freiheitsentziehende Maßnahmen eine Indikation darstellen könnten. Hierzu zeigte sich in der Studie des Deutschen Jugendinstituts, dass neben „Trebegang und/oder ständigem Entweichen“ oder „Fehlen oder Verweigern anderer Maßnahmen“ immer mehrere Kriterien für freiheitsentziehende Maßnamen genannt wurden. Dabei geht es häufig um „Delinquenz“ sowie um erhebliche „Familien- oder Schulprobleme“. Auch geschlechtsspezifische Unterschiede in der Begründung freiheitsentziehender Maßnahmen konnten 102 Einrichtungen der Jugendwohlfahrt gefunden werden. So konnte die Feststellung bestätigt werden, dass „bei Mädchen häufiger die Notwendigkeit von freiheitsentziehenden Maßnahmen mit unspezifischen Hinweisen auf (Selbst-) Gefährdung begründet wird, bei Jungen dagegen eher mit Fakten“ (Hoops, 2006: 69). Weiters zeigte sich durch die Studie, dass die meisten der Kinder und Jugendlichen in freiheitsentziehenden Maßnahmen bereits institutionelle Vorkontakte hatten. Das heißt, freiheitsentziehende Maßnahmen stellen nur sehr selten die erste Maßnahme dar. Über 25% der untergebrachten Jugendlichen hatten vor Beginn der freiheitsentziehenden Maßnahme mindestens viermal Kontakte zur Kinder- und Jugendpsychiatrie, sei es im Rahmen von diagnostischen Abklärungen, zur Krisenintervention oder langfristigen Therapie. Nur 10% hatten keine Erfahrungen mit ambulanter oder stationärer Kinder- und Jugendpsychiatrie im Vorfeld der freiheitsentziehenden Maßnahme. Auch die sogenannten „Drehtüreffekte“ und regelrechte „Pendelkarrieren“ zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und offenen Heimeinrichtungen kamen mehrfach vor (Hoops, 2006: 71). Besonders wichtig im Zusammenhang mit freiheitsentziehenden Maßnahmen ist, es einerseits Kriterien zu haben, wann eine Aufnahme indiziert ist, bzw. ständig zu überprüfen, ob diese Maßnahme noch zulässig ist, bzw. ob trotz des Freiheitsentzuges die Rechte des Kindes auch gewährleistet sind. Aufgrund der Problematik der Verschiebung in angrenzende Bereiche, soll die geschlossene Unterbringung im Rahmen der Jugendwohlfahrt im empirischen Teil noch einmal zum Thema gemacht werden. Für Österreich gibt es keine Studien oder Zahlen, es ist jedoch anzunehmen, dass hier eine ähnliche Situation wie in Deutschland vorliegt. 103 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW 8 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Öffentliche Erziehung Heim- bzw. WG- erziehung und jugendpsychiatrische Kliniken sind zwei Bereiche, die sich die Aufgabe gestellt haben, zur Überwindung und Bewältigung von Lebenskrisen beizutragen und Kinder und Jugendliche bei der Schaffung von befriedigenden Lebensperspektiven zu unterstützen (vgl. Schone, 1995: 99). Im empirischen Teil dieser Arbeit sollen vor allem jene Kinder und Jugendliche in den Blick geraten, die sowohl das System der Jugendwohlfahrt als auch das System der KJP in Anspruch nehmen. Dadurch kommt es in beiden Systemen zu Abgrenzungsproblemen und zu Schwierigkeiten in der Zuständigkeit. Andererseits können gerade diese Fälle beide Systeme zu fruchtbaren Ergänzungen und Kooperation zwingen (vgl. Kalter, 2004: 449). Dennoch handelt es sich um zwei verschiedene Systeme für die es oftmals schwierig ist, einen Dialog miteinander zu führen. Auch die Grenzlinie zwischen Jugendwohlfahrt und Jugendpsychiatrie erweist sich nicht als eindeutig und zum Teil sehr problematisch (vgl. Pankhofer 1997: 99). Obwohl die beiden Systeme zwar gemeinsame historische Wurzeln in der Heilpädagogik haben, sind sie dennoch sehr unterschiedlich. Trotzdem sind die Überschneidungen und Berührungspunkte in Teilbereichen sehr ausgeprägt. Der Bereich der Überschneidungen liegt nach Gintzel (1989: 10) vor allem dort, wo - die Krisen der Minderjährigen am ausgeprägtesten, - die Erfolgschancen der Interventionen am fraglichsten, - die Hilflosigkeit der Helfer am größten ist. Klaus Münstermann (1990: 127 f.) sieht als ein besonders gravierendes Problem das Problem der psychologischen Distanz an. Er meint, bei gleicher räumlicher Entfernung sei der Weg von der KJP zur Jugendwohlfahrt weiter als der von der Jugendwohlfahrt zur KJP. In der Praxis wird immer wieder darauf hingewiesen, dass Jugendämter kinder- und jugendpsychiatrische Kliniken zur Klärung von Verhaltensphänomenen bei notwendig werdenden Erziehungshilfen verstärkt einschalten. Umgekehrt wird aber auch immer wieder die Vermutung geäußert, dass Einrichtungen der Jugendwohlfahrt in zunehmendem Umfang schwierige Kinder und Jugendliche zur Entlastung in kinder- und jugendpsychiatrische Kliniken überweisen (vgl. Schone, 1995: 99). 104 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Die abgebende Institution formuliert, teilweise gemeinsam mit dem jungen Menschen, Zielvorstellungen, die den Handlungsspielraum dieser Institution sprengen und somit eine Überweisung in eine andere Institution notwendig erscheinen lassen. Die um Aufnahme gebetene Institution muss im Vergleich zur abgebenden eine zugeschriebene, behauptete oder tatsächlich erweiterte Kompetenz haben. Dies gilt sowohl für die Überweisung von einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt als auch im umgekehrten Fall. Allgemein gesehen können die erweiterten Kompetenzen der Klinik in spezieller jugendpsychiatrischer Diagnostik und Therapie sowie der Krisenintervention gesehen werden, während die erweiterte Kompetenz der Einrichtung der Jugendwohlfahrt in der Gewährleistung eines alternativen Lebensortes und in der Gestaltung eines längerfristigen Erziehungsprozesses liegen. Im ersten Fall führt meist eine Überforderung der Einrichtungen der Jugendwohlfahrt zu einer Überweisung, während im zweiten Fall nach Lebensorten für die jungen Menschen gesucht wird, um einen gelingenden Alltag zu gewährleisten (vgl. ebd.: 104f.) Jochen Rössler (1990: 135f. zit. nach Schone, 1995: 105) beschreibt die Funktion der Überweisung von Einrichtungen der Jugendwohlfahrt in die Psychiatrie: Mitarbeiter der Jugendhilfe haben es immer wieder mit jungen Menschen zu tun, die sie an ihre Grenzen bringen und die die Grenzen der Einrichtung deutlich machen. Was kann man tun, wenn man erkennt, dass bestimmte Ereignisse dazu führen werden, das System sozialen Handelns innerhalb der vorhandenen Grenzen einer Institution zu zerstören? Die nächstliegende Problemlösung besteht in der Regel darin, den ‚Grenzfall’ einer anderen Institution zu übergeben, der man größere Leistungsfähigkeit zutraut. Das ist häufig die Strategie des Umgangs der Jugendhilfe mit der Psychiatrie. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie wird angefragt, weil man unterstellt, die Psychiatrie werde dem Fall besser gerecht. Interessanterweise wird dieses Verfahren umso überzeugter angewandt, je weniger über die wirklichen Hilfemöglichkeiten der Kinder- und Jugendpsychiatrie bekannt ist. Das macht deutlich, es geht nicht nur um die bestmögliche Hilfe für einen Einzelfall, es geht dabei auch um die Stabilisierung des sozialen Systems, das einen ‚Grenzfall’ abgibt. Die weit verbreitete Strategie der Ausgrenzung von Problemen führt dazu, das vorhandene System eingespielter Handlungsmuster zu stabilisieren und die Grenzen von Institutionen deutlicher zu markieren. An dieser Stelle ist zu klären, als was sich die Einrichtungen der Jugendwohlfahrt verstehen und was die primäre Aufgabe der KJP aus ihrer Sicht sein soll. Diese Frage soll in weiterer Folge im empirischen Teil der Arbeit weiter bearbeitet werden. Wolfgang Schmidt (1990: 175f.), damaliger Leiter eines Jugendhilfezentrums in Deutschland spricht seine Erfahrungen in Bezug auf die Einweisung von Jugendlichen in die Psychiatrie an. Er meint, dass trotz sorgfältiger Vorbereitung und Absprachen bei einer Aufnahme es immer wieder vorkommt, dass „MitarbeiterInnen wegen subjektiver Überlastungserfahrung Einweisungen aus der Jugendhilfeeinrichtung in eine psychiatrische Klinik initiieren. Als Indikatoren werden genannt: Selbst und Fremdgefährdung, Suchtproblematik, diagnostische Abklärung und psychogen bedingte Anfälle. Nicht immer stimmen die betroffenen Jugendlichen dieser PädagogInnenplanung zu. In solchen Fällen wird Zwangseinweisung durch richterlichen Beschluss erwirkt“ (ebd.: 175). 105 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Auch wenn man häufig vordergründig von einer gelungenen Kooperation spricht, weil MitarbeiterInnen von Jugendwohlfahrtseinrichtungen in einzelnen Fällen regelmäßig Gespräche mit den Ärzten geführt haben etc., darf man nicht aus den Augen verlieren, dass die Einweisung in die KJP für das einzelne Kind oder den einzelnen Jugendlichen meist mit einem Milieuwechsel, eventuell mit geschlossener Unterbringung etc. verbunden ist. Daher muss misstrauisch gefragt werden, ob für Fälle, bei denen sich das Personal der Jugendwohlfahrtsinstitution überfordert fühlt, eine hochqualifizierte Institution wie die Psychiatrie benötigt wird (vgl. ebd.: 176). Dieser Punkt ist vor allem unter dem Aspekt zu betrachten, dass der Hauptteil der Arbeitsstunden für das Personal auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station nicht für die Behandlung anfällt, sondern tatsächlich für Betreuung, Tagesstruktur und für Ausbildung (Schule). Daraus folgt, dass Kinder und Jugendliche, die in ein stationäres Setting aufgenommen werden, eher einen hohen Betreuungs- als Therapiebedarf haben (vgl. Fliedl/ Krisch, 2000: 150). An dieser Stelle und unter diesem Gesichtspunkt ist zu überlegen, inwieweit auch Einrichtungen der Jugendwohlfahrt diesen hohen Betreuungsaufwand bieten könnten und welche Angebote im Rahmen der Jugendwohlfahrt geschaffen werden können, um dem Bedarf an Betreuung und Tagesstruktur gerecht zu werden. Es darf nicht vergessen werden, dass sich durch einen Psychiatrieaufenthalt immer auch Wirkungen ergeben, die nicht gewollt sind. Einerseits muss hier der Verlust wichtiger Bezugspersonen bei der Einweisung, aber auch wieder bei der Entlassung betont werden, andererseits kommen durch einen Aufenthalt auch immer Stigmatisierungseffekte und Normalitätszweifel zum Tragen (vgl. Wolf, 1998: 53f.). Zum Verlust wichtiger Bezugspersonen schreibt Charlotte Köttgen (1998: 62): Erfolgt eine Einweisung in eine Kinder- und Jugendpsychiatrie bei einem jungen Menschen, der keine Unterstützung in seinem sozialen Umfeld gefunden hat, und entwickelt dieser vielleicht erstmals in seinem Leben Vertrauen zu jemandem, hier also zu dem (therapeutischen) Personal, so wird er versuchen, diesen Ort zu seinem Lebensort zu machen und die therapeutische Bezugsperson mit allen verfügbaren Mitteln zu behalten. Durch eine Entlassung müssen sich Kinder- und Jugendliche erneut damit abfinden, sich von Bezugspersonen zu trennen. Besonders für Jugendliche mit schwierigen Bindungserfahrungen bedeutet dies, dass sie erneut verletzt werden. Eine wichtige Aufgabe der KJP ist es, Augenmerk auf Bezugspersonen außerhalb der Klinik zu legen. Dazu meint Charlotte Köttgen (1998: 62): „Der Auftrag an Fachleute, Störungen zu bessern- sei es durch Therapie oder Strafe- muss scheitern, wenn Kinder und Jugendliche im Entwicklungsalter keine sicheren Beziehungen außerhalb der Institution haben.“ 106 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Dennoch darf nicht bestritten werden, dass sich bei besonders ausgeprägten Lebenskrisen beide Systeme zuständig fühlen müssen. Hier geht es um eine Addition unterschiedlicher Unterstützungsleistungen (vgl. Schone, 1995: 102). Trotzdem müssen wir uns bewusst sein, dass die beiden Systeme sehr unterschiedlich sind. So kann es zum Beispiel sein, dass eine Aufnahme in einer psychiatrischen Klinik eine neue Definition desselben Verhaltens beinhaltet (vgl. Kalter, 2004: 450). Die gleichzeitige oder aufeinander folgende Konfrontation mit den unterschiedlichen Hilfesystemen, mit den hier vorfindbaren unterschiedlichen Sprachen, systemeigenen Deutungsmustern, Erwartungshaltungen und Herangehensweisen können für den Betroffenen Irritationen aufwerfen und in einer ohnehin krisenhaft zugespitzten Situation zu zusätzlichen Belastungen führen (ebd.: 450). In unterschiedlichen Studien in Deutschland ergab sich, dass ein erheblicher Teil von Kindern und Jugendlichen, die vom Jugendamt in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt vermittelt wurden, zuvor bereits Kontakt zum System der KJP hatten. 18% der Kinder und Jugendlichen wurden zuvor bereits einem Kinder- und Jugendpsychiater vorgestellt, 14% hatten bereits einen stationären Aufenthalt hinter sich. Auch auf der Seite der KJP ergibt sich ein ähnliches Bild. 13% der Kinder und Jugendlichen haben bereits Vorerfahrungen in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt (vgl. Schone, 1995: 104). Im Hinblick auf die Kooperation zwischen Jugendwohlfahrt und KJP gibt es einerseits die Möglichkeit, dass 1.) ein Kind oder ein Jugendlicher von einer Familie oder Pflegefamilie in die Klinik kommt. Bei der einsetzenden diagnostischen Klärung und Behandlung ergibt sich die Notwendigkeit einer außerfamiliären Unterbringung. In diesen Fällen wird dann von Seiten der Klinik eine Fremdunterbringung vorgeschlagen. Auf diese Anregung hin, sucht der oder die zuständige SozialarbeiterIn eine Möglichkeit zur Fremdunterbringung. Dabei liegt die Entscheidung letztlich immer bei der Behörde. Die KJP kann lediglich Vorschläge unterbreiten. Hier ist es besonders wichtig, eine Einrichtung zu finden, die die Symptomatik des Jugendlichen aushält. 2.) Eine andere Möglichkeit ergibt sich daraus, dass die Fachkräfte der Jugendwohlfahrt Unterstützung von Seiten der KJP suchen. In diesem Zusammenhang ist es besonders im Hinblick auf den Verlust von wichtigen Bezugspersonen wichtig, dass vor der Überweisung bereits eine Garantie gegeben wird, dass das Kind oder der Jugendliche in diese Einrichtung zurückkehren kann, wenn es das will (vgl. Wolf, 107 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW 1998: 57f.). Dies ist in der Praxis jedoch häufig schwierig. Eine Garantie kann nicht immer gegeben werden. Häufig wird auch schon im Vorfeld angekündigt, dass eine Rückkehr nicht möglich ist. Egon Machetanz (1989: 62 ) schreibt dazu: Aber nicht um alle Kinder und Jugendlichen wollen sich alle kümmern. Mitunter erlebt man Umgekehrtes- die andere Institution ist kompetent und zuständig- nur die eigene nicht mehr. Ich meine die besonders schwierigen, dissozialen Kinder und Jugendlichen, die hin und her geschoben, letztlich- so erleben wir das jedenfalls, mit einem psychiatrischen Etikett versehen, in eine psychiatrische Einrichtung abgegeben werden- womöglich mit dem Hinweis, dass Rücknahme in die entsendende Einrichtung leider nicht möglich ist. Nach einer Studie von Gintzel und Schone (1990: 29 ff.) sind die Gründe für die Überweisungen von Einrichtungen der Jugendwohlfahrt in kinder- und jugendpsychiatrische Kliniken unterschiedlich. Hier lässt sich der Studie nach zwischen drei Mustern unterscheiden: 1.) Das Muster permanenter Ratlosigkeit- die geplante Suche nach Ausschöpfung der eigenen Ressourcen: Durch das Agieren des Kindes oder Jugendlichen sind die Fachkräfte der Jugendwohlfahrtseinrichtung beständig ratlos. Bei Aufnahme des Kindes oder Jugendlichen bestehen in der Regel klar definierte Zielvorstellungen, zu deren Erreichung die Einrichtung aufgrund seines pädagogisch- konzeptionellen Ansatzes grundsätzlich in der Lage sieht. Im Verlauf des Aufenthaltes wird allerdings die Erfahrung gemacht, dass erzieherische Bemühungen wenig fruchten und sich die erwarteten Veränderungen nicht oder nicht in gewünschter Weise einstellen. Es wird erkannt, dass die Problematik des Kindes oder Jugendlichen bei der Aufnahme unterschätzt bzw. die Kompetenzen der Einrichtung überschätzt wurden. Dies führt zu der Entscheidung, eine jugendpsychiatrische Abklärung bzw. Behandlung herbeizuführen. Als ein Merkmal dieses Musters sehen Gintzel und Schone eine längerfristige Planung der Überweisung (vgl. ebd.: 38). 2.) Das Muster plötzlich auftretender Hilflosigkeit- die Überweisung nach situativer Überforderung: Merkmal dieses Musters ist es, dass es sich hier um Kinder und Jugendliche handelt, die in der Regel unauffällig in der Gruppe leben. Plötzlich treten allerdings unerwartete Ereignisse ein, die Hilflosigkeit erzeugen. Beispiele dieser Ereignisse könnten plötzliche Zusammenbrüche ohne organische Ursachen oder Suizidversuche sein. Ein Merkmal dieses Musters ist es, dass die Entscheidung zur Klinikeinweisung kurzfristig getroffen wird und auch getroffen werden muss. 3.) Das Muster langfristiger Eskalation: Bei dieser Art der Überweisung handelt es sich meist um Jugendliche, die schon lange, oft seit der Aufnahme, schwierig sind. Die Versuche von Seiten des Heimes bleiben längerfristig erfolglos. Es kommt zu Kriseneskalationen auf einem sich stetig steigernden Niveau. Es kommt zur Erschöpfung aller therapeutischen und pädagogischen Möglichkeiten. Oftmals steigt der Innendruck (andere Kinder/ MitarbeiterInnen fordern den Rausschmiss) oder der Aussendruck und es kommt ausgelöst 108 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW durch eine weitere Krise, zur Überweisung in die Klinik. Ein Merkmal dieses Überweisungsprozesses ist nach der Studie von Gintzel und Schone, dass bestehende Planungen, jugendpsychiatrische Kompetenzen in Anspruch zu nehmen oft durch aktuelle Ereignisse forciert werden (vgl. ebd.: 38f.). Auch für die Überweisung von einer kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, lassen sich nach der Studie von Gintzel und Schone (1990: 40f.) verschiedene dominierende Muster erkennen. 1.) Das Muster der Überweisung nach Clearing: ein Kind oder Jugendlicher kommt aufgrund von unerklärlichen Verhaltensphänomenen aus der Familie oder aus einer Pflegefamilie in eine kinder- und jugendpsychiatrische Klinik. Dabei geht es einerseits um die Diagnostik, auch um organische Ursachen ausschließen zu können. Andererseits wird von der Klinik erwartet, Vorschläge für das weitere Vorgehen, bzw. weitere Erziehungsmaßnahmen oder Hilfen abzugeben. Dies geschieht zum Teil auch auf Anregung des Jugendamtes hin. Wenn sich in der Klinik herausstellt, dass soziale und familiäre Faktoren Einfluss auf die Verhaltensauffälligkeiten haben, und eine Veränderung deren nicht möglich erscheint, wird von Seiten der Klinik der Vorschlag zu einer Fremdunterbringung gemacht. 2.) Das Muster der ins Diagnose- und Behandlungskonzept eingebundenen Maßnahme: Ein Kind oder Jugendlicher kommt aufgrund von Verhaltensproblemen oder plötzlich auftretenden Krisensituationen in eine psychiatrische Klinik. Eine (Rück-) Überweisung ins Heim erfolgt, wenn das Problem des jungen Menschen gelöst ist, bzw. von Seiten der Fachkräfte in der Klinik für gelöst erscheint. Weit häufiger ist der Fall, dass die vordergründigen Probleme, die zur Überweisung in die Klinik geführt haben überwunden sind und eine weitere Bearbeitung der Probleme in einem primär pädagogischen Rahmen, gegebenenfalls unter jugendpsychiatrischer Beteiligung, für sinnvoll erachtet wird. Ein Merkmal dieses Musters ist die prinzipielle Zuständigkeit von Jugendwohlfahrt und Jugendpsychiatrie. 3.) Das Muster der Überweisung nach (fortgesetztem) Nichtfruchten von Therapieversuchen: Ein Kind oder Jugendlicher befindet sich seit einiger Zeit in jugendpsychiatrischer Behandlung. Die Möglichkeiten sind allerdings ausgereizt, ohne dass sich eine wesentliche Veränderung ergeben hätte. Dies führt meist zu einer geplanten Überleitung an eine Einrichtung der Jugendwohlfahrt oder in seltensten Fällen zu einer abrupten Beendigung der Therapie. Häufiges Merkmal dieses Überweisungsprozesses ist es, dass die oft langwierige Suche nach einer Einrichtung, die sich dem Jugendlichen gewachsen sieht, den oft ohnehin langen Klinikaufenthalt noch verlängert. 109 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW 4.) Das Muster der Überweisung nach Erklärung von Nichtzuständigkeit: Dieses Muster ist nach Gintzel und Schone nur in den seltensten Fällen vorzufinden. Es soll aber trotzdem, der Vollständigkeit halber kurz beschrieben werden. Nach erfolgter Diagnostik oder Krisenintervention erklärt die Klinik, dass sie aufgrund ihrer Möglichkeiten nicht zuständig sei. Es kommt zu einer Überweisung in eine entsprechende Einrichtung der Jugendwohlfahrt. Es gibt noch zusätzlich zu diesen unterschiedlichen Kooperationsmustern eine kleine Gruppe von Kindern und Jugendlichen, deren Lebensgeschichte durch eine Vielzahl von Überweisungen und damit verbundenen Ausgrenzungen und Lebensortwechsel gekennzeichnet ist. Es kommt zum so genannten Pinball- Effekt, d.h. dass das Kind oder der Jugendliche ständig zwischen dem Heim und der jugendpsychiatrischen Klinik wechselt. Von Seiten der Einrichtung der Jugendwohlfahrt kommt es meist zu einer Überweisung in die Klinik aufgrund von dortigen Eskalationen. Auf Seiten der Jugendpsychiatrie kommt es meist zu kurzen Interventionen, zur Beseitigung der Krisenspitzen und danach zur Rücküberweisung in die gleiche oder in eine andere Einrichtung (vgl. Gintzel/Schone, 1990: 44). Zu Kindern, die zwischen den Systemen stehen und zur Kooperation zwischen diesen schreibt Franken (1998:114): „’Kinder zwischen Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie’ sind mit Scheidungskindern gut zu vergleichen. Es herrscht eine vergleichbare Sprachlosigkeit und Konkurrenz zwischen den Einrichtungen der Jugendhilfe und der Jugendpsychiatrie, es gibt überhöhte Erwartungen an die andere Einrichtung und meist negativ gefärbte Phantasien über die andere Profession.“ Vor allem bei Fällen, die zwischen den Einrichtungen hin und her pendeln stellt sich die Frage nach der Kooperation der beteiligten Fachkräfte. Gintzel und Schone (1990: 44) haben diesbezüglich Fachkräfteinterviews durchgeführt und auf Grund dessen zwischen vier unterschiedlichen Formen fallbezogener Kooperation zwischen Fachkräften der Heime und der Klinik unterschieden: - Kooperation als Verständigungsprozess: In mehreren gemeinsamen Gesprächen vor, während und nach der Einweisung schaffen die Fachkräfte beider Seiten die Basis für die Überweisungsentscheidung. In diesen Gesprächen werden gemeinsame Überlegungen angestellt und geplant inwieweit eine gegenseitige Einbeziehung in den weiteren Verlauf der Betreuung als sinnvoll erscheint. Diese Kooperationsform basiert oft auf schon längerer Zusammenarbeit zwischen der Einrichtung und der Klinik durch regelmäßige fallübergreifende Kontakte, durch gegenseitige Einbeziehung bei Vorüberlegungen oder durch Beratung oder konsiliarische Betreuung des Heimes durch eine jugendpsychiatrische Fachkraft (vgl. ebd.: 44f.). Letzteres ist allerdings in der Steiermark noch nicht eingerichtet, 110 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW wäre aber sicher eine Möglichkeit die Kooperation zu verbessern bzw. den Pinball-Effekt bei einzelnen Fällen zu mindern. - Kooperation als einmaliger Austausch: Diese Kooperationsform wird durch die Weitergabe von Information und den persönlichen Austausch von Erfahrungen und Einschätzungen bestimmt. In der Regel findet ein, manchmal auch zwei, Gespräche statt in denen vor allem die Fachkräfte der abgebenden Institution ihre Einschätzungen weitergeben und erläutern. Eine gegenseitige Einbeziehung in den Prozess ist nicht vorgesehen. Bei der Überweisung von der Klinik in eine Einrichtung der Jugendwohlfahrt erklären sich die Klinikfachkräfte bereit die Einrichtung bei einer neuerlich auftretenden Kriseneskalation zu unterstützen.(vgl. ebd.: 45) - Kooperation durch Weitergabe von Informationen: Bei dieser Form der Kooperation geht es vor allem um die Weitergabe der wichtigsten Informationen. Nur bei einem Teil erfolgt dies persönlich bei der Übergabe des Kindes oder des Jugendlichen. Im Wesentlichen ist der Kontakt zwischen den Institutionen aber auf die Übermittlung von Berichten und Gutachten beschränkt. Diese Form der minimalen Zusammenarbeit lässt sich vor allem dort finden, wo eine Rückkehr in die Einrichtung der Jugendwohlfahrt von vornherein ausgeschlossen ist. In weiterer Folge auch dort, wo die Klinik nach einer Phase des Clearings der Meinung ist, dass keine jugendpsychiatrische Auffälligkeit vorliegt und daher ein einfacher Bericht reicht oder dort wo der Erfolg der jugendpsychiatrischen Behandlung als eher negativ eingeschätzt wird und der Verständigungsprozess mit den Fachkräften der Einrichtung nicht gesucht oder gefunden wurde. Durch einzelne Beispiele wird gezeigt, dass diese minimale Zusammenarbeit vor allem dann auftritt, wenn zwischen der abgebenden Institution und anderen beteiligten Entscheidungsträgern wie etwa den Fachkräften der Behörde die Entscheidung konflikthaft war. - Nichtkooperation: Diese Form kommt vor allem dann vor, wenn die Überweisung nicht unmittelbar und sofort stattfindet. Dies bedeutet, wenn die Kinder oder Jugendlichen sich zwischenzeitlich außerhalb der Einrichtung aufgehalten haben. Schone et al. (1997: 202) beschreiben allgemein einige Voraussetzungen von gelungener Kooperation. Einerseits ist das persönliche Kennenlernen von VertreterInnen der jeweils anderen Disziplin wichtig, um den gegenseitigen Austausch zu ermöglichen. Ein zweiter Punkt ist die wechselseitige Kommunikation- d.h. einen wechselseitigen Austausch über Erfahrungen, Ziele, fachliche Positionen etc. zu organisieren und zu institutionalisieren. Der wechselseitige Austausch über Arbeitsziele und Arbeitsformen sowie organisatorische und fachliche Möglichkeiten erlaubt ein zielgerichtetes Zusammenarbeiten im Einzelfall und eine höhere Wirksamkeit. Eine weitere 111 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW wichtige Voraussetzung ist die Kontinuität. Um ein Mindestmaß an Zuverlässigkeit zu gewährleisten, sind häufige Umbrüche (Personalwechsel, konzeptionelle Neuorientierungen, organisatorische Umstellungen etc.) eher zu vermeiden. All diese Punkte werden nicht ohne Widersprüche funktionieren. Daher ist sowohl Empathie als auch die Fähigkeit, Konflikte produktiv auszutragen, erforderlich. Diese Punkte können erst dann umgesetzt werden, wenn von einer kleinräumlichen Struktur ausgegangen werden kann. Auch die Perspektive der Kinder- und Jugendlichen darf bei der Diskussion um die Kooperation zwischen KJP und Jugendwohlfahrt nicht aus den Augen gelassen werden. Vor allem ist es wichtig, sich mit der Frage zu beschäftigen, wie Kinder- und Jugendliche diese beiden Systeme erleben und welche Erwartungen sie an diese richten. Auf jeden Fall gilt, je besser Kinder- und Jugendliche in die Hilfeplanung miteinbezogen werden, desto eher sind sie auch bereit, Hilfen anzunehmen (vgl. Pies, 2004: 429 ff.). Falls es sich während eines Klinikaufenthaltes herausstellt, dass ein Kind oder Jugendlicher fremd untergebracht werden muss oder nicht mehr zurück in die Einrichtung kann, von der er gekommen ist, ergeben sich einige Kritikpunkte. An erster Stelle ist hier die Dauer des Unterbringungsverfahrens anzusprechen. Hier vergehen meist einige Wochen bis ein Platz gefunden ist und alle bürokratischen Dinge erledigt sind. Ein weiterer Punkt wurde bereits angesprochen und bezieht sich darauf, dass die Klinik nicht auf eigene Kooperationen zurückgreifen kann, da die Entscheidung letztlich beim Amt liegt (vgl. Schone, 1995: 120). Glauninger-Holler (2006: 103) hat im Rahmen ihrer Diplomarbeit eine Studie zum Thema Fremdunterbringungsmöglichkeiten durchgeführt, in der mittels Fragebogen behördliche DiplomsozialarbeiterInnen in der Steiermark befragt wurden. In dieser Studie zeigte sich ein besonders interessantes Ergebnis. Sie schreibt dazu: Die Ergebnisse der Untersuchung bestätigen, was in der Praxis schon seit langem zu beobachten ist. Immer mehr Jugendliche, aber im besonderen Mädchen, müssen aufgrund der massiven psychischen Auffälligkeiten in die Landesnervenklinik Sigmund Freud (LSF) eingewiesen werden. […] (Glauninger-Holler, 2006: 103). Insgesamt mussten nach der Studie von Glauninger-Holler, 118 Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen im Zeitraum von 01.01. 2002 bis 31.12.2004 in Heimen, WGs bzw. mobil betreutem Wohnen untergebracht werden. Diese sind potentielle Patienten der KJP. Dazu kommen noch 122 Kinder- und Jugendliche, die aufgrund von aggressivem Verhalten, 36 aufgrund eines Suizidversuchs und 49 aufgrund von Missbrauch von Suchtmitteln in einer der drei Wohnformen untergebracht werden mussten. 112 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Vor der Fremdunterbringung waren 14% der Mädchen und 8% der Burschen in der Landesnervenklinik Sigmund Freud in stationärer Behandlung. Im Rahmen dieser Studie wurde auch erhoben, wie viele Kinder, in diesem Zeitraum die Einrichtung wechseln mussten. Dies waren insgesamt im erwähnten Zeitraum 151 Kinder und Jugendliche. Der häufigste Grund für einen Wechsel war das „negative Verhalten“ der Jugendlichen (36%). In 12% der Fälle wollte der oder die Minderjährige in eine andere Einrichtung. An dieser Stelle ist davon auszugehen, dass einige dieser Kinder und Jugendlichen, die von einer in eine andere WG wechseln, sozusagen als „Zwischenstation“ auf der KJP behandelt wurden. Im Zusammenhang mit dem Wechsel von Einrichtungen schreibt Glauninger-Holler (2006:110): „Es zeigt sich aber auch in der Praxis, dass Einrichtungen immer öfter dazu neigen, bei Schwierigkeiten mit dem Jugendlichen, diesen immer schneller aus der Einrichtung zu entlassen.[…]“ In derselben Umfrage wurden die behördlichen SozialarbeiterInnen befragt, welche Einrichtungen sie sich noch wünschen würden. Hier waren 27% der Meinung eine „stationäre Krisenunterbringung“ wäre notwendig. Besonders wichtig im Zusammenhang mit der Frage der Kooperation zwischen KJP und den Einrichtungen ist, dass 22% der DiplomsozialarbeiterInnen der Meinung sind, dass psychiatrische Einrichtungen ausgebaut werden sollten. Immerhin mehr als die Hälfte der SozialarbeiterInnen ist der Meinung, dass zusätzliche Wohngemeinschaften vorhanden sein müssten (vgl. ebd.: 114). Ein weiterer Punkt, der auf jeden Fall in Betracht gezogen werden muss ist, wie von Seiten der Einrichtungen mit Schwierigkeiten umgegangen wird. Wolf (1998: 47ff.) meint dazu, dass MitarbeiterInnen in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt Misserfolge häufig auf „dispositionale Faktoren ihrer Klienten zurückführen“. Betroffene Kinder und Jugendliche sehen die Ursachen meist außerhalb ihrer Person, was von ErzieherInnen häufig als typisches Ablenkungsmanöver interpretiert wird. In dieser Suche nach spezifischen Ursachen kann der Verdacht einer psychischen Erkrankung eine sehr wichtige Rolle spielen. Wolf (ebd.48) schreibt in diesem Zusammenhang: „Wer erfolgreich unter den Verdacht gestellt wird, psychisch krank zu sein, hat erheblich schlechtere Chancen, die Probleme auf andere Faktoren zurückzuführen.“ Hiermit ergibt sich allerdings ein nicht zu verachtendes Problem. Wenn MitarbeiterInnen von Institutionen Schwierigkeiten primär Faktoren zuschreiben, die sie nicht beeinflussen können, reduzieren sie ihre Handlungsfähigkeit. „Wer ausschließlich die gesellschaftlichen Verhältnisse, irreversible pathologische Prozesse oder eine psychiatrische Erkrankung als Ursache annimmt, hat sich aus der Erziehungsarbeit verabschiedet“ (Wolf, 1998: 49). 113 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Eine Methode zur Rückgewinnung dieser Handlungsfähigkeit wird in der Selbstreflexion gesehen. „Sich zu fragen, wie der eigene Umgang mit dem Kind geändert werden kann, wie die Lebensbedingungen durch Organisationsveränderungen verbessert werden können oder wie man mit den Reaktionen, die das Kind bei einem selbst auslöst, konstruktiver umgehen kann, dies lenkt den Blick auf die eigene Person und verschafft damit Handlungschancen“ (ebd. 49). Dabei wird eine eventuelle psychiatrische Erkrankung nicht ausgeblendet, aber das Augenmerk muss auf beeinflussbare Faktoren gerichtet werden. Wenn dies in der Praxis umgesetzt werden kann, kann eine hohe Leistungsfähigkeit hergestellt werden. Obwohl wirksame Angebote besonders im Umgang mit sozialen Auffälligkeiten eher in „lebensweltbezogenen“ Ansätzen zu finden sind, ist immer wieder die Rede davon, Krankenhausbetten auszubauen und die Anzahl an Kinder- und Jugendpsychiatern zu vermehren. Obwohl eine Vermehrung von Kinder- und Jugendpsychiatern sicher notwendig ist, ist an dieser Stelle zu hinterfragen, inwieweit ein Ausbau von Krankenhausbetten vonnöten ist und ob es vielleicht nicht sinnvoller wäre, im Bereich der Jugendwohlfahrt in den Zukauf von kinder- und jugendpsychiatrischen Kompetenzen zu investieren und Einrichtungen zu konzipieren, in denen vor allem in Bezug auf die Lebensweltorientierung, kinder- und jugendpsychiatrische Hilfe, in diese Lebenszusammenhänge eingebaut werden kann (vgl. Köttgen, 998: 70). Die unterschiedlichen Versorgungssysteme der Jugendwohlfahrt und der KJP schaffen unterschiedliche Hilfsangebote und Lebensbedingungen. Beide Systeme fordern von den Jugendlichen, sich an institutionelle Regeln zu halten, die die Fachleute wechselweise nicht kennen lernen. Bessere Kenntnisse der Mitarbeiter in beiden Systemen „könnten zu besserer Kooperation und zum Abbau von Missverständnissen beitragen“ (Köttgen, 1998: 70). Eine Möglichkeit der Hilfestellung von Seiten der KJP, die es den Kindern und Jugendlichen ermöglicht, in ihren Lebenszusammenhängen zu bleiben, bietet die ambulante Betreuung. Hierzu wurde in Hamburg ein ambulantes Therapieprojekt durchgeführt, das sich vor allem auf schizophrene Patienten bezogen hat. In dieses Projekt wurden junge, ersterkrankte, rückfallbedrohte Patienten aufgenommen, die durch ambulante Gruppen für Betroffene und Angehörige betreut wurden. Ein interessantes Ergebnis dieses Projektes, das nach vier Jahren nachuntersucht wurde, war, dass Patienten aus den Therapiegruppen signifikant weniger Rückfälle hatten, als Patienten, die nicht an diesen Gruppen teilnahmen. Der Effekt wurde allerdings erst nach einer Zeitspanne von zwei bis vier Jahren sichtbar. Danach zeigte keiner der Patienten aus der Therapiegruppe Rückfälle. Auch durch stationäre Aufenthalte wurden die Gruppentherapien nicht unterbrochen. 114 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Es zeigten sich deutlich kürzere Hospitalisierungszeiten und deutlich kürzere stationäre Aufenthalte- besonders auf längere Sicht. Ein weiteres wichtiges Ergebnis des Projektes war, dass Gruppenteilnehmer häufiger die Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse aufrechterhalten konnten und ein wesentlich größeres Durchhaltevermögen bewiesen. Auch erhielten die Teilnehmer des Projektes weniger Medikamente; einige konnten im weiteren Verlauf sogar ganz auf Medikamente verzichten (vgl. Köttgen, 1998: 89ff.) Bei Überweisungen von einer Einrichtung in eine andere wird meist eine eindeutige Grenzlinie der Zuständigkeit gezogen. Im Folgenden soll die Frage der Zuständigkeiten der beiden Fachdisziplinen für die Bearbeitung von Lebenskrisen von Kindern und Jugendlichen deutlicher gemacht werden. Ernst Tatzer (2007: 107ff.) unterscheidet in Bezug auf die Kooperation zwischen Jugendwohlfahrt und KJP drei Ebenen die im Folgenden näher beschrieben werden sollen. 8.1 Interpersonelle Ebene Jede Form der Kooperation verwirklicht sich auf dieser Ebene. Es haben immer Personen miteinander zu tun, die letztlich auch mit ihren individuellen Persönlichkeiten zusammen arbeiten müssen. Je besser sich die Personen kennen und je positivere Erfahrungen sie miteinander gemacht haben, umso besser kann Kooperation gelingen (vgl. Tatzer, 2007: 111). Trotzdem ist es nicht ratsam, sich auf diese Ebene der Kooperation zu verlassen, da diese sehr willkürlich und eine strukturierte Kooperation auf der interinstitutionellen Ebene nicht ersetzen kann (vgl. ebd.: 112). Besonders wichtig auf dieser Ebene erscheint die gegenseitige Achtung und Anerkennung, bzw. das Vertrauen in den anderen bzw. auch in die andere Profession. 8.2 Interinstitutionelle Ebene Interinstitutionelle Kooperation ist nach Tatzer (2007: 112) “ein wichtiges Qualitätskriterium professioneller Arbeit.” Besonders wichtig ist es in diesem Zusammenhang, Kooperationen zu entwickeln, die sich unabhängig vom Einzelfall realisieren. Dabei können sich Arbeitskreise, in denen die Kooperation thematisiert und im Hinblick auf gemeinsame Kooperationsstrukturen diskutiert wird, sowie die Analyse von konkreten Fällen hilfreich sein. Am Beginn dieses Prozesses muss die bewusste Entscheidung zur Kooperation stehen, die mit der Abklärung der gegenseitigen Erwartungen, Möglichkeiten und Ziele einhergeht. Es muss allen Beteiligten bewusst sein, dass Kooperation zusätzliche Energien und Ressourcen erfordert. 115 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Dabei erweist es sich als günstig, eventuell schriftliche Kooperationsvereinbarungen anzufertigen, in denen zumindest mittelfristig für beide Seiten ein Nutzen zu erkennen ist. Motivation, fachliche Autonomie und Zuverlässigkeit sind die wichtigsten Faktoren für eine gelingende Kooperation (vgl. Tatzer, 2007: 113). „Wie alle Beziehungen müssen auch Kooperationen gepflegt werden. Es ist daher wichtig, immer wieder auf einer Metaebene das eigene Tun und den Kooperationsprozess zu reflektieren“ (ebd.: 113). Ein weiterer Punkt sowie eine Notwendigkeit der Kooperation zwischen Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP ergibt sich aus der Tatsache, dass es sich in diesem Bereich häufig um traumatisierte Kinder und Jugendliche handelt wie dies bereits in Kapitel 4 beschrieben wurde. Eine Aufgabe der KJP ist es in diesem Zusammenhang, Einrichtungen der Jugendwohlfahrt dahingehend zu beraten, dass es ihnen möglich wird, für diese Kinder und Jugendlichen ein Umfeld zu schaffen, das eine Retraumatisierung vermeidet. MitarbeiterInnen in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt müssen weiters ein Wissen erwerben, das es ermöglicht „Ausdrucksformen von Traumatisierungen im täglichen Alltag in Ansätzen erkennen und verstehen zu können“ (Purtscher, 2007: 78). Hier ist besonders die KJP gefragt, neue Wege zu gehen und den Spitalskontext zu verlassen, um als Berater tätig zu werden (vgl. ebd.: 78). 8.3 Ebene der Gesamtversorgung Man kann sehr schwer von Kooperation sprechen, ohne die Ebene der Gesamtversorgung mit ein zu beziehen. Noch so gut gemeinte Kooperationsbemühungen auf den beiden anderen Ebenen werden scheitern, wenn die Rahmenbedingungen für die Kooperation nicht stimmen. Dazu schreibt Tatzer (2007: 114): Gerade auf dem Gebiet der Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit komplexen Problemstellungen fehlt es häufig an konkreten personellen und institutionellen Ressourcen. Dies bedingt, dass sich die einzelnen Einrichtungen verstärkt auf ihre Kernaufgabe zurückziehen und damit eher ein Klima der Konkurrenz (um die beschränkten Mittel) als der Kooperation entsteht. Oftmals haben beide Seiten das Gefühl ständig über ihre Kräfte gefordert zu sein. Gescheiterte Fallverläufe belasten dann zusätzlich das Klima, weil sowohl Selbstvorwürfe oder aber gegenseitige Schuldzuschreibungen diesem nicht förderlich sind. Hier wären beide Systeme gefragt, auf dieser Ebene zusammen zu wirken und die Planung und die Umsetzung von Maßnahmen gemeinsam in die Hand zu nehmen. Durch die unterschiedliche Zugehörigkeit der KJP zum Gesundheitswesen und der Jugendwohlfahrt als eigenständiger Bereich und den damit einhergehenden politischen Verantwortungsbereichen sowie der Anfertigung unterschiedlicher Entwicklungspläne (Jugendwohlfahrtsplan vs. Psychiatrieplan) ergeben sich Schwierigkeiten im Zusammenwirken (vgl. ebd.: 114). 116 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Es braucht daher auch auf Landesebene ein gemeinsames Planungsgremium. Tatzer (2007: 115) meint dazu: „Optimal erscheint mir die Bildung eines multidisziplinär besetzten Gremiums zur Erstellung und Umsetzung eines ganzheitlichen Versorgungsplans für Kinder und Jugendliche, der über die gemeinsamen Anliegen von KJP und JWF hinausreicht, wie es z.B. die ‚Children’s Taskforce’ im englischen Gesundheitswesen darstellt.“ Das Children’s Taskforce ist eines von 10 Taskforces, die zur Implementierung des Nationalen Gesundheitsplans eingeführt wurden. Dieses besteht aus einem multiprofessionellen 36 köpfigen Team, deren Aufgabe es ist, das Wohlbefinden der Kinder bis ins Erwachsenenalter sicher zu stellen und darüber zu wachen, dass der nationale Gesundheitsplan den Kindern, Adoleszenten und ihren Familien wirkliche Verbesserung bringt. Dies wäre auch auf österreichische Verhältnisse zu übertragen. Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit vielschichtigen Problemen wäre dabei in einem Teilprojekt zum Thema zu machen (vgl. Tatzer, 2007: 115f.). 8.4 Aufgabe der Kinder- und Jugendpsychiatrie Es ist sehr schwierig, die Aufgaben der KJP und die der Einrichtungen der Jugendwohlfahrt zu differenzieren, wie Fliedl und Krisch (2000: 148) meinen: Kinder- und Jugendhilfe bzw. Jugendwohlfahrt, Kinder- und Jugendneuropsychiatrie sind relativ junge Disziplinen, die um ihren Einflussbereich rivalisieren. Es gibt große Überschneidungen, was ihre Zuständigkeit bzw. die von ihnen zu betreuenden Klientel betrifft, es gibt daher- bösartig formuliert- sehr starke berufs- und standespolitische Interessen, aber es gibt keine klaren Indikationen. So gleichen sich […] die Kriterien, die zur Heimunterbringung einerseits und zur Aufnahme in einer kinderpsychiatrischen Institution andererseits genannt werden, enorm. Kinder und Jugendliche in Krisen benötigen meist ganzheitliche und differenzierte Hilfen. Einen Teil dieses Spektrums an Hilfsangeboten kann die KJP bieten, die sich in Österreich erst ab 2007 als eigenständige Fachdisziplin der Medizin entwickeln hat. Helmut Remschmidt (1979: VIII) beschreibt in seinem Vorwort zu seiner Einführung in die KJP wie folgt: Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist zuständig für Diagnostik, Therapie, Rehabilitation und Prävention psychischer und neuropsychiatrischer Störungen und Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen von der Geburt bis zur Volljährigkeit. Rainhald Heipertz (1990: 116 f.) beschreibt die Rolle der KJP aus seiner Sicht in einigen Punkten. - Einerseits meint er, die KJP sei ein medizinisches Fachgebiet. Seiner Meinung nach sei nur ein geringer Teil auffälliger, abnormer und verhaltensgestörter Kinder und Jugendlicher seelisch krank. Für die Diagnosestellung sei der Arzt unumgänglich, da nur er aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung Krankheiten erkennen und behandeln kann. Eltern, 117 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW HeimbetreuerInnen, LehrerInnen können einen Verdacht hegen, Vermutungen äußern, Beobachtungen machen und um Abklärung bitten. - Als einen zweiten Punkt spricht Heipertz deutlich an, dass schwieriges Verhalten und die Ablehnung von Autoritäten und Regeln bzw. ein Mangel an sozialer Angepasstheit auf keinen Fall den Ruf nach psychiatrischer Intervention rechtfertigen würden. Er meint dazu: „Die Psychiatrie, besonders in ihren geschlossenen stationären Anteilen, darf es nicht zulassen, zum Instrument des staatlich verordneten Zwangs zu werden. Die Praxis des Hinund Herschiebens sogenannter Problemkinder und die Verschickung von der Stadt auf das Land ist deshalb inhuman, weil sie gewachsene Sozialbezüge zerstören“ (ebd.). - Der dritte Punkt den Heipertz anspricht bezieht sich auf gestörtes Sozialverhalten und Verwahrlosung. Diese haben viele Ursachen. Als Beispiel lassen sich ein Mangel an Erziehung, unangemessene Erziehung etc. nennen. Ein gestörtes Sozialverhalten kann aber auch eine Begleiterscheinung von seelischen Erkrankungen wie Psychosen, Neurosen, Sucht usw. sein. Daraus lässt sich seiner Meinung nach ableiten inwieweit die Verwahrlosung auch ein Thema der KJP sein kann. - Im vierten Punkt spricht Heipertz die Normalität von aggressivem Verhalten an. Er schreibt dazu: „Autoaggressivität und übermäßige Aggressivität stellen Reaktionen dar, die nach Beseitigung der Auslöserbedingungen auch wieder verschwinden können“ (ebd.: 117). Eine Aufgabe der KJP sieht Heipertz darin, Hilfestellungen bei der Klärung von Zusammenhängen, wie auffälliges Verhalten entsteht zu geben. Interventionen sind seiner Meinung nach aber nur im Lebensumfeld erfolgsversprechend. Aggressivität und Autoaggressivität können durch eine geeignete Behandlung abgebaut werden, sodass Betroffene dann im Rahmen der Jugendwohlfahrt weiter betreut werden können (vgl. ebd.). Heipertz hat in engem Kontakt mit den Jugendheimen immer wieder die Frage gestellt, was die KJP in den Augen von Betreuern ausmacht. Als Antworten hat er immer wieder zu hören bekommen, dass dies eine bessere Personalausstattung wäre, die eine intensivere Beaufsichtigung ermöglichen würde. Weiters der unmittelbare Zwang in Form der geschlossenen Unterbringung und die multimodalen Behandlungsangebote (vgl. Heipertz, 1990: 118). In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass es sehr interessant ist, dass die geschlossene Unterbringung von Außenstehenden als unmittelbarer Zwang gesehen wird, obwohl vom Gesetz genau vorgegeben ist, wann geschlossene Unterbringung erfolgen darf. Indirekt spielt hier vielleicht auch die Diskussion um die geschlossene Unterbringung in Heimen eine Rolle. 118 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Eine Aufgabe der KJP ist auf jeden Fall die Hilfe und der Schutz in akuten Krisen. Viele psychiatrisch auffällige Jugendliche brauchen zuerst einen geschützten Rahmen um wieder zu sich zu kommen. Diesen kann die KJP für einen kurzen Zeitraum sehr gut bieten. Für längerfristigere Interventionen muss aber mit anderen Institutionen zusammen gearbeitet werden. In diesem Sinne betont die klassische psychiatrische Sichtweise die kurzfristig entlastende und Eskalationen unterbrechende Wirkung, die ein Aufenthalt zielgerichtet erzeugen kann (vgl. Wolf, 1998: 53). Dieses Argument erweist sich vor allem dann als sinnvoll, „wenn man etwa erlebt, wie eine Jugendliche, der innere Stimmen befehlen, sich auf eine spezifische Weise zu töten und die dadurch sichtbar gequält und unglaublich beunruhigt wird, zur Ruhe kommt, wenn sie entsprechende Medikamente bekommt“ (ebd.: 53). Häufig übernimmt die KJP die Aufgabe der clearing- Funktion. Bei diesen Kindern ist die Ursache für den Klinikaufenthalt oftmals nicht nachvollziehbar und die KJP wird zu einer Art „Übergangswohnheim“ bis eine geeignete Wohnform gefunden ist. Hier wäre zu überlegen, ob diese Klinkaufenthalte, die immer auch mit einer Stigmatisierung verbunden sind, zu vermeiden wären, indem entsprechende Institutionen geschaffen werden (vgl. Schone, 1990: 125). So übernimmt die heutige KJP teilweise die Aufgabe, die am Beginn des 20. Jahrhunderts Kinderübernahmestellen, wie es sie z.B. in Wien gab, erfüllt haben. Natürlich ist dies nicht 1:1 zu vergleichen, dennoch war die Kinderübernahmestelle damals eine Einrichtung, die dirigierte, welche Maßnahme bzw. Unterbringung erfolgen sollte und in der die Kinder so lange verweilten, „bis über ihre anderwärtige Unterbringung eine Verfügung getroffen werden kann, also bis sie in Kostenpflege gegeben, heimbefördert, in ein Waisenhaus oder in eine andere Erziehungsanstalt aufgenommen werden können und dergleichen“ (Rudolph/ Benetka, 2007b: 57). Ein besonderes Augenmerk sollte aber immer wieder auf die kurze Aufenthaltsdauer gelegt werden, da eine Gefahr darin besteht, dass im Kontext der KJP zu enge Bindungen an das therapeutische Team entstehen, die rasch zu einer Fixierung auf Therapeuten und Krankheitssymptome führen können. Nach der Entlassung kann es daher dazu kommen, dass PatientInnen in Erwachsenenpsychiatrien vergeblich nach derselben Nähe und Geborgenheit suchen und damit wichtige Entwicklungserfahrungen außerhalb der Psychiatrie nicht machen können (vgl. Köttgen, 1998: 96). Daher sollte der Fokus vor allem auch auf ambulante Hilfestellungen gerichtet werden, die sich an der Lebenswelt des Kindes oder des Jugendlichen orientieren und auch Entwicklungserfahrungen außerhalb des klinischen Settings ermöglichen. Dennoch lässt das bestehende Versorgungssystem ambulante Begleitung nach der Klinik nur in einem begrenzten Rahmen zu. Außerklinische Therapiegruppen, wie auch die Unterstützung der 119 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Angehörigen gehören nur selten zum Hilfsangebot nach Aufenthalten in psychiatrischen Kliniken. „So müssen Patienten, wenn sie ‚draußen’ nicht zurecht kommen, Symptome aufrechterhalten, wenn sie in den Schonraum der Klinik oder zu den Therapeuten ihres Vertrauens zurückkehren wollen“ (Köttgen, 1998: 96). Eine Beziehungskontinuität ist allerdings auch im ambulanten Versorgungssystem nicht vorgesehen. An dieser Stelle ist allerdings auf die Hamburger Studie zu verweisen, die im Kapitel Zusammenarbeit zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und Jugendwohlfahrt beschrieben wurde. Danach wäre es vor allem für Jugendliche wünschenswert, die mit seelischen Verletzungen oder Störungen im Rahmen der Jugendwohlfahrt leben, möglichst früh außerhalb der Klinik ambulante Hilfen zu suchen, die Raum für eigene Entwicklungen schaffen. „Auch die Einrichtungen von Patienten- und Angehörigengruppen wäre möglich. Hierbei könnten Kinder- und Jugendpsychiater mit ihren Erfahrungen quasi als spezialisierte Dienstleister unterstützen“ (Köttgen, 1998:97). 8.5 Aufgabe der Jugendwohlfahrt Die Leistungen der Jugendwohlfahrt umfassen zwei große Bereiche. Einerseits den Bereich der „sozialen Dienste“ und den Bereich der „Hilfen zur Erziehung“ welche die „Unterstützung der Erziehung“ und die „volle Erziehung“ umfassen. Die Maßnahmen, die diese Punkte beinhalten sind im Kapitel Steiermärkisches Jugendwohlfahrtsgesetz erläutert. Im Mittelpunkt all dieser Maßnahmen steht die Unterstützung der Kinder und Jugendlichen und deren Familien. Die grundsätzliche Aufgabe der Jugendwohlfahrt ist die Betreuung von Kindern und Jugendlichen in psychosozialen Problemlagen. Die Jugendwohlfahrt springt mit vielfältigen Erziehungshilfen für Familien zur Förderung, Bildung, Pflege und Erziehung von Kindern und Jugendlichen, ein (vgl. Cobus-Schwertner, 1990: 78). Heitkamp (1984: 12 zit. nach Klawe, 1993) beschreibt die Aufgabe der Heimerziehung wie folgt: „Aufgabe der Heimerziehung ist, eine begonnene und durch den vorübergehenden oder dauernden Ausfall der Primärerzieher unterbrochene bzw. gestörte Sozialisation fortzuführen […] Heimerziehung hat vor diesem Hintergrund stets die Aufgabe, den Sozialisationsprozess so zu gestalten, dass dem betroffenen jungen Menschen eine seinen Anlagen und Fähigkeiten entsprechende Entwicklung zur selbständigen, entscheidungsfähigen, gesellschaftlich integrierten Persönlichkeit ermöglicht wird.“ Von Seiten der KJP wird nach einem stationären Aufenthalt als oberste Aufgabe der Einrichtungen der Jugendwohlfahrt die weitere Stabilisierung gesehen. Die Betreuung in der Jugendwohlfahrt ist allerdings nicht ausschließlich darauf ausgerichtet, die weitere Genesung zu verfolgen, sondern zu 120 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW akzeptieren, „dass alle Kinder unterschiedliche Probleme, Defizite, Behinderungen haben, mit denen sie leben lernen oder die sie doch als eine problematische Phase in ihrem Leben begreifen lernen sollen“ (Franken, 1998: 112). Die Zuständigkeit und die Verantwortung für Kinder und Jugendliche mit problematischen Sozialisationsverläufen liegt im Bereich der Jugendwohlfahrt, „Wenn fachliche Hilfen aus anderen Bereichen in Anspruch genommen werden, darf die Definitionsmacht nicht dem medizinischtherapeutischen Bereich überlassen werden“ (ebd.: 87). In der Kooperation muss die Jugendwohlfahrt auf jeden Fall die Zuständigkeit für die Erziehung behalten. Klaus Münstermann meint, die Einrichtungen der Jugendwohlfahrt haben sich klar entschieden, „Lebensorte sein zu wollen, in denen sich erwachsene Menschen von einer ganzheitlichen Idee ausgehend auf den benachteiligten jungen Menschen einlassen“ (Münstermann, 1990: 87). Heimerziehung ist für ihn als professionell erbrachte Erziehungshilfeleistung zu betrachten. Zu diesem Verständnis gehört, dass sich Heime nicht mehr länger als Eingriffsinstrumente sehen, deren Aufgabe es ist, abweichendes oder fehlgeleitetes Verhalten zu korrigieren, sondern das Selbstverständnis konzentriert sich vielmehr um die Frage, wie man Kinder und Jugendliche, darin unterstützen kann, einen Weg für sich zu finden, der es möglich macht, Selbstbewusstsein und Identität zu haben und zu halten. Eine besonders wichtige Aufgabe der Heimerziehung liegt im großen und ganzen darin, konstruktive Lebensbedingungen für Kinder und Jugendliche zu schaffen, bei denen intendierte Erziehung in das Zusammenleben von Kindern und Jugendlichen und Erwachsenen eingebettet ist. Dabei hat man es stets mit hochkomplexen Situationen und vielerlei Einflussfaktoren zu tun, in denen der Erzieher ein Faktor unter sehr vielen ist. Dabei unterliegt auch der Erwachsene dem Einfluss des Kindes oder Jugendlichen, was auch notwendig ist, um interaktionsfähig zu bleiben (vgl. Wolf, 1998: 52f.). Es muss darum gehen, Kindern und Jugendlichen im betreuten Zusammenleben auf dem Hintergrund ihrer meist schwierigen Biographien „neue Lebenserkenntnisse bzw. Lebensinhalte zu vermitteln und damit schließlich eine Lebensperspektive aufzuzeigen“ (Franken, 1998: 110). Die Betreuung in der Jugendwohlfahrt soll einen mittelfristigen Lebensort bieten, in dem es dem Kind oder Jugendlichen möglich gemacht wird, neue Erfahrungen zu sammeln und alte Erkenntnisse zu überprüfen und zu überdenken, vielleicht sogar aufzugeben. Zu diesen neuen Erfahrungen gehören recht banale und für die meisten von uns selbstverständliche Dinge wie etwa, dass Erwachsene dem Kind oder Jugendlichen zuhören und sich neugierig am Erleben des Kindes 121 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW oder Jugendlichen beteiligen; oder dass das Kind oder der Jugendliche ein Mitspracherecht bei der Gestaltung des Zimmers, seiner Bekleidung oder in Bezug auf das Essen hat. Jedes Kind oder Jugendlicher wird als wichtiger Teil wertgeschätzt; Interessen, Neigungen und Hobbies sollen gefördert werden. Alltägliche Probleme wie etwa in der Schule werden wahrgenommen und durch regelmäßige Unterstützung auch überwindbar (vgl. Franken, 1998: 110f.). Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sollen in die Gesellschaft integrieren, und zwar insbesondere jene Gruppe von Kindern und Jugendlichen, die integrationsfähig aber noch nicht willig sind (vgl. Münstermann, 1990: 130). Die Zuweisung von Kindern in die Heimerziehung geschieht dann, wenn andere Formen erzieherischer Hilfen für die Bewältigung der aktuellen Lebenskrise nicht mehr als ausreichend angesehen werden. „Heime haben dabei entweder die Aufgabe, die Lebensmöglichkeiten der Jugendlichen soweit zu fördern und sie zu stabilisieren, dass sie nach einer begrenzten Zeit der außerfamiliären Unterbringung in ihre Familie zurückkehren können-[…], oder längerfristig einen Lebensort zu gewähren und den Übergang des jungen Menschen in die Selbständigkeit zu planen, vorzubereiten und zu begleiten“ (Gintzel/ Schone, 1990: 29). Von Seiten der KJP wird immer wieder kritisiert, dass es an passenden Einrichtungen mit einem engen Betreuungsrahmen, der besonders wichtig für psychiatrisch auffällige Kinder und Jugendliche ist, fehlt. Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass in vielen Einrichtungen zu wenig strukturiert gearbeitet würde. Aufgrund der finanziellen Situation vieler Einrichtungen würden auch Betreuungsdefizite entstehen. Nachdem in den Einrichtungen der Jugendwohlfahrt nicht die Möglichkeit der geschlossenen Unterbringung besteht, liegt ein Kritikpunkt darin, ob von Seiten der Einrichtungen genügend Ressourcen zur Verfügung stehen, um mit solchen Jugendlichen zu arbeiten. Die KJP kann in diesen Fällen zwar ein kurzfristiger Kooperationspartner sein, jedoch keine längerfristigen Lösungen anbieten. An dieser Stelle soll kurz das Thema Fremdunterbringung und Psychotherapie angesprochen werden. Hier soll vor allem auf eine Studie von Freilinger und Peneder (1999: 28ff.) eingegangen werden. Sie erhoben, dass in Österreich etwa 26% der stationär fremd untergebrachten Kinder und Jugendlichen in psychotherapeutischer Behandlung waren. Hier bestehen allerdings gravierende Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern. So sind es in Tirol 16,3% und in der Steiermark 43,7% der stationär fremd untergebrachten Kinder und Jugendlichen, die sich in Therapie befinden. Gründe für diese Unterschiede liegen sicher nicht daran, dass Kinder und 122 Zusammenarbeit zwischen KJP und Einrichtungen der JW Jugendliche in der Steiermark kränker sind oder Unterbringungsmöglichkeiten in Tirol besser wären weil sie mit weniger Therapie auskommen würden. Freilinger und Peneder führen diese Unterschiede darauf zurück, dass nicht immer TherapeutInnen zu finden sind, die bereit sind mit einer solch schwierigen Klientel zu arbeiten. In ländlichen Regionen würden noch zusätzliche Kosten für die Fahrt zur Therapie dazu kommen würden. Das bedeutet, dass es nicht überall dort, wo man psychotherapeutische Unterstützung brauchen würde, möglich ist diese auch zu bekommen. Auch die Kostenübernahme stellt immer wieder ein Problem dar. In dieser Studie wurde auch auf die konzeptionelle Verankerung der Psychotherapie in den einzelnen Einrichtungen Bezug genommen. Hier wäre es nach Freilinger und Peneder (1999: 35) auffällig, dass diese nicht in sehr vielen Einrichtungen gegeben zu sein scheint. 123 Empirisch Pädagogische Sozialforschung 9 Empirisch Pädagogische Sozialforschung Im empirischen Teil dieser Arbeit sollen aufgrund der theoretischen Ausführungen einerseits eine quantitative, wie aber auch eine qualitative Untersuchung erfolgen. Im Rahmen der quantitativen Untersuchung wurde eine Dokumentenanalyse durchgeführt, die die Daten von allen in einem Jahr aufgenommenen Kindern und Jugendlichen beinhaltet. Aufgrund dieser Daten solle jene Gruppe der Kinder und Jugendlichen beschrieben werden, die sowohl Kontakt zum System der KJP als aber auch zum System der Jugendwohlfahrt haben bzw. hatten. Diese Gruppe soll dann im Hinblick auf unterschiedliche Kategorien mit den Kindern und Jugendlichen verglichen werden, die keinen Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten. Zusätzlich sollen in der qualitativen Untersuchung Interviews mit ExpertInnen aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt in der Steiermark durchgeführt werden. Hier sollen vor allem die Erfahrrungen und Sichtweisen in Bezug auf die Kooperation mit der KJP erhoben werden. 9.1 Quantitative Sozialforschung Im Unterschied zur qualitativen Analyse wird immer dann von quantitativer Sozialforschung oder Analyse gesprochen, wenn „Zahlbegriffe und deren In- Beziehung- Setzen durch mathematische Operationen bei der Erhebung oder Auswertung verwendet werden“ (Mayring, 2008: 16). Schon unsere Sprache beinhaltet einerseits qualitative Begriffe, wie etwa „Mensch“, „Haus“, „rot“ oder „kalt“, und andererseits auch quantitative Begriffe oder Größenbegriffe, die numerische Funktionen beinhalten. Bei wissenschaftlichen Untersuchungen bzw. Messungen, unterscheidet man zwischen unterschiedlichen Skalenniveaus- Nominal-, Ordinal-, Intervall- sowie Ratio- Skalen, wobei jene Messungen und Analysen, die auf Nominalskalen (Kriterium ist Gleichheit, Verschiedenheit- z.B. männlich- weiblich) basieren, auch als qualitative Analysen gelten. Nachdem die vorliegende Dokumentenanalyse sowohl auf Nominal wie aber auch auf Ordinal- und Ratio- Skalen basiert, kann diese als Mischung zwischen quantitativer und qualitativer Untersuchung bezeichnet werden. Bei der Analyse wird in diesem Teil jedoch vorwiegend darauf geachtet, Zahlenbegriffe mathematisch auszuwerten und in Beziehung zu setzen. 124 Empirisch Pädagogische Sozialforschung 9.1.1 Die Dokumentenanalyse Die Dokumentenanalyse ist eine Erhebungstechnik, die sich auf Daten bezieht, die als Dokumente vorliegen. Bei der Dokumentenanalyse werden schriftliche Informationsquellen herangezogen und im Hinblik auf unterschiedliche Kategorien analysiert. Die Dokumente können alle Arten von Unterlagen sein z.B. Berichte in Zeitungen, Zeitschriften, Untersuchungsberichte, Akten, Projektdokumentationen u.v.m. Häufig steht eine Dokumentenanalyse am Beginn einer Untersuchung, um sich in ein Themenfeld einzuarbeiten. Sie kann z.B. auch der Vorbereitung einer Befragung dienen. Vorteile der Dokumentenanalyse liegen einerseits in der raschen Verfügbarkeit der zu erhebenden Daten und andererseits in der Vergleichbarkeit der Daten. Zudem ist eine selbständige Analyse der Daten möglich. Nachteile liegen darin, dass man sich auf jene Informationen beschränken muss, die vorliegen. So kann es z.B. sein, dass die Aktualität der Daten und deren Vollständigkeit nicht unbedingt gegeben ist (vgl. FH Münster- Institut für Berufliche Lehrerbildung, http://www.fh-muenster.de). In den Sozialwissenschaften können auch andere Formen von Dokumenten der Analyse dienen. Hier wird der Begriff des Dokumentes teilweise sehr weit gefasst. So sind für den Sozialwissenschafter Dokumente „sämtliche gegenständliche Zeugnisse, die als Erklärung menschlichen Verhaltens dienen können“ (Atteslander, 1971: 53). Neben schriftlichem Material spielen in den Sozialwissenwschaften auch das gesprochene Wort (Tonbänder, Rundfunk, Film und Fernsehen) eine nicht unwesenliche Rolle. Daneben besitzen aber auch Bilder und alle anderen „vom Menschen geschaffenen kulturellen Objekte dokumentarischen Wert“ (z.B. Werkzeuge, Waffen, Schmuck, Bekleidung, Bauten oder Kunstgegenstände) (ebd.). Nachdem sehr viele unterschiedliche Dokumente der Dokumentenanalyse zugrunde liegen können, ist eine mögliche Klassifikation die Unterscheidung zwischen akzidentalen und systematischen Dokumenten. Als akzidental werden jene Dokumente verstanden, die nicht primär für Forschungszwecke erstellt werden während als systematische Dokumente jene Dokumente bezeichnet werden, die entweder „eindeutig wissenschaftlichen Charakter haben oder in Bezug auf die wissenschaftliche Zielsetzung nicht zufällig entstehen“(vgl. ebd.: 55ff.) In diesen Kategorien gesprochen können die in der vorliegenden Untersuchung verwendeten Arztbriefe und Dekurse als akzidentale Dokumente bezeichnet werden, da diese Dokumente primär der Dokumentation sowie der Weitergabe von Informationen dienen und nicht vordergründig in Bezug auf wissenschaftliche Ziele angefertigt werden. Im Hinblick auf unterschiedliche Dokumente muss immer wieder geprüft werden, inwieweit diese durch unterschiedliche Faktoren eventuell verfälscht sein könnten. In dieser Hinsicht ist im Zusammenhang mit der vorliegenden Untersuchung festzuhalten, dass es sich hier meist um Dokumente handelt, die auf der Basis einer ausführlichen Eigen- bzw. Fremdanamnese angefertigt 125 Empirisch Pädagogische Sozialforschung werden. Selbstverständlich muss man sich hier ins Bewusstsein rufen, dass diese Informationen vom Informator abhängen. Um diese Verfälschung so gering wie möglich zu halten, wurden an dieser Stelle ausschließlich objektiv überprüfbare Aspekte und Fakten mit einbezogen. Bei der Analyse der Dokumente kann man nach Duverger (zit. nach Atteslander, 1971: 67) zwei Ebenen unterscheiden: die interne und die externe Ebene. Die interne Ebene, die auch im Rahmen dieser Arbeit zum Tragen kommt, „befasst sich ausschließlich mit dem Dokument: mit dessen Verstehen, mit der Kontrolle der überprüfbaren Daten und mit seiner Interpretation, wobei der impressionistische Spielraum je nach Forscher größer oder kleiner sein kann“ (ebd.). Bei der externen Analyse hingegen geht es um die Erfassung des weiteren Zusammenhanges in den das Dokument eingebettet ist. Hier geht es zum Beispiel um Fragen rund um den Autor oder die Zeit bzw. gesellschaftlichen Strukturen, in denen das Dokument entstanden ist (vgl. ebd.). Von besonderer Bedeutung im Zusammenhang mit der Dokumentenanalyse zur Erfassung quantitativer Daten, wie sie in der vorliegenden Arbeit durchgeführt wurde, ist einerseits die Objektivität. Das heißt, die Kategorien, die zur Erfassung der Daten dienen, müssen genau umschrieben sein, sodass verschiedene Forscher, die den gleichen Inhalt analysieren, auch zu dem gleichen Ergebnis kommen. Ein weiterer Punkt ist ein systematisches Vorgehen was sich darauf bezieht, dass der gesamte Inhalt eines Dokumentes analysiert werden muss und vom Forscher keine willkürliche Auswahl getroffen werden darf. Ebenfalls bedeutungsvoll erscheint die Qunatifizierung, die die quantitative Erfassung des Inhaltes bezeichnet. Auch werden in dieser Untersuchung vordergründig offenbare oder manifeste Inhalte miteinbezogen. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass diese Art der Dokumentanenalyse fallweise auch als systematische Inhaltsanalyse bezeichnet wird (vgl. Atteslander, 1971: 69). Vorausgreifend sollen noch einige Aspekte beschrieben werden, die sich rückblickend auf diese Methode als besonders wichtig herausgestellt haben. Besonders bei der Methode der Dokumentenanalyse ist es wichtig, die Zielsetzung der Untersuchung genau zu definieren und zu beschreiben, um eine geeignete Auswahl von zu erhebenden Kategorien treffen zu können. Ebenfalls sollten Hypothesen und Fragestellungen schon soweit formuliert werden, dass die entsprechenden Kategorien erhoben werden können. Von Vorteil ist auch, die Kategorien und die Unterkategorien immer im Hinblick auf die Auswertung auszuwählen. Der Forscher sollte also bei dieser Methode schon die Auswertung mit berücksichtigen, damit Kategorien erhoben werden, die dann auch statistisch brauchbar sind. Sonst kann es zum Beispiel passieren, dass sehr wichtige Informationen nicht erhoben werden, und somit 126 Empirisch Pädagogische Sozialforschung die Qualität der Untersuchung gemindert wird, oder dass zu viele Informationen erhoben werden, was in diesem Zusammenhang noch das kleinere Übel darstellt, da diese Informationen weggelassen werden können. Trotzdem muss man hier auch den Zeitaufwand sehen, der durch das zuviel an erhobener Information, die dann nicht verwertet werden kann, entsteht. Peter Atteslander (1971: 72) wirft in diesem Zusammenhang einen weiteren Aspekt auf. Er schreibt dazu: „Dem Forscher stellt sich dabei ein oft recht heikles Problem: einerseits müssen die Kategorien vor Beginn der eigentlichen Analyse aufgestellt werden; andrerseits läuft man dadurch Gefahr, künstliche Kategorien zu erhalten, von denen sich im Laufe der Untersuchung herausstellt, dass wesentliche Aspekte des Inhalts mit ihnen nicht erfasst werden können.“ Eine wichtige Lösung dieses Dilemmas besteht darin, dass zwar die Hauptkategorien starr festgelegt werden, die Unterkategorien jedoch relativ flexibel gehalten werden. Dies ermöglicht es dem Forscher eventuell neue Aspekte, die sich während der Datenerhebung ergeben, trotzdem noch miteinfließen zu lassen. Zusammenfassend können 3 wesentliche Punkte beschrieben werden, die auch aufgrund der Erfahrung durch die vorliegende Untersuchung als unvermeidbar angesehen werden. • Wie bei vielen anderen Methoden ist der Ausgangspunkt der Forschung die Formulierung der Zielsetzung, bzw. Hypothesen und Fragestellungen. Hier muss sich der Forscher jedoch auch der Grenzen der Dokumentenanalyse bewusst sein. Man muss sich hier auf die vorliegenden Informationen beschränken und diese Grenzen auch in die Formulierung der Fragestellungen miteinbeziehen, damit keine Hypothesen und Fragestellungen formuliert werden, die aufgrund der enthaltenen Information nicht beantwortet werden können. • Um Fragestellungen zu beantworten und Hypothesen zu überprüfen, müssen diese in Kategorien „übersetzt“ werden. Hier müssen vor der Analyse Hauptkategorien aufgsetellt werden, die relativ starr sind. In einem weiteren Schritt werden Unterkatgorien gesucht, wobei hier zu empfehlen ist, diese so flexibel wie möglich zu halten, um eventuelle durch die Analyse der Daten aufkommende neue Aspekte miteinfließen lassen zu können, und im Laufe der Arbeit Änderungen im Kategoriengebäude vornehmen zu können. Dieser Schritt muss besonders gut überlegt sein, da die Kategorien den Grundstein für die Auswertung der Daten und somit auch der wissenscahftlichen Aussagen bilden. • In einem dritten Schritt muss überprüft werden, ob die Kategorien auch wirklich nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten einwandfrei sind. Das heißt, es muss besonders darauf geachtet werden, ob durch die verwendeten Kategorien gleiche Dinge immer gleich gemessen werden (Gültigkeit), und ob diese Kategorien unabhängig von der Person des Forschers sind (Verlässlichkeit). (vgl. Atteslander, 1971: 73ff.) 127 Empirisch Pädagogische Sozialforschung Um den dritten Punkt zu gewährleisten wurde in der vorliegenden Untersuchung auf objektiv nachvollziehbare Daten zurück gegriffen, die im Kapitel 10.4.2 Der Erhebungsbogen näher dargesetllt werden. 9.2 Qualitativ- empirische Sozialforschung Die qualitativ- empirische Sozialforschung beinhaltet viele unterschiedliche Ansätze mit ihren unterschiedlichen wissenschaftstheoretischen Begründungen. Jedoch kann man weniger von einer einheitlichen Konzeption sprechen, als vielmehr davon, dass sich diese Ansätze von der quantitativstatistischen Vorgehensweise unterscheiden und davon abheben (vgl. Garz/ Kraimer, 1991: 1). Lamnek (2005: 3) beschreibt die qualitative Sozialforschung wie folgt: „Qualitative Methoden werden auf die Messung von Qualitäten, d.h. nonmetrischen Eigenschaften von Personen, Produkten und Diensten reduziert und als ‚qualitative Forschung werden jene Methoden charakterisiert, bei denen wenig Auskunftspersonen, keine Stichprobenverfahren und keine statistischen Analysen eingesetzt werden (Vogel/ Verhallen, 1983: 146).’“ Als Ausgangspunkt qualitativer Sozialforschung sind verschiedene Formen der hermeneutischen bzw. textinterpretativen Ansätze zu sehen. In dieser Arbeit soll ebenfalls eine qualitative Erhebung miteinbezogen werden, die in Form eines strukturierten, problemzentrierten Interviews mit anschließender Inhaltsanalyse durchgeführt wird. 9.2.1 Arten qualitativer Sozialforschung Es gibt unterschiedliche Arten der qualitativen Sozialforschung. Die weit verbreitete und am häufigsten verwendete Methode ist das qualitative Interview, das sich mittlerweile in der empirischen Sozialforschung als Forschungsmethode sehr etabliert hat. Eine Art des qualitativen Interviews, das problemzentrierte Interview, soll im Rahmen dieser Arbeit angewandt werden, da bereits theoretische Ideen bestehen, die durch das Interview eventuell ergänzt oder bestätigt werden sollen. Weiters ermöglicht diese Art des Interviews leitfadengestützt vorzugehen, was eine Vergleichbarkeit und Strukturierung ermöglicht. Andere Arten der qualitativen Sozialforschung wären die Einzelfallstudie, Gruppendiskussionen, Inhaltsanalyse sowie die teilnehmende Beobachtung, das qualitative Experiment oder biographische Methoden (vgl. Lamnek, 2005). 128 Empirisch Pädagogische Sozialforschung 9.2.2 Das problemzentrierte Interview Im Unterschied zum narrativen Interview, bei dem der Forschende ohne theoretisch ausgearbeiteten Entwurf in die Datenerhebung geht, steht im problemzentrierten Interview die Konzeptgenerierung trotzdem noch im Vordergrund, jedoch wird ein bestehendes wissenschaftliches Konzept durch die Äußerungen des Befragten gegebenenfalls modifiziert und ergänzt. Man kann hier also nicht von einer rein induktiven Vorgehensweise sprechen, sondern eher von einer Kombination aus Deduktion und Induktion (vgl. Lamnek, 2005: 364). Dieses Konzept wird dem Aspekt gerecht, dass der Forscher immer, wenn auch oft nur implizit, mit theoretischen Ideen in die Datenerhebung geht. Der Forscher teilt jedoch seine Annahmen nicht mit, da diese nicht suggestiv wirken sollen. Die theoretischen Konzepte des Forschers werden ständig modifiziert. Für diese Art des Interviews kann ein Leitfaden erstellt werden, um alle relevanten Themenbereiche abzudecken und fehlende nachfragen zu können (vgl. Lamnek, 2005: 368). Ein Leitfaden erleichtert einerseits die Vergleichbarkeit der einzelnen Interviews, entlastet andererseits aber auch den Interviewer. Auch wenn ein Leitfaden vorhanden ist heißt das nicht, dass strikt nach dieser Reihenfolge vorgegangen werden muss. Der Leitfaden soll lediglich als Gerüst dienen (Friebertshäuser, 1997: 376). Im Zusammenhang mit dem problemzentrierten Interview sind einige Grundprinzipien wichtig, von denen einige hier beschrieben werden sollen. Ein wichtiges Prinzip z.B. besteht in der Zurückhaltung durch den Forscher. Es wird zwar versucht, ein Alltagsgespräch zu realisieren, dennoch soll der Befragte zu Wort kommen und er derjenige sein, der das Gespräch quantitativ und qualitativ bestimmt. Prinzipiell muss der Interviewende auch für neue Informationen und Aspekte offen sein. Das heißt, es gilt das Prinzip der Offenheit. Auch muss der Forscher flexibel auf die Befragten reagieren und eingehen und darf das Interview nicht prädeterminieren (vgl. Lamnek, 1989: 64). Die Datenerfassung kann im Wesentlichen mit Hilfe von 4 Techniken erfolgen, die im problemzentrierten Interview dieser Arbeit alle Anwendung finden sollen. Einerseits sollen mit Hilfe eines Kurzfragebogens Daten erfasst werden, die für die weitere Interpretation einen zusätzlichen sozialen Hintergrund enthalten sollen. Der schon erwähnte Leitfaden ist vor allem als Gedächtnisstütze und Orientierungshilfe zu sehen. Als weiteres Hilfsmittel und Datenträger wird beim Interview ein Tonband benutzt, um das gesamte Interview aufzuzeichnen und später zu transkribieren. Zusätzlich sollte der Interviewer ein Postskript anfertigen, das Angaben über den Inhalt der Gespräche, die vor und nach dem Einschalten des Tonbandgerätes geführt worden sind 129 Empirisch Pädagogische Sozialforschung und eventuelle Rahmenbedingungen sowie Auffälligkeiten in der Körpersprache des Befragten, enthalten. Das durch die Interviews erworbene Datenmaterial wird mit Hilfe des Computerprogramms MAXQDA qualitativ analysiert und einer Inhaltsanalyse unterzogen werden. 9.2.3 Die Inhaltsanalyse Die Inhaltsanalyse ist eine Systematisierung von alltäglichen Vorgehensweisen. Jeder Autofahrer z.B. analysiert den Inhalt von Verkehrsschildern. Diese alltägliche „Inhaltsanalyse“ geschieht allerdings eher intuitiv, nicht nach fest vorgegebenen, intersubjektiv nachvollziehbaren, Regeln der Informationsverarbeitung (Kromrey, 1998: 298). Die Inhaltsanalyse ist nach einer sehr weit gefassten, aber gängigen Definition eine „Forschungstechnik, mit der man aus jeder Art von Bedeutungsträgern durch systematische und objektive Identifizierung ihrer Elemente Schlüsse ziehen kann, die über das einzelne analysierte Dokument hinaus verallgemeinerbar sein sollen“ (ebd.: 298). Im Allgemeinen handelt es sich bei der Inhaltsanalyse um die Analyse sprachlicher Mitteilungen, meist schriftlicher Texte, obwohl das Instrument der Inhaltsanalyse nicht auf sprachliche Mitteilungen beschränkt ist. Sie kann z.B. auch Gemälde etc. zum Gegenstand haben. Diese Definition der Inhaltsanalyse beinhaltet auch, dass herausgelesene Informationen genutzt werden, um „Aussagen über die soziale Realität außerhalb der Texte (Dokumente) zu gewinnen“ (ebd.: 299). Die Texte sind nicht wie z.B. in der Literaturwissenschaft selbst Gegenstand des Interesses, sondern sie dienen als Informationsträger. Die Aussagen sind Indikatoren für bestimmte Sachverhalte, die z.B. beschriebene oder dargestellte Ereignisse oder Situationen etc. sein können. Die Sachverhalte, die für den Forschungsprozess interessant sind, können entweder manifest im Text dokumentiert sein, als Aussage über ein bestimmtes Thema, oder sie sind indirekt aus dem Text zu erschließen. Beispiele für den Einsatz von Inhaltsanalyse sind: die Auswertung von Gruppendiskussionen, oder von Leitfaden-Gesprächen, in denen der gesamte Gesprächsverlauf auf Tonträger (Tonband, Kassettenrekorder) aufgezeichnet wurde, Auswertung von schriftlichen Gesprächsprotokollen, Auswertung von Zeitungsartikeln usw. (vgl. ebd.: 299f.). 130 Empirisch Pädagogische Sozialforschung Abzugrenzen ist die Methode der Inhaltsanalyse von Textinterpretationen für die die Regeln der Hermeneutik gelten. Auch die Hermeneutik hat die Auswertung, besonders von Texten, zum Ziel. Ein großer Unterschied zur empirischen Inhaltsanalyse ist allerdings, dass es ihr nicht um die „systematische Identifizierung von Aussage-Elementen und deren Zuordnung zu vorher festgelegten Kategorien“(ebd.: 300) geht. Die Zuordnung von Aussageinhalten zu vorher festgelegten Kategorien soll bei der Inhaltsanalyse unabhängig von der Person sein, die die Zuordnung vornimmt und somit in diesem Sinne „objektiv“ sein. Dafür müssen die Zuordnungskriterien einheitlich und konsistent angewendet werden. Mayring (2008: 12f.) fasst die Spezifika der Inhaltsanalyse und ihre Unterscheidung von anderen Methoden in sechs Punkten zusammen: 1.) Der Gegenstand der Inhaltsanalyse ist Kommunikation, dabei ist nicht notgedrungen alleine die Sprache gemeint, sondern auch Bilder, Musik, Symbole etc. 2.) Der Gegenstand der Inhaltsanalyse- die Kommunikation- liegt in irgendeiner Form protokolliert vor. 3.) Inhaltsanalyse soll systematisch erfolgen. Dabei unterscheidet sie sich wesentlich von hermeneutischen Verfahren. 4.) Die Inhaltsanalyse Nachvollziehbarkeit soll nach gewährleistet. expliziten Erst Regeln durch die erfolgen. Dadurch Regelgeleitetheit wird die genügt die Inhaltsanalyse den „sozialwissenschaftlichen Methodenstandards“. 5.) Die Inhaltsanalyse untersucht das Material anhand von theoretisch ausgewiesenen Fragestellungen. Die Ergebnisse werden vom jeweiligen Theoriehintergrund aus interpretiert. 6.) Inhaltsanalyse hat zum Ziel, Rückschlüsse auf bestimmte Aspekte der Kommunikation bzw. Aussagen über den Sender (z.B. dessen Absichten und Einstellungen) ableiten. Die Inhaltsanalyse ist ein deskriptives Verfahren, deren Ziel es ist, Aussageformen und Argumentationsmuster zu kristallisieren. Es wird in der Analyse nicht quantitativ gewichtet, d.h. es wird nicht ausgewertet, wie viele Personen was gesagt haben, sondern was wie gesagt worden ist. Die Beschreibung des Inhalts steht also im Vordergrund. Die quantitative Auswertung kann allerdings eine Ergänzung zur qualitativ orientierten Auswertung darstellen (vgl. Herwartz- Emden, 1991: 260f.). An dieser Stelle soll auch die Inhaltsanalyse mit Hilfe des Computerprogramms MAXQDA durchgeführt werden. 131 Forschungsdesign 10 Forschungsdesign In dieser Arbeit sollen wie bereits erwähnt eine quantitative sowie eine qualitative Untersuchung erfolgen. Zu diesem Zweck wird eine Dokumentenanalyse zur Erhebung quantitativer und eine Reihen von ExpertInneninterviews zur Ergänzung qualitativer Daten durchgeführt werden. In diesem Kapitel sollen die Problemstellungen und Ziele der Untersuchungen, sowie die Forschungsmethoden und –instrumente dargestellt und beschrieben werden. 10.1 Problemstellung Es gibt eine Gruppe von Kindern und Jugendlichen, deren Probleme zu einer wechselseitigen Zuständigkeit von Jugendwohlfahrt und KJP führen. Diese Grenzfälle sollen Gegenstand dieser Untersuchung sein. Aus den 1990er Jahren existieren unterschiedliche Studien und Untersuchungen, die sich mit der Kooperation der Jugendwohlfahrt und der Jugendpsychiatrie in Deutschland beschäftigen. Aus diesen Untersuchungen hat sich ergeben, dass jeder siebte bis achte junge Mensch sowohl das System der Klinik als auch das der Jugendwohlfahrt kennt. Diese Zahlen sind für Deutschland bekannt. Für Österreich gibt es allerdings nahezu keine Untersuchungen. Daher sollen in dieser Arbeit Zahlen für die Steiermark erhoben werden. Damit soll vor allem deutlich werden, wie viele der Kinder und Jugendlichen, die auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station behandelt oder abgeklärt werden, auch Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt haben oder hatten. Diese Zahlen werden im Rahmen einer Dokumentenanalyse erhoben, die im Computersystem MEDOCS® erfolgt. Zusätzlich wird eine Untersuchung bezüglich der Erwartungen an die KJP sowie hinsichtlich diesbezüglicher Erfahrungen von Seiten der stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt gemacht, um eventuelle Probleme festzustellen und Vorschläge zu entwickeln, auf welche Weise die Kooperation verbessert werden könnte. In diesem Zusammenhang wird vor allem die Sichtweise der Professionellen aus dem System der Jugendwohlfahrt in den Blick genommen. Dazu werden ExpertInnen aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen der Steiermark mit Hilfe eines problemzentrierten Interviews befragt. Aus dieser Problemstellung ergeben sich unterschiedliche Hypothesen und in weiterer Folge Fragestellungen und Ziele für die vorliegende Untersuchung. Diese sollen in den folgenden Kapiteln näher beschrieben werden. 132 Forschungsdesign 10.2 Hypothesen 1. Ein wesentlicher Teil der Kinder und Jugendlichen, die auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der LSF Graz behandelt werden, sind auch in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht. 2. Die Kinder und Jugendlichen, für die eine neue Form der Unterbringung während des Aufenthaltes gesucht werden muss, sind im Durchschnitt länger in stationärer psychiatrischer Behandlung. Dies ergibt sich aufgrund der Dauer der Suche und des Aufnahmeverfahrens. Erschwert und verlängert wird die Suche durch den Mangel an Fremdunterbringungsmöglichkeiten in der Steiermark. 3. Die Kinder und Jugendlichen, die in Einrichtungen der stationären Jugendwohlfahrt fremd untergebracht sind, brauchen im Durchschnitt mehr psychiatrische Interventionen, als die kinder- und jugendpsychiatrischen PatientInnen, bei denen kein Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen bekannt ist. 4. Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt werden eher aufgrund von Gewalttätigkeiten zur Aufnahme gebracht als Kinder und Jugendliche, die nicht in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht sind. Für Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, ist die KJP in diesem Zusammenhang niederschwelliger und wird schneller konsultiert als Familien dies bei den gleichen Problemstellungen tun. 5. Es hängt immer von der Einstellung der Professionellen und der Institutionen der Jugendwohlfahrt ab, wie lange Kinder- und Jugendliche gehalten werden bzw. wann der Punkt erreicht ist, dass eine Institution wie die KJP konsultiert wird. 6. Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt unterscheiden sich in Bezug auf psychiatrische Diagnosen dahingehend von anderen, dass sie eher an expansiven Verhaltensstörungen leiden. 7. Besonders schwierige Kinder und Jugendliche verursachen in beiden Helfersystemen Hilflosigkeit bzw. bringen die Institutionen an ihre Grenzen. Dies führt zu wiederholenden Überweisungen zwischen den Einrichtungen (Pinball Effekt). 133 Forschungsdesign 8. Für stationäre Fremdunterbringungsmöglichkeiten der Jugendwohlfahrt hat die Hilfestellung durch die KJP eine entlastende Wirkung. 9. Durch die Schaffung von möglichst gemeindenahen ambulanten Diensten wird die KJP entlastet. 10. Durch einen besseren Austausch zwischen Sozialpädagogen der KJP und den Betreuern in stationären Fremdunterbringungsmöglichkeiten der Jugendwohlfahrt kann die Kooperation erleichtert werden. 11. Wenn stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt die Möglichkeit haben, Kinder und Jugendliche kurzfristig in geschlossene Einheiten zu übernehmen, entfällt die Notwendigkeit einer Überstellung in die KJP. 12. BetreuerInnen aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt wurden während ihrer Ausbildung nicht oder nur wenig auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen vorbereitet. Im Umgang mit diesen Fällen scheint die eigene Einstellung und Haltung von besonderer Bedeutung, was auch die Selbsterfahrung bzw. –reflexion in der Ausbildung notwendig macht. 13. Es besteht in der Steiermark ein Bedarf an mehr und an differenzierteren Angeboten der stationären Fremdunterbringung. Besonders fehlen Einrichtungen, die von Professionellen sowohl aus dem Bereich der KJP wie auch aus dem Bereich der Jugendwohlfahrt betreut werden. Hier besteht die Notwendigkeit der Kooperation auf politischer Ebene zwischen dem Gesundheitssystem und dem System der Jugendwohlfahrt. 10.3 Fragestellungen bzw. Ziele der Untersuchung Die Fragestellungen, die sich für die quantitative Datenerhebung, die Dokumentenanalyse ergeben beziehen sich vor allem auf Unterschiede zwischen den Kindern und Jugendlichen, die Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt haben oder hatten, und denen, bei denen kein Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen bekannt ist. Folgende Fragestellungen zeigen sich hier von besonderer Relevanz: 1. Gibt es einen Unterschied in Bezug auf das Alter zwischen den Kindern und Jugendlichen, die Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt haben, und denen bei denen kein Kontakt bekannt ist? 134 Forschungsdesign 2. Gibt es einen Unterschied in Bezug auf das Geschlecht? 3. Gibt es einen Unterschied im Hinblick auf die Zahl der notwendigen psychiatrischen Interventionen? 4. Gibt es einen Unterschied im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer zwischen den Kindern und Jugendlichen, die aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kommen und denen, die vor dem Aufenthalt nicht fremd untergebracht waren? 5. Unterscheiden sich die Kinder und Jugendlichen in Bezug auf die Aufenthaltsdauer für die während der psychiatrischen Intervention eine neue Unterbringung gesucht werden muss, von denen, die in die gleiche Wohnform zurückkehren können? 6. Gibt es einen Unterschied in den Aufnahme- bzw. Entlassungsdiagnosen? 7. Unterscheiden sich die Aufnahmegründe in den beiden Gruppen? 8. Gibt es einen Unterschied im Hinblick auf die Häufigkeit der Aufnahme im geschützten Bereich? 9. Gibt es einen Unterschied in der Interventionsform (ambulant, tagklinisch, stationär)? Da für die Steiermark bzw. für Österreich sehr wenige empirische Daten vorhanden sind, ist es von besonderem Interesse, die Gruppe jener Kinder und Jugendlichen, die auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station behandelt werden, generell im Hinblick auf unterschiedliche Parameter zu beschreiben. Daher besteht ein weiteres Ziel darin, diese deskriptiven Daten darzustellen. Von besonderer Relevanz im Zusammenhang mit dieser Arbeit erscheint heraus zu finden, wie viele Kinder und Jugendliche de facto von beiden Systemen betreut werden. Im qualitativen Teil der Untersuchung sollen vor allem die Sichtweisen der Professionellen aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen heraus gearbeitet werden. Folgende Fragestellungen sind für die problemzentrierte Befragung von besonderer Bedeutung: 1. Wo liegen die Unterschiede zwischen den Einrichtungen der JW, mit denen es eine häufige Kooperation zur KJP gibt und denen, mit denen nur wenig bis gar keine Kooperation vorhanden ist? 2. Wie wird die Zusammenarbeit zwischen der KJP und stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt von Seiten der Einrichtungen der JW erlebt? 3. Wie sind die bisherigen Erfahrungen? 4. Wann bzw. bei welchen Kindern und Jugendlichen ergibt sich der Bedarf der Zusammenarbeit? 5. Was erwarten sich Einrichtungen der JW von der KJP? 6. Welche Kriterien müssen Kinder und Jugendliche erfüllen, damit sie in Einrichtungen der JW aufgenommen werden? 135 Forschungsdesign 7. Welche Rolle spielt eine psychiatrische Diagnose bzw. ein oder mehrere Aufenthalte in der KJP bei der Aufnahme? 8. Welche Kriterien führen zu einem Ausschluss aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen? 9. Wie wird mit Kindern und Jugendlichen umgegangen, die die Grenzen der Einrichtung sprengen? 10. Wie wird der Bedarf an JW- Einrichtungen in der Steiermark eingeschätzt? 11. Wie stellen sich Mitarbeiter in Einrichtungen der JW eine optimale Zusammenarbeit zwischen ihrer Einrichtung und der KJP vor? 12. Welchen Einfluss hat die Möglichkeit der geschlossenen Unterbringung im Rahmen der KJP auf Einweisungen in die KJP? 13. Wie wird der Bedarf an geschlossenen Unterbringungsmöglichkeiten im Rahmen der Jugendwohlfahrt eingeschätzt? 14. Fühlen sich MitarbeiterInnen der Einrichtungen im Umgang mit „besonders schwierigen“ Kindern und Jugendlichen ausreichend geschult? 15. Welche Konsequenzen ziehen Fachkräfte aus jugendpsychiatrischen Diagnosen für ihre weitere Arbeit? Ein wesentliches Ziel der Interviews besteht darin heraus zu arbeiten, was die Fachkräfte in den Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, diese dazu veranlassen, kinder- und jugendpsychiatrische Kompetenzen in Anspruch zu nehmen. 10.4 Wahl der Forschungsmethode Um die bereits erwähnten Fragestellungen beantworten zu können, wurde wie in den vorangegangenen Kapiteln beschrieben, die Dokumentenanalyse und das problemzentrierte Interview zur Datenerhebung ausgewählt. Die Dokumentenanalyse erscheint vor allem im Hinblick auf die Generierung quantitativer Daten als geeignetes Instrument, da hier alle Personen, die innerhalb eines gewissen Zeitraumes auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der LSF Graz behandelt wurden, miteinbezogen werden können. Zusätzlich werden qualitative Daten durch problemzentrierte Interviews gewonnen. Dies scheint vor allem deshalb die geeignete Methode, da hier Hypothesen überprüft bzw. ergänzt werden sollen, auf jeden Fall aber schon mit einem gewissen theoretischen Vorverständnis in das Feld gegangen wird. Außerdem erscheint es hier als besonders geeignet, einen Leitfaden für das Interview verwenden zu können. 136 Forschungsdesign 10.4.1 Der Interviewleitfaden Der Interviewleitfaden wurde mit genau formulierten Fragestellungen erstellt. Diese sollen bei der Befragung als Gerüst dienen. Der Vorteil von Fragenvorgaben liegt darin, dass die Interviews in einer gewissen Weise „standardisiert“ sind und die Vergleichbarkeit der einzelnen Interviews erleichtert wird. Trotzdem kann der Situation entsprechend individuell reagiert werden, was einen wesentlichen Vorteil qualitativer Forschung bietet. Themenkomplexe, die im Zusammenhang mit der Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP durch die Interviews abgedeckt werden sollten, ergeben sich aufgrund der bereits in Kapitel 10.3 beschriebenen Fragestellungen: - Informationen zur Institution und zum Team: Hier ist es besonders wichtig bestimmte Eckdaten zu erheben um eventuelle Unterschiede zwischen den Einrichtungen der JW, die viel Kontakt zur Kinder und Jugendpsychiatrie hatten und denen, bei denen dies nicht der Fall war, erheben zu können. - Aufnahmeverfahren: In Bezug auf das Aufnahmeverfahren zeigt sich von Interesse, was Aufnahme bzw. Ausschlusskriterien sind, wer über die Aufnahme entscheidet, und wie lange dieses Verfahren dauert. - Problemfälle/ Hilfestellungen: Wichtig in diesem Zusammenhang scheint, welche Kinder und Jugendliche von den Fachkräften als besonders schwierig eingeschätzt werden, wie mit schwierigen Situationen umgegangen wird, und welche Hilfestellungen es von außen für die Professionellen bzw. die gesamte Institution gibt. - Zusammenarbeit: Es zeigt sich von Interesse wie die bisherige Zusammenarbeit erlebt wurde. - Erwartungen: Damit Kooperation funktionieren kann ist es von besonderer Bedeutung, Erwartungen abzuklären. Diesbezüglich soll erfragt werden, welche Erwatungen stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtungen an die KJP haben und welche Vorstellungen dahingehend bestehen, wie die umgekehrten Erwartungen aussehen. - Geschlossene Unterbringung: Hier soll einerseits die persönliche Einstellung der Professionellen zur geschlossenen Unterbringung in Jugendwohlfahrtseinrichtungen ermittelt und geklärt werden, ob die geschlossene Unterbringung in der KJP eventuell eine Rolle bei der Überweisung von stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen in die KJP spielt. - Ausbildung: Besonders im Umgang mit schwierigen Situationen ist von Interesse, inwieweit Professionelle in ihrer Ausbildung darauf vorbereitet wurden, bzw. inwieweit sie bereits in der Ausbildung mit psychiatrischen Krankheitsbildern konfrontiert wurden. 137 Forschungsdesign - Ebene der Gesamtversorgung: Auch die Einschätzung der Fachkräfte im Hinblick auf die Gesamtversorgung der Jugendwohlfahrt in der Steiermark soll in den Interviews erhoben werden. - Abschließende, zusammenfassende Fragen Der Interviewleitfaden wurde während der ersten Interviews immer wieder überarbeitet und neu generiert. Vor allem die abschließenden Fragen beinhalteten oftmals eine Wiederholung. Da jedoch manchmal gerade hier auch neue Aspekte angesprochen wurden, wurde meist auch auf diese Fragen nicht verzichtet. Der gesamte Interviewleitfaden ist dem Anhang zu entnehmen. 10.4.2 Im Der Erhebungsbogen Rahmen einer Dokumentenanalyse im Dokumentationssystem MEDOCS® der Steiermärkischen Krankenanstaltengesellschaft, über das alle Krankengeschichten und Daten bzw. Dokumente zu einem Patienten zugänglich sind, soll vor allem festgestellt werden, in wie vielen Fällen eine Zusammenarbeit zwischen der KJP und stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt notwendig wurde. Außerdem soll diese Gruppe hinsichtlich einiger Aspekte beschrieben werden. Dazu wurden folgende Kategorien ausgearbeitet und erhoben. • Wohnform vor der psychiatrischen Intervention • Wohnform nach der psychiatrischen Intervention • Zahl der Aufenthalte bisher • Aufnahme im geschützten Bereich ja/nein • Art der Intervention: ambulant, tagklinisch, stationär • Dauer der Interventionen • Erstaufnahme (Datum) • Einweisungsdiagnose • Entlassungsdiagnose • Aufnahmegrund • Geschlecht • Geburtsjahr Die Kategorien, die sich verändern wie z.B. die Wohnform vor und nach der Intervention oder etwa die Dauer oder Art der Intervention wurden auch für alle Interventionen erhoben, die bereits zuvor stattgefunden haben. Durch die gewonnenen Daten konnten Kategorien wie etwa der Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt oder aber der Wechsel der Wohnform ebenfalls quantitativ erfasst werden. 138 Stichprobenbeschreibung 11 Stichprobenbeschreibung In diesem Kapitel soll beschrieben werden, wie die Stichprobe für die Dokumentenanalyse, bzw. für die Interviews gewonnen wurde. 11.1 Dokumentenanalyse In der Dokumentenanalyse wurden die Dekurse und Arztbriefe von 380 PatientInnen im Hinblick auf die im Kapitel 10.4.2 Der Erhebungsbogen beschriebenen Kategorien untersucht. Dies waren jene Jugendlichen, die im Zeitraum von 01.01.2006 bis 31.12.2006, also innerhalb eines Jahres, auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Sigmund Freud entweder ambulant, tagklinisch oder stationär aufgenommen wurden. Von diesen Kindern und Jugendlichen wurden tagklinische, ambulante oder stationäre Voraufenthalte erhoben. Diese tagklinischen, ambulanten oder stationären Aufnahmen werden in der Folge als Interventionen bezeichnet. An dieser Stelle ist zu erklären, dass es sich bei der Zahl 380 wirklich um Personen handelt, im Unterschied zu internen Statistiken, in denen meist Fälle verzeichnet sind. Hier kann es zum Beispiel sein, dass ein Kind oder Jugendlicher über das Wochenende beurlaubt wird und nach der Beurlaubung aus verwaltungstechnischen Gründen wieder ein neuer Fall angelegt werden muss, obwohl es sich um ein und dieselbe Person handelt. De facto handelt es sich hier um 1143 Fälle bzw. Datensätze, die 380 Personen betreffen. 11.2 Problemzentriertes Interview Im Rahmen des problemzentrierten Interviews wurden 14 Personen aus sieben verschiedenen JWEinrichtungen befragt. Die Auswahl der Einrichtungen erfolgte aufgrund der Dokumentenanalyse. Es wurden drei Einrichtungen befragt, die am häufigsten Kontakt zur KJP hatten; drei Einrichtungen wurden befragt, die im erhobenen Zeitraum sehr wenig Kontakt zur KJP hatten. Zusätzlich wurde eine JW-Einrichtung ausgewählt, die im Jahr 2006 keinen Kontakt zur KJP hatte. In diesen Einrichtungen wurden jeweils der oder die LeiterIn befragt sowie ein(e) weitere(r) MitarbeiterIn, der/die jeweils von der Leitung bestimmt wurde. 139 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion In diesem Kapitel werden einerseits die Ergebnisse der Dokumentenanalyse sowie der Interviews dargestellt und diskutiert werden. Zunächst sollen die Ergebnisse der Dokumentenanalyse im Hinblick auf deskriptive Aspekte beleuchtet werden (Kap.12.1.1). Im Anschluss wird die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die als gemeinsame Fälle von KJP und stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt gelten, genauer analysiert und im Hinblick auf die erhobenen Kategorien mit den anderen Kindern und Jugendlichen verglichen, bzw. Zusammenhänge ermittelt (Kap. 12.1.2). 12.1 Ergebnisse der Dokumentenanalyse In diesem Kapitel werden die Ergebnisse der Dokumentenanalyse dargestellt. Sie wurden mit Hilfe des Computerprogramms SPSS 13.0 gewonnen. Zu diesem Zweck wird zuerst die gesamte Stichprobe (N=380) beschrieben. Anschließend soll jene Gruppe der Kinder und Jugendlichen näher bestimmt werden, die vor oder nach einem Aufenthalt in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht waren (n=111). 12.1.1 Deskriptive Auswertung In diesem Abschnitt werden jene Zahlen dargestellt, die durch die Dokumentenanalyse gewonnen wurden. Dies betrifft jene Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die im Jahr 2006 auf der kinderund jugendpsychiatrischen Station der LSF aufgenommen wurden (N=380). Im Fokus sind jene Kinder und Jugendlichen, die zusätzlich das System der Jugendwohlfahrt in Anspruch nehmen mussten (n=111). Nachdem von den Kindern und Jugendlichen, die im Jahr 2006 aufgenommen wurden auch vorherige Interventionen erhoben wurden, sind die Kapitel teilweise in Interventionen (1 bis 5) unterteilt. Hier sollen die Zahlen vor allem bis zur fünften Intervention dargestellt werden, da die Fallzahl derer, die mehr als fünf Aufenthalte benötigten nur mehr bei sechs liegt und eine differenzierte Darstellung nicht aussagekräftig wäre. Zudem sollen drei dieser Fälle im Einzelnen gesondert beschrieben werden. 12.1.1.1 Geschlecht Von den 380 PatientInnen, die im Jahr 2006 auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station aufgenommen wurden, war die Geschlechterverteilung nahezu gleich. Das heißt es wurden annähernd gleich viele Burschen und Mädchen behandelt. Im Genauen bedeutet dies, dass 184 140 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion (=48,42%) der PatientInnen weiblich waren und 196 (=51,58%) männlich. Diese Verteilung ist der untenstehenden Grafik 1:Geschlecht und Tabelle 2: Geschlecht noch einmal zu entnehmen. Geschlecht weiblich männlich 48,42% 51,58% Grafik 1:Geschlecht Valid Frequency 184 Percent 48,4 Valid Percent 48,4 Cumulative Percent 48,4 männlich 196 51,6 51,6 100,0 Total 380 100,0 100,0 weiblich N Valid Missing 380 0 Tabelle 2: Geschlecht 12.1.1.2 Alter Das jüngste Kind, das im Jahr 2006 auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der LSF aufgenommen wurde, war 6 Jahre alt. Zwei PatientInnen waren über 21 Jahre alt. Diese kamen jedoch ausschließlich aus Behinderteneinrichtungen zur tagklinischen Abklärung. Diese 2 Fälle wurden von der Berechnung des Mittelwertes des Alters ausgenommen, da es sich hier nur um Einzelfälle handelt, die den Mittelwert verfälschen könnten. Das durchschnittliche Alter der im Jahr 2006 aufgenommenen PatientInnen (N= 378) lag demnach bei ~15 Jahren (14,88) mit einer Standardabweichung von 2,467. Knapp 5% (4,8%) der Kinder und Jugendlichen waren unter 10 Jahre alt. Zirka 2% (1,8%) waren bei der Aufnahme über 18 Jahre alt, wobei wie bereits erwähnt 0,9% (alle Fälle über 21 Jahre) der Fälle von der Berechnung des Alters ausgenommen wurden. Die genaue Verteilung des Alters ist der Grafik 2: Alter und der Tabelle 3: Alter zu entnehmen. 141 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Alter 25 Prozent [%] 20 15 10 5 0 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 Alter Grafik 2: Alter Tabelle 3: Alter Alter Valid Statistics Frequency 1 Percent ,3 Valid Percent ,3 Cumulative Percent ,3 7,00 3 ,8 ,8 1,1 8,00 7 1,9 1,9 6,00 9,00 10,00 11,00 7 4 16 1,9 1,1 4,2 Missing 2,9 Median 15,0000 4,8 Std. Deviation 2,46747 5,8 Variance 6,088 10,1 Range 15,00 6,00 21,00 12,00 19 5,0 5,0 15,1 Minimum 13,00 29 7,7 7,7 22,8 Maximum 14,00 49 13,0 13,0 35,7 15,00 67 17,7 17,7 53,4 16,00 63 16,7 16,7 70,1 17,00 78 20,6 20,6 90,7 18,00 32 8,5 8,5 99,2 19,00 1 ,3 ,3 99,5 20,00 1 ,3 ,3 99,7 100,0 1 ,3 ,3 Total 378 100,0 100,0 378 2 14,8889 1,1 21,00 Valid Mean 1,9 4,2 N 142 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Zusätzlich soll hier die Verteilung des Alters in Bezug auf das Geschlecht dargestellt, und berechnet werden, ob diesbezüglich ein signifikanter Unterschied besteht. In den Tabellen lässt sich allerdings erkennen, dass 60,5 % der Burschen jünger als 16 Jahre alt waren, während nur 45,9% der Mädchen jünger als 16 Jahre alt waren. Dies lässt bereits einen Unterschied vermuten, der im Hinblick auf seine Signifikanz geprüft wird. Tabelle 4: Alter Mädchen Alter- Mädchen Valid Statistics- Alter Mädchen 7,00 Frequency 1 Percent ,5 Valid Percent ,5 8,00 2 1,1 1,1 10,00 2 1,1 1,1 12,00 6 3,3 13,00 14 14,00 Cumulative Percent ,5 N Valid Missing 183 Mean 0 15,4809 1,6 Median 16,0000 2,7 Std. Deviation 1,98301 3,3 6,0 Variance 3,932 7,7 7,7 13,7 Range 13,00 21 11,5 11,5 25,1 Minimum 15,00 7,00 38 20,8 20,8 45,9 Maximum 16,00 20,00 34 18,6 18,6 64,5 17,00 44 24,0 24,0 88,5 18,00 20 10,9 10,9 99,5 20,00 1 ,5 ,5 100,0 Total 183 100,0 100,0 Alter- Mädchen 25 Prozent [%] 20 15 10 5 0 7 8 10 12 13 14 Alter Grafik 3: Alter Mädchen 143 15 16 17 18 20 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Bei den Mädchen zeigt sich, dass diese mit einer Standardabweichung von 1,98 Jahren im Durchschnitt 15,48 Jahre alt waren. Das jüngste Mädchen war 7 Jahre alt und das älteste war 20 Jahre alt. Tabelle 5: Alter Burschen Alter- Burschen Valid Statistics- Burschen 6,00 Frequency 1 Percent ,5 Valid Percent ,5 7,00 2 1,0 1,0 8,00 5 2,6 9,00 7 10,00 Cumulative Percent ,5 N Valid 195 Missing 0 Mean 1,5 14,3333 Median 2,6 4,1 15,0000 Std. Deviation 3,6 3,6 7,7 2,73893 Variance 2 1,0 1,0 8,7 7,502 11,00 Range 16 8,2 8,2 16,9 15,00 12,00 Minimum 13 6,7 6,7 23,6 6,00 Maximum 13,00 21,00 15 7,7 7,7 31,3 14,00 28 14,4 14,4 45,6 15,00 29 14,9 14,9 60,5 16,00 29 14,9 14,9 75,4 17,00 34 17,4 17,4 92,8 18,00 12 6,2 6,2 99,0 19,00 1 ,5 ,5 99,5 21,00 1 ,5 ,5 100,0 Total 195 100,0 100,0 Bei den Burschen war der Jüngste 6 und der älteste 21 Jahre alt. Das Durchschnittsalter bei den Burschen beträgt mit einer Standardabweichung von 2,739- 14,33 Jahre. 144 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Alter- Burschen 20 Prozent [%] 15 10 5 0 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 21 Alter Grafik 4: Alter Burschen Somit zeigt sich schon beim Vergleich der Mittelwerte, dass hier ein Unterschied von einem Jahr vorliegt. An dieser Stelle soll geprüft werden, ob dieser Unterschied auch statistisch signifikant ist. Nachdem das Alter nicht normal verteilt ist (Kolmogorov Smirnov z= 3,127; p= 0,000) wurde der Mann- Whitney U Test angewandt, der mit z= -4,146 und p= 0,000 ein sehr signifikantes Ergebnis zeigt. Das heißt, jene Burschen, die im Jahr 2006 auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der LSF aufgenommen wurden, waren sehr signifikant jünger als die aufgenommenen Mädchen. Dies ist wahrscheinlich vor allem darauf zurück zu führen, dass mehr junge Burschen behandelt wurden, als Mädchen. So waren z.B. nur 2,7% der Mädchen jünger als bzw. genau 10 Jahre alt, während 8,7% der Burschen jünger bzw. 10 Jahre alt waren. 25,1% der Mädchen waren jünger als 15 Jahre alt während 45,6% der Burschen jünger als 15 Jahre alt waren. Somit kann festgestellt werden, dass in etwa ein Viertel der Mädchen jünger als 15 Jahre alt waren, während fast die Hälfte der Burschen jünger als 15 Jahre alt war. 145 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 6: Mann- Whitney U Test: Alter/ Geschlecht Ranks Geschlecht Alter Weiblich N Mean Rank 213,28 183 Männlich 195 Total 378 Test Statistics(a) 167,18 Sum of Ranks 39030,00 Mann-Whitney U Alter 13491,000 Wilcoxon W 32601,000 Z 32601,00 -4,146 Asymp. Sig. (2-tailed) ,000 a Grouping Variable: Geschlecht 12.1.1.3 Zahl der psychiatrischen Interventionen Bei etwa einem Drittel der Kinder und Jugendlichen, die im Jahr 2006 aufgenommen wurden, mussten eine zweite oder mehrere psychiatrische Interventionen erfolgen. Insgesamt wurden in die Berechnung 379 Kinder und Jugendliche aufgenommen. Von einer Person liegen diesbezüglich keine genauen Daten vor. Von diesen 379 Personen war bei etwa zwei Drittel, insgesamt 257 Personen (68,3%) bis zum 31.12.2006 nur eine psychiatrische Intervention von Nöten. Der größte Teil derer, die mehrmals auf der Station vorstellig wurden, wurde 2-mal behandelt. Dies waren 18% (68 Personen) der insgesamt behandelten PatientInnen. 35 Kinder und Jugendliche wurden drei Mal vorstellig. Insgesamt 17 Kinder und Jugendliche (= 4,5%) wurden mit Stichtag 31.12.2006 mehr als 3-mal psychiatrisch behandelt. Diese Zahlen sind der nachstehenden Tabelle 7: Zahl der psychiatrischen Interventionen zu entnehmen, und in den untenstehenden Kreisdiagrammen (Grafik 5: Zahl der psychiatrischen Interventionen grafisch dargestellt. Tabelle 7: Zahl der psychiatrischen Interventionen Valid 1 2 3 4 5 6 mehr als 6 Total Missing Total System Frequency 259 Percent 68,2 Valid Percent 68,3 Cumulative Percent 68,3 68 17,9 17,9 86,3 35 9,2 9,2 95,5 5 1,3 1,3 96,8 6 1,6 1,6 98,4 1 ,3 ,3 98,7 5 1,3 1,3 100,0 379 99,7 100,0 1 ,3 380 100,0 146 N Valid Missing 379 1 Mean 1,5594 Median 1,0000 Std. Deviation Variance 1,07326 1,152 Range 6,00 Minimum 1,00 Maximum 7,00 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Zahl der Aufenthalte 1 mehr als 1 31,66% 68,34% 5,00% 4,17% 0,83% 4,17% 2 3 4 5 6 mehr als 6 29,17% 56,67% Grafik 5: Zahl der psychiatrischen Interventionen Im oberen der beiden Kreisdiagramme sind die Prozentsätze der PatientInnen dargestellt, die eine und mehr als eine psychiatrische Intervention benötigten. Im zweiten Kreisdiagramm wurden die 120 Kinder und Jugendlichen, die mehr als 1 Intervention benötigten als 100% angenommen und noch einmal dargestellt. Bezüglich des Geschlechtsunterschieds wurde der Chi- Quadrat Test zur Berechnung herangezogen. Hier wurden jene Fälle, die mehr als 4 Interventionen benötigten in einer Kategorie zusammengefasst, damit der Chi- Quadrat Test angewandt werden konnte. Es ergeben sich mit einem χ2 von 0,224 keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf das Geschlecht. Das heißt, Mädchen und Burschen benötigten ungefähr gleich viele psychiatrische Interventionen. Die genauen Zahlen sind der untenstehenden Kreuztabelle (Tabelle 8) zu entnehmen. 147 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 8: Chi- Quadrat Test- Zahl der Aufenthalte/ Geschlecht Zahl der Aufenthalte zusammengefasst * Geschlecht Crosstabulation Chi-Square Tests Count Geschlecht Zahl der Aufenthalte zusammengefasst Total weiblich 115 männlich 142 257 2 36 32 68 3 21 14 35 4 3 2 5 8 4 12 183 194 377 1 mehr als 4 Total 12.1.1.4 Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 5,689(a) 5,726 df 4 4 Asymp. Sig. (2sided) ,224 ,221 5,429 1 ,020 377 a 2 cells (20,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 2,43. Aufenthaltsdauer In Bezug auf die durchschnittliche Aufenthaltsdauer der Kinder, und Jugendlichen kann festgestellt werden, dass dieser Mittelwert eine sehr hohe Streuung aufweist. Dies bedeutet, dass die Verteilung der Aufenthaltsdauer sehr unterschiedlich ist. An dieser Stelle wurde die durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Aufenthalt ermittelt. Hier ist darauf hingewiesen, dass durch die Dokumentenanalyse jene Daten der Kinder und Jugendlichen ermittelt wurden, die im Jahr 2006 aufgenommen wurden, und daher auch nur von diesen Voraufenthalte erhoben wurden. Daraus folgt, dass die Stichprobengröße pro Intervention immer kleiner wird. Zur Erhebung der Aufenthaltsdauer muss noch hinzugefügt werden, dass im Rahmen der Dokumentenanalyse versucht wurde zwischenzeitliche Beurlaubungen zu berücksichtigen, und diese nicht zur Aufenthaltsdauer zu addieren. Hier wurde somit nur erhoben, wie viele Tage der/die PatientIn auch wirklich anwesend war. Im Vergleich zu Statistiken, die von der Verwaltung für die unterschiedlichsten Zwecke immer wieder angefertigt werden, können hier in Bezug auf die Aufenthaltsdauer Unterschiede auftreten, da im Rahmen dieser Arbeit- wie erwähnt- versucht wurde, die Aufenthaltsdauer pro PatientIn ohne Beurlaubungen zu ermitteln. Für Verwaltungstätigkeiten wird nach Beurlaubungen, die länger als eine Nacht andauern, wieder ein neuer Fall angelegt. Dadurch lassen sich eventuelle Unterschiede erklären (vgl. Kap. 11.1). Anzumerken ist, dass in der Dokumentenanalyse nicht die genaue Zahl der Tage des Aufenthaltes erhoben wurde, sondern diese in Kategorien (Wochen) eingeteilt wurden. Richtigerweise müsste man also sagen, dass die gesamte durchschnittliche Aufenthaltsdauer bei 15- 21 Tagen, also ungefähr bei 3 Wochen liegt. Noch einmal soll hier allerdings auf die durchwegs hohe Standardabweichung hingewiesen werden. 148 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 9: Aufenthaltsdauer (in Wochen) pro Aufenthalt (Intervention) Valid N 1.Int. 370 2.Int. 116 3.Int. 49 4.Int. 17 5.Int. 10 10 264 331 363 3,7541 4,1983 4,2653 3,41232 3,63610 11,644 13,221 Missing Mean Std. Deviation Variance 6.Int. 5 7.Int. 4 370 375 3,1176 1,8000 3,71806 3,44388 13,824 11,860 8.Int 9.Int. 10.Int. 3 1 1 376 377 379 379 5,4000 1,0000 2,6667 1,0000 2,0000 1,03280 5,17687 ,00000 2,88675 1,067 26,800 ,000 8,333 Durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Aufenthalt (Intervention) der im Jahr 2006 aufgenommenen Kinder und Jugendlichen 6 Aufenthaltsdauer in Wochen 5 4 3 2,9 2 1 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Zahl der Aufenthalte (Interventionen) Grafik 6: Durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Aufenthalt (Intervention) In Grafik 6 ist der Verlauf der Aufenthaltsdauer für die einzelnen Aufenthalte zu sehen. Hier kann man erkennen, dass beim 5. Aufenthalt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer deutlich geringer wird, anschließend gibt es wieder einen Anstieg, der über die durchschnittlichen Aufenthaltsdauern der ersten Aufenthalte hinausgeht. Bei weiteren Aufenthalten sinkt die durchschnittliche Aufenthaltsdauer wiederum. Allerdings soll hier noch einmal betont werden, dass an dieser Stelle nicht die durchschnittliche Aufenthaltsdauer aller Kinder und Jugendlichen, die mehrere Interventionen benötigten erhoben wurde, sondern lediglich Voraufenthalte bzw. Interventionen der Kinder und Jugendlichen erhoben wurden, die im Jahr 2006 aufgenommen wurden. Daher ist die Repräsentativität des Verlaufes für alle in der KJP stationär untergebrachten Kinder und Jugendlichen nicht unbedingt gegeben. Dennoch soll hier der Verlauf für die erhobene Stichprobe angezeigt werden. 149 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Der Gesamtmittelwert liegt hier bei 2,9 Wochen mit einer durchwegs hohen Standardabweichung. Gründe dafür, dass die Aufenthaltsdauer bei der dritten und der vierten Intervention kürzer wird, könnten sein, dass bereits eine ausreichende Abklärung erfolgt ist und es hier nur mehr zu kürzeren Kriseninterventionen gekommen ist. Warum es dann zu einem Anstieg der Aufenthaltsdauer kam, könnte dadurch zu erklären sein, dass bei der sechsten Intervention eventuell mehr Patienten die Wohnform wechseln mussten. Wirft man jedoch einen Blick auf die Daten, kann man sehen, dass nur ein Kind oder Jugendlicher von 5 bzw.6, die 6 oder mehr Interventionen benötigten, bei der 6. Intervention die Wohnform wechselte. In diesem Fall war die Aufenthaltsdauer jedoch auch mehr als 10 Wochen. In einem weiteren Fall betrug die Aufenthaltsdauer bei dieser Intervention ebenfalls mehr als 10 Wochen, wobei in diesem Fall die Wohnform vor der Intervention gleich der Wohnform nach der Intervention war. Die anderen 3 Fälle, von denen die Daten zur 6. Intervention bekannt waren, benötigten Aufenthaltsdauern von 1-3 Wochen. Erneut ist hier darauf hinzuweisen, dass hier nur mehr die Daten von 5 Fällen zur Verfügung stehen und daher die Repräsentativität nicht gegeben ist. Um Gründe für die unterschiedlichen Aufenthaltsdauern zu ermitteln, müsste man jeden Fall individuell untersuchen und beurteilen. Martina Steger (2005: 73) bezieht sich in ihrer Studie auf deutsche Statistiken zur Behandlungsdauer und schreibt: „Bezüglich der Nutzung des Angebots zeigen die Statistiken, dass die Behandlungsdauern in den KJPP- Kliniken allgemein in den letzten neun Jahren allgemein drastisch abgenommen, die Patientenzahlen dagegen stark zugenommen haben“(ebd.). Dieses Ergebnis könnte in zukünftigen Studien auch für die Steiermark beleuchtet werden. Auch hier soll überprüft werden, ob geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Aufenthaltsdauer bestehen. Um diese Frage beantworten zu können, wurde zunächst der Kolmogorov Smirnov Test durchgeführt um herauszufinden, ob eine Normalverteilung vorliegt. Hier war das Ergebnis für die erste Intervention mit z= 4,245 und p= 0,000 sehr signifikant. Dies bedeutet, dass die Daten nicht normal verteilt sind. Aus diesem Grund wurde der nonparametrische Mann- Whitney U- Test, angewandt. Hier zeigen sich mit z= -1,627 und p= 0,104 keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die Mittelwerte der Aufenthaltsdauer des ersten Aufenthaltes und dem Geschlecht. Das heißt bei der ersten Intervention wurden Burschen annähernd gleich lange behandelt wie Mädchen. Dies gilt auch für die 2. Intervention (z= -0,632; p= 0,528). Auch für die dritte Intervention zeigen sich keine signifikanten Unterschiede (z= - 0,73; p= 0,941). 150 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.5 Wohnform vor der Intervention Durch die Dokumentenanalyse sollte vor allem ermittelt werden, wie viele Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt zusätzlich auf der KJP der LSF Hilfe benötigten, und wie viele Kinder und Jugendliche nach einer psychiatrischen Intervention in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht werden mussten. Diese Ergebnisse sollen im Rahmen dieses Kapitels dargestellt werden. Dazu werden die Häufigkeiten zuerst allgemein, in Bezug auf Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, beschrieben. Anschließend wird genauer auf die Wohnform vor jeder einzelnen Intervention eingegangen. Die Ergebnisse sind an dieser Stelle bis zur fünften Intervention dargestellt, da von mehr als fünf Interventionen nur mehr sechs Kinder und Jugendliche betroffen waren (vgl. Kap. 12.1.1). Hierzu ist zu erklären, dass als nkor. die Zahl der Kinder und Jugendlichen angegeben wird, von denen die Wohnform vor der Intervention bekannt ist Tabelle 10: Wohnform vor der Intervention- JW- Einrichtungen Intervention 1.Int. 2.Int. 3.Int. 4.Int. 5.Int. nkor. 369 118 51 17 10 Pat. aus Einrichtungen der JW- STMK Anzahl Prozent von nkor. 17,1% 63 28,8% 34 39,2% 20 52,9% 9 60% 6 Pat. aus Einrichtungen der JW- Rest Ö,D Anzahl 8 6 6 3 1 Prozent von nkor. 2,2% 5,1% 11,8% 17,6% 10% Gesamt Anzahl 71 40 26 12 7 Prozent von nkor 19,3% 33,9% 51% 70,5% 70% Anhand dieser Ergebnisse lässt sich deutlich sehen, dass der Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen, die aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kommen, mit der Zahl der Aufenthalte zunimmt. Dies könnte bedeuten, dass mit der Zahl der Aufenthalte auch die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kommen. Von allen, in diese Untersuchung einbezogenen Kindern und Jugendlichen, wurden beim ersten Aufenthalt 19,3 % das heißt etwa ein Fünftel aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt behandelt. Von den Kindern und Jugendlichen bei denen mindestens zwei Interventionen notwendig wurden, war der Prozentsatz bei 33,9 %. Das bedeutet, etwa ein Drittel der Kinder und Jugendlichen, bei denen mindestens zwei Interventionen notwendig wurden, waren vor der 2. Intervention in einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht. Bei weiteren Interventionen steigt der Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen, die vor der psychiatrischen Intervention fremd untergebracht waren. An dieser Stelle ist jedoch erneut zu erwähnen, dass die Zahl der Kinder und 151 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Jugendlichen, die in die Dokumentenanalyse aufgenommen wurden mit der Zahl der Interventionen abnimmt, da lediglich von den Kindern und Jugendlichen, die im Jahr 2006 aufgenommen wurden, die Voraufenthalte erhoben wurden. Trotzdem lässt sich ein Trend erkennen. Dieser Trend ist in der folgenden Darstellung noch einmal grafisch veranschaulicht. Hier sind vor allem die ersten fünf Interventionen von Bedeutung, da diese in Bezug auf die Fallzahl als repräsentativ betrachtet werden können. Kinder u. Jugendliche aus JW Einrichtungen 100,00% 360 340 90,00% 320 300 80,00% 280 260 70,00% 240 60,00% 50,00% 220 Prozent von nkor. 200 nkor. 180 160 40,00% Linear (Prozent von nkor. ) 140 120 30,00% 100 80 20,00% 60 40 10,00% 20 0,00% 0 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Zahl der Intervention Grafik 7: Wohnform vor der Int.- JW Einrichtungen In den folgenden Kapiteln soll die Wohnform vor der psychiatrischen Intervention für jede einzelne Intervention noch einmal gesondert beschrieben und dargestellt werden. 12.1.1.5.1 1. Intervention Von den 380 Kindern und Jugendlichen, die im Jahr 2006 aufgenommen wurden, ist von 369 (=nkor.) Kindern und Jugendlichen bekannt, wo sie vor dieser Intervention untergebracht waren. 282 Kinder und Jugendliche (=76,4%) waren entweder bei den Eltern, bei einem Elternteil oder bei Pflege- oder Großeltern wohnhaft. Dies entspricht in etwa dreiviertel der Kinder und Jugendlichen. 63 Kinder und Jugendliche (=17,1%) waren vor der Intervention in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung in der Steiermark fremd untergebracht. 8 Kinder und Jugendliche (=2,2%) kamen von einer stationären Fremdunterbringung aus einem anderen Bundesland zur Aufnahme. Hier sind vorwiegend die Bundesländer Kärnten, Burgenland sowie Niederösterreich 152 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion angesprochen. 9 Kinder und Jugendliche (=2,4%) waren vor der 1. psychiatrischen Intervention in einer Einrichtung untergebracht, die durch das Behindertengesetz finanziert wird. Hierunter würden Einrichtungen wie z.B. das Pflegezentrum Kainbach, das ABZ Andritz, Alpha Nova sowie Trainingswohnungen von Jugend am Werk oder der Lebenshilfe etc. fallen. 7 Kinder und Jugendliche (=1,9%) waren in Wohnformen lebend, die unter dem Begriff Sonstiges zusammengefasst wurden. Hier sind vor allem Einrichtungen für Flüchtlinge wie z.B. das Franziskushaus, andere psychiatrische oder psychosomatische Abteilungen, sowie vereinzelt auch eigene Wohnungen ohne Betreuung der Jugendwohlfahrt gemeint. Wohnform vor der 1. psych.Intervention 90,0 80,0 76,4 70,0 Prozent [%] 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 17,1 10,0 2,2 2,4 1,9 Behinderteneinrichtungen Sonstige 0,0 Eltern/KM/KV Großeltern bzw. Jugendwohlfahrtseinrichtungen Jugendwohlfahrtseinrichtungen Pflegefamilie STMK Rest Ö, D Wohnform Grafik 8: Wohnform vor der 1. Intervention 12.1.1.5.2 2. Intervention Von den 118 Kindern und Jugendlichen, bei denen die Wohnform vor der 2. Intervention bekannt ist, waren 72 Kinder und Jugendliche (=61%) bei den Eltern, einem Elternteil, den Groß- oder Pflegeeltern lebend. 34 Kinder und Jugendliche waren vor der 2. Intervention in einer stationären Jugendwohlfahrtseinrichtung der Steiermark fremd untergebracht. Dies entspricht 28,8% also etwas mehr als einem Viertel der Kinder und Jugendlichen, bei denen eine 2. psychiatrische Intervention bekannt ist. 6 Kinder und Jugendliche (= 5,1%) kamen von einer Jugendwohlfahrtseinrichtung eines anderen Bundeslandes zur Aufnahme. Hier waren vor allem die Bundesländer Kärnten, Burgenland und Niederösterreich betroffen. Es kann also festgestellt werden, dass von den Kindern und 153 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Jugendlichen, von denen die 2. psychiatrische Intervention bekannt ist, wiederum ein Drittel vor der 2. Aufnahme in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung fremd untergebracht war. 3 Kinder und Jugendliche (=2,5%) waren in einer Behinderteneinrichtung untergebracht. In diesem Fall sind dies Einrichtungen wie Alpha Nova, Pflegezentrum Kainbach sowie das ABZ Andritz. Ein(e) Jugendliche(r) (= 0,8%) kam von einer Einrichtung für Suchtkranke, die ebenfalls zum Teil durch das Behindertengesetz finanziert werden, jedoch an dieser Stelle gesondert ausgewiesen werden, zur Aufnahme. In diesem Fall handelte es sich um die Drogenstation Walkabout in Kainbach. 1 Kind oder Jugendlicher kam vom Franziskushaus, einer Einrichtung für Flüchtlinge, sowie ein(e) weitere(r) von der heilpädagogischen Station zur Aufnahme. Diese sind unter Sonstige zusammengefasst. Hierzu ist zu erklären, dass die Heilpädagogische Station des Landes Steiermark ebenfalls unter Sonstige subsumiert ist, weil- obwohl sie eine Einrichtung der Jugendwohlfahrt istdiese als sozialpsychiatrische Einrichtung für Kinder doch einen eigenen Stellenwert einnimmt. Wohnform vor der 2. Intervention 70,0 61,0 60,0 Prozent [%] 50,0 40,0 30,0 28,8 20,0 10,0 5,1 2,5 1,7 0,8 0,0 Eltern/KM/KV/Großeltern bzw. Jugendwohlfahrtseinrichtungen Jugendwohlfahrtseinrichtungen Pflegefamilie STMK (Rest Ö, D) Behinderteneinrichtungen Wohnform Grafik 9: Wohnform vor der 2. Intervention 154 Sonstige Einrichtungen für Suchtkranke Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.5.3 3. Intervention Von den 51 Kindern und Jugendlichen, von denen die Daten der 3. Intervention bekannt sind, waren 21 (= 41,2%) bei den Eltern, einem Elternteil oder den Groß- bzw. Pflegeeltern wohnhaft. 20 Kinder und Jugendliche (=39,2%) waren vor der 3. Intervention in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung der Steiermark fremd untergebracht. 6 Kinder und Jugendliche (=11,8%) kamen aus einer stationären Fremdunterbringungseinrichtung der Jugendwohlfahrt eines anderen Bundeslandes zur Aufnahme. Man sieht hier deutlich, dass etwa die Hälfte der Kinder und Jugendlichen, von denen die Daten der 3. Intervention bekannt sind, aus einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt zur Aufnahme kamen. 2 Kinder und Jugendliche (=3,9%) waren vor der 3. psychiatrischen Intervention in einer Behinderteneinrichtung wohnhaft. An dieser Stelle sind die Einrichtungen Alpha Nova sowie die Kompetenz GmbH angesprochen. Ein(e) Jugendlich(e) kam von einer Einrichtung für Suchtkranke, in diesem Fall der Drogenstation Walkabout in Kainbach, zur Aufnahme. Ein(e) Jugendlich(e) hatte zum Zeitpunkt der Aufnahme der 3. Intervention eine eigene Wohnung ohne spezielle Betreuung. Dies ist in der nachstehenden Grafik unter Sonstige summiert. Wohnform vor der 3. Intervention 45,0 41,2 40,0 39,2 35,0 Prozent [%] 30,0 25,0 20,0 15,0 11,8 10,0 3,9 5,0 2,0 2,0 Einrichtungen für Suchtkranke Sonstige 0,0 Eltern/KM/KV/Großeltern bzw. Jugendwohlfahrtseinrichtungen Jugendwohlfahrtseinrichtungen Pflegefamilie STMK (Rest Ö,D) Behinderteneinrichtungen Wohnform Grafik 10: Wohnform vor der 3. Intervention 155 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.5.4 4. Intervention Von den 17 Kindern und Jugendlichen, der Stichprobe, bei denen auch eine 4. psychiatrische Intervention notwendig wurde, waren 9 (=52,9%), also mehr als die Hälfte in einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt in der Steiermark fremd untergebracht. 3 Kinder und Jugendliche (=17,6%) waren vor der 4. Intervention in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung des Burgenlandes, Niederösterreichs bzw. Kärntens wohnhaft. Insgesamt kamen also 12 Kinder und Jugendliche (= 70,5%), das sind fast drei Viertel der Kinder und Jugendlichen, bei denen mindestens 4 psychiatrische Interventionen notwendig waren, von einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt zur Aufnahme. 1 Kind bzw. Jugendliche(r) (=5,9%) lebte in einer Behinderteneinrichtung, in diesem Fall Alpha Nova. Bei den Eltern bzw. einem Elternteil lebten ebenfalls 3 Kinder bzw. Jugendliche, bei denen eine 4. Intervention notwendig war. Wohnform vor der 4.Intervention 60,0 52,9 50,0 Prozent [%] 40,0 30,0 20,0 17,6 17,6 10,0 5,9 5,9 Sonstige Behinderteneinrichtungen 0,0 Jugendwohlfahrtseinrichtungen Jugendwohlfahrtseinrichtungen Eltern/KM/KV/ Großeltern bzw. STMK (Rest Ö, D) Pflegefamilie Wohnform Grafik 11: Wohnform vor der 4. Intervention 12.1.1.5.5 5. Intervention Von der Stichprobe, wurden 10 Kinder und Jugendliche mindestens 5 Mal psychiatrisch behandelt. Davon waren 6 (60%) in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen der Steiermark und 1 Kind oder Jugendliche(r) (=10%) in einer stationären Jugendwohlfahrtseinrichtung des Burgenlandes fremd untergebracht. 1 Kind bzw. Jugendlicher kam von einer Behinderteneinrichtung nämlich Alpha Nova zur Aufnahme. Bei den Eltern bzw. der Mutter lebten 2 Kinder oder Jugendliche (=20%) vor der 5. psychiatrischen Intervention. 156 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wohnform vor der 5. Intervention 70,0 60,0 60,0 Prozent 50,0 40,0 30,0 20,0 20,0 10,0 10,0 10,0 0,0 Jugendwohlfahrtseinrichtungen STMK Jugendwohlfahrtseinrichtungen (Rest Ö,D) Eltern/KM/KV/Großeltern bzw. Pflegefamilie Behinderteneinrichtungen Wohnform Grafik 12: Wohnform vor der 5. Intervention 12.1.1.6 Wohnform nach der Intervention Mittels der Dokumentenanalyse sollten Aussagen darüber getroffen werden, wie viele Kinder und Jugendliche nach einer psychiatrischen Intervention in stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt entlassen wurden. Hierzu konnten die nachstehenden Ergebnisse gefunden werden. Als nkor wird hier jene Anzahl der Kinder und Jugendlichen bezeichnet, von denen die Wohnform nach der Intervention bekannt ist. Nach der ersten Intervention wurden von 360 Kindern und Jugendlichen 67 (=18,6%) in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt in der Steiermark untergebracht. 14 Kinder und Jugendliche (=3,9%) wurden in stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt außerhalb der Steiermark entlassen. Von 115 Kindern und Jugendlichen ist die Wohnform nach der zweiten Intervention bekannt. Hier wurden insgesamt 46 (=40%) Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht, wobei dieser Prozentsatz sowohl Einrichtungen in der Steiermark als auch anderer Bundesländer beinhaltet. Der Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen, die nach der Intervention fremd untergebracht wurden, steigt, ähnlich wie bei der Wohnform vor der Intervention, mit der Anzahl der Interventionen. Die Ergebnisse sind bis zur 5. Intervention in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst. 157 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 11: Wohnform nach der Int.- JW Einrichtungen Intervention nkor. Pat. in Einrichtungen der JW- STMK Anzahl 1.Int. 2.Int. 3.Int. 4.Int. 5.Int. 67 38 16 9 6 360 115 49 17 10 Prozent von nkor. 18,6% 33,0% 32,7% 52,9% 60% Pat. in Einrichtungen der JW- Rest Ö,D Anzahl 14 8 8 2 1 Gesamt Prozent von nkor. 3,9% 7,0% 16,3% 11,8% 10% Prozent von nkor. 22,5% 40% 49% 64,7% 70% Anzahl 81 46 24 11 7 JW Einrichtung nach der Intervention 100,00% 360 340 90,00% 320 300 80,00% 280 260 70,00% 240 220 60,00% 200 50,00% 180 160 40,00% 140 120 30,00% 100 80 20,00% 60 40 10,00% 20 0,00% 0 0 1 2 3 4 5 6 Zahl der Intervention Grafik 13: Wohnform nach der Intervention- JW Einrichtungen 158 7 8 9 Prozent nkor. Linear (Prozent) Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.6.1 1. Intervention Von den 380 Kindern und Jugendlichen der Stichprobe, ist von 360 bekannt, in welche Wohnform sie nach der ersten Intervention entlassen werden konnten. Hier zeigt sich, dass 261 Kinder und Jugendliche, also etwa drei Viertel (=72,5%) nach der psychiatrischen Intervention wieder zu den Eltern, einem Elternteil bzw. Groß- oder Pflegeeltern entlassen werden konnten. Insgesamt 81 (=22,5%), also knapp ein viertel der Kinder und Jugendlichen wurde nach der ersten Intervention in eine stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtung entlassen. Davon waren 67 (=18,6%) in einer Einrichtung in der Steiermark, und 14 (=3,9%) in anderen Bundesländern, vor allem Burgenland, Wien, Niederösterreich, Oberösterreich und Kärnten, fremd untergebracht. Ein Jugendlicher (=0,3%) hatte die Möglichkeit, nach dem psychiatrischen Aufenthalt an einem erlebnispädagogischen Projekt teilzunehmen. Insgesamt 8 Kinder und Jugendliche (=2,2%) wurden nach der psychiatrischen Intervention in eine Einrichtung nach dem Steiermärkischen Behindertengesetz, entlassen. In diesem Fall waren dies vor allem Einrichtungen wie Alpha Nova, das Pflegezentrum Kainbach, das ABZ Andritz oder diverse Trainingswohnheime. Ein(e) weitere(r) Jugendliche (=0,3%) wurde nach dem Aufenthalt in der KJP in der Drogentherapiestation Walkabout weiter betreut. Unter sonstige sind hier Einrichtungen für Flüchtlinge, andere psychiatrische Abteilungen, die heilpädagogische Station des Landes Steiermark sowie die Untersuchungshaft oder aber auch eigene Wohnungen ohne Betreuung zusammengefasst. Hiervon waren 8 Kinder und Jugendliche (=2,2%) betroffen. Diese Ergebnisse sind in der untenstehenden Abbildung noch einmal grafisch dargestellt. 159 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wohnform nach der 1. Intervention 80,0 72,5 70,0 60,0 Prozent [%] 50,0 40,0 30,0 18,6 20,0 10,0 3,9 2,2 2,2 0,3 0,3 0,0 Elt er n/K M/ KV /G r Ju Ju Be So ge ge hin ns nd nd tig de wo wo e rte hlf hlf n ein ah ah rts ri c rts oß h e e tun inr inr elt ich ich ern ge tun tun n bz ge ge w. nS n( Pf l Re eg TM st efa K Ö, mil D) ie erl eb nis pä d. Pr oje kte Ein ric htu ng en f ür S uc htk r an ke Wohnform Grafik 14: Wohnform nach der 1. Intervention 12.1.1.6.2 2. Intervention Von 115 Kindern und Jugendlichen, von denen die Wohnform nach der 2. psychiatrischen Intervention bekannt ist, wurde in etwa die Hälfte (=53%), dies sind 61 Kinder und Jugendliche zu den Eltern, einem Elternteil, den Groß- oder Pflegeeltern entlassen. Von 45 Kindern und Jugendlichen (=40%), also zwei Fünftel der Kinder und Jugendlichen, die 2 und mehr Interventionen benötigten, war die Wohnform nach der 2. Intervention eine stationäre Einrichtung der Jugendwohlfahrt. Davon waren 38 Kinder und Jugendliche (=33%) in der Steiermark, und 8 Kinder und Jugendliche (7%) außerhalb der Steiermark, vor allem in Niederösterreich, Burgenland und Kärnten, untergebracht. Ein Jugendlicher (=0,9%) wurde gleich im Anschluss an den Aufenthalt in ein erlebnispädagogisches Projekt aufgenommen. 3 Jugendliche (=2,6%) wurden in Behinderteneinrichtungen, in diesem Fall Alpha Nova, die Kompetenz GmbH und das ABZ Andritz, entlassen. 2 Jugendliche (=1,7%) wurden nach dem psychiatrischen Aufenthalt in der Drogenstation Walkabout weiter betreut. Unter Sonstige sind an dieser Stelle eine Einrichtung für Flüchtlinge und die Untersuchungshaft, von denen jeweils eine Person betroffen war, zusammengefasst. Diese Zahlen werden in der nachstehenden Grafik veranschaulicht werden. 160 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wohnform nach der 2. Intervention 60,0 53,0 50,0 Prozent [%] 40,0 33,0 30,0 20,0 10,0 7,0 2,6 1,7 1,7 0,9 0,0 Elt ern /KM /KV /G Ju g roß elt en ern b dw o hlf ah rts ein zw .P fle g efa Ju ge nd wo ric htu n ge n mi lie Be h hlf a ind hrt se inr ich tun ST MK ert en ge n So ns ein (R e ric htu n st Ö ,D tig e Ein ric htu n ge n erl ge n für eb nis pä Su ch tkr an d. Pr oje kte ke ) Wohnform Grafik 15: Wohnform nach der 2. Intervention 12.1.1.6.3 3. Intervention Von 49 Kindern und Jugendlichen konnte erhoben werden, wohin sie nach der dritten psychiatrischen Intervention entlassen wurden. Davon konnten 20 Kinder und Jugendliche (=40,8%) nach Hause, zu den Eltern, einem Elternteil bzw. den Groß- oder Pflegeeltern entlassen werden. 24 Kinder und Jugendliche (=49%) jedoch, wurden nach der psychiatrischen Intervention in einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt betreut. Davon waren 16 Kinder und Jugendliche (=32,7%) in der Steiermark und 8 (=16,3%) außerhalb der Steiermark in Burgenland, Niederösterreich, Kärnten bzw. sogar in Deutschland, untergebracht. Wieder ein(e) Jugendliche(r) (=2%) konnte in einem erlebnispädagogischen Projekt weiter versorgt werden 2 Jugendliche (=4,1%) wurden nach dem Aufenthalt in Drogeneinrichtungen weiter rehabilitiert. Ein(e) Jugendliche(r) (2%) wurde nach der Intervention auf der KJP in eine Behinderteneinrichtung entlassen. Ein(e) weitere(r) Jugendliche(r) konnte nach dem Aufenthalt selbständig in einer eigenen Wohnung leben. Dies ist unter Sonstiges beschrieben. Diese Ergebnisse werden in der folgenden Grafik veranschaulicht. 161 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wohnform nach der 3. Intervention 45,0 40,8 40,0 35,0 32,7 Prozent [%] 30,0 25,0 20,0 16,3 15,0 10,0 4,1 5,0 2,0 2,0 2,0 0,0 Elt ern /KM /KV /G Ju g roß elt en ern b dw o hlf ah rts ein zw .P fle g efa Ju ge nd wo ric htu n ge n mi lie Ein hlf a ric htu n hrt se inr ich tun ST MK ge n So ns ge n (R e für st Ö tig e Su ch tkr an ,D ke Be hin de rte erl ne inr i ch tun eb nis pä ge n d. Pr oje kte ) Wohnform Grafik 16: Wohnform nach der 3. Intervention 12.1.1.6.4 4. Intervention Von den 17 Kindern und Jugendlichen, die im Jahr 2006 aufgenommen wurden und bis zu dem Zeitpunkt mindestens vier Interventionen benötigten, wurden 11 Kinder und Jugendliche (=64,7%) nach dem vierten Aufenthalt in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen betreut. Davon waren 9 Kinder und Jugendliche (=52,9%) in einer Einrichtung in der Steiermark, und zwei Kinder oder Jugendliche (=11,8%) in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung in Niederösterreich bzw. dem Burgenland, untergebracht. Vier Kinder bzw. Jugendliche (=23,5%) wurden zu den Eltern, einem Elternteil bzw. den Großoder Pflegeeltern entlassen. Ein Kind oder Jugendlicher (=5,9%) wurde in einer Behinderteneinrichtung und ein(e) weitere(r) (=5,9%) in einer psychiatrischen Abteilung eines anderen Bundeslandes weiter betreut. Diese ist in der nachstehenden Grafik als Sonstige bezeichnet. 162 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wohnform nach der 4. Intervention 60,0 52,9 50,0 Prozent [%] 40,0 30,0 23,5 20,0 11,8 10,0 5,9 5,9 Sonstige Behinderteneinrichtungen 0,0 Jugendwohlfahrtseinrichtungen Jugendwohlfahrtseinrichtungen Eltern/KM/KV/Großeltern bzw. STMK (Rest Ö, D) Pflegefamilie Wohnform Grafik 17: Wohnform nach der 4. Intervention 12.1.1.6.5 5. Intervention Von den 10 Kindern und Jugendlichen, von denen die Wohnform nach der 5. Intervention bekannt ist, wurden insgesamt 7 (=70%) im Anschluss an die psychiatrische Intervention in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen betreut. Davon waren 6 (=60%) in einer Einrichtung in der Steiermark und eine(r) (=10%) in einer Wohngemeinschaft im Burgenland untergebracht. 2 Kinder bzw. Jugendliche (=20%) wurden zu den Eltern, einem Elternteil bzw. Groß- oder Pflegeeltern entlassen. Ein(e) Jugendliche(r) (=10%) war nach der 5. psychiatrischen Intervention in einer Behinderteneinrichtung wohnhaft. Diese Ergebnisse sollen in der nachstehenden Grafik veranschaulicht werden. 163 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wohnform nach der 5. Intervention 70,0 60,0 60,0 Prozent 50,0 40,0 30,0 20,0 20,0 10,0 10,0 10,0 0,0 Jugendwohlfahrtseinrichtungen STMK Jugendwohlfahrtseinrichtungen (Rest Ö, D) Eltern/KM/KV/Großeltern bzw. Pflegefamilie Behinderteneinrichtungen Wohnform Grafik 18: Wohnform nach der 5. Intervention 12.1.1.7 Wechsel der Wohnform Nachdem dargestellt wurde, wie viele Kinder und Jugendliche, die im Jahr 2006 psychiatrisch behandelt wurden, vor der psychiatrischen Intervention in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht waren, und wie viele in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt entlassen wurden, sollen diese Zahlen noch einmal zum Vergleich in der folgenden Grafik dargestellt werden. Man sieht hier vor allem für die erste Intervention deutlich, dass 71 Kinder und Jugendliche vor der psychiatrischen Intervention in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht waren. Nach der ersten Intervention wurden jedoch 81 Kinder und Jugendliche in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht. Das heißt, für 10 Kinder und Jugendliche musste zusätzlich während der ersten psychiatrischen Intervention eine Fremdunterbringung gesucht werden, bevor diese entlassen werden konnten. Bei der 2. Intervention zeigt sich, dass 40 vor der Intervention und 46 Kinder und Jugendliche nach der 2. psychiatrischen Intervention fremd untergebracht waren. Hier sieht man, dass für 6 Kinder und Jugendliche eine Fremdunterbringung gesucht werden musste. Bei der dritten Intervention sieht man, dass vor dieser Intervention 26 Kinder und Jugendliche in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen fremd untergebracht waren. Nach der Intervention wurden jedoch nur 24 in Jugendwohlfahrtseinrichtungen entlassen. Das heißt, dass 2 Kinder oder 164 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Jugendliche während des Aufenthaltes entweder wieder zurück in die Familie geführt werden konnten, oder aber nach der Intervention z.B. in Behinderteneinrichtungen weiter betreut wurden. Auch für die 4. Intervention zeigt sich ein Unterschied von einer Person. Für die 5. Intervention zeigen sich keine Unterschiede mehr. Trotzdem kann man anhand dieses Beispiels sehr gut den Drehtüreffekt, mit dem die KJP oftmals in Verbindung gebracht wird, sehen. Obwohl hier nur die Zahlen für stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtungen dargestellt wurden. Man sieht hier, dass bei den ersten beiden Interventionen weniger Kinder aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kamen, als in Einrichtungen entlassen wurden. Das heißt z.B. für die erste Intervention, dass für 10 Kinder und Jugendliche zusätzlich eine Einrichtung gesucht werden musste. Auffällig ist hier, dass bei der dritten bis zur fünften Intervention weniger Kinder und Jugendliche in eine Einrichtung entlassen wurden, als von einer Einrichtung kamen. Hier läßt sich jedoch keine Signifikanz feststellen. JW Einrichtungen 90 85 81 80 75 71 70 65 60 Häufigkeiten 55 50 46 45 vor der Int. nach der Int. 40 40 35 30 26 24 25 20 15 12 11 10 7 7 5 0 1 2 3 4 5 Zahl der Intervention Grafik 19: Häufigkeiten JW Einrichtungen vor und nach der Int. Hier ist noch beschrieben, für wie viele Kinder insgesamt während des Aufenthaltes eine neue Wohnform gefunden werden musste. Es zeigt sich, dass bei der ersten Intervention für 47 Kinder und Jugendliche (=13,1%), bei der zweiten für 22 (=19,1%), bei der dritten Intervention für 13 (=26,5%), bei der vierten für 4 (=23,5%) und bei der 5. Intervention für 1 Kind oder Jugendlichen (=10%) während des psychiatrischen Aufenthaltes eine neue Wohnform gesucht werden musste. 165 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.8 Interventionsform Um zu erheben, welche Interventionsformen vordergründig sind, wurden an dieser Stelle die Kategorien ambulant, tagklinisch, stationär sowie stationär und tagklinisch gewählt. Anzumerken ist, dass nahezu alle PatientInnen nach einem stationären Aufenthalt ambulante Kontrolltermine haben, die im Rahmen dieser Arbeit nicht erhoben und auch nicht als eigene Intervention deklariert wurden. Es wurden bis zu 10 Interventionen bei einem Kind oder Jugendlichen erhoben. Da es sich bei der 9. und der 10. Intervention nur mehr um einen Fall handelt, und die Zahlen für mehr als 5 Interventionen nur mehr als wenig repräsentativ erscheinen, werden hier die Ergebnisse nur bis zur 5. Intervention dargestellt. Der größte Teil der PatientInnen wurde im stationären Setting behandelt. Im Vergleich der unterschiedlichen Interventionen zeigt sich, dass je öfter die Kinder und Jugendlichen auf der KJP aufgenommen wurden, desto geringer ist die Zahl derer, die tagklinisch behandelt wurden. Um genau zu sein, der Prozentsatz der tagklinisch behandelten Kinder und Jugendlichen sinkt von 21,6% bei der ersten Intervention über 5,1% bei der zweiten bis zu zwei Prozent bei der dritten Intervention. Bei mehr als vier Interventionen wurde kein Kind bzw. Jugendlicher ausschließlich tagklinisch behandelt. Man kann daraus schließen, dass für jene Kinder und Jugendlichen, die mehrere Interventionen benötigen, die tagklinische Variante entweder aufgrund des Krankheitsbildes bzw. aus organisatorischen Gründen nicht mehr in Frage kommt. Wie bereits in Kapitel 12.1.1.8.1 erwähnt wurde, ist die geringe Fallzahl ambulanter PatientInnen bei der ersten Intervention aufgrund der genannten Gründe nicht glaubwürdig und kann daher nicht als repräsentativ erachtet werden. In Bezug auf stationäre und anschließend tagklinische Behandlung kann festgehalten werden, dass vor allem bei der vierten Intervention der Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen, denen eine kombinierte stationäre und tagklinische Behandlung zuteil gekommen ist, fast ein Viertel (=23,5%) der Interventionen ausmacht. Bei der ersten Intervention wurden 16%, bei der zweiten 17% und bei der dritten Intervention 10% stationär und anschließend tagklinisch behandelt. Bei der 5. Intervention sinkt der Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen, die sowohl tagklinisch als auch stationär behandelt wurden wieder auf 10%. Es lässt sich aufgrund der vorliegenden Daten jedoch nur schwer eine Begründung für diese Entwicklung finden. 166 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.8.1 1. Intervention Die erste Intervention erfolgte bei etwa 61% der im Jahr 2006 aufgenommenen PatientInnen stationär (vgl. Tabelle 12: Form der 1.Intervention). Ungefähr 22% der PatientInnen wurden ausschließlich im tagklinischen Setting behandelt, während bei etwa 16% der Fälle eine stationäre und anschließend eine tagklinische Behandlung erfolgten. Nur 1,8% der aufgenommenen Fälle wurden ambulant betreut. Diese Zahl scheint sehr gering, was eventuell darauf zurückzuführen ist, dass die Kinder und Jugendlichen, die zur Testung und Abklärung auch nur für einen Tag aufgenommen werden, im Computer meist als tagklinische PatientInnen erfasst sind. Weiters könnte sich diese geringe Zahl durch Eingabefehler erklären lassen. Tabelle 12: Form der 1.Intervention Valid ambulant Frequency 7 Percent 1,8 Valid Percent 1,8 Cumulative Percent 1,8 82 21,6 21,6 23,4 231 60,8 60,8 84,2 60 15,8 15,8 100,0 380 100,0 100,0 tagklinisch stationär stationär+tagklinisch Total 12.1.1.8.2 Valid N Missing 380 0 2. Intervention Bei 118 Kindern und Jugendlichen, die im Jahr 2006 behandelt wurden, war eine 2. psychiatrische Intervention notwendig. Diese erfolgte beim überwiegenden Teil, nämlich in 78% der Fälle, stationär. In ~17% der Fälle wurde eine stationäre Behandlung mit einer anschließenden tagklinischen Behandlung durchgeführt und rund 5% der Interventionen bei den Kindern und Jugendlichen, die ein zweites Mal behandelt wurden, war ausschließlich tagklinisch. Tabelle 13: Form der 2. Intervention Cumulative Percent Valid tagklinisch stationär stationär+tagklinisch Missing Total Frequency 6 Percent 1,6 Valid Percent 5,1 5,1 92 24,2 78,0 83,1 100,0 20 5,3 16,9 Total 118 31,1 100,0 System 262 68,9 380 100,0 167 N Valid 118 Missing 262 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.8.3 3. Intervention Von den 51(=13,4%) Kindern und Jugendlichen, die ein drittes Mal aufgenommen werden mussten, wurden 88,2% im stationären Setting, ungefähr 10% im stationären und tagklinischen, und 2% ausschließlich im tagklinischen Setting psychiatrisch behandelt. Tabelle 14: Form der 3. Intervention tagklinisch Valid Frequency 1 Percent ,3 Valid Percent 2,0 Cumulative Percent 2,0 45 11,8 88,2 90,2 5 1,3 9,8 100,0 100,0 stationär stationär+tagklinisch Total System Missing Total 12.1.1.8.4 51 13,4 329 86,6 380 100,0 N Valid Missing 51 329 4. Intervention Bei 17 Kindern und Jugendlichen, das entspricht einem Prozentsatz von 4,5%, wurde eine 4. psychiatrische Intervention notwendig. Von diesen erfolgte die Behandlung bei 76,5% (=13 PatientInnen) stationär, 23,5% (= 4 PatientInnen) wurden stationär und tagklinisch behandelt. Bei keinem der Fälle, die eine 4. psychiatrische Intervention benötigten, war eine ausschließlich tagklinische Behandlung indiziert. Tabelle 15: Form der 4.Intervention Valid stationär stationär+tagklinisch Total Missing System Total 12.1.1.8.5 Frequency 13 Percent 3,4 Valid Percent 76,5 Cumulative Percent 76,5 4 1,1 23,5 100,0 100,0 17 4,5 363 95,5 380 100,0 N Valid Missing 17 363 5. Intervention Bei 10 Kindern und Jugendlichen (=2,6% der insgesamt untersuchten Fälle) wurde eine 5. psychiatrische Intervention notwendig. Bei 9 von diesen 10 Kindern und Jugendlichen (=90%) war die Behandlung stationär, ein Kind oder Jugendlicher wurde stationär und anschließend tagklinisch behandelt. Bei der 5. Intervention wurde in keinem Fall ausschließlich ambulant oder tagklinisch interveniert. 168 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 16: Form der 5. Intervention stationär Valid Frequency 9 Percent 2,4 Valid Percent 90,0 Cumulative Percent 90,0 1 ,3 10,0 100,0 10 2,6 100,0 stationär+tagklinisch Total System Missing Total 12.1.1.9 370 97,4 380 100,0 N Valid Missing 10 370 Aufnahmediagnose Im Rahmen der Dokumentenanalyse wurden auch die Aufnahmediagnosen sowie die Entlassungsdiagnosen erhoben. Hierzu muss allerdings angemerkt werden, dass bei fast allen Kindern und Jugendlichen nicht ausschließlich eine Diagnose zutrifft. Im Rahmen dieser Studie wurde nur die Hauptdiagnose erfasst. Diese kann sich während des Aufenthaltes immer wieder verändern. Daher wurde auch die Entlassungsdiagnose erhoben, die im folgenden Kapitel dargestellt wird. An dieser Stelle soll für jede Intervention gesondert die Verteilung der Aufnahmediagnosen dargestellt werden. Die Diagnosen wurden lt. ICD10 auch in Bezug auf die Untergruppen sehr genau erfasst. Das hat zur Folge, dass die Ergebnisse sehr differenziert sind. An dieser Stelle sollen die Diagnosen jedoch in Hauptgruppen nach ICD10 zusammengefasst werden, um eine bessere Übersicht zu gewährleisten. 12.1.1.9.1 1. Intervention Die Hauptdiagnose bei der ersten Aufnahme wurde von insgesamt 378 Kindern erfasst. Bei 2 Kindern und Jugendlichen konnte im Nachhinein von der ersten Intervention keine Aufnahmediagnose mehr ermittelt werden. Ein Grund dafür könnte sein, dass die erste Intervention möglicherweise schon länger zurück lag und diese daher nicht im Computer erfasst ist. In der folgenden Grafik ist die Verteilung der Aufnahmediagnosen bei der ersten Intervention zur besseren Übersicht dargestellt, bevor im Detail auf die Verteilung innerhalb der Hauptgruppen eingegangen wird. 169 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Aufnahmediagnose lt.ICD 10 (1.Int.) 45 40 39,4 35 30 Prozent [%] 26,5 25 20 16,7 15 10 5,3 5 2,9 2,9 2,1 1,9 1,3 0,8 0,3 F8 F5 F0 0 F3 F4 F9 F1 F2 Sonstige F6 F7 Diagnose Grafik 20: Aufnahmediagnose (1. Intervention) Für die erste Intervention hat sich ergeben, dass insgesamt 149 Kinder und Jugendliche (=39,4%) von „affektiven Störungen“ (F3) betroffen waren. Davon litten die meisten Kinder und Jugendliche (139 = 36,8%) an einer depressiven Episode. Somit kann festegestellt werden, dass bei über 90% (93,3%) der Kinder und Jugendlichen, die von affektiven Störungen betroffen waren, eine depressive Episode diagnostiziert wurde. In der untenstehenden Tabelle sind die Zahlen für die Diagnosegruppe der „affektiven Störungen“ aufgeschlüsselt. Tabelle 17: Aufnahmediagnose (1.Int.)- F3 Diagnose Manische Episode (F30) Bipolare affektive Störung (F31) Depressive Episode (F32) Rezidivierende depressive Störung (F33) Total Frequency 3 1 139 6 149 Percent 0,8 0,3 36,6 1,6 39,2 Valid Cumulative Percent Percent 0,8 0,8 0,3 1,1 36,8 37,8 1,6 39,4 39,4 Die zweithäufigste Diagnose bei der ersten Intervention waren „Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen“(F4). Hiervon waren 100 Kinder und Jugendliche betroffen. Dies entspricht einem Prozentsatz von 26,3% der aufgenommenen PatientInnen. Der größte Teil (80) dieser Kinder und Jugendlichen wurde mit der Diagnose „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ (F43) aufgenommen. 170 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 18: Aufnahmediagnose (1.Int.)- F4 Diagnose Phobische Störung (F40) Andere Angststörungen (F41) Zwangsstörungen (F42) Reaktionen auf schwere Belastungen Und Anpassungsstörungen (F43) Total Frequency 3 12 5 Percent 0,8 3,2 1,3 80 100 21,1 26,3 Valid Cumulative Percent Percent 0,8 0,8 3,2 4,0 1,3 5,3 21,2 26,5 26,5 63 Kinder und Jugendliche (=16,7%) wurden mit einer Diagnose der Gruppe „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“(F9) aufgenommen. Hier wurden 25 Kinder und Jugendliche (=6,6%) mit „hyperkinetischer Störung“ (F90) und ebenso viele Kinder mit einer „Störung des Sozialverhaltens“ (F91) aufgenommen. Dies entspricht jeweils 39,7% der Kinder und Jugendlichen, die mit einer „Verhaltens- und emotionalen Störung mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) aufgenommen wurden. Tabelle 19: Aufnahmediagnose (1.Int.)- F9 Diagnose Hyperkinetische Störungen (F90) Störung des Sozialverhaltens (F91) Kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92) Emotionale Störungen des Kindesalters (F93) Ticstörungen (F95) Sonstige Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F98) Total Valid Cumulative Percent Percent 6,6 6,6 6,6 13,2 Frequency 25 25 Percent 6,6 6,6 6 3 2 1,6 0,8 0,5 1,6 0,8 0,5 14,8 15,6 16,1 2 63 0,5 16,6 0,5 16,7 16,7 20 Kinder und Jugendliche bekamen bei der Aufnahme die Diagnose „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1). Fast bei der Hälfte dieser Kinder und Jugendlichen, nämlich in 9 Fällen (=2,4%) handelte es sich um eine „Störung durch Alkohol“ (F10). Die andere gleich stark vertretene Gruppe mit ebenfalls 9 Personen (2,4%) wies die Diagnose „Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen“ (F19) auf. 171 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 20: Aufnahmediagnose (1.Int)- F1 Diagnose Störungen durch Alkohol (F10) Störungen durch Opioide (F11) Störungen durch Sedativa oder Hypnotika (F13) Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (F19) Total Frequency Percent 9 2,4 0,3 1 0,3 1 9 20 2,4 5,3 Valid Cumulative Percent Percent 2,4 2,4 0,3 2,7 0,3 2,9 2,4 5,3 5,3 Bei 11 Kindern und Jugendlichen (=2,9%) lautete die Diagnose bei der Aufnahme der ersten Intervention „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen“ (F2). In 7 von diesen 11 Fällen (=1,9%) handelte es sich um eine „akute vorübergehende psychotische Störung“ (F23). Dies entspricht mehr als 60% (63,6%) der Kinder und Jugendlichen, die eine Diagnose aus der Gruppe der „Schizophrenie, schizotypen und wahnhaften Störungen“ (F2) aufwiesen. Tabelle 21: Aufnahmediagnose (1.Int.)- F2 Diagnose Schizophrenie (F20) Anhaltende wahnhafte Störungen (F22) Akute vorübergehende psychotische Störungen (F23) Nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychose (F29) Total An dieser Stelle ist von Interesse, ob Valid Cumulative Percent Percent 0,5 0,5 0,3 0,8 Frequency 2 1 Percent 0,5 0,3 7 1,8 1,9 2,6 1 11 0,3 2,9 0,3 2,9 2,9 es in Bezug auf die Aufnahmediagnosen geschlechtsspezifische Unterschiede gibt. Um dies zu berechnen, wurde der Chi-Quadrat Test angewandt. Um das Chi- Quadrat berechnen zu können, wurden die Kategorien „Organische, einschließlich symptomatischer psychischer Störungen“ (F0); „Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen“ (F6); „Entwicklungsstörungen“ (F8), sowie „Intelligenzminderung“ (F7) aus der Berechnung genommen, da hier zu geringe Fallzahlen vorlagen. Das heißt, insgesamt wurden 15 Fälle aus der Berechnung genommen. Es zeigten sich sehr signifikante geschlechtsspezifische Unterschiede (χ2= 0,000). Vor allem im Bereich der „affektiven Störungen“ (F3) zeigte sich, dass signifikant mehr Mädchen von dieser Diagnose betroffen waren. Im Bereich der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) ist festzustellen, dass hier signifikant mehr Burschen als Mädchen betroffen waren. Dies sind Ergebnisse, die auch in anderen Studien zur Prävalenz bereits beschrieben wurden. Es zeigt sich erneut, dass Burschen eher zu externalisierenden und Mädchen eher zu internalisierenden Störungen neigen. 172 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Aufnahmediagnose lt. ICD10 (1.Int.) 100 91 90 80 70 Anzahl 60 56 50 46 46 40 40 30 20 10 11 9 6 7 5 7 1 0 F1 F2 F3 F4 Diagnose Grafik 21: Aufnahmediagnose (1.Int.)- Geschlecht Die Tabelle ist dem Anhang zu entnehmen. 173 F6 F9 weiblich männlich Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.9.2 2. Intervention Von den untersuchten Fällen, ist von insgesamt 118 Kindern und Jugendlichen die Aufnahmediagnose bei der zweiten Intervention bekannt. Dies entspricht einem Prozentsatz von 31,1% (vgl. Tabelle 85: Aufnahmediagnose (1.Intervention); nach Häufigkeiten geordnet). In der folgenden Grafik sind die wichtigsten Hauptdiagnosen bei der Aufnahme der zweiten Intervention dargestellt, bevor im Anschluss auf die Verteilung innerhalb der Hauptgruppen genauer eingegangen wird. Aufnahmediagnose lt. ICD10 (2.Int.) 40 36,4 35 30 28,8 Prozent [%] 25 21,2 20 15 10 5,1 5 3,4 2,5 1,7 0,8 0 F3 F4 F9 F1 F2 F7 F6 F8 Diagnose Grafik 22: Aufnahmediagnose (2. Intervention) Bei über einem Drittel dieser Kinder und Jugendlichen war die Aufnahmediagnose eine Form der „affektiven Störungen“ (F3). Um genau zu sein, wurde bei 43 Kindern (=36,4%) bei der zweiten Aufnahme eine Form von affektiven Störungen diagnostiziert. Der größte Teil dieser Kinder und Jugendlichen (32,2%) wurde wieder mit der Diagnose „Depressive Episode“ (F32) aufgenommen. Dies entspricht einem Prozentsatz von 88,4% aller Kinder und Jugendlichen, die mit einer Diagnose aus der Hauptgruppe der „affektiven Störungen“ (F3) aufgenommen wurden. 174 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 22: Aufnahmediagnose (2.Int.)- F3 Diagnose Bipolare affektive Störung (F31) Depressive Episode (F32) Rezidivierende depressive Störung (F33) Total Valid Cumulative Frequency Percent Percent Percent 3 0,8 2,5 2,5 38 10,0 32,2 34,7 2 43 0,5 11,3 1,7 36,4 36,4 Bei knapp 30% (28,8%) der Kinder und Jugendlichen, bei denen eine 2. psychiatrische Intervention notwendig wurde, war die Diagnose bei der Aufnahme eine Form von „Neurotischer-, Belastungsund somatoformer Störung“ (F4). 27 Kinder und Jugendliche (=22,9%) wurden mit einer Diagnose der Gruppe „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ (F43) aufgenommen. Dies entspricht einem Prozentsatz von 79,4% aller mit einer Diagnose aus der Gruppe der „neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störung“ (F4) aufgenommenen Kinder und Jugendlichen. Tabelle 23: Aufnahmediagnose (2.Int.)- F4 Valid Cumulative Percent Percent Frequency Percent 1 0,3 0,8 0,8 3 0,8 2,5 3,4 0,5 1,7 5,1 2 Diagnose Phobische Störung (F40) Andere Angststörungen (F41) Zwangsstörung (F42) Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43) Somatoforme Störungen (F45) Total 27 1 34 7,1 0,3 8,9 22,9 0,8 28,8 28,0 28,8 Die dritthäufigsten Aufnahmediagnosen bei der 2. Intervention sind der Kategorie „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) zuzuordnen. Diese wurde bei etwa einem Fünftel (genau 21,2%) der Kinder und Jugendlichen, die zum zweiten Mal aufgenommen wurden, diagnostiziert. Etwa die Hälfte dieser Kinder und Jugendlichen wurden mit der Diagnose „kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen“ (F92) aufgenommen. Tabelle 24: Aufnahmediagnose (2.Int.)- F9 Diagnose Hyperkinetische Störungen (F90) Störung des Sozialverhaltens (F91) Kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92) Total 175 Frequency 8 5 Percent 2,1 1,3 12 25 3,2 6,6 Valid Cumulative Percent Percent 6,8 6,8 4,2 11,0 10,2 21,2 21,2 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Auch an dieser Stelle soll noch einmal berechnet werden, inwieweit ein geschlechtsspezifischer Unterschied in Bezug auf die Aufnahmediagnosen der zweiten Intervention vorliegt. Hier konnten in die Berechnung nur die Diagnosegruppen „affektive Störungen“ (F3); „Neurotische-, Belastungsund somatoforme Störungen“(F4) sowie „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) einbezogen werden, da die Fallzahlen der anderen Diagnosegruppen zu gering waren und somit die Bedingungen um einen Chi- Quadrat Test errechnen zu können nicht erfüllt waren. Aufgrund dieser 3 Diagnosegruppen lässt sich allerdings wieder mit einem χ2 von 0,000 ein sehr signifikanter Unterschied beweisen. Erneut zeigt sich, dass mehr Mädchen von „affektiven Störungen“(F3) und mehr Burschen von „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) betroffen waren, während von „Neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störungen“(F4) annähernd gleich viele Burschen wie Mädchen betroffen waren. Dieses Ergebnis ist der nachfolgenden Grafik (Grafik 23: Aufnahmediagnose (2. Int.) –Geschlecht) genauer zu entnehmen. Aufnahmediagnose lt. ICD10 (2.Int) 35 32 30 25 20 Anzahl 18 18 15 13 10 10 4 5 0 F3 F4 Diagnose Grafik 23: Aufnahmediagnose (2. Int.) –Geschlecht 176 F9 weiblich männlich Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.9.3 3. Intervention Die zwei wichtigsten Diagnosen bei den 51 Kindern und Jugendlichen (=13,4% vom Gesamten), von denen die Aufnahmediagnose der dritten Intervention bekannt ist, sind ähnlich wie bei der zweiten Intervention, wiederum „Affektive Störungen“ (F3) und „Neurotische Belastungs- und somatoforme Störungen“ (F4). Zur besseren Übersicht soll die Verteilung der Diagnosen in Bezug auf die Hauptgruppen in der folgenden Grafik veranschaulicht werden, bevor wiederum die Verteilung innerhalb der Hauptgruppen beschrieben wird. Aufnahmediagnose lt. ICD 10 (3.Int.) 35 33,3 29,4 30 Prozent [%] 25 20 17,6 15 9,8 10 5 3,9 3,90 2 0 F3 F4 F2 F9 F1 F6 F7 Diagnose Grafik 24: Aufnahmediagnose (3. Intervention) Von diesen 51 Kindern und Jugendlichen wurde ein Drittel, nämlich 17 Kinder und Jugendliche (=33,3%), mit einer Hauptdiagnose aufgenommen, die laut ICD10 der Kategorie der „affektiven Störungen“ zuzuordnen ist. Hier überwiegt wieder- wie bei der ersten und zweiten Intervention- die Diagnose der „Depressiven Episode“ (F32), von der 15 Kinder und Jugendliche (=29,4%) betroffen waren. Dies entspricht einem Prozentsatz von 88,2% von den Kindern und Jugendlichen, die von „affektiven Störungen“ (F3) betroffen waren. 177 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 25: Aufnahmediagnose (3.Int.)- F3 Diagnose Bipolare affektive Störungen (F31) Depressive Episode (F32) Rezidivierende depressive Störungen (F33) Total Frequency 1 15 Percent 0,3 3,9 1 17 0,3 4,5 Valid Cumulative Percent Percent 2,0 2,0 29,4 31,4 2,0 33,3 33,3 Weitere 15 Kinder und Jugendliche (=29,4%) wurden bei der 3. Intervention mit einer F4Diagnose, das bedeutet, einer der Hauptgruppe „neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen“ zuzuordnenden Diagnose, aufgenommen. 14 Kinder und Jugendliche (=27,5%) wurden bei der 3. Aufnahme mit der Diagnose „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ beschrieben. Dies entspricht einem Prozentsatz von 93,3% innerhalb der Gruppe der„neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störungen“. Tabelle 26: Aufnahmediagnose (3. Intervention)- F4 Diagnose Zwangsstörung (F42) Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43) Total Frequency 1 Percent 0,3 14 15 3,7 3,9 Valid Cumulative Percent Percent 2,0 2,0 27,5 29,4 29,4 Die drittwichtigsten Hauptdiagnosen bei der 3. Aufnahme sind anders als bei der 2. Intervention, der Kategorie „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen“ (F2) zuzuordnen. Davon waren 9 Kinder und Jugendliche (=18%) betroffen. 6 Kinder und Jugendliche (=11,8%) wurden mit der Diagnose „Akute vorübergehende psychotische Störungen“ aufgenommen. Somit kann festgestellt werden, dass zwei Drittel (66,7%) der Kinder und Jugendlichen, die mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen“ (F2) unter einer „akuten vorübergehenden psychotischen Störungen“ (F23) litten. Tabelle 27: Aufnahmediagnose (3. Int.)- F2 Diagnose Schizophrenie (F20) Akute vorübergehende psychotische Störungen (F23) Schizoaffektive Störungen (F25) Total 178 Frequency 1 Percent 0,3 6 2 9 1,6 0,5 2,4 Valid Percent Cumulative Percent 2 2 11,8 3,9 18 14 18 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.9.4 4. Intervention Die vier häufigsten Diagnosen bei der vierten Aufnahme fallen nach ICD10 unter die Kategorien, „Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen“ (F4); „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9); „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1) und „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen“ (F2). Die Verteilung ist der untenstehenden Grafik 25: Aufnahmediagnose (4. Intervention) zu entnehmen. Aufnahmediagnose lt. ICD10 (4.Int.) 35 30 29,4 Prozent [%] 25 23,5 20 17,6 15 11,8 10 5,9 5,9 5,9 F3 F7 sonstige 5 0 F4 F9 F1 F2 Diagnose Grafik 25: Aufnahmediagnose (4. Intervention) Von „Neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) waren von 17 Kindern und Jugendlichen, bei denen eine 4. Intervention notwendig wurde, 4 Kinder und Jugendliche (=29,4%) betroffen. Diese wurden alle mit der Diagnose „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ (F43) aufgenommen. Tabelle 28: Aufnahmediagnose (4.Int.)- F4 Diagnose Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43) Total Valid Percent Frequency Percent 5 5 1,3 1,3 29,4 29,4 Cumulative Percent 29,4 Die zweithäufigste Diagnose, „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9), betraf 4 Kinder und Jugendliche (=23,5%). 179 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 29: Aufnahmediagnose (4.Int.)- F9 Diagnose Hyperkinetische Störungen (F90) Störung des Sozialverhaltens (F91) Kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92) Total 3 Kinder und Jugendliche (=17,6%) Frequency 2 1 Percent 0,5 0,3 1 4 0,3 1,1 wurden mit der Valid Cumulative Percent Percent 11,8 11,8 5,9 17,6 Diagnose 5,9 23,5 „Psychische 23,5 und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1), aufgenommen. Tabelle 30: Aufnahmediagnose (4.Int.)- F1 Diagnose Störungen durch Alkohol (F10) Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (F19) Total Frequency 2 Percent 0,5 1 3 0,3 0,8 Valid Cumulative Percent Percent 11,8 11,8 5,9 17,6 17,6 2 Kinder und Jugendliche (=11,8%) wurden mit einer der Kategorie „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen“ (F2) zuzuordnenden Diagnose aufgenommen. Ein Kind oder Jugendlicher war dabei von „Anhaltenden wahnhaften Störungen“ (F22) betroffen, während im zweiten Fall eine „akute vorübergehende psychotische Störung“ (F23) diagnostiziert wurde. 12.1.1.9.5 5. Intervention Insgesamt ist von 10 Kindern und Jugendlichen (=2,6% der Gesamtstichprobe) bekannt, dass eine 5. Intervention notwendig wurde. In diesen Fällen waren 4 Hauptdiagnosegruppen laut ICD10 vorherrschend. Bei jeweils drei Kindern und Jugendlichen (=30%) wurde eine den Kategorien „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen“ (F2) oder „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“(F9) zuzuordnende Störung diagnostiziert. In jeweils 2 Fällen (=20%) ist die Diagnose den Kategorien „Neurotische-, Belastungs- und somatoforme Störungen“(F4) und „Intelligenzminderung“ (F7) zuzuordnen. Diese Ergebnisse seien in der untenstehenden Grafik (Grafik 26: Aufnahmediagnose (5. Intervention) noch einmal verdeutlicht. 180 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Aufnahmediagnose lt. ICD10 (5.Int.) 35 30 30 30 Prozent [%] 25 20 20 20 F4 F7 15 10 5 0 F2 F9 Diagnose Grafik 26: Aufnahmediagnose (5. Intervention) 12.1.1.9.6 Resümee Im Verlauf der Interventionen zeigt sich, dass während der ersten drei Interventionen die Hauptgruppe der „affektiven Störungen“ (F3) am stärksten vertreten war. Bei der 4. Intervention waren jedoch nur mehr 5,9% der Kinder und Jugendlichen von einer Diagnose aus dieser Hauptgruppe betroffen. Bei der 5. Intervention verflüchtigt sich diese Diagnosegruppe komplett. Das heißt, bei der fünften Intervention wurde kein Kind bzw. Jugendlicher mit einer Diagnose aus der Gruppe der „affektiven Störungen“ (F3) aufgenommen. Die Hauptgruppe der „Neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störungen“(F4) macht bei jeder einzelnen Intervention einen konstanten Teil aus, ebenso wie die Hauptgruppe der „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“(F9). Dies könnte bedeuten, dass vor allem Kinder und Jugendliche mit Störungen aus diesen Gruppen häufigere Interventionen benötigen. Vor allem auch der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die laut Dokumentenanalyse mit einer Störung aus dem Bereich der „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“(F9) macht über die Interventionen hinweg laut Dokumentenanalyse einen Anteil von durchschnittlich 20%, also einem Fünftel aus. In der Literatur wird der Anteil als noch größer beschrieben. So schreibt Remschmidt (2005: 307f.) über die dissoziale Störungen: „In den letzten Jahren hat die Prävalenz dissozialer Störungen erheblich zugenommen. Sie machen 30% bis 50% 181 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion aller kinder- und jugendpsychiatrischen Zuweisungen aus.“ Nachdem hier jedoch keine Studie zitiert ist, scheint es sich hier eher um eine Schätzung zu handeln. Auch die Gruppe der „Schizophrenie, schizotype und wahnhaften Störungen“ (F2) nimmt im Verlauf der Interventionen an Bedeutung zu. Bei der ersten Intervention litten 2,9% der Kinder und Jugendlichen an einer Störung aus dem Bereich der „Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen“ (F2) während der Prozentsatz steigt und bei der 5. Intervention schon 30% ausmacht. Von den 10 Kindern, die mindestens fünf Interventionen benötigten, wurden drei mit einer Diagnose aus diesem Bereich aufgenommen. Dies kann ein deutlicher Hinweis darauf sein, dass Kinder und Jugendliche mit einer Diagnose aufgrund der Schwere dieses Störungsbildes häufigere Interventionen benötigen. Im gesamten kann man jedoch aufgrund der Dokumentenanalyse feststellen, dass 2-3% der Gesamtstischprobe an einer der Gruppe der „Schizophrenie, schizotypen und wahnhaften Störungen“ (F2) zuzuordnenden Störung litten. Dies ist ein ähnliches Ergebnis, wie es auch in der Literatur beschrieben wird. So heißt es z.B. bei Remschmidt (2005: 205): „Im Krankengut kinder- und jugendpsychiatrischer Kliniken liegt die Quote schizophrener Erkrankungen bei Kindern etwa bei 1-2%, bei Jugendlichen bei 2-3%.“ 12.1.1.10 Entlassungsdiagnose In diesem Kapitel werden in Anlehnung an das Kapitel Aufnahmediagnose, die Ergebnisse in Bezug auf die Entlassungsdiagnosen für die jeweilige Intervention beschrieben. Dazu wurden die differenzierten Diagnosen wieder in Übergruppen nach ICD 10 zusammengefasst. 12.1.1.10.1 1. Intervention Die häufigsten Entlassungsdiagnosen sind bei der ersten Intervention den Gruppen der „neurotischen Belastungs- und somatoformen Störungen“(F4) sowie der „affektiven Störungen“ (F3) zuzuordnen. Mit Diagnosen aus diesen beiden Bereichen wurden etwa zwei Drittel der Kinder und Jugendlichen entlassen. Insgesamt wurden 118 Kinder und Jugendliche (=32,2%) mit einer Diagnose aus der Kategorie der „neurotischen Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) beschrieben. Der überwiegende Teil der Diagnosen aus dieser Diagnosegruppe sind der Kategorie der „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ (F43) zuzuordnen. Insgesamt wurde etwa ein Viertel aller Kinder und Jugendlichen (92) bei der ersten Intervention mit einer Diagnose aus dieser Kategorie entlassen. In der untenstehenden Grafik 27 sind die Häufigkeiten der einzelnen Entlassungsdiagnosen in den Diagnosegruppen zusammengefasst und dargestellt. Hier ist erneut deutlich zu sehen, dass die Diagnosen aus den Gruppen F4, F3 und F9 am häufigsten vorkommen. Unter Sonstige wurden jene Diagnosen subsumiert, die keine F- Diagnosen nach ICD10 sind. 182 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Entlassungsdiagnose lt. ICD 10 (1.Int.) 35 32,2 30,5 30 Prozent [%] 25 20 16,1 15 10 5,2 5 4,6 3,3 3,3 2,5 1,4 1,1 F8 F5 0 F4 F3 F9 Sonstige F1 F2 F7 F6 Diagnose Grafik 27: Entlassungsdiagnose (1. Intervention) 112 Kindern und Jugendlichen (=30,5%) wurde am Ende der ersten Intervention eine Diagnose aus dem Bereich der „affektiven Störungen“(F3) zugeschrieben. Hier waren Diagnosen aus der Untergruppe der „depressiven Episode“(F32) vorherrschend. Nach der ersten Intervention wurden insgesamt 108 Kinder und Jugendliche (=29,4%) mit einer Form der „depressiven Episode“(F32) entlassen. Diagnosen aus dem Bereich der „bipolaren affektiven Störung“ (F31) sowie aus dem Bereich der „rezidivierenden depressiven Störungen“ (F33) spielten bei der ersten Intervention nur am Rande eine Rolle. Den nachfolgenden Tabellen (Tabelle 31: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- F4; Tabelle 32: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- F3) sind die groben Unterteilungen der Diagnose F4 und F3 zu entnehmen. Eine Auflistung der genauen Diagnosen und deren Häufigkeiten sind im Anhang zu finden. Tabelle 31: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- F4 Diagnose Frequency phobische Störungen (F40) andere Angststörungen (F41) Zwangsstörungen (F42) Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43) somatoforme Störungen (F45) Total 183 Percent Valid Percent Cumulative Percent 1 0,3 0,3 0,3 19 5 5 1,3 5,2 1,4 5,5 6,8 92 24,2 25,1 31,9 32,2 1 0,3 0,3 118 31,1 32,2 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 32: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- F3 Diagnose Frequency Bipolare affektive Störung (F31) Depressive Episode (F32) Rezidivierende depressive Störungen (F33) Total 2 108 2 112 Percent 0,5 28,4 0,5 29,5 Valid Percent 0,5 29,4 0,5 30,5 Cumulative Percent 0,5 30,0 30,5 Einen weiteren wichtigen Bereich stellen Diagnosen aus der Kategorie der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) dar. Mit einer Diagnose aus dieser Gruppe wurden am Ende der ersten Intervention 59 Kinder und Jugendliche (=16,1%) beschrieben. Hierbei stellten die „hyperkinetische Störung“ (F90) sowie die „Störungen des Sozialverhaltens“ die häufigsten Diagnosen dar. „Ticstörungen“ (F95) sowie die Diagnose der „psychischen Störung ohne nähere Angaben“ (F99) wurden am Ende der ersten Intervention lediglich einmal gestellt. Eine Übersicht ist wiederum in der nachstehenden Tabelle 33 gegeben. Tabelle 33: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- F9 Diagnose Frequency hyperkinetische Störung (F90) Störungen des Sozialverhaltens (F91) kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92) emotionale Störungen des Kindesalters (F93) Ticstörungen (F95) psychische Störung ohne nähere Angaben (F99) Total Percent Valid Percent Cumulative Percent 26 20 6,8 5,3 7,1 5,4 7,1 12,5 7 1,8 1,9 14,4 4 1 1 1,1 0,3 0,3 1,1 0,3 0,3 15,5 15,8 16,1 59 15,6 16,1 12.1.1.10.2 2. Intervention Die vorherrschenden Diagnosegruppen bei der zweiten Entlassung sind, ähnlich wie nach der ersten Intervention, die Gruppe der „affektiven Störungen“ (F3), die Gruppe der „neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) sowie die Gruppe der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“(F9), allerdings in anders ausgeprägten Häufigkeiten. Die häufigste Diagnosegruppe nach der zweiten Intervention war die der „affektiven Störungen“ (F3) mit 34,2 % während die häufigsten Entlassungsdiagnosen nach der ersten Intervention mit 32,2% aus der Gruppe der „neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) stammten. So wurden nach der ersten Intervention 30,5% der Kinder und Jugendlichen mit einer Diagnose aus der Gruppe der „affektiven Störungen“(F3) entlassen, während 184 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion nach der zweiten Intervention 34,2% von dieser Diagnose betroffen waren. Nach der ersten Intervention wurden 32,2% der behandelten Kinder und Jugendlichen mit einer Diagnose aus der Gruppe der „neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4)“ beschrieben, während nach der zweiten Intervention 26,3% mit einer Diagnose aus dieser Gruppe entlassen wurden. Auch in der Gruppe der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) verhält es sich ähnlich. Hier wurde nach der ersten Intervention bei 16,1% der Kinder und Jugendlichen und nach der zweiten Intervention bei 14,9% eine Störung aus dieser Gruppe diagnostiziert. Es lässt sich an dieser Stelle also festhalten, dass einerseits die „affektiven Störungen“ (F3) und die neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4)“ den ersten Platz wechseln, sowie die Häufigkeiten in den einzelnen Diagnosegruppen weniger ausgeprägt sind. In der folgenden Grafik ist die Verteilung der Diagnosen am Ende der zweiten Intervention noch einmal in Diagnosegruppen zusammengefasst graphisch dargestellt. Entlassungsdiagnose lt. ICD 10 (2.Int.) 40 35 34,2 30 26,3 Prozent [%] 25 20 14,9 15 10,5 10 5,3 5 3,5 3,5 0,9 0,9 F6 F8 0 F3 F4 F9 F1 F2 F7 sonstige Diagnose Grafik 28: Entlassungsdiagnose (2. Intervention) Die häufigsten Diagnosen am Ende der zweiten Intervention sind, wie bereits erwähnt, dem Bereich der „affektiven Störungen“ (F3) zuzuordnen. Von einer Diagnose aus dieser Gruppe waren 39 Kinder und Jugendliche betroffen. Dies entspricht einem Prozentsatz von 34,2% von den Kindern und Jugendlichen, bei denen eine zweite oder mehr Interventionen notwendig waren. Davon wurde bei 32 Kindern und Jugendlichen (=28,1%) eine Form der „depressiven Episode“ (F32) diagnostiziert. 185 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 34: Entlassungsdiagnose (2.Int.)- F3 Diagnose Frequency 3 32 4 39 Bipolare affektive Störung (F31) Depressive Episode (F32) Rezidivierende depressive Störungen (F33) Total Percent 0,8 8,4 1,1 10,3 Valid Cumulative Percent Percent 2,6 2,6 28,1 30,7 3,5 34,2 34,2 30 Kinder und Jugendliche (=26,3%) wurden bei der Entlassung mit einer Diagnose aus der Gruppe der „neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) beschrieben. In dieser Gruppe stellte der Bereich der „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ (F43) den größten Teil dar. Tabelle 35: Entlassungsdiagnose (2.Int.)- F4 Diagnose Andere Angststörungen (F41) Zwangsstörung (F42) Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43) Total Frequency 2 2 Percent 0,5 0,5 26 30 6,8 7,9 Valid Cumulative Percent Percent 1,8 1,8 1,8 3,5 22,8 26,3 26,3 17 Kinder und Jugendliche wurden bei der 2. Intervention mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) entlassen. Dies entspricht dem Prozentsatz von 14,9% von allen Kindern und Jugendlichen, bei denen eine zweite psychiatrische Intervention notwendig wurde. In dieser Gruppe beinhalten die Kategorien der „hyperkinetischen Störungen“ (F90) und der „kombinierten Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen“(F92) die häufigsten Diagnosen in diesem Bereich. Tabelle 36: Entlassungsdiagnose (2. Int.)- F9 Diagnose Hyperkinetische Störungen (F90) Störungen des Sozialverhaltens (F91) Kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92) Sonstige Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F98) Total Valid Cumulative Percent Percent 5,3 5,3 2,6 7,9 Frequency 6 3 Percent 1,6 0,8 7 1,8 6,1 14,0 1 17 0,3 4,5 0,9 14,9 14,9 186 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.10.3 3. Intervention Auch bei der dritten Intervention gestaltet sich die Verteilung der Entlassungsdiagnosen ähnlich wie bei den vorhergehenden Interventionen. Die wichtigsten Diagnosegruppen sind erneut: „neurotische Belastungs- und somatoforme Störungen“ (F4), „affektive Störungen“ (F3) und „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9). Allerdings ist hier die Diagnosegruppe der „affektiven Störungen“ (F3) wieder an erster Stelle, während die „neurotische Belastungs- und somatoforme Störungen“ (F4) bei dieser Intervention an die zweite Stelle rücken. Die Diagnosegruppe der „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) bleibt wie bei den vorhergehenden Interventionen an dritter Stelle. Dies soll durch die untenstehende Grafik 29 verdeutlicht werden. Entlassungsdiagnose lt. ICD 10 (3.Int.) 35 30,6 30 26,5 Prozent [%] 25 20 18,4 15 12,2 10 4,1 5 4,1 2 2 F0 F7 0 F4 F3 F9 F2 F1 F6 Diagnose Grafik 29: Entlassungsdiagnose (3. Intervention) Etwa ein Drittel der Kinder und Jugendlichen (30,6%), die eine 3. Intervention benötigten, wurde mit einer Diagnose aus der Gruppe der „neurotischen Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) entlassen. Tabelle 37: Entlassungsdiagnose (3.Int.)- F4 Diagnose Zwangsstörungen (F42) Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43) Total Frequency 2 Percent 0,5 13 15 3,4 3,9 187 Valid Cumulative Percent Percent 4,1 4,1 26,5 30,6 30,6 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Etwa ein Viertel der Kinder und Jugendlichen (26,5%) wurde mit einer Diagnose aus dem Bereich der „affektiven Störungen“ (F3) entlassen. Hier stellen die Diagnosen, die dem Bereich der „depressiven Episode“ zuzuordnen sind, wieder den größten Teil dar. Tabelle 38: Entlassungsdiagnose (3. Int.)- F3 Diagnose Frequency 3 10 13 Bipolare affektive Störung (F31) Depressive Episode (F32) Total Percent 0,8 2,6 3,4 Valid Cumulative Percent Percent 6,1 6,1 20,4 26,5 26,5 9 Kinder und Jugendliche (=18,4%), von denen bekannt ist, dass eine dritte Intervention notwendig wurde, wurden mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) entlassen. Tabelle 39: Entlassungsdiagnose (3.Int.)- F9 Diagnose Hyperkinetische Störungen (F90) Störungen des Sozialverhaltens (F91) Kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen (F92) Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend (F94) Ticstörungen (F95) Total Valid Cumulative Percent Percent 6,1 6,1 2,0 8,2 Frequency 3 1 Percent 0,8 0,3 3 0,8 6,1 14,3 1 1 9 0,3 0,3 2,4 2,0 2,0 18,4 16,3 18,4 12.1.1.10.4 4.Intervention Bei der 4. Intervention stellen die Diagnosen der „neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4); der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) sowie der „psychischen Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1) die Haupt- Entlassungsdiagnosen dar. Hier kann festgestellt werden, dass die Gruppe der „neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) an erster Stelle bleibt, während die „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) an die zweite Stelle rücken. Die affektiven Störungen verlieren bei der vierten Intervention an Bedeutung und rücken mit nur mehr 5,9% nach hinten. In der folgenden Grafik 30 ist die Verteilung der Entlassungsdiagnosen bei der 4. Intervention dargestellt. In der Tabelle 95 im Anhang können die Häufigkeiten in Bezug auf die genauen Diagnosen entnommen werden. 188 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Entlassungsdiagnose lt. ICD 10 (4.Int.) 45 41,2 40 35 Prozent [%] 30 25 23,5 20 17,6 15 11,8 10 5,9 5 0 F4 F9 F1 F7 F3 Diagnose Grafik 30: Entlassungsdiagnose (4. Intervention) Der größte Teil der Kinder und Jugendlichen- nämlich 7 Kinder und Jugendliche (=41,2%) wurden bei der 4. Intervention mit der Diagnose „Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen“ (F43) entlassen. Tabelle 40: Entlassungsdiagnose (4.Int.)-F4 Diagnose Reaktionen auf schwere Belastungen und Anpassungsstörungen (F43) Total Frequency 7 7 Percent 1,8 1,8 Valid Percent Cumulative Percent 41,2 41,2 41,2 4 Kinder und Jugendliche wurden bei der 4. Entlassung mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) beschrieben. Hier stellen die Bereiche der „Hyperkinetischen Störungen“ (F90) und der „Störungen des Sozialverhaltens“ (F91) jene zwei Bereiche dar, die bei der 4. Entlassung am häufisten waren. Tabelle 41: Entlassungsdiagnose (4. Int.)- F9 Diagnose Hyperkinetische Störungen (F90) Störungen des Sozialverhaltens (F91) Total Frequency 2 2 4 189 Percent 0,5 0,5 1,1 Valid Cumulative Percent Percent 11,8 11,8 11,8 23,5 23,5 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Die drittwichtigste Diagnose bei der Entlassung der Kinder und Jugendlichen, von denen bekannt ist, dass mind. 4 Interventionen notwendig waren, stellt die Diagnosegruppe der „psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1) dar. Mit einer Diagnose aus dieser Gruppe wurden 3 Kinder und Jugendliche entlassen. Dies entspricht 17,6% der Kinder und Jugendlichen, bei denen mind. 4 Interventionen notwendig waren. Tabelle 42: Entlassungsdiagnose (4. Int.)- F1 Diagnose Frequency Störungen durch Alkohol (F10) Störungen durch Cannabinoide (F12) Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen (F19) Total Percent Valid Percent Cumulative Percent 1 1 0,3 0,3 5,9 5,9 5,9 11,8 1 0,3 5,9 17,6 3 0,8 17,6 Von einer Diagnose aus dem Bereich der „Intelligenzminderung“ (F7) waren am Ende der 4. Intervention 2 Kinder und Jugendliche (=11,8%); von einer Diagnose aus dem Bereich der „affektiven Störungen“ (F3) war ein Kind oder Jugendlicher (=5,9%) betroffen. 12.1.1.10.5 5.Intervention Von den 10 Kindern und Jugendlichen, bei denen mindestens 5 Interventionen notwendig waren, wurden 3 Kinder und Jugendliche (=30%) mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) und 2 Kinder und Jugendliche (=20%) mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Schizophrenie, schizotypen und wahnhaften Störungen“ (F2) entlassen. Ebenfalls 2 Kinder und Jugendliche (=20%) wurden mit einer Diagnose aus dem Bereich der „affektiven Störungen“ (F3) beschrieben. Weitere 2 Kinder und Jugendliche (=20%) wurden mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Intelligenzminderung“ (F7) entlassen und 1 Kind oder Jugendlicher wurde mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1) beschrieben. Hier bleibt die Diagnosegruppe der „Neurotischen, Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) an erster Stelle. Auffallend ist, dass die Gruppe der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ als Entlassungsdiagnose nach der fünften Intervention nicht mehr vorkommt. Dafür gewinnt die Diagnosegruppe der „Schizophrenie, schizotypen und wahnhaften Störungen“ (F2) an Bedeutung und macht an dieser Stelle ein Viertel der PatientInnen aus, die mindestens fünf Interventionen benötigten. Ein Grund dafür könnte sein, dass man eventuell mit dieser Diagnose eher vorsichtig ist, da eine diagnostizierte Schizophrenie eine einschneidende Diagnose ist, die schon einen gewissen Verlauf impliziert. Nach der fünften 190 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Intervention lässt sich allerdings vielleicht schon mit einer höheren Gewissheit diese Diagnose stellen. Diese Verteilung ist der untenstehenden Grafik 31 zu entnehmen. Entlassungsdiagnose lt. ICD 10 (5.Int.) 35 30 30 Prozent [%] 25 20 20 20 20 15 10 10 5 0 F4 F2 F3 F7 F1 Diagnose Grafik 31: Entlassungsdiagnose (5. Intervention) 12.1.1.10.6 Resümee Im Verlauf der Interventionen zeigt sich, dass anders als bei den Aufnahmediagnosen die Gruppe der „Neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störungen“(F4) im Vordergrund steht. Bei der zweiten Intervention wird diese jedoch von den „affektiven Störungen“ (F3) an der ersten Stelle abgelöst, während die „Neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störungen“(F4) bei den weiteren Interventionen wieder an der Spitze stehen. Ein Grund für diesen Unterschied zwischen Aufnahme- und Entlassungsdiagnosen könnte darin liegen, dass gewisse Symptome vielleicht vorerst einem Störungsbild der „affektiven Störungen“ (F3) wie z.B. einer „depressiven Episode“ zugeordnet werden, sich jedoch im Verlauf der Behandlung herausstellt, dass hinter diesen Symptomen ein Trauma steht, weshalb dann die Diagnose der „Posttraumatischen Belastungsstörung“ gewählt wird. Vor allem bei der vierten Intervention zeigt sich ein deutlicher Wandel. Hier rücken die „affektiven Störungen“ plötzlich in den Hintergrund, zugunsten der „Neurotischen-, Belastungs- und somatoformen Störungen“(F4), die 41, 2% ausmachen. Die Diagnosegruppe der „Psychischen und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ gewinnt vor allem bei der vierten Intervention an Bedeutung. Hier wurden 17,6% der Kinder und 191 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Jugendlichen mit einer Diagnose aus diesem Bereich entlassen. Dies korreliert sehr stark mit den Aufnahmediagnosen, da ebenfalls 17,6% der Kinder und Jugendlichen mit dieser Diagnose aufgenommen wurden. Man kann annehmen, dass diese Diagnose von der Aufnahme bis zur Entlassung beibehalten wurde und sich hier keine Änderungen ergeben haben. Die Gruppe der „Intelligenzminderung“ (F7) nimmt ebenfalls stetig über die Interventionen hinweg zu. So steigt der Prozentsatz von den ersten beiden Interventionen mit 3,5% über einem Knick von 2% bei der dritten Intervention bis hin zu 11,8% bei der vierten und schließlich 20% bei der fünften Intervention. Hier zeigt sich auch bei den Aufnahmediagnosen ein ähnliches Bild. Bei der Diagnosegruppe der „Schizophrenie, schizotypen und wahnhaften Störungen“ (F2) zeigt sich ein sehr interessantes Ergebnis. Diese Gruppe verschwindet bei der vierten Intervention in Bezug auf die Entlassungsdiagnosen komplett. Das heißt bei der vierten Intervention wurde kein Kind oder Jugendlicher mit dieser Diagnose entlassen, obwohl 11,8% der Kinder und Jugendlichen mit dieser Diagnose aufgenommen wurde. Schließlich wurden bei der fünften Intervention wieder 30% mit dieser Diagnose aufgenommen und 20% mit einer Diagnose aus dieser Gruppe entlassen. Obwohl es sich hier um die gleichen Kinder und Jugendlichen handelt, die mehrmals behandelt wurden, gibt es hier gravierende Unterschiede in den Diagnosen. Dies könnte vor allem damit zusammen hängen, dass mit dieser Diagnose eher vorsichtig umgegangen wird, da eine diagnostizierte Schizophrenie einen erheblichen Einschnitt darstellt. Die Diagnosegruppe der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) stellt während der ersten Interventionen einen wichtigen Teil dar und hält sich meist an dritter Stelle. Bei der fünften Intervention jedoch stammt keine Entlassungsdiagnose aus dieser Gruppe, obwohl 30% der Kinder und Jugendlichen mit einer Diagnose aus diesem Bereich aufgenommen wurden. Diese dreißig Prozent verteilen sich auf „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1); „affektive Störungen“ (F3) sowie „Neurotische, Belastungs- und somatoforme Störungen“ (F4). Hier zeigt sich sehr deutlich, dass vor allem die Hauptdiagnosen immer wieder variieren und modifiziert werden. Es kann hier natürlich sein, dass die Diagnose aus dem Bereich der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) weiterhin als Differentialdiagnose beibehalten wurde, aber die Hauptdiagnose verändert wurde. 192 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.11 Aufnahmegrund Im Zuge der Dokumentenanalyse wurde versucht aus den Dekursen bzw. den Arztbriefen herauszufiltern, aus welchem Grund Kinder und Jugendliche aufgenommen wurden bzw. was der aktuelle Anlass der Aufnahme war. Neben der Aufnahmediagnose ist es besonders wichtig, auch den aktuellen Grund zu erheben, da aufgrund der Diagnose zwar schon einiges erfahren werden kann, Gründe für die Aufnahme daraus jedoch nicht klar werden. Während der Erhebung haben sich 23 Kategorien herauskristallisiert, unter denen alle Fälle zusammengefasst werden konnten. Zu betonen ist, dass diese Gründe sich im Zuge der Dokumentenanalyse ergeben haben und nicht aufgrund von theoretischen Annahmen durch das ICD 10 begründet sind. Als häufigste Gründe, die zu einer ambulanten, tagklinischen oder stationären Aufnahme führten, können Gewalttätigkeiten/ aggressive Durchbrüche, Suizidäußerungen, Suizidversuche, selbstverletzendes Verhalten und depressive Verstimmungen genannt werden. 12.1.1.11.1 1. Intervention Der häufigste Grund zur Aufnahme war bei der ersten Intervention die Bitte um Abklärung. Dies betraf im Jahr 2006 83 Kinder und Jugendliche was einem Prozentsatz von 22% entspricht. Der zweithäufigste Aufnahmegrund (19,3%) waren Aggressivität bzw. Gewalttätigkeiten und aggressive Durchbrüche. Fast genauso viele Kinder und Jugendliche (71) wurden aufgrund von Suizidäußerungen aufgenommen (18,8%). 12,2% der Kinder und Jugendlichen (=46) wurden nach einem Suizidversuch aufgenommen. Dies würde bedeuten, dass im Monat etwa 4 Kinder und Jugendliche nach einem Suizidversuch bzw. einer suizidalen Geste aufgenommen wurden. Bei 27 Kindern und Jugendlichen (=7, 1%) war der Aufnahmegrund selbstverletzendes Verhalten. 4,8% der Kinder und Jugendlichen (=18) kamen aufgrund von depressiver Verstimmungen zur Aufnahme. Weitere Gründe für eine Aufnahme waren Alkoholintoxikation bzw. Alkohol- und Drogenkonsum, das Hören von Stimmen- also akustische Halluzinationen, Ängste, ständige Konflikte mit den Eltern etc. Dies und die genauen Zahlen sind der untenstehenden Tabelle 43 und der nachfolgenden Grafik 32 zu entnehmen. 193 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 43: Aufnahmegrund (1.Intervention) Valid Missing Total Frequency 83 Percent 21,8 Valid Percent 22,0 Cumulative Percent 22,0 73 19,2 19,3 41,3 Suizidäußerungen Suizidversuch selbstverletzendes Verhalten depressive Stimmung Alkoholintoxikation/Alkoholkonsum Stimmen Schulangst Angst und Panikattacken Drogenkonsum ständige Konflikte mit den Eltern Einweisung vom Hausarzt manische Zustände unmittelbar vorausgegangenes traum. Erlebnis 71 46 27 18 9 8 7 6 6 5 3 3 18,7 12,1 7,1 4,7 2,4 2,1 1,8 1,6 1,6 1,3 0,8 0,8 18,8 12,2 7,1 4,8 2,4 2,1 1,9 1,6 1,6 1,3 0,8 0,8 60,1 72,2 79,4 84,1 86,5 88,6 90,5 92,1 93,7 95,0 95,8 96,6 3 0,8 0,8 97,4 Essstörung Zwangshandlungen/Zwangsgedanken Medikamenteneinstellung ständiges Entweichen psychosomatische Beschwerden Risikoverhalten Total System 3 2 2 1 1 1 378 2 0,8 0,5 0,5 0,3 0,3 0,3 99,5 0,5 0,8 0,5 0,5 0,3 0,3 0,3 100,0 98,1 98,7 99,2 99,5 99,7 100,0 380 100,0 Abklärung Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche N Valid 378 Missing 2 194 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 1.Intervention Abklärung Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche Suizidäußerung Suizidversuch selbstverletzendes Verhalten Aufnahmegrund depressive Stimmung Alkoholintoxikation/Alkoholkonsum Stimmen Schulangst Angst und Panikattacken Drogenkonsum ständige Konflikte mit den Eltern manische Zustände unmittelbar vorausgegangenes traum. Erlebnis Sonstiges Essstörung Zwangshandlungen/Zwangsgedanken Medikamenteneinstellung Risikoverhalten ständiges Entweichen psychosomatische Beschwerden 0 5 10 15 20 25 Percent Grafik 32: Aufnahmegrund (1.Intervention) Zusätzlich soll an dieser Stelle noch ermittelt werden, wie die Aufnahmegründe in Bezug auf das Geschlecht verteilt sind. Damit die Bedingungen für den Chi- Quadrat Test erfüllt sind, wurden nur die häufigsten Gründe (Abklärung, Suizidversuch, Selbstverletzendes Verhalten, Suizidäußerungen, Gewalttätigkeiten und depressive Stimmung) in die Berechnung miteinbezogen. Daher wurden insgesamt 316 Kinder und Jugendliche in die Berechnung genommen. Es zeigte sich, wie in der nachstehenden Tabelle 44 zu sehen ist, ein sehr signifikanter Unterschied (χ2= 0,000) in Bezug auf das Geschlecht und die Aufnahmegründe. Um genau zu sein, zeigt sich hier, dass im Jahr 2006 signifikant mehr Burschen mit der Bitte um Abklärung bzw. aufgrund von Gewalttätigkeiten aufgenommen wurden. Signifikant mehr Mädchen sind nach Suizidversuchen und aufgrund von selbstverletzendem Verhalten zur Aufnahme gekommen. Dies deckt sich auch mit den Unterschieden, die in den Diagnosen liegen, dass Mädchen eher zu internalisierenden und Burschen eher zu externalisierenden Störungen neigen. 195 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 44: Chi- Quadrat- Geschlecht/ Aufnahmegrund (1.Int.) Aufnahmegrund * Geschlecht Crosstabulation Total Geschlecht Aufnahmegrund Abklärung Count weiblich 24 männlich 57 -2,2 2,0 Std. Residual Suizidversuch Count 35 11 Std. Residual 3,0 -2,8 selbstverletzendes Verhalten Count 23 4 3,0 -2,8 Suizidäußerung Count 41 30 Std. Residual 1,4 -1,3 Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche Count 14 59 -3,4 3,1 depressive Stimmung Count 9 9 Std. Residual Std. Residual Std. Residual Total Count ,2 -,2 146 170 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 67,346(a) 71,506 5 5 Asymp. Sig. (2-sided) ,000 ,000 ,954 1 ,329 df 316 a 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 8,32. 196 81 46 27 71 73 18 316 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.11.2 2. Intervention Im Gegensatz zur ersten Intervention, bei der die Abklärung einen großen Teil der Aufnahmegründe darstellt, dominieren bei den Kindern und Jugendlichen bei denen es zu einer zweiten Intervention gekommen ist, Gewalttätigkeiten bzw. aggressive Durchbrüche als wichtigster Aufnahmegrund. Bei etwa einem Drittel (=34,7%) der Kinder und Jugendlichen, bei denen eine zweite psychiatrische Intervention notwendig wurde, war Aggressivität der ausschlaggebende Grund der Aufnahme. In etwa ein Viertel (24,6%) der Kinder und Jugendlichen kamen aufgrund von Suizidäußerungen zu einer zweiten Aufnahme. Weitere Gründe, die dazu führten, dass eine zweite Intervention notwendig wurde, waren depressive Verstimmungen (9,3%); selbstverletzendes Verhalten (7,6%), Drogenkonsum (5,1%); ständiges Entweichen (3,4%) usw. Dies ist der untenstehenden Tabelle 45 und der anschließenden Grafik 33 genau zu entnehmen. Interessant ist, dass zum Beispiel bei der ersten Intervention nur ein Kind oder Jugendlicher aufgrund von ständigem Entweichen zur Aufnahme kam. Von den Kindern und Jugendlichen, bei denen eine zweite psychiatrische Intervention notwendig wurde, wurden jedoch schon 4 Kinder und Jugendliche aufgrund von ständigem Entweichen aufgenommen. An dieser Stelle wird deutlich sichtbar, dass sich Aufnahmegründe auch von Aufenthalt zu Aufenthalt ändern können. Tabelle 45: Aufnahmegrund (2.Intervention) Frequency Valid Missing Total Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche Suizidäußerungen depressive Stimmung selbstverletzendes Verhalten Drogenkonsum ständiges Entweichen Suizidversuch Medikamenteneinstellung Angst und Panikattacken Alkoholintoxikation/Alkoholkonsum Zwangshandlungen/Zwangsgedanken Schulangst Abklärung manische Zustände ständige Konflikte mit den Eltern Stimmen Total System N 197 Percent Valid Percent Cumulative Percent 41 10,8 34,7 34,7 29 11 9 6 4 3 3 2 2 2 2 1 1 1 1 118 262 7,6 2,9 2,4 1,6 1,1 0,8 0,8 0,5 0,5 0,5 0,5 0,3 0,3 0,3 0,3 31,1 68,9 24,6 9,3 7,6 5,1 3,4 2,5 2,5 1,7 1,7 1,7 1,7 0,8 0,8 0,8 0,8 100,0 59,3 68,6 76,3 81,4 84,7 87,3 89,8 91,5 93,2 94,9 96,6 97,5 98,3 99,2 100,0 380 100,0 Valid 118 Missing 262 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 2.Intervention Gewalttätigkeiten/aggressive... Suizidäußerung depressive Stimmung selbstverletzendes Verhalten Aufnahmegrund Drogenkonsum ständiges Entweichen Suizidversuch Medikamenteneinstellung Angst und Panikattacken Alkoholintoxikation/Alkoholkonsum Schulangst Zwangshandlungen/Zwangsgedanken Abklärung ständige Konflikte mit den Eltern Stimmen manische Zustände 0 10 20 30 40 Percent Grafik 33: Aufnahmegrund (2.Intervention) Auch für die 2. Intervention soll untersucht werden, ob Unterschiede zwischen den Aufnahmegründen in Bezug auf das Geschlecht bestehen. Zu diesem Zweck wurde erneut der ChiQuadrat- Test zur Berechnung der Unterschiede verwendet. Da die Fallzahlen in den einzelnen Kategorien sehr gering waren und somit die Bedingungen für den Chi- Quadrat Test nicht erfüllt wurden, wurden lediglich die häufigsten Aufnahmegründe der 2. Intervention (Suizidäußerungen, Gewalttätigkeiten, depressive Stimmung) in die Berechnung genommen. Somit wurden von insgesamt 118 Kindern und Jugendlichen, von denen die Daten der 2. Intervention bekannt sind, nur 81 in die Berechnung des Chi- Quadrat Tests mit einbezogen. Dennoch zeigte sich auch hier wieder ein sehr signifikantes Ergebnis (χ2= 0,000). Es zeigt sich hier erneut, dass bei der 2. Intervention signifikant mehr Mädchen aufgrund von Suizidäußerungen und signifikant mehr Burschen aufgrund von Gewalttätigkeiten bzw. aggressiven Durchbrüchen aufgenommen wurden (vgl. auch Tabelle 46). 198 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 46: Chi- Quadrat Test- Aufnahmegrund/ Geschlecht (2.Int.) Aufnahmegrund * Geschlecht Crosstabulation Total Geschlecht Aufnahmegrund Suizidäußerung Count weiblich 22 männlich 7 2,0 -2,0 9 32 -2,5 2,5 Std. Residual Gewalttätigkeiten/ aggressive Durchbrüche Count depressive Stimmung Count Total 29 41 Std. Residual 9 2 Std. Residual 1,5 -1,5 Count 40 41 11 81 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 25,107(a) 26,636 ,016 2 2 Asymp. Sig. (2-sided) ,000 ,000 1 ,899 df 81 a 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 5,43. 12.1.1.11.3 3. Intervention Auch bei der 3. Intervention zeigen sich als häufigste Aufnahmegründe Gewalttätigkeiten bzw. aggressive Durchbrüche (=26,5%), Suizidäußerungen (=26,5%), und selbstverletzendes Verhalten (12,2%). 3 Kinder und Jugendliche (=6,1%) wurden aufgrund von ständigem Entweichen zur Aufnahme gebracht. Bei einem Kind oder Jugendlichen war der ausschlaggebende Grund der 3. Aufnahme, dass er/sie auf der Strasse lebte bzw. die Wohnsituation ungeklärt war. Auf die Berechnung der Geschlechtsunterschiede in Bezug auf die Aufnahmegründe wurde an dieser Stelle verzichtet, da für die dritte Intervention die Fallzahlen in den einzelnen Kategorien zu gering waren und somit die Bedingungen für die Berechnung des Chi- Quadrat Tests nicht erfüllt sind, bzw. dieser keine Aussagekraft hat. Die Unterschiede in Bezug auf das Geschlecht konnten jedoch schon im Hinblick auf die ersten beiden Interventionen ausreichend nachgewiesen werden. Die deskriptiven Ergebnisse sind in der untenstehenden Tabelle 47 sowie der anschließenden Grafik 34 genauer zu finden. 199 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 47: Aufnahmegrund- 3.Intervention N Valid 49 Missing Valid Suizidäußerung Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche 331 Frequency 13 Percent 3,4 Valid Percent 26,5 Cumulative Percent 26,5 13 3,4 26,5 53,1 6 5 3 2 2 1 1 1 1 1,6 1,3 0,8 0,5 0,5 0,3 0,3 0,3 0,3 12,2 10,2 6,1 4,1 4,1 2,0 2,0 2,0 2,0 65,3 75,5 81,6 85,7 89,8 91,8 93,9 95,9 98,0 1 0,3 2,0 100,0 49 12,9 100,0 selbstverletzendes Verhalten depressive Stimmung ständiges Entweichen Medikamenteneinstellung Stimmen Suizidversuch Zwangshandlungen/Zwangsgedanken Drogenkonsum psychosomatische Beschwerden Wohnsituation nicht geklärt/auf der Straße lebend Missing Total Total System 331 87,1 380 100,0 3.Intervention Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche Suizidäußerungen selbstverletzendes Verhalten Aufnahmegrund depressive Stimmung ständiges Entweichen Medikamenteneinstellung Stimmen Suizidversuch Wohnsituation nicht geklärt/auf der Straße lebend psychosomatische Beschwerden Zwangshandlungen/Zwangsgedanken Drogenkonsum 0 5 10 15 Percent Grafik 34: Aufnahmegrund (3.Intervention) 200 20 25 30 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.11.4 4.Intervention 17 Kinder und Jugendliche mussten mindestens 4 Mal auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station aufgenommen werden. Davon kam bei der 4. Intervention wieder mehr als ein Drittel (35,3%) aufgrund von Gewalttätigkeiten bzw. aggressiven Durchbrüchen zur Aufnahme. Häufige Gründe der Aufnahme bei der 4. Intervention waren auch Suizidäußerungen (17,6%) und ständiges Entweichen (11,8%) bzw. akustische Halluzinationen (Stimmen hören) (11,8%). Dies ist der untenstehenden Tabelle 48 und der anschließenden Grafik 35 genauer zu entnehmen. Tabelle 48: Aufnahmegrund (4.Intervention) Frequency Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche Valid Suizidäußerungen ständiges Entweichen Stimmen selbstverletzendes Verhalten Alkoholintoxikation/Alkoholkonsum Drogenkonsum geplantes Time out Total System Missing Total Valid Percent Cumulative Percent 6 1,6 35,3 35,3 3 2 2 1 1 1 1 17 363 0,8 0,5 0,5 0,3 0,3 0,3 0,3 4,5 95,5 17,6 11,8 11,8 5,9 5,9 5,9 5,9 100,0 52,9 64,7 76,5 82,4 88,2 94,1 100,0 380 100,0 Valid N Percent Missing 17 363 4.Intervention Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche Aufnahmegrund Suizidäußerungen akustische Halluzinationen (Stimmen) ständiges Entweichen selbstverletzendes Verhalten geplantes Time out Drogenkonsum Alkoholintoxikation/Alkoholkonsum 0 10 20 Percent Grafik 35: Aufnahmegrund (4. Intervention) 201 30 40 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.11.5 5.Intervention Insgesamt wurden 10 Kinder und Jugendliche zu einer fünften psychiatrischen Intervention gebracht. Der häufigste Aufnahmegrund bei diesen Kindern und Jugendlichen waren erneut aggressive Durchbrüche bzw. Gewalttätigkeiten (30%). Weitere Aufnahmegründe waren Suizidversuche (20%); Suizidäußerungen (20%); sowie ständiges Entweichen (20%) und selbstverletzendes Verhalten (10%). Tabelle 49: Aufnahmegrund (5. Intervention) Frequency Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche Valid Missing Total Cumulative Percent 3 0,8 30,0 30,0 2 2 2 0,5 0,5 0,5 20,0 20,0 20,0 50,0 70,0 90,0 1 0,3 10,0 100,0 10 370 2,6 97,4 100,0 380 100,0 Valid 10 Suizidversuch Suizidäußerungen ständiges Entweichen selbstverletzendes Verhalten Total System N Valid Percent Percent Missing 370 5.Intervention Aufnahmegrund Gewalttätigkeiten/aggressive Durchbrüche Suizidversuch ständiges Entweichen Suizidäußerungen selbstverletzendes Verhalten 0 5 10 15 Percent Grafik 36: Aufnahmegrund (5.Intervention) 202 20 25 30 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.11.6 Resümee Über die unterschiedlichen Interventionen zeigt sich, dass während bei der ersten Intervention die Abklärung den wichtigsten Aufnahmegrund darstellt und an zweiter Stelle Gewalttätigkeiten bzw. aggressive Durchbrüche stehen, diese während der weiteren Interventionen der häufigste Aufnahmegrund ist. Durchgehend ist ebenfalls zu beobachten, dass Suizidäußerungen bzw. – versuche den zweitwichtigsten Aufnahmegrund ausmachen. Während der ersten drei Interventionen stellen depressive Stimmungen bzw. selbstverletzendes Verhalten weitere wichtige Aufnahmegründe dar. Bei der vierten Intervention stehen akustische Halluzinationen sowie ständiges Entweichen an dritter Stelle während bei der fünften Intervention Suizidversuche bzw. – äußerungen sowie Ständiges Entweichen als wichtige Aufnahmegründe neben Gewalttätigkeiten zu verzeichnen sind. Auffällig an dieser Stelle ist, dass ständiges Entweichen als Aufnahmegrund bei der vierten und fünften Intervention an Bedeutung zunimmt. 12.1.1.12 Aufnahme im geschützten Bereich Durch die Dokumentenanalyse sollte auch erhoben werden, wie viele PatientInnen im geschützten Bereich der Station aufgenommen werden mussten, um Rückschlüsse darauf zu ziehen, ob Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt häufiger im geschützten Bereich aufgenommen wurden. Dieser Fragestellung soll im Kapitel 12.1.2 Analytische Auswertung näher auf den Grund gegangen werden. An dieser Stelle soll in Bezug auf die Gesamtstichprobe beschrieben werden, wie viele Kinder und Jugendlichen im geschützten Bereich der Abteilung für KJP der LSF aufgenommen wurden und ob diesbezüglich Geschlechtsunterschiede bestehen. 12.1.1.12.1 1. Intervention Bei der ersten Intervention wurden etwa gleich viele PatientInnen im geschützten (46,7%) wie im offenen Bereich (44,6%) bzw. tagklinisch oder ambulant aufgenommen. In etwa 10% der Fälle wurden in den Dokumenten keine Angaben zur Aufnahme im geschützten Bereich gefunden. Es ist jedoch anzunehmen, dass diese ebenfalls im offenen Bereich aufgenommen wurden, da sonst eine Aufnahmemeldung nach dem Unterbringungsgesetz vorliegen müsste. Trotzdem wurden diese PatientInnen nicht in die Berechnung mit einbezogen. Anzumerken ist jedoch, dass auch während eines Aufenthaltes eine geschützte Unterbringung notwendig werden kann, was bei der Aufnahme vielleicht noch nicht erkennbar ist. Diese Fälle wurden hier ebenfalls nicht berücksichtigt. In der Dokumentenanalyse wurde lediglich erhoben, ob eine Aufnahme in den geschützten Bereich erfolgt ist. Die exakten Zahlen sind der nachstehenden Tabelle 50 und Grafik 37 zu entnehmen. 203 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 50: Aufnahme im geschützten Bereich (1.Intervention) Valid Ja Frequency 176 Percent 46,3 Valid Percent 46,7 Cumulative Percent 46,7 168 44,2 44,6 91,2 33 8,7 8,8 100,0 377 99,2 100,0 3 ,8 380 100,0 nein keine Angaben Total Missing System Total Valid N Missing 377 3 ja nein keine Angaben 9,55% 46,68% 44,56% Grafik 37: Aufnahme im geschützten Bereich (1.Intervention) An dieser Stelle soll noch überprüft werden, ob geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Aufnahme im geschützten Bereich bei der ersten Intervention bestehen. Um dies zu beleuchten, wurde der Chi- Quadrat Test angewandt, der ein sehr signifikantes Ergebnis (Pearson χ2= 0,006) zeigt. Das heißt, es wurden signifikant mehr Mädchen im geschützten Bereich aufgenommen als Burschen. Gründe für diese Unterschiede könnten in den unterschiedlichen Aufnahmegründen bzw. Diagnosen liegen. Die genauen Zahlen sind der anschließenden Tabelle genauer zu entnehmen. 204 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 51: Chi- Quadrat Test- Aufnahme im geschützten Bereich/ Geschlecht (1.Int.) Aufnahme im geschützten Bereich * Geschlecht Crosstabulation Total Geschlecht Aufnahme im geschützten Bereich ja weiblich 96 männlich 80 Std. Residual 1,4 -1,3 Count 66 100 Count nein Total Std. Residual -1,4 1,4 Count 162 180 176 166 342 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Continuity Correction(a) Likelihood Ratio 1 Asymp. Sig. (2-sided) ,006 6,910 1 ,009 7,522 1 ,006 Value 7,492(b) df Fisher's Exact Test Exact Sig. (2-sided) ,007 Linear-by-Linear Association 7,470 N of Valid Cases 342 1 ,006 a Computed only for a 2x2 table b 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 78,63. 205 Exact Sig. (1-sided) ,004 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.12.2 2. Intervention Von den 118 Kindern und Jugendlichen, bei denen bekannt ist, dass eine 2. Intervention notwendig wurde, wurde fast die Hälfte im geschützten Bereich aufgenommen. In knapp 41% der Fälle erfolgte eine Aufnahme im offenen Bereich. Von 12 Fällen (3,2%) liegen keine Angaben diesbezüglich vor. Diese Ergebnisse sind in der untenstehenden Tabelle genau zu sehen und in der anschließenden Grafik noch einmal dargestellt. Tabelle 52: Aufnahme im geschützten Bereich (2.Intervention) Valid Missing Frequency 58 Percent 15,3 Valid Percent 49,2 Cumulative Percent 49,2 nein 48 12,6 40,7 89,8 keine Angaben 12 3,2 10,2 100,0 Total 118 31,1 100,0 System 262 68,9 380 100,0 ja Total N Valid 118 Missing 262 Tabelle 53: Aufnahme im geschützten Bereich (2. Intervention) ja nein keine Angaben 10,17% 49,15% 40,68% Auch hier soll eine Überprüfung geschlechtsspezifischer Unterschiede mit Hilfe des Chi- Quadrat Tests für die zweite Intervention erfolgen. Dazu wurden all jene Fälle, von denen keine genauen Informationen vorliegen, aus der Berechnung genommen und somit 106 Fälle mit einbezogen. Interessanterweise zeigen sich hier keine signifikanten geschlechtsspezifischen Unterschiede (Pearson χ2= 0,446) in Bezug auf die Aufnahme in den geschützten Bereich, obwohl sich auch für die zweite Intervetion signifikante Unterschiede in Hinsicht auf Aufnahmediagnose und Aufnahmegründe ergeben haben. Dieses Ergebnis ist der nachstehenden Tabelle 54 zu entnehmen. 206 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 54: Chi- Quadrat Test- Aufnahme im geschützten Bereich/ Geschlecht (2.Int.) Aufnahme im geschützten Bereich * Geschlecht Crosstabulation Total Geschlecht Aufnahme im geschützten Bereich ja weiblich 32 männlich 26 Std. Residual -,3 ,4 Count Count nein Total 30 18 Std. Residual ,4 -,4 Count 62 44 58 48 106 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square 1 Asymp. Sig. (2-sided) ,446 ,318 1 ,573 ,582 1 ,445 Value ,581(b) Continuity Correction(a) Likelihood Ratio df Fisher's Exact Test Linear-by-Linear Association ,575 N of Valid Cases 106 1 Exact Sig. (2-sided) Exact Sig. (1-sided) ,553 ,287 ,448 a Computed only for a 2x2 table b 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 19,92. 207 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.12.3 3. Intervention Von den 51 Jugendlichen, bei denen auch eine dritte psychiatrische Intervention notwendig wurde, wurde, wie in der Tabelle 55 und der anschließenden Grafik 38 dargestellt, über die Hälfte (56,9%) in den geschützten Bereich aufgenommen, etwa ein Viertel (27,5%) der Kinder und Jugendlichen wurden im offenen Bereich der Station aufgenommen. Von 8 Fällen (15,7%) sind dazu keine Angaben bekannt. Tabelle 55: Aufnahme im geschützten Bereich (3.Intervention) Valid ja Frequency 29 Percent 7,6 Valid Percent 56,9 Cumulative Percent 56,9 14 3,7 27,5 84,3 8 2,1 15,7 100,0 100,0 nein keine Angaben Total Missing System Total 51 13,4 329 86,6 380 100,0 Valid N Missing 51 329 ja nein keine Angaben 15,69% 27,45% 56,86% Grafik 38: Aufnahme im geschützten Bereich (3.Intervention) Im Hinblick auf die Überprüfung geschlechtsspezifischer Unterschiede wurde hier wieder ähnlich vorgegangen wie bei den ersten Interventionen. Auch hier zeigen sich, ähnlich wie bei der 2. Intervention, im Chi- Quadrat Test keine signifikanten Zusammenhänge (Pearson χ2= 0,903) zwischen dem Geschlecht und der Aufnahme im geschützten Bereich bei der 3. Intervention. 208 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 56: Chi- Quadrat Test- Aufnahme im geschützten Bereich/ Geschlecht (3. Intervention) Aufnahme im geschützten Bereich * Geschlecht Crosstabulation Total Geschlecht Aufnahme im geschützten Bereich ja weiblich 16 männlich 13 Std. Residual ,0 ,1 Count Count nein Total 8 6 Std. Residual ,1 -,1 Count 24 19 29 14 43 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square 1 Asymp. Sig. (2-sided) ,903 ,000 1 1,000 ,015 1 ,903 Value ,015(b) Continuity Correction(a) Likelihood Ratio df Fisher's Exact Test Exact Sig. (2-sided) Exact Sig. (1-sided) 1,000 Linear-by-Linear Association ,015 N of Valid Cases 43 1 ,904 a Computed only for a 2x2 table b 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 6,19. 209 ,583 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.12.4 4.Intervention Von den 17 Kindern und Jugendlichen, die eine 4. psychiatrische Intervention benötigten, wurden 10 (58,8%) im geschützten Bereich aufgenommen. Von 2 Fällen (11,8%) sind keine Angaben diesbezüglich bekannt. Tabelle 57: Aufnahme im geschützten Bereich (4.Intervention) Valid Frequency 10 Percent 2,6 Valid Percent 58,8 Cumulative Percent 58,8 nein 5 1,3 29,4 88,2 keine Angaben 2 ,5 11,8 100,0 100,0 ja Total Missing System Total 17 4,5 363 95,5 380 100,0 N Valid Missing 17 363 ja nein keine Angaben 11,76% 29,41% 58,82% Grafik 39: Aufnahme im geschützten Bereich (4.Intervention) 210 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.12.5 5.Intervention Bei 10 Kindern und Jugendlichen wurden mindestens 5 Interventionen benötigt. Von diesen wurden 8 (80%) bei der 5. Intervention im geschützten Bereich aufgenommen. Von einem Fall (10%) sind keine Angaben diesbezüglich zu erheben gewesen. Tabelle 58: Aufnahme im geschützten Bereich (5. Intervention) Valid ja Frequency 8 Percent 2,1 Valid Percent 80,0 Cumulative Percent 80,0 1 ,3 10,0 90,0 100,0 nein keine Angaben Total Missing System Total 1 ,3 10,0 10 2,6 100,0 370 97,4 380 100,0 N Valid Missing 10 370 ja nein keine Angaben 10,0% 10,0% 80,0% Grafik 40: Aufnahme im geschützten Bereich (5.Intervention) 12.1.1.12.6 Resümee In Bezug auf den Verlauf über die einzelnen Interventionen kann festgestellt werden, dass der Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen, die in den geschützten Bereich der Abteilung aufgenommen wurden mit der Zahl der Aufenthalte steigt, während die Zahl der Kinder und Jugendlichen, die im offenen Bereich aufgenommen wurden sinkt. So wurden bei der ersten Intervention 46, 7%, bei der zweiten 49,2%, bei der dritten 56,9%, bei der vierten 58,82% und bei der fünften Intervention sogar 80% der Kinder und Jugendlichen in den geschützten Bereich der Abteilung aufgenommen. Gründe dafür könnten darin liegen, dass es sich hier wirklich um Kinder und Jugendliche handelt mit einerseits schwerwiegenderen psychiatrischen Diagnosen bzw. um Kinder und Jugendliche, die als besonders schwierig gelten, die dann aufgrund von Eskalationen 211 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion oder Suizidäußerungen im geschützten Bereich der Abteilung aufgenommen werden. Die Zahl der Fälle in denen keine Angaben gefunden wurden, liegt immer in etwa bei 10%. 12.1.1.13 Fallvignetten Nachdem im vorhergehenden Kapitel die Zahlen nur bis zur 5. Intervention dargestellt wurden, da ab der 6. Intervention die Fallzahlen gering sind, sollen in diesem Kapitel exemplarisch drei von 5 Fällen, bei denen mehr als 6 Interventionen notwendig waren,genauer in Bezug auf die erhobenen Kategorien dargestellt werden. Dabei soll lediglich eine Beschreibung im Hinblick auf die Kategorien erfolgen, ohne diese zu interpretieren oder zu werten, da aufgrund der Daten zu wenig Information über die Umstände vorliegt, um die Situation der gewählten Fallbeispiele genau zu begründen und zu analysieren. Es ist anzumerken, dass 4 von diesen 5 Jugendlichen, bei denen mehr als 6 psychiatrische Interventionen notwendig waren, auch von Einrichtungen der Jugendwohlfahrt betreut wurden. Anhand dieser drei Fallbeispiele sollte dargestellt werden, wie die Wege mancher Kinder und Jugendlicher zwischen KJP und Einrichtungen der Jugendwohlfahrt verlaufen. Natürlich handelt es sich hier um Einzelfälle, die aber dennoch nicht als solche abgetan werden sollten. Dies sind einzelne Schicksale für die auch geeignete Angebote und Wohnformen geschaffen werden müssen. Durch diese Beispiele soll nicht nur der Pinball- Effekt verdeutlicht werden, sondern auch im Hinblick auf die analytische Auswertung in Kapitel 12.1.2 Beispiele beschrieben werden, durch die die Fragestellungen vor allem im Hinblick auf die unterschiedlichen Diagnosen bzw. Aufnahmegründe noch immanenter werden. So zeigt sich durch die Fallvignetten z.B. dass diese vor allem aufgrund von Suizidäußerungen bzw. Gewalttätigkeiten zur stationären Aufnahme gekommen sind. Daraus könnte man ableiten, dass jene Kinder und Jugendliche, die Kontakt zu stationären Einrichtungen der JW haben, auch häufiger aufgrund von Gewalttätigkeiten oder Suizidäußerungen zur Aufnahme kommen. Dies soll in weiterer Folge überprüft werden. Nachdem diese Kinder und Jugendlichen, die als Fallbeispiele gewählt wurden und mehr als 5 psychiatrische Interventionen benötigten, alle Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen hatten, könnte man auch annehmen, dass jene Kinder und Jugendliche, die als Grenzfälle zwischen Jugendwohlfahrt und KJP gelten, mehr psychiatrische Interventionen benötigen, als andere. Dies soll ebenfalls im folgenden Kapitel weiter überprüft werden. Nachdem hier 2 von drei Fällen weiblich waren, führt dies in Bezug auf Grenzfälle jedenfalls zu der Fragestellung, ob Mädchen häufiger Hilfen sowohl von der KJP als auch von der JW benötigen.So führen diese Fallbeispiele, zu Themen, die in der analytischen Auswertung weiter überprüft werden. 212 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.13.1 1. Fall Beim ersten Fall handelt es sich um ein Mädchen, das 1988 geboren wurde und das erste Mal im ersten Quartal des Jahres 2002 von einer Wohngemeinschaft im Burgenland zur stationären Aufnahme auf die KJP der LSF kam. Der damalige Grund für die Intervention war die depressive Grundstimmung des Mädchens. Der Aufenthalt dauerte etwa eine Woche. Danach wurde das Mädchen wieder zurück in die gleiche WG entlassen. Zur zweiten Aufnahme kam das Mädchen aufgrund einer Suizidäußerung, wieder von dieser WG; es wurde nach drei Wochen auch wieder dorthin entlassen. Eine dritte Intervention wurde erneut aufgrund einer Suizidäußerung notwendig. Dieser stationäre Aufenthalt dauerte wieder etwa 3 Wochen. Das Mädchen wurde anschließend zur Mutter entlassen. Zur 4. Intervention kam das Mädchen von einer mobil betreuten Wohnung wiederum aufgrund einer Suizidäußerung. Nach etwa einer Woche wurde das Mädchen erneut dorthin entlassen. Vor der 5. Intervention war das Mädchen wieder in einer betreuten Wohnung und wurde mit einem Suizidversuch bzw. einer suizidalen Geste eingewiesen. Bei dieser Intervention wurde das Mädchen 4 Wochen lang stationär und anschließend tagklinisch behandelt, bevor es in ein Mutter- Kind Heim entlassen wurde. Zur 6. Aufnahme kam es wieder aufgrund eines Suizidversuchs bzw. einer suizidalen Geste. Vor dieser Aufnahme war das Mädchen allerdings schon in einer eigenen Wohnung wohnhaft, wohin es nach einer Woche auch wieder entlassen werden konnte. Auch vor der 7. Intervention wohnte das Mädchen in einer eigenen Wohnung. Zur Aufnahme kam es aufgrund von Gewalttätigkeiten. Das Mädchen wurde allerdings wiederum nach einer Woche zurück in ihre eigene Wohnung entlassen. Die 8. Intervention erfolgte stationär für eine Woche aufgrund von Suizidäußerungen. Vor und nach dieser Intervention war das Mädchen in einer eigenen Wohnung untergebracht. Wie man aus dieser Lebensgeschichte erkennen kann, liegen bei diesem Mädchen innerhalb von 4 Jahren 8 stationäre Aufnahmen auf der KJP vor. Dementsprechend musste das Mädchen auch mehrmals die Wohnform wechseln. Durch die wechselnden Wohnformen ist ebenfalls anzunehmen, dass damit mehrere Beziehungsabbrüche verbunden waren. Klar ist, dass durch Suizidandrohungen für die stationären Fremdunterbringungseinrichtungen Situationen entstehen, für die diese nicht ausgerichtet sind. gewährleisten. Aufgrund der rechtlichen Situation in Österreich ist es auch für Jugendwohlfahrtseinrichtungen nicht möglich suizidale Kinder und Jugendliche, bzw. auch Kinder und Jugendliche, die Suizid androhen zu schützen. Aufgrund dessen muss es gelingen, Kooperationsformen mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie zu finden, die den Schutz gewährleisten, die dann aber nach Abklingen der Suizidalität auch eine Rückkehr in die Einrichtung 213 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion ermöglichen. Hier wird deutlich, dass stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtungen in dieser Hinsicht Unterstützung benötigen. Im Folgenden ist der Weg dieser Jugendlichen noch einmal in einer Grafik dargestellt. g un g n er g ss eru un s äu id äus timm iz d rs Su uizi Ve t. I n t . S iv e 3. In ss 2 . pre e D t. In 1. Su ng ru e en ss ei t k u ti g dä ch izi alttä su r u ve .S ew izi Int t. G u . S 8 . In 7 nt . 6.I Grafik 41: Falldarstellung 1 214 izid 4. In äu t. ss eru ng Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.13.2 2.Fall Beim zweiten Fall, der an dieser Stelle kurz dargestellt werden soll, handelt es sich um einen Burschen, der 1989 geboren wurde und im 3. Quartal 2004 zum ersten Mal zur stationären Aufnahme auf die KJP der LSF kam. Der Bursch wohnte zur damaligen Zeit bei seiner Mutter und kam aufgrund von Gewalttätigkeiten zur Aufnahme. Nach etwa 6 Wochen wurde er auch wieder zur Mutter entlassen. Zur 2. Aufnahme kam der Bursch von einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt, die zur vorübergehenden Unterbringung von Jugendlichen in Krisensituationen ausgelegt ist. Der Grund dieser 2. Aufnahme lag wieder in Gewalttätigkeiten. Nach mehr als 10 Wochen wurde der Bursch in ein Ausbildungszentrum (Behindertengesetz) entlassen. Von dieser Einrichtung kam er dann zur 3. Intervention aufgrund von Suizidäußerungen. Nach 9 Wochen wurde dieser Bursch dann wieder in die Krisenunterbringung entlassen. Vor der 4. Intervention war der Bursch wieder bei seiner Mutter untergebracht und kam erneut aufgrund von Gewalttätigkeiten zur stationären Aufnahme. Nach einer Woche konnte der Jugendliche dann ins Landesjugendheim entlassen werden. Zur 5. Intervention kam der Jugendliche wieder vom Landesjugendheim aufgrund von aggressiven Durchbrüchen bzw. Gewalttätigkeiten und wurde nach 2 Wochen wieder dorthin entlassen. Die 6. Aufnahme war ein geplantes Time Out vom Landesjugendheim und der Jugendliche wurde auch nach einer Woche wieder dorthin entlassen. Zur 7. Aufnahme kam der Bursch dann von einer Notschlafstelle für Jugendliche und wurde nach einer Woche wieder ins Landesjugendheim entlassen. Grund dieser Aufnahme war eine Alkoholintoxikation. Die 8. Aufnahme erfolgte, weil die Wohnsituation des Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt ungeklärt war. Aus diesem Grund kam der Jugendliche wieder von der Notschlafstelle zur Aufnahme und wurde 6 Wochen lang stationär bzw. tagklinisch behandelt, bevor er in ein mobil betreutes Wohnen in der Obersteiermark entlassen werden konnte. Die Hauptdiagnosen waren immer abwechselnd F43.1 bzw. F91.1 also „posttraumatische Belastungsstörung“ bzw. die „Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen“. Erneut soll der Weg dieses Jugendlichen in der folgenden Grafik veranschaulicht werden. 215 ten gke i lttä ti n ite ke tig ttä al ew a ew 6.In t.gep lan 5.In te s t.Tim G t.G In 4. eo ut 2. In t. G ew al ttä tig ke ite n Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Grafik 42: Falldarstellung 2 216 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.1.13.3 3. Fall Beim 3. Fall, der hier skizziert werden soll, handelt es sich um ein Mädchen, das 1991 geboren wurde und im 3. Quartal 2005 das erste Mal zu einer psychiatrischen Intervention auf die kinderund jugendpsychiatrische Station der LSF Graz von einer Wohngemeinschaft in Kärnten, aufgrund von Suizidäußerungen zur Aufnahme kam. Diese erste Intervention dauerte in etwa 5 Wochen, nach denen das Mädchen in eine andere Wohngemeinschaft, ebenfalls in Kärnten entlassen wurde. Diagnostiziert wurde damals eine „nicht näher bezeichnete akute vorübergehende psychotische Störung“ (F 23.9). Zur 2. und zur 3. Intervention kam es ebenfalls aufgrund von Suizidäußerungen wobei das Mädchen jedes Mal wieder in dieselbe Wohngemeinschaft entlassen wurde. Die Aufnahme und Entlassungsdiagnose bei der 2. Intervention war eine „mittelgradige depressive Episode“ (F32.1) und der Aufenthalt dauerte eine Woche. Die Aufnahmediagnose bei der 3. Intervention war eine „akute vorübergehende psychotische Störung“ (F23) und das Mädchen wurde nach 7 Wochen mit der Diagnose „posttraumatische Belastungsstörung“ (F43.1) wieder entlassen. Zur 4. Intervention kam das Mädchen von derselben Wohngemeinschaft in Kärnten aufgrund von Gewalttätigkeiten. Die Aufnahmediagnose lautete erneut „posttraumatische Belastungsstörung“ (F43.1). Nach mehr als 10 Wochen wurde das Mädchen in eine Wohngemeinschaft in Graz mit der Diagnose „nicht näher bezeichnete depressive Episode“ (F32.9) entlassen. Von dieser Wohngemeinschaft kam das Mädchen zu mehreren Kriseninterventionen aus unterschiedlichen Gründen, die von ständigem Entweichen über Suizidäußerungen, selbstverletzendem Verhalten oder Drogenkonsum reichen. Die Diagnosen variieren und beinhalten die bereits beschriebenen. Zu erwähnen ist, dass die Entlassungsdiagnose des letzten erhobenen Aufenthalts „emotional instabile Persönlichkeitsstörung“ (F60.3) lautet. Anhand dieses Beispiels lässt sich sehr gut der Pinball- Effekt verdeutlichen. Dieser lässt sich wahrscheinlich aufgrund der aktuellen Situation der Jugendwohlfahrt in der Steiermark bzw. auch in Anbetracht der komplexen Problemstellungen der Jugendlichen häufig nicht vermeiden. Durch geeignete Kooperationsvereinbarung bzw. Maßnahmen innerhalb der Jugendwohlfahrt lässt sich der Pinball- Effekt jedoch mit Sicherheit minimieren. Auch der Weg dieser Jugendlichen soll in einer Abbildung grafisch dargestellt werden. 217 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion WG2 (Kärnten) WG1 (Kärnten) 1. Int .- Su izi dä us s g un er g s s un äu er d s i s iz u en Su dä eit .izi gk t i u t n I tä .S 2. alt Int ew 3. G . Int 4. eru ng KJP/ LSF S Int. en ich we Ent n e ges keit ndi ätig g Stä n altt n w nt. eru alte Ge 5. I uss erh nt. zidä sV 6. I Sui nde nt. tze um 7. I ons erle v k lten bst gen erha Sel Dro es V nt. nt. end 8. I 9. I l et z tver el bs 10. WG (Graz) Grafik 43: Falldarstellung 3 Durch diese Falldarstellungen werden einige Fragestellungen, die bereits in Kapitel 10.3 Fragestellungen bzw. Ziele der Untersuchung angeführt wurden, noch offensichtlicher und immanenter. Im folgenden Kapitel sollen vor allem Besonderheiten zwischen jenen Kindern und Jugendlichen, die sowohl von stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, als auch von der KJP betreut wurden, herausgefiltert werden. Diese beziehen sich vor allem auf die durch die Dokumentenanalyse erhobenen Kategorien, vor allem aber auf das Alter, die Diagnosen, das Geschlecht, die Zahl der Interventionen sowie die Aufnahmegründe. 218 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.2 Analytische Auswertung In diesem Kapitel soll die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die im Jahr 2006 auf der kinderund jugendpsychiatrischen Station der LSF aufgenommen wurden und unmittelbar vor oder nach einem Aufenthalt von einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt betreut wurden (Grenzfälle), und die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, bei denen dies nicht der Fall war (die also bei einem Elternteil, bei beiden Eltern, den Großeltern, in einer Behinderteneinrichtung oder sonstigem wohnhaft waren), in Bezug auf die erhobenen Kategorien verglichen werden. 12.1.2.1 „Grenzfälle“ zwischen KJP und JW Im vorigen Kapitel wurde bereits detailliert für jede einzelne Intervention die Wohnform vor und nach der Intervention dargestellt. Aufgrund der erhobenen Daten wurde berechnet, wie viele Kinder und Jugendliche insgesamt vor oder nach einer Intervention Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten und somit, im Hinblick auf Definition von Grenzfällen (Kapitel 2.1) auch als Grenzfälle bezeichnet werden können. Hier zeigt sich, dass von insgesamt 359 Kindern und Jugendlichen, von denen die Daten in diesem Zusammenhang erhoben werden konnten, 111 unmittelbar vor oder nach einer Intervention in einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht waren. Das heißt, in etwa ein Drittel der Kinder und Jugendlichen (30,9%), die im Jahr 2006 auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der LSF behandelt wurden, hatte auch Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt. Diese Zahlen sind in der untenstehenden Tabelle 59 und Grafik 44 dargestellt. Somit ist in Bezug auf die 1. Hypothese (vgl. S. 133) anzumerken, dass die Ergebnisse einen Hinweis darauf geben, dass diese Hypothese verifiziert wird. Ein nicht unwesentlicher Teil (nahezu ein Drittel) der Kinder und Jugendlichen, die auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der LSF behandelt wurden, war unmittelbar vor oder nach einer Intervention in einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht. Durch dieses Ergebnis wird deutlich, wie wichtig die Zusammenarbeit zwischen dem Gesundheitssystem und dem System der Jugendwohlfahrt ist. Immerhin gelten im Jahr 111 Kinder und Jugendliche als gemeinsame Fälle von Kinder und Jugendpsychiatrie und stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt. Das sind etwa 10 gemeinsame Fälle im Monat. Dazu ist zu erwähnen, dass dies nur diejenigen Kinder und Jugendlichen sind, die unmittelbar aus einer stationären Jugendwohlfahrtseinrichtung aufgenommen oder in eine solche entlassen wurden. 219 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Weiters wurde an dieser Stelle nur der Kontakt der Kinder und Jugendlichen zu stationären Einrichtungen erhoben. Diejenigen Kinder und Jugendlichen, die andere Hilfen der Jugendwohlfahrt (z.B. Erziehungshilfe) erhalten haben, sind in diesen Zahlen nicht berücksichtigt. Tabelle 59: Grenzfälle Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. Valid Missing Kontakt zu JW Einrichtung Frequency 111 Percent 29,4 Valid Percent 30,9 Cumulative Percent 30,9 kein bekannter Kontakt zu JW Einrichtung 248 65,6 69,1 100,0 Total 359 95,0 100,0 19 5,0 378 100,0 System Total Kontakt zu JW Einrichtung kein bekannter Kontakt zu JW Einrichtung 30,92% 69,08% Grafik 44: Grenzfälle 220 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.2.2 Alter Um über die Kinder- und Jugendlichen, die zu gemeinsamen Fällen von KJP und Jugendwohlfahrt werden, Aussagen treffen zu können ist es auch wichtig zu wissen, ob diese sich in Bezug auf das Alter von den anderen Jugendlichen unterscheiden, und welche Altersgruppe am ehesten betroffen ist. Hier wurden wiederum, in Ahnlehnung an die deskriptive Auswertung, jene 2 PatientInnen aus der Berechnung genommen, die über 21 Jahre alt waren (vgl. Kapitel 12.1.1.2). Folgende Fragestellung, die bereits in Kapitel 10.3 (vgl. S. 134 ff.) beschrieben wurde, kann an dieser Stelle eindeutig beantwortet werden: Gibt es einen Unterschied in Bezug auf das Alter zwischen den Kindern und Jugendlichen, die Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt haben, und jenen bei denen kein Kontakt bekannt ist? In Bezug auf das Alter zeigt sich ein eindeutiger Unterschied zwischen den Kindern und Jugendlichen, die vor oder nach einer psychiatrischen Intervention in einer stationären JWEinrichtung untergebracht waren zu denen, bei denen keine Fremdunterbringung in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung bekannt ist. Tabelle 60: Statistik Alter- kein Kontakt zu JW/ Kontakt zu JW Statistics- kein Kontakt zu JW N Valid Missing Mean Median Std. Deviation Variance Range Minimum Maximum Statistics- Kontakt zu JW N 248 Valid Missing 0 111 0 15,0323 Mean 14,7748 16,0000 Median 15,0000 2,64326 Std. Deviation 1,90542 6,987 Variance 15,00 Range 9,00 6,00 Minimum 9,00 21,00 Maximum 18,00 3,631 An dieser Stelle soll überprüft werden, ob dieser Unterschied auch statistisch signifikant ist. Dazu wurde zuerst ermittelt, ob das Alter normal verteilt ist. Der Kolmogorov Smirnov Test ergibt keine Normalverteilung (z= 3,127 p= 0,000- sehr signifikant- siehe Tabelle im Anhang). Daher wurde ein nonparametrischer Test, der Mann- Whitney U Test zur Überprüfung der Zusammenhänge verwendet. Dieser zeigt einen signifikanten Unterschied (z= -0,232; p= 0,026- siehe Tabelle im Anhang) in Bezug auf das mittlere Alter der Jugendlichen, die vor oder nach einer psychiatrischen Intervention in JW- Einrichtungen fremd untergebracht waren, und jenen bei denen kein Kontakt zu stationären Einrichtungen der JW bekannt ist. Jene Kinder und Jugendlichen, die auch von 221 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt betreut wurden, waren signifikant jünger als andere kinder- und jugendpsychiatrische PatientInnen. Nachdem sich ergeben hat, dass jene Burschen, die im Jahr 2006 auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station aufgenommen wurden sehr signifikant jünger waren, als die Mädchen (vgl. Kapitel 12.1.1.2), stellt sich die Frage, ob die Burschen, die Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, also als Grenzfälle beschrieben werden können, auch jünger waren, als die Mädchen, die ebenfalls von der Jugendwohlfahrt betreut wurden. Hier soll vor allem die Fragestellung 2 (vgl. Kapitel 10.3) untersucht werden, jedoch innerhalb der Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die in stationären Einrichtungen der JW untergebracht waren. Es wird ermittelt, ob innerhalb dieser Gruppe ein geschlechtsspezifischer Unterschied in Bezug auf das Alter besteht. Dazu wurde nur jene Gruppe der Kinder und Jugendlichen untersucht, die unmittelbar vor oder nach einem Aufenthalt Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten. Der Kolmogorov Smirnov Test ergab für diese Gruppe keine Normalverteilung bezüglich des Alters (z=1,587 und p= 0,013 -siehe Tabelle im Anhang). Der U- Test nach Mann und Whitney zeigt keinen signifikanten (z=-1,478; p= 0,139- siehe Tabelle im Anhang) Unterschied zwischen den Burschen und Mädchen, die jeweils Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten. Obwohl in Anbetracht der Mittelwerte (Mädchen: 15,07/ Burschen: 14,49) ein statistisch relevanter Unterschied zu erwarten gewesen wäre. Das heißt, obwohl sich innerhalb der Gesamtstichprobe zeigt, dass männliche kinder- und jugendpsychiatrische PatientInnen signifikant jünger waren, als weibliche, lässt sich dieses in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten nicht beweisen. Es zeigt sich, dass bei den Burschen und Mädchen, die als „Grenzfälle“ zwischen KJP und JW bezeichnet werden können, das Alter gleich verteilt ist. 12.1.2.3 Geschlecht In Bezug auf das Geschlecht soll überprüft werden, ob eher Burschen oder eher Mädchen sowohl das System der Jugendwohlfahrt als auch das der KJP beanspruchen. Um diese Frage zu beantworten wurde der Chi- Quadrat Test durchgeführt. Hier zeigt sich, dass unter den 111 Kindern und Jugendlichen, die Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, annähernd gleich viele Burschen (57) wie Mädchen (54) waren. Auch beim Chi- Quadrat Test ergibt sich kein signifikantes Ergebnis (Pearson χ2= 0,813). Somit kann Fragestellung 2 des Kapitels 10.3 ebenfalls eindeutig beantwortet werden. In Bezug auf das Geschlecht gibt es keine signifikanten Unterschiede. Das heißt, jene Kinder und Jugendliche, die als Grenzfälle zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP bezeichnet 222 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion werden können, sind zu gleichen Teilen Burschen wie Mädchen. Es lässt sich statistisch nicht nachweisen, dass ein Geschlecht häufiger betroffen ist. Tabelle 61: Chi- Quadrat Test- Geschlecht/ Kontakt zu JW Case Processing Summary Cases Valid N Geschlecht * Kontakt Missing Percent 95,0% 361 N 19 Total Percent 5,0% N 380 Percent 100,0% Geschlecht * Kontakt Crosstabulation Count Geschlecht weiblich Kontakt kein bekannter Kontakt zu JW Kontakt zu JW Einrichtung Einrichtung 54 125 männlich Total Total 179 57 125 182 111 250 361 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Continuity Correction(a) Likelihood Ratio 1 Asymp. Sig. (2-sided) ,813 ,015 1 ,902 ,056 1 ,813 Value ,056(b) df Exact Sig. (2-sided) Fisher's Exact Test Linear-by-Linear Association Exact Sig. (1-sided) ,821 ,056 1 ,451 ,813 N of Valid Cases 361 a Computed only for a 2x2 table b 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 55,04. 12.1.2.4 Zahl der Interventionen Weiters stellt sich die Frage, ob die Kinder und Jugendlichen, die vor oder nach einer der Interventionen Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, mehr psychiatrische Interventionen benötigten als jene Kinder und Jugendlichen, die bei den Familien bzw. in Behinderteneinrichtungen oder sonstigen Wohnformen wohnhaft waren. Der Kolmogorov Smirnov Test zeigt mit z=7,442; p=0,000 (sehr signifikant) keine Normalverteilung. Der Mann- Whitney U-Test zeigt ein sehr signifikantes Ergebnis (z= -7,445; p= 0,000- siehe Tabelle im Anhang). Dies bedeutet, dass diejenigen Kinder und Jugendlichen, die vor oder nach einer der Interventionen Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, sehr 223 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion signifikant mehr psychiatrische Interventionen benötigten, als jene Kinder und Jugendlichen, die keinen Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten. Jene Kinder und Jugendlichen, die Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, benötigten im Durchschnitt 1,3 Interventionen, während jene, die unmittelbar vor oder nach einer Intervention fremd untergebracht waren, im Durchschnitt 2,2 Interventionen benötigten. Dies ist auch der untenstehenden Tabelle 62 zu entnehmen. Tabelle 62: Mittelwerte- Zahl der Aufenthalt Statistics- kein bekannter Kontakt Statistics- Kontakt zu JW Einrichtungen Zahl der Aufenthalte Zahl der Aufenthalte N Valid 250 Missing 0 Mean 1,3160 Std. Deviation ,74993 Variance ,562 N Valid 111 Missing 0 Mean 2,1712 Std. Deviation 1,45148 Variance 2,107 Somit lässt sich Fragestellung 3 des Kapitels 10.3 eindeutig beantworten. Es gibt einen statistisch relevanten Unterschied in Bezug auf die Zahl der Interventionen zwischen den Kindern und Jugendlichen, die vor oder nach einer Intervention Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, und denen bei denen dies nicht der Fall war. Auch die Hypothese 3 (vgl. Kapitel 10.2) lässt sich durch dieses Ergebnis untermauern. Jene Kinder und Jugendlichen, die in stationären Einrichtungen der JW untergebracht waren, benötigten sehr signifikant mehr psychiatrische Aufenthalte, als jene Kinder und Jugendlichen, bei denen kein Kontakt zu stationären JW- Einrichtungen bekannt war. Was könnten Gründe für dieses Ergebnis sein? Einerseits könnte hier ein Unterschied in den Diagnosen bestehen. Das heißt, wenn die Kinder- und Jugendlichen, die Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, andere psychiatrische Störungsbilder aufweisen als andere Kinder und Jugendliche, wäre dies ein plausibler Erklärungsgrund. Wie den Kapiteln 12.1.2.8 Aufnahmediagnose und dem Kapitel 12.1.2.9 Entlassungsdiagnose zu entnehmen, kann man hier durchaus von einer Tendenz zur Signifikanz sprechen. Und zwar in die Richtung, dass Kinder und Jugendliche mit expansiven Verhaltensstörungen eher auch Kontakt zu stationären Fremdunterbringungsmöglichkeiten hatten. Ein anderer Grund könnte darin liegen, dass es für Einrichtungen leichter ist, bei Problemen die KJP zu konsultieren und diese auch als eine Hilfemöglichkeit in schwierigen Fällen in Anspruch zu nehmen. Für Familien besteht hier wahrscheinlich eine höhere Hemmschwelle und es wird 224 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion versucht, Probleme ohne die KJP zu lösen, die ohnehin in der Bevölkerung mit einem schwierigen Ruf zu kämpfen hat. Eine andere Überlegung wäre, dass Kinder- und Jugendliche mit psychischen Auffälligkeiten, die in ein familiäres Umfeld eingebettet sind, weniger psychiatrische Hilfe benötigen, weil sie einen psychosozialen Rückhalt haben. 12.1.2.5 Aufenthaltsdauer Wenn wir über die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der JW und der KJP sprechen, stellt sich in Bezug auf die Aufenthaltsauer die Frage, ob Kinder oder Jugendliche, die unmittelbar vor oder nach einer psychiatrischen Intervention in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht waren gleich lange behandelt wurden wie Kinder und Jugendliche, die bei den Eltern, in Behinderteneinrichtungen oder sonstigen Unterbringungsformen wohnhaft waren. Um diesbezüglich Aussagen treffen zu können, wurde nach dem Kolmogorov Smirnov Test (z= 4,245 und p= 0,000 sehr signifikant) ein Mittelwertsvergleich mittels Mann- Whitney U Test durchgeführt. Dieser ist mit z= -4,677 und p= 0,000- sehr signifikant (vgl. Tabelle 63). Tabelle 63: Mann Whitney U-Test: Aufenthaltsdauer/ Kontakt (1.Int.) Test Statistics(a) Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2tailed) Ranks Aufenthaltsdauer Aufenthaltsdauer 8225,000 44271,000 -4,677 JW1 kein Kontakt zu JW Einrichtungen Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach der Intervention ,000 Total N Mean Rank Sum of Ranks 268 165,19 44271,00 90 222,11 19990,00 358 a Grouping Variable: JW1 Es bestehen also deutliche Unterschiede in Bezug auf die Aufenthaltsdauer zwischen den Kindern und Jugendlichen, die unmittelbar vor oder nach der ersten psychiatrischen Intervention in einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt untergebracht waren und solchen, die unmittelbar vor oder nach der Intervention keinen Kontakt zu einer JW- Einrichtung hatten, bestehen. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass in die Berechnung, ob Kontakt zu einer JW- Einrichtung bestand oder nicht, alle JW- Einrichtungen miteinbezogen wurden, da der Prozentsatz der Kinder und Jugendlichen, die in JW- Einrichtungen außerhalb der Steiermark untergebracht waren relativ gering ist. Außerdem ist die Bundesländerzuordnung an dieser Stelle nicht von Relevanz, da wir jene Gruppe von Kindern und Jugendlichen beschreiben möchten, die einerseits von der JW und andererseits von der KJP betreut wurden. 225 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Ferner ist von Bedeutung, dass diese Signifikanz eventuell dadurch zustande kommt, weil in die Berechnung die Kinder und Jugendlichen miteinbezogen wurden, die vor oder nach der Intervention Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten. Daher sind auch die Fälle miteinbezogen, die die Wohnform während des Aufenthaltes wechseln mussten. Also z.B. vorher bei den Eltern wohnhaft waren und nach dem Aufenthalt in einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht wurden. Daher ist noch extra zu untersuchen, ob die Kinder und Jugendlichen, die die Wohnform wechseln mussten längere Aufenthaltsdauern in der KJP in Kauf nehmen mussten. Außerdem ist an dieser Stelle zusätzlich zu untersuchen, ob die Kinder und Jugendlichen, die vor der Intervention in einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt untergebracht waren, längere Aufenthaltsdauern hatten, um feststellen zu können, ob bei Kindern und Jugendlichen, die aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt aufgenommen werden, die Aufenthalte generell länger dauern. Bei der Berechnung der Unterschiede in Bezug auf die Aufenthaltsdauer zwischen den Kindern und Jugendlichen, die aus einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt kamen und denen, bei denen dies nicht der Fall war, zeigt sich kein signifikanter Zusammenhang (z= -1,821; p= 0,069). Das heißt, die Kinder- und Jugendlichen, denen es ermöglicht wurde, nach der ersten psychiatrischen Intervention in die gleiche stationäre Einrichtung zurück zu kehren, konnten genauso schnell wieder entlassen werden, wie jene Kinder und Jugendlichen, die wieder in die Familie, zu einem Elternteil, Großbzw. Pflegeeltern, Behinderteneinrichtungen oder sonstigen Wohnformen zurückkehren konnten. Somit lässt sich in Bezug auf die Fragestellung 4 des Kapitels 10.3 (Gibt es einen Unterschied im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer zwischen den Kindern und Jugendlichen, die aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kommen und denen, die vor dem Aufenthalt nicht fremd untergebracht waren?) eindeutig feststellen, dass hier aufgrund der Dokumentenanalyse kein signifikanter Unterschied besteht. Tabelle 64: Mann- Whitney U- Test: Alter/ Jugendwohlfahrtseinrichtung vor der 1. Int. Ranks Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung Aufenthaltsdauer nicht aus Einrichtung der JW aus Einrichtung der JW Total Test Statistics(a) N Mean Rank Sum of Ranks 288 174,30 50197,50 69 198,63 13705,50 Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) 357 Aufenthaltsdauer 8581,500 50197,500 -1,821 ,069 a Grouping Variable: Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung 226 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Das weist darauf hin, dass die Unterschiede in Bezug auf die Aufenthaltsdauer der Kinder und Jugendlichen durch den „Drehtür- Effekt“ der KJP zustande kommen müssen. Das heißt, die durchschnittliche Aufenthaltsdauer wird wahrscheinlich dadurch beeinflusst, dass manche Kinder und Jugendlichen nicht mehr in ihre bisherige Wohnform zurück kehren können, wodurch Wartezeiten entstehen, bis eine neue geeignete Unterbringung gefunden war. Diesbezüglich soll im Anschluss auch die Signifikanz überprüft werden. Bei der 2. Intervention zeigt sich beim Vergleich der Aufenthaltsdauer der Kinder und Jugendlichen, die vor oder nach der 2. Intervention in einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt untergebracht waren, und denen, die in der Familie in Behinderteneinrichtungen oder sonstigem wohnhaft waren, dass zwar die Daten der Aufenthaltsdauer ebenfalls nicht normal verteilt sind (Kolmogorov Smirnov z= 2,598; p= 0,000- sehr signifikant) jedoch die Mittelwerte der Aufenthaltsdauer keine signifikanten Unterschiede aufweisen, wie in der nachstehenden Tabelle 65 dargestellt ist (Mann Whitney U- z= -0,801; p= 0,423- nicht signifikant). Das heißt die zweite psychiatrische Intervention dauerte bei den Kindern und Jugendlichen, die als Grenzfälle beschrieben werden können, durchschnittlich genauso lange, wie bei den anderen Kindern und Jugendlichen. Tabelle 65: Mann- Whitney U- Test: Aufenthaltsdauer/ Kontakt (2.Int.) Test Statistics(a) Ranks JW2 Aufenthaltsdauer kein Kontakt zu JW Einrichtungen Aufenthaltsdauer 1478,000 Mann-Whitney U Wilcoxon W Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach der Intervention 3689,000 Z -,801 Asymp. Sig. (2-tailed) ,423 Total N Mean Rank Sum of Ranks 66 55,89 3689,00 49 60,84 2981,00 115 a Grouping Variable: JW2 Auch bei der dritten Intervention zeigt sich, dass kein signifikanter Unterschied (z= -0,512; p= 0,608- siehe nachstehende Tabelle) in Bezug auf die Aufenthaltsdauer zwischen den Kindern und Jugendlichen besteht, die vor oder nach der Intervention in einer stationären Jugendwohlfahrtseinrichtung untergebracht waren, und denen, die keinen Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten. 227 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 66: Mann Whitney U- Test: Aufenthaltsdauer/ Kontakt (3.Int.) Test Statistics(a) Ranks JW3 Mann-Whitney U Aufenthaltsdauer 274,000 Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) Aufenthaltsdauer 550,000 -,512 ,608 a Grouping Variable: JW3 kein Kontakt zu JW Einrichtungen Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach der Intervention Total N Mean Rank Sum of Ranks 23 23,91 550,00 26 25,96 675,00 49 Für die weiteren Interventionen wurden keine Zusammenhänge in Bezug auf die Aufenthaltsdauer errechnet, da die Gesamtstichprobe (4.Int- n=17) zu klein ist, um die beiden Gruppen vergleichen zu können. Für die ersten drei Interventionen wurde überdies ermittelt, ob ein signifikanter Unterschied in Bezug auf die Aufenthaltsdauer zwischen den Kindern und Jugendlichen besteht, für die während des Aufenthaltes eine andere Wohnform gesucht werden musste, und denen, die in die gleiche Wohnform zurück kehren konnten. Hier ergab sich für alle drei Interventionen ein signifikanter Unterschied. Dies konnte erneut durch den Mann Whitney U- Test- bei der ersten Intervention mit z= -7,847 und p= 0,000 (= sehr signifikant), bei der zweiten Intervention mit z= -4,94; p= 0,000 (sehr signifikant) und bei der dritten Intervention mit z= -3,011; p= 0,003 (sehr signifikant) bewiesen werden. Die Tabellen sind dem Anhang zu entnehmen. Das bedeutet, dass sich die Aufenthaltsdauer dieser beiden Gruppen höchst signifikant unterscheidet. Kinder und Jugendliche, die nach dem Aufenthalt nicht in die gleiche Wohnform zurückkehren konnten, waren im Durchschnitt sehr signifikant länger in psychiatrischer Behandlung als jene, die in die gleiche Wohnform zurückkehren konnten. Hierbei ist zu erwähnen, dass die Kinder und Jugendlichen, die nach dem Aufenthalt in die gleiche Wohnform zurück kehren konnten im Durchschnitt bei allen 3 Interventionen zwischen drei und vier Wochen in psychiatrischer Behandlung waren, während die Kinder und Jugendlichen, für die eine neue Wohnform gefunden werden musste zwischen 7 und 8 Wochen stationär betreut wurden. Die Mittelwerte sind dem Anhang zu entnehmen. 228 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Somit kann Fragestellung 5 des Kapitels 10.3 eindeutig mit ja beantwortet werden. Die Kinder und Jugendlichen für die während der psychiatrischen Intervention eine neue Unterbringung gesucht werden musste, unterscheiden sich in Bezug auf die Aufenthaltsdauer von denen, die in die gleiche Wohnform zurückkehren konnten. Gründe für diese Unterschiede könnten einerseits darin bestehen, dass dadurch, dass wenn eine Alternative zur bisherigen Wohnform gesucht werden muss, mehr Zeit gebraucht wird, und für die Kinder und Jugendlichen eine Wartezeit entsteht. Hier muss zunächst die Zeit in Rechnung gestellt werden, bis eine andere Wohnform gefunden wird, überdies muss hier auch die Zeit berücksichtigt werden, die das Aufnahmeverfahren benötigt, bis das Kind oder der Jugendliche dann wirklich in die neue Wohnform entlassen werden kann. Ein weiterer Grund könnte aber auch darin liegen, dass jene Kinder und Jugendlichen welche die Wohnform wechseln mussten, andere Krankheitsbilder aufwiesen, als jene, die in der Wohnform bleiben konnten. Dies gilt es im Weiteren näher zu untersuchen (vgl. Kapitel 12.1.2.8 und 12.1.2.9). 12.1.2.6 Interventionsform Es stellt sich die Frage, ob die Kinder- und Jugendlichen, die in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht waren und zusätzliche psychiatrische Hilfe benötigten, andere psychiatrische Interventionsformen in Anspruch genommen haben, als die Kinder und Jugendlichen, die unmittelbar vor der Intervention keinen Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten. Um hier Unterschiede feststellen zu können, wurde ein Chi- Quadrat Test durchgeführt. Dazu wurden ambulante und tagklinische Fälle zusammengefasst. Dies scheint auch aufgrund der Tatsache sinnvoll, dass nur wenige Fälle als rein ambulante Interventionen identifiziert werden konnten. Der überwiegende Teil der Kinder- und Jugendlichen, die auch nur einen Tag zur Testung bzw. Abklärung aufgenommen wurden, waren im Computer als tagklinische PatientInnen verzeichnet. An dieser Stelle ergeben sich für die erste Intervention signifikante Unterschiede (Pearson χ2= 0,050- siehe nachstehende Tabelle). Das heißt, die Kinder und Jugendlichen, die vor der ersten Intervention in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht waren, wurden weniger häufig ambulant bzw. tagklinisch und häufiger stationär aufgenommen als die Kinder und Jugendlichen, die vor der ersten Intervention bei den Eltern, einem Elternteil, Groß- oder Pflegeeltern, Behinderteneinrichtungen oder sonstigen Wohnformen untergebracht waren. genauen Zahlen sind in der untenstehenden Kreuztabelle (Tabelle 67) noch einmal aufgelistet. 229 Die Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 67: Chi- Quadrat- Form der Intervention/ JW Einrichtungen vor der 1.Int. Case Processing Summary Cases Valid N Form der Intervention * Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung Missing Percent 363 N 97,3% Total Percent 10 N 2,7% Percent 373 100,0% Form der Intervention 1 zusammengefasst * Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung Crosstabulation Form der Intervention 1 zusammengefasst ambulant/tagklinisch Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung nicht aus aus Einrichtung Einrichtung der JW der JW 68 8 Count Expected Count Std. Residual stationär Count Expected Count Std. Residual stationär+tagklinisch Count Expected Count Std. Residual Total Count Expected Count 61,3 14,7 Total 76 76,0 ,9 -1,7 178 53 231 186,3 44,7 231,0 -,6 1,2 50 10 60 48,4 11,6 60,0 ,2 -,5 296 71 367 296,0 71,0 367,0 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 5,981(a) 6,496 1,226 2 2 Asymp. Sig. (2-sided) ,050 ,039 1 ,268 df 367 a 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 11,61. Somit lässt sich in Bezug auf die Fragestellung 9 (Kapitel 10.3) ableiten, dass sich durch die Dokumentenanalyse Unterschiede in Bezug auf die Interventionsform feststellen lassen. Gründe für diese Unterschiede könnten einerseits darin liegen, dass viele stationäre Fremdunterbringungseinrichtungen außerhalb von Graz liegen und dadurch die Erreichbarkeit nicht gegeben ist. Hier ist zu überprüfen, ob die Kinder und Jugendlichen, die aus Einrichtungen kommen, die nicht in Graz und Graz Umgebung liegen, weniger häufig tagklinisch behandelt wurden. Hierzu wurden zuerst die Jugendwohlfahrtseinrichtungen den steirischen Regionen zugeordnet. Die Kreuztabelle ist dem Anhang zu entnehmen. Nachdem hier jedoch in 55,6% der Zellen die erwartete Häufigkeit kleiner als 5 war, mussten die Regionen zusammengefasst werden, um die 230 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Bedingungen für den Chi- Quadrat Test zu erfüllen. Aus diesem Grund wurden nur mehr 2 Kategorien gewählt. Jene Kinder und Jugendlichen, die aus Jugendwohlfahrtseinrichtungen aus Graz bzw. Graz Umgebung kamen, bilden eine Gruppe, eine weitere Gruppe bilden die Fälle, die aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt der restlichen Steiermark bzw. außerhalb der Steiermark kamen. Hier ist anzunehmen, dass für jene Kinder und Jugendlichen, die nicht aus Einrichtungen in und um Graz kommen, die Erreichbarkeit der kinder- und jugendpsychiatrischen Station erschwert ist. Hier ergibt sich allerdings im Chi- Quadrat Test, dass es keine signifikanten Unterschiede (Pearson χ2= 0,186) zwischen der Interventionsform der ersten psychiatrischen Intervention und der Region in der die JW- Einrichtung liegt, gibt. Das heißt die Kinder und Jugendlichen, die aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt außerhalb von Graz und Graz Umgebung kamen, wurden im wesentlichen gleich häufig tagklinisch behandelt wie die Kinder und Jugendlichen, die aus Jugendwohlfahrtseinrichtungen in Graz bzw. Graz Umgebung kamen. Diese Zahlen sind in der nachstehenden Kreuztabelle (Tabelle 68) dargestellt. Es stellt sich erneut die Frage, warum Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt generell weniger häufig tagklinisch behandelt werden, als andere Kinder und Jugendliche. Obwohl anzunehmen ist, dass für die Kinder und Jugendlichen, die aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt außerhalb von Graz und Graz Umgebung kommen, die Erreichbarkeit der kinder- und jugendpsychiatrischen Station der LSF in Graz erschwerter ist, wurden diese gleich häufig bzw. gleich wenig häufig tagklinisch behandelt wie Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen direkt in Graz oder Graz Umgebung. Ein möglicher Grund könnte sein, dass hier eventuell Unterschiede in den Krankheitsbildern bestehen, die es den Kindern und Jugendlichen aus Einrichtungen in Graz und Graz Umgebung erschweren, täglich zwischen der Einrichtung und dem Krankenhaus zu „pendeln“. Dies wird im Kapitel 12.1.2.8 Aufnahmediagnose überprüft. Es zeigt sich, dass für die erste Intervention keine signifikanten Unterschiede in den Aufnahmediagnosen bestehen. Dennoch bestehen Unterschiede in den Aufnahmegründen, was stationäre Aufnahmen begründen lässt. Eine weitere Überlegung könnte sein, dass es eventuell von den Einrichtungen gewünscht wird, dass eine stationäre Aufnahme erfolgt. Dies lässt sich allerdings anhand der Dokumentenenanalyse nicht klären und wäre eventuell in den Interviews zu erheben. 231 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 68: Chi- Quadrat- JW- Einrichtungen nach Regionen/ Interventionsform Case Processing Summary Cases Valid N JW vor Int. Graz/Rest Steiermark/nicht Stmk. * Form der Intervention 1 zusammengefasst Missing Percent 367 N 97,1% Total Percent 11 N 2,9% Percent 378 100,0% JW vor Int. Graz/Rest Steiermark/nicht Stmk. * Form der Intervention 1 zusammengefasst Crosstabulation Form der Intervention 1 zusammengefasst JW vor Int. Graz/Rest Steiermark/nicht Stmk. nicht JW Count ambulant/ tagklinisch 68 Expected Count 296 61,3 186,3 48,4 296,0 ,9 -,6 ,2 Count Expected Count Std. Residual JW Graz/ Graz Umgebung 3 25 5 33 6,8 20,8 5,4 33,0 -1,5 ,9 -,2 5 28 5 38 7,9 23,9 6,2 38,0 -1,0 ,8 -,5 76 231 60 367 76,0 231,0 60,0 367,0 Count Expected Count Std. Residual Total stationär 178 Std. Residual JW nicht STMK/ Rest Steiermark Count Expected Count Total stationär+ tagklinisch 50 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 6,177(a) 6,819 ,808 4 4 Asymp. Sig. (2-sided) ,186 ,146 1 ,369 df 367 a 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 5,40. Für die weiteren Interventionen lässt sich aufgrund der geringen Fallzahlen kein Chi- Quadrat Test durchführen. 232 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.2.7 Aufnahme im geschützten Bereich Es soll in Bezug auf Fragestellung 8 (Kapitel 10.3) überprüft werden, ob die Kinder und Jugendlichen, die in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht waren, häufiger nach dem Unterbringungsgesetz, im geschützten Bereich der Abteilung für KJP untergebracht werden. Dies ist vor allem auch im Hinblick auf die Hypothese 11 (vgl. Kapitel 10.2) von Bedeutung. Durch ein signifikantes Ergebnis würde sich zeigen, dass die Möglichkeit der geschlossenen Unterbringung für stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtungen bei der Einweisung in die KJP eine Rolle spielt. Durch die Möglichkeit der geschlossenen Unterbringung in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen könnte diese Form der Krisenintervention auch in der Einrichtung geschehen. Es zeigt sich für die erste Intervention, dass ein signifikanter Zusammenhang (Pearson χ2= 0,021) zwischen der Fremdunterbringung in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung vor der Intervention und der Aufnahme im geschützten Bereich besteht. Hier kann man allerdings aufgrund der standardisierten Residuen sehen, dass der Zusammenhang am ehesten darin zu bestehen scheint, dass von den Kindern und Jugendlichen, die vor der ersten Intervention in einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt untergebracht waren, keine Angaben in den Arztbriefen bzw. Dekursen gefunden werden konnten, ob diese im geschützten Bereich aufgenommen wurden. 233 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 69: Chi- Quadrat: Aufnahme im geschützten Bereich/ Fremdunterbringung vor der 1.Int. Aufnahme im geschützten Bereich * Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung Crosstabulation Aufnahme im geschützten Bereich ja Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung nicht aus aus Einrichtung Einrichtung der JW der JW 138 38 Count Expected Count 142,0 Std. Residual nein Count Expected Count ,7 22 158 127,4 30,6 158,0 ,8 -1,5 22 11 33 26,6 6,4 33,0 Std. Residual Total Count Expected Count 176 176,0 -,3 Count Expected Count 34,0 136 Std. Residual keine Angaben Total -,9 1,8 296 71 367 296,0 71,0 367,0 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 7,683(a) 7,368 ,018 2 2 Asymp. Sig. (2-sided) ,021 ,025 1 ,892 df 367 a 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 6,38. Da dies jedoch nicht sehr viel aussagt, wurden jene 33 Fälle ausgeschlossen, bei denen diesbezüglich keine Angaben bestehen, und der Chi- Quadrat Test erneut durchgeführt. Es zeigt sich hier, dass kein signifikanter Zusammenhang (Pearson χ2= 0,068/ exakter Test nach Fischer= 0,086) zwischen der Fremdunterbringung in einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt vor der ersten Intervention und der Aufnahme im geschützten Bereich besteht. 234 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 70: Chi- Quadrat- Aufnahme im geschützten Bereich/ Fremdunterbringung vor 1.Int. Case Processing Summary Cases Valid N Aufnahme im geschützten Bereich * Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung Missing Percent 334 N 97,1% Total Percent 10 N 2,9% Percent 344 100,0% Aufnahme im geschützten Bereich * Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung Crosstabulation Aufnahme im geschützten Bereich ja Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung nicht aus aus Einrichtung Einrichtung der JW der JW 138 38 Count Expected Count Std. Residual nein Count Expected Count Std. Residual Total Count Expected Count 144,4 31,6 -,5 1,1 Total 176 176,0 136 22 158 129,6 28,4 158,0 ,6 -1,2 274 60 334 274,0 60,0 334,0 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Continuity Correction(a) Likelihood Ratio 1 Asymp. Sig. (2-sided) ,068 2,821 1 ,093 3,363 1 ,067 Value 3,321(b) df Fisher's Exact Test Linear-by-Linear Association Exact Sig. (2-sided) ,086 3,311 1 N of Valid Cases Exact Sig. (1-sided) ,046 ,069 334 a Computed only for a 2x2 table b 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 28,38. 235 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wenn kein Unterschied in der Häufigkeit der Aufnahme im geschützten Bereich zwischen den Kindern und Jugendlichen, die aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kommen, und den anderen Kindern und Jugendlichen besteht, kann man auch analog dazu annehmen, dass Selbstund Fremdgefährdung nicht ausschließlich die Gründe der Aufnahme aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen sein können, wie in den Interviews von vielen ExpertInnen betont wurde. Oder aber die Selbst- oder Fremdgefährdung wurde von den Fachkräften der Jugendwohlfahrtseinrichtungen anders beurteilt als von den Kinder- und JugendpsychiaterInnen. In Bezug auf die Aufnahmediagnosen (vgl. Kapitel 12.1.2.8) wird bei der zweiten Intervention deutlich, dass Kinder und Jugendliche aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen sehr häufig aufgrund einer Störung aus dem Bereich der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) aufgenommen wurden. Dazu zählen vor allem die großen Bereiche der hyperkinetischen Störungen und die Störungen des Sozialverhaltens. Diese sind vor allem durch ein wiederholendes Muster von „dissozialen, aggressiven oder aufsässigen“ Verhaltensweisen charakterisiert (vgl. Dilling et. al, 2005: 297). Es kann also durchaus der Fall sein, dass aggressive Verhaltensweisen zu einer Einweisung führen, jedoch der Jugendliche sich bei der Aufnahme bereits beruhigt hat und daher eine Aufnahme im geschützten Bereich der Abteilung nicht mehr notwendig ist. Daher lässt sich in Bezug auf die Hypothese 11 (vgl. Kapitel 10.2) feststellen, dass durch eine eventuelle kurzzeitige geschlossene Intervention bzw. die Möglichkeit eines Auszeitzimmers, das natürlich rechtlich sehr gut abgesichert sein muss, in den stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen, der Weg zur Kinder- und Jugendpsychiatrie entfallen könnte. Bei der zweiten Intervention zeigen sich ebenfalls keine signifikanten Zusammenhänge (Pearson χ2= 0,692) zwischen der Fremdunterbringung in einer stationären Jugendwohlfahrtseinrichtung vor der Intervention und der Aufnahme im geschützten Bereich der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der LSF. Das heißt, es wurden genauso viele Kinder und Jugendliche, die nicht aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kamen nach dem Unterbringungsgesetz aufgenommen, wie Kinder und Jugendliche aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen. 236 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 71: Chi- Quadrat Test: Aufnahme im geschützten Bereich/ Fremdunterbringung vor der 2. Int. Case Processing Summary Cases Valid N JWvor2 * Aufnahme im geschützten Bereich Missing Percent 118 N 31,1% Total Percent 262 N 68,9% Percent 380 100,0% JWvor2 * Aufnahme im geschützten Bereich Crosstabulation Count Aufnahme im geschützten Bereich keine ja nein Angaben JWvor2 Total nicht aus Einrichtung der JW 39 30 9 78 Aus Einrichtung der JW 19 18 3 40 58 48 12 118 Total Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value ,736(a) ,754 2 2 Asymp. Sig. (2-sided) ,692 ,686 1 ,906 Df ,014 118 a 1 cells (16,7%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 4,07. Nachdem bei der Berechnung des Chi- Quadrat Tests der 3. Intervention, bei 2 Zellen die erwartete Häufigkeit kleiner als 5 war, und somit die Bedingungen nicht erfüllt wären, wurden hier erneut jene Fälle ausgeschlossen, bei denen keine Angaben in Bezug auf die Aufnahme im geschützten Bereich vorhanden waren. Das Ergebnis zeigt auch bei der 3. Intervention keinen signifikanten Zusammenhang (χ2= 0,903) zwischen der Fremdunterbringung vor dieser Intervention und der Aufnahme in den geschützten Bereich, wie der anschließenden Tabelle (Tabelle 72) zu entnehmen ist. Tabelle 72: Chi- Quadrat Test: Aufnahme im geschützten Bereich/ Fremdunterbringung vor der 3.Int. Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Continuity Correction(a) Likelihood Ratio 1 Asymp. Sig. (2-sided) ,903 ,000 1 1,000 ,015 1 ,903 Value ,015(b) df Fisher's Exact Test Linear-by-Linear Association Exact Sig. (2-sided) Exact Sig. (1-sided) 1,000 ,015 1 N of Valid Cases ,904 43 a Computed only for a 2x2 table b 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 6,19. 237 ,583 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Somit kann in Bezug auf die Fragestellung, ob Unterschiede zwischen den Kindern und Jugendlichen, die vor der Intervention in einer stationären Einrichtung der JW fremd untergebracht waren, und denen, bei denen dies nicht der Fall war, in Bezug auf die Aufnahme im geschützten Bereich der Abteilung besteht, eine eindeutige Antwort gegeben werden. Statistisch lässt sich hier in Bezug auf die Aufnahme im geschützten Bereich kein Unterschied feststellen. 12.1.2.8 Aufnahmediagnose An dieser Stelle soll die Fragestellung 6 des Kapitels 10.3 überprüft werden. Es ist von Interesse, ob ein Zusammenhang zwischen der Aufnahmediagnose und der Fremdunterbringung vor der Intervention bzw. vor oder nach der Intervention besteht. Dies ist besonders deshalb interessant, weil dadurch Unterschiede in Bezug auf die Interventionsdauer und die Form der Intervention zu erklären wären. Um diese Frage zu beantworten, wurde ein Chi- Quadrat Test durchgeführt. Aufgrund der genauen Spezifizierung der erhobenen Diagnosen zeigte sich, dass 91% der Zellen eine erwartete Häufigkeit kleiner als fünf hatten. Dadurch sind die Bedingungen für den Chi- Quadrat Test nicht erfüllt. Um dennoch eine entsprechende Aussage treffen zu können, wurden die Diagnosen in Diagnosegruppen laut ICD10 zusammengefasst. Jedoch zeigte sich auch hier, dass 50% der Zellen eine erwartete Häufigkeit kleiner als fünf aufwiesen. Daher wurden jene Diagnosegruppen, bei denen beide Gruppen erwartete Häufigkeiten von kleiner als fünf aufwiesen aus der Berechnung genommen und der Chi- Quadrat Test erneut durchgeführt. Es zeigt sich für die erste Intervention, dass kein signifikanter Zusammenhang (χ2= 0,657- siehe nachstehende Tabelle 73) zwischen der Fremdunterbringung in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung vor der Intervention und der Aufnahmediagnose bestand. Das heißt, die Verteilung der Aufnahmediagnosen ist in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen annähernd gleich und unterscheidet sich nicht von den Kindern und Jugendlichen, die nicht aus stationären JW- Einrichtungen kommen. Dies ist in der folgenden Tabelle (Tabelle 73) und der anschließenden Grafik (Grafik 45: Aufnahmediagnose 1.Int- aus JWEinrichtung/ nicht aus JW- Einrichtung) noch einmal zu entnehmen. 238 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 73: Chi- Quadrat Test- Aufnahmediagnose/ Wohnform vor der 1.Int. = JW Einrichtung Case Processing Summary Cases Valid N Aufnahmediagnose 1.Int. zusammengefasst * Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung Missing Percent 346 N Total Percent 97,5% 9 N 2,5% Percent 355 100,0% Aufnahmediagnose 1.Int. zusammengefasst * Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung Crosstabulation Aufnahmediagnose 1.Int. zusammengefasst F1 Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung nicht aus Einrichtung der aus Einrichtung JW der JW 17 3 Count Expected Count Std. Residual F2 Count Expected Count Std. Residual F3 Count Expected Count Std. Residual F4 Count Expected Count Std. Residual F9 Count Expected Count Std. Residual Sonstige Count Expected Count Std. Residual Total Count Expected Count 3,8 ,2 -,4 9 2 11 8,9 2,1 11,0 ,0 ,0 121 24 145 117,8 27,2 145,0 ,3 -,6 68 20 88 71,5 16,5 88,0 -,4 ,9 38 12 50 40,6 9,4 50,0 -,4 ,9 28 4 32 26,0 6,0 32,0 Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases ,108 ,4 -,8 65 346 281,0 65,0 346,0 5 5 1 ,742 346 a 2 cells (16,7%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 2,07. 239 20,0 281 Asymp. Sig. (2-sided) ,657 ,655 df 20 16,2 Chi-Square Tests Value 3,281(a) 3,295 Total Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Vergleich Aufnahmediagnose 1.Int. 50 45 40 35 Prozent [%] 30 nicht aus JW-Einrichtung aus JW- Einrichtung 25 20 15 10 5 0 F1 F2 F3 F4 F9 sonstige Diagnose lt. ICD 10 Grafik 45: Aufnahmediagnose 1.Int- aus JW-Einrichtung/ nicht aus JW- Einrichtung In gleicher Weise soll erhoben werden, ob sich die Jugendlichen, die vor oder nach der ersten Intervention in einer Jugendwohlfahrtseinrichtung fremd untergebracht waren, in Bezug auf die Aufnahmediagnose von den anderen unterscheiden. Hier wird bei der Berechnung ähnlich vorgegangen wie bereits beschrieben. Es zeigt sich auch hier kein signifikanter Zusammenhang (χ2= 0,903). Tabelle 74: Chi- Quadrat- Test: Aufnahmediagnose/ Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach der 1.Intervention Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 1,581(a) 1,580 ,085 5 5 Asymp. Sig. (2-sided) ,903 ,904 1 ,771 df 328 a 2 cells (16,7%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 1,77. 240 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Um etwaige Zusammenhänge bei der zweiten Intervention zu ermitteln, wurde gleich vorgegangen. Zuerst wurde der Zusammenhang zwischen der Fremdunterbringung vor der Intervention und der Aufnahmediagnose ermittelt. Hier zeigt sich durch die Berechnung des Pearson χ2= 0,049 zwar ein signifikanter Zusammenhang, der Likelikood- Quotient χ2= 0,051 zeigt jedoch keinen signifikanten Zusammenhang. Dies könnte darin begründet liegen, dass sich die Signifikanz durch die standardisierten Residuen nicht begründen lässt. Es lässt sich allerdings jener Trend erkennen, dass die Kinder und Jugendlichen, die mit der Diagnose lt. ICD10 „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) aufgenommen wurden, eher aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kamen. Dieses Ergebnis ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da das Ergebnis sehr knapp ist und einige Diagnosegruppen aus der Berechnung genommen werden mussten. Daher sollte in diesem Fall eher von einer Tendenz zur Signifikanz gesprochen werden. Tabelle 75: Chi- Quadrat Test: Aufnahmediagnose/ Fremdunterbringung vor der 2. Int. Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 6,028(a) 5,956 df 2 2 Asymp. Sig. (2-sided) ,049 ,051 5,590 1 ,018 95 A 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 7,64. Auch hier stellt sich wiederum die Frage, ob die Kinder und Jugendlichen, die vor oder nach der 2. Intervention in JW Einrichtungen fremd untergebracht waren, sich in Bezug auf Aufnahmediagnosen von den anderen Kindern und Jugendlichen unterscheiden. Die Berechnung wurde wieder analog durchgeführt. Hier ergeben sich jedoch klarere signifikante Zusammenhänge als bei den Kindern und Jugendlichen, die vor der zweiten Intervention in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht waren. Beide Werte, das Pearson χ2= 0,020 wie auch der Likelihood Quotient χ2= 0,019 ergeben signifikante Zusammenhänge. Diese könnten darin begründet liegen, dass mehr PatientInnen, die mit der Diagnose „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) aufgenommen wurden, Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten. Von den Kindern und Jugendlichen, die mit einer Diagnose aus dem Bereich der „affektiven Störungen“ (F3) aufgenommen wurden, hatten weniger Kontakt zu JW Einrichtungen. Die Unterschiede werden in der untenstehenden Grafik 46 noch einmal verdeutlicht. 241 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Aufnahmediagnose- 2.Int 45,00 40,00 35,00 Prozent [%] 30,00 25,00 kein Kontakt Kontakt 20,00 15,00 10,00 5,00 0,00 F1 F2 F3 F4 F6 Diagnose lt. ICD 10 Grafik 46: Aufnahmediagnose 2. Int. Kontakt/kein Kontakt 242 F7 F9 sonstige Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 76: Chi- Quadrat Test: Aufnahmediagnose/ Fremdunterbringung vor oder nach der 2. Int. Case Processing Summary Cases Valid N Aufnahmediagnose 2. Int. zusammengefasst * JW Einrichtung vor oder nach 2.Int. Missing Percent 94 N 98,9% Total Percent 1 N 1,1% Percent 95 100,0% Aufnahmediagnose 2. Int. zusammengefasst * JW Einrichtung vor oder nach 2.Int. Crosstabulation Aufnahmediagnose 2. Int. zusammengefasst F3 JW Einrichtung vor oder nach 2.Int. Kontakt zu JW kein Kontakt zu Einrichtung vor JW oder nach der Einrichtungen Intervention 28 13 Count Expected Count F4 18,8 Std. Residual 1,2 -1,3 Count 16 15 31 16,8 14,2 31,0 -,2 ,2 Std. Residual Total 41 22,2 Expected Count F9 Total Count 41,0 7 15 22 Expected Count 11,9 10,1 22,0 Std. Residual -1,4 1,6 51 43 94 51,0 43,0 94,0 Count Expected Count Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 7,805(a) 7,945 6,834 2 2 Asymp. Sig. (2-sided) ,020 ,019 1 ,009 df 94 a 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 10,06. Für die dritte Intervention lässt sich aufgrund der geringen Stichprobengröße kein Chi- Quadrat Test mehr durchführen. Zusammenfassend kann in Bezug auf die Fragstellung 6 des Kapitels 10.3 (Gibt es einen Unterschied in den Aufnahme- bzw. Entlassungsdiagnosen?) festgestellt werden, dass sich bei der ersten Intervention keine statistisch gesicherten Zusammenhänge zwischen der Fremdunterbringung vor bzw. vor oder nach der Intervention und der Aufnahmediagnose feststellen lassen. Die Diagnosen sind demnach in beiden Gruppen annähernd gleich verteilt. Bei der zweiten Intervention 243 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion lässt sich eine Tendenz zur Signifikanz erkennen. Hier lässt sich jener Trend feststellen, dass mehr Kinder und Jugendliche, die mit einer Diagnose aus der Gruppe der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9), aufgenommen wurden, aus Einrichtungen der JW kamen bzw. vor oder nach dem Aufenthalt fremd untergebracht waren. Mehr Kinder und Jugendliche, die mit einer Diagnose aus der Gruppe der „affektiven Störungen“ aufgenommen wurden, hatten keinen Kontakt zu Jugendwohlfahrtseinrichtungen vor bzw. vor oder nach der Intervention. Das heißt, die Kinder- und Jugendlichen, die zwei oder mehr psychiatrische Interventionen benötigten und Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrteinrichtungen hatten, wurden eher mit einer Diagnose aus dem Bereich der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ aufgenommen als andere Kinder und Jugendliche, bei denen ebenfalls 2 oder mehr psychiatrische Interventionen notwendig waren. Da im Kapitel 12.1.2.5 ermittelt wurde, dass die Kinder und Jugendlichen, die die Wohnform während des Aufenthaltes wechseln mussten, im Durchschnitt länger in psychiatrischer Behandlung waren, soll an dieser Stelle überprüft werden, ob ein Unterschied in der Verteilung der Aufnahmediagnosen in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen für die während des Aufenthaltes eine neue Unterbringung gesucht wurde, im Vergleich zu jenen besteht, die in die gleiche Wohnform zurück kehren konnten. Aus rechnerischen Gründen mussten einige Diagnosegruppen von der Berechnung ausgespart werden. Es wurden nur die Diagnosegruppen „Psychische und Verhaltensstörungen durch psychotrope Substanzen“ (F1); „Affektive Störungen“ (F3); „Neurotische Belastungs- und somatoforme Störungen“ (F4) und „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) in die Berechnung mit einbezogen. Insgesamt wurden 29 Kinder und Jugendliche (von 356) aus der Berechnung genommen. Es zeigte sich kein signifikanter Zusammenhang (χ2= 0,932- siehe Tabelle im Anhang) zwischen der Aufnahmediagnose der ersten Intervention und dem Wechsel der Wohnform. Das heißt, es wurde hier bestätigt, dass ein Wechsel der Wohnform nicht an bestimmten Diagnosen festzumachen ist, sondern an der psychosozialen Situation (Lebensumstände, familiäres und soziales Umfeld etc.) liegen muss. Auch für die zweite Intervention wurde für die Hauptdiagnosegruppen „Affektive Störungen“ (F3); „Neurotische Belastungs- und somatoforme Störungen“ (F4) und „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) das Chi-Quadrat ermittelt. Von 115 Kindern und Jugendlichen wurden 22 aus der Berechnung genommen, um die Bedingungen für den Chi- Quadrat Test erfüllen zu können. Auch hier zeigte sich eindeutig kein signifikanter 244 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Zusammenhang (χ2= 0,643- siehe Tabelle im Anhang) zwischen der Aufnahmediagnose der zweiten Intervention und dem Wechsel der Wohnform während dieses Aufenthaltes. 12.1.2.9 Entlassungsdiagnose Nachdem sich ergeben hat, dass bei der ersten Intervention kein Unterschied in der Verteilung der Aufnahmediagnosen bestand, jedoch aber bei weiteren Interventionen eine Tendenz zur Signifikanz zu erkennen war, stellt sich an dieser Stelle die Frage, ob die Kinder und Jugendlichen, die in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt entlassen werden, gewisse Diagnosen häufiger bekommen, als andere Kinder und Jugendliche. In Kapitel 12.1.1.10 wurde bereits die Verteilung der Entlassungsdiagnosen über die gesamte Stichprobe dargestellt. Hier soll untersucht werden, inwieweit ein Unterschied zwischen den Kindern und Jugendlichen, die in stationären Einrichtungen der JW untergebracht waren, und denen die keinen Kontakt zu stationären JW- Einrichtungen hatten besteht. Bei der Datenerhebung wurde die Entlassungsdiagnose sehr spezifiziert erhoben. Daraus folgt, dass bei der Berechnung des ChiQuadrat Tests 90,7% der Zellen eine erwartete Häufigkeit kleiner als 5 haben. Daher wurden wie in Kapitel 12.1.1.10 die Diagnosen in Diagnosegruppen zusammengefasst was bewirkte, dass nur mehr 45% der Zellen eine erwartete Häufigkeit kleiner als 5 hatten. Um die Bedingungen für die Durchführung des Chi- Quadrat Tests schlussendlich zu erfüllen, wurden auch jene Fälle mit Diagnosen ausgeschlossen, bei denen beide Gruppen eine erwartete Häufigkeit kleiner als 5 hatten. Zusätzlich wurden noch jene Fälle mit der Diagnose F7 ausgeschlossen, da es sich hier um nur 10 Personen handelte. Das Ergebnis zeigt mit einem Pearson χ2 von 0,139 (siehe Tabelle 77) keine Signifikanz. Das heißt, bei der ersten Intervention gibt es, analog zu den Aufnahmediagnosen, keinen signifikanten Zusammenhang zwischen der Entlassungsdiagnose und der Entlassung in Jugendwohlfahrtseinrichtung. Tabelle 77: Chi- Quadrat Test: Entlassungsdiagnose/ Fremdunterbringung nach der 1. Intervention Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 8,336(a) 8,435 ,971 5 5 Asymp. Sig. (2-sided) ,139 ,134 1 ,324 Df 332 a 2 cells (16,7%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 2,60. 245 eine Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Bei der zweiten Intervention zeigen sich ebenfalls keine signifikanten Zusammenhänge zwischen der Entlassung in eine stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtung und der Entlassungsdiagnose (Pearson χ2= 0,173- siehe Tabelle). Tabelle 78: Chi- Quadrat Test: Entlassungsdiagnose/ Fremdunterbringung nach der 2. Int. Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 6,378(a) 6,626 df 4 4 Asymp. Sig. (2-sided) ,173 ,157 ,563 1 ,453 102 a 2 cells (20,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 4,53. Für die 3. Intervention lässt sich aufgrund der geringen Stichprobengröße kein Chi- Quadrat Test berechnen. Es bestehen also bei der ersten und der zweiten Intervention keine signifikanten Zusammenhänge zwischen den Entlassungsdiagnosen und der Fremdunterbringung nach der Intervention. Das heißt, die Entlassungsdiagnosen sind in der Gruppe, der Kinder und Jugendlichen, die nach der Intervention fremd untergebracht wurden gleich verteilt, wie bei den Kindern und Jugendlichen, die in Behinderteneinrichtungen, zu den Eltern, zu einem Elternteil, Groß- oder Pflegeeltern oder in sonstige Wohnformen entlassen wurden. In Bezug auf die Entlassungsdiagnose und den Kontakt zu stationären Fremdunterbringungsmöglichkeiten vor oder nach einer Intervention ist zu erwarten, dass sich ein ähnliches Bild zeigt wie bei den Aufnahmediagnosen. Daher soll dies nur kurz umrissen werden. Bei der ersten Intervention mussten die Kategorien „Verhaltensauffälligkeiten mit körperlichen Störungen und Faktoren“ (F5), „Persönlichkeits- und Verhaltensstörungen“(F6) und „Entwicklungsstörungen“ (F8) aus der Berechnung genommen werden, da hier zu wenige Fallzahlen vorhanden waren. Insgesamt wurden also 12 Jugendliche (von 351 bei denen die Entlassungsdiagnose bekannt war) aus der Berechnung genommen. Es zeigt sich für die erste Intervention kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Entlassungsdiagnose und dem Kontakt zu einer stationären Einrichtung der JW vor oder nach dieser Intervention (Pearson χ2= 0,359). 246 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Auch für die Berechnung des Chi- Quadrats im Rahmen der 2. Intervention mussten die Kategorien F6, F7 und F8 ausgeschlossen werden. Also fielen hier ebenfalls 12 Fälle (von 113 bei denen die Entlassungsdiagnose der 2. Intervention bekannt war) aus der Berechnung. Hier zeigte sich jedoch mit einem Pearson χ2= 0,001 ein sehr signifikanter Unterschied. Das heißt jene Kinder und Jugendlichen, die vor oder nach der 2. Intervention Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, weisen andere Entlassungsdiagnosen auf, als jene, die keinen Kontakt zu stationären Einrichtungen hatten. Jene Kinder und Jugendlichen, die Kontakt zu stationären Einrichtungen hatten, wurden häufiger mit einer Diagnose aus der Kategorie „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9), sowie „Neurotischen Belastungs- und somatoformen Störungen“ (F4) entlassen. Dementsprechend wurden die Kinder und Jugendlichen, die keinen Kontakt zu stationären Einrichtungen hatten, häufiger mit einer Diagnose aus dem Bereich der affektiven Störungen entlassen. Dieses Ergebnis ist in Analogie zu den Aufnahmediagnosen zu sehen, bei denen sich ebenfalls schon eine Tendenz zur Signifikanz in diese Richtung ergeben hat. Das heißt, stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sind eher mit dem Krankheitsbild der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“(F9) konfrontiert, bzw. dieses Krankheitsbild kommt in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen hatten, signifikant häufiger vor. In Anbetracht dieses Ergebnisses könnte man Maßnahmen dahingehend ergreifen, Jugendwohlfahrtseinrichtungen Unterstützung anzubieten bzw. die Kooperation zur KJP durch z.B. einen Liaisondienst auszubauen, um für diese oftmals im Verhalten schwierigen Kinder und Jugendlichen eine optimale Versorgung zu gewährleisten, ohne dass Verantwortungen hin und her geschoben werden. Weiters lässt sich durch dieses Ergebnis erkennen, dass gerade für Kinder und Jugendliche mit „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“(F9) unter die z.B. die „hyperkinetische Störung“ (F90) oder aber auch die „Störung des Sozialverhaltens“ (F91) einzuordnen ist, Möglichkeiten zur stationären Fremdunterbringung geschaffen werden müssen, da dies allem Anschein nach die Kinder und Jugendlichen sind, die zu Hause nicht gehalten werden können. 247 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.1.2.10 Aufnahmegrund Nachdem sich die Aufnahmediagnosen in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt aufgenommen wurden, von denen, die vor der Intervention keinen Kontakt zu JW- Einrichtungen hatten bei der ersten Intervention nicht signifikant voneinander unterscheiden, stellt sich die Frage, ob es in Bezug auf Aufnahmegründe Unterschiede gibt. Um dies zu berechnen, wurde ein Chi- Quadrat Test durchgeführt, bei dem sich allerdings zeigte, dass 66,7% der Zellen eine erwartete Häufigkeit kleiner als 5 hatten und somit die Bedingungen nicht erfüllt waren. Daher wurden Fälle mit den Aufnahmegründen, bei denen beide Gruppen eine erwartete Häufigkeit kleiner als fünf hatten, von der Berechnung ausgenommen und der ChiQuadrat Test erneut für die häufigsten Aufnahmegründe durchgeführt. Insgesamt wurden 316 Fälle in die Berechnung miteinbezogen- siehe Tabelle im Anhang. Hier zeigt sich für die erste Intervention ein sehr signifikanter Zusammenhang (χ2= 0,000- siehe untenstehende Tabelle 79). Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, kamen signifikant weniger häufig zur psychiatrischen Abklärung. Auch zeigt sich signifikant, dass jene Kinder und Jugendlichen aus Einrichtungen häufiger aufgrund von aggressiven Durchbrüchen und Gewalttätigkeiten zur ersten Aufnahme kamen, obwohl sich, wie bereits beschrieben, bei der ersten Intervention kein signifikanter Zusammenhang zwischen der Aufnahmediagnose und der Tatsache bestand, ob Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt zur Aufnahme kamen. In Bezug auf das Ergebnis in Kapitel 12.1.1.3 kann hier angemerkt werden, dass Einrichtungen weniger häufig zur psychiatrischen Abklärung kommen als Familien. Die Interpretation, dass hier eventuell eine höhere Hemmschwelle vorhanden ist, lässt sich hier also nicht unbedingt bestätigen. Hier muss meist schon ein Vorfall sein, damit es von einer stationären Einrichtung der JW zu einer Einweisung in die KJP kommt. Dies könnte einerseits daran liegen, dass die Störungsbilder unterschiedlich sind, andererseits vielleicht auch darin, dass die Toleranzgrenze in Einrichtungen nicht so hoch sein kann, wie z.B. in Familien. In Familien wird häufig sehr viel „ausgehalten“, bis eine Einweisung veranlasst wird. In stationären JW- Einrichtungen muss aufgrund der anderen Jugendlichen viel schneller gehandelt werden. Dennoch ist es erstaunlich, dass Kinder und Jugendliche, die nicht in stationären Einrichtungen der JW untergebracht waren weniger häufig zur psychiatrischen Abklärung kamen. Dies könnte eventuell darin begründet sein, dass die Einrichtungen keinen großen Wert auf psychiatrische Diagnosen legen und die Kinder- und Jugendpsychiatrie erst dann konsultiert wird, wenn sich für die Einrichtungen unlösbare Probleme ergeben. Inwieweit eine psychiatrische Diagnose Einfluss auf das pädagogische Handeln in stationären JW- Einrichtungen hat, stellt einen Punkt in den Interviews dar. 248 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 79: Chi- Quadrat Test: Aufnahmegrund/ Fremdunterbringung vor der 1.Int. Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 36,314(a) 34,645 12,132 6 6 Asymp. Sig. (2-sided) ,000 ,000 1 ,000 df 316 a 2 cells (14,3%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 1,85. In der folgenden Grafik 47 sollen diese Unterschiede in Bezug auf die Aufnahmegründe der ersten Intervention noch einmal veranschaulicht werden. Hierzu wurden die Prozentränge zum Vergleich herangezogen. Anzumerken ist allerdings, dass die Stichprobengröße der beiden Gruppen sehr unterschiedlich ist. Die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die vor der ersten Intervention keinen Kontakt zu einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt hatten besteht aus 294 PatientInnen, während 71 PatientInnen vor der ersten Intervention in Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht waren. Aus diesem Grund werden in der untenstehenden Grafik 47 die Prozentränge zum Vergleich herangezogen. In Bezug auf die Fragestellung 7 (Unterscheiden sich die Aufnahmegründe in den beiden Gruppen?) des Kapitels 10.3 ergibt sich hier eine eindeutige Antwort. Es zeigen sich eindeutige Unterschiede zwischen den Kindern und Jugendlichen in Bezug auf die Aufnahmegründe, die vor der Intervention Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, und denen, bei denen dies nicht der Fall war. Deutlich zu sehen ist dabei noch einmal, dass bei jenen Kindern und Jugendlichen aus Einrichtungen weniger häufig die Abklärung ein Grund für die Einweisung ist. Auffallend ist auch, dass Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen viel häufiger aufgrund von aggressiven Durchbrüchen oder Gewalttätigkeiten zur Aufnahme gekommen sind. 249 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Aufnahmegrund 50 45 nicht aus stat. JW-Einrichtungen aus stat. JW-Einrichtungen 40 Prozent [%] 35 30 25 20 15 10 5 m en ro ge nk on su m R isi ko ve rh al te n St im D Su iz id ve rs tz uc en h de s Ve de Al rh ko pr al es ho te si n lin v to e xi St ka im tio m n/ un Al g ko M ho ed l ko ik am ns um en te ne in st st än el lu di ng ge s En tw ei ch en se lb st ve rle un g Ab kl är un g us se r Su iz id ä G ew al ttä tig k ei te n/ ag gr es si ve Du rc hb rü c he 0 Aufnahmegrund Grafik 47: Aufnahmegrund (1.Int.) Nachdem die Stichprobengröße der beiden Gruppen so unterschiedlich ist, wurden von den 294 Kindern und Jugendlichen, die vor der 1. Intervention nicht in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht waren, zwei Zufallsstichprobe von ebenfalls 71 Fällen gezogen, damit überprüft werden kann, ob hier eine ähnliche Verteilung vorliegt. Um eine verlässlichere Aussage treffen zu können, wurde auf zwei Zufallsstichproben zurückgegriffen. Hier zeigte sich ein ähnliches Bild. In der folgenden Grafik ist die Verteilung der Aufnahmegründe in den 2 Zufallsstichproben sowie zum Vergleich erneut die Aufnahmegründe in der Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen zur Aufnahme gekommen sind, dargestellt. 250 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Aufnahmegrund 1. Int.- Probe 50 45 Zufallsstichprobe1 von Kindern und Jugendlichen nicht aus stat. JW-Einrichtung Zufallsstichprobe 2 von Kindern und Jugendlichen nicht aus stat.JW-Einrichtungen Kinder und Jugendliche aus stat. JW- Einrichtung 40 Prozent [%] 35 30 25 20 15 10 5 en og en ko ns um Ri sik ov er ha lte n Dr St im m G ew al ttä t ig ke i te n/ ag gr es siv e D ur ch br ü Su ch e iz id äu ss er un g Ab kl är un se g S lb ui st z ve id ve rle rs tz uc en h de s Ve Al de ko rh pr al ho es te lin siv n to e xi St ka im t io m n/ un Al g k M o ho ed lko ik am ns en um te ne in st st än el di lu ge ng s En tw ei ch en 0 Aufnahmegrund Grafik 48: Aufnahmegrund- Probe durch zwei Zufallsstichproben Für die zweite Intervention gestaltet sich ein ähnliches Bild. Der Bereich der Abklärung spielt allerdings keine Rolle mehr, da es sich hier um die zweite Intervention handelt und in der Regel bereits während der ersten Intervention eine ausreichende psychiatrische und psychologische Diagnostik durchgeführt wurde. Die Verteilung soll in der nachfolgenden Grafik dargestellt werden. 251 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 70 nicht aus stat. Einrichtung der JW aus stat. Einrichtung der JW 60 Prozent [%] 50 40 30 20 10 ko ns um D ro ge n re ue rIn ne n de n de pr es El te rn / Be t si ve St im m un g w ei ch en En t he st än di ge s D ur ch br üc ru ng ag gr es si ve m it kt e Ko nf li nd ig e st ä G ew al ttä ti g ke se l i te n/ bs tv er le tz Su iz en de s id ä us se Ve rh a l te n 0 Aufnahmegrund Grafik 49: Aufnahmegrund (2.Int.) Es stellt sich die Frage, warum Kinder und Jugendliche aus stationären JW- Einrichtungen häufiger aufgrund von Gewalttätigkeiten zur Aufnahme kamen, als jene Kinder und Jugendlichen, die aus den Familien bzw. anderen Betreuungseinrichtungen kamen. Ein Grund für dieses Ergebnis könnte darin liegen, dass bei den Kindern und Jugendlichen, die mehr als eine psychiatrische Intervention benötigten und Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen hatten, Unterschiede in Bezug auf die Diagnosen festgestellt werden konnten. Das heißt, z.B. aggressive Durchbrüche sind ein Symptom der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9), die in dieser Gruppe häufiger diagnostiziert wurde. Warum sich jedoch bei der ersten Intervention keine Unterschiede in Bezug auf die Diagnosen zeigten und dennoch Unterschiede in den Aufnahmegründen bestehen, kann hier nicht plausibel erklärt werden. Ein anderer Grund für das signifikante Ergebnis könnte auch darin liegen, dass in den Einrichtungen bei Vorfällen die Hemmschwelle, die zur Einweisung führt eventuell geringer ist, als in Familien und dass von den Einrichtungen schneller kinder- und jugendpsychiatrische Hilfe angefordert wird, als dies in den Familien der Fall ist. Eine weitere wichtige Rolle spielt sicher auch der persönliche Umgang der Professionellen in den stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt mit Gewalt. An dieser Stelle soll jedoch noch einmal darauf hingewiesen werden, dass Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der JW bei der ersten Intervention weniger häufig aufgrund einer psychiatrischen Abklärung zur Aufnahme gekommen sind, was sich vielleicht 252 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion dadurch erklären lässt, dass Professionelle psychiatrischen Diagnosen keine große Bedeutung zuschreiben sondern erst bei Vorfällen Hilfe von der Kinder- und Jugendpsychiatrie erwarten. Für die Interviews ergibt sich daher die Frage, in welchen Situationen BetreuerInnen von stationären Einrichtungen der Jungendwohlfahrt aus ihrer Sicht eine Einweisung in die KJP veranlassen. 12.1.2.11 Zusammenfassung Um noch einmal herauszufiltern, welche Variablen zusammenhängen und wie sich die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die als gemeinsame KlientInnen von Jugendwohlfahrt und KJP gelten, beschreiben lässt, wurde eine Two-Step Clusteranalyse durchgeführt. „Mit der Clusteranalyse werden die untersuchten Objekte so gruppiert, dass die Unterschiede zwischen den Objekten einer Gruppe bzw. eines Clusters möglichst gering und die Unterschiede zwischen den Clustern möglichst groß sind“ (Bortz, 2005: 567). Hierbei wurde auf die Variablen Alter, Geschlecht, Zahl der Aufenthalte und Kontakt zur Jugendwohlfahrt Augenmerk gelegt. Es ergaben sich zwei Cluster, einmal mit 245 Personen und einmal mit 109 Personen. 24 Fälle wurden von der Berechnung ausgenommen. Die Kinder und Jugendlichen, die in das erste Cluster fallen, hatten vor oder nach einer psychiatrischen Intervention keinen Kontakt zur Jugendwohlfahrt, benötigten in etwa einen Aufenthalt und waren durchschnittlich 15 Jahre alt. Die Dauer der ersten Intervention betrug 3,2 Wochen. Die Kinder und Jugendlichen, die in dieses Cluster fallen, waren fast zu gleichen Teilen männlich und weiblich. Die Kinder und Jugendlichen, die in das zweite Cluster fallen hatten bis auf einen alle Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt. Dieser eine Fall kann als Ausreißer bezeichnet und somit vernachlässigt werden. Diese Kinder und Jugendlichen benötigten durchschnittlich 2,25 Aufenthalte und waren durchschnittlich 14,83 Jahre alt. Die Dauer der ersten Intervention betrug durchschnittlich 5,2 Wochen. In dieses Cluster fallen wieder ungefähr gleich viele Burschen wie Mädchen. 253 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Tabelle 80: Two- Step Clusteranalyse Cluster2 Cluster1 1,298 2,248 15,016 14,826 3,241 5,220 0 108 Kein Kontakt zu JW 245 1 weibl. 121 53 männl. 124 56 Gesamt 245 109 Zahl der Aufenthalte Alter Aufenthaltsdauer (1.Int.) Kontakt zu JW TwoStep Cluster Number 1 2 109 245 Grafik 50: Clustergröße 254 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. (% innerhalb des Clusters) Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. Kontakt zu JW Einrichtung 1 Cluster kein bekannter Kontakt zu JW Einrichtung 2 Overall 0 20 40 60 80 Percent within Cluster Grafik 51: Kontakt zu JW- Einrichtungen/ Prozent innerhalb des Clusters 255 100 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Geschlecht (% innerhalb des Clusters) Geschlecht weiblich männlich Cluster 1 2 Overall 0 10 20 30 40 50 60 Percent within Cluster Grafik 52: Geschlecht/ Prozent innerhalb des Clusters Simultaneous 95% Confidence Intervals for Means 2,6 Zahl der Aufenthalte 2,4 2,2 2,0 1,8 1,6 1,4 1,2 1 2 Cluster Grafik 53: Zahl der Aufenthalte – Mittelwerte pro Cluster 256 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Simultaneous 95% Confidence Intervals for Means 15,4 15,2 Alter 15,0 14,8 14,6 14,4 1 2 Cluster Grafik 54: Alter- Mittelwerte pro Cluster Simultaneous 95% Confidence Intervals for Means Aufenthaltsdauer 6 5 4 3 1 2 Cluster Grafik 55: Aufenthaltsdauer (1.Int.)- Mittelwerte pro Cluster 257 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Bisher wurde die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, von denen bekannt ist, dass sie zusätzlich zu psychiatrischen Interventionen auch in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen betreut wurden, im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Zahl der Aufenthalte und der Aufenthaltsdauer der ersten Intervention charakterisiert. Es konnten deutliche Unterschiede festgestellt werden. Weiters konnte herausgefunden werden, dass die Kinder und Jugendlichen, die aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt zur ersten Aufnahme auf die kinder- und jugendpsychiatrische Station der LSF kamen, signifikant weniger häufig tagklinisch behandelt wurden. Ein Grund könnte darin liegen, obwohl es bei der ersten Intervention keinen Zusammenhang zwischen der Aufnahmediagnose und der Fremdunterbringung vor der Intervention gab. In Bezug auf die Kategorie „Aufnahme im geschützten Bereich“ konnte festgestellt werden, dass Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt genauso häufig nach dem Unterbringungsgesetz aufgenommen wurden, wie andere Kinder und Jugendliche. Das heißt, dass die kinder- und jugendpsychiatrische Hilfe von der JW nicht nur wegen der Möglichkeit der geschlossenen Unterbringung in Anspruch genommen wird, bzw. das Vorliegen einer Selbst- oder Fremdgefährdung von den Fachkräften der unterschiedlichen Professionen, eventuell anders eingeschätzt wird. Es ergeben sich jedoch geschlechtsspezifische Unterschiede. Diese liegen darin, dass Mädchen signifikant häufiger im geschützten Bereich der Abteilung aufgenommen wurden. Dies liegt höchstwahrscheinlich in den unterschiedlichen Diagnosen bzw. Aufnahmegründen begründet. Es zeigte sich weiters, dass bei der ersten Intervention die Aufnahme- bzw. Entlassungsdiagnosen in den beiden Gruppen gleich verteilt sind. Für weitere Interventionen offenbarte sich allerdings eine Tendenz zur Signifikanz. Das heißt, die Kinder und Jugendlichen, die mehr als eine psychiatrische Intervention benötigten und Kontakt zur Jugendwohlfahrt hatten, wurden häufiger mit einer Diagnose aus der Kategorie „Verhaltens- und emotionale Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) aufgenommen. Bei den Kindern und Jugendlichen, bei denen vor oder nach der zweiten Intervention kein Kontakt bekannt war, dominieren Diagnosen aus dem Bereich der „affektiven Störungen“ (F3). Außerdem ergeben sich geschlechtsspezifische Unterschiede in Bezug auf die Diagnosen, die wie in vielen Studien zur Prävalenz bereits ausreichend beschrieben, darin liegen, dass traumatisierte Mädchen eher zu internalisierenden und traumatisierte Burschen eher zu externalisierenden Störungen neigen. Hierzu wurden z.B. geschlechtsspezifische Folgen von Missbrauch untersucht. Putnam 1997 fand zum Beispiel bei Mädchen eher Depression, Suizidalität, Selbstverletzungen, Dissoziation und Somatisierung, während Giaconia et. al 1995 bei 258 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Burschen die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), Depression, Angststörungm Alkohol, Drogen sowie Dissozialität und Gewalt fanden (vgl. Streeck- Fischer, 2006: 98). Das Verhältnis von Burschen und Mädchen bei den Störungen des Sozialverhaltens liegt bei 3 bis 4:1 (vgl. Knölker et. al, 2007: 375). Auch bei ADHS sind Burschen „deutlich häufiger betroffen (Verhältnis 3- 9:1)“(ebd.). Für die Aufnahmegründe ergab sich ebenfalls ein sehr eindeutiges Bild und Ergebnis. Es zeigte sich, dass Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt signifikant häufiger aufgrund von aggressiven Durchbrüchen zur Aufnahme kamen. Gründe hierfür könnten einerseits darin liegen, dass die KJP von den Einrichtungen der JW niederschwelliger wahrgenommen wird und es somit für sie leichter ist, kinder- und jugendpsychiatrische Hilfe in dieser Form in Anspruch zu nehmen. Ein weiterer wichtiger Punkt an dieser Stelle kann auch im Umgang der Professionellen in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen mit Gewalttätigkeiten gesehen werden. Hier sollte betont werden, dass die persönliche Einstellung eine große Rolle spielt, inwieweit man aggressives Verhalten noch akzeptiert, wo man eine Grenze zieht und ab wann entsprechende Schritte eingeleitet werden. Für die Interviews ergeben sich daraus abgeleitet Fragestellungen, die den Umgang mit schwierigen Situationen wie etwa Gewalttätigkeiten und selbstverletzendem Verhalten betreffen, aber auch welche Hilfestellungen es für stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtungen außer der KJP gibt. Ferner zeigt sich von Interesse, inwieweit die Professionellen in ihrer Ausbildung speziell auf Situationen, in denen man mit Gewalt konfrontiert ist, oder auf den Umgang mit schwierigen Kindern und Jugendlichen überhaupt, vorbereitet wurden. 12.2 Ergebnisse der Interviews Wie bereits im Kapitel 11 Stichprobenbeschreibung erwähnt, wurden mit 14 Personen aus 7 stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen problemzentrierte Interviews geführt. Im Zentrum dieser steht vor allem die Fragestellung, wie die Zusammenarbeit mit der KJP bisher erlebt wurde. Ebenfalls vorrangig ist die Frage, warum einige Jugendwohlfahrtseinrichtung nur wenige gemeinsame Fälle mit der KJP haben, andere hingegen mehr. Aus diesem Grund wurden für die Interviews einerseits Einrichtungen ausgewählt, bei denen aufgrund der Dokumentenanalyse ein häufiger Kontakt festgestellt werden konnte, und andererseits Einrichtungen, die in der Dokumentenanalyse sehr selten bis gar nicht aufgeschienen sind. Um eventuell Unterschiede zu erkennen, wurden auch Fragen zur Struktur, zum Team so wie zu handlungsleitenden Grundsätzen oder Konzepten gestellt. 259 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Für den Interviewleitfaden ergeben sich aufgrund der Dokumentenanalyse einige Fragestellungen, die geklärt werden sollen. Einerseits sollen Unterschiede in Bezug auf die Struktur herausgefunden werden, zwischen den Einrichtungen, die häufigeren und denen, die wenig bis gar keinen Kontakt zur KJP hatten. Dazu soll erhoben werden, wie das Team zusammengesetzt ist, wie viele Kinder und Jugendliche betreut werden, welche Ausbildungen die Teammitglieder haben, wie hoch die Fluktuation ist u.a. An dieser Stelle soll erwähnt sein, dass um dieses zu erheben, eventuell ein kurzer Fragebogen von Vorteil gewesen wäre, da die Erhebung der Eckdaten in den Interviews doch einige Zeit in Anspruch genommen hat. Außerdem hätte ein kurzer Fragebogen auch die Auswertung erleichtert. Ein weiterer Punkt, der in den Interviews erhoben werden soll, ist das Aufnahmeverfahren. Hier ist besonders wichtig zu erfahren, wie lange das Aufnahmeverfahren dauert, da dadurch längere Wartezeiten erklärt werden können und welche Rolle eine psychiatrische Diagnose bei der Aufnahme spielt. Der Aspekt der Problemfälle soll ebenfalls beleuchtet werden. Vor allem soll herausgefunden werden, welche Kinder und Jugendlichen von den Professionellen als Problemfälle bezeichnet werden, um eine Beschreibung dieser Fälle vornehmen zu können, die dann eventuell mit den Ergebnissen der Dokumentenanalyse verglichen werden kann. Auch soll in diesem Zusammenhang erhoben werden, wie die Zusammenarbeit mit der KJP von den Fachleuten der stationären JWEinrichtungen erlebt wird. Hier wurden Unterkategorien gewählt, die sich aufgrund des Literaturteils ergeben haben. Im Zusammenhang mit Kooperation ist es von besonderer Bedeutung Erwartungen zu klären. Aus diesem Grund soll erhoben werden, welche Erwartungen die Professionellen an die KJP haben. Ein weiterer wichtiger Bereich ist die geschlossene Unterbringung. Hier wurde aufgrund der Dokumentenanalyse herausgefunden, dass die Kinder und Jugendlichen aus Einrichtungen nicht häufiger im geschlossenen Bereich der Abteilung aufgenommen wurden. In den Interviews soll geklärt werden, inwiefern die Möglichkeit der geschlossenen Unterbringung in der KJP doch eine Rolle bei der Überlegung einer Einweisung spielt und ob die Befragten einen Bedarf an geschlossenen Einrichtungen im JW Bereich sehen. Durch die Dokumentenanalyse konnte nachgewiesen werden, dass die Kinder und Jugendlichen, die häufigere Hilfe von der KJP benötigen, doch bestimmte Störungsbilder aufweisen. Vor allem expansive Verhaltensstörungen sind hier vorherrschend. Aus diesem Grund wird in den Interviews explizit danach gefragt, inwieweit die Professionellen in ihren unterschiedlichen Ausbildungen auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen vorbereitet wurden. Um die Hypothese zu beleuchten, dass die Steiermark mehr und differenziertere Angebote der JW (in Kooperation mit der KJP) benötigt, um besonders schwierige Kinder und Jugendliche betreuen 260 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion zu können, wurden die Fachleute nach ihrer Meinung in Bezug auf die Gesamtversorgung der JW in der Steiermark befragt. Die Interviews wurden mit Tonband aufgenommen und dann am Computer transkribiert. Diese Protokolle haben einen Umfang von mehr als 140 Seiten und wurden mit inhaltsanalytischen Verfahren computerunterstützt mit Hilfe des Programms MAXQDA ausgewertet. Im folgenden Kapitel soll zuerst das Ausgangsmaterial beschrieben werden um anschließend die Ergebnisse anhand der unterschiedlichen Kategorien darzustellen und zu vergleichen. 12.2.1 Die InterviewpartnerInnen Für die Interviews wurden, wie bereits beschrieben, 7 stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt in der Steiermark ausgewählt. Es wurde jeweils die Leitung der Einrichtung telefonisch kontaktiert und angefragt, ob Interesse bzw. Bereitschaft für ein Interview besteht. Alle LeiterInnen erklärten sich sofort bereit dafür zur Verfügung zu stehen und bezeugten großes Interesse an der Thematik. Von den LeiterInnen wurden jeweils Teammitglieder gefragt, ob sie ebenfalls bereit wären ein Interview zu führen. So wurden insgesamt 14 Personen befragt. Von den interviewten Personen waren 7 Männer und 7 Frauen mit unterschiedlichen Ausbildungen und Berufserfahrungen. Die durchschnittliche Berufserfahrung der befragten Personen liegt bei 11,4 Jahren. Dazu ist jedoch zu bemerken, dass der Range zwischen einem und 30 Jahren liegt. Auf die unterschiedlichen Ausbildungen der befragten Personen wird in weiterer Folge im Kapitel Ausbildung/ Weiterbildung näher eingegangen. Von den befragten Einrichtungen mit wenig bzw. gar keinem Kontakt zur KJP waren 3 in Graz und eine in einem steirischen Bezirk. Von den 3 befragten Einrichtungen, die mehr gemeinsame Fälle mit der Kinder und Jugendpsychiatrie hatten, waren 2 in Graz und eine außerhalb in einem steirischen Bezirk. Nach der telefonischen Anfrage wurden Termine für die Interviews vereinbart, die jeweils in der Einrichtung stattfanden. Einleitend wurde die Thematik erklärt, aber auch erwähnt, dass ich als Interviewerin auch beruflich auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung tätig bin. Es wurde jedoch explizit darauf hingewiesen, dass ich in dieser Situation als Forscherin auftreten möchte und die berufliche Tätigkeit unabhängig davon zu sehen ist und vor allem auch Kritik geäußert werden kann. Generell waren die InterviewpartnerInnen sehr offen und meist auch 261 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion interessiert an der Tätigkeit von Sozial- und HeilpädagogInnen auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung. Die Interviews wurden auf Tonband aufgenommen und anschließend in Anlehnung an Mayring (2008: 49) transkribiert. 12.2.2 Vergleich der Interviews nach den Kategorien In diesem Kapitel sollen die Interviews anhand der unterschiedlichen Kategorien verglichen werden. Diesbezüglich soll vor allem auf strukturelle Voraussetzungen, Problemfälle, Grenzfälle, die geschlossene Unterbringung, die Aus- und Weiterbildung sowie die Kooperation eingegangen werden. 12.2.2.1 Strukturelle Voraussetzungen In Bezug auf strukturelle Voraussetzungen soll vor allem analysiert werden, ob sich in Bezug auf die Zahl der betreuten Kinder und Jugendlichen bzw. die Teamzusammensetzung oder Fluktuation Unterschiede zwischen den Einrichtungen ergeben, die im Erhebungszeitraum mehr Kontakt zur KJP hatten, und denen, die wenig bis gar keinen Kontakt hatten. Weiters soll beschrieben werden, welche Unterschiede in Bezug auf die Tagesstruktur bzw. das Aufnahmeverfahren zwischen den einzelnen Institutionen bestehen. Insgesamt wurden 3 Einrichtungen befragt, die aufgrund der Dokumentenanalyse mit wenig Kontakt eingestuft wurden. Zusätzlich wurde eine Einrichtung ausgewählt, die in der Dokumentenanalyse nicht vorgekommen ist, in der also keiner der in der Dokumentenanalyse untersuchten Fälle vor oder nach der psychiatrischen Intervention fremd untergebracht war. In der folgenden Tabelle sollen jene Einrichtungen, mit denen im Jahr 2006 wenig Kontakt bestand in Bezug auf einige Eckdaten in einer Tabelle dargestellt werden. Tabelle 81: Einrichtungen mit wenig Kontakt Einrichtungen mit wenig Kontakt I II III IV Institution bestehend seit 18 Jahren 25 Jahren 8 Jahren 20 Jahren Kapazität 8 8 12 12 262 Alter der Kinder und Jugendlichen 13-18 12-18 9-17 10-16 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Im Vergleich dazu sollen in einer weiteren Tabelle die Eckdaten jener Einrichtungen dargestellt werden, mit denen sich mehr gemeinsame Fälle mit der KJP ergaben. Tabelle 82: Einrichtungen mit häufigem Kontakt Einrichtungen mit häufigem Kontakt I II III Institution bestehend seit Kapazität Alter der Kinder und Jugendlichen 4 Jahren 2 Jahren 4 Jahren 40 15 10 11-14 13-18 10-18 Interessanterweise zeigt sich hier, dass jene befragten Institutionen, die weniger Kontakt zur KJP hatten auch älter waren, als jene, die mehr gemeinsame Fälle mit der KJP hatten. Aufgrund der geringen Stichprobe kann man hier allerdings nicht von einem repräsentativen Ergebnis sprechen. Dennoch könnte sich aufgrund dieser Daten die Hypothese ableiten lassen, dass jüngere Einrichtungen häufigere Hilfestellungen durch die KJP in Anspruch nehmen. Dies müsste jedoch durch weitere Untersuchungen, die an dieser Stelle den Rahmen sprengen würden, überprüft werden. In Bezug auf die Kapazität der Institutionen lässt hier auch feststellen, dass jene Institutionen mit häufigerem Kontakt insgesamt mehr Jugendliche betreuen. Diese sind zwar teilweise aufgeteilt auf kleinere Einheiten, dennoch sind insgesamt mehr Kinder und Jugendliche untergebracht. Auch hier kann man dieses nicht verallgemeinern. Als Grund könnte man einerseits annehmen, dass sich bei mehr Kindern und Jugendlichen auch mehr Möglichkeiten der Kooperation anbieten. Eine andere Hypothese könnte aber auch sein, dass durch die höhere Zahl der Kinder und Jugendlichen mehr Konfliktpotential besteht. Auch diese Hypothese wäre in weiteren Untersuchungen zu überprüfen. Dafür sprechen würde die Forderung vieler Fachleute, gerade für besonders schwierige Kinder und Jugendliche Betreuungsmöglichkeiten in einem kleinen Rahmen zu schaffen. In Bezug auf das Alter der betreuten Kinder und Jugendlichen können keine gravierenden Unterschiede festgestellt werden. In weiterer Folge soll dargestellt werden inwieweit sich durch die Interviews Unterschiede in Bezug auf das Team, die Aufnahme, die Tagesstruktur sowie die pädagogische Grundhaltung erkennen lassen. 263 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.2.2.1.1 Team Die Teamzusammensetzung ist in den einzelnen Einrichtungen sehr unterschiedlich. Bezüglich des Frauen und Männer- Anteils wird aber durchwegs betont, dass eine Ausgewogenheit im Team angestrebt wird, wie durch die folgende Textpassage deutlich gemacht werden soll. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 22 - 23 Code: Einrichtung\Team\Frauen- Männeranteil „Es wird immer darauf geschaut, dass es so halb, halb ist. Also auch bei der Selektion, bei der Auswahl der Mitarbeiter.“ Die Ausbildungen der Teammitglieder im pädagogischen Bereich sind sehr unterschiedlich und reichen von einjährigen pädagogischen Ausbildungen zum Jugendarbeiter (z.B. in Graz Verein Activity) bis hin zum Pädagogikstudium. Auch die Quellenberufe der KindergärtnerIn und der LehrerIn sind vorherrschend. Auf diesen Aspekt wird im Folgenden im Kapitel 12.2.2.5 Ausbildung/ Weiterbildung näher eingegangen. 12.2.2.1.2 Aufnahme In diesem Abschnitt soll analysiert werden, inwieweit sich die Prozedere der Aufnahmeverfahren der einzelnen stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen voneinander unterscheiden. Ein weiterer Punkt ist die Dauer des Aufnahmeverfahrens, da dadurch häufig auch die Dauer eines stationären Aufenthaltes in der KJP bestimmt wird. Ebenso wurde in Bezug auf die Aufnahme nach Aufnahmeund Ausschlusskriterien gefragt, die ebenfalls an dieser Stelle verglichen werden sollen. Das Aufnahmeverfahren läuft nahezu in allen Einrichtungen, bis auf kleinere Unterschiede, sehr ähnlich ab. Als ersten Schritt gibt es eine Anfrage durch die Sozialarbeiterin. Danach wird es in einigen Einrichtungen so gehandhabt, dass es zu einem Informationsgespräch kommt. Dadurch soll der Jugendliche die Möglichkeit bekommen, sich einen Eindruck von der Einrichtung zu machen. In diesen Einrichtungen muss sich der oder die Jugendliche dann selbst telefonisch melden, um das Interesse zu bekunden, also um zu bestätigen, dass er/sie auch in diese Einrichtung möchte. Erst danach kommt es zu Aufnahmegesprächen bei denen fast in allen Einrichtungen mehrere Mitglieder des Teams anwesend sind, oder zu einer Schnupperzeit. Danach wird schließlich im Team nach unterschiedlichen Kriterien, auf die in weiterer Folge noch eingegangen wird, entschieden, ob das Kind oder der Jugendliche aufgenommen wird. 264 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 45 - 46 Code: Einrichtung\Aufnahmeverfahren “Wir bieten Erstvorstellungen an, also das ist ein Angebot das wir so als Außenwerbung auch sehen. Und da- also die Leiterin und der Aufnahmemanager machen das praktisch. Und da stellen wir die Einrichtung vor und stellen ganz wenige Fragen- also fast gar keine. Dann muss sich die Familie und der Jugendliche entscheiden ob sie sich das geben oder nicht und der Jugendliche muss selber anrufen und sagen „Ja ich will". Dann teilen das Aufnahmemanagement ein, in welcher Gruppe ein Platz frei ist. Da wir jetzt schon seit zwei Jahren schon fast immer voll sind, planen wir jetzt Aufnahmen für Sommer- also Schulschluss [das Interview fand Anfang April statt]. Also jetzt haben wir wirklich Zeit, um ein gutes Aufnahmemanagement zu machen und wir nehmen auch keine Krisen- also das haben wir auch nicht- nach der DVO die Bewilligung. Dann gibt es die Zweitvorstellung da macht der Jugendliche und der Prozessverantwortliche- das ist die Person, die den Jugendlichen durch den ganzen Aufenthalt begleiten wird und so die Hauptbezugsperson für ihn ist- (…)- also die machen ein Interview. Dann gibt's für jede Gruppe gibt's einen Prozessbegleiter, der ist aus diesen begleitenden Diensten, also entweder Psychologin, Psychotherapeutin, Sozialarbeiter macht ein Interview mit der Familie und der Sozialarbeiterin und da ist noch eine zweite Person dabei die ist oft ein Sozialpädagoge, manchmal ein Psychologe, also variiert. Dass die Information, die schon im Team ist, schon dorthin lauft, wo sie hingehört nämlich in die Wohngruppe. Ja, dann haben wir eine sehr lange Schnupperzeit. Also die Jugendlichen werden aufgenommen meistens am Sonntag und bleiben dann fast zwei Wochen bis Freitag. Am Freitag oder am Donnerstag gibt es ein Schnupperabschlussgespräch da treffen sich wieder alle und da sagen wir, wir können das Kind mit den und den Ressourcen gut begleiten, so sehen wir das oder wir können es nicht begleiten und dann gibt es auch die Möglichkeit auch, dass der Jugendliche sagt, ich bleib sicher nicht da, weil das tue ich mir nicht an. Dann kommt praktisch die Aufnahme oder der Abschied. (…)“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 39 - 39 Code: Einrichtung\Aufnahmeverfahren „Ja, wir machen zuerst, also laufen tut es meistens über die SozialarbeiterInnen über die zuständigen. Ganz….nein eigentlich nie SelbstmelderInnen, viel über die Tartaruga, aber das ist eh klar, über welche Schienen. Wir machen zuerst sozusagen eine Info- ein Informationsgespräch, wo wir nicht so viel wissen wollen. Wenn die Jugendlichen interessiert sind, dann gibt es ein erstes Aufnahmegespräch mit den Jugendlichen und Sozialarbeiterin oder Eltern. Also es müssen auf alle Fälle vor der Aufnahme die Jugendlichen zweimal da gewesen sein, also zu zwei Aufnahmegesprächen, die Sozialarbeiterin, der Sozialarbeiter, ein Teil der Eltern, wer auch immer zuständig ist und sonstige beteiligte Personen oder Bezugspersonen, die wichtig sind, Erziehungshelferin oder so. Wir haben jedes Mal, also nach dem ersten Aufnahmegespräch eine Teamsitzung, wo wir schauen, ob es grundsätzlich passt von der Gruppensituation her und dann müssen die Jugendlichen selbst anrufen. Solange sie das nicht tun, steht der Prozess. Wenn sie dann anrufen und sagen, ja ich würde gerne, dann geht es weiter. Dann kommt es zum zweiten Aufnahmegespräch, dann wieder das gleiche, dann Teamentscheidung und dann wieder vom Jugendlichen. Das ist ganz ein wichtiger Punkt auch die Freiwilligkeit. Freiwilligkeit ist immer sehr, sehr relativ in dem Bereich, weil natürlich keiner da wohnen möchte. Aber das ist zumindest für uns ganz, also wichtig, dass sie zumindest so von sich aus anrufen. Es reicht auch nicht, wenn die Sozialarbeiterin anruft, also das muss wirklich ein aktiver Akt sein.“ 265 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wie in nahezu allen Interviews deutlich wird, wird in diesen Einrichtungen sehr viel Wert auf die Freiwilligkeit gelegt. An dieser Stelle ist zu hinterfragen, inwieweit eine Fremdunterbringung von Seiten der Jugendlichen freiwillig sein kann und dies nicht eher ein pro- forma Akt ist. Zur Probezeit ist zu erwähnen, dass diese in nahezu fast allen Einrichtungen zwischen 2 und 3 Monate beträgt. In der Fachliteratur wird allerdings immer wieder beschrieben, dass gerade nach einer Zeit von 2-3 Monaten, nach der ersten Eingewöhnung, erste Schwierigkeiten, bzw. das Problemverhalten auftreten. Vor allem bei traumatisierten Kindern und Jugendlichen ist dies zu beachten. Streeck- Fischer (2006: 194f.) schreibt dazu: „Kinder und Jugendliche stellen Beziehungsmuster wieder her, denen sie ausgesetzt waren.“ Sie beschreibt weiter am Beispiel des Niedersächsischen LKHs Tiefenbrunn, wie diese Destruktivität, die auch ein Angriff gegen Beziehungen, das Umfeld, die therapeutischen Angebote, die Arbeit im therapeutischen Team und die Mitarbeiter ist, zum Scheitern und zur Verurteilung hilfreicher Beziehungen führen kann. Kinder und Jugebdliche, die aufgrund früher und anhaltender Traumatisierung kein sicheres oder primäres Selbst entwickeln konnten, entwickeln „charakteristische Interaktionen, die dem Wiederholungszwang unterliegen“ (Streeck- Fischer, 2006: 196). „Diese Interaktionen führen zu einem Prozess, der mit einem Honeymoon beginnt, und in einen deadly dance mündet, wenn es nicht gelingt, diese Entwicklung aufzuhalten“ (ebd.). Als honeymoon wird die häufig harmonische Anfangszeit beschrieben, während als deadly dance „die Verstrickungen zweier Staaten, die einem Krieg vorausgehen“ bezeichnet. Das Wissen um die Schritte, die zwischen dem honeymoon und dem deadly dance liegen, ist in der therapeutischen, wie aber auch in der pädagogischen Arbeit von zentraler Bedeutung. Aus diesem Grund sollen diese Schritte an dieser Stelle als kurzer Diskurs beschrieben werden. Besonders für die Kinder und Jugendlichen, die Institutionen an ihre Grenzen bringen, ist das Wissen um diese theoretischen Grundlagen von immenser Wichtigkeit. 1. Phase: Honeymoon- die oft harmonische Anfangszeit, in der die pädagogischen, wie aber auch therapeutischen Mitarbeiter von Größen- und Rettungsphantasien verführt werden. Es existiert die Vorstellung, bessere und kompetentere Menschen zu sein, als die, denen das Kind oder der Jugendliche bisher begegnet ist.. 2. Phase: Grenzüberschreitendes Agieren- Missachtung der „privacy of the self“ (Eindringen in Bereiche anderer), Übergriffe, Einmischungen, Gewaltanwendungen, Zerstörungen infolge von Selbsterweiterung oder mangelnden Grenzziehungen zwischen sich und anderen. Missachtung von Regeln und Hausordnung. U.a. 266 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 3. Phase: Entstehen von Feindbildern und Reaktivierung von Täter- Opfererfahrungenmassive Projektionen und Spaltungen in Freund- Feind- Bilder und kollektive Verschmelzungen gehen einerseits durch die Gruppe der Mitarbeiter, wie aber auch durch die Gruppe der anderen Jugendlichen. Dem Team fällt es immer schwerer an diesem Jugendlichen positive Seiten festzustellen, und er wird immer mehr aufgegeben. Schließlich wird er auch zum Übeltäter und Sündenbock innerhalb der Gruppe. 4. Phase: Ausgrenzung- zunehmende Achtlosigkeit und Gleichgültigkeit als Folge des emotionalen Fallenlassens und Aufgebens („Dem ist nicht zu helfen.“), Krankwerden, eventuell auch Kündigungsdrohungen von Seiten einzelner Teammitglieder. 5. Phase. Endgültige Ausstoßung- unter Umständen Gewalteskalationen, Therapieabbruch bzw. Rausschmiss. (vgl. Streeck- Fischer, 2006: 195ff.). In dieser Zeit ist es allerdings für die Einrichtungen auch noch leichter, sich von den Kindern und Jugendlichen auch wieder zu verabschieden. In Bezug auf die Erkenntnisse aufgrund von empirischen Untersuchungen wäre hier vielleicht die Dauer bzw. die Sinnhaftigkeit der Probezeit zu überdenken. Auch ist zu erwägen, was es für ein Kind oder einen Jugendlichen bedeutet, wenn ein Versuch gestartet wird und nach 2- 3 Monaten dann festgestellt werden muss, es mit diesem Jugendlichen doch nicht zu schaffen, was dann mit einem neuerlichen Gefühl des Versagens und neuerlichen Beziehungsabbrüchen verbunden ist. Dennoch scheinen manche Einrichtungen die Einstellung zu haben, wir probieren es und im Notfall können wir uns innerhalb der Probezeit von dem Kind oder dem Jugendlichen verabschieden, wie durch das folgende Zitat zum Ausdruck kommt. An dieser Stelle ist jedoch noch einmal auf die Phasen vom Honeymoon zum Deadly dance nach Streeck- Fischer hingewiesen werden. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 23 - 23 Code: Einrichtung\Ausschließungsgründe “So richtige Ausschlusskriterien, also man probiert es meistens und oft, also es gibt, Fälle hat es gegeben, dass man es probiert hat und es hat dann nicht funktioniert, aber es ist auch nicht wirklich so ein Ausschlusskriterium für das, dass man es nicht versucht hätte, denke ich, das ist meistens. Ich meine es ist eh meistens dann eine Probezeit am Anfang einmal drei Monate und wenn wirklich gravierende Sachen sind, dann müssen wir uns eh mit dem Sozialarbeiter zusammensetzen und sagen, dass es dann nicht funktioniert. Dann ist es halt so. In der Probezeit in den drei Monaten stellt sich dann eh meistens viel heraus.” 267 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Andere Einrichtungen überspringen den Schritt des freiwilligen Anrufens und entscheiden aufgrund der Fakten und Informationen, die einerseits von der SozialarbeiterIn gegeben werden und andererseits aufgrund des Aufnahmegesprächs. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 17 - 17 Code: Einrichtung\Aufnahmeverfahren „Es ist an und für sich so, dass Jugendämter einmal nachfragen, ob ein Platz frei ist und es dann die Möglichkeit gibt, wenn bei uns ein Platz frei ist, dann wird meistens der Jugendliche einmal eingeladen zu uns, sich das einmal anzuschauen mit der SozialarbeiterIn, dann hat er einmal einen ersten Eindruck, das macht dann meistens die Leitung, dass sich die das einmal anschauen. Dann wird das meistens im Team eingebracht, da gibt es von der SozialarbeiterIn so eine kurze Beschreibung, wie, warum, Stationen vorher. Eine kurze Beschreibung von dem Kind- dann wird das im Team diskutiert. Wie er hinein passen wird, weil es ist ja, vom Geschlechtlichen her, soll es ein bisschen aufgeteilt sein zwischen Mädchen und Buben. (…) Das ist so das nahe liegendste, wenn sie hinein passen. Dann gibt's meistens Schnuppertage noch aber an und für sich ist, wenn es im Team beschlossen ist, dann kann das Kind dann kommen. (…)“ Wie hier deutlich wird, scheinen die Einrichtungen sehr gründlich darauf zu achten, welche Kinder und Jugendlichen aufgenommen werden und welche nicht. Anscheinend ist es teilweise auch wirklich möglich, dass die Einrichtungen sich die Jugendlichen aussuchen, wie das folgende Statement deutlich macht: Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 55 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Ja, es ist derzeit eben ein Platz frei…sieben Anfragen.(…)“ An dieser Stelle ist anzumerken, dass sich unter diesen Umständen die Einrichtungen sicher für jene Jugendlichen entscheiden werden, die am besten in das Konzept passen. Unter diesen Umständen könnten denjenigen Kindern und Jugendlichen mit einer schwierigen Vorgeschichte- die durch die vorliegenden Fakten als besonders schwierig eingeschätzt werden- die Chance von vornherein genommen werden, sich in einer Einrichtung zu bewähren. Das Aufnahmeverfahren einer Einrichtung unterscheidet sich jedoch grundlegend von den anderen. Diese Einrichtung entscheidet über eine Aufnahme ohne das Kind jemals vorher gesehen zu haben. Als vordergründiges Kriterium erscheint die Bereitschaft der SozialarbeiterIn aktiv mit der Einrichtung zusammen zu arbeiten. 268 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Der Leiter dieser Einrichtung beschreibt das Aufnahmeverfahren folgendermaßen: Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 29 - 29 Code: Einrichtung\Aufnahmeverfahren „Am. es kommt die Anfrage, dann stelle ich der Sozialarbeiterin unseren Zugang vor, schicke ihr das Konzept zu und treffe mich mit ihr für ein Vorgespräch, wo es gar nicht so um den Jugendlichen oder um die Familie geht, sondern wo ich versuche unseren, ah, unser Kooperationsmodell vorzustellen und wenn die Sozialarbeiterin sagt, das passt ihr, dann machen wir ein Vorgespräch, bei dem ist dann dabei die Sozialarbeiterin, die Bezugsbetreuerin, die Therapeutin und das machen wir unter Supervision und da versuchen wir, positive Zugangshypothesen zu finden für die Aufnahme, da ist aber die Entscheidung für die Aufnahme schon gefallen, die treffen wir vorher, ohne dass wir das Kind je gesehen hätten oder die Familie. Und das Vorgespräch dient dazu, das Aufnahmegespräch vorzubereiten und zum Aufnahmegespräch kommt dann auch die Familie und es ist dann auch an der Sozialarbeiterin zu sagen, was sind die Gründe für die Fremdunterbringung, hat es schon eine Hilfe gegeben, was war hilfreich, was weniger, was sind die Ziele der Sozialarbeiterin und der Familie und welche Aufträge gibt's, einerseits für die Familie und andererseits fürs Kind. Und wir können uns dann auf die Seite der Familie stellen und versuchen die Aufträge der Jugendwohlfahrt zu erfüllen.“ Dieses Aufnahmeverfahren wird auch als ein grundlegendes Unterscheidungsmerkmal dieser Einrichtung zu anderen gesehen: Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 39 - 39 Code: Einrichtung\Aufnahmeverfahren „Ich denke mir das ist vielleicht ein gravierender Unterschied unserer Einrichtung zu anderen. Weil die anderen das ist schon immer so Castingartig, und das ist wirklich demütigend. Wir haben jetzt ein Mädchen aufgenommen. Die hätte sich zwei Wochen eingelebt gehabt in einer Einrichtung und nach zwei Wochen wird ihr dann mitgeteilt du darfst leider nicht, such dir etwas Neues. Das sind natürlich für die dann schwierig so ein….” Interessanterweise ist dies jene Einrichtung, die im Erhebungszeitraum keine gemeinsamen Fälle mit der KJP hatte. Daraus ließe sich ableiten, dass sich auch durch eine gründliche Auswahl der Kinder und Jugendlichen durch diverse Aufnahmegespräche, Schnuppertage etc. Krisensituationen, in denen die KJP zu Rate gezogen werden muss, nicht vermeiden lassen. Anders formuliert, durch Unterschiede im Aufnahmeverfahren lassen sich die Unterschiede in der Häufigkeit der gemeinsamen Fälle zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP nicht erklären. Die Einrichtung, die die Kinder vor der Aufnahme gar nicht zu Gesicht bekommt, ist gerade auch die Einrichtung, die im Berechnungszeitraum nie die KJP konsultieren musste. Da sich diese Einrichtung jedoch auch vom Konzept her von allen anderen unterscheidet lässt sich vielleicht an der Seltenheit der Kontakte zur KJP der Erfolg dieses Konzeptes messen. An dieser Stelle ist zu überprüfen, welche Kriterien bei der Aufnahme in einer stationären Jugendwohlfahrtseinrichtung berücksichtigt werden. Hier wird vordergründig immer betont, dass auf die Gruppenkonstellation und die Ausgewogenheit des Geschlechts bzw. auch das Alter geschaut wird. 269 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 27 - 27 Code: Einrichtung\Aufnahmekriterien “Das heißt jetzt zum Beispiel, wir haben schon 5 Mädchen und 3 Burschen, sagen wir im Haus und es…oder 2 Burschen, und es würde jetzt ein Mädchen zur Aufnahme anstehen, dann würden wir uns das sehr gut überlegen, ob das nicht die Grenze überschreitet, weil unser Ziel eigentlich ist bestmöglich…also 4/ 4 Mädchen/ Burschen im Haus zu haben, oder ob es jetzt wirklich irgendwelche massiven Geschichten sind, die im Moment, sage jetzt nicht prinzipiell, aber sagen wir, wir haben jetzt gerade eine Gruppe von Jugendlichen, wo wir gerade große Problematik haben, irgendwie, sagen wir, was nehmen wir als Beispiel...ah… Alkohol oder Drogen, nicht, dass das gerade in der Gruppe schon sehr massiv ist, wo man arbeitet und es kommt dann…es ist gerade ein Jugendlicher zur Aufnahme, wo das das Hauptproblemsfeld ist, dass er jetzt sagen wir gerade vom Entzug kommt und, und, und. Wo wir dann uns anschauen, ob das wirklich im Moment, wirklich im Moment für die Gruppe passt.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 23 - 23 Code: Einrichtung\Aufnahmekriterien „Sonst an und für sich, kommt es immer auf den Jugendlichen an, wir schauen wirklich wie passt er hinein, vom Alter her, vom Geschlecht her, wie passt er in die Gruppe.“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 31 - 31 Code: Einrichtung\Aufnahmekriterien „(…) weil die Gruppendynamik in einer Einrichtung mit 9 auffälligen Jugendlichen sehr interessant ist, muss man immer schauen, ob es passt und dann wird er aufgenommen.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 35 - 36 Code: Einrichtung\Aufnahmekriterien […] Das heißt wir schauen eigentlich immer, dass es von der Gruppe her passt…sonst eben Schüler ganz wichtig, dass er halt Schule geht, oder einer Tätigkeit nachgeht, oder sich motivieren lasst in eine Richtung. Also komplett Verweigerer werden selten bis gar nicht aufgenommen.” Wie bereits im theoretischen Teil dieser Arbeit beschrieben, sind in der Dienstleistungsverordnung genaue Kriterien festgelegt, welche Kinder und Jugendlichen in den einzelnen Einrichtungen aufgenommen werden können. Diese wurden auch in einem Interview erwähnt. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 42 - 43 Code: Einrichtung\Aufnahmekriterien „Naja, an und für sich gibt es Dienstverordnungskriterien wo drinnen steht, wer bei uns hier aufgenommen werden kann, an die haben wir uns zu halten. […]“ Ein weiteres Kriterium besteht laut Aussagen der Professionellen auch immer wieder darin, wie dringend die Aufnahme gebraucht wird. 270 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 48 - 49 Code: Einrichtung\Aufnahmekriterien „[…] In der Entscheidung dann wird auch einmal Augenmerk drauf gelegt, wer braucht jetzt dringend, ah, den WG Platz, sei es, weil er noch in einer Gefahrensituation ist, also da gibt es dann eine Vorrangigkeit. […].“ Nachdem sich auch die Aufnahmekriterien in den meisten stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen nicht wesentlich voneinander unterscheiden, stellt sich die Frage, welche Rolle eine psychiatrische Diagnose bei der Aufnahme spielt. Also ob Unterschiede in der Häufigkeit der Kooperation vielleicht dadurch erklärbar sind, dass manche Einrichtungen Kinder und Jugendliche mit psychiatrischen Diagnosen und eventuellen Voraufenthalten in der KJP gar nicht erst aufnehmen. Tatsächlich wird diese Annahme auch durch eine Aussage bestätigt, in der explizit ausgedrückt wird, dass wenn die Wahl besteht, eher ein Kind oder Jugendlicher genommen wird, der (noch) keine psychiatrische Diagnose hat. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 25 - 25 Code: Einrichtung\Aufnahmekriterien „Es kommt immer darauf an sage ich, es ist meistens gibt es mehrere Gründe, man sucht sich das Kind allgemein im Team aus, wo man dann sagt, dass es am besten herein passt. Natürlich wenn schwerwiegende Diagnosen sind, die niedergeschrieben sind, und wo im Vergleich dazu ein anderes Kind, wo man merkt, das würde besser herein passen und weniger Unruhe in die Gruppe bringen, dann wird man sich natürlich für das entscheiden. Ah, an und für sich aber wenn ein Platz frei ist und nur eine Anfrage kommt, denke ich mir, wieso probieren wir es nicht. Es ist eine Zuschreibung und wenn Fremdgefährdung oder Eigengefährdung ist, das ist das häufigste, aber sonst haben wir eigentlich von den Diagnosen her, viele mit Depression und viele Sachen die man nicht wirklich im Vorhinein…das heißt man probiert einmal.(…)“ Eine andere Einrichtung schließt eine Aufnahme von Kindern und Jugendlichen mit „akuten psychiatrischen Diagnosen“ aus. An dieser Stelle stellt sich immer die Frage, was als akut psychiatrisch definiert wird. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 51 - 53 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Also wir können sicher keine akuten psychiatrischen Diagnosen begleiten, dafür haben wir nicht die Ausstattung. Aber, also Unterbringungen in der Psychiatrie sind für mich kein Ausschließungsgrund. Da habe ich schon gute Erfahrungen gemacht und das ist auch kein Kriterium.“ 271 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 46 - 47 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Ich würde sagen schon eine große Rolle. Es ist eben schon in der Dienstverordnung, da dürfen wir ja keine Jugendlichen aufnehmen, die unter Anführungszeichen als zu psychiatrisch gelten. Dann haben wir ja schon immer wieder Diskussionen ob das so ist oder nicht ist. Andererseits ist es so, dass fast alle glaub ich, bis auf zwei glaub ich, alle Jugendlichen da im Haus in der Psychiatrie waren und dass das ja bei den Jugendlichen immer wieder sein kann. Und da haben wir es jetzt einmal so vereinbart, dass wir sozusagen, wenn der Jugendliche im Laufe des Prozesses in die Psychiatrie kommt, begleiten wir ihn natürlich weiter. Zurzeit weiß ich nicht, ob wir direkt von der Psychiatrie welche nehmen könnten. Kann ich nicht sagen. Wegen dieser Dienstverordnung, ob sie dann nicht als zu psychiatrisch sozusagen gelten.“ Die meisten der interviewten PädagogInnen, beteuern jedoch, dass eine psychiatrische Diagnose bzw. Voraufenthalte in der KJP keinerlei Rolle bei der Aufnahme spielen würden. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 45 - 46 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Nein überhaupt nicht. Wir haben auch schon sehr viel Erfolg mit Jugendlichen die mit Diagnosen hergekommen sind wo man sich gedacht hat, da kommt jetzt wirklich der kleine PsychopathMichael Maiers - mäßig und in Wahrheit hat es sich dann herausgestellt, waren es einfach die wirklich um Hilfe geschrieen haben. Auf Extrem. Also da hab ich schon auch Diagnosen erlebt, die einfach leicht überzogen waren, bis zu einem gewissen Grad. Andere muss ich auch sagen haben wieder ziemlich zugetroffen. Da ist dann halt die Lösung dessen, ist einfach ein Umfeld zu schaffen wo einfach so viel Vertrauen da ist, dass die Kinder damit umgehen lernen. Also mit ihren Problemen mit ihren Impulskontrollstörungen.” An dieser Stelle ist jedoch zu hinterfragen, inwieweit hier nicht eine Antwort gegeben wird, die als sozial erwünscht gilt. Vielleicht ist es manchen Teams gar nicht bewusst, dass dies indirekt doch eine Rolle spielt. Diese Annahme beruht vor allem auf der Tatsache, dass in einer Einrichtung mit wenig Kontakt zur KJP von der Leitung beteuert wurde, dass einer Diagnose keine Aufmerksamkeit gewidmet wird, jedoch von der(m) BetreuerIn eindeutig gesagt wird, dass diagnostizierte psychische Erkrankungen eine Kontraindikation bei der Aufnahme darstellen. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 45 - 46 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Also, gar keine, nein, also gerade im Jugendalter sage ich, sind psychiatrische Diagnosen für mich ein bisschen, also ich sage einmal mit Vorsicht, um es nett auszudrücken, weil ich denke, dass es da einfach massive Entwicklungspotenziale gibt, die gibt es auch im Erwachsenenalter, nur da gibt es selten ausgefeilte Methoden.(…)“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 29 - 30 Code: Einrichtung\Aufnahmekriterien „(…)und wenn jetzt, was weiß ich, schwierige, oder psychische Erkrankungen wirklich diagnostiziert sind, dann ist das eine Kontraindikation.“ 272 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Ein Grund für diese Abweichungen könnte einerseits darin liegen, dass es einfach unterschiedliche Meinungen im Team zur Aufnahme Kinder und Jugendlicher mit psychiatrischen Diagnosen gibt. Nachdem über eine Aufnahme ohnehin im Team abgestimmt wird, wird es letztlich darum gehen, ob der Großteil des Teams eine psychiatrische Diagnose als relevant ansieht. In dieser Untersuchung wurden ja nur 2 VertreterInnen des Teams befragt. Hier kann es natürlich sein, dass unterschiedliche Meinungen bestehen. Allgemein kann festgestellt werden, dass die Entscheidung ob ein Kind oder Jugendlicher in einer der befragten Einrichtungen aufgenommen wird, im Team gefällt wird. Für manche sind psychiatrische Diagnosen oder Aufenthalte in der Psychiatrie sogar eine Hilfestellung, mit der weiter gearbeitet werden kann. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 52 - 53 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen I: Welche Rolle spielt eine psychiatrische Diagnose beziehungsweise irgendwelche Aufenthalte im LSF bei der Aufnahme? „Für mich persönlich eine sehr hilfreiche, jetzt nicht im Sinne von Zuschreibung. Im Sinne von was haben Fachleute festgestellt. Ah, Im Grunde genommen ist es wirklich eine Hilfestellung, ja o.k. es war ein Jugendlicher im LSF oder beim Psychiater oder sonst wo und da ist schon etwas gearbeitet worden und da muss man nicht noch einmal anfangen.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 37 - 38 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Ja, prinzipiell eine große, weil wir gut vernetzt sind mit dem LSF, wenn er unten war, dann schauen wir, wie er rein passt, also das ist kein Kriterium, dass wir ihn nicht aufnehmen, (…)“ Aufgrund der Interviews lässt sich hier nicht eindeutig feststellen, ob jene Einrichtungen, die weniger Zusammenarbeit mit der KJP hatten auch schon diesbezüglich bei der Aufnahme entscheiden. Ein Professioneller einer Einrichtung mit weniger Kontakt gab zwar zu, dass wenn die Wahl besteht eher ein Kind oder ein Jugendlicher ohne Diagnose genommen wird. Andererseits wurde auch in einer Einrichtung mit häufigerem Kontakt eine Aufnahme „akuter psychiatrischer Diagnosen“ ausgeschlossen. Von den meisten Interviewten wurde beteuert, dass eine psychiatrische Diagnose keine Rolle spielen sollte, eher noch eine hilfreiche Wirkung hat. Mit Sicherheit kann festgestellt werden, dass diesbezüglich unterschiedliche Meinungen auch innerhalb der unterschiedlichen Teams vorliegen, was durch die unterschiedlichen Aussagen zweier befragter Personen einer Einrichtung deutlich wurde. 273 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Als Ausschlusskriterien werden vor allem akute Drogensucht, körperliche Behinderung sowie Selbst- und Fremdgefährdung genannt. Der Begriff der Selbst- und Fremdgefährdung ist in den Interviews vor allem im Zusammenhang mit der KJP sehr häufig gefallen. An dieser Stelle muss jedoch erwähnt werden, dass dieser Begriff eigentlich ein weit gefasster ist, das heißt, sehr viele Verhaltensweisen lassen sich unter dem Begriff der Selbst- und Fremdgefährdung zusammenfassen. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 23 - 23 Code: Einrichtung\Ausschließungsgründe „Ausschlusskriterien bei der Aufnahme, was wir gehabt haben, eben die Selbst- und Fremdgefährdung, wenn es irgendwie aufscheint, ist ein Ausschlusskriterium.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 84 - 84 Code: Einrichtung\Ausschließungsgründe „Ausschließungsgründe, ah, massive körperliche Gewalt gegenüber anderen, sexualisierte Gewalt, ah, wo es wirklich eben um Vergewaltigung geht, gegenüber Mädchen. Dann schwere psychische, psychiatrische Erkrankungen oder, die werden eh im LSF sein, also sprich überall wo Eigen- und Fremdgefährdung vorliegt, so muss man das eigentlich sagen…ah, psychiatrische Erkrankungen mit Eigen- und Fremdgefährdung, aber dann sind sie im LSF. Und stark Drogenabhängige, wobei konsumierende Jugendliche kein Ausschließungsgrund sind.” Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 45 - 45 Code: Einrichtung\Ausschließungsgründe „das heißt zum Beispiel massive gewalttätige Übergriffe auf Betreuer, oder aber auch auf andere Jugendliche, Gefährdung von anderen Jugendlichen, ah, das ist, das kann dann zu einer schnellen und direkten Verabschiedung führen.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 44 - 44 Code: Einrichtung\Ausschließungsgründe „Im Grunde, sonst, es gibt ein paar, paar, also körperlich behinderte können wir nicht nehmen, also die jetzt irgendwie einen Rollstuhl bräuchten, oder…da haben wir einfach nicht die baulichen… Also es gibt ein paar Ausschlussfaktoren, also massiv Drogenabhängige können wir auch nicht nehmen. Das funktioniert in der Gruppe nicht,(…).“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 42 - 43 Code: Einrichtung\Ausschließungsgründe „(…)Aber, vor allem ist es eben Behinderung, psychiatrische Erkrankung, ja, und Drogen, also Suchtproblematik.“ Die Ausschlusskriterien wurden von nahezu allen Einrichtungen ähnlich formuliert. Hier gab es auch keine Uneinigkeiten zwischen den Mitgliedern der unterschiedlichen Teams. Auch in Bezug auf die Häufigkeit des Kontakts zur KJP konnten keine Unterschiede gefunden werden. 274 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Eine Antwort sticht hier jedoch deutlich hervor. Die befragte Person meint, man solle Kinder und Jugendliche nicht aufgrund ihrer Problematik, die sie ja bereits mitbringen ausschließen. Der einzige Ausschließungsgrund wäre hier, wenn erkannt wird, dass die Einrichtung nicht mehr hilfreich oder überfordert ist. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 34 - 35 Code: Einrichtung\Ausschließungsgründe I: Was sind Ausschlusskriterien? „Da sind wir sehr vorsichtig, weil ich mir denke, wir sind für schwierige Kinder da und wir wollen sie nicht deshalb, warum wir sie aufnehmen dann auch entlassen, aber grundsätzlich wäre einfach, wenn wir erkennen, dass wir nicht mehr hilfreich sein können, auch vielleicht überfordert sind.“ Die Art dieser Antwort unterscheidet sich sehr von den anderen. Hier wird explizit darauf hingewiesen, dass es in Einzelfällen auch sein kann, dass die Einrichtung überfordert ist. Vielleicht führt diese Überforderung aber häufiger als in den Interviews erwähnt zu einem Ausschluss. Hier wird die Überforderung und nicht das problematische Verhalten in den Vordergrund gerückt. Es könnte sein, dass manche Einrichtungen sich zum Beispiel mit aggressivem Verhalten oder selbstverletzendem Verhalten überfordert fühlen. Dieses wird dann vielleicht als Selbst- oder Fremdgefährdung beschrieben und führt letztlich zum Ausschluss. Unbestritten ist hier, dass es sich in diesen Fällen um sehr schwierige Situationen handelt, bei denen eine Überforderung auch legitim ist. Im Endeffekt geht es aber wahrscheinlich auch darum, eine Überforderung einzugestehen und sich in der Kooperation mit unterschiedlichen anderen Einrichtungen Hilfe zu holen. Für die Kooperation mit der KJP bedeutet dies, dass hier auch darauf Rücksicht genommen werden muss, dass in manchen Fällen auch Einrichtungen an ihre Grenzen gelangen. Diese wollen die Kinder und Jugendlichen nicht abschieben, sondern suchen eventuell mit einer Einweisung oder der Bitte um Abklärung Hilfe. Die KJP darf in diesen Fällen nicht vorwurfsvoll reagieren sondern sollte konkrete Hilfestellungen geben, wie mit schwierigem Verhalten in Zukunft auch innerhalb der Wohngemeinschaft umgegangen werden kann, damit eine zukünftige Einweisung vermieden werden kann. Am Ende geht es wahrscheinlich wirklich darum, dass Überforderung erkannt und eingestanden wird. Zur Dauer der Aufnahmeverfahren kann festgestellt werden, dass diese in den meisten Einrichtungen durchschnittlich 2-3 Wochen dauern. In Einzelfällen kann eine Aufnahme auch innerhalb von 2-3 Tagen erfolgen, in manchen Fällen auch einige Monate dauern. In diesem Zusammenhang klingen 2-3 Wochen nicht sonderlich lange. Wenn man sich aber vorstellt, dass ein Kind oder ein Jugendlicher stationär auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung ist, und 275 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion auf einen geeigneten Unterbringungsplatz wartet, können diese 2-3 Wochen schon sehr lange sein. Vor allem, wenn es nach 3 Wochen dann heißt, dass das Kind oder der Jugendliche, aus welchen Gründen auch immer, nicht aufgenommen werden kann und die Suche und das gesamte Aufnahmeprozedere erneut starten muss. Dadurch lässt es sich durchaus erklären, dass jene Kinder und Jugendlichen, für die eine neue Unterbringungsform gesucht werden muss auch signifikant länger in stationärer kinder- und jugendpsychiatrischer Behandlung sind. Hier muss vor allem darauf geachtet werden, dass wenn eine Institution ein Kind oder einen Jugendlichen aus diversen Gründen nicht mehr zurück nimmt, dass eventuell die Wartezeit bis etwas Neues gefunden ist doch noch dort verbracht werden kann bzw. neue Lösungen wie etwa eine Übergangswohnmöglichkeit geschaffen wird. Es kann nicht sein, dass Kinder und Jugendliche in einer hoch spezialisierten Einrichtung wie der Kinder und Jugendpsychiatrie, die nahezu einen doppelt so hohen Tagsatz verrechnet, wie jede Jugendwohlfahrtseinrichtung, auf einen geeigneten Platz warten müssen, weil es für sie sonst keine geeignete Möglichkeit gibt. 12.2.2.1.3 Tagesstruktur Die Frage der Tagesstruktur stellt sich aus dem Hintergrund, dass angenommen wird, dass gerade Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen besonders viel Struktur und Regeln benötigen. Hier sollte aufgrund der Interviews herausgefunden werden, ob die Einrichtungen, die eher lockerere Strukturen im Tagesablauf aufweisen auch zu denen gehören, die mehr Kontakt zur Kinder und Jugendpsychiatrie benötigen. Hier konnte aufgrund der Interviews keine eindeutige Antwort gefunden werden. Unter den 3 Einrichtungen mit häufigerem Kontakt zur KJP war eine mit einer relativ straffen Struktur, wenig Ausgängen und sehr vielen Freizeitangeboten für die Kinder und Jugendlichen. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 34 – 41 Code: Tagesstruktur/ Tagesablauf „(…) Es ist so, jeden Tag ist irgendwie so ein Schwerpunkt. Am Montag haben wir Ausgang- weil wir gemein sind, da sind sie noch sehr- ah- sehr müde vom Wochenende. Wir sind eine sehr behütende Institution- ah unsere Jugendlichen haben wenig Ausgang- also so die Lehrlinge zwei Mal in der Woche und die Schüler nur einmal und das auch relativ kurz. (…) Am Mittwoch haben wir um 16 Uhr Freizeitangebote- das heißt ah- jedes viertel Jahr von Schulbeginn bis Weihnachten, von Weihnachten bis Ostern, von Ostern bis Schulschluss bieten wir sechs Aktivitäten an und die Jugendlichen müssen sich eintragen und sollten dann dabei bleibendas ist die größte Arbeit. Da wird dann angeboten Klettern, Schwimmen, Minigolf oder Billard, Bowling, Basteln, Singen, Theater spielen, Hip Hop Dancing und was weiß ich.(…)“ 276 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Die beiden anderen Einrichtungen haben zwar auch eine gewisse Struktur mit Lernstunden, gemeinsamem Essen etc., gewähren den Kindern und Jugendlichen jedoch wesentlich mehr „freie Zeit“, die auch mit Ausgängen verbracht werden kann. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 25 - 26 Code: Tagesstruktur/ Tagesablauf „Ausgänge prinzipiell in der Freizeit immer, sie müssen sich abmelden bei uns, damit wir wissen, wo sie sind, also ob sie im Haus sind, oder nicht, (…)“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 27 - 27 Code: Tagesstruktur/ Tagesablauf „O.K. Unter der Woche ganz normal um 7 Uhr aufstehen, Frühstücken, zu Recht machen, Duschen gehen, Zähne putzen. Dann in die Schule, 13:00 von der Schule zurück, dann gibt es eine Jause für die Jugendlichen, dann gibt's ahm, gemeinsame Freizeitbetreuung, dann um 16:00 gibt es eine Lernstunde, 18:00 ist gemeinsames Abendessen, was die Jugendlichen selbst Kochen, dann können sie noch auf Ausgang gehen, Fernsehen und um, ah, halb elf wenn sie das Alter dann haben, gehen sie ins Bett.“ In einer Einrichtung mit weniger Kontakt zur KJP wird auch ganz bewusst auf eine enge Tagesstruktur und ein reichhaltiges Angebot an Freizeitaktivitäten verzichtet. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 33 - 33 Code: Tagesstruktur/ Tagesablauf „(…)Wir haben grundsätzlich sehr… versuchen sehr familienähnlich zu sein… sprich es gibt kein Animationsprogramm. Sie leben und sie wohnen da, über Jahre. Und in einer Familie müssen sie auch… ja mit Freunden, also es kommen Freunde zu Besuch, sie gehen weg. (…) Ja, eben von dem her haben wir da wenig Struktur…wenig Tagesstruktur im Grunde. Wir haben auch wenig Angebote, ganz bewusst, also so Freizeitangebote. (…) Ja, einfach so, da schauen wir halt, dass das wirklich so das normale ist und auch nicht übertrieben irgendwelche Sonderangebote, die sie sich dann nie leisten würden können in ihrem normalen Leben. Da sind wir sehr, sage ich jetzt einmal erpicht darauf.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 19 - 19 Code: Tagesstruktur/ Tagesablauf “Ja, der Tagesablauf…kommt darauf an, was er macht, also wenn er Schüler ist, dann wird er in der Früh geweckt, dann gibt's Frühstück, dann geht er in die Schule, dann kommt er retour. Dann ist Essen, dann ist Hausübung machen, Lernen, also verpflichtend eine Stunde nach der Schule muss er was machen. Dann kann er sich Ausgang nehmen. Ja.” Hier kann man anhand der Aussagen der beiden Befragten erkennen, dass es sich um eine Einrichtung handelt, die sehr familienähnlich strukturiert ist und den Jugendlichen relativ viel Freizeit und Ausgang gewährt. Trotzdem scheint es in dieser Einrichtung mit den Kindern und Jugendlichen so gut zu funktionieren, dass die KJP relativ selten zu Rate gezogen muss. Nachdem 277 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion auch in dieser Einrichtung Kinder- und Jugendliche mit psychiatrischen Problemen untergebracht sind, wie im Kapitel Grenzfälle näher beschrieben wird, ist hier anzunehmen, dass es ähnliche Probleme gibt, wie in anderen Einrichtungen. Diese Einrichtung hat anscheinend jedoch Strategien gefunden, mit den Problemen anders zu Recht zu kommen und braucht daher seltener die Unterstützung der KJP. In anderen Einrichtungen, die weniger Kontakt zur KJP hatten, ist die Struktur eigentlich sehr ähnlich wie in den Einrichtungen mit häufigerem Kontakt. Für die Kinder und Jugendlichen, die nicht in die Schule gehen gibt es ein bestimmtes Programm in der Einrichtung. Am Nachmittag gibt es dann ebenfalls Lernstunden, teilweise gemeinsame Aktivitäten, bzw. bestimmte Dienste zu erledigen. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 24 - 25 Code: Tagesstruktur/ Tagesablauf „Es kommt drauf an, also es gibt Jugendliche, die Schüler sind, Jugendliche, die Schulverweigerer sind, Jugendliche, die arbeitssuchend sind, und Jugendliche, die arbeiten. Dementsprechend ist der Tagesablauf unterschiedlich strukturiert. Es ist schon so, dass am Vormittag, die die arbeiten arbeiten gehen, die die Schule gehen, Schule gehen. Die die aber in der Einrichtung sind, weil sie arbeitssuchend sind oder Schulverweigerer sind, müssen dementsprechend ein Programm absolvieren. Also die arbeitssuchenden werden unterstützt, dass sie Bewerbungsunterlagen erstellen und motiviert, dass sie eben sich um eine Lehrstelle kümmern. Und die Schulverweigerer müssen am Vormittag auch Schularbeiten erledigen und Hausübungen erledigen. Da gibt es so ein spezielles Programm, das meistens entweder mit Schule oder mit Sozialarbeiter abgesprochen ist. Danach gibt es ein Mittagessen. Am Nachmittag ist meistens Freizeit, außer die Schüler, die zurück kommen von der Schule, haben eine Pflichtstunde, wo sie Hausübungen machen oder lernen müssen auch. Am Abend ist dann so, dass zwischen 19 und 20 Uhr ein Abendessen ist, dann gibt es Küchendienst, Sanitärdienst und eben Körperhygiene und ab 22 Uhr sind die Jugendlichen im Zimmer und dann ist zumindest Ruhe im Haus und es wird auch geschaut, dass sie dann langsam schlafen gehen.“ In Bezug auf die Tagesstruktur in den einzelnen Einrichtungen können zwar schon individuelle Unterschiede gefunden werden. Jedoch kann aufgrund der Interviews die Annahme nicht bestätigt werden, dass jene Einrichtungen mit weniger Strukturen mehr Kontakt zur KJP haben. Die Einrichtung mit der straffsten Tagesstruktur und den meisten Freizeitangeboten hat sogar sehr häufigen Kontakt zur KJP. Das könnte natürlich auch bedeuten, dass hier eventuell mehr Kinder und Jugendliche mit psychischen Problemen untergebracht sind, weil sie aufgrund der Strukturen vielleicht von den SozialarbeiterInnen, für diese Kinder und Jugendlichen als geeignete Einrichtung angesehen wird. Dies kann hier jedoch nur als These aufgestellt werden und in diesem Rahmen nicht weiter überprüft werden. Eine andere Einrichtung hingegen, die nur sehr wenig Tagesstruktur bietet, hat auch nur sehr wenige gemeinsame Fälle mit der KJP. An dieser Stelle ist jedoch betont, dass dieses Konzept schon ein gewisses Maß an Selbständigkeit voraussetzt, worauf auch bei der 278 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Aufnahme sicher schon Wert gelegt wird. Trotzdem bleibt unbestritten, dass Struktur sicher auch ein heilender Faktor für diese Kinder und Jugendlichen ist, wie in einem Interview klar gesagt wurde. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 93 - 93 Code: Tagesstruktur/ Tagesablauf „Ganz wichtig für diese Kinder und Jugendlichen ist die Konformität, die Struktur und die Regeln.“ 12.2.2.1.4 Pädagogische Grundhaltung In Bezug auf die pädagogische Grundhaltung besteht das Interesse vor allem darin, ob ein einheitliches Konzept vorhanden ist, oder ob jede(r) Professionelle seine individuellen Ansichten vertritt und inwieweit hier Unterschiede bestehen. Diesbezüglich liegt in einigen Einrichtungen ein klares pädagogisches Konzept vor, nach dem gearbeitet wird. Dies betrifft vor allem eine Einrichtung mit häufigerem und eine mit weniger häufigem Kontakt zur KJP. Die Einrichtung mit keinem Kontakt zur KJP arbeitet nach einem systemischen Ansatz und versucht mit Hilfe von Familientherapie das Herkunftssystem sehr stark mit einzubinden. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 33 - 33 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung „Also wir arbeiten nach, nach systemischen Grundsätzen die sind auch Aufnahmevoraussetzungen und wer die nicht mitbringt wird nicht zugewiesen. Ziel ist es, dass wir einen einheitlichen Wissensstand haben, was systemisches Arbeiten betrifft.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 43 - 43 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung „ Ja, also wir haben so ein Leitbild entwickelt. Das heißt also das Grundprinzip- der Leitsatz ist so „LebensWerte LebenLernen". In einer weiteren Einrichtung, mit eher weniger Kontakt zur KJP, wird als pädagogischer Grundsatz klar definiert, dass die Wohngemeinschaft für die Kinder und Jugendlichen ein Auffangnetz sein soll, wo sie respektiert werden und bei Schwierigkeiten nicht sofort hinaus geworfen werden. Dies wird auch als eine Besonderheit dieser Wohngemeinschaft beschrieben. 279 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 22 - 23 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung „(…) und was uns wichtig ist, dass wir so wie ein Hafen sind, also so Sicherheit und Geborgenheit bieten. Wo sie nicht gleich raus geschmissen werden, nur weil sie nicht sich angemessen verhalten…und wo sie auch bleiben können. Genau.” Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 115 - 115 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung „(…) Wir haben einmal von einer Sozialarbeiterin die Rückmeldung gekriegt, dass sie das ganz toll findet, wie wir tun, nämlich genau deswegen, dass wir irrsinnig viel aushalten…und ja…und viel selber entscheiden. Ich glaube wir sind auch…also so von meinen Erfahrungen her sind wir auch gut gefahren in den letzten Jahren.“ Diese Wohngemeinschaft ist auch eine, die weniger Kontakt zur KJP hat. Es scheint hier also schon von der Einstellung der einzelnen MitarbeiterInnen bzw. vom Konzept abzuhängen, inwieweit Probleme oder Schwierigkeiten innerhalb der Einrichtung ausgehalten und bewältigt werden, und wann die KJP konsultiert wird. Auch in einer anderen Einrichtung, die eher weniger Kontakt zur KJP hat, wird der Rauswurf bei unangemessenem Verhalten thematisiert und abgelehnt, da dadurch der Handlungsspielraum verkleinert wird. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 45 - 45 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung (…)Ah, wir versuchen Grenzen zu setzen, natürlich, ah, wie sehr sie eingehalten werden, das entscheiden dann eher die Kinder und Jugendlichen. Aber wir versuchen einfach sehr konsequent zu sein, wir versuchen die Eltern mit ein zubringen. Wir versuchen aber auch, irgendwie Möglichkeiten aufzumachen und nicht irgendwelche Einbahnstrassen zu gehen, indem wir Ultimaten setzen, das tun wir nicht. Indem wir sagen, wenn du das noch einmal machst, fliegst du raus, damit nehmen wir uns jeden Handlungsspielraum. Wir versuchen uns einfach, ah, mehrere Möglichkeiten offen zu lassen, auch dem Jugendlichen, um den Druck irgendwie nicht in das Extreme zu führen. Es scheint also vor allem in den Einrichtungen, die weniger Kontakt zur KJP haben, auch ein Stück weit zum Konzept zu gehören, die Jugendlichen nicht so schnell aufzugeben. In den anderen Einrichtungen werden eher allgemeine pädagogische Grundsätze wie etwa Ressourcenorientierung, Respekt, Hinführen zur Selbständigkeit, oder Integration genannt. Obwohl die pädagogischen Grundsätze nicht völlig konträr sind, scheinen diese doch eher individuell zu sein. Das heißt, es werden teilweise auch unterschiedliche Schwerpunkte von den einzelnen Mitgliedern der Teams genannt. 280 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 27 - 27 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung „Wir versuchen einen möglichst klaren Rahmen für alle zu haben und Struktur für alle, aber innerhalb dessen ganz viel Individualität.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 25 - 25 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung „(…) So ein großes…großes Ziel ist natürlich jetzt so das über allem schwebt, ist natürlich so die Verselbständigung, also dass die Jugendlichen selbständig werden (…) (…) Selbstständigkeit…wenn der Jugendliche oft von da zum Auszug kommt, dass sie soweit selbständig sind, dass sie eine Arbeit haben, dass sie lebensfähig sind, dass sie mit Geld umgehen können, und und diese ganzen Geschichten (…)“ Wie unterschiedlich die pädagogische Grundhaltung von den einzelnen Befragten eines Teams beschrieben werden, wird durch die folgenden Beispiele deutlich. Hier bestehen zwar nicht völlig konträre Ansichten. Beide Befragten äußern, dass ein wichtiger Grundsatz darin bestehe, dort anzusetzen, wo das Kind gerade steht, während jedoch die eine Beschreibung die Ressourcenorientierung sehr betont, wird durch die Aussage des 2. Teammitglieds indirekt eine eher defizitorientierte Haltung klar, indem gesagt wird, man versucht Defizite mit unterschiedlichen Maßnahmen auszugleichen. Anhand dieser Aussage könnte man spitz hinterfragen, inwieweit Ressourcenorientierung in dieser Einrichtung nicht eher ein Schlagwort ist, und inwieweit dieser Grundsatz auch umgesetzt wird. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 29 - 29 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung „pädagogische Grundsätze, ah, es gibt nicht einen, es gibt viele, eindeutig, also aus vielen Bereichen heraus. Unser Ansatz ist der, wir nehmen die Jugendlichen wo sie gerade stehen, und versuchen einfach die Defizite, die sie haben auszugleichen. Also sei es jetzt verbal aggressiv, körperlich aggressiv, Misshandlungen oder dergleichen, da schauen wir, da setzen wir an mit verschiedenen Maßnahmen.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 46 - 47 Code: Einrichtung\pädagogische Grundhaltung „Ahm, das ist schwierig das irgendwie jetzt auf einen Punkt zu bringen. Pädagogische Grundsätze…….also ich denke, denke ich mir einmal so Schlagwörter, die sicher für alle gelten. Das ist einfach Respekt, das ist Wertschätzung, das ist den Jugendlichen ernst zu nehmen in dem was er mitbringt, in dem was er hat. Grundsätzlich ein ressourcenorientiertes Arbeiten mit dem Jugendlichen, ahm, ja, auch in irgendeiner Form ein zu Hause zu bieten, das heißt einen Raum aufzubauen mit dem Jugendlichen, für den Jugendlichen, wo er sich wohl fühlen kann, ahm, ja Krisen ernst zu nehmen und einfach auch, vor allem diesen Übergang von zu Hause zu uns, was sehr schwierig ist auch ernst zu nehmen, den Jugendlichen ankommen zu lassen und im Endeffekt dort abholen, wo er steht.“ 281 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Zusammenfassend kann in Bezug auf die pädagogische Grundhaltung bzw. pädagogische Konzepte in den einzelnen Einrichtungen festgestellt werden, dass in einigen Einrichtungen ein niedergeschriebenes Konzept vorhanden ist, das auch eine gewisse Einheitlichkeit im Team garantiert. Andere Einrichtungen scheinen kein eindeutig klares Konzept, das für alle Teammitglieder gültig ist zu haben, was dadurch zu erkennen ist, dass pädagogische Grundhaltungen unterschiedlich und individuell beschrieben werden. In den Interviews von VertreterInnen der Einrichtungen, die eher weniger Kontakt zur KJP haben, wurde jedoch auch zum Ausdruck gebracht, dass es wichtig ist, gerade besonders schwierige Kinder und Jugendlichen zu halten und nicht aus dem Grund aus der Wohngemeinschaft auch wieder auszuschließen, aus dem sie auch gekommen sind. 12.2.2.2 Problemfälle Die Definition von Problemfällen bzw. besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen erscheint für jede(n) Professionelle(n) individuell zu sein. Aus diesem Grund soll anhand der erhobenen Interviews analysiert werden, welche Kinder und Jugendlichen den Professionellen besondere Schwierigkeiten bereiten, um eventuell Hilfsmaßnahmen diesbezüglich gestalten zu können. Die Beschreibungen der Professionellen von Problemfällen fallen unterschiedlich und individuell aus. Die Bandbreite der Beschreibungen ist hier sehr groß und konträr. Während manche keine Jugendlichen als Problemfälle oder als besonders schwierig beschreiben, würden andere alle Jugendlichen auf ihre Weise als schwierig bezeichnen. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 56 - 57 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche I: Welche Jugendliche würdest du deiner Erfahrung nach als besonders schwierig, oder als Problemfälle bezeichnen? „Gar keine.” Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 38 - 41 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche „Ich denke, alle auf ihre Weise, aber wir versuchen einfach, nach dem Sinn der Symptome zu suchen, mit den Kindern und den Familien zusammen und versuchen nicht so sehr, die Symptome zu bekämpfen.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 49 - 50 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche „Alle (lacht), nein die Jugendlichen sind ja da, weil sie Probleme haben.(…)“ 282 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Während von einigen Professionellen die Umstände beschrieben werden, die Problemfälle kennzeichnen, machen andere ihre Beschreibung an psychiatrischen Diagnosen wie z.B. der Borderline- Persönlichkeitsentwicklungsstörung fest, wie folgende Beispiele verdeutlichen sollen. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 42 - 43 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche I: Welche Jugendlichen würden sie ihrer Erfahrung nach als besonders schwierig bezeichnen? „Ahm, weiblich und Borderline.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 53 - 55 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche I: Welche Kinder und Jugendlichen würden sie ihrer Erfahrung nach als besonders schwierig oder als Problemfälle bezeichnen? „Ich würde sicher keine hoch aggressiven Kinder aufnehmen, ich würde sicher keine Borderline Persönlichkeiten aufnehmen, die viel mehr Betreuung brauchen, ah- hoch süchtige würde ich nicht aufnehmen und die Kombination behindert und psychiatrisch- also das würde ich sicher nicht nehmen.“ An dieser Stelle ist anzumerken, dass die Einrichtungen, die in den Interviews schwierige Kinder und Jugendliche in Bezug auf psychiatrische Diagnosen beschreiben, auch die Einrichtungen sind, die im Erhebungszeitraum häufigen Kontakt zur KJP hatten. Hier scheint der Fokus schon eher in Richtung Krankheitsbegriff zu gehen. Dies würde auch erklären, warum einige Einrichtungen die KJP häufiger kontaktieren. Es scheint einen engen Zusammenhang dahingehend zu geben, dass von manchen Wohngemeinschaften schwieriges Verhalten in Richtung Krankheit interpretiert wird, was eine Zuständigkeit der KJP begründen lässt. Hier zeigt sich die Frage der Erziehungsbedürftigkeit oder Krankheit sehr deutlich. Problematisch ist, dass schwieriges Verhalten als krank angesehen wird und somit Hilfe in der KJP gesucht wird, bzw. auch die Verantwortlichkeit verschoben und abgegeben wird. Ein weiteres Feld, das Professionelle als besonders schwierig empfinden ist die Sucht- Thematik. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 26 - 29 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche „ (…) Nur wenn es ein Fall ist von Sucht, dann ist es immer ein bisschen ein Problem wenn man die Aufsicht nicht gewähren kann und wenn das Kind ständig abhaut und unterwegs ist und man weiß nicht, was es macht und es ist auch viel Alkoholkonsum und ein paar Sachen ich will nicht mehr leben oder so, das sind dann Punkte, wo schon viel passieren kann. 283 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 47 - 53 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche I: Ich habe in diesem Zusammenhang diese Kinder und Jugendlichen als besonders schwierig bezeichnet. Welche Kinder und Jugendlichen würden Sie als besonders schwierig oder als Problemfälle bezeichnen? „Persönlich?“ I: Ja. „Drogenabhängige.” Dazu ist zu sagen, dass Sucht laut Durchführungsverordnung des Jugendwohlfahrtsgesetzes ohnehin ein Ausschlussgrund bzw. ein Grund der Nicht- Aufnahme in stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtungen ist. Hier scheint sich die Jugendwohlfahrt sehr vor dieser Problematik zu verschließen. Es gibt keine Einrichtungen für Jugendliche Drogenabhängige. Das heißt, in den Drogenentwöhnungseinrichtungen werden Jugendliche ab 16 gemeinsam mit Erwachsenen betreut. Für Jugendliche Süchtige unter 16 Jahren gibt es in der Steiermark keine eigene Einrichtung. Andere Professionelle beschreiben, wie bereits erwähnt, besonders schwierige Jugendliche unabhängig von Diagnosen, in Bezug auf die Umstände, die diese begleiten. Für einige sind schwierige Kinder und Jugendlichen vor allem in Bezug auf das Elternhaus zu beschreiben, vor allem, wenn dieses unkooperativ, zu überbehütend und ängstlich ist oder aber auch den Kindern keine Grenzen gesetzt hat. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 55 - 57 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche „Ja ich persönlich empfinde die als besonders schwierig, wo das Elternhaus überhaupt nicht zu Kooperationen bereit ist. Weil ich finde, dass die Schwierigkeit nicht von der Diagnose des Jugendlichen abhängt sondern von der Mitarbeit der Eltern, ob es da überhaupt jemanden gibt, in welchem Zustand die sind, ob die gegen die Einrichtung arbeiten oder mit uns gehen. Ich würde das überhaupt nicht von einer Diagnose abhängig machen.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 49 - 49 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche „Welche Jugendlichen, ahm, das ist jetzt schwierig, die kann man nicht in einen Topf werfen, aber ich hätte einmal gesagt, ahm, Jugendliche die aus sehr schwierigen Verhältnissen kommen von zu Hause und die niemals gelernt haben, Struktur und einen Rhythmus einzuhalten, die keine Grenzen erfahren haben und keine Klarheit erfahren haben. Also das ist jetzt meiner persönliche Meinung nach, das was sicher langfristig am schwierigsten ist.“ 284 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Andere beschreiben die Schwierigkeiten im Hinblick auf die Beziehungsebene und meinen, dass besonders schwierige Kinder und Jugendliche, jene sind, die nicht zu motivieren sind und zu denen sich kein persönlicher Zugang auf der Beziehungsebene finden lässt. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 39 - 39 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche „Ich denke mir, Jugendliche, die schwer motivierbar sind. Also, die selber absolut nicht wollen, in eine Einrichtung zu kommen, die von vornherein verweigern und mehr oder weniger aufgrund eines Helferteams oder weil sich Erwachsene das gut vorstellen können da sind, und keine Mitarbeit zeigen, dann ist das ganz schwierig in irgendeine Richtung zu gehen.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 37 - 39 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche I: Welche Kinder und Jugendlichen würdest du aus deiner Erfahrung als besonders schwierig bezeichnen? „Jugendliche, zu denen ich keinen Zugang bekomme, bzw. die sich verwehren (Störung), also da tue ich mir persönlich mir am schwierigsten, ah, wenn man keine Beziehung aufbauen kann, und nicht in Kontakt treten kann, also die sich entweder, entweder ganz verschließen, zurückziehen, oder eben, wo ein, ein…die einzige Antwort, die man kriegt vielleicht ein Geplärre mit „Angeschissener lass mich in Ruhe oder so" (lacht) ist. Also das ist, wenn einfach, wenn nichts da ist, oder so. Das ist sehr problematisch für mich.” Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 40 - 40 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche „Ja die einfach verweigern. Wo…also wo es schwierig ist, überhaupt Kontakt aufzunehmen, dann…dass man sie überhaupt erreicht, weil sie einfach nur verweigern.“ In einem Interview wurden jene Kinder und Jugendlichen als besonders schwierig beschrieben, die die Schule verweigern. Dies scheint zum Zeitpunkt des Interviews gerade ein aktuelles Thema in dieser Wohngemeinschaft gewesen zu sein. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 47 - 48 Code: Grenzfälle\Definition-besonders schwierige Kinder und Jugendliche I: O.K. Welche Jugendlichen, würden Sie Ihrer Erfahrung nach als besonders schwierig, oder als Problemfälle bezeichnen? „Ja, wir in der WG haben jetzt das Probleme eben mit der Schule und den Schulschwänzern. Also das ist ganz schwierig, dem gegen zu lenken, weil es gibt keine Konsequenz, die wirklich den Schüler in die Schule bewegen kann. (…) Bei den Lehrstellensuchenden haben wir nicht so das Problem….also die sind dann schon alt genug, die sind reflektierter, mit denen kann man auch verbal gut arbeiten und da braucht es auch nicht sehr viel Konsequenzen, weil man ihnen verdeutlichen kann, dass sie, ahm, dass es ihr…ihre Karriere ist. Und beim Schüler ist es schwer zu sagen, ja wenn du die Schule nicht schaffst, dann hast du weniger Chancen am Arbeitsmarkt, weil bei dem ist das viel weiter weg, eigentlich.“ 285 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass Fachkräfte Problemfälle oder besonders schwierige Kinder und Jugendliche sehr individuell und im Hinblick auf unterschiedliche Aspekte beschreiben. Auffallend ist jedoch, dass von den LeiterInnen von 2 Einrichtungen mit häufigem Kontakt zur KJP, Problemfälle auch im Hinblick auf psychiatrische Diagnosen beschrieben wurden. Dies könnte darauf hinweisen, dass in diesen Einrichtungen schwieriges Verhalten auch eher als krankhaft interpretiert wird. Die Dokumentenanalyse hat ergeben, dass ein häufiger Einweisungsgrund von Einrichtungen der Jugendwohlfahrt in die KJP Gewalttätigkeiten sind. Auffallenderweise wurden besonders schwierige Kinder und Jugendliche jedoch nur selten auch dahingehend beschrieben. Sehr oft steht bei den Beschreibungen die Beziehungsproblematik und der Zugang, bzw. die Motivation und Kooperation im Vordergrund. 286 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.2.2.3 Grenzfälle Hier erscheint es von besonderer Bedeutung, wie viele der betreuten Kinder und Jugendlichen in den befragten 7 Einrichtungen psychiatrische Diagnosen aufweisen und ob hier ein Unterschied zu den Einrichtungen besteht, die im Jahr 2006 mehr Kontakt zur kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der Landesnervenklinik Sigmund Freud hatten. Ein weiterer wichtiger Punkt ist jener der Unterstützungsleistungen. Besonders bei Kindern und Jugendlichen, die ständig an oder über die Grenzen gehen ist es wichtig, dass die Jugendwohlfahrtseinrichtungen Unterstützungsmöglichkeiten finden, um auch diese schwierigen Fälle halten zu können. Ein Merkmal von Grenzfällen ist es, dass diese auch ständig an oder über die Grenzen gehen und die Fachkräfte an ihre Grenzen bringen. In diesem Zusammenhang erwies sich in den Interviews besonders interessant, wie mit diesen Grenzüberschreitungen in den einzelnen Einrichtungen umgegangen wird, und welche Einstellungen die Fachkräfte diesbezüglich haben. Hier gibt es zwei klare Positionen, die einen, die sagen, es sei normal, dass diese Kinder und Jugendlichen ständig an die Grenzen gehen und dass dies auch Teil einer normalen Entwicklung sei. Von besonderer Bedeutung wäre es allerdings, an den Grenzen festzuhalten. Besonders diese schwierigen Kinder und Jugendlichen würden viel Struktur und Kontinuität benötigen und würden es auch brauchen, an Grenzen zu stoßen. Diese Ansicht wird durch die folgenden Zitate deutlich. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 63 - 63 Code: Grenzfälle „Also ich würde sagen, da im B. gehen die Jugendlichen ständig an die Grenzen. Für mich hat das aber auch sehr viel mit ihrer Entwicklung zu tun, also immer, wenn sie sich da ein bisschen sicherer fühlen, probieren sie wieder aus, wo die nächste Grenze ist oder ob die Grenze wohl hält wie es gerade ist. Ich glaube dass das anstrengende ist, wahrscheinlich auch in der Arbeit da ist, dieses ständige, dieses oftmalige Grenzen fordern und an die Grenzen rennen eigentlich. Das ist immer eigentlich- ganz oft. Und wie wir mit ihnen umgegangen, ganz viele Konsequenzen werden gesetzt und es wird sehr viel reguliert dadurch. Also wir schauen immer, dass wir das regulieren. Wir haben einen der hat gerade viel Wut, wie kann man die Wut regulieren, oder will ich einfach einmal spüren es gibt jemanden für mich, soll man dem mehr Zuwendung geben- da machen wir uns ganz viele Gedanken und das wir dann auch besprochen.“ 287 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 51 - 52 Code: Grenzfälle I: Wie gehen Sie so mit Jugendlichen um, die immer an die Grenzen gehen, beziehungsweise die Grenzen zu sprengen scheinen? „Ja, die Grenzen einfach weiter festhalten. Also nicht aufweichen lassen durch Aktionen vom Jugendlichen, einfach ganz strikt sein…eben Aufrechterhalten der Regeln, weil das braucht ein…er soll drüber gehen teilweise, das ist seine Aufgabe als Jugendlicher, aber die, die Grenzen dürfen einfach nicht wackeln. Das heißt man muss sie immer wieder darauf hinweisen und sagen, okay, da ist die Grenze mit unterschiedlichen Methoden und…und dass er einfach merkt, er ist da jetzt an einer Grenze, er will auch drüber, aber dass die ja nicht einbricht. Es ist ganz wichtig, ja….Konsequenz zu zeigen. Ist oft schwierig eben bei Turnusdiensten eben wie wir haben, dass man das dann auch übergibt. Weil der eine hat doch einen anderen Stil, als der andere und dass man halt das wirklich lückenlos übergibt…der war dort und da und hier ist er abzuholen und das muss man halt dann sehr klar kommunizieren auch den Kollegen gegenüber, dass das wirklich eine Kontinuität hat.“ Ein anderer Standpunkt ist ebenfalls sehr deutlich. Einige Fachkräfte sind der Meinung, dass es einen vorgegebenen Rahmen gibt, innerhalb dessen man auch in einer gewissen Weise flexibel sein kann, wenn sich jemand allerdings ständig außerhalb dieses Rahmens bewegt, ist er für diese Einrichtung nicht mehr tragbar. Diese Position soll durch die folgenden Statements deutlich werden. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 46 - 47 Code: Grenzfälle I: Wie wird mit Jugendlichen umgegangen, die ständig an oder über die Grenzen gehen? „Ahm, kommt auf die Häufigkeit drauf an. Wir haben einen klaren Rahmen, der Rahmen da kann man herumspringen ist ganz klar, aber wenn jemand immer über die Grenzen geht ist er einfach nicht tragbar in der WG. Ja.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 42 - 43 Code: Grenzfälle I: Wie wird mit Kindern- und Jugendlichen umgegangen, die so an die Grenzen gehen, oder den Rahmen zu sprengen scheinen? “Es wird im Vorfeld mit den Jugendlichen einmal gesprochen und das aufgezeigt auch, danach gibt es meistens eh schon ein Helferteam auch. Dort wird versucht kreative Lösungen zu finden. Und meistens auch schon vertraglich mit dem Jugendlichen ein Plan erstellt und probiert dann das gut einzuhalten. Und auch zu schauen, wo kann man Hilfestellungen geben, wo gibt es allerdings auch Grenzen für den Jugendlichen und probiert, mit dem irgendwie die abzufangen und umzugehen, allerdings auch, wenn alles durchprobiert ist, auch dem die Grenze zu setzen, es geht nicht.“ Es wird also versucht die Grenzen zu wahren, jedoch auch in einer gewissen Weise flexibel zu sein. Besonders wichtig ist es an dieser Stelle anzumerken, dass viele stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtungen auch von ihrem Recht Gebrauch machen, sich von Kindern und 288 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Jugendlichen wieder zu verabschieden. Hier scheint die Grenze, wann es zu einer Verabschiedung kommt sehr unterschiedlich zu sein. Unbestritten sei, dass der Umgang mit diesen Kindern und Jugendlichen teilweise sehr schwierig ist und Fachleute auch selbst an ihre Grenzen bringt. Trotzdem gibt es keine eindeutigen Kriterien, wann Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen entlassen werden. Im Endeffekt ist es ja so, dass diese meist genau aus den Gründen, aus denen eine Fremdunterbringung notwendig wurde, auch wieder aus dieser entlassen werden, wenn sie sich gar nicht an die Strukturen anpassen können. Dies ist dann wiederum mit einem Beziehungsabbruch verbunden sowie auch mit der Bestätigung, dass man ja ohnehin „nichts auf die Reihe bekommen“ würde. Vielleicht ist es ja gerade für diese besonders schwierigen Kinder und Jugendliche eine Überforderung, wenn wir von ihnen verlangen, dass sie in unsere Konzepte passen. Wie öfter erwähnt braucht es hier wahrscheinlich eigene Konzepte und Strukturen, die diese Kinder und Jugendlichen halten können. Wie schon mehrmals erwähnt, gibt es Einrichtungen, die weniger Kontakt zur KJP haben, und Einrichtungen, mit denen ein häufigerer Kontakt durch mehr gemeinsame Fälle besteht. In den Interviews sollte herausgefunden werden, ob dies eventuell daran liegt, dass jene Einrichtungen, mit denen weniger Kontakt besteht, auch weniger Kinder und Jugendliche mit psychiatrischen Diagnosen betreuen. An dieser Stelle sollen die Einrichtungen kurz in Bezug auf diese Zahlen, die in den Interviews abgefragt wurden, verglichen werden. In Hinsicht auf die Diagnosen zeigt sich durch die Interviews, dass in allen befragten Einrichtungen auch Kinder und Jugendliche mit psychiatrischen Diagnosen betreut werden. Hier kann man nicht sagen, dass jene Einrichtungen, mit denen häufigerer Kontakt besteht, auch mehr Kinder und Jugendliche mit psychiatrischen Diagnosen betreuen. Manche Wohngemeinschaften jedoch schauen schon bei der Aufnahme darauf, dass nicht mehr als 2 Kinder und Jugendliche mit psychiatrischen Diagnosen in einer Gruppe sind. An dieser Stelle ist anzumerken, dass eine psychiatrische Diagnose ja nicht immer vor der Aufnahme schon bekannt sein muss. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 88 - 89 Code: Grenzfälle\Zahlen\psychiatrische Diagnose I: Wie viele Kinder und Jugendliche mit psychiatrischer Diagnose betreuen Sie? „2 pro Wohngruppe. Im B sind es ein bisschen mehr.“ 289 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 81 - 83 Code: Grenzfälle\Zahlen\psychiatrische oder therapeutische Hilfe I: Wenn sie eine Schätzung abgeben würden, wie viele Prozent der Kinder und Jugendlichen, die sie betreuen bräuchten noch zusätzliche psychiatrische Betreuung oder Behandlung? „Ja, wir habe eine Richtlinie, dass wir von acht Kindern und Jugendlichen pro Wohngruppe nicht mehr als zwei nehmen können.“ Ebenso werden in allen befragten Einrichtungen Kinder und Jugendliche betreut, die noch zusätzliche therapeutische oder psychiatrische Hilfe benötigen. Für viele Kinder und Jugendliche sind ambulante bzw. teilstationäre psychiatrische Hilfen ausreichend. In einem Interview wurde an dieser Stelle auch darauf hingewiesen, dass ein Ausbau teilstationärer Plätze notwendig sein würde. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 111 - 112 Code: Grenzfälle\Zahlen\psychiatrische oder therapeutische Hilfe I: Und für wie viele sind ambulante Hilfen ausreichend, und wie viele brauchen, oder bräuchten stationäre, oder teilstationäre Hilfen? „Kann ich jetzt schwer sagen, wobei was ich merke ist, dass ah, die teilstationären Plätze eher gebraucht werden. Ich meine schon die stationären auch, aber da wäre es gut, wenn es mehr Plätze geben würde.“ Auffallend in den Interviews ist jedoch, dass die Informationen auch von Person zu Person unterschiedlich sind, auch wenn 2 Personen aus derselben Einrichtung befragt wurden. So wurden von 2 Personen aus einer Einrichtung mit weniger Kontakt zur KJP unterschiedliche Auskünfte über die Notwendigkeit psychiatrischer Behandlungen der Kinder und Jugendlichen gegeben. Eine Person war der Meinung, dass keines der betreuten Kinder und Jugendlichen zusätzliche psychiatrische Hilfe benötigen würde, während die andere befragte Person von 2 Jugendlichen spricht, die psychiatrische Hilfen benötigen würden. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 80 - 82 Code: Grenzfälle\Zahlen\psychiatrische oder therapeutische Hilfe I: Wie viele Kinder- und Jugendliche brauchen zusätzliche psychiatrische Hilfe von denen, die Sie betreuen? „Das sind zwei jetzt.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 90 - 91 Code: Grenzfälle\Zahlen\psychiatrische oder therapeutische Hilfe I: psychiatrische. „O.K. Ah…wie viele es jetzt von denen das zusätzlich brauchen? Würde ich sagen gar keiner.“ 290 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Auch konnte die Frage nach der Zahl der betreuten Kinder und Jugendlichen mit psychiatrischen Diagnosen nicht von allen Befragten beantwortet werden. Daran lässt sich erkennen, dass vielleicht nicht alle Professionellen auf psychiatrische Diagnosen Wert legen und sich eventuell auch gar nicht dafür interessieren. Dies steht allerdings im Widerspruch zum Wunsch nach Abklärung und Diagnostik. Hier stellt sich die Frage, ob das primäre Anliegen an die KJP wirklich die psychiatrische Diagnostik ist, wenn dann gar nicht genau gewusst wird, wie viele Kinder und Jugendliche, die betreut werden eine psychiatrische Diagnose haben. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 113 - 114 Code: Grenzfälle\Zahlen\psychiatrische Diagnose I: Und wie viele haben eine psychiatrische Diagnose? „Hab ich jetzt nicht so im Kopf genau.” Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 85 - 86 Code: Grenzfälle\Zahlen\psychiatrische Diagnose I: Und wie viele haben eine psychiatrische Diagnose? „Von einem kann ich es sagen, aber die weiteren weiß ich nicht.” An dieser Stelle ist anzumerken, dass es wahrscheinlich auch für in der Jugendwohlfahrt Tätige wichtig ist zu wissen, wenn Kinder und Jugendliche psychiatrische Diagnosen haben, zumal in den Interviews immer wieder der Wunsch nach Abklärung geäußert wurde. Mit Sicherheit ist es für uns PädagogInnen wichtig über die einzelnen Diagnosen Bescheid zu wissen, dennoch ist es auch von Vorteil, wenn wir die Kinder und Jugendlichen unabhängig von Diagnosen mit einer ressourcenorientierten Sichtweise sehen können. Auch werden in allen Einrichtungen Kinder und Jugendliche betreut, die Psychopharmaka nehmen. Hier kann ebenfalls nicht festgestellt werden, dass in jenen Einrichtungen mit häufigerem Kontakt mehr Kinder und Jugendliche fremd untergebracht sind, die Psychopharmaka nehmen. 12.2.2.3.1 Umgang mit psychiatrischen Diagnosen Nachdem in den Interviews häufig der Wunsch nach einer ausführlichen psychiatrischen Abklärung genannt wurde, stellt sich die Frage, wie dann im pädagogischen Alltag mit psychiatrischen Diagnosen umgegangen wird. Wie schon im vorigen Kapitel beschrieben, wissen einige Fachleute gar nicht genau darüber Bescheid, wie viele von ihnen betreute Kinder und Jugendliche eine psychiatrische Diagnose haben. Dies steht im Widerspruch zum Wunsch nach Abklärung und stellt auch die Sinnhaftigkeit einer psychiatrischen Diagnostik in Frage. 291 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Wirklich sinnvoll erscheint eine ausführliche Diagnostik ja nur dann, wenn mit dieser auch gearbeitet wird. Darum wurde versucht durch die Interviews heraus zu finden, wie in den stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen mit psychiatrischen Diagnosen umgegangen wird. An dieser Stelle zeigt sich sehr deutlich, dass in jenen Einrichtungen mit weniger Kontakt zur KJP psychiatrische Diagnosen auch nicht unbedingt eine Rolle spielen und als nebensächlich betrachtet werden. Vor allem in Bezug auf den individuellen pädagogischen Umgang scheinen psychiatrische Diagnosen keine unmittelbare Auswirkung zu haben. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 89 - 90 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen I: Hat eine psychiatrische Diagnose auch Auswirkungen auf Ihr eigenes pädagogisches Handeln? „[lacht]. Nein.” Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 88 - 90 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen I: Welche Auswirkungen hat eine psychiatrische Diagnose auf Ihr eigenes pädagogisches Handeln und ihre Überlegungen? „Das ist sehr unterschiedlich…..(Pause)…nicht so wirklich würde ich sagen. (lacht)“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 45 - 46 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Also, gar keine, nein, also gerade im Jugendalter sage ich, sind psychiatrische Diagnosen für mich ein bisschen, also ich sage einmal mit Vorsicht, um es nett auszudrücken, weil ich denke, dass es da einfach massive Entwicklungspotenziale gibt, die gibt es auch im Erwachsenenalter, nur da gibt es selten ausgefeilte Methoden. […]“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 71 - 71 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Nicht sehr viel, weil ich versuche, meinen Blick aufs Kind zu richten und, und weil ich denke mit der Diagnose da verbinde ich schon ganz viel und das Kind hat vielleicht gar nicht so eine gute Chance, ah, aus der Diagnose irgendwann einmal heraus zu kommen, gell. Und vielleicht macht das auch einen Unterschied zwischen normalen Familien, und, oder normalen Kindern und weniger normalen, dass die nicht normalen halt schon diagnostiziert sind.“ Hier lässt sich sehr deutlich erkennen, dass jene Einrichtungen mit weniger Kontakt zur KJP auch weniger Wert auf psychiatrische Diagnostik legen und diese auch weniger in den pädagogischen Alltag bzw. den pädagogischen Umgang mit einbeziehen. 292 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Im Gegensatz dazu, legen die Einrichtungen mit häufigerem Kontakt zur KJP auch eher Wert auf psychiatrische Diagnosen und geben an, diese auch sehr stark in die pädagogische Arbeit mit einzubeziehen. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 92 - 93 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen I: Wie wird in ihrer Einrichtung mit psychiatrischen Diagnosen umgegangen? „Wir versuchen, dass wir diese Jugendlichen zur Psychotherapie bringen, dass sie die Medikamente regelmäßig einnehmen. Wichtig ist auch der Kontakt und das Gespräch mit den Eltern, weil sonst kommen die nach einem Wochenende zurück und haben keine Medikamente genommen. Ganz wichtig für diese Kinder und Jugendlichen ist die Konformität, die Struktur und die Regeln.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 110 - 111 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Oja. Also ich würde so sagen, je schwerwiegender die Diagnose ist, die sich dann hoffentlich ja auch im Verhalten widerspiegelt oder im Leben und nicht einfach nur eine Diagnose ist, umso strukturierter wird dem Kind der Tag gestaltet. Also die kriegen dann einen genauen Tagesablauf, der wird auf die Türe gehängt und so weiter.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 117 - 118 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen I: Mhm. Und wie wird so grundsätzlich mit einer psychiatrischen Diagnose umgegangen, wenn es eine gibt? „Kommt darauf an, es wird schon den Diagnosen entsprechend gehandelt, das heißt, wenn jemand eine Depression hat, ah, dann wissen wir darüber Bescheid, und dann kommt es natürlich darauf an, welche wir vom LSF gesagt kriegen oder so psychiatrisch entsprechend richten wir die Hilfeplanung aus. Oder, ah, wenn jemand eher psychotische Zustände hat, ist es auch gut zu wissen, ah, weil wir einsteigen können, oder es ist manchmal auch gut, wenn jemand einen Autismus hat, kann man dann auch spezielle Methoden, eine spezielle Methodik anwenden. Also eher dahingehend, ah, dass es uns leichter fallt dann da Hilfeplanungen zu erstellen.“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 85 - 86 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen I: Welche Auswirkungen hat eine psychiatrische Diagnose auf Ihr eigenes pädagogisches Handeln? „Eine große, weil wir auf das aufbauen, und dadurch die Zielsetzungen sind, dadurch auch sehen, wo die Schwachstellen sind, wie man mit dem arbeitet, ob man, wenn er zum Beispiel auszuckt, eben in Ruhe lasst, ob Enge wichtig ist, ob eher Freiraum ist, wie, ganz klar.“ Im Umgang mit psychiatrischen Diagnosen ist ein sehr starker Unterschied zwischen stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen mit häufigerem und jenen mit weniger Kontakt zur KJP zu erkennen. An dieser Stelle ist auf den Labeling- Approach, der im Literaturteil im Zusammenhang mit der Frage nach Erziehungsbedürftigkeit oder psychischer Krankheit, beschrieben wurde, verwiesen. Es scheint hier wirklich davon abhängig zu sein, welchen Blick Fachleute auf ein 293 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion bestimmtes Verhalten haben. In Zusammenhang mit der Kooperation kann hier eindeutig festgestellt werden, dass jene Einrichtungen, die psychiatrische Diagnosen als nebensächlich ansehen auch weniger häufig mit der KJP zusammen arbeiten. Wenn man ein bestimmtes Verhalten nicht pathologisiert, scheint eine Zusammenarbeit bzw. auch eine Diagnostik nicht notwendig zu sein. Die Inhalte des Labeling- Approachs wurden auch in einem Interview in Bezug auf den Umgang mit psychiatrischen Diagnosen anhand eines aussagekräftigen Beispiels angesprochen: Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 161 - 161 Code: Grenzfälle\Umgang mit psychiatrischen Diagnosen „Die Frage ist wirklich, der Medikation, wirklich die, ob ich schon einmal dort war. Zum Beispiel jetzt, eine lustige Geschichte beim Abendessen, ein Jugendlicher sagt, ja er ist psychisch krank und die andere sagt…also weil da ist es um irgendetwas gegangen wegen, der nimmt auch Medikamente…und die andere Jugendliche sagt…ich meine das ist ja- DU! (lacht)…ich meine ICH ja, aber DU! Dann hab ich gesagt, du warst nur noch nie bei einem Arzt (lacht). Weil ich meine da gibt es natürlich, ich meine eine Diagnose gibt's jetzt bei ihr in dem Fall nicht, aber auch so das im kompletten Jenseits sein…ja, das hat sie…wo ich sag Hallo! - das haben wir bei ihr ganz massivund sie selber sieht das. Also das ist manchmal komplett unlogisch (…)“ Klar ist, dass wir es in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen immer auch mit auffälligen Kindern und Jugendlichen zu tun haben. Inwieweit in diesen Fällen auch ein Kinder- und Jugendpsychiater zu Rate gezogen wird, ist zu einem großen Teil auch von der subjektiven Einschätzung der Professionellen abhängig. Mit Sicherheit aber wird meistens dann eine andere Einrichtung als Unterstzützung notwendig, wenn es zu irgendwelchen Krisen kommt, die in der Einrichtung nicht mehr bewältigt werden können. Hier stellt sich die Frage, inwieweit man nicht präventiv schon Schritte unternehmen sollte, damit es in Krisensituationen nicht dazu kommt, dass Kinder und Jugendliche von einer Einrichtung in die andere transferiert werden müssen. An dieser Stelle muss jedoch erwähnt werden, dass mit Sicherheit auch nicht alle Krisen in den stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt abgefangen werden können. Dennoch müssten wir vielleicht die Strukturen so verändern, dass mehr möglich wird. 294 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.2.2.3.2 Unterstützung Besonders wenn die Rede von besonders schwierigen Kindern und Jugendliche ist stellt sich die Frage, in welcher Weise die einzelnen Einrichtungen Unterstützung von außen bzw. auch intern erfahren. Als interne Unterstützung wurde in den Interviews immer das eigene Team bzw. die Supervision genannt. Für viele Einrichtungen ist auch das Helfersystem primärer Ansprechpartner bei Problemen. Als Unterstützung von außen wurde wie bereits angenommen einzig das LSF genannt. Außer dieser Einrichtung gibt es von außen sehr wenig Unterstützung für stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt: So kommt es manchmal auch dazu, dass die KJP für Probleme einspringen muss, die primär gar keine psychiatrische Behandlung erfordern würden. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 57 - 59 Code: Grenzfälle\Unterstützungs-angebote, -möglichkeiten\extern I: Wer sind so Ihre Hauptansprechpartner, wenn sie so das Gefühl haben, mit diesem Jugendlichen komme ich nicht weiter oder der ist besonders schwierig für uns? „Unsere Ansprechpartner- ist also für mich das LSF- und Psychiater, also so, aber es gibt ganz wenige Kinderpsychiater, gell. Drum kenn ich mich gar nicht so aus.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 73 - 73 Code: Grenzfälle\Unterstützungs-angebote, -möglichkeiten\extern „Wenn das gesamte Team keinen Rat mehr weiß….Für mich gibt's die Möglichkeit über Fallsupervision, beziehungsweise es kann auch, die die… wenn es in Richtung psychisches Problem geht, kann es auch ein Psychiater oder die Psychiatrie sein. Das eher über externe Fachleute.“ Besonders wichtig ist an dieser Stelle anzumerken, dass in den Interviews explizit nach der entlastenden Wirkung der KJP für die einzelnen Einrichtungen gefragt wurde. In allen Interviews wurde deutlich, dass die KJP eine entlastende Funktion für die Einrichtungen hat. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 78 - 78 Code: Grenzfälle\Gründe für Überweisung „Entlastende Funktion, also bei denen die wir jetzt immer gehabt haben ist sicher für die Gruppe eine Entlastung, es war auch in einem speziellen Fall so, dass es für die ganze WG eine Entlastung war, für das Team eine Entlastung war. Bei dem Jugendlichen war es schon so, dass wir gesagt haben entweder Ausschluss aus der WG, weil es gibt einfach zu viele Vorfälle, zu viele brutale Vorfälle, wo wir sagen haben müssen, wir können die anderen Kinder nicht mehr schützen, wir können auch den nicht mehr schützen, ja, Entlastung ja ist es sicher auch, wobei ich sagen muss, das wird in der WG dann natürlich auch in dem Sinn weiter gearbeitet, es wird im Team weiter 295 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion gearbeitet, es wird in Fallbesprechungen weiter gearbeitet. Das Kind ist dann, wenn es weg ist, mehr Thema, als alle anderen Kinder, die da sind. Also von dem her, aber wie gesagt, wenn sich die Vorfälle häufen, ist es sicher angenehm, wenn das Kind einmal eine Zeit lang nicht in der WG ist, einfach dass sich die Gruppe einmal akklimatisieren kann.(…)“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 122 - 123 Code: Grenzfälle\Gründe für Überweisung I: Von anderen Einrichtungen habe ich erfahren, dass die KJP manchmal eine entlastende Funktion hat. Wie ist das für Ihre Einrichtung? „Also, weil das der Platz auch ist, wo man wirklich hingibt, wenn man nicht weiß, was man tun soll und natürlich ist das immer entlastend weil selbst-, massiv selbst oder fremdgefährdende Jugendliche , stehen ja unter einem ganz einem hohen Spannungspegel und es ist immer entlastend, wenn die einmal weg sind.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 104 - 105 Code: Grenzfälle\Gründe für Überweisung I: Von anderen Einrichtungen habe ich erfahren, dass die KJP immer wieder auch eine entlastende Wirkung hat. Wie sehen Sie das? „Absolut, ja. Also ich merke schon, dass in den meisten Fällen, wenn einfach dann eine stationäre Unterbringung war, dass der Jugendliche schon wieder anders bei uns ankommt. Und es ist für die Zeit, wo Jugendliche dort sind, ist es sicher absolut deeskalierend auch, weil wenn dann hat es eben zwischen Bewohnern wirklich einen massiveren Crash gegeben oder der Jugendliche hat eben mit sich selber gerade so eine Krise, dass es absolut entlastend ist in der Phase. Weil eben…ja, das bei 9 Jugendlichen einfach ohne ärztliche Betreuung dann oft einfach nicht geht und das ist natürlich schon ja.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 91 - 92 Code: Grenzfälle\Gründe für Überweisung I: Von anderen Einrichtungen habe ich erfahren, dass die KJP manchmal eine entlastende Funktion hat, wie siehst du das? „Natürlich ist das entlastend, wenn man weiß, man ist in gewissen Situationen, gibt es, gibt's noch einen Platz, wo professionellere Hilfe, ah, wo ich nicht mehr weiß, mit meinem Latein am Ende bin, beziehungsweise, wenn es gerade einen aktuellen massiven Fall gibt, wo ich weiß dass da Professionalisten sind, sie dort hinzuschicken, dass sie dem Jugendlichen, oder der Jugendlichen weiterhelfen können, ist natürlich entlastend.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 94 - 94 Code: Grenzfälle\Gründe für Überweisung „Naja, wenn man auffällige Kinder unterbringen kann, dann ist das natürlich eine Entlastung. Das kann ich mir schon vorstellen, dass das entlastend wirkt [lacht].“ Hier kann man deutlich erkennen, dass die KJP oftmals eine Unterstützung ist, vor allem in Situationen, in denen man in den Einrichtungen nicht mehr weiter weiß, bzw. in denen die Einrichtungen bzw. auch die Professionellen an ihre Grenzen stoßen. An dieser Stelle stellt sich jedoch eindeutig die Frage, ob es eine Aufgabe der KJP ist, eine Entlastung für stationäre 296 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Jugendwohlfahrtseinrichtungen zu sein. Braucht es hier wirklich eine hochqualifizierte Einrichtung wie die Kinder und Jugendpsychiatrie oder wird sie hier für Dinge benützt, die die Jugendwohlfahrt nicht zu leisten im Stande ist? Klar ist, dass die KJP immer dann verantwortlich wird, wenn es sich um Selbst- oder Fremdgefährdung handelt. Wobei hier auch angemerkt werden soll, dass die Beurteilung selbst- und fremdgefährdenden Verhaltens ebenfalls sehr subjektiv ist. Gründe für die Überweisung besonders schwieriger Kinder und Jugendlicher wurden ebenfalls durch die Interviews erhoben und sollen im folgenden Kapitel kurz dargestellt werden. 12.2.2.3.3 Gründe für die Überweisung Da durch die Dokumentenanalyse deutlich wurde, dass sehr viele Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen aufgrund von Gewalttätigkeiten in die KJP eingeliefert werden, wurde versucht durch die Interviews zu erfragen, was die Gründe für eine Überweisung in die KJP sein können. Hier wurde von nahezu allen befragten Personen die Selbst- und/ oder Fremdgefährdung angesprochen. Das heißt, zu einer akuten Einlieferung kommt es nur dann, wenn nach Einschätzung der in den Einrichtungen tätigen Professionellen eine Selbst- und/ oder Fremdgefährdung vorliegt. Hier passiert die Einweisung entweder über den Distriktsarzt mit Polizei und Rettung, oder aber, man kann das Kind oder den Jugendlichen dazu überreden, sich in psychiatrische Behandlung zu begeben. Obwohl durch die Dokumentenanalyse deutlich wurde, dass die Kinder und Jugendliche aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen signifikant häufiger aufgrund von Gewalttätigkeiten aufgenommen wurden, zeigte sich in Bezug auf die Aufnahme im geschützten Bereich keine Signifikanz. Das heißt, hier muss die Selbst- oder Fremdgefährdung von den Ärzten eindeutig anders beurteilt worden sein, als vom pädagogischen Personal. An dieser Stelle ist jedoch anzumerken, dass die meisten Kinder und Jugendlichen, die z.B. in den Einrichtungen einen Raptus haben bzw. gewalttätig werden, schon wieder ruhig sind, wenn sie auf die kinder- und jugendpsychiatrische Station kommen. Aufgrund dessen werden diese dann vielleicht nicht mehr als selbst- oder fremdgefährdet beurteilt. Oftmals handelt es sich hier um kurze Krisen, die vielleicht schon abgeklungen sind, wenn das Kind oder der Jugendliche auf der Station ankommt. Wenn es hier vielleicht die Möglichkeit und die Ressourcen innerhalb der Einrichtungen geben würde, damit umzugehen, würden ständige Überweisungen aufgrund von expansiven Krisen eventuell reduziert werden. Ein weiterer wichtiger Punkt in Bezug auf Gründe der Überweisung bezieht sich, wie bereits mehrmals erwähnt wurde, auf den Wunsch nach psychiatrischer Diagnostik und Abklärung. Hier zeigte sich aber durch die Dokumentenanalyse, dass Kinder und Jugendliche aus stationären 297 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Jugendwohlfahrtseinrichtungen weniger häufig mit der Bitte um Abklärung zur Aufnahme auf die kinder- und jugendpsychiatrische Station kommen. Es drängt sich die Frage auf, welche Rolle die entlastende Wirkung für die Wohngemeinschaften bei der Überweisung von einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt in die KJP spielt. 12.2.2.3.4 Umgang mit schwierigen Situationen Da durch die Dokumentenanalyse deutlich wurde, dass sehr viele Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen aufgrund von Gewalttätigkeiten und selbstverletzendem Verhalten zur Aufnahme in die KJP kommen, wurden diese Situationen als schwierige Situationen eingestuft und explizit danach gefragt, wie in den einzelnen Einrichtungen mit Gewalttätigkeiten und selbstverletzendem Verhalten umgegangen wird. In Bezug auf selbstverletzendes Verhalten gibt es in den einzelnen stationären Einrichtungen unterschiedliche Einstellungen und Positionen. Die einen, die versuchen dieses immer ernst zu nehmen und dementsprechend dann auch bei selbstverletzendem Verhalten, egal in welchem Ausmaß, alle Schritte durchlaufen. Das heißt, gleich zum Arzt oder ins Krankenhaus zu fahren und dann eventuell auch eine Einweisung ins LSF zu veranlassen. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 37 - 37 Code: Grenzfälle\Umgang mit selbstverletzendem Verhalten „Ja also da haben wir vor kurzem ein Mädel gehabt auch, da schaut man meistens, dass man großteils sich irgendetwas von außen auch bekommt. Sich die Sachen herzunehmen, die man braucht. Auf alle Fälle ist da immer ein Therapieweg zu suchen. Und es gibt schon viele Einweisungen. In Leoben war ein Mädchen auch, die sich ständig selbst geritzt hat eben mit Borderline. Da schaut man dann auch, dass man klar sagt, für uns ist die erste Anlaufstelle gleich das Krankenhaus ins LKH denke ich mir, sobald solche Vorfälle sind und die Kinder wissen das auch großteils, die kennen die Wege und das verhindert manchmal auch, und wenn es dann nicht geht, dann geht man eh ins Krankenhaus und dann kommt es dann meistens eh die Einweisung. Wenn eben so etwas ist, dann müssen wir uns rechtlich auch ein bisschen absichern in diese Richtung. Weil wenn da wirklich etwas ist…” Die andere Position sagt, dass selbstverletzendes Verhalten an sich noch kein Grund für eine Einweisung ins LSF ist und dieses auch mit pädagogischen Mitteln zu bearbeiten ist. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 124 - 124 Code: Grenzfälle\Umgang mit selbstverletzendem Verhalten „Ah, zum Beispiel Selbstverletzungen. Wenn sich jemand ritzt, muss er nicht ins LSF sondern da kann man mit anderen Methoden arbeiten. Erst wenn andere Dinge dazu kommen, oder wenn man merkt, o.k. da braucht's mehr, dass man dann erst geht, aber nicht das Ritzen an und für sich.“ 298 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Von vielen Einrichtungen wurde in Bezug auf selbstverletzendes Verhalten die Notwendigkeit einer engen Kooperation mit dem LSF betont. Vor allem durch das folgende Zitat wird aber auch deutlich, dass der Umgang mit selbstverletzendem Verhalten auch von der Erfahrung abhängt. In diesem Statement wird betont, dass vor allem in den ersten Jahren die Zusammenarbeit mit der KJP in Bezug auf selbstverletzendes Verhalten wichtig war, da man dadurch erfahren hat, wie in diesen Situationen umzugehen ist: Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 57 - 57 Code: Grenzfälle\Umgang mit selbstverletzendem Verhalten „Haben wir zur Zeit nicht wirklich als Thema in der WG, aber haben wir natürlich stark gehabt. Da war immer eine enge Kooperation mit dem LSF, also mit den zuständigen Therapeuten und Ärzten, die einfach die, bei uns ein klassisch weibliches Phänomen muss ich dazu sagen, deshalb die Jugendliche. Ah, da hat sich eine enge Zusammenarbeit ergeben, und da hat man genau geschaut, wie sollen wir damit umgehen, das war vor allem im ersten Jahr, da haben wir noch nicht so viel Erfahrung gehabt und da war einfach wichtig zu hören, okay vielleicht eben so oder so agieren, so oder so benehmen und wenn es wirklich ernst ist dann so und bis wann ist es ernst. Also da haben wir wirklich eng mit dem LSF auch zusammen gearbeitet.“ Auch durch ein weiteres Zitat aus einem Interview mit einer VertreterIn aus einer anderen Einrichtung wurde deutlich, dass der Umgang mit selbstverletzendem Verhalten von der Erfahrung abhängt. Dieses würde einen vielleicht am Anfang schockieren, aber mit der Erfahrung kann man dieses Verhalten auch differenzierter betrachten. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 54 - 54 Code: Grenzfälle\Umgang mit selbstverletzendem Verhalten „An sich sonst, ich meine klar, wenn Jugendliche ein massives autoaggressives Verhalten an den Tag legen. Das schockiert einen am Anfang, ja ein bisschen…ja aber mittlerweile denke ich mir, ja, wir sagen das auch ganz unemotional, wenn sie sich wirklich selbst gefährden, dann ist ganz klar, dass sie in die Klinik kommen, ganz klar, weil wir übernehmen keine Verantwortung und…können und dürfen wir nicht…und da brauchen wir gar nicht, da bin ich auch nicht beleidigt. Ich bin nur beleidigt, wenn es in meinem Dings da….das Blut (lacht). Da sage ich immer bitte nicht in meinem Ding…(lacht) ja, aber wir lassen uns nicht erpressen. Das versuchen immer wieder…also jetzt haben wir gerade wieder eine kleine da, die versucht hat sich…aber das ist…also sag ich jetzt einmal, wenn man noch nicht lange in dem Bereich arbeitet, dann ist man schockiert und so, aber wenn man länger, dann denkt man sich…das sind alles so Spielchen, die sie spielen. (…)” Der Umgang mit selbstverletzendem Verhalten ist in den einzelnen Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sehr unterschiedlich. Die einen versuchen alles ernst zu nehmen und die entsprechenden Schritte einzuleiten und die anderen, die versuchen dieses differenziert zu betrachten und selbstverletzendes Verhalten in einzelnen Fällen auch ignorieren. Klar ist jedoch, 299 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion dass die Erfahrung mit selbstverletzendem Verhalten eine Rolle spielt und Sicherheit im Umgang vermittelt. Auch Gewalttätigkeiten und aggressives Verhalten bereiten immer wieder Schwierigkeiten. Diesbezüglich wird die Kinder und Jugendpsychiatrie auch als Möglichkeit gesehen, mit diesen Situationen umzugehen und das Kind oder den Jugendlichen für eine Zeit lang von der Gruppe zu trennen. Viele Einrichtungen haben klare Regeln in Bezug auf Gewalt, die dann laut Aussagen der interviewten Personen auch Konsequenzen nach sich ziehen. Diese Konsequenzen reichen bis hin zu einer Suspendierung und dem Ausschluss aus der Einrichtung. In manchen Einrichtungen wurde auch explizit die Möglichkeit der Einweisung in die Kinder und Jugendpsychiatrie angesprochen. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 54 - 55 Code: Grenzfälle\Umgang mit Gewalttätigkeiten I: Wie wird so mit Gewalttätigkeiten umgegangen? „Ja, ahm, von unserer Seite her gibt es für körperliche Gewaltattacken oder für schwere körperliche Gewaltattacken gibt es ein Verwarnsystem, das heißt da gibt es einfach eine Verwarnung, ahm, von der anderen Seite her die Möglichkeit einer Anzeige über das Spital oder durch denjenigen den es selber betrifft, also das Opfer quasi. […]. Und für den Täter selber gibt es eben eine Verwarnung beziehungsweise auch die Möglichkeit der Suspendierung oder eben das LSF, dass man sie eben wirklich separiert für eine Zeit lang.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 35 - 35 Code: Grenzfälle\Umgang mit Gewalttätigkeiten „Ja, also es gibt grundsätzlich eine kurze Hausregel bei uns in der WG, die wird jedem Kind wenn es kommt auch schon vorgelegt und unterschrieben von dem Kind. Wo eben drinnen steht, dass Gewalt absolutes Tabu sein sollte bei uns in der WG. […] Wie gesagt, es gibt dann Konsequenzen. Ja, das ist an und für sich.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 82 - 82 Code: Grenzfälle\Umgang mit Gewalttätigkeiten „Gut, in dem, in dem extremen Fall ist das so, dass der Jugendliche suspendiert wird von uns, ah, wobei nicht einfach raus bei der Tür, sondern sehr viel im Vorlauf passiert ist. (…)“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 48 - 49 Code: Grenzfälle\Umgang mit Gewalttätigkeiten I: Wie wird mit Gewalttätigkeiten umgegangen? „Genau das gleiche, es gibt einen Rahmen, es gibt Verwarnungen, ah, bei einem körperlichen Übergriff auf einen Betreuer, oder, also sagen wir so einen schweren, nicht eine Rangelei oder so, ist sofortiger Ausschluss. Also wirklich bei massiver Gewalt ist sofortiger Ausschluss.“ 300 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Von einer Einrichtung, die weniger Kontakt zur KJP hatte, wurde sogar eine Situation angesprochen, in der die KJP, beziehungsweise der geschützte Bereich der Abteilung eine entlastende Wirkung in Bezug auf Gewalttätigkeiten für die Einrichtung hatte. In diesem Zusammenhang wurde jedoch auch angesprochen, dass Gewalttätigkeiten in diesem Bereich nahezu unvermeidbar sind und man sich auch ein Stück weit damit abfinden muss, dass diese dazu gehören, auch wenn das nicht bedeutet, dass man diese tolerieren muss. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 46 - 47 Code: Grenzfälle\Umgang mit Gewalttätigkeiten I: Wie wird mit Gewalttätigkeiten umgegangen? „Ja, letztens die J. habe ich ins LSF gebracht, das war aber eher, ein Stück weit auch als Sanktion gedacht und ich denke, das war aber auch hilfreich. Ah, sonst denke ich, Gewalt gehört ein Stück weit bei uns dazu, zum Berufsbild, ich denke das muss auch den Mitarbeitern klar sein. Ah, aber natürlich haben wir eine klare Haltung, Gewalt hat keinen Platz und trotzdem wissen wir, dass Gewalt eigentlich nicht vermeidbar ist.“ Die Tatsache, dass Gewalttätigkeiten in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt nicht vermeidbar sind, ist ein sehr wichtiger Punkt, der vor allem auch in den sozialpädagogischen Ausbildungen nicht ausgeklammert werden darf. An dieser Stelle ist zu betonen, dass diesbezüglich vor allem die Selbsterfahrung und Selbstreflexion vermehrt in die Ausbildungen miteinbezogen werden muss. Vor allem auch wichtig an dieser Stelle anzumerken ist, dass es bei einer Einlieferung wegen Gewalttätigkeiten auch um die persönlichen Grenzen der BetreuerInnen bzw. der Einrichtungen geht. So wie bei selbstverletzendem Verhalten auch halten einige Gewalttätigkeiten länger aus, und andere leiten sofort Schritte ein, die zu einer Einlieferung führen. Auch geht es wieder darum, ob man dieses Verhalten pathologisiert oder in einer gewissen Weise auch als normal ansieht. Dies wird auch durch das folgende Zitat deutlich. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 72 - 72 Code: Grenzfälle\Umgang mit Gewalttätigkeiten „…wobei wir eher sehr viel Gewalt aushalten eigentlich und nicht schnell einliefern, wegen Gewalttätigkeit. Das tun wir nicht. Also bei Selbstgefährdung ist es einfach total klar. Da kann ich einfach nicht den Schutz gewähren. Also bei Fremdgefährdung da sind wir jetzt ein bisschen vorsichtiger geworden. Da halten wir einiges aus und… ich meine da wäre es sinnvoller, sie anzuzeigen und zu sagen, ins Gefängnis, aber nicht ins psychiatrische Krankenhaus, weil das sind zwei verschiedene paar Schuhe. Also wir suspendieren die Jugendlichen dann in Fällen. Wir sagen, o.k. das ist zu massiv gewesen…jetzt gehst du einmal ins Schlupfhaus, oder wieder heim. Und überlegst die, ob du in der WG sein willst. Wenn du in der WG sein willst, musst du da einfach versuchen dich zusammen zu reißen. Das geht einfach nicht, das kann man nicht aushalten.” 301 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion In dieser Aussage wird auch wieder die Annahme deutlich, dass die Kinder und Jugendlichen freiwillig in einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt sind. Kritisch anzumerken ist jedoch, dass die Kinder und Jugendlichen in jedem Fall in irgendeiner Weise loyal zu ihren Eltern sind. Auch wenn es nicht offen ausgesprochen wird, aber welche Jugendliche möchte wirklich, egal was in der Vergangenheit auch vorgefallen sein mag, getrennt von den Eltern leben? Die Einstellung, dass ein Kind oder ein Jugendlicher zu Hause noch einmal nachdenken muss, ob er oder sie wirklich in der Einrichtung sein möchte, könnte in Fällen dazu führen, dass ein Kind oder ein(e) Jugendliche(r) erst recht das Problemverhalten zeigt, um nicht mehr in der Wohngemeinschaft sein zu müssen. Wenn man es differenziert betrachtet, könnte man zu dem Schluss gelangen, dass jede Fremdunterbringung in einer gewissen Weise auch einen Zwangskontext darstellt. Einerseits für die Eltern, da diesen das Kind „weggenommen“ wird und dieses wenn überhaupt, erst unter bestimmten Bedingungen wieder zurück nach Hause darf, und andererseits für die Kinder und Jugendlichen, für die die Trennung von zu Hause unter allen Umständen auch eine Belastung darstellt. In vielen Jugendwohlfahrtseinrichtungen wird der Zwangskontext, mit dem letztlich auch gearbeitet werden muss, jedoch völlig ausgeklammert und eine falsche Freiwilligkeit in den Vordergrund gerückt wird. Hier ist jedoch zu erwähnen, dass es schon Konzepte gibt, die den Zwangskontext in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt in die tägliche Arbeit mit einbeziehen. Auch eine der befragten Einrichtungen, jene, die im Erhebungszeitraum keinen Kontakt zur KJP hatte, arbeitet bereits nach einem speziellen Konzept, das den Zwangskontext berücksichtigt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass der Umgang mit schwierigen Situationen einerseits sehr individuell ist, andererseits aber Richtlinien in den einzelnen Einrichtungen vorhanden sind, die teilweise sehr radikal und klar sind. Wichtig ist diesbezüglich diese schwierigen Situationen vor allem auch in die Ausbildungen einfließen zu lassen, sodass Fachkräfte zu einem differenzierten und reflektierten Umgang befähigt werden. 12.2.2.3.5 Pinball Effekt Wie bereits im Literaturteil beschrieben, wird als Pinball Effekt die dauernde Überweisung von besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP bezeichnet. Diesbezüglich wurde den Befragten aus Einrichtungen mit häufigerem Kontakt die Frage gestellt was benötigt würde, um dieses zu verhindern. Jenen Einrichtungen mit eher weniger Kontakt wurde die Frage gestellt, warum ihrer Meinung nach manche Einrichtungen häufigeren Kontakt zur KJP haben und andere eher weniger. 302 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Diesbezüglich wurde vor allem von jenen Einrichtungen mit häufigerem Kontakt geäußert, dass ein Konsiliarpsychiater hilfreich wäre, um einige Einweisungen verhindern zu können. Klar ist, dass akute Krisen, vor allem wenn es um Selbstgefährdung geht, solange die strukturellen Voraussetzungen gleich bleiben, vielleicht trotzdem nicht in den einzelnen Einrichtungen abgefangen werden können. Dennoch könnten die Einweisungen nach den Einschätzungen der Professionellen minimiert werden, wie durch die folgenden Aussagen verdeutlicht werden soll. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 114 - 115 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt „Nein, das ist ganz wichtig. Also ich würde sagen, ich glaub, es wird immer welche geben, die es brauchen. Aber besser würde es durch einen Konsiliarpsychiater, dann wäre einmal das ambulante weg und wenn der wahrscheinlich öfter käme, dass wir vielleicht schon ein bisschen mehr stabilisieren, aber nicht alles. Also, ich bin mir sicher, dass ein paar trotzdem.” Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 94 - 95 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt I: Wie könnte ihrer Meinung nach die mehrmalige Überweisung von besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen zwischen ihrer Einrichtung und der KJP verhindert werden? „Ich glaube, dass dazu ein Konsiliararzt sehr wichtig wäre, um den wir uns auch bemühen und durch intensivere Betreuungsmöglichkeiten und durch mehr Kapazitäten.“ An dieser Stelle werden auch intensivere Betreuungsmöglichkeiten und mehr Kapazitäten als Aspekte beschrieben, die wiederholende Überweisungen minimieren könnten. Diesbezüglich wird noch ausführlich in Bezug auf die Ebene der Gesamtversorgung herausgestrichen, dass fehlende Ressourcen in den Einrichtungen dazu führen, dass die KJP für besonders schwierige Kinder und Jugendliche einspringen muss. Ebenfalls auf die Gesamtversorgung bezieht sich die Forderung nach einer psychiatrischen Wohngemeinschaft durch die laut Aussagen der Befragten vielleicht ebenfalls die wiederholende Überweisung minimiert werden könnte. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 87 - 88 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt I: Wie könnte man Ihrer Meinung nach die wiederholende Überweisung von besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen zwischen der WG und der der Klinik minimieren oder vermeiden? „Ich glaube, in der Steiermark fehlt so eine psychiatrische WG ganz klar, die für Borderliner, für wirklich aggressive Jugendliche offen ist. Es gibt einfach nur pädagogische WGs, sozialpädagogische die einfach einen vielleicht aufnehmen können und der zerlegt dann die WG oft und ist einfach nicht haltbar. Und es braucht einfach eine Zwischeneinrichtung, weil das LSF ist immer das letzte Stadium und dazwischen sollte es einfach eine psychiatrische WG geben, ganz klar.“ 303 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Von einer Befragten wurde der Pinball- Effekt sehr gut anhand eines Beispiels illustriert. In diesem Fall wurde eine kurzzeitige Auszeit in der KJP als sehr hilfreich empfunden. Grundlegend ist jedoch zu erwähnen, dass es in diesem Fall immer klar war, dass die Jugendliche auch von der Einrichtung weiter betreut wird. Probleme in der Kooperation entstehen vor allem dann, wenn eine Einrichtung das Gefühl hat, für die andere einspringen zu müssen, weil diese an ihre Grenzen gelangt und dieses nicht offen angesprochen wird. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 68 - 69 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt „Ja, wir haben speziell eine gehabt das war die B., die ist schon immer wieder an die Grenzen gegangen ist und da war dann die Hilfe wirklich das LSF. Also immer wenn es gar nicht mehr gegangen ist, dann ist sie für eine Nacht runter, sie hat das ihre Auszeit genannt, wir auch. Aber es war eben auch eine Hilfe damit sie wieder ihre Grenze merkt. Das war sehr hilfreich. Und ich hab irgendwann gesagt, es sollte immer zwei Nächte sein, weil sie ist sonst zu verwirrt. Wenn sie am Abend hinunter und in der Früh wieder rauf also das war zu verwirrend, und das war das Optimale. Und ich glaub das hat ganz viel mitgeholfen, dass die B. immer stabiler geworden ist. Zwar auch mit Höhen und Tiefen, aber im Grunde doch stabiler geworden ist und vor allem auch Zugang zu ihren Gefühlen schön langsam gekriegt hat. Und da haben wir auch die S. bei uns da, die war jetzt schon länger nicht mehr, aber die wird auch, jetzt wieder einmal ambulant hingehen. Weil es ja doch nicht alles so passt, aber das ist so die letzte Hilfe.“ Ebenfalls angesprochen wurde eine genaue psychiatrische Diagnostik, durch die nach Angaben der Fachleute eine wiederholende Überweisung reduziert werden könnte. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 91 - 92 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt I: Es gibt ja immer wieder Fälle, die zwischen den WGs und der KJP hin und her überwiesen werden. Wie glauben Sie kann das verhindert oder minimiert werden? „Ah, durch genaues Hinschauen, durch genauere Diagnosen, was oft schwierig ist für die, für die Ärzte, sag ich einmal, dass die sich wirklich festlegen wollen, gerade im psychischen Bereich ist es schwierig, weil man dadurch halt viel Verantwortung auch übernimmt. Verstehe ich schon. Ein Diagnostiksystem, das vielleicht ein bisschen fein…feinmaschiger gewebt ist würde da sicher helfen.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 97 - 97 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt „Also bei akuten Krisen das kann man eh nicht ausschließen, also ich denke mir, da muss es eh dann geschwind gehen. Meine Vision, wäre halt nur möglicherweise, wenn der Jugendliche schon stationär ist, dass man ihn dann länger und genauer anschaut. Also wir haben es oft erlebt, dass wir wirklich, ehm, eine Jugendliche in einem akuten Krisenfall einweisen haben lassen müssen und sie war 3 Tage später wieder bei uns. Wo ich einfach finde, dass das nicht sinnvoll ist. Also ich glaube, wenn es wirklich konkret auch um eine neuerliche Abklärung gehen soll zur Stabilisierung, dass der Jugendliche auch wirklich herunter kommt, dann sind drei Tage meiner Meinung nach 304 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion einfach zu wenig. Und dann ist er wieder in dem Umfeld, wo es vorher einfach, ahm, wirklich einen akuten Fall gegeben hat. Also ich glaube, dass man möglicherweise dieses viele hin- und her schupfen durch eine längerfristige, gescheitere Abklärung einmal verhindern könnte, möglicherweise.“ Hierzu ist angemerkt, was bereits im Kapitel Umgang mit psychiatrischen Diagnosen beschrieben wurde, dass die Forderung nach einer ausführlichen psychiatrischen Diagnostik nur dann sinnvoll erscheint, wenn diese auch in die pädagogische Arbeit mit einbezogen wird. Dies ist in einigen Einrichtungen auch der Fall, wie durch das folgende Statement deutlich wird. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 72 - 72 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt „Wir schauen eigentlich soweit eh, dass es verhindert ist, dass man den Kindern viele Angebote gibt auch in der näheren Umgebung, Therapie in Anspruch nimmt auch, wie gesagt die Betreuer auf dem seine Bedürfnisse hin auch ein bisschen arbeiten, auch das Wissen einholt und eben auch Fortbildungen macht. Ah, man schaut großteils eh, wenn es Akutsituationen sind nur, dass sie runter kommen, das ganze verhindern… Ich denke mir, also ich weiß nicht ob es sich wirklich verhindern lasst, ich glaube es nicht.“ Wichtig zu berücksichtigen ist auch, dass wir es hier mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, die nicht nur die Einrichtungen an ihre Grenzen bringen können, sondern die vielleicht auch ganz bewusst herbeiführen wollen, dass sie in eine andere Einrichtung kommen. Dies muss immer auch mit einbezogen werden. Durch das folgende Zitat wird deutlich, dass der Austausch mit PsychiaterInnen ein sehr wichtiger Bestandteil in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen ist, es jedoch nicht notwendigerweise immer die Psychiatrie notwendig sein muss, wenn man sich als Einrichtung bzw. auch als Professioneller den Umgang mit z.B. selbstverletzendem Verhalten zutraut. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 124 - 124 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt „[…] Dann ein anderer Punkt ist für mich, gewisse Jugendliche brauchen die Psychiatrie nicht, wenn ah, von Seiten der Pädagogik mehr darauf reagiert wird. Ah, zum Beispiel Selbstverletzungen. Wenn sich jemand ritzt, muss er nicht ins LSF sondern da kann man mit anderen Methoden arbeiten. Erst wenn andere Dinge dazu kommen, oder wenn man merkt, o.k. da braucht's mehr, dass man dann erst geht, aber nicht das Ritzen an und für sich. Das ist so das eine. Und wichtig ist für mich immer der Austausch, wenn der Jugendliche in Behandlung geht und dann kann es durchaus dann die Vereinbarungen geben, wenn der Jugendliche über andere Kanäle dort auftaucht, zum Beispiel ritzen, wenn man nicht mehr so darauf einsteigt, dann geht man halt zum Arzt, der Arzt verweist ins andere Krankenhaus, das andere Krankenhaus sieht Selbstverletzung psychiatrisch- kommt dann auf die Psychiatrie und, ah, wenn man mit der Psychiatrie die Vereinbarung hat, wenn nur dieses vorliegt bitte gleich wieder retour in die WG, dann kann man sehr viel verhindern. Das andere ist, dass Jugendliche durchaus öfter Krisen haben können, vor allem wenn es dann um Eigen- und Fremdgefährdung geht, wo einfach, ah, eine ärztliche 305 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Entscheidung gebraucht wird, ob ein Jugendlicher aufgenommen wird, oder nicht. Und manchmal auch dankenswerter Weise das LSF dann einspringt für vier, fünf Wochen, bis andere Hilfen organisiert sind, ah, dass der Jugendliche auch einmal weiter kann.“ Vor allem von jenen Einrichtungen mit weniger Kontakt zur KJP wurde angesprochen, dass der Pinball Effekt dadurch minimiert werden könnte, dass sich die Einrichtungen selbst mehr zutrauen und die Verantwortung für die in ihrer Obhut befindlichen Kinder und Jugendlichen übernehmen. Ein weiterer wichtiger Punkt bezieht sich darauf Grenzen zu reflektieren und sich einzugestehen, wenn man auch als Professioneller an seine Grenzen stößt. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 72 - 73 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt I: Es gibt immer wieder Kinder und Jugendliche, die immer wieder von den WGs und dem LSF hin und her überwiesen werden, wie könnte das aus deiner Erfahrung verhindert oder minimiert werden? „Ah, ich weiß es nicht, vielleicht indem man selbst sich mehr zutraut, ah, nicht so sehr immer nach Hilfen von außen ruft, indem man auch mehr aushaltet und indem man vielleicht mehr nach dem Sinn des Verhaltens der Kinder oft nachfragt, als das Verhalten selbst als Symptom zu sehen, dass dann nachher eine psychiatrische Behandlung zur Folge hat.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 93 - 94 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt I: Und was glauben Sie was die Gründe sind, dass das in manchen WGs häufiger und in anderen nicht so häufig passiert? „Da kann ich nur Vermutungen anstellen. Ahm…durch vielleicht Verantwortung nicht übernehmen wollen, durch nicht wissen wohin und sich nicht sagen trauen, so eigentlich stehe ich vor einer Wand…aber….dann tu ich ihn halt runter und dann kommt er wieder zurück und dann probieren und probieren ohne einer klaren Zielsetzung oder Planung bzw. ja. Bei uns ist es so, falls jemand noch einmal stationär eingewiesen werden muss, wird ein ganz ein klares Team einmal…im Team besprochen, was ist jetzt Sache, weil es geht auf Kosten des Jugendlichen, nicht auf Kosten der Institutionen, was es wahrscheinlich optimieren würde, wenn die Institution davon irgendwie abhängiger wäre und da muss man genauer hinschauen, weil es ist ein, es ist ein, ein lebender Mensch und da kann man nicht einfach ihn als Spielball nehmen.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 86 - 86 Code: Grenzfälle\Pinball-Effekt „[…] Aber was ich glaub, was das Problem dran ist, ist die Hilflosigkeit der helfenden, im Fall, wo der Jugendliche die Konsequenzen draus tragen muss, weil der Helfer, jetzt ob es, der Helfer ob es jetzt die Eltern sind, ob es wir als Sozialpädagogen sind, ob es die Ärzte im LSF sind, weil die Helfer, und ich glaub das ist was ganz normales, ihre Grenzen nicht eingestehen bzw., ah, nicht sagen wollen irgendwie, wir wissen nicht weiter, weil in dem Moment, wo man, wo man die Hilflosigkeit auch erkennt, auch wiederum leichter man Hilfe finden kann. Also ich glaube, ich glaube sehr stark, dass es eben einige Jugendliche gibt, nicht so wenige, die uns sehr gut an uns… uns auch unsere Grenzen zeigen und wir sollen dann so offen und ehrlich sein und das reflektieren können, auch an unseren Grenzen zu stehen und die auch nach außen tragen zu können und dem Jugendlichen wiederum Hilfe anbieten zu können.“ 306 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass in Bezug auf den Pinball Effekt von den Befragten einerseits Aspekte geäußert wurden welche die Gesamtversorgung betreffen. Hier würden die Einführung eines Konsiliarpsychiaters für stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sowie eine psychiatrische Wohngemeinschaft eine Minimierung der wiederholenden Überweisungen herbeiführen. Auch die Forderung nach ausführlicher psychiatrischer Diagnostik wurde in einzelnen Interviews geäußert. Vor allem jedoch wurde auch in diesem Punkt deutlich, dass es wichtig ist, dass sich PädagogInnen den Umgang mit diesen schwierigen Kindern und Jugendlichen zutrauen und diese besonders durch schwierige Situationen begleiten. Nicht zu vernachlässigen ist allerdings, dass wir es hier mit Individuen zu tun haben, die Überweisungen eventuell auch bewusst herbeiführen. An dieser Stelle gilt es immer gemeinsam mit behandelnden ÄrztInnen und PsychologInnen abzuwägen inwieweit eine psychiatrische Behandlung notwendig und für das einzelne Kind oder den einzelnen Jugendlichen auch sinnvoll ist. 12.2.2.4 Geschlossene Unterbringung Ein weiterer Punkt in den Interviews war die geschlossene Unterbringung. Hier sollte vor allem herausgefunden werden, inwieweit die Möglichkeit der geschlossenen Unterbringung in der KJP eine Rolle bei der Einweisung spielt und wie die Professionellen gegenüber geschlossener Unterbringung in Jugendwohlfahrtseinrichtungen eingestellt sind. An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass die Diskussion um geschlossene Unterbringung in Heimen in den letzten Jahren in Österreich sehr verstummt ist. Es scheint in Fachkreisen verpönt zu sein, wenn man diese unter bestimmten Umständen befürworten würde. Dieser Umstand muss bei der Analyse der Interviews berücksichtigt werden. Die öffentlich konträre Diskussion um geschlossene Unterbringung in Jugendwohlfahrtseinrichtungen spiegelt sich in den Interviews wieder. Einige der befragten Fachleute lehnen diese kategorisch ab und meinen, die geschlossene Unterbringung sollte ausschließlich der Psychiatrie vorbehalten bleiben. Wie durch die folgenden Passagen deutlich wird. 307 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 137 - 146 Code: geschlossene Unterbringung “ (…)Ich würde eher sagen, man bräuchte…nein braucht es nicht. Also im psychisch auffälligen Bereich wäre für mich ganz klar die Psychiatrie zuständig.“ I: Aber gibt es nicht manchmal so Krisen, wo du dir wünschen würdest, oder vorstellen könntest, manchmal auch die Türe zusperren zu dürfen? „ Diese Krisen gibt's, also wo ich mir wünsche, dass ich eine Türe hab zum Zusperren, oder wo andere Gefühle auch da sind, wo ich mir denke, am liebsten würde ich jetzt einmal mit der Hand ausfahren, aber das ist nur der Impuls und das wird nicht durchgeführt. Das sind für mich andere Botschaften, mit denen ich eher arbeiten kann und deswegen brauche ich keine Einrichtung, wo ich die Türe zusperren kann.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 125 - 125 Code: geschlossene Unterbringung „Ach das ist schwierig, Hm. Also als Psychotherapeutin hoffe ich, dass es kaum wer braucht. Andererseits aber gibt's Momente, wo Jugendliche wirklich das brauchen, dass jemand neben ihnen sitzt und manche brauchen dann auch die Geschlossene. Aus meiner Erfahrung. Ich bin dagegen, dass das in stationären Einrichtungen wie Heimen oder Wohngruppen passiert, ich finde das sollte wirklich der Psychiatrie vorbehalten bleiben. Und dass es eben wirklich in Ausnahmefällen dazu kommt.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 132 - 133 Code: geschlossene Unterbringung I: Also so geschlossene Unterbringung in Heimen würdest du nicht befürworten? „Nein, also das macht auch keinen Sinn. Also bei Kindern und Jugendlichen…ich halte nichts davon, irgendwelche Menschen wegzusperren, von der Gesellschaft…also wir… dauerhaft, das heißt als Ersatz fürs Leben oder so.“ Andere wiederum würden auch einen Bedarf innerhalb der Jugendwohlfahrt erkennen und unter bestimmten Umständen, auf der Basis eines klaren Konzepts, eine kurzzeitige geschlossene Unterbringung befürworten. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 96 - 97 Code: geschlossene Unterbringung „Wie gesagt, ich kann mich da schon teilweise anfreunden, nur muss ein ganz ein gutes Konzept dahinter stehen und es muss auch Personal mäßig auch gut abgedeckt sein.“ Umstände, unter denen eine geschlossene Unterbringung Sinn machen würde, sind laut den Professionellen, akute Drogensucht, Delinquenz, Aggressivität u.s.w. wie in den folgenden Interviews deutlich wird. 308 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 100 - 101 Code: geschlossene Unterbringung „ Verschiedene Sachen, also ich kann mir da vorstellen, grad in der Drogenthematik einmal, wegzukommen, von dem Umfeld, von dem Alltag, die der Jugendliche sich aufbaut, einfach um einmal abschalten zu können. Teilweise eben auch Jugendlichen, die stark so in Peergroups drinnen sind, wo auch Kriminalität drinnen ist, müssen aber nicht Drogen sein, also auch so die notorischen Diebstahl und Aggressivitäten. Also auch bei starker Aggressivität dahinter, einfach um eine Möglichkeit zu haben, den Jugendlichen einmal zur Ruhe zu bringen ohne dass er gleich wieder abhauen kann und zwei Tage später von der Polizei wieder irgendwohin gebracht wird.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 107 - 108 Code: geschlossene Unterbringung „Ja, bei, als Deeskalationsprogramm, also es muss ja nicht für lange Zeit sein, sondern für kurze Zeit, dass man einmal sagt, okay du kommst da nicht hinaus, bis du dich einmal beruhigst, bleibst du jetzt einmal da herinnen. Halt ihm auch nicht die Möglichkeit gibt, auszubrechen, weil es gibt sehr viele Menschen, die halt gern weglaufen vor den Problemen…und da muss man halt damit man ihn halten kann, kurzzeitig dieses weglaufen verwehren, sag ich. […]“ Eine interviewte Person sprach auch davon, dass sich ihre Einstellung im Laufe der Zeit mit der Erfahrung diesbezüglich sehr verändert hat. Von einer radikalen Einstellung gegen geschlossene Unterbringung hat diese interviewte Person in der Zwischenzeit erkannt, dass es für manche Krisen vielleicht gar keine andere Lösung gibt. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 94 - 94 Code: geschlossene Unterbringung „Das ist eine schwierige Geschichte. Wenn man ein bisschen die Geschichte beobachtet, nicht, wie in der Verzweiflung die Erwachsenen Alternativen suchen, wie man so Problemen Herr werden kann, ah, ist es sehr schwierig, weil man natürlich seine prinzipiellen Anschauungen hat, oder gehabt hat, nicht, wo man glaubt irgendwie, das ist auch nicht das Ziel der Sache…und wenn man von frühester Jugend schon so Filme wie „Einer flog übers Kuckucksnest", da ist es das schlimmste was es in der Weltgeschichte, ah, gibt, irgendwie sieht und sich zum Leitbild macht, und dann trotzdem wieder erkennt, in der, in der konkreten Arbeit, ah, dass es Situationen gibt, wo es, wo es ohne geschlossene Einrichtung nicht geht. Jetzt sagen wir einmal zumindest jetzt in der, in der Psychiatrie. Ob es bei uns zielführend ist, kann ich noch nicht sagen, oder ist sehr schwierig, weil das ist wirklich, unter gewissen Voraussetzungen, unter einem gewissen Team, und auch wirklich einem sehr guten Team, das sehr viele Bereiche abdecken kann, und, und, und, und…kann es vielleicht schon sein. Jetzt ist eine Jugendliche gekommen, den wir entlassen haben müssen, weil es einfach nicht mehr gegangen ist, die dann lange in der Szene gelebt hat und, und, und…viel kriminelle Delikte waren bei uns und nachher auch noch. Die ist dann nach einem Jahr wieder erschienen, hat auch recht sauber ausgeschaut und alles und ist auf Besuch gekommen und hat gesagt: „ja, ich war jetzt zwei Monate im Gefängnis und das war ihre Therapie. Also ihr geht es jetzt wieder besser und so und gleich so als zweiten Satz hat sie gesagt: „Warum habt ihr mich nicht eingesperrt?" Und ich hab ihr nur so ad hoc als Antwort gegeben: „Hätt ich eh gerne, wenn ich dürfen hätte". 309 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion In diesem Statement ist auch die Hilflosigkeit und Verzweiflung; mit der Fachkräfte in diesem Bereich konfrontiert sind, zu erkennen. Der Betreuer spricht von einer Jugendlichen, die aus der Einrichtung entlassen werden musste, und in ihm insgeheim den Wunsch nach einer geschlossenen Unterbringung geweckt hat, weil man für diese sonst keinen anderen Weg gesehen hat. Wenn man nur bei dem Beispiel dieser einen Jugendlichen bleibt, drängt sich einem doch die Frage auf, ob die Möglichkeit einer geschlossenen Unterbringung innerhalb einer Jugendwohlfahrtseinrichtung eventuell einen Gefängnisaufenthalt verhindert hätte. An dieser Stelle taucht man jedoch bereits sehr tief in eine ethische Diskussion ein. Diese Jugendliche hätte zur damaligen Zeit wohl kaum einer geschlossenen Unterbringung zugestimmt. Ist es legitim, jemanden einzusperren, weil wir als Professionelle vielleicht sehen, wie der weitere Weg verlaufen wird, und diese Person davor bewahren wollen? Müssen wir diesen Kindern und Jugendlichen nicht die freie Entscheidung lassen, sich eventuell auch für die Delinquenz zu entscheiden? Als Antwort auf diese Fragen, muss meiner Meinung nach eine Gegenfrage erlaubt sein. Können diese Kinder und Jugendlichen wirklich schon die Tragweite dieser Entscheidungen abschätzen? Für manche Kinder und Jugendlichen ist eine geschlossene Unterbringung unter bestimmten Voraussetzungen vielleicht die einzige Chance, wie auch einige Befragte feststellen: Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 82 - 85 Code: geschlossene Unterbringung „Ja, wird es auch sehr stark diskutiert gell. Also ich denke bei Jugendlichen und Kindern, die sehr straffällig werden, ist es vielleicht eine frühzeitige Chance, die Kinder überhaupt noch zu erreichen. Die sonst nirgends bleiben und delinquent werden, und irgendwie ihr eigenes Leben hinunterschütten.“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 99 - 101 Code: geschlossene Unterbringung I: Was halten sie von geschlossener Unterbringung in Heimen oder stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen? „ Ganz wichtig, leider ist es nicht möglich. Weil es einfach bei gewissen Jugendlichen nur so möglich ist, dass man sie pädagogisch betreuen kann, wie Borderliner, wie Jugendliche, die immer abhauen, die nicht greifbar sind, wo die Schritte ganz klar sind, es gibt keine Unterbringungsmöglichkeit, sprich Drogen“… Grundsätzlich kann anhand der Interviews erkannt werden, dass generell sehr vorsichtig auf die Thematik der geschlossenen Unterbringung geantwortet wird. Einige vertreten ganz klar die Position dass eine geschlossene Unterbringung im Jugendwohlfahrtsbereich nicht legitim ist, während andere eine geschlossene Unterbringung unter gewissen Umständen als einzige Lösung für manche Jugendlichen, vor allem in Krisensituationen sehen. 310 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion In einem Interview kommt sogar klar heraus, dass die Möglichkeit der kurzzeitigen geschlossenen Unterbringung in der KJP als Entlastung empfunden wurde und auch ein Grund für die Überweisung war. Konkret heißt es: Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 57 - 57 Code: geschlossene Unterbringung „Im Fall von der J. da hab ich es total geschätzt, dass ihr auch diese Alternativvariante in Erwägung gezogen habt. In den geschützten Bereich und dann gleich wieder zurück und nicht irgendwie einen langfristigen Prozess loszutreten, da war ich sehr dankbar dafür und ich denke da könnte ich mir eine Zusammenarbeit sehr gut vorstellen…“ In diesem konkreten Fall war es wirklich so, dass die Jugendliche sehr aggressiv war und in der Wohngemeinschaft mit Steinen auf die Betreuer geworfen hat und dann für eine Nacht im geschützten Bereich der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung untergebracht wurde, bevor sie am nächsten Tag von den Betreuern wieder abgeholt und zur Schule gebracht wurde. In diesem Fall steht es außer Frage, dass eine Fremdgefährdung vorlag, dennoch ist nicht ganz klar, ob hier der geschützte Bereich der Psychiatrie nicht auch in einer gewissen Weise missbraucht wurde. Pointiert formuliert könnte man vielleicht sagen, nachdem stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt auch in Akutsituationen nicht die Möglichkeit haben, kurzzeitig die Türe zuzusperren, haben sie in solchen Situationen gar keine andere Wahl als die Kinder und Jugendlichen, in die KJP einzuweisen, obwohl sie vielleicht gar keine umfassende stationäre psychiatrische Behandlung brauchen. So kommt es manchmal zu den hier beschriebenen Zwischenlösungen. Erstaunlicherweise war die geschlossene Unterbringung kein Tabu- Thema in den Interviews. Viele der befragten Personen sprachen ganz offen und ehrlich über ihre Einstellung und scheuten sich nicht davor, eine geschlossene Unterbringung unter gewissen Umständen, die auch beschrieben wurden, gut zu heißen. 311 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.2.2.5 Ausbildung/ Weiterbildung Nachdem es im Bereich der Sozialpädagogik unterschiedliche Ausbildungen gibt, besteht das vordergründige Interesse einerseits darin, konkret herauszufiltern, welche Ausbildungen die in Jugendwohlfahrtseinrichtungen Tätigen tatsächlich absolviert haben und inwieweit sie sich für ihre momentane Tätigkeit dadurch vorbereitet fühlen. Wie bereits angenommen, haben die befragten Personen sehr unterschiedliche Grundausbildungen. Die unterschiedlichen Ausbildungen der Befragten sollen an dieser Stelle aufgezählt werden: o AHS- LehrerInnenausbildung o Psychotherapieausbildung o klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie, Psychologie o Behindertenpädagogik o Jugendarbeiter-Ausbildung o Jugendsozialarbeiter Ausbildung (FH) o Soziologie o Sozialarbeit o Kolleg für Sozialpädagogik o nicht abgeschlossenes Pädagogikstudium Schon alleine anhand dieser Aufzählung lässt sich gut erkennen, wie uneinheitlich die Ausbildungen der in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen Tätigen sind. Schon alleine hier haben die 14 Befragten Ausbildungen in 9 bzw. 10 unterschiedlichen Bereichen. Auch in den unterschiedlichen Teams sind die pädagogischen Ausbildungen sehr divers wie durch die Interviews immer wieder deutlich wurde. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 21 - 23 Code: Einrichtung\Team „Ja das sind Sozialpädagogen. Nein stimmt nicht, die arbeiten alle als Sozialpädagogen aber es haben alle unterschiedliche Quellenberufe. Einer ist Sozialarbeiter also der hat FH Sozialwesen, dann eine Psychologin, dann eine ist, also hat für zwei Jahre den Sozialpädagogen gemacht, da- ich weiß gar nicht wo das ist in Graz. Und eine hat Pädagogik studiert. So sind die Sozialpädagogen zusammen gemischt.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 29 - 30 Code: Einrichtung\Team „Ahm, einer ist…hauptsächlich SozialpädagogInnen, dann Sport- und Freizeitpädagoge. Dann eine Lehrerin im Bereich Sonderpädagogik…ahm, dann Studium der Pädagogik. Ja. Und ah, Arbeitsund Berufsbegleiter und alle haben dann noch Zusatzausbildungen.“ 312 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 24 - 25 Code: Einrichtung\Team „Wir haben ganz bunt gemischt, einen Theologen zum Beispiel, dann eine Sozialpädagogin, eine Kindergartenpädagogin, ein Lehrer- Hauptschullehrer und ein Kollege ist- studiert Pädagogik noch und hat noch nicht abgeschlossen.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 27 - 27 Code: Einrichtung\Team „Das reicht eben vom Pädagogikstudium bis zu, bis zu dem Kolleg. Sag ich einmal ist so die beliebteste Ausbildungsgattung, die 2 Jahre Kolleg.“ Die Fülle unterschiedlicher Ausbildungen im pädagogischen Bereich, die letztlich zusammen mit denselben Kindern und Jugendlichen arbeiten, kann einerseits sehr bereichernd sein, weil daher nicht nur durch die Unterschiedlichkeiten der Persönlichkeiten unterschiedliche Sichtweisen eingebracht werden. Andererseits können die diversen Ausbildungen es auch erschweren einen gemeinsamen Nenner zu finden, wie in einem Interview erwähnt wurde. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 19 - 20 Code: Einrichtung\Team „(…) wir haben andere Ausbildungen alle miteinander, also es ist oft sehr schwierig, eine gemeinsame Wirklichkeit zu finden.“ Für die Kooperation mit der KJP heißt dies, dass hier sicher auch ein unterschiedlicher Wissensstand in Bezug auf psychische Krankheiten und den pädagogischen Umgang mit bestimmten Symptomen bestehen. Die KJP kann also nicht selbstverständlich davon ausgehen, dass Professionelle aufgrund ihrer Ausbildung ein Grundverständnis psychischer Störungen mitbringen. Dieser Thematik ist im späteren Verlauf der Arbeit ein eigener Abschnitt gewidmet. Für die Planung der unterschiedlichen Ausbildungen ergibt sich, dass es letztlich einen kleinen gemeinsamen Nenner geben muss, da alle mit der gleichen Klientel arbeiten. In Bezug auf diese unterschiedlichen Ausbildungsbereiche, zeigt sich noch von Interesse, inwieweit sich die Befragten durch die Ausbildung auf ihre Tätigkeit vorbereitet fühlen. Vor allem im Zusammenhang mit Grenzfällen zwischen KJP und stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen erscheint es als wichtig, inwieweit die befragten Personen in der Ausbildung mit psychiatrischen Krankheitsbildern konfrontiert wurden. Der Großteil der Befragten gibt an, psychiatrische Krankheitsbilder zumindest in der Ausbildung einmal durchgenommen zu haben. Bis auf jene, die im Bereich der Kindergartenpädagogik ausgebildet wurden haben alle zumindest in Grundzügen über einzelne psychiatrische Krankheitsbilder einmal gehört. 313 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 150 - 150 Code: Person\Ausbildung „In Grundzügen Informationen über gewisse Krankheitsbilder, um unterscheiden zu können eine Neurose von einer Psychose. Also so, aber wirklich nur Basiswissen, dass ich ungefähr eine Ahnung hab, wenn jemand einmal so eine Diagnose hat, o.k. was ist das überhaupt. Aber nur Grund- und basic, nichts Spezielles.” Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 111 - 112 Code: Person\Ausbildung I: Und inwieweit sind Sie in Ihrer Ausbildung auch mit psychiatrischen Krankheitsbildern konfrontiert worden? „Mit relativ wenigen, aber durchaus, weil es ja auch ein Teil unserer Arbeit ist. Das Nachschlagewerk ICD10 und das DSM IV ist uns schon geläufig gemacht worden, also da haben wir uns schon damit auseinander gesetzt, mit dem MAS genauso, was ich für ein gutes diagnostisches System halte, da halt viele Komponenten, da wir ja sehr vielschichtig sind, und Menschen auf sehr viele Komponenten eingegrenzt werden und da ein klareres Bild raus kommt.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 114 - 115 Code: Person\Ausbildung I: Inwieweit sind Sie in Ihrer Ausbildung mit psychiatrischen Krankheitsbildern konfrontiert worden? „Sehr gut, also wir haben Psychiatrie, haben wir, ahm, Vorlesungen gehabt auf der Sozialakademie und also in der Theorie mit psychiatrischen Krankheitsbildern bin ich sehr gut vorbereitet worden.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 89 - 89 Code: Person\Ausbildung „In der Ausbildung selbst ist eigentlich jedes Bild einmal ein Schwerpunkt gewesen und durchgenommen worden innerhalb von eineinhalb Jahren. Da hat es einmal eine Erklärung gegeben nur wie gesagt ist das dann praktisch überhaupt nicht- ist wieder komplett was anderes. […].” Einige der Befragten fühlen sich durch die Ausbildung nicht ausreichend für die praktische Arbeit, besonders für die Arbeit mit schwierigen Kindern und Jugendlichen vorbereitet. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 148 - 148 Code: Person\Ausbildung „Von meiner Ausbildung her bin ich im Bereich für Menschen mit Behinderungen ausgebildet, das heißt so vom Ansatz her ein sehr guter im sozialpädagogischen Bereich, weil sehr viel Ressourcenarbeit auch drinnen ist. Auf jetzt Jugendliche, die öfter in so massiver Weise reagieren, nicht vorbereitet. Wobei meine Ausbildung schon, der Abschluss 8 Jahre zurück liegt. Ich hoffe, dass sich in der Zwischenzeit auch etwas getan hat.“ 314 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 105 - 106 Code: Person\Ausbildung I: Wenn sie so an ihre Ausbildung zurück denken, inwieweit sind sie da auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern oder Situationen vorbereitet worden? „[lacht]. Gar nicht. Ich denke mir es ist berufsvorbereitend. Ich hab schon eine Ahnung davon gehabt, was da auf einen zukommt. Eine Ahnung und auch Diskussionen und so.” Die meisten jedoch fühlen sich theoretisch zwar vorbereitet, befinden aber, dass man sich in der Theorie nie so gut vorbereiten kann, wie es schließlich die Praxis dann erfordert. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 112 - 113 Code: Person\Ausbildung „Also ich persönlich finde, man kann sich gar nie wirklich gut vorbereiten auf diese Praxis. Also ich muss sagen, ich habe von der Theorie her sicher eine sehr umfangreiche Ausbildung gekriegt. Aber wirklich lernen tust du nur in der Praxis meiner Meinung nach, das heißt ich habe eine Ahnung, aber wie du dann wirklich mit Jugendlichen, wenn sie dann vor dir stehen, wirklich umgehst, kann in keinem Buch stehen. Und vor allem in unserem Bereich, wo einfach die Beziehung eine so große Rolle spielt. Das heißt, ja, es steht ja auch nirgends, wie gut du den Jugendlichen dann zu dem Zeitpunkt kennen wirst, wenn er dann gerade einen suizidalen Anfall hat. Das heißt, es ist…….ja.” Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 86 - 86 Code: Person\Ausbildung „Ja, von der Ausbildung her theoretisch. Also man hat schon in der Ausbildung viel theoretische Ansätze die dann im Team, wo jeder im Team seine Ansätze hat, wo man dann schaut, wie man das umsetzen kann, bei welchem Kind das wirklich dann auch eine Wirkung hat.So schon theoretisch habe ich einiges mitbekommen, das Praktische ist halt dann interessanter.“ Jene Befragten allerdings, die 2 Personen, die über eine psychotherapeutische Zusatzausbildung verfügen, fühlen sich noch eher auch auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen, vor allem auch durch die Praktika, ausreichend vorbereitet, wie durch die folgenden Statements deutlich gemacht werden kann. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 134 - 135 Code: Person\Ausbildung I: Wenn Sie so an Ihre Ausbildung zurück denken, inwieweit sind Sie da auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen vorbereitet worden? „Ja, ich habe fünf Jahre während der Ausbildung als Psychotherapeutin und vorher als Praktikantin schon gearbeitet. Also dort bin ich schon vorbereitet worden.“ 315 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 104 - 106 Code: Person\Ausbildung I: Wenn Sie an Ire Ausbildung zurück denken, inwieweit wurden Se auf den Umgang mit besonders schwierigen Jugendlichen vorbereitet? „Ja, das ist schon lange her. Ich habe da schon Professoren gehabt wie die Frau Prof. Blöschl oder auch die Schenk-Danzinger, die haben sehr viel Erfahrung weitergegeben. Viel hab ich auch von der Verhaltenstherapie profitiert- im speziellen, wie man Verhalten verändern kann. Speziell zum Umgang bin ich durch die Ausbildung nicht vorbereitet worden.“ Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die meisten der befragten Personen in der Ausbildung bereits mit psychiatrischen Krankheitsbildern konfrontiert wurden. Auf den Umgang mit schwierigen Kindern und Jugendlichen fühlen sich viele zwar theoretisch vorbereitet, glauben jedoch, dass dies nicht in der Theorie zu lernen ist, was einen schließlich in der Praxis erwartet. Vor allem jene mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung fühlen sich auf die Praxis gut vorbereitet. Ein einziger Befragter, der einen Jugendarbeiter Kurs absolviert hat und zusätzlich zu seiner Tätigkeit in der Einrichtung ein Studium absolviert, äußerte, dass er durch die Ausbildung auf den Umgang mit schwierigen Kindern und Jugendlichen sehr gut vorbereitet wurde. Ein weiterer Punkt in seinen Ausführungen bezieht sich auf das berufsbegleitende Studium, das ihm hilft immer wieder die Theorie und die Praxis in Verbindung zu bringen. Durch die Interviews wurde deutlich, dass unterschiedliche Berufsgruppen in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt tätig sind. Besonders wichtig in der Ausbildung ist der Aspekt der unterschiedlichen psychischen Störungen, der auch in die Ausbildungen einfließt. Damit sich die Professionellen auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen gut vorbereitet fühlen, wären Praktika in diesen Bereichen von Vorteil. Ein weiterer Punkt in dieser Hinsicht bezieht sich auf ständige Weiterbildungen, um die Theorie und die Praxis verbinden zu können, bzw. eventuell auch um theoretisch ein bestimmtes Verhalten der Kinder und Jugendlichen erklären und somit verstehen zu können. Ebenso sollte die Selbstreflexion vor allem in Bezug auf aggressive oder autoaggressive Verhaltensweisen in der Ausbildung in den Vordergrund gerückt werden. 316 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.2.2.6 Kooperation Im Hinblick auf die Zusammenarbeit zwischen KJP und stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen wurden mehrere Fragen gestellt, die sich vor allem auf bisherige Erfahrungen beziehen. Jene Einrichtungen, die diesbezüglich weniger Erfahrungen hatten wurden nach ihren individuellen Einschätzungen gefragt, warum sie kinder- und jugendpsychiatrische Hilfen nicht so häufig in Anspruch nehmen müssen. Durch alle Interviews wurde deutlich, dass der Kontakt zur KJP durch gemeinsame Fälle aufgebaut wurde. Abgesehen von diesen gemeinsamen Fällen gibt es nur sehr selten Kooperationen, auch wenn dies von einigen Fachkräften begrüßt werden würde, wie durch die folgenden Statements illustriert werden soll. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 128 - 128 Code: Kooperation „Ja schön wäre es, wenn man wirklich abgesehen vom Fall die Zusammenarbeit ausweiten könnte, also dass das nicht grad immer über Krisengeschichten oder über einen Jugendlichen geht, sondern dass man vielleicht wirklich einmal sich zusammensetzt und schaut, welche Erwartungen kommen von der Kinder- und Jugendpsychiatrie und welche Erwartungen haben wir, und wie kann man sich gut da zusammenschließen und kooperieren.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 167 - 170 Code: Kooperation „Naja, was mir gut gefallen hat war, dass es da bei uns diese Weiterbildung gegeben hat. Ich denke mir, das ist eine klasse Geschichte. Und dann, mein Gott na, dass man vielleicht sich einmal oder alle 2 Jahre sich zusammen setzt und schaut- so einen Reflexionstag.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 98 - 98 Code: Kooperation „Es gibt Betreuer, die haben nicht viel mit dem LSF zu tun, aber es sollte einmal jeder Betreuer unten sich das anschauen und ein Gespräch führen und wenn der Kontakt dann da ist, und so im Vorfeld ein Kontakt wäre auch nicht unangenehm denke ich mir. Ein Kontakt und ein Austausch.(…)“ Von einem Befragten wurde auch explizit geäußert, dass seinem Empfinden nach die Zusammenarbeit zwischen stationären Fremdunterbringungseinrichtungen und der KJP immer wichtiger und notwendiger wird, da immer mehr Jugendliche die Hilfe beider Systeme benötigen. 317 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 106 - 106 Code: Kooperation „ (…) es werden einfach immer mehr Jugendliche, die noch Unterstützung durch die Kinder- und Jugendpsychiatrie brauchen. (…)“ Allgemein kann angemerkt werden, dass die Kooperation mit der Kinder und Jugendpsychiatrie von Seiten der stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sehr unterschiedlich erlebt wird. Diejenigen Einrichtungen, die im Erhebungszeitraum häufigeren Kontakt zur KJP hatten, äußerten sich auch eher positiv in Bezug auf die Zusammenarbeit, wie durch die folgenden Zitate sichtbar wird. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 80 - 81 Code: Kooperation „Ich glaub, dass das ein lang andauernder Kontakt schon ist, der sich so entwickelt hat. Früher war das eher schwierig, da hat es dann so Drohungen gegeben, dass jemand ins LSF kommt, wenn etwas nicht hingehaut hat. Aber seit einiger Zeit verläuft der Kontakt sehr gut und es hat sich mittlerweile zu einer guten Zusammenarbeit entwickelt.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 176 - 177 Code: Kooperation „(…) Also selber finde ich einfach, ich hab immer viel Bemühen gemerkt und das freut mich. Und ich weiß es ja von hier auch, dass große Apparate oft sehr zäh sind und dass halt nicht immer das möglich ist, was sich der erwartet, der grad kommt, aber das wichtigste ist, dass man ein Bemühen spürt. Wenn man das nicht mehr merkt, dann kann es frustrierend sein.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 66 - 66 Code: Kooperation „(…) eben das ist auch für uns ein Vernetzungspartner die Psychiatrie, wo wir da sehr gute Erfahrungen haben, (…)“ Im Folgenden soll die Kooperation anhand der drei Ebenen der Kooperation analysiert werden. 12.2.2.6.1 Interpersonelle Ebene Wie bereits im theoretischen Teil dieser Arbeit beschrieben, realisiert sich jede Kooperation letztendlich auf der interpersonellen Ebene. Diesbezüglich wurden im Interview vor allem Fragen zu AnsprechpartnerInnen gestellt. Es kann festgestellt werden, dass hier von allen InterviewpartnerInnen Namen von ÄrztInnen bzw. PsychologInnen genannt wurden. Jene Einrichtungen, die häufigeren Kontakt zur KJP hatten, gaben Ansprechpartner an, die sie bei Fragen auch kontaktieren. Da jedoch jeder Jugendliche einen 318 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion fallführenden Arzt oder Psychologen hat, wechseln die AnsprechpartnerInnen auch von Fall zu Fall. Diesbezüglich wurde geäußert, dass der jeweils fallführende Arzt oder Psychologe bei Fragen zu einem Kind oder Jugendlichen kontaktiert wird. Ansprechpartner für allgemeine Fragen gibt es jedoch meist nicht. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 58 - 61 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene I: Gibt es einen speziellen Ansprechpartner im LSF? „Ich kenne wenige, ich kenne die Frau Dr. T und die Frau Dr. D. I: Also es gibt niemanden speziellen, den du bei Fragen anrufen würdest? „Nein, vielleicht würde ich in Zukunft dich anrufen.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 103 - 104 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Es geht immer darum, ahm, wenn ein Problemfall auftritt, dass man Kontakt mit einer Ärztin oder einem Arzt aufnimmt, und dann einmal telefonisch voranfragt, oder wenn man gerade unten ist einmal persönlich anfragt und mit einem Arzt oder einer Ärztin sagt, o.k. treffen wir uns, sprechen wir über den Jugendlichen, einmal ohne Jugendlichen, und es gibt jetzt nicht einen, den man konkret immer anruft.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 70 - 71 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Das ist an und für sich immer unterschiedlich, also für allgemeine Fragen könnte ich jetzt keinen Namen nennen, ich weiß nur für meine Bezugskinder, wer eben zuständig ist. Für alle Jugendlichen, die irgendwie Kontakt mit dem LSF haben, gibt es einfach auch einen zuständigen Arzt und den ruft man einfach an. Und sonst ruft man eben allgemein auf der Station an und lasst sich eben weiter verbinden, aber ich wüsste jetzt nicht wen ich anrufe, also ich hätte keinen Namen, wenn ich jetzt sage, ich brauche irgendwelche allgemeinen Informationen.“ Durch die Interviews kommt deutlich zum Ausdruck, dass die Kooperation auch auf interpersoneller Ebene vor allem über die Einzelfälle passiert. AnsprechpartnerInnen für allgemeine psychiatrische Fragen gibt es in den meisten Fällen nicht. Hier wäre es jedoch eventuell von Vorteil, wenn die einzelnen Einrichtungen auch AnsprechpartnerInnen hätten, die bei allgemeinen Fragen konsultiert werden könnten. Dies ist jedoch auch von den Ressourcen innerhalb der KJP abhängig. Für die Kooperation ist die interpersonelle Ebene von besonderer Bedeutung, da sich die Kooperation auf dieser Ebene realisiert und schließlich auch von den einzelnen Personen, die miteinander zu tun haben, umgesetzt werden muss. In den Interviews wurde auch immer wieder deutlich, dass sich die Kooperation von Person zu Person unterscheidet und dass es letztlich auch auf eigene Kontakte ankommt. 319 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 59 - 59 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Ja, also es ist… also es hängt wirklich von den Personen ab, wie sehr da die Bereitschaft eines Austausches da ist.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 129 - 130 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Prinzipiell ist es so, dass es auch um die Person geht, mit der man Kontakt hat, die meiner Meinung nach gut ausgesucht sind derzeit, das kann sich auch ändern, genauso wie bei uns, weil eine hohe Fluktuation bei uns auch ist. Es sind immer Charakteren gefragt, die halt gut ausgebildet sind, bzw. auch diese Vernetzung suchen, nicht dieses eigenbrödlerische haben, sondern eben das Großteam verlangt wird. Ja und darauf sollte man einfach weiter Wert legen, dass auch solche Menschen auf solchen Positionen gesetzt werden, die fähig sind, sich zu vernetzen.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 70 - 70 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „(…) das ist, das ist dann halt auch wie im alltäglichen Leben, wenn man irgendwie wen kennt, oder den Kontakt aufgebaut hat, ah, dann ist es ein leichtes dort einmal anzurufen und nachzufragen, nicht.“ Auf der interpersonellen Ebene ist besonders auch die Wertschätzung und Akzeptanz bzw. auch der Respekt der jeweils anderen Berufsgruppe von besonderer Bedeutung. Durch die Interviews wurde deutlich, dass dieser Aspekt ein sehr wichtiger ist und sich manche Fachkräfte der stationären Einrichtungen in ihrer Professionalität nicht unbedingt ernst genommen fühlen. Letztlich geht es auch um ein Vertrauen in die Kompetenzen des anderen. Auf diesem Punkt wird im Folgenden im Kapitel 12.2.2.7 Spannungsfelder- Kritikpunkte näher eingegangen. An dieser Stelle ist noch angemerkt, dass es sich hier um einen sehr sensiblen Bereich handelt, der vor allem auch von den sozialen Kompetenzen der einzelnen Beteiligten abhängt. Für die Fachkräfte der Einrichtungen ist es jedoch besonders wichtig, dass sie sich ernst genommen fühlen und das Gefühl haben, dass ihre Sichtweisen auch miteinbezogen und akzeptiert bzw. respektiert werden. Da es kein konkretes Konzept für die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP gibt, kommt es im Moment wirklich auf das Engagement der einzelnen Personen an. Dieses wurde in den Interviews vor allem von einer Einrichtung, mit der häufiger Kontakt bestand sehr gelobt. Dies soll durch die untenstehenden Zitate deutlich gemacht werden. 320 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 122 - 122 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Für mich funktioniert gut die Unterstützung, die wir bekommen, die fachliche Unterstützung, dann das Engagement der Ärzte und Psychologen, die unglaubliches anbieten.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 98 - 99 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Ja, ich sehe, dass die Personen sehr bemüht sind, z.B. dass uns Ärzte gesonderte Termine im Nachtdienst geben.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 122 - 122 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Also da sehe ich ganz viel Bemühen der Menschen zu kooperieren, aber zu wenig Unterstützung praktisch.“ Bezüglich der Kooperation auf der interpersonellen Ebene wäre es vor allem auch wichtig, dass diese nicht nur über den Einzelfall passiert, sondern dass sich Professionelle auch unabhängig davon kennen lernen und übereinander Bescheid wissen. Diesbezüglich gab es vereinzelt auch schon Bemühungen, die als sehr positiv erlebt wurden und fortgesetzt werden sollten. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 120 - 120 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Ah, ich denke so eine Vernetzung wie wir sie einmal gehabt haben, dass wir bei euch waren, ich denke das ist etwas, was ich mir wünschen würde. Vielleicht lasst sich auch einmal eine Gegeneinladung aussprechen, weil ich denke je mehr wir voneinander wissen, umso weniger Hürden sind da, um dort anzuhalten. Und ich denke ihr könnt viel, was wir nicht können, das ist auch etwas, was wir gut nützen können.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 129 - 130 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „Ja, vielleicht auch so gegenseitig dass man sich kennen lernt, dass man so Einladungen ausspricht, dass zum Beispiel Sozialpädagogen von unten zum Tag der offenen Tür kommen, oder einen gesonderten Termin haben. Also das fallt mir auf, dass das nicht gelebt wird. Unsere kommen eh eigentlich runter, die kennen sich eh schon aus unten (lacht). Aber so, auch das Pflegepersonal mehr unsere Einrichtung kennen lernt.“ In diesem Zusammenhang von großer Bedeutung erscheint auch die Zusammenarbeit mit den Sozial- und HeilpädagogInnen auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station. Einige InterviewpartnerInnen wussten über den Bereich der Pädagogik auf der Station Bescheid, während andere keine Vorstellung davon hatten, dass es diesen Bereich ebenfalls gibt, und welche Aufgaben 321 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion ein Sozial- und Heilpädagoge im Zusammenhang mit der KJP haben könnte. Dies konnte im Gespräch jedoch aufgeklärt werden. Diesbezüglich wurde vor allem auch der Wunsch geäußert dass es mehr Kontakt zu den Betreuungspersonen bzw. zu pädagogischen MitarbeiterInnen der Station gibt, da die Kontakte zu den Einrichtungen momentan vor allem von den Fallführenden bzw. den SozialarbeiterInnen gestaltet werden. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 70 - 70 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „ (…) Und eben das LSF Sozialpädagogen hat, und wir als Sozialpädagogen da arbeiten auch schon finden…das würde halt noch ein bisschen mehr verstärkt gehören. Dass man auf der Schiene, dass man auf der Schiene auch verstärkt irgendwie zusammen arbeitet.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 157 - 157 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Gut funktioniert, dass wir uns gegenseitig kennen und die Institutionen wissen, wie die…die eine weiß, wie die andere arbeitet. Ja. Und gut finde ich auch muss ich sagen, dass es eben den neuen Bereich der Pädagogik gibt, wo es dann eben auch gilt, da zu schauen, wie kann man da gut kooperieren.“ Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass alle InterviewpartnerInnen Namen von fallführenden ÄrztInnen oder PsychologInnen nennen konnten. Die Kooperation läuft meist über Einzelfälle. Nur sehr wenige InterviewpartnerInnen aus Einrichtungen mit häufigerem Kontakt nannten auch Namen von AnsprechpartnerInnen, die sie auch bei allgemeinen Fragen kontaktieren würden. Besonders auf der interpersonellen Ebene ist das Engagement der Einzelnen gefragt. In Bezug auf das Spannungsfeld zwischen KJP und stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt erscheint es besonders wichtig, dass beide Systeme dem jeweils anderen Wertschätzung und Respekt entgegen bringen und Vertrauen in die Kompetenzen des anderen haben. Um dies umsetzen zu können, ist sicher auch ein gegenseitiges Kennen lernen der Personen und Konzepte unabhängig vom Einzelfall hilfreich. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Vernetzung der Professionellen aus den Einrichtungen mit den Sozial- und HeilpädagogInnen auf der Station, da hier ein ähnlicher Hintergrund vorhanden ist und sich somit die Kommunikation eventuell einfacher gestalten kann. Auch im Sinne der Kinder und Jugendlichen wäre dieser Kontakt zu forcieren, da in diesem Bereich andere Informationen vorhanden sind, als die über die ÄrztInnen oder PsychologInnen verfügen. 322 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.2.2.6.2 Interinstitutionelle Ebene In Bezug auf die Kooperation erscheint es immer wichtig, gegenseitige Erwartungen zu klären. Diese sollen in diesem Kapitel näher beschrieben und analysiert werden. Um Erwartungen zu klären, wurde in den Interviews vor allem danach gefragt, was sich stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt von der KJP erwarten, und welche Vermutungen es über umgekehrte Erwartungen gibt. Ein wichtiger Punkt auch auf der interinstitutionellen Ebene ist, ähnlich wie bei der interpersonellen Ebene, dass sich nicht nur die Personen kennen, die miteinander zu tun haben, sondern auch, dass man das Konzept und die Arbeitsweisen der jeweils anderen Institution kennt. Auch in Bezug auf Erwartungen wurde wie bereits im vorhergehenden Kapitel der interpersonellen Ebene beschrieben, das Ernst nehmen der jeweils anderen Berufsgruppe angesprochen. Hier besteht eine Erwartung darin, dass sich PädagogInnen aus den diversen stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen ernst genommen fühlen und als gleichwertige PartnerInnen angesehen werden, deren Meinung ebenfalls eine Berechtigung hat. Diese Erwartung wird besonders durch das folgende Statement auf den Punkt gebracht. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 77 - 77 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Ich würde mir wünschen, dass wir als Partner aufgenommen werden, die einfach einen sozialpädagogischen Blick, nicht einen psychiatrischen Blick haben, wo beide Sichtweisen als einigermaßen gleichwertig anerkannt werden ohne, ohne dass es da eine stark hierarchische Sicht von Seiten der Psychiatrie gibt…was ich mir vorstellen könnte, dass im Moment, wenn Ärzte was sagen, dann hat die Sozialpädagogik auszuführen. Und es gibt auch so etwas wie eine sozialpädagogische Diagnostik, die durchaus auch ihre Berechtigung haben.“ An dieser Stelle ist zu betonen, dass es sich hier um die subjektiven Empfindungen der einzelnen Professionellen handelt, die vermehrt von den Befragten geäußert wurde, die eher weniger Kontakt zur KJP hatten. Anzumerken ist jedoch, dass in der KJP die pädagogische Komponente sehr miteinbezogen wird, da es auf der Abteilung ein pädagogisches Team von 10 Personen gibt, die diesen Standpunkt in multiprofessionellen Besprechungen vertreten. Hier wird der pädagogische Standpunkt nicht so ausgeklammert wie zum Beispiel der kinder- und jugendpsychiatrische Standpunkt in der Jugendwohlfahrt ausgeklammert wird. 323 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Weitere Erwartungen von Seiten der stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen beziehen sich auf eine ausführliche und genaue psychiatrische Diagnostik sowie auf geeignete Medikation. Dies soll durch die folgenden Zitate deutlich werden. Diese Erwartungen sind teilweise sehr ähnlich. Hier kann kein gravierender Unterschied zwischen den Einrichtungen mit häufigerem und denen mit weniger Kontakt zur KJP festgestellt werden. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 118 - 119 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Was erwarte ich mir von der Psychiatrie? Also ich erwarte mir, dass die das sehr ernst nimmt, wenn ein Jugendlicher die Psychiatrie braucht. Das heißt dass der Jugendliche sozusagen, dass wirklich geschaut wird, welche Medikamente helfen, und dass da nicht zu viel gegeben wird, aber auch nicht zu wenig. Ich erwarte mir da wirklich ein ganz ein gutes Wissen über die Medikation und was sie bewirkt.(…)“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 89 - 90 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Ahm, vermehrte psychiatrische Abklärung, auch wenn Überforderungen da sind, wenn Überlastungen sind im LSF, nicht dass sie nach 3 Tagen wieder zurück geschickt werden, ohne irgend etwas.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 117 - 117 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Hm…einen Austausch was Medikation betrifft…sag ich einmal, mehr Offenheit…das ist ein alter Hut die Medikation. Es ist auch ganz schwer möglich, dass da wirklich, wirklich gut darüber diskutiert wird. Glaube ich nicht, dass das möglich ist…also nicht bei vielen Ärzten. Das würde ich mir wünschen. Da gibt es einfach definitiv…ich kenne mich da auch…also in anderen… in Deutschland, in den Niederlanden gibt es einfach ganz, ganz andere Zugänge. Und ja.” Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt IV-1 Gewicht: 100 Position: 103 - 103 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Wie gesagt eine Diagnose, eine ausführlich, das ist auch immer wieder eine Sache, da bin ich nicht sicher, dass das immer stattfindet.(…)“ Weiters wird ein Informationsaustausch von beiden Seiten erwartet. Diesbezüglich wurde immer wieder erwähnt, wie wenige Informationen von der KJP eingefordert werden. Dieser Punkt hängt auch sehr eng mit dem Punkt der gegenseitigen Anerkennung und Wertschätzung zusammen. Dadurch dass sehr wenige Informationen von Seiten der Einrichtungen verlangt werden, fühlen sich diese eventuell in ihrer Professionalität wenig ernst genommen. Dieser Punkt wird im Kapitel 12.2.2.7 Spannungsfelder- Kritikpunkte noch einmal aufgegriffen. 324 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Ein weiterer wichtiger Punkt hängt ebenfalls mit dem Ernst nehmen und der Anerkennung der anderen Berufsgruppe zusammen. Die Einrichtungen erwarten sich, dass wenn sie es für notwendig erachten, dass ein Kind oder Jugendlicher auf der KJP aufgenommen wird, dass dies auch passiert. Hier schwingt immer wieder die Unterstellung von Seiten der KJP mit, dass Kinder und Jugendliche abgeschoben werden, wenn pädagogisch nicht mehr weiter gewusst wird. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 99 - 99 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Ja ich denke mir einfach weiterhin eine gute Zusammenarbeit, eben eventuell vielleicht schnellere Hilfestellung in akuten Situationen. Einfach so auch ein bisschen das Vertrauen in uns, dass wir wenn wir wirklich einen Ernstfall haben sollten, dass wir wirklich pädagogisch nicht mehr intervenieren können. Also ich denke mir, wir schupfen ja keine Jugendlichen aus Jux und Tollerei ins LSF und auch der Distriktsarzt denke ich mir, entscheidet nicht einfach, weil er einen schlechten Tag hat. Es ist dieses Vertrauen drauf, dass es wirklich Sinn macht, wenn es dann so weit ist, dass wir das eben nicht tun, nur damit wir die Jugendlichen los werden. Also ich habe so das Gefühl, manchmal wird uns das ein bisschen unterstellt. Wenn es schwierig wird, dann schieben wir sie ab, aber das möchte ich eben nicht, dass der Glauben entsteht.“ Der nächste große Punkt in Bezug auf Erwartungen an die KJP bezieht sich auf die Gesamtversorgung. Es wird erwartet, dass immer genügend freie Kapazitäten auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung vorhanden sind. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 97 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Dass sie immer freie Plätze für unsere Jugendlichen haben und dass es dann nicht heißt, die Jugendliche muss z.B. auf eine Erwachsenenstation, weil es nicht genug Plätze gibt. Das ist für mich eher kontraproduktiv.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 118 - 119 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „(…)Dann erwarte ich mir, dass wenn man es dringend braucht, dass auch es einen Platz gibt.(…)“ In Bezug auf Erwartungen von Seiten der KJP wurden ebenfalls Vermutungen geäußert. Von sehr vielen der befragten Personen wurde angesprochen, dass sich die KJP von ihrer Einrichtung erwarten würde, dass die Kinder und Jugendlichen nach einer kurzen Aufenthaltsdauer wieder aufgenommen werden und dass die Jugendlichen nicht leichtfertig abgegeben werden. Dies wurde von nahezu allen InterviewpartnerInnen ähnlich gesehen. Exemplarisch soll das folgende Zitat diese Erwartungen von Seiten der KJP auf den Punkt bringen. 325 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 103 - 103 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Ich glaube, dass die sich von uns genauso erwarten, dass wir im Rahmen unserer Möglichkeiten bestmöglich handeln, und nicht die Ressourcen die sie anbieten können ausreizen. Das heißt, nicht einfach eben wie gesagt, spaßhalber, weil wir pädagogisch nicht mehr weiter wissen, gleich einmal einweisen oder so. Das glaube ich erwarten sie sich von uns auch. Oder dass wir eben auch Jugendliche längerfristig einfach betreuen und nicht gleich hinaus hauen sondern wirklich auch länger schauen und mehr probieren.“ Weiters wurde angesprochen, dass sich das LSF auch einen guten Austausch und klar definierte Ansprechpartner wünschen würde. Diese Erwartungen beruhen wahrscheinlich auf Gegenseitigkeit, da die Kooperation durch klar definierte Ansprechpartner und Erreichbarkeiten sehr erleichtert wird. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 133 - 134 Code: Kooperation\interinstitutionelle Ebene „Dass die Jugendlichen wieder zurück genommen werden wenn man runter bringt für eine stationäre Behandlung. Ahm, dass man für Informationen zur Verfügung steht, bzw. es klare Ansprechpartner gibt und nicht einmal der und einmal der. Ah, dann, ja, Zusammenarbeit. Ich glaub das ist so das Wesentliche unter dem Gesichtspunkt, dass die Psychiatrie ein Krankenhaus ist und nicht eine Jugendwohlfahrtseinrichtung.“ Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die Erwartungen von Seiten der stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sich vor allem auf Wertschätzung und Anerkennung des jeweils anderen Standpunktes beziehen. Ebenfalls wichtig für stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt erscheint eine genaue psychiatrische Diagnostik sowie geeignete Medikation. Ein weiterer wichtiger Aspekt besteht darin, dass erwartet wird, dass genügend Kapazitäten im Rahmen der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung zur Verfügung stehen. In Bezug auf Erwartungen von Seiten der KJP wurde von vielen Befragten geäußert, dass das LSF sich wahrscheinlich erwarten würde, dass Kinder und Jugendliche nicht leichtfertig abgegeben werden und nach einer möglichst kurzen Intervention auch wieder in die Einrichtung zurückkehren können. Auch klar definierte Ansprechpartner und ein Informationsaustausch würde von dieser Seite erwartet werden. 326 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.2.2.6.3 Ebene der Gesamtversorgung Wenn man über Kooperation spricht sollte die Ebene der Gesamtversorgung immer mit einbezogen werden. Es sollte vor allem eine individuelle Einschätzung der Professionellen in Bezug auf das bestehende Angebot der Jugendwohlfahrt in der Steiermark gegeben werden. Diesbezüglich wird von den meisten InterviewpartnerInnen einerseits das Angebot der Jugendwohlfahrt vor allem mit der Durchführungsverordnung zum Jugendwohlfahrtsgesetz kritisiert, andererseits aber auch die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung. Vor allem in Bezug auf die Kooperation muss der Aspekt der Gesamtversorgung und der fehlenden Ressourcen besonders betont werden. Wie bereits im theoretischen Teil dieser Arbeit beschrieben, benötigt Kooperation auch Ressourcen (personell, zeitlich usw.). Auch angesprochen wurde von den Befragten die Situation, wie sie von Glauninger- Holler (2006) bereits beschrieben wurde. Eines der wichtigsten Kriterien in der Fremdunterbringung von Kindern und Jugendlichen sind freie Kapazitäten in den einzelnen Einrichtungen. Oftmals können Kinder und Jugendliche nicht in Einrichtungen untergebracht werden, die vielleicht am besten geeignet wären, da nicht genügend freie Plätze vorhanden sind. So kommt es dazu, dass Kinder und Jugendliche in Einrichtungen untergebracht werden, die gerade freie Kapazitäten haben. Dies wird durch das folgende Statement verdeutlicht: Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 105 - 105 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Naja, ich weiß es nicht, ich denke es gibt durchaus viele Einrichtungen, die auf eine bestimmte Zielgruppe abzielen und ich frage mich, wie sinnvoll das ist, wenn man Kinder zwingt hineinzupassen, anstatt den umgekehrten Weg zu gehen und zu sagen, was brauchen die Kinder und was sollen wir dafür bieten. Wir sind vielleicht zu stark spezialisiert, indem Einrichtungen sagen, wir sind für die Kinder, wir für die Kinder und dann geht es aber eher wieder darum, wo sind Kapazitäten und ich denke dann wird es eh auch wieder sehr bunt gemischt, wo ein freier Platz ist ein Jugendlicher hingegeben wird obwohl er vielleicht- die Bedürfnislage gar nicht genau die wäre.“ Hier wird auch noch einmal die Frage aufgeworfen, wie sinnvoll es ist, von diesen Kindern und Jugendlichen in schwierigen Situationen zu verlangen, dass sie in ein bestimmtes Konzept passen. An dieser Stelle müsste es vielmehr darum gehen, dass wir Angebote flexibler gestalten, sodass auch diese Kinder und Jugendlichen hinein passen. Ein weiterer Punkt ist die lange Wartezeit, die oft entsteht. Wenn eine Jugendwohngemeinschaft alle Plätze belegt hat, kann eine Aufnahme erst wieder dann erfolgen, wenn ein Jugendlicher aus der Wohngemeinschaft auszieht. Dadurch entstehen unterschiedlich lange Wartezeiten für die 327 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Kinder und Jugendlichen, die eine Möglichkeit zur Fremdunterbringung benötigen. Nachdem meist nicht so lange gewartet werden kann, bis in der am besten geeigneten Einrichtung ein Platz vorhanden ist, werden Ausweichmöglichkeiten gesucht. De facto ist es dann so, dass viele Kinder und Jugendliche dort untergebracht werden, wo gerade ein Platz frei ist, was nicht immer die erste Wahl ist. Dies wird durch das folgende Statement verdeutlicht. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 33 - 33 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Ja, aber das ist ganz unterschiedlich, das kann sein, dass ein Anruf kommt, und wir einen Platz frei haben, das kann aber auch sein, dass wir einmal längere Zeit nichts haben. Und ich versuche schon dann die Anfragen nach Datum abzuarbeiten wobei sehr oft dann die Sozialarbeiterin nach anderen Lösungen sucht.“ Viele Einrichtungen berichten von Wartezeiten von bis zu einem Jahr, bis ein Platz frei wird und wieder Kinder und Jugendliche aufgenommen werden können. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 141 - 143 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung I: Wie lange muss ein Jugendlicher Ihres Wissens nach auf einen Platz in ihrer Einrichtung warten? „Das kann ein Jahr sein.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 54 - 55 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung I: Wie lange muss ein Jugendlicher auf einen Platz hier warten? Gibt es eine Warteliste? „Ja, es ist derzeit eben ein Platz frei…sieben Anfragen. Ah, es kann manchmal sein, dass das eben drei Wochen der Jugendliche schon einen Platz hat. Wenn wir voll sind, dann kann eine Wartezeit von bis zu einem halben Jahr entstehen. Ah, wobei, das sage ich auch immer dazu, in einer Jugend WG sich sehr schnell was ändern kann.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 111 - 111 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Unterschiedlich, also wir haben jetzt bis jetzt starke Fluktuation gehabt, im Jänner 2008, da haben wir durchaus Anmeldungen sofort bearbeiten können. Allerdings befürchte ich, wenn jetzt die Gruppe wieder stabil ist, dass das wieder durchaus bis zu einem halben Jahr, dreiviertel Jahr wieder dauert, bis ein Platz frei ist.“ In Bezug auf die Wartezeiten ist die Situation laut den Interviews in nahezu allen befragten Einrichtungen sehr ähnlich. Hier sind keine Unterschiede zwischen den Einrichtungen mit häufigerem Kontakt zur KJP und denen mit weniger Kontakt zu beobachten. 328 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Auch von Seiten der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung müssten die Kapazitäten erweitert werden, damit die Zusammenarbeit besser funktionieren kann. Hierzu ist zu sagen, dass die kinder- und jugendpsychiatrische Station der Landesnervenklinik Sigmund Freud in Graz mit einer Kapazität von 33 Betten plus 8 Tagesklinik- Plätzen für nahezu alle Einrichtungen in der Steiermark und des südlichen Burgenlands die einzige Anlaufstelle in Bezug auf kinder- und jugendpsychiatrische Fragen ist, wie ebenfalls durch die Interviews deutlich wurde. Vor allem, im Hinblick auf die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP wäre der Ausbau ambulanter und tagklinischer Versorgung zu forcieren. In vielen Interviews wurde die Situation der unzureichenden kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung angesprochen, wie durch folgende ausgewählte Zitate verdeutlicht werden soll. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 121 - 121 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Und dann denke ich mir, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie viel zu überfüllt ist wahrscheinlich um das abdecken zu können.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 122 - 122 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „(…) Also da sehe ich ganz viel Bemühen der Menschen zu kooperieren, aber zu wenig Unterstützung praktisch. Ich weiß jetzt nicht, was los ist, warum es immer voll ist. Das ist ja jetzt nicht eine Woche, sondern das ist ein Dauerzustand. Und dann denke ich mir, fühlen wir uns nicht gut aufgehoben und für die ist es auch, wenn sie anrufen und hören, der nächste Platz ist dann zu Schulschluss, ist es auch nicht so zielführend.“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 70 - 70 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Es ist eben so, es liegt immer an der Auslastung vom LSF, sobald die Auslastung vollkommen drüber ist, dann funktioniert es relativ schleppend, dass eigentlich so quasi will man die Jugendlichen los werden, ich sage es wie es ist.“ Wenn auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station ein Überbelag besteht, muss man Kinder und Jugendliche entlassen, da sonst die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung für keine(n) PatientIn gewährleistet werden kann. In diesen Situationen gilt es, jene Kinder und Jugendlichen zu entlassen, deren Problemstellung entweder nicht so gravierend ist bzw. die bereits eine professionelle Betreuung installiert haben. Es ist ja nur logisch, dass hier bei ähnlichen Problemen jene Kinder und Jugendlichen entlassen werden, die von einer Jugendwohlfahrtseinrichtung betreut werden, während jene in stationärer Behandlung bleiben müssen, deren psychosoziales Umfeld eine Gefahr darstellt. Aufgrund der fehlenden Kapazitäten im kinder- und jugendpsychiatrischen Bereich muss hier leider häufig nach diesen Gesichtspunkten entschieden werden. Ein weiterer Faktor, der 329 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion in dieser Arbeit bereits häufig angesprochen wurde, ist, dass die KJP häufig als Ausfallsbürge missbraucht wird, und verschiedene Aufgaben übernimmt, die aufgrund der fehlenden Angebote und der Überlastung in der Jugendwohlfahrt von dieser nicht übernommen werden können. Ein Punkt in dieser Hinsicht ist zum Beispiel, dass die angesprochenen Wartezeiten von den Kindern und Jugendlichen auf der Station verbracht werden müssen, da es keine anderen Möglichkeiten innerhalb der Jugendwohlfahrt gibt, oder aber der Bereich der Sucht, wo die KJP immer wieder als Lösung herangezogen wird. Dies wurde auch in den Interviews angedeutet: Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 124 - 124 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Und manchmal auch dankenswerter Weise das LSF dann einspringt für vier, fünf Wochen, bis andere Hilfen organisiert sind, ah, dass der Jugendliche auch einmal weiter kann.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 94 - 94 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „auch weiß, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie in vielen Fällen ja über ihren Bereich hinaus arbeitet, weil sie ist keine Entzugsklinik eigentlich, es sind nur die Jugendlichen, die sie eigentlich unterbringen müsste oder sollte, oder immer wieder sehr stark, wo es keine alternativen Einrichtungen gibt, also für Kinder unter 16 jährigen ein Bereich ist, wo es sehr schwierig ist, weil es da im Prinzip nichts gibt, nicht?“ Dies leistet mit Sicherheit auch einen Beitrag zur Situation, dass die Kinder und Jugendpsychiatrie ständig überfüllt ist, wie in den Interviews immer wieder betont wurde. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 92 - 92 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Es ist ja wie gesagt mit dem LSF auch ein Problem mit den Plätzen. Das ist natürlich auch dementsprechend. Ich denke mir, es ist prinzipiell nicht so eine schlechte Einrichtung, die haben kein schlechtes Angebot. Das sagt auch der Jugendliche, der dort war, also es ist nicht so, dass es ihm dort schlecht gegangen wäre, muss ich ehrlich sagen, aber auf die Plätze muss man dann halt längere Zeit warten.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 101 - 101 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Also das was ich immer so höre, sie platzen aus allen Nähten und sie sind sehr voll, stelle ich es mir stressig vor, aber ich denke mir, also ich würde mir schon erwarten nicht von, nur jetzt von einer Kinder- und Jugendpsychiatrie, sondern allgemein von Stadt, Land, Bund, keine Ahnung, dass man einfach, wenn man sieht, der Bedarf ist so groß, dass man einfach da wirklich Gelder fließen lässt, dass man den Ausbau schafft, dass man mehr Personal anstellen kann, also ich glaube einfach, dass letztendlich immer alles aufs Geld hinaus läuft und das ärgert mich einfach massiv. […]“ 330 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Schwierigkeiten in der Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP entstehen wie bereits angedeutet auch durch fehlende Angebote und fehlende Einrichtungen. So sind in den letzten Jahren zwar Krisenunterbringungen errichtet worden, dennoch besteht hier mit Sicherheit noch ein zielgerichteter Bedarf an Kriseneinrichtungen, da dadurch eine Entlastung der KJP passieren könnte. Nicht jede Krise erfordert gleich eine psychiatrische Behandlung. Nachdem es aber im Moment außer der KJP keine Einrichtung gibt, in der kleinere Krisen oder Schwierigkeiten in Einrichtungen abgefangen werden können, kommt es häufig zu einer Einweisung in die KJP. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 117 - 117 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „(…)Krisenunterbringungen, wo es sicher noch ein zwei mehr braucht, weil das sollte auch eine Vorstufe sein, vor der WG und nicht das LSF, wie es oft der Fall ist, aber ich denke mir, das gehört noch mehr ausgebaut, weil sie doch recht wenig Plätze haben. Ja.“ Ein Punkt diesbezüglich ist, dass die finanziellen Mittel in den stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen zu gering sind, sodass Krisen nicht abgefangen werden können, wie im folgenden Zitat auf den Punkt gebracht wurde: Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 99 - 99 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „Ich glaub es fehlt oft gar nicht viel, dass es ausreichend oder hilfreich wäre. Aber es sind die Ressourcen auch über diese, ah, Betagsatzung und so weiter gerade so knapp, dass viele Einrichtungen bestimmte Krisen nicht überstehen können. Wenn ein bisschen ein Puffer und ein bisschen ein Polster da wäre, könnte man vielleicht, ah, ja, wesentlich mehr Jugendliche zu Ende begleiten.“ Andererseits bräuchte es, wie bereits erwähnt, Kriseninterventionszentren, die eventuell einerseits vom Jugendwohlfahrtssystem und andererseits vom Gesundheitssystem finanziert werden. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 152 - 152 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „(…) Meiner Meinung nach, ah, bräuchte es, also wäre gut, wenn es einerseits Krisenzentren geben würde, ah, wo Jugendliche in akuten Krisen aufgefangen werden, was noch nicht Psychiatrie ist, aber trotzdem eng zusammen arbeitet. Ah, auf der anderen Seite bräuchte es WGs, die…, mehr WGs, die sehr therapeutisch arbeiten für Burschen, für Mädchen gibt's es. Aber da glaub ich brauchen wir ein Stück des Umdenkens, dass auch Burschen in dem Bereich Unterstützung brauchen. Ja, das sind so die Angebote, die meiner Meinung nach grad im Jugendwohlfahrtsbereich fehlen würden.“ 331 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Im Hinblick auf fehlende Angebote im Rahmen der Jugendwohlfahrt wurde durch die Interviews deutlich, dass nicht nur ein Kriseninterventionszentrum sondern auch einige andere Einrichtungen fehlen würden. Vor allem in Bezug auf die Kooperation zwischen Jugendwohlfahrt und der KJP würde ein Konsiliar- bzw. Liaisondienst fehlen, durch den eventuell wiederholende Überweisungen zwischen der KJP und stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt minimiert oder verhindert werden könnten. Dies wurde vor allem in einem Interview mit einer Vertreterin einer Einrichtung mit häufigerem Kontakt zur KJP deutlich: Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 94 - 95 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung I: Wie könnte Ihrer Meinung nach die mehrmalige Überweisung von besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen zwischen Ihrer Einrichtung und der KJP verhindert werden? “Ich glaube, dass dazu ein Konsiliararzt sehr wichtig wäre, um den wir uns auch bemühen und durch intensivere Betreuungsmöglichkeiten und durch mehr Kapazitäten.” Von mehreren InterviewpartnerInnen wurde auch die Idee einer psychiatrischen Wohngemeinschaft, mit eventuell der Möglichkeit einer kurzzeitigen geschlossenen Unterbringung als fehlendes Angebot, angesprochen. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 109 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Ja, es fehlt einfach eine psychiatrische WG eindeutig. Sonst, also pädagogische sind super abgedeckt, aber, psychiatrische WGs fehlen,(…).“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 94 - 94 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „es müsste eigentlich so eine sozialpädagogische, kinder- und jugendpsychiatrische Wohngemeinschaft geben. Das LSF hat eh so ein großes Areal und so, ob man da wirklich ein Team auch zusätzlich verstärkt mit einem engagierten Arzt oder zwei die da im Team mitarbeiten und ein bisschen mit einem multiprofessionellen Team das verschiedenste Bereiche abdeckt und so…wo ich sage, das wäre ein interessantes Projekt auch in die Richtung was anzugehen und so, Und ich glaub der Bedarf ist auch sehr stark da, wo man sehr individuell und passgenau mit den Jugendlichen arbeiten kann, weil es einfach auch von einem anderen Bereich dann abgedeckt ist, was weiß ich krankenkassentechnisch….und, und, und, und, also ich hab das dann so weiter gesponnen. Aber ich denke mir schon, dass das also eine spannende Geschichte sein könnte und man den Jugendlichen effektivere und passgenauere Hilfe eventuell geben könnte, nicht. Da ist in letzter Zeit bei mir so ein Bild im Kopf entstanden.“ 332 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 119 - 119 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „bis jetzt auf so eine psychiatrische WG, die sicher sehr, sehr interessant werden könnte und sicher notwendig werden könnte, bis auf das, finde ich das Angebot sehr gut.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 87 - 87 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „Hm, da gibt es viele Ideen. Ich denke mir, da müsste ich weit ausholen. Also ich persönlich würde mir vor allem für Graz wünschen, dass es eine Einrichtung gibt, die auch niederschwelligeren Ansatz hat. Also ich glaub dass das, grad bei den Wiederholungsfällen und Kinder und Jugendlichen, die schwer motivierbar sind, wir mit unserem Ansatz zu hoch sind. Und dass es da einfach eine grundsätzliche Überlegung sein kann, vor allem eben auch die Drogenproblematik fallt mir da jetzt ein. Da müsste einfach ein ganz ein anderes Konzept dahinter stehen und da müsste einfach auch… Ja, da fehlt in Graz etwas. Ich denke mir mit extremer Drogenproblematik fallt mir auf immer wieder und Jugendliche, die schwer motivierbar sind, mitzuarbeiten. Dafür fehlt mir eine niederschwelligere Einrichtung, die aber auch längerfristig bereit ist, Jugendliche zu betreuen. Also auch keine Kriseninstitution, sondern wirklich so konzeptionell gestaltet, wo auch ganz andere Teamzusammenarbeit ist. Also da stelle ich mir auch ein Team vor, wo wirklich ein Therapeut auch anwesend ist, auch von einem Arzt vertreten wird oder Ärztin, und Sozialpädagogen. Also es müsste ein ganz ein anderes multifunktionelles Team sein und ein anderer Ansatz da sein.“ Auch eine Intensivbetreuung bzw. eine mobile Betreuung vor allem für Kinder und Jugendliche mit psychiatrischen Diagnosen wird als fehlendes Angebot innerhalb der Jugendwohlfahrt in der Steiermark beschrieben. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 120 - 121 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote I: Gibt es ausser dem noch etwas von dem sie sagen, das fehlt in der Steiermark? „Ja, mir würde jetzt schon was einfallen, abgesehen von den psychiatrischen Wohngemeinschaft. Mobil betreutes Wohnen, psychiatrisches mobil betreutes Wohnen, das heißt wirklich so, was weiß ich, kleine WGs oder so, wo psychiatrische Jugendliche mobil betreut werden könnten. Denke ich mir, wäre auch nicht schlecht in weiterer Folge.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 101 - 101 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „aber ich würde mir z.B. so Bauernhöfe wünschen, wo eine Intensivbetreuung stattfinden kann, wo auch eine eins zu eins Betreuung möglich ist. In Oberösterreich gibt es das und das würde ich mir auch für die Steiermark wünschen.“ 333 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 113 - 114 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung I: Welche Angebote fehlen sonst noch? „Ja, erlebnispädagogische Geschichten wären für mich ganz wichtig. Dann so bauernhofmäßig, also wirklich so mit Tieren arbeitet, gibt's nichts. Also da gibt es einen im Burgenland, aber das ist wieder nicht in der Steiermark. Solche Geschichten, wo man wirklich eins zu eins Betreuung machen kann. Ja.” Vor allem auch die DVO (LEVO) des Jugendwohlfahrtsgesetzes wird kritisiert, weil hier keine therapeutischen Wohngemeinschaften mehr vorhanden sind und das Angebot nach Ansicht der Professionellen besonders für Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen nicht ausreichend und differenziert genug ist. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 113 - 114 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung I: Ist das Angebot für Kinder und Jugendliche in besonders schwierigen Situationen ihrer Meinung nach ausreichend? „Nein, laut der DVO überhaupt nicht. Wir müssen uns ja total danach richten. Dort stehen ja genau die Leistungen drinnen, die auch bezahlt werden und alles was darüber hinausgeht, machen sie sozusagen gratis. Sonst kann ich das eher wenig beurteilen.” Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 146 - 147 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung „Also bei uns da finde ich ist eh noch ein Abstufung, indem es so Wohngruppen gibt wo so die besser hinpassen oder die. Sonst erlebe ich es oft so, dass so erwartet wird von den Jugendlichen, sich an das anzupassen wie es im Konzept ist oder so wie die anderen Jugendlichen sind oder ich weiß nicht. Also da wird von den Jugendlichen eher erwartet, dass sie alle eh ähnlich sind.“ Ein weiterer Bereich in dem in den Interviews Defizite beklagt wurden, ist der Bereich der Beschulung für besonders schwierige Kinder und Jugendliche Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 114 - 114 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „Eine Wunschliste hätte ich ja. Das wäre so die Beschulung. Also wirklich eine Möglichkeit für Jugendliche, die in der Regelschule nicht beschulbar sind, aber schulpflichtig sind, ist momentan zwar die Ellen- Key in Graz da, aber da noch irgendein System aufbauen zu können (…).“ Weitere Punkte in Bezug auf fehlende Angebote innerhalb der Jugendwohlfahrt wären eventuell aufsuchende Angebote, sowie der Ausbau von kombinierten Wohn- und Ausbildungsmöglichkeiten, wie sie in einer Einrichtung in Graz angeboten werden. In einem Interview wurde auch der Bedarf an Mutter- Kind- Einrichtungen vor allem für Mütter mit psychischen Krankheiten angesprochen. 334 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 121 - 121 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\fehlende Angebote „Jetzt fällt mir noch etwas ein, was fehlt, ah, Mutter- Kind Wohngemeinschaften. Eventuell auch für psychisch kranke Mütter. Wir hätten so einen Fall, wo die Mutter das Kind gerne nehmen würde, das Kind gern zur Mutter gehen würde. Die Mutter ist aber Borderlinerin, bezeichnet sie sich selbst und sie kann nicht garantieren, ganz stabil zu sein, das schafft sie aber über weite Strecken, da mit einer guten Betreuung wäre so eine Wohnform ideal, das wäre auch der Wunsch der Familie nur gibt's es nicht.“ Auch wenn das Angebot der Jugendwohlfahrt in der Steiermark sehr kritisch beurteilt wird, gibt es doch Bereiche, die auch hier gut funktionieren und bereits gut ausgebaut sind. Vor allem im Vergleich zu anderen Bundesländer beurteilen die Befragten das Angebot in der Steiermark durchwegs positiv. Vor allem sehen die InterviewpartnerInnen das Angebot im Kinderbereich oder aber auch der sozialpädagogischen Wohngemeinschaften als gut ausgebaut. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 151 - 152 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\gut ausgebaute Angebote „Also ich finde zum Beispiel einmal toll ausgebaut, dass es Heime gibt beziehungsweise Wohngruppen. Das finde ich super. Ich finde es toll, dass es Wohngruppen für Burschen gibt, dass es Wohngruppen für Mädchen gibt. Ich finde es auch toll dass es gemischte gibt, wenn sie noch ein bisschen jünger sind, wenn sie zu alt sind dann stelle ich mir das schwierig vor. Ich finde auch, dass die ambulanten Dienste zum Teil schon gut da sind, mobile Dienste. Ich finde die Erziehungshilfe super, obwohl mir das nicht so gut gefallen hat jetzt mit den Vereinen, aber okay. […]“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 155 - 155 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\gut ausgebaute Angebote „Ein Bereich, der gut ausgebaut ist….Ein Bereich der gut ausgebaut ist, ist meines Erachtens der Kinderbereich, der ist sehr gut ausgebaut (…)“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 119 - 120 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\gut ausgebaute Angebote I: Gibt es auch Bereiche in der Steiermark von denen Sie sagen, die sind gut ausgebaut? „Prinzipiell im Vergleich zu Kärnten ist es sehr gut ausgebaut in der Steiermark, in Kärnten hapert es noch ein bisschen, also wir hatten Vergleiche auf der Uni, also die gehen auseinander wie eine Schere, also in der Steiermark bin ich sehr zufrieden, wie gearbeitet wird. Spezielle Bereiche kann ich nicht sagen, ob sie jetzt ausgebaut werden sollten.“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 117 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\gut ausgebaute Angebote „Ahm, die sozialpädagogischen WGs, die sind gut.“ 335 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 117 - 117 Code: Kooperation\Ebene der Gesamtversorgung\gut ausgebaute Angebote “Was sicher gut ist, ist auch mit dem LSF, die sind auch nicht schlecht, die Tagesstruktur, wenn nicht eine große Auslastung ist, und nicht Überfüllung finde ich eigentlich eine gute Struktur da drinnen. Sonst mit der Zusammenarbeit finde ich auch gut, was so nicht in allen Bundesländern der Fall ist.” Zusammenfassend kann gesagt werden, dass durch die Interviews mit den VertreterInnen der stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen deutlich wurde, dass die Ebene der Gesamtversorgung einen großen Einfluss auf die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP hat. Fehlende Ressourcen und Kapazitäten auf beiden Seiten, also einerseits auf der Seite der Kinder und Jugendpsychiatrie und andererseits auf der Seite der Jugendwohlfahrt führen häufig dazu, dass gerade Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen keine adäquate Hilfestellung bekommen können. Nicht nur, dass Fremdunterbringungen in der Praxis häufig nach dem Gesichtspunkt freier Kapazitäten passieren, auch gibt es zu wenig differenzierte und flexible Angebote. So fehlen in der Steiermark vor allem therapeutische bzw. kinder- und jugendpsychiatrische Wohngemeinschaften oder aber auch Intensivbetreuungsmöglichkeiten. In einem Interview wurde interessanterweise auch die Vermutung geäußert, dass durch höhere Tagsätze eventuelle Schwierigkeiten auch in den einzelnen Einrichtungen abgefangen werden könnten. Trotz alledem wird in machen Interviews die Situation in der Steiermark im Vergleich zu anderen Bundesländern eher positiv beurteilt. Vor allem sozialpädagogische Wohngruppen, der Kinderbereich oder aber auch die Frühförderung und der Behindertenbereich wären nicht so schlecht ausgebaut. Anzumerken ist, dass in nahezu allen Interviews die Sparmaßnahmen beklagt wurden. Hier wäre zu überlegen, ob dieser Bereich geeignet ist, um den Sparstift anzusetzen. Wenn nämlich für diese Kinder und Jugendlichen keine adäquaten Hilfen zur Verfügung stehen, werden diese eventuell in späteren Jahren noch mehr Hilfen z.B. vom Gesundheitssystem benötigen. Vor allem auch im Sinne der Prävention kann hier nicht gespart werden. 336 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion 12.2.2.7 Spannungsfelder- Kritikpunkte Spannungsfelder und Kritikpunkte in der Zusammenarbeit zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP ergeben sich vor allem durch Schwierigkeiten im Informationsaustausch sowie eventuell auch dadurch, dass zu wenig voneinander gewusst wird und somit wenig Verständnis für die jeweils andere Seite besteht. Dies lässt sich vor allem daraus schließen, dass vor allem von den VertreterInnen einer Einrichtung geäußert wurde, dass die KJP lediglich Medikamente verabreichen und somit die Kinder ruhig stellen würde. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 98 - 100 Code: Kooperation\Kritik I: Und was glauben sie, was die KJP leisten kann? „………Kinder ruhig zu stellen. Das leistet sie. (lacht)“ Hierzu ist zu sagen, dass in dieser Einrichtung wahrscheinlich wenig Information über die moderne kinder- und jugendpsychiatrische Behandlung vorliegt, wo einen kleinen Teil die medikamentöse Behandlung ausmacht. Mit dieser Einrichtung bestand auch weniger häufiger Kontakt. Hier könnten diese Vorurteile darin begründet liegen, dass nahezu keine Zusammenarbeit besteht. Andererseits wird man in dieser Einrichtung, wenn man schon so ein schlechtes Bild der KJP hat, wahrscheinlich alles versuchen, um die Kinder und Jugendlichen diesem System nicht auszuliefern. Vielleicht lässt sich auch dadurch erklären, dass diese Einrichtung eher wenige gemeinsame Fälle mit der KJP hat. Nachdem aber anzunehmen ist, dass es auch in dieser Einrichtungen, nachdem die Klientel sehr ähnlich ist, auch immer wieder zu Schwierigkeiten kommen wird, muss diese Einrichtung Möglichkeiten gefunden haben, mit Schwierigkeiten umzugehen, ohne die KJP zu konsultieren. Ein Faktor dahingehend ist sicher auch die Einstellung zu psychischen Krankheiten im Kindes- und Jugendalter, die in dieser Einrichtung vorliegt. Weitere Kritikpunkte in der Zusammenarbeit beziehen sich auf einen schlechten Informationsaustausch. Das heißt einerseits, dass von Seiten der KJP sehr wenig Information von den Einrichtungen eingefordert wird und andererseits aber auch eventuell wichtige Informationen nicht oder nur spärlich weiter gegeben werden. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang erscheint es, dass Ansprechpersonen und Erreichbarkeiten auf beiden Seiten klar definiert sind. 337 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 49 - 49 Code: Kooperation\Kritik „Kommt er das erste Mal runter und neu runter, dann sind wir eigentlich immer verwundert, wie wenig das LSF einfordert von uns das Wissen einfordert. Das ist ein bisschen erstaunlich, dass das relativ wenig ist.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-1 Gewicht: 100 Position: 127 - 127 Code: Kooperation\Kritik „Dass gar nicht so viel gewusst werden will, jetzt von uns, von Seiten des Krankenhauses. Wobei wir die Jugendlichen wahnsinnig gut kennen, weil wir eben besagte Diagnosesituation einfach von unterschiedlichen Seiten über viele, viele Monate, aus verschiedenen Richtungen, verschiedene Situationen…das muss man einmal haben. Das ist….das kriege ich ja, da kann ich viele, viele, viele explorative Gespräche machen, komme ich dort nicht hin. Das heißt da einfach da auch so irgendwie, wobei das glaube ich, auch besser geworden ist.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 57 - 57 Code: Kooperation\Kritik „Und mit manchen Ärzten, die…wo wir die Erfahrung gemacht haben, dass der Austausch eben nicht so gut lauft, weil wir nicht alle Informationen bekommen.“ Auffallend bei diesem Kritikpunkt des unzureichenden Informationsaustausches ist vor allem auch, dass dies von jenen VertreterInnen von Einrichtungen mit weniger Kontakt zur KJP angesprochen wurde. Man könnte also daraus schließen, dass wenn häufigere Zusammenarbeit besteht auch weniger Probleme dahingehend auftreten, was sicher auch damit zu tun hat, dass man sich persönlich und auch die Strukturen und Arbeitsweisen der jeweils anderen Einrichtung besser kennt. Vor allem ist auch wichtig, dass alle MitarbeiterInnen in die Zusammenarbeit mit einbezogen werden und nicht nur diejenigen, die direkten Kontakt halten. Hier ist es besonders auch von Vorteil, dass die MitarbeiterInnen der einzelnen Einrichtungen die Strukturen und Grundsätze der anderen Einrichtungen kennen lernen, damit es nicht zu Missverständnissen oder Vorwürfen kommt, die auf Unwissen und Unkenntnis basieren. Dieser Punkt wurde vor allem durch ein Interview deutlich, in dem die Schwierigkeiten mit dem Pflegepersonal, das ja nur bei Besuchen usw. Kontakt zu den Wohngemeinschaften hat, angesprochen wurden. 338 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 172 - 173 Code: Kooperation\Kritik „Weil am schwierigsten war für mich die Zusammenarbeit mit den Krankenschwestern, das fallt mir jetzt ein. Also, dass ich zum Beispiel schon, wenn ich die B. geholt habe oder so, habe ich gemerkt, da hat sich einmal eine furchtbar bei mir aufgeregt, wie wir mit den Kindern umgehen und dass wir sie immer hinunter schicken und so. Da hab ich mir nur gedacht, okay, lass es an dir vorbei.“ Ein weiterer Kritikpunkt, der durch die Interviews deutlich wurde ist der Grundsatz, der in der KJP gilt, nämlich dass Aufenthalte zwar so lange wie nötig, aber so kurz wie möglich gehalten werden sollen. Hier besteht anscheinend Uneinigkeit über die Notwendigkeit eines längeren psychiatrischen Aufenthaltes. Es geht vor allem darum, dass von einzelnen Einrichtungen geäußert wurde, dass die Kinder und Jugendlichen zu schnell wieder in die Einrichtung zurück entlassen werden würden, wie folgende Zitate deutlich machen sollen. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 97 - 97 Code: Kooperation\Kritik „Meine Vision, wäre halt nur möglicherweise, wenn der Jugendliche schon stationär ist, dass man ihn dann länger und genauer anschaut. Also wir haben es oft erlebt, dass wir wirklich, ehm, eine Jugendliche in einem akuten Krisenfall einweisen haben lassen müssen und sie war 3 Tage später wieder bei uns. Wo ich einfach finde, dass das nicht sinnvoll ist. Also ich glaube, wenn es wirklich konkret auch um eine neuerliche Abklärung gehen soll zur Stabilisierung, dass der Jugendliche auch wirklich herunter kommt, dann sind drei Tage meiner Meinung nach einfach zu wenig. Und dann ist er wieder in dem Umfeld, wo es vorher einfach, ahm, wirklich einen akuten Fall gegeben hat.“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 89 - 90 Code: Kooperation\Kritik I: Was würden sie sich von der KJP erwarten? „Ahm, vermehrte psychiatrische Abklärung, auch wenn Überforderungen da sind, wenn Überlastungen sind im LSF, nicht dass sie nach 3 Tagen wieder zurück geschickt werden, ohne irgend etwas.” Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt- IV-2 Gewicht: 100 Position: 53 - 54 Code: Kooperation\Kritik „Es geht dann oft darum, dass der Aufenthalt im LSF so kurz wie möglich gehalten werden soll, wenn ein Kind zu einer Krise dort ist. Und man hat dann auch wenig Möglichkeiten muss man ehrlich sagen. Es gibt fast nur das LSF, dass man dann sagt, ein paar Tage länger wäre vielleicht nicht schlecht, weil ich denke mir auch, oft brauchen die Kinder auch den Abstand von der WG. Es ist vom LSF auch oft schon angesprochen worden, dass das ein Stück weit ein Abschieben wäre von der WG, jetzt wissen wir gar nichts mehr, jetzt schieben wir ihn ab, jetzt geben wir ihn weg, und dann wollen wir längere Zeit nichts mit ihm zu tun haben.“ 339 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass dieses Ergebnis auch durch Interviews in einer Studie des Deutschen Jugendinstituts (Hoops/Permien, 2006: 93) deutlich wurde. Hier heißt es: „Andererseits beklagten Jugendämter und Heime immer wieder, die Kliniken würden ihnen ‚akut gefährdete’ Jugendliche, die die Möglichkeiten der Jugendhilfe einfach überforderten, ‚nicht abnehmen’ oder zu schnell wieder entlassen und ‚zu wenig mit ihnen arbeiten’, ehe sie sie wieder an die Jugendhilfe verweisen. […] Hier erwartet die Jugendhilfe […] auch effektiv mehr Unterstützung, zu der sich diese aber sowohl aus fachlichen wie aus Kapazitätsgründen nicht immer in der Lage sieht.“ In den hier durchgeführten Interviews wird auch die Problemstellung angesprochen, dass das LSF oft das Gefühl hätte, dass Kinder und Jugendliche „abgeschoben“ werden, was von Seiten der Wohngemeinschaften auf keinen Fall so empfunden wird. In Bezug auf die Aufenthaltsdauern gibt es hier immer wieder Spannungen, dass Einrichtungen längere Aufenthalte zur Abklärung wollen. An dieser Stelle stellt sich jedoch die Frage, was eine psychiatrische Diagnose für die Arbeit in der Einrichtung bedeutet, und ob dies wirklich hilfreich ist, oder ob es vielmehr darum gehen muss, für diese Kinder und Jugendliche flexible Strategien zu finden, um den Handlungsspielraum zu erweitern. Im Sinne der Lebensweltorientierung ist eine schnelle Rückführung in die jeweilige Einrichtung auf jeden Fall zu befürworten. Hier wären eventuelle tagesklinische oder ambulante Interventionen eher zu empfehlen. Schwierigkeiten ergeben sich auch immer dann, wenn ein Konkurrenzdenken entsteht, oder Vorwürfe gemacht werden, wie ebenfalls in den Interviews berichtet wurde. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 59 - 59 Code: Kooperation\Kritik „Und was mir besonders wichtig ist, dass es wirklich eine Zusammenarbeit ist, dass man den Jugendlichen im Mittelpunkt hat und schaut, was kann man für den Jugendlichen anbieten und machen. Schwierig ist es immer dann geworden, wenn vor allem Konkurrenzdenken da ist.“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 66 - 66 Code: Kooperation\Kritik „Kann ich auch erzählen. Das ist der 2. von 2 Fällen, weil sie so stark unterschiedlich sind, wo wirklich Dinge nicht funktioniert haben, wo es sehr mühsam war überhaupt in Gespräche zu gehen, in einen Termin zu gehen, wo man, wo eher immer wieder Vorwürfe im Raum gestanden sind, die man sich gegenseitig zugeschoben hat, also wo nicht der Lösungsansatz der gemeinsame im Vordergrund gestanden ist, sondern eher zu schauen was macht man falsch, dass es nicht funktioniert. Wo sich Entscheidungen sehr in die Länge gezogen haben, wo jeder seinen Helferbereich immer mehr ausgeweitet hat, und seinen… und mitgenommen hat, und wo es dann letztendlich kein gemeinsam besprochenes Ende genommen hat, das was eher unbefriedigend war von der Zusammenarbeit.“ 340 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Zu diesem Ergebnis kam auch Birgit Kalter (2004: 46) in ihrer Studie über Krisenintervention und Kooperation zwischen Jugendhilfe und Kinder- und Jugendpsychiatrie. Sie schreibt dazu: Es geht um gegenseitige Anerkennung und Akzeptanz, um Respekt vor der Eigenart des anderen, anstatt um gegenseitige Begutachtung, Beauftragung, Bevormundung. D.h. Kooperation gelingt nur zwischen „Gleichen“- nur prinzipiell gleich starke und eigenständige Systeme (Personen oder Institutionen) können kooperieren, sonst wird bewertet, bauftragt, angeordnet, angewiesen. Die gegenseitige Akzeptanz wurde auch in den durchgeführten Interviews mit den Professionellen der stationären JW- Einrichtungen immer wieder angesprochen. Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 112 - 112 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „(…) gegenseitig sich auch respektiert und akzeptiert und letztendlich auch seine Grenzen anerkennt und trotzdem schaut, wie kann man bestmöglich für den Jugendlichen einen Weg finden, nicht. (…)“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 67 - 68 Code: Kooperation\interpersonelle Ebene „(…) Ah, es ist aber die Bereitschaft beider, beider, beider Teams oder…ah, ausschlaggebend, es ist ein Vertrauen in die Arbeit des anderen ausschlaggebend, ah, (Pause). Ja, das glaube ich sehr stark.“ Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 121 - 121 Code: Kooperation\optimale Zusammenarbeit „(…) Sondern wirklich wenn wir als Fachkräfte sagen, es gibt Probleme mit dem Jugendlichen, massive, kann man bitte einmal nachschauen, dass wirklich drauf geschaut wird, (…)“ Text: wenig Kontakt\wenig Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 132 - 134 Code: Kooperation\optimale Zusammenarbeit „Ja, dass die Götter in weiß ein bisschen auf die Erde kommen und vielleicht auch einmal andere Sichtweisen zulassen (lacht).“ Noch einmal soll an dieser Stelle betont werden, dass sich Probleme in der Kooperation vor allem auch immer dann ergeben, wenn die einzelnen Einrichtungen überlastet sind und keine Ressourcen zur Verfügung stehen. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 64 - 65 Code: Kooperation\Kritik I: Wie haben sie so bisher die Zusammenarbeit erlebt? Wie sind ihre Erfahrungen? „Ja sehr ambivalent, ganz klar. Ahm….es ist, das LSF ist auch immer sehr überfüllt, das heißt, wenn wir dann wirklich einen Jugendlichen einliefern wollen, oder eine längere Unterbringung bräuchten, dann ist es nicht möglich, weil dann 50 Jugendliche sind, und dann wird er 2 Tage später wieder zu uns geschickt, ja. Manchmal, wenn es wirklich um Jugendliche geht, die bekannt 341 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion sind, wie bestimmte Jugendliche, die lange Erfahrungen im LSF haben, dann ist besser die Zusammenarbeit, sonst ist eher so ein kurzes Intermezzo auf 3 Tage, 2 Tage, und dass dann wieder zu uns geschickt wird. Ja, nicht recht positiv.” Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 126 - 127 Code: Kooperation\Kritik I: Und wo ergeben sich Probleme? „Ich glaube bei Akutsituationen und, ahm, ich denke, es ist dann einfach ein Wechselspiel, wenn es bei uns akut ist, und im LSF ist es sehr voll, dann gibt es eher ablehnende Reaktionen und eher Probleme in der Kooperation.” Spannungen ergeben sich vor allem dort, wo Informationen nicht weitergegeben werden, oder sich Fachleute in ihren Ansichten nicht ernst genommen fühlen. Vor allem auch die kurzen Aufenthaltsdauern in der LSF werden von manchen Einrichtungen kritisch beurteilt. Spannungen und Kritikpunkte ergeben sich wenn Einrichtungen überlastet sind. Hier ist einerseits wie bereits im vorhergehenden Kapitel beschrieben eine Notwendigkeit gegeben, die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung auszubauen. Andererseits ist es besonders wichtig, dass sich die Einrichtungen untereinander kennen und auch die Personen kennen, mit denen kooperiert wird. Hier ist es notwendig, dass das gesamte Team miteinbezogen wird, damit es nicht zu Missverständnissen, Vorwürfen oder einem Konkurrenzdenken kommt. 12.2.2.8 Optimale Zusammenarbeit In Anlehnung an das vorige Kapitel der Spannungsfelder und Kritikpunkte soll hier beschrieben werden, wie sich die Fachleute stationärer Einrichtungen der Jugendwohlfahrt die optimale Zusammenarbeit mit der KJP vorstellen würden. Für einige der Befragten könnte eine optimale Zusammenarbeit durch mehr freie Kapazitäten und Angebote erreicht werden. Hier wird erwartet, dass die KJP mehr Öffentlichkeitsarbeit betreibt. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-1 Gewicht: 100 Position: 127 - 128 Code: Kooperation\optimale Zusammenarbeit I: Wenn man so von einer optimalen Zusammenarbeit ausgehen würde, wie würde das für die aussehen? „Die optimale Zusammenarbeit würde so ausschauen, dass wir mehr anbieten können, dass wir eine Intensivgruppe hätten- das wäre fantastisch, denke ich mir auch fürs LSF mit mehr Personal. Und mehr freie Kapazitäten, dass wir, wenn unsere Jugendlichen in eine Krise kommen, dass wir das Gefühl haben, die wären gut aufgehoben unten. Und kommen auch so bald als möglich wieder zurück zu uns.“ 342 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 161 - 162 Code: Kooperation\optimale Zusammenarbeit „Also optimal wäre für mich einmal, wenn die Kinder- und Jugendpsychiatrie an die Gesellschaft geht, an die Politik und sagt, ihr müsst Plätze schaffen, dass unsere Jugendlichen auch eine tolle Betreuung kriegen. Weil ich finde es ganz unpassend, nach einem halben Jahr Jugendpsychiatrie direkt sich in die Gesellschaft eingliedern zu müssen. Ich finde das ist eine Überforderung. Ich finde die sollten einmal eine Lobby schaffen für diese Jugendlichen und politisch Druck machen, dass die auch in Wohngruppen gerne genommen werden und dass das nicht so ein Danke dann sein muss. Das würde ich mir erwarten.” Ein weiterer Punkt sind mehr zeitliche Ressourcen, sodass es möglich ist, sich jedem einzelnen Jugendlichen mehr zu widmen. Weiters wurde in den Interviews erwähnt, dass sich eine optimale Zusammenarbeit in die Richtung gestaltet, dass wenn Fachkräfte der Jugendwohlfahrt um Aufnahme bitten, dass dies auch erfolgt. Durch diesen Wunsch werden eventuell Unstimmigkeiten zwischen den Berufsgruppen deutlich. Es kommt immer wieder vor, dass Einrichtungen der Jugendwohlfahrt um Aufnahme bitte, von Seiten der Kinder- und Jugendpsychiater jedoch keine Indikation für eine stationäre Aufnahme gefunden wird. Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 121 - 121 Code: Kooperation\optimale Zusammenarbeit „Optimale Zusammenarbeit, würde ich mir so vorstellen, dass einfach wieder mehr Zeit ist, sich den Jugendlichen zuzuwenden. Im LSF dass wirklich der Jugendliche sich angeschaut wird, wo steht er, was für Probleme gibt es und nicht einfach wieder zurück geschickt wird. Für eine Nacht und die Krise ist vorbei. Sondern wirklich wenn wir als Fachkräfte sagen, es gibt Probleme mit dem Jugendlichen, massive, kann man bitte einmal nachschauen, dass wirklich drauf geschaut wird, ist sicher eine Möglichkeit wenn der Kinder- und Jugendbereich vergrößert wird im LSF ganz klar und es auch mehr Betten gibt. Ja, das ist eindeutig für mich das Wichtigste.” Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt III-2 Gewicht: 100 Position: 131 - 131 Code: Kooperation\optimale Zusammenarbeit „Also optimal denke ich mir wäre sicher, wenn vom Jugendlichen einfach, oder von uns her der Bedarf da ist, der Jugendliche braucht jetzt wirklich drei, vier Tage psychiatrische Auszeit, sage ich jetzt unter Anführungszeichen, aber eben auch eine Kontrolle oder auch einen Raum, wo er auch ein bisschen herunter kommen kann, und auch wo sich die Wogen gesamt gesehen in der Gruppe glätten, dass das einfach von heut auf morgen funktionieren kann. Das wäre einfach fein.“ Ein weiterer Aspekt der optimalen Zusammenarbeit bezieht sich auf die Kommunikation und Offenheit untereinander. Ein Klima, wo die Thematiken angesprochen werden können und gemeinsam ein Weg gefunden werden kann, ohne Konkurrenzdenken oder ein Abgeben und Verschieben von Kompetenzen. 343 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Auch ein Kontakt unabhängig von den Einzelfällen, das heißt eventuell jährliche Treffen und ein Austausch werden im Hinblick auf eine optimale Zusammenarbeit vorgeschlagen. Vor allem InterviewpartnerInnen aus Einrichtungen mit häufigerem Kontakt sehen die Zusammenarbeit jetzt bereits als optimal an und wüssten nicht, was noch zu verbessern wäre. Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt II-2 Gewicht: 100 Position: 125 - 126 Code: Kooperation\optimale Zusammenarbeit I: Und würden Sie sich auch so die optimale Zusammenarbeit vorstellen? „Ja im Moment eben bin ich am Optimum, ich lasse mich immer gerne überraschen, dass es noch besser wird. Vielleicht werden im Laufe der Jahre mehr Probleme auffallen. Aber so wie ich es wahrgenommen habe so in den eineinhalb Jahren, also im letzten Jahr und 3 Monaten ist es eine sehr gute Zusammenarbeit und mit Erfolgen gekrönt.“ Text: häufiger Kontakt\viel Kontakt I-2 Gewicht: 100 Position: 86 - 87 Code: Kooperation\optimale Zusammenarbeit I: Können sie mir da speziell einen Fall schildern, bei dem die Zusammenarbeit besonders gut funktioniert hat? „Ja bei der B. würd ich sagen, aber auch bei der S. ich wüsste nicht, wie es besser laufen sollte, mit dem Wissen, dass das da unten ja auch ein eigener Apparat ist, und wir da ein eigener Apparat sind und dass das sehr mühselig sein kann, wenn da der eine vom anderen etwas will, finde ich, dass es optimal gelaufen ist.“ Hier zeigt sich wieder, dass die Zusammenarbeit vor allem dann besser funktioniert, wenn man häufigeren Kontakt hat. 12.2.3 Resümee Hier sollen kurz die wichtigsten Ergebnisse der Interviewauswertung vor allem mit Blick auf die Fragestellungen zusammengefasst werden. In Bezug auf die erste Fragestellung, die durch den qualitativen Teil der Arbeit beantwortet werden sollte (vgl. Kapitel 10.3) und sich auf Unterschiede zwischen den Einrichtungen der JW mit denen es eine häufige Kooperation gibt und denen, mit denen nur wenig bis gar keine Kooperation vorhanden ist, bezieht, lassen sich folgende Punkte festhalten: Hinsichtlich struktureller Voraussetzungen konnte festgestellt werden, dass die befragten Einrichtungen mit weniger Kontakt auch weniger Kapazitäten hatten. Das heißt, die Einrichtungen waren kleiner. Dies ist allerdings eher als Hinweis aufzufassen und müsste durch eine quantitative Untersuchung verifiziert werden. Allerdings lässt sich dadurch die Hypothese formulieren, dass jene Einrichtungen mit weniger Kindern 344 und Jugendlichen seltener kinder- und Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion jugendpsychiatrische Hilfe benötigen. Auch konnte ein Hinweis darauf gefunden werden, dass jüngere Einrichtungen häufigeren Kontakt zur KJP hatten. Die Aufnahmeverfahren gestalten sich in den einzelnen Einrichtungen teilweise sehr ähnlich. Hier legen manche Einrichtungen einen sehr großen Wert auf die Freiwilligkeit und sehen die Aufnahme als aktiven Akt von Seiten des Kindes oder Jugendlichen an. Diese Freiwilligkeit in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt sollte jedoch kritisch hinterfragt und diskutiert werden. Eine Einrichtung trägt der Tatsache Rechnung, dass es sich in der Jugendwohlfahrt meist auch um einen Zwangskontext handelt, und gestaltet auch das Aufnahmeverfahren dementsprechende sehr unterschiedlich. Die Tagesstruktur in den einzelnen Einrichtungen unterscheidet sich auch nicht sehr wesentlich. Der einzige Unterschied besteht allerdings darin, dass manche Einrichtungen bewusst ein sehr wenig strukturiertes Freizeitprogramm anbieten. Hier kann jedoch durch die Interviews kein Zusammenhang zwischen einer weniger straffen Tagesstruktur und der Häufigkeit des Kontakts zur KJP festgestellt werden. In Bezug auf die pädagogische Grundhaltung konnten ebenfalls keine wesentlichen Unterschiede zwischen den Einrichtungen mit häufigerem und jenen mit weniger Kontakt zur KJP festgestellt werden. Es stellte sich zwar heraus, dass manche Einrichtungen ein sehr klares pädagogisches Konzept vertreten, während andere eher von individuellen pädagogischen Überzeugungen geprägt sind. Es kann jedoch nicht gesagt werden, dass jene Einrichtungen mit weniger Kontakt auch ein klareres pädagogisches Konzept vertreten. Die Definition von Problemfällen ist sehr individuell und unterschiedlich. Auffallend ist jedoch, dass jene Einrichtungen mit häufigerem Kontakt Problemfälle auch in Richtung psychiatrischer Diagnosen beschreiben. Dies weist möglicherweise darauf hin, dass das Verhalten in diesen Einrichtungen eher pathologisiert wird. Es könnte jedoch auch sein, dass man in diesen Einrichtungen durch diverse Erfahrungen für psychiatrische Auffälligkeiten sensibler geworden ist. In allen befragten Einrichtungen sind auch Kinder- und Jugendliche mit psychiatrischen Diagnosen untergebracht, unabhängig davon ob eher häufiger oder eher weniger Kontakt zur KJP bestand. Ebenfalls ist in allen Einrichtungen mindestens ein Kind oder Jugendlicher untergebracht, der Psychopharmaka nimmt. Das heißt, man kann davon ausgehen, dass in allen Einrichtungen die Klientel eine sehr ähnliche, mit ähnlichen Problemstellungen, ist. An dieser Stelle ist jedoch festzuhalten, dass nicht alle Befragten diesbezüglich Auskunft geben konnten. Das heißt, dass 345 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion psychiatrische Diagnosen anscheinend für die pädagogische Arbeit nicht immer relevant sind. Trotzdem gehören ein Grundverständnis von psychiatrischen Krankheiten sowie ein Wissen darüber, ob eine psychiatrische Störung vorliegt auch zu professioneller pädagogischer Arbeit. Ein klarer Unterschied konnte in Bezug auf den Umgang mit psychiatrischen Diagnosen gefunden werden. Es wurde deutlich, dass jene Einrichtungen mit weniger häufigem Kontakt psychiatrischen Diagnosen auch eine nebensächliche Bedeutung zuschreiben und diese nicht in den pädagogischen Alltag einfließen lassen. Durch die Interviews wurde ebenfalls deutlich, dass es für die einzelnen stationären Einrichtungen nur sehr wenige externe Unterstützungsmöglichkeiten gibt. In erster Linie werden hier das Team, im speziellen die Supervision als hilfreich erlebt. Externe Unterstützung gibt es am ehesten noch in Form von Therapeuten oder durch das LSF, jedoch konnten fast keine Unterstützungsmöglichkeiten innerhalb der Jugendwohlfahrt genannt werden. Als Gründe für die Überweisung in die KJP wurde vor allem die Selbst- und Fremdgefährdung sowie der Wunsch nach psychiatrischer Abklärung genannt. Hier ist jedoch festzuhalten, dass diesbezüglich die individuellen Einschätzungen eine große Rolle spielen. Noch einmal sei hier auf die Dokumentenanalyse verwiesen die zeigte, dass Kinder und Jugendliche aus Einrichtungen nicht häufiger im geschützten Bereich aufgenommen wurden als andere und die Abklärung im Vergleich zu den Kindern und Jugendlichen, die nicht in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht waren einen geringeren Teil ausmacht. Eine wesentliche Rolle spielt jedoch die entlastende Wirkung der KJP für stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, die von allen Befragten bestätigt wurde. Somit kann die Hypothese 8 (vgl. Kapitel 10.2), die sich auf die entlastende Wirkung der KJP für stationäre JW- Einrichtungen durch die Interviews als bestätigt angesehen werden. Für stationäre Fremdunterbringungsmöglichkeiten der Jugendwohlfahrt hat die Hilfestellung durch die KJP eine entlastende Wirkung Als schwierige Situationen wurden in dieser Arbeit vor allem selbstverletzendes und aggressives Verhalten bezeichnet. Dies sind auch jene Bereiche, für die sich nach Ansicht der Befragten eine Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie ergibt. Somit kann die Fragestellung, wann, bzw. bei welchen Kindern und Jugendlichen sich der Bedarf der Zusammenarbeit ergibt (vgl. Kapitel 10.3) aus durch die Interviews beantwortet werden. Hier zeigte sich in den einzelnen Einrichtungen auch ein unterschiedlicher Zugang. In Bezug auf selbstverletzendes Verhalten zum Beispiel gibt es Einrichtungen, die eine klare Prozedere haben, 346 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion wenn es zu selbstverletzendem Verhalten kommt. Es wird sofort ein Arzt oder das Krankenhaus aufgesucht und eventuell weitere Schritte bis hin zur Einweisung in die KJP veranlasst. Andere Einrichtungen hingegen meinen, dass auch selbstverletzendes Verhalten pädagogisch bearbeitbar ist und per se nicht ein Grund für eine Einweisung ist. An dieser Stelle kann zwar der unterschiedliche Zugang verschiedener Einrichtungen festgestellt werden, es kann jedoch nicht bestätigt werden, dass jene Einrichtungen mit häufigerem Kontakt in solchen Situationen auch eher einweisen. Festzuhalten ist, dass die unterschiedlichen Einrichtungen auch mit Sicherheit unterschiedliche Verhaltensgrenzen definieren, wann in schwierigen Situationen der Punkt erreicht ist eine Einweisung in die KJP zu veranlassen. Zusätzlich kommt es auch noch auf die individuelle Einstellung der BetreuerInnen und deren Erfahrung an. Unbestritten bleibt, dass es Kinder und Jugendliche gibt, die zwischen den Einrichtungen hin und her geschoben werden. Um dieses zu verhindern wäre laut Aussagen der Fachkräfte einerseits ein Konsiliar- oder Liaisondienst bzw. auch eine kinder- und jugendpsychiatrische Wohngemeinschaft hilfreich. Zusätzlich wird die Forderung nach einer ausführlichen psychiatrischen Diagnostik deutlich, die jedoch nur dann Sinn machen kann, wenn diese auch in die pädagogische Arbeit miteinbezogen wird. An dieser Stelle wurde jedoch durch die Interviews deutlich, dass psychiatrische Diagnosen nicht immer Relevanz für die PädagogInnen haben. Diesbezüglich zeigte sich jener Unterschied, dass BetreuerInnen aus Einrichtungen mit weniger Kontakt zur KJP psychiatrischen Diagnosen auch weniger Bedeutung vor allem für das eigene pädagogische Handeln zuschreiben. An dieser Stelle ist es sicher von Bedeutung, inwieweit ein gewisses Problemverhalten pathologisiert wird. Wenn dieses von PädagogInnen als krankhaft interpretiert wird, wird man natürlich Hilfe und Rat in der KJP suchen. In Bezug auf die Fragestellung, welche Konsequenzen Fachleute aus psychiatrischen Diagnosen ziehen (vgl. Kapitel 10.3), kann somit festegestellt werden, dass der Umgang diesbezüglich sehr unterschiedlich ist. An dieser Stelle ist noch einmal zu erwähnen, dass nicht alle Befragten Auskunft darüber geben konnten, wie viele der betreuten Kinder und Jugendliche psychiatrische Diagnosen haben. Somit stellt sich die Frage, ob das Wissen über psychiatrische Diagnosen für professionelles pädagogisches Handeln von Bedeutung ist. Ein weiterer Punkt der an dieser Stelle noch einmal betont werden soll ist, dass wenn die Fachkräfte an ihre Grenzen stoßen, es meist keine andere Möglichkeit gibt, als die KJP zu konsultieren. Dies soll durch das folgende Zitat wiederum betont werden: 347 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Text: häufiger Kontakt\viel kontakt III-1 Gewicht: 100 Position: 123 - 123 Code: Kooperation „Ah, ich denke man muss immer aufpassen, dass wir ja nicht abschieben ins LSF, weil die Angst ist immer da, so quasi wenn wir nicht können, schicken wir sie ins LSF. Ist oft sogar gewesen, ganz klar, gebe ich zu. Nur wir haben das Problem, was sollen wir machen? Die Eltern nehmen ihn nicht, ah, wir können... in der WG ist es nicht möglich dass er bleibt. Und dass es da eine Zwischenlösung geben muss, und vielleicht gibt es psychiatrische, neben Krisun oder Tartaruga, so was in der Richtung.“ Hier wird vor allem die Hilflosigkeit, die auch durch fehlende Angebote innerhalb der Jugendwohlfahrt entsteht, deutlich. Wir haben es in der Jugendwohlfahrt ohnehin mit Kindern und Jugendlichen in schwierigen Situationen zu tun. Einige von ihnen brauchen jedoch mehr Ressourcen, als ihnen eine sozialpädagogische Wohngemeinschaft bieten kann. Hier müssen wir einerseits Kooperationsmodelle finden und andererseits auch neue Einrichtungen konzipieren, die genügend Ressourcen zur Verfügung haben, um auch diese sozial- und emotional benachteiligten Kinder halten zu können. Ein weiterer wichtiger Bereich in den Interviews war die geschlossene Unterbringung im Jugendwohlfahrtsbereich. Hier steht die Hypothese dahinter, dass ein Grund für die Einweisung in die KJP der geschützte Bereich ist und dass, wenn es in Jugendwohlfahrtseinrichtungen die Möglichkeit gäbe, kurzzeitig die Türe zuzusperren, manche Einweisungen verhindert werden könnten (vgl. Hypothese 11- Kapitel 10.2). In den Interviews spiegelt sich die öffentlich kontroverse Diskussion um geschlossene Unterbringung wider. Einige lehnen diese kategorisch ab, während andere einen Bedarf unter gewissen Umständen erkennen würden. Vor allem in einem Interview wurde jedoch deutlich, dass die Möglichkeit der Unterbringung im geschützten Bereich der Abteilung ausschlaggebend für die Einweisung war. Ebenfalls wurde durch die Interviews deutlich, dass die in den stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen Beschäftigten Ausbildungen in sehr unterschiedlichen Bereichen aufweisen. Die meisten Befragten äußerten, in der Ausbildung zwar mit psychiatrischen Krankheitsbildern konfrontiert worden zu sein, in Bezug auf den Umgang mit schwierigen Situationen durch die Ausbildung jedoch wenig vorbereitet worden zu sein. Diesbezüglich lässt sich der erste Teil der Hypothese 12 (vgl. Kapitel 10.2) bestätigen. BetreuerInnen in stationären JWEinrichtungen wurden während ihrer Ausbildung nicht oder nur sehr wenig auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen vorbereitet. Hier fühlten sich nur jene mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung und ein weiterer Befragter ausreichend vorbereitet, was einen Hinweis darauf liefert, dass die Praxis 348 sowie die Selbsterfahrung in der Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion psychotherapeutischen Ausbildung eine Rolle spielt. Auch wenn man theoretisch wahrscheinlich nie ausreichend auf die Praxis vorbereitet werden kann, sollte diese Tatsache doch in die Konzeptionierung pädagogischer Ausbildungen mit einbezogen werden. Vor allem erscheint die Einbeziehung der Selbsterfahrung und Selbstreflexion insbesondere im Umgang mit Gewalttätigkeiten und selbstverletzendem Verhalten von besonderer Bedeutung. Auch die Absolvierung diverser Pflichtpraktika in den unterschiedlichen Ausbildungen sollte vermehrt zum Thema gemacht werden. Die Kooperation der befragten Einrichtungen zur KJP wurde vor allem durch gemeinsame Fälle aufgebaut. Grundsätzlich läuft der Kontakt über die interpersonelle Ebene. Es gibt keine institutionalisierte Kooperation mit einem klaren Konzept. Dies wäre in der Folge zu bearbeiten und zu entwickeln. Die Frage nach Erwartungen stationärer Einrichtungen der JW an die KJP (vgl. 10.3) lässt sich ebenfalls durch die Interviews beantworten. Erwartungen beziehen sich vor allem auf gegenseitige Wertschätzung und Anerkennung bzw. eine ausreichende psychiatrische Diagnostik und geeignete Medikation. Ebenfalls werden ein Informationsaustausch und klar definierte Ansprechpartner erwartet. In Bezug auf Erwartungen von Seiten der KJP wurde die Vermutung geäußert, dass diese sich wahrscheinlich erwartet, dass Kinder und Jugendliche nicht leichtfertig abgegeben werden. Durch die Interviews wurde wie bereits angenommen auch deutlich, dass die Ebene der Gesamtversorgung wesentlich zur Kooperation beiträgt. Vor allem fehlende Ressourcen und Angebote führen dazu, dass für Kinder und Jugendliche in schwierigen Situationen keine adäquaten Hilfen vorhanden sind und sich Fachkräfte und Einrichtungen überfordert fühlen. Bezugnehmend auf die Hypothese 13 (vgl. Kapitel 10.2) kann somit folgende Schlussfolgerung gezogen werden: Durch die Interviews konnte festgestellt werden, dass Angebote im Rahmen der JW ausgebaut werden müssen. Vor allem auch Institutionen (z.B. kinder- und jugendpsychiatrische Wohngemeinschaften usw.), die sich sowohl auf das Gesundheitssystem wie aber auch das System der JW beziehen, wurden von den befragten Fachkräften immer wieder gefordert. In schwierigen Situationen werden vor allem das Team, speziell die Supervisionen als hilfreich empfunden, während es von außen eher wenig Unterstützungsmöglichkeiten von Seiten der Jugendwohlfahrt gibt. Aus diesem Grund wird häufig die KJP konsultiert, da es sonst keine Möglichkeiten gibt. Die Hypothese, dass dien Schaffung möglichst gemeindenaher ambulanter Dienste die KJP entlasten würde (vgl. Kapitel 10.2) lässt sich in diesem Zusammenhang nicht überprüfen. Es gibt jedoch einen Hinweis darauf, dass zusätzliche psychiatrische Hilfen die KJP entlasten. 349 Ergebnisse der Untersuchung und Diskussion Spannungen in der Zusammenarbeit ergeben sich vor allem durch einen mangelnden Informationsaustausch und das Gefühl von Seiten der Einrichtungen in ihrem Standpunkt teilweise nicht ernst genommen zu werden und als Professionelle nicht genügend Wertschätzung zu erfahren. Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auch darauf, dass die kinder- und jugendpsychiatrische Station immer überlastet ist und zu wenige Kapazitäten gegeben sind. Dies ist vor allem auch in Bezug auf die Gesamtversorgung öfters angesprochen worden. Auch im Hinblick auf eine optimale Zusammenarbeit wurde der Wunsch immer wieder deutlich angesprochen, dass mehr freie Kapazitäten bestehen müssten. Ebenfalls wurde ein wertschätzendes Klima, in dem alle Thematiken offen angesprochen werden können und es nicht zu einem Konkurrenzdenken kommt, als Wunsch thematisiert. Einige Einrichtungen, vor allem jene mit häufigerem Kontakt berichten jedoch bereits von einer optimalen Zusammenarbeit. Es konnte durchwegs beobachtet werden, dass in den Einrichtungen mit weniger häufigem Kontakt die Kooperation auch kritischer beurteilt wurde. Dadurch wird deutlich, dass ein wesentlicher Aspekt in der Kooperation das gegenseitige Kennen lernen und Verstehen der Konzepte ist. Durch die Interviews wurde klar, dass es nicht unbedingt einen Unterschied in der Struktur der einzelnen Einrichtungen mit häufigerem und mit weniger Kontakt gibt. Es bestehen jedoch Unterschiede in Bezug auf die Beurteilung problematischen Verhaltens. Ebenfalls zeigte sich, dass es für stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt nur sehr wenige Unterstützungsmöglichkeiten von außen gibt. Daher bleibt ihnen meist gar keine andere Wahl, als in schwierigen Situationen die KJP zu konsultieren. Hier müssten unbedingt neue Einrichtungen und Konzepte geschaffen werden, damit es möglich wird, auch für besonders schwierige Kinder und Jugendliche adäquate Hilfemaßnahmen zu bieten. Im Moment scheint es allerdings im Jugendwohlfahrtssystem so zu sein, dass sich Kinder und Jugendliche mit multiplen Problemen an die Einrichtungen anpassen müssen. Wenn sie jedoch immer wieder die Grenzen überschreiten, werden sie genau aus demselben Grund entlassen, weshalb eine Fremdunterbringung überhaupt notwendig wurde. Dies löst in den Kindern wieder ein Gefühl des Versagens aus und ist von zahlreichen Beziehungsabbrüchen verbunden. Ein weiterer Punkt bezieht sich darauf, dass es zu wenige Möglichkeiten der Fremdunterbringung gibt und sich die Einrichtungen teilweise die Kinder und Jugendlichen aussuchen können. Natürlich wird sich eine Einrichtung dann nicht für das Kind oder den Jugendlichen mit der schwierigsten Vorgeschichte entscheiden. Ebenfalls kritisch hinterfragt und zur Diskussion gestellt soll die Freiwilligkeit in der Jugendwohlfahrt werden. 350 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation 13 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation In diesem Kapitel sollen konkrete Vorschläge gemacht werden, durch die die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP verbessert werden könnte. Dabei werden neben der interpersonellen und der interinstitutionellen Ebene vor allem die Ebene der Gesamtversorgung berücksichtigt. Die Vorschläge ergeben sich einerseits aus den Ergebnissen der empirischen Studie, wie aber auch aus der Literatur zu diesem Thema. Schon Gintzel und Schone (1990: 47f) haben aufgrund ihrer Studie in Deutschland in den 1990er Jahren einige Empfehlungen formuliert, die wie die vorliegende Studie nahe legt zu einer Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP auch in der Steiermark beitragen könnten. Sie meinen: - von Seiten der Heime muss eine kontinuierliche Beratung, Fortbildung und Supervision für die MitarbeiterInnen sichergestellt sein, um diese in die Lage zu versetzen, in Krisensituationen angemessen zu reagieren und mit Fällen „permanenter Ratlosigkeit“ umgehen zu können. - Für die Fachkräfte der Jugendwohlfahrtseinrichtungen sind Fortbildungsangebote sicherzustellen, die sie befähigen Krisen besser und früher zu erkennen und diese schließlich auch zu bewältigen. Schon in der Ausbildung der Fachkräfte sollte dem Problem des Auftretens von Krisensituationen mehr Platz eingeräumt werden. - Einrichtungen der Jugendwohlfahrt müssen die Möglichkeit der Beratung durch einen Jugendpsychiater haben. Eine wirkungsvolle Beratung setzt allerdings die Bereitschaft beider Seiten voraus, sich auf die Sichtweisen des jeweils anderen einzulassen. - Wenn Jugendpsychiater von der Einrichtung zur Diagnose und gegebenenfalls zur Behandlung hinzugezogen wird, muss zuerst geprüft werden, inwieweit die Diagnose und/oder Behandlung in der Einrichtung durchzuführen ist. - Wenn eine Überweisung von einer Einrichtung in die kinder- und jugendpsychiatrische Klinik stattfindet, sollte sichergestellt sein, dass ein umfassender Verständigungsprozess zwischen den Fachkräften der KJP und den Einrichtungen der Jugendwohlfahrt frühzeitig erfolgt. Bei ad-hoc Überweisungen z.B. nach Suizidversuchen muss der Verständigungsprozess unmittelbar eingeleitet werden. - Vom Heim sollen die organisatorischen und finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt werden, sodass die GruppenmitarbeiterInnen das Kind oder den Jugendlichen regelmäßig in 351 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation der Klinik besuchen können. Analog zur Einbeziehung der Eltern muss die Klinik die Einbeziehung der HeimmitarbeiterInnen gewährleisten. - Bei der Überweisung von einer Einrichtung der Jugendwohlfahrt in eine kinder- und jugendpsychiatrische Klinik muss sichergestellt sein, dass das Kind oder der Jugendliche in die Einrichtung zurückkehren kann. Die Klinik darf nicht als Zwischenstation bei einer Verlegung dienen. - Von Seiten der Jugendwohlfahrt müssen individuelle Betreuungsmöglichkeiten für Kinderund Jugendliche mit besonders ausgeprägten, eskalierten Lebenskrisen geschaffen werden. Jugendpsychiatrische Kompetenz sollte in diesen Betreuungsformen jederzeit hinzuziehbar sein. In Blickrichtung auf die Arbeit in kinder- und jugendpsychiatrischen Kliniken kommen Gintzel und Schone (1990: 48) zu weiteren Empfehlungen: - Für Fachkräfte der KJP sind ausreichend Fortbildungsangebote zu schaffen, die ihnen einen Einblick in das Jugendwohlfahrtssystem vermitteln. - Bei der Behandlung von Kindern und Jugendlichen ist bei absehbarer Fremdunterbringung so früh wie möglich das Jugendamt zu informieren. Die Fachkräfte des Jugendamtes, der Klinik und der Jugendwohlfahrtseinrichtung haben mit den Betroffenen den Unterbringungsprozess gemeinsam zu planen. - Dort wo das Jugendamt die Klinikeinweisung initiiert hat, muss sich die Fachkraft regelmäßig über die Entwicklung des Kindes informieren, bzw. ist von der Klinik darüber zu informieren. Für weitere Planung ist die Fachkraft Ansprechperson. - Beim Wechsel eines Kindes oder Jugendlichen von der Klinik in eine Einrichtung der Jugendwohlfahrt sind Verständigungsprozesse zwischen den beteiligten Fachkräften zu sichern. Wenn ein Bedarf von Seiten der Einrichtung formuliert wird, oder wenn die Klinik es für nötig hält, ist die weitere Betreuung durch eine zuständige Fachkraft zu gewährleisten. - Sind nach einer Überweisung von der Klinik in ein Heim kinder- und jugendpsychiatrische Nachsorgeaufgaben zu gewährleisten, sind von der Klinik die notwendigen organisatorischen und zeitlichen Bedingungen dafür bereitzustellen. Hierfür haben die Kostenträger die finanziellen Voraussetzungen zu schaffen. Darüber hinaus halten Gintzel und Schone (1990: 49) folgende Punkte für notwendig: - Wenn über einen Wechsel eines Kindes oder Jugendlichen in eine andere Einrichtung zu entscheiden ist, sind der Betroffene, die familiären Bezugspersonen, Fachkräfte der Einrichtung, der Klinik und des Jugendamtes auf jeden Fall in die Entscheidung mit einzubeziehen. 352 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation - Dehnen sich Aufenthalte von Kindern und Jugendlichen in einer kinder- und jugendpsychiatrischen Klinik über mehr als ein halbes Jahr aus, sollte von Seiten der Klinik ein gemeinsames Planungsgespräch mit den Fachkräften des Jugendamtes, des Betroffenen und der familiären Bezugsperson organisiert werden, in dem die weitere Planung besprochen werden muss. Sollte eine Fortführung der Behandlung auch im außerklinischen Bereich möglich sein, hat das Jugendamt eine geeignete Wohn- und Lebensmöglichkeit für den jungen Menschen bereitzustellen. - Übergangshilfen für langzeitig behandlungsbedürftige Kinder- und Jugendliche sollten an Einrichtungen der Jugendwohlfahrt angegliedert werden. Für Übergangseinrichtungen ist die jugendpsychiatrische Versorgung durch Ambulanzen oder niedergelassene JugendpsychiaterInnen sicherzustellen. Diese Punkte sind Vorschläge, wie die Zusammenarbeit im bestehenden System verbessert werden könnte. Einige Punkte werden tatsächlich schon so gehandhabt, bei anderen gestaltet sich die Umsetzung jedoch schwieriger. An dieser Stelle ist anzumerken, dass obwohl Gintzel und Schone zu ähnlichen Schlussfolgerungen kommen, die vorliegende Studie über die von Gintzel und Schone sowie weiteren deutschen Studien zum Thema hinaus geht. In diesen Studien wurden Interviews einerseits mit VertreterInnen der Kinder- und Jugendpsychiatrie und andererseits mit behördlichen SozialarbeiterInnen d.h. mit VertreterInnen des Jugendamtes durchgeführt. Interviews mit Fachleuten aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen wurden nur marginal miteinbezogen. Aus diesem Grund war es wichtig, auch diese Perspektive in die Diskussion um die Kooperation mit einfließen zu lassen. Daher wurde in dieser Arbeit der Fokus primär auf die Zusammenarbeit zwischen stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen und der Kinder- und Jugendpsychiatrie gelegt. Natürlich spielt hier auch die Gesamtversorgung sowie die Zusammenarbeit mit den Behörden eine wichtige Rolle. Dies muss in Anlehnung an Gintzel und Schone für die Steiermark noch gesondert untersucht werden. Es deutet jedoch alles darauf hin, dass die Ergebnisse, die Gintzel und Schone präsentierten nicht wesentlich von der Situation in der Steiermark abweichen werden. Die Neuheit der vorliegenden Studie liegt weiters in der quantitativen Untersuchung, die in dieser Art in keiner Studie durchgeführt wurde. Durch die quantitativen Daten lassen sich Aussagen treffen, wie sich die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die die Hilfe vom System der stationären Jugendwohlfahrt wie auch dem System der Kinder- und Jugendpsychiatrie in Anspruch nimmt, aufgrund von den erhobenen Parametern charakterisieren lässt. In diesem Zusammenhang wurden zwar Betreuungsfälle im Rheinland- Pflalz in der Studie von Birgit Kalter „Krisenintervention und Kooperation von Jugendhilfe und Jugendpsychiatrie“ erhoben 353 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation und die Basisdokumentation der Jugendpsychiatrie ausgewertet, jedoch wurden diese Daten vor allem dafür herangezogen, um die Menge der Kinder und Jugendlichen, die von beiden Systemen betreut wurden zu quantifizieren (vgl. Kalter, 2004c: 39ff.). Ebenso ist zu betonen, dass keine vergleichbaren Studien für die Situation in Österreich vorliegen. Obwohl in der Studie von Gintzel und Schone und in der vorliegenden Studie unterschiedliche methodische Zugänge gewählt wurden, kam es zu ähnlichen Ergebnissen in Bezug auf Lösungsvorschläge. Weitere Punkte, wie KJP und Einrichtungen der Jugendwohlfahrt weiterentwickelt werden können wären: - Die KJP muss auf jeden Fall in die Planung kommunaler Jugendwohlfahrtsplanung beteiligt werden. Aufgrund ihres Zugangs kann KJP „einen wichtigen Beitrag zur Bearbeitung der Frage leisten, wo objektive Verhältnisse (defizitäre Lebenslagen) in subjektives Leid umschlagen, und somit den Blick dafür schärfen, wo präventive Strategien ansetzen und wie sie beschaffen sein müssen“ (Gintzel/Schone, 1990:50). - Auf regionaler Ebene sind Arbeitskreise (Heime, Jugendämter, zuständige Klinik, ambulante Erziehungshilfen etc.) einzurichten, um das Angebot an psychosozialen Hilfen für Kinder- und Jugendliche kleinräumig zu organisieren und zu koordinieren. - Bei den Jugendämtern, gegebenenfalls in Zusammenarbeit mit Erziehungsberatungsstellen sind jugendpsychiatrische Fachkräfte anzusiedeln, die bezogen auf die Arbeit in Heimenpräventiv tätig werden, indem sie MitarbeiterInnen fachlich beraten, begleiten, fortbilden und die Arbeit der Heime konsiliarisch unterstützen. - Auf der Ebene des allgemeinen Austausches zwischen den Fachkräften der unterschiedlichen Professionen sind Fachtagungen und Kongresse durchzuführen. - Für die Weiterentwicklung der sozialen und psychosozialen Hilfen sind interdisziplinäre Forschungen durchzuführen. Aber auch für den Jugendwohlfahrtsbereich ergeben sich einige Forderungen, die nur in einem sozialpolitischen Diskurs umgesetzt werden können. Heime und Wohngemeinschaften müssen besser ausdifferenziert werden. Heipertz sieht auch eine verbesserte Betreuung durch personelle Verbesserungen d.h. mehr Planstellen und eine höhere Qualifikation der Mitarbeiter für notwendig, sowie die Möglichkeit auch für Heime, Jugendliche in Lebenskrisen schützen zu können. Dazu gehört seiner Meinung nach, eine gesteigerte Aufsicht durch Betreuer und die Möglichkeit auch einmal die Türe zusperren zu können (vgl. ebd.). 354 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation Auch Klaus Münstermann (1990: 127f) zeichnet eine Idealvorstellung von Jugendwohlfahrtserziehung, die ihrerseits die Strukturen so verbessern würde, dass eine Zuhilfenahme der KJP nicht notwendig ist. Er fordert kleine, überschaubare stabile Gruppen mit ausgebildetem berufserfahrenem pädagogischem Personal, das in der Lage ist, auch unter schwierigen Bedingungen mit einer therapeutischen Grundhaltung ganzheitlich zu denken und zu handeln. Auch wäre seiner Meinung nach eine Jugendwohlfahrtseinrichtung wünschenswert, die in der Lage ist, für jeden Einzelfall ein bestimmtes Setting innerhalb kurzer Zeit zu organisieren. In weiterer Folge wäre ein schulisches und berufliches Förderangebot notwendig, in dem unterschiedliche Angebote für jeden einzelnen Fall zur Verfügung stehen. Auch ein Team von gruppenergänzenden Mitarbeitern unterschiedlicher Fachdisziplinen würde benötigt werden. Münstermann ist sich damals dessen bewusst, dass es sich hier um eine Idealvorstellung handelt, von der die Realität weit entfernt ist (vgl. ebd.: 130). Auch wenn diese Vorstellung von der Realität weit entfernt ist, müssen wir dennoch einen Schritt in diese Richtung gehen und gerade für besonders schwierige Kinder und Jugendliche spezialisierte Angebote mit eventuell zusätzlichen kinder- und jugendpsychiatrischen Kompetenzen schaffen. So kommt es zu einigen Aspekten, die über die Forderungen von Gintzel und Schone sowie Heipertz und Münstermann hinausgehen und sich durch die vorliegende Untersuchung ergeben haben. Zu denken wäre zum Beispiel an kinder- und jugendpsychiatrische Tageszentren oder noch einen Schritt weiter an eine kinder- und jugendpsychiatrische Wohngemeinschaft zur psychischen Rehabilitation. Auch Möglichkeiten der Intensivbetreuung müssten geschaffen werden. Fest steht, dass Einrichtungen der Jugendwohlfahrt flexibel gestaltet sein müssen, um sich individuellen Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen anzupassen. Wir können gerade von diesen sozial- und emotional benachteiligten Kindern und Jugendlichen nicht verlangen, dass sie sich an bestehende Angebote anpassen, was nicht bedeuten soll, dass gerade diese Kinder nicht besonders klare Strukturen und Grenzen benötigen. Obwohl durch die Interviews immer wieder deutlich wurde, dass laut Fachkräften, die KJP nur bei Selbst- oder Fremdgefährdung in Anspruch genommen wird, könnten durch die Ausstattung von Jugendwohlfahrtseinrichtungen mit zusätzlichen Kompetenzen eventuell kleinere Krisen genauso gut direkt in den Einrichtungen der Jugendwohlfahrt abgefangen werden. Ein Streit um Zuständigkeiten ist an dieser Stelle wenig angebracht. („Wer kann der darf“)- (vgl. Lempp In: Gintzel/Schone 1990: 21ff). Vielleicht wäre es auch hilfreich, klare Kriterien, zu formulieren, wann eine Aufnahme auf einer kinder- und jugendpsychiatrischen Station indiziert ist. 355 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation Um die Zusammenarbeit zwischen Jugendwohlfahrt und KJP zu verbessern, ist wie bereits durch die Lösungsvorschläge, die in der Literatur beschrieben sind, deutlich wird auch eine Zusammenarbeit auf politischer Ebene erforderlich. Es muss vor allem darum gehen, Angebote zu schaffen, die einerseits durch das Gesundheitssystem und andererseits durch die Jugendwohlfahrt finanziert werden. Einerseits weil es nun einmal einen nicht unbeträchtlichen Teil von Kindern und Jugendlichen gibt, die Hilfen aus beiden Systemen benötigen, und andererseits, um Verschiebungen von Zuständigkeiten und einen Streit um Zuständigkeiten zu vermeiden. Für diese Kinder und Jugendlichen müssen sich beide Systeme verantwortlich fühlen und einen Schritt aufeinander zugehen, um Differenzen nicht auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen auszutragen. Vor allem auch die Finanzierung durch unterschiedliche Systeme erscheint hier problematisch. Wenn ein Kind oder Jugendlicher auf einer psychiatrischen Station behandelt wird, entstehen dem Jugendwohlfahrtssystem keine zusätzlichen Kosten, obwohl hier davon auszugehen ist, dass das Kind oder der Jugendliche eine zusätzliche hochqualifizierte Behandlung und Betreuung erhält. Auch umgekehrt entstehen dem Gesundheitswesen keine Kosten, solange ein Kind oder Jugendlicher in einer stationären Jugendwohlfahrtseinrichtung betreut wird. Es braucht also unbedingt eine Lösung des zersplitterten Finanzierungsproblems, damit die Liaisondienst für Ausgrenzungsproblematik von dieser Seite her nicht forciert wird. Eine konkrete Möglichkeit der Zusammenarbeit wäre ein Jugendwohlfahrtseinrichtungen. Das heißt, ein Kinder- und Jugendpsychiater, der idealerweise auch in eine Institution eingebettet ist, würde für einige Stunden in der Woche in die Einrichtung kommen, um eventuelle Fragen klären zu können, Hilfestellungen bei der Bewältigung krisenhafter Situationen zu geben, eventuell psychiatrisch nach zu betreuen u.s.w. Diese Zusammenarbeit muss allerdings institutionalisiert sein. In Deutschland, wo es ähnliche Modelle bereits gibt, wurde in einer Studie von Hoops/ Permien (2006) ebenfalls durch Interviews deutlich, dass diese als Entlastung empfunden werden. Hier heißt es: Wo es solche Kooperationen schon gibt, erlebt das Heimpersonal es als sehr entlastend, regelmäßig die Sprechstunde einer Klinikambulanz oder einer niedergelassenen Jugendpsychiaterin oder eines Jugendpsychiaters nutzen zu können. Die Jugendpsychiatrien sehen Vorteile für sich und die Jugendlichen darin, dass sich dadurch krisenhafte Entwicklungen rechtzeitig begrenzen lassen und Jugendliche, die sonst an die Kliniken „weitergereicht“ würden, selbst für offene Heime „tragbar“ bleiben (Hoops/Permien, 2006: 97f.). Zu überlegen wäre die Einrichtung eines Jugendpsychiatrischen Dienstes nach dem Vorbild von Hamburg, der vor allem von den Heimen in Anspruch genommen werden kann. Der Jugendpsychiatrische Dienst übernimmt vor allem eine Art clearing Funktion und überweist schließlich an geeignete Therapie- oder Beratungseinrichtungen. 356 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation Wie auch schon von Gintzel und Schone angesprochen, sollte auch die kinder- und jugendpsychiatrische Perspektive bei der Jugendwohlfahrtsplanung nicht außer Acht gelassen werden. Für die Steiermark würde ein erster Schritt eventuell darin liegen, eine(n) Vertreter(in) der KJP in den Jugendwohlfahrtsbeirat, der als beratendes Organ wirkt, aufzunehmen. Es muss jedoch nicht nur eine Veränderung im Hinblick auf Jugendwohlfahrtseinrichtungen passieren, auch die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung muss weiter ausgebaut werden. Hierzu ist ein kinder- und jugendpsychiatrischer Versorgungsplan notwendig, der bereits in Entstehung ist. Vor allem auf ambulante Versorgung, die möglichst gemeindenah sein sollte, muss vermehrt Augenmerk gelegt werden. Diesbezüglich gibt es auch schon Erfahrungen im Bereich der Erwachsenenpsychiatrie. Hier hat sich gezeigt, dass der Bedarf an Betten pro Einwohnern umso niedriger ausfällt, je effektiver die ambulanten Dienste arbeiten und je besser sie personalmäßig ausgestattet sind (vgl. Köttgen, 1990: 56). In diesem Zusammenhang müssen auch niedergelassene Kinder- und Jugendpsychiater gefördert werden. Eine weitere Notwendigkeit, nicht nur im Zusammenhang mit der Kooperation zwischen stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen und der KJP, wären Kriseninterventionszentren und – dienste. Diese könnten Kompetenzen anbieten, die auch für Jugendwohlfahrtseinrichtungen hilfreich sind und eine Unterstützungsmöglichkeit sein könnten. Denn nicht jede Krise verlangt gleich nach einer psychiatrischen Behandlung. Katharina Purtscher (2007: 79) schreibt dazu: Die in mittlerweile manchen Städten schon errichteten therapeutischen Kriseninterventionszentren für Jugendliche schließen eine wichtige Lücke in der Frühbehandlung und Krisenintervention und sollten zumindest in Ballungsräumen flächendeckend eingerichtet werden. Frühe Interventionen und Hilfestellungen können die Langzeitfolgen erheblich verringern und helfen so, dass Jugendliche nicht ein von traumatisierenden Ereignissen geprägtes Leben führen- weder als Opfer noch als Täter. Eine Möglichkeit in dieser Hinsicht wären auch geschlossene Clearingstellen als erweitertes Angebot der Jugendwohlfahrt wie sie in Bayern bereits bestehen. Diese übernehmen Clearingfunktionen, die in anderen Regionen von der Kinder- und Jugendpsychiatrie durchgeführt werden müssen. Hierzu schreiben Hoops/ Permien (2005: 96): Während in Bundesländern ohne FM [freiheitsentziehende Maßnahmen] in der Jugendhilfe solche Clearingfunktionen der Jugendpsychiatrie zugeschrieben werden, übernehmen in Bayern Clearingstellen der Jugendhilfe, die mit Freiheitsentzug arbeiten, zum Teil solche Clearingaufgaben unter engem Einbezug der Psychiatrie. 357 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation Unbestritten ist, dass die meisten der Kinder und Jugendlichen, die in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen fremd untergebracht sind, auch eine Form von Trauma erlitten haben. Daher besteht die Forderung nach einer Traumapädagogik, bzw. traumaadäquaten Pädagogik in diesen Einrichtungen (vgl. Purtscher, 2007: 77f.). Diesbezüglich müssen vor allem die pädagogischen Ausbildungen adaptiert werden. Dahingehend wäre höchstwahrscheinlich auch eine Vereinheitlichung der pädagogischen Ausbildungen im Hinblick auf unterschiedliche Inhalte sinnvoll. Vor allem auch auf die Selbstreflexion und Selbsterfahrung sollte vermehrt Wert gelegt werden, da es im pädagogischen Alltag immer wieder zu Situationen kommt, in denen individuelle Einstellungen und Erfahrungen einen großen Einfluss auf Reaktionen und Handlungen gegenüber Kindern und Jugendlichen haben. Es muss der Druck von den MitarbeiterInnen der Einrichtungen genommen werden, dass sie während ihres Dienstes alle denkbaren abweichenden Verhaltensweisen von Jugendlichen unbedingt verhindern müssen. Hier muss zu einer Einstellung gelangt werden, dass man darauf unmittelbar keinen Einfluss hat. Man kann lediglich Rahmenbedingungen schaffen, die Deeskalation bedeuten können (vgl. Schone, 1995: 124). Vielleicht wären auch gegenseitige Hospitationen hilfreich, um eine gute Vernetzung zwischen KJP und Einrichtungen der Jugendwohlfahrt zu gewährleisten. Gintzel und Schone haben dies als Vorschlag im Zusammenhang mit Interviews mit unterschiedlichen Fachkräften herausgearbeitet. Sie gehen noch einen Schritt weiter und geben zu überlegen, ob es vielleicht sinnvoll wäre, dass man bei Aufnahmen aus einer Klinik dort für einige Tage hospitiert, um den Jugendlichen abzuholen und nach dem Wechsel ins Heim, Klinikmitarbeiter dort hospitieren, um den Jugendlichen zu begleiten. Dieses am Jugendlichen orientierte Verfahren würde eventuell auf Dauer zu einem breiten Kooperationsnetz führen (vgl. Schone, 1995: 126). Auch wenn gegenseitige Hospitationen vielleicht zu aufwändig wären, sollten wir uns doch bewusst sein, dass die Kooperation auf jeden Fall dadurch erleichtert wird, wenn man sich gegenseitig kennen lernt und die unterschiedlichen Arbeitsweisen und Konzepte kennt. So werden eventuell Vorurteile abgebaut und die Kontaktaufnahme erleichtert. 358 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation Ebenfalls von Vorteil wären klare Kooperationsvereinbarungen, die in Deutschland schon in der Studie von Hoops und Permien (2006) gefordert wurden. Hier heißt es deutlich: […] Das Spektrum reicht weiter über die Etablierung fallübergreifender bilateraler Kontakte zwischen Jugendpsychiatrie, Jugendämtern und Heimen und gemeinsamen Fortbildungen bis hin zu detaillierten Kooperationsvereinbarungen zwischen Psychiatrie und Jugendhilfe und beiden Seiten zugängliche „Strukturschemata“, die die jeweiligen Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner, Verantwortlichkeiten, Kompetenzen und Kooperationserfordernisse sowie die Handlungsmöglichkeiten in Konflikt- und Krisenfällen übersichtlich darstellen. Solche Vereinbarungen gibt es erst selten, sie scheinen aber angesichts von Personalfluktuation notwendig, um personenunabhängige Kooperationsstrukturen und den Wissenstransfer im Hinblick auf das fachliche Vorgehen und die Arbeitsbedingungen des jeweils anderen Systems zu sichern (Hoops/Permien, 2006: 99). Auch regelmäßige Kooperationstreffen mit stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt auf der einen und Jugendämtern auf der anderen Seite könnten zu einer Verbesserung der Kooperation beitragen. Steger (2005: 75) schreibt dazu: So können KJPP’s, die mit den umliegenden Jugendämtern und Jugendhilfeeinrichtungen regelmäßig Kooperationstreffen abhalten und Kooperationsvereinbarungen zum gemeinsamen Vorgehen erstellt haben, z.B. in Zusammenarbeit mit Heimen notwendige Kriseninterventionen durchführen, ohne dass damit ein Abbruch der Jugendhilfemaßnahme verbunden ist oder die KJPP sich als „Ausfallbürge für die Jugendhilfe“ missbraucht sieht. Auch die Familiengerichte sollten in die Kooperation mit eingebunden werden, um in schwierigen Fällen schnell und abgestimmt handeln zu können. Durch die Studie von Martina Steger zeigt sich ebenfalls, dass eine Institutionalisierung der Kooperation sinnvoll ist. Sie schreibt dazu: Wo die Zusammenarbeit jedoch nicht über den Einzelfall hinausgeht, gestaltet sich das Vorgehen gerade bei Kriseninterventionen oft schwierig, und mit der Aufnahme in die KJPP kann dann ein Abbruch von Jugendhilfemaßnahmen einhergehen. Darüber hinaus wird die Qualität der Übergangs von einem Klinikaufenthalt in eine anschließende Jugendhilfemaßnahme entscheidend von den regionalen Kooperationsstrukturen beeinflusst. Wie bereits durch die Diplomarbeit von Glauninger- Holler (2006) festgestellt werden konnte, kann für Kinder und Jugendliche, die fremd untergebracht werden müssen oftmals nicht das am besten geeignete Angebot realisiert werden, vielmehr erfolgt die Unterbringung oftmals nach dem Angebot an freien Plätzen. Es ist nicht nur notwendig, das Angebot innerhalb der Jugendwohlfahrt auszubauen und zu differenzieren, sondern auch mehr Informationen über bestehende Angebote zu geben. So gibt es zum Beispiel keine offizielle Liste der bestehenden Jugendwohlfahrtsangebote in der Steiermark. Diesbezüglich wurde mehrmals beim Land nachgefragt und es wurde immer bestätigt, dass diese in Arbeit wäre. Die erste diesbezügliche Anfrage war im August 2006. Auch die Klinik muss über bestehende Angebote informiert sein, um Jugendämter besser beraten zu können. 359 Lösungsvorschläge- Möglichkeiten der Kooperation Besonders wichtig scheint der Punkt, der bereits von Gintzel und Schone angesprochen wurde: Die KJP darf auf gar keinen Fall als Zwischenstation missbraucht werden. Falls der Entschluss getroffen wird, dass für das Kind oder den Jugendlichen eine andere Einrichtung besser geeignet wäre, kann es auf keinen Fall sein, dass die Wartezeit bis etwas Neues gefunden ist, auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Station verbracht wird. Auch wenn diese Verbesserungsvorschläge und Handlungsperspektiven berücksichtigt werden, wird es immer wieder Kinder und Jugendliche geben, deren Lebensprobleme so ausgeprägt sind, dass sie den Rahmen sprengen. Kooperatives Handeln erfordert aber, dass Fachkräfte gemeinsam an einer Lösung mit dem Betroffenen arbeiten, ohne dass es zu gegenseitigen Vorwürfen bezüglich Inkompetenz kommt. Letztlich muss das Motto bei besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen „Durchhalten“ lauten, um ihnen auch ein Gefühl des „gehalten“ Werdens zu geben. Sobald sich eine Institution für eines dieser Kinder und Jugendlichen als nicht mehr zuständig erklärt, geben wir ihnen das Gefühl, dass wir aufgeben, was schließlich wieder das Bild von sich selbst bestätigt, dass sie nichts Wert wären und sie aufgegeben würden. Wozu dann noch etwas verändern? Gerade für diese Kinder und Jugendlichen müssen wir Möglichkeiten finden, dass wir auch sie halten können. Bevor wir aufgeben und uns damit abfinden, dass manche Kinder und Jugendliche einfach nicht zu betreuen sind, sollten wir noch einiges vor allem im Hinblick auf die Zusammenarbeit, versuchen. 360 Zusammenfassung- Ausblick 14 Zusammenfassung- Ausblick Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit Kindern und Jugendlichen, die einerseits in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht sind und andererseits zusätzlich immer wieder kinder- und jugendpsychiatrische Hilfen in Anspruch nehmen müssen. Ohne jeden Zweifel sind für diese Kinder sowohl das System der Jugendwohlfahrt, als auch das Gesundheitssystem verantwortlich. Dennoch kommt es immer wieder zu Schwierigkeiten in der Zusammenarbeit, von denen letztlich wiederum diese Kinder und Jugendlichen betroffen sind. In der Fachöffentlichkeit der Sozialen Arbeit ist die Jugendwohlfahrt zwar ein großes Thema, dennoch wird die Zusammenarbeit mit der KJP immer nur am Rande beschrieben und erwähnt. Es existieren zwar kleinere Arbeiten zu dem Thema, die immer wieder die Schwierigkeiten betonen, empirische Studien allerdings wurden schon vor 15 -20 Jahren in Deutschland durchgeführt. Der erste Teil der Arbeit setzt sich analytisch mit der Fachliteratur zur Kooperation zwischen Jugendwohlfahrt und KJP auseinander. Bedauerlicherweise liegen keine österreichischen Studien vor, sodass sich die Analyse der Fachliteratur vor allem auf die Literatur aus dem deutschsprachigen Raum stützt. Hier liegt zwar eine ähnliche Situation vor, dennoch kann nicht alles eins zu eins übertragen werden, da sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen und die Angebote innerhalb der Jugendhilfe in Deutschland doch von der Situation in Österreich unterscheiden. In diesem Teil der Arbeit wird weiters auf die Sozial- und Heilpädagogik als ein immer wesentlicher werdendes Arbeitsfeld innerhalb der KJP eingegangen. Sozial- und HeilpädagogInnen gehören mittlerweile Behandlungsteams auf zu einer einem kinder- wesentlichen und Bestandteil jugendpsychiatrischen des multiprofessionellen Abteilung. In diesem Zusammenhang wird vor allem auf die Arbeitsfelder und Rahmenbedingungen eingegangen, bevor versucht wird der Frage auf den Grund zu gehen, was Sozial- und Heilpädagogik in der KJP leisten kann. Im Grunde unterscheidet sich die Arbeit von Sozial- und HeilpädagogInnen auf einer Kinder und jugendpsychiatrischen Abteilung nur sehr wenig von der des Betreuungspersonals in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen. Mit Sicherheit kann festgestellt werden, dass die Klientel eine sehr ähnliche ist und sich somit die Arbeit an sich, unabhängig von diversen Rahmenbedingungen, nicht wesentlich unterscheiden kann. Ernst Tatzer (2000:141) meint sehr 361 Zusammenfassung- Ausblick treffend: „Erst eine tragende und haltende Pädagogik macht Therapie möglich.“ Dies gilt sowohl für die Pädagogik im psychiatrischen wie aber auch im Jugendwohlfahrtskontext. Die empirische Untersuchung beinhaltet einen quantitativen und einen qualitativen Teil. Durch die quantitative Untersuchung wurde zunächst versucht statistisch zu belegen, wie viele kinder- und jugendpsychiatrische PatientInnen in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht waren. Darüber hinaus wurde untersucht wie sich diese Kinder und Jugendlichen im Hinblick auf unterschiedliche Kategorien von den anderen unterscheiden. Hier wurden teilweise sehr signifikante Ergebnisse gefunden. Zum Beispiel konnte statistisch nachgewiesen werden, dass jene kinder- und jugendpsychiatrischen PatientInnen, die durch stationäre Jugendwohlfahrtseinrichtungen betreut wurden auch signifikant jünger waren, als andere kinderund jugendpsychiatrische PatientInnen. Ebenfalls bedeutungsvoll war das Ergebnis im Hinblick auf die Zahl der psychiatrischen Interventionen. Hier konnte festgestellt werden, dass Kinder und Jugendliche, die in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen untergebracht waren auch signifikant mehr psychiatrische Interventionen benötigten. Auch in Bezug auf die Aufnahmegründe gab es signifikante Unterschiede. Ein weiteres sehr wichtiges Ergebnis zeigte, dass jene Kinder und Jugendlichen, für die während des psychiatrischen Aufenthaltes eine neue Unterbringung gefunden werden musste auch sehr signifikant länger in psychiatrischer Behandlung waren. Diese Ergebnisse könnten eine Grundlage für die weitere Jugendwohlfahrtsplanung bieten. Besonders wichtig ist es auch, die Perspektive der KJP in die Jugendwohlfahrtsplanung mit einzubeziehen, wie das bereits im 2. JW- Plan durch ein leider nicht zur Durchführung gelangtes Projekt angedacht war. Bezüglich der in Kapitel 10.2 formulierten Hypothesen kann folgendes festgehalten werden: Hypothese 1: Ein wesentlicher Teil der Kinder und Jugendlichen, die auf der kinder- und jugendpsychiatrischen Abteilung der LSF Graz behandelt werden, sind auch in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht. Durch die Dokumentenanalyse hat sich ergeben, dass in etwa ein Drittel der kinder- und jugendpsychiatrischen PatientInnen unmittelbar vor oder nach einer Intervention in einer stationären Einrichtung der JW untergebracht waren (vgl. S.219ff.). Hypothese 2: Die Kinder und Jugendlichen, für die eine neue Form der Unterbringung während des Aufenthaltes gesucht werden muss, sind im Durchschnitt länger in stationärer psychiatrischer Behandlung. Dies ergibt sich aufgrund der Dauer der Suche und des Aufnahmeverfahrens. Erschwert und verlängert wird die Suche Fremdunterbringungsmöglichkeiten in der Steiermark. 362 durch den Mangel an Zusammenfassung- Ausblick Hier ergab sich durch die Dokumentenanalyse ein sehr signifikantes Ergebnis. Jene Kinder und Jugendlichen, die die Wohnform wechseln mussten, waren signifikant länger in stationärer psychiatrischer Behandlung (vgl. Kapitel 12.1.2.5, S. 225ff.). Zur Dauer der Aufnahmeverfahren kann durch die Interviews festgestellt werden, dass diese in den meisten Einrichtungen durchschnittlich 2-3 Wochen dauern. In Einzelfällen kann eine Aufnahme auch innerhalb von 2-3 Tagen erfolgen, in manchen Fällen auch einige Monate dauern. Wichtig in diesem Zusammenhang ist, dass meist in mehreren Einrichtungen angefragt werden muss, bis eine gefunden wird, die einerseits freie Kapazitäten hat und die auch der Meinung ist, dass gerade dieses Kind oder Jugendlicher in diese Einrichtung passt (vgl. Kapitel 12.2.2.1.2, S.264ff.). Hypothese 3: Die Kinder und Jugendlichen, die in Einrichtungen der stationären Jugendwohlfahrt fremd untergebracht sind, brauchen im Durchschnitt mehr psychiatrische Interventionen, als die kinder- und jugendpsychiatrischen PatientInnen, bei denen kein Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen bekannt ist. Diesbezüglich kann statistisch eindeutig bewiesen werden, dass jene Kinder und Jugendlichen, die Kontakt zu Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, im Durchschnitt 1,3 Interventionen, während jene, die unmittelbar vor oder nach einer Intervention fremd untergebracht waren, im Durchschnitt 2,2 Interventionen benötigten. Dies ist ein sehr signifikantes Ergebnis (vgl. 12.1.2.4 Zahl der Interventionen; S. 223ff.). Hypothese 4: Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt werden eher aufgrund von Gewalttätigkeiten zur Aufnahme gebracht als Kinder und Jugendliche, die nicht in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt untergebracht sind. Für Einrichtungen der Jugendwohlfahrt, ist die KJP in diesem Zusammenhang niederschwelliger und wird schneller konsultiert als Familien dies bei den gleichen Problemstellungen tun. Aufgrund der Dokumentenanalyse lässt sich auch hier eine eindeutige Aussage treffen. Es bestätigt sich, dass die Kinder und Jugendlichen aus Einrichtungen eher aufgrund von Gewalttätigkeiten zur Aufnahme kamen. Ebenfalls konnte festgestellt werden, dass Kinder und Jugendliche aus stationären JW- Einrichtungen weniger häufig mit der Bitte um Abklärung zur psychiatrischen Aufnahme kamen (vgl. 12.1.2.10 Aufnahmegrund, S.248ff.). Im Hinblick auf die Interviews kann auch ein Hinweis dahingehend gefunden werden, dass Einrichtungen in Krisensituationen schneller die Kinder- und Jugendpsychiatrie konsultieren. Um eine Aussage darüber treffen zu können, ob die KJP für stationäre JW- Einrichtungen niederschwelliger ist als für Familien, müssten weitere Untersuchungen erfolgen, in die auch die Eltern von kinder- und jugendpsychiatrischen PatientInnen miteinbezogen werden müssten. 363 Zusammenfassung- Ausblick Hypothese 5: Es hängt immer von der Einstellung der Professionellen und der Institutionen der Jugendwohlfahrt ab, wie lange Kinder- und Jugendliche gehalten werden bzw. wann der Punkt erreicht ist, dass eine Institution wie die KJP konsultiert wird. In Bezug auf diese Hypothese kann durch die vorliegende Untersuchung keine eindeutige Aussage getroffen werden. Da jedoch schwierige Kinder und Jugendliche von den Professionellen auch sehr unterschiedlich beschrieben wurden (vgl.12.2.2.2 Problemfälle, S. 282ff.), lässt sich annehmen, dass sich die Verhaltensgrenzen, wie lange ein Kind oder Jugendlicher in einer Einrichtung gehalten werden kann, ebenfalls individuell voneinander unterscheiden. Um hier eine Aussage treffen zu können, müssten jedoch weitere Untersuchungen durchgeführt werden. Hypothese 6: Kinder und Jugendliche aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt unterscheiden sich in Bezug auf psychiatrische Diagnosen dahingehend von anderen, dass sie eher an expansiven Verhaltensstörungen leiden. In Bezug auf diese Aussage lässt sich festhalten, dass vor allem jene Kinder und Jugendliche, die Kontakt zu stationären Einrichtungen der JW hatten und mehrere psychiatrische Interventionen benötigten auch eher an expansiven Verhaltensstörungen litten (vgl. 12.1.2.10 Aufnahmegrund; S.248ff.). Hypothese 7: Besonders schwierige Kinder und Jugendliche verursachen in beiden Helfersystemen Hilflosigkeit bzw. bringen die Institutionen an ihre Grenzen. Dies führt zu wiederholenden Überweisungen zwischen den Einrichtungen (Pinball Effekt). Hier zeigt sich, dass vor allem Kinder und Jugendliche mit expansiven Verhaltensstörungen mehrere psychiatrische Interventionen benötigten (vgl. 12.1.2.8 Aufnahmediagnose; S.238ff.). Dies ist ein Hinweis darauf, dass diese als besonders schwierig gelten und es immer wieder zu Krisensituationen kommt, die die Hilfestellung der KJP erfordern. Diesbezüglich müsste in weiterer Folge untersucht werden, ob Unterstützungsleistungen innerhalb stationärer Einrichtungen der JW einen Beitrag dazu leisten könnten, dass es weniger häufig zu Überweisungen in die KJP kommt. Durch die qualitative Untersuchung wurde versucht, die Perspektive der in stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen Tätigen in Bezug auf die Kooperation zu erfassen. Es wurden Interviews mit 14 Professionellen aus 7 verschiedenen Einrichtungen in der Steiermark durchgeführt. Die Auswahl der Einrichtungen erfolgte aufgrund der Dokumentenanalyse nach der Häufigkeit der gemeinsamen Fälle. Es sollte vor allem die Frage in den Vordergrund gestellt 364 Zusammenfassung- Ausblick werden, inwieweit sich jene Einrichtungen mit weniger von denen mit häufigerem Kontakt unterscheiden. Hier konnten vor allem Unterschiede in der Einstellung und Bewertung problematischen Verhaltens gefunden werden. Auch wurde festgestellt, dass jene Einrichtungen mit häufigerem Kontakt die Kooperation auch durchwegs positiver bewerten und weniger Vorurteile gegenüber der KJP haben. Weiters zeigte sich, dass jene Einrichtungen mit häufigerem Kontakt auch schon länger bestehen, als die befragten Einrichtungen mit weniger Kontakt. Hier könnte sich die Hypothese ableiten lassen, dass jene Einrichtungen mit mehr Erfahrung auch weniger Hilfe von Seiten der KJP benötigen. Diese Hypothese gilt es in zukünftigen Forschungen zu überprüfen. Wichtige Punkte, die durch die Interviews unterstrichen wurden und in Zukunft diskutiert werden müssten sind die geschlossene Unterbringung im Jugendwohlfahrtsbereich sowie die Gesamtversorgung, die einen großen Einfluss auf die Kooperation zu haben scheint. Vor allem muss hier in Bezug auf die Jugendwohlfahrtsplanung einiges geschehen. Wichtig in die Diskussion mit einzubeziehen sind die Freiwilligkeit in der stationären Jugendwohlfahrt sowie die Möglichkeit des Rausschmisses aus den diversen Einrichtungen. Es kann an dieser Stelle nicht oft genug betont werden, dass momentan Kinder und Jugendliche, die ständig über die Grenzen gehen, auch aus den Einrichtungen wieder entlassen werden, was zu erneuten Problemen führt. Hier muss ein differenzierteres Angebot geschaffen werden, das es ermöglicht auch auf diese besonders schwierigen Kinder und Jugendlichen einzugehen. Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass es immer wieder einzelne Kinder und Jugendliche gibt, die monatelang bis jahrelang auf der kinderund jugendpsychiatrischen Station auf einen geeigneten Platz warten müssen. Für Kinder und Jugendliche mit schwierigen Vorgeschichten, die vielleicht schon aus einigen Einrichtungen entlassen wurden, erscheint es als besonders schwierig, einen Platz innerhalb der Jugendwohlfahrt zu finden. Die KJP springt dann für fehlende Angebote innerhalb der Jugendwohlfahrt ein. Noch einmal soll hier betont werden, dass diesbezüglich auch die Kostenübernahme diskutiert werden muss. Solange ein Kind oder ein Jugendlicher auf der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Station behandelt wird, werden die Kosten vom Gesundheitssystem übernommen. Durch diese Tatsache werden Abschiebetendenzen noch begünstigt. Im Hinblick auf die Hypothesen lässt sich durch die Interviews folgendes festhalten: Hypothese 8: Für stationäre Fremdunterbringungsmöglichkeiten der Jugendwohlfahrt hat die Hilfestellung durch die KJP eine entlastende Wirkung. In allen Interviews wurde bestätigt, dass die Kinder- und Jugendpsychiatrie für stationäre Einrichtungen der JW eine entlastende Wirkung hat. Dies bezieht sich vor allem auf die Entlastung, die dadurch entsteht, dass besonders schwierige Kinder und Jugendliche für einen bestimmten 365 Zusammenfassung- Ausblick Zeitraum nicht in der Einrichtung sind und somit auch die Gruppe der anderen Kinder und Jugendlichen entlastet wird (vgl.12.2.2.3.3 Gründe für die Überweisung; S.297ff.). Hypothese 9: Durch die Schaffung von möglichst gemeindenahen ambulanten Diensten wird die KJP entlastet. In Bezug auf diese Hypothese kann durch die vorliegende Arbeit nur in Anlehnung an die Literaturrecherche eine Aussage getroffen werden. Hier wurde durch Studien gezeigt, dass im Erwachsenenbereich der stationäre Bereich durch die Schaffung gemeindenaher ambulanter Dienste entlastet wurde (vgl. Kapitel 13; S.351ff.). Da in den Interviews auch immer wieder betont wurde, dass es wenig ambulante kinder- und jugendpsychiatrische Hilfen gibt, könnte hier ein Hinweis darauf gesehen werden, dass diese in manchen Fällen ausreichen würden und somit nicht auf die KJP der LSF zurück gegriffen werden muss. Hypothese 10: Durch einen besseren Austausch zwischen Sozialpädagogen der KJP und den Betreuern in stationären Fremdunterbringungsmöglichkeiten der Jugendwohlfahrt kann die Kooperation erleichtert werden. Diesbezüglich kann nur erwähnt werden, dass in den Interviews vereinzelt gefordert wurde, mehr Kontakt zu den Sozial- und HeilpädagogInnen der KJP zu haben (vgl. 12.2.2.6.1 Interpersonelle Ebene, S. 318). Ob dies wirklich eine Verbesserung in der Kooperation bringt kann nicht bewiesen werden. Hypothese 11: Wenn stationäre Einrichtungen der Jugendwohlfahrt die Möglichkeit haben, Kinder und Jugendliche kurzfristig in geschlossene Einheiten zu übernehmen, entfällt die Notwendigkeit einer Überstellung in die KJP. Weder durch die Dokumentenanalyse noch durch die Interviews konnten in Bezug auf diese Hypothesen Aussagen getroffen werden. Hypothese 12: BetreuerInnen aus stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt wurden während ihrer Ausbildung nicht oder nur wenig auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen vorbereitet. Im Umgang mit diesen Fällen scheint die eigene Einstellung und Haltung von besonderer Bedeutung, was auch die Selbsterfahrung bzw. –reflexion in der Ausbildung notwendig macht. Nahezu alle befragten Professionellen gaben an, durch die Ausbildung nicht genügend auf den Umgang mit schwierigen Kindern und Jugendlichen vorbereitet worden zu sein. Lediglich jene Personen mit psychotherapeutischer Zusatzausbildung gaben an, sich ausreichend vorbereitet zu 366 Zusammenfassung- Ausblick fühlen. Da in dieser Ausbildung die Praxis, wie aber auch die Selbsterfahrung und –reflexion eine große Rolle spiele, ist anzunehmen, dass dies auch für pädagogische Ausbildungen notwendig ist (vgl. 12.2.2.5 Ausbildung/ Weiterbildung; S.312ff.). Hypothese13: Es besteht in der Steiermark ein Bedarf an mehr und an differenzierteren Angeboten der stationären Fremdunterbringung. Besonders fehlen Einrichtungen, die von Professionellen sowohl aus dem Bereich der KJP wie auch aus dem Bereich der Jugendwohlfahrt betreut werden. Hier besteht die Notwendigkeit der Kooperation auf politischer Ebene zwischen dem Gesundheitssystem und dem System der Jugendwohlfahrt. Durch die Interviews wurde Fremdunterbringungsmöglichkeiten deutlich, auch dass von der Bedarf den an Fachleuten mehr stationären der stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen gesehen wird. Besonders wurden in diesem Zusammenhang kinderund jugendpsychiatrische Wohngemeinschaften oder ein Liaisondienst für stationäre JWEinrichtungen gefordert (vgl. 12.2.2.6.3 Ebene der Gesamtversorgung; S.327ff.). Durch die Hypothesen ergaben sich einige Fragestellungen im Hinblick auf die Dokumentenanalyse sowie auch auf die Interviewauswertung. Diese Fragestellungen sind in den untenstehenden Tabellen (Tabelle 83 Tabelle 84) mit jeweils einer knappen Antwort zusammengefasst. 367 Zusammenfassung- Ausblick Tabelle 83: Zusammenfassung Fragestellungen Dokumentenanalyse Fragestellung Gibt es einen Unterschied in Bezug auf das Alter zwischen den Kindern und Jugendlichen, die Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt haben, und denen bei denen kein Kontakt bekannt ist? Gibt es einen Unterschied in Bezug auf das Geschlecht? Gibt es einen Unterschied im Hinblick auf die Zahl der notwendigen psychiatrischen Interventionen? Gibt es einen Unterschied im Hinblick auf die Aufenthaltsdauer zwischen den Kindern und Jugendlichen, die aus Einrichtungen der Jugendwohlfahrt kommen und denen, die vor dem Aufenthalt nicht fremd untergebracht waren? Unterscheiden sich die Kinder und Jugendlichen in Bezug auf die Aufenthaltsdauer für die während der psychiatrischen Intervention eine neue Unterbringung gesucht werden muss, von denen, die in die gleiche Wohnform zurückkehren können? Gibt es einen Unterschied in den Aufnahme- bzw. Entlassungsdiagnosen? Unterscheiden sich die Aufnahmegründe in den beiden Gruppen? Gibt es einen Unterschied im Hinblick auf die Häufigkeit der Aufnahme im geschützten Bereich? Gibt es einen Unterschied in der Interventionsform (ambulant, tagklinisch, stationär)? 368 Beantwortung Es zeigt sich ein eindeutiger Unterschied. Jene Kinder und Jugendlichen, die Kontakt zu einer stationären Einrichtung der Jugendwohlfahrt hatten, waren signifikant jünger, als jene Kinder und Jugendlichen, bei denen kein Kontakt bekannt war. (vgl. S. 221 ff.) In Bezug auf das Geschlecht gibt es keine signifikanten Unterschiede. (vgl. S. 222 ff.) Diejenigen Kinder und Jugendlichen, die vor oder nach einer der Interventionen Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, benötigten sehr signifikant mehr psychiatrische Interventionen, als jene Kinder und Jugendlichen, die keinen Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten (vgl. S. 223). Es besteht kein signifikanter Unterschied. Kinder und Jugendliche, die nach dem Aufenthalt nicht in die gleiche Wohnform zurückkehren konnten, waren im Durchschnitt sehr signifikant länger in psychiatrischer Behandlung als jene, die in die gleiche Wohnform zurückkehren konnten (vgl. S. 225ff.). Die Kinder- und Jugendlichen, die zwei oder mehr psychiatrische Interventionen benötigten und Kontakt zu stationären Jugendwohlfahrteinrichtungen hatten, wurden eher mit einer Diagnose aus dem Bereich der „Verhaltens- und emotionalen Störungen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“ (F9) aufgenommen als andere Kinder und Jugendliche, bei denen ebenfalls 2 oder mehr psychiatrische Interventionen notwendig waren (vgl. S. 238ff.). Es zeigen sich eindeutige Unterschiede zwischen den Kindern und Jugendlichen, die vor der Intervention Kontakt zu stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt hatten, in Bezug auf die Aufnahmegründe und denen, bei denen dies nicht der Fall war. Auffallend ist hier, dass jene Kinder und Jugendlichen aus stationären JWEinrichtungen signifikant häufiger aufgrund von aggressiven Durchbrüchen oder Gewalttätigkeiten zur stationären Aufnahme kamen (vgl. S. 248ff.). Es zeigt sich kein signifikanter Zusammenhang (vgl. S. 233ff.). Es ergeben sich für die erste Intervention signifikante Unterschiede. Die Kinder und Jugendlichen, die vor der ersten Intervention in stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt fremd untergebracht waren, wurden weniger häufig ambulant bzw. tagklinisch und häufiger stationär aufgenommen als die Kinder und Jugendlichen, die vor der ersten Intervention nicht in einer stationären JW- Einrichtung untergebracht waren (vgl. S. 229ff.). Zusammenfassung- Ausblick Tabelle 84: Zusammenfassung Fragestellungen Interviews Fragestellung Beantwortung Wo liegen die Unterschiede zwischen den Einrichtungen der JW, mit denen es eine häufige Kooperation zur KJP gibt und denen, mit denen nur wenig bis gar keine Kooperation vorhanden ist? Jene Einrichtungen die häufigeren Kontakt zur KJP hatten, waren im Durchschnitt auch größer. Das heißt sie hatten mehr Betreuungskapazitäten. Auch konnte ein Hinweis darauf gefunden werden, dass Einrichtungen mit häufigerem Kontakt auch jünger waren. (vgl. S. 344ff.) Auffallend ist, dass jene Einrichtungen, mit häufigerem Kontakt zur Kinder und Jugendpsychiatrie die Zusammenarbeit auch durchwegs positiver beschreiben (vgl. S. 344ff.). Die Erfahrungen sind von Einzelfällen abhängig. Wie wird die Zusammenarbeit zwischen der KJP und stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt von Seiten der Einrichtungen der JW erlebt? Wie sind die bisherigen Erfahrungen? Wann bzw. bei welchen Kindern und Jugendlichen ergibt sich der Bedarf der Zusammenarbeit? Was erwarten sich Einrichtungen der JW von der KJP? Welche Kriterien müssen Kinder und Jugendliche erfüllen, damit sie in Einrichtungen der JW aufgenommen werden? Welche Rolle spielt eine psychiatrische Diagnose bzw. ein oder mehrere Aufenthalte in der KJP bei der Aufnahme? Welche Kriterien führen zu einem Ausschluss aus stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen? Wie wird mit Kindern und Jugendlichen umgegangen, die die Grenzen der Einrichtung sprengen? Wie wird der Bedarf an JW- Einrichtungen in der Steiermark eingeschätzt? Wie stellen sich Mitarbeiter in Einrichtungen der JW eine optimale Zusammenarbeit zwischen ihrer Einrichtung und der KJP vor? Welchen Einfluss hat die Möglichkeit der geschlossenen Unterbringung im Rahmen der KJP auf Einweisungen in die KJP? 369 Hier wurde in nahezu fast allen Interviews die Selbstund Fremdgefährdung betont, die eine Zusammenarbeit notwendig machen würde. In allen Interviews wurde bestätigt, dass die KJP eine entlastende Wirkung für die Einrichtung hat (vgl. S.297 ff.). Hier wurde häufig die fehlende Kapazität angesprochen sowie Aspekte der interpersonellen Ebene thematisiert (vgl. S.323) . In den Interviews wurde vor allem betont, dass die Gruppenkonstellation, das Alter sowie das Geschlecht eine vordergründige Rolle spielen würden (vgl. S.264ff.). Die meisten der interviewten BetreuerInnen, beteuern, dass eine psychiatrische Diagnose bzw. Voraufenthalte in der KJP keinerlei Rolle bei der Aufnahme spielen würden. Durch einige wenige Statements wurde jedoch deutlich, dass diese in die Überlegungen bei der Aufnahme miteinbezogen werden (vgl. S.264ff.). Es wurde deutlich, dass jene Kinder und Jugendlichen, die sich absolut nicht in die vorgegebenen Strukturen einfinden können auch aus den Einrichtungen entlassen werden müssen. Der Umgang diesbezüglich kann jedoch als sehr unterschiedlich beschrieben werden (vgl. S.298ff.). Hier wurde durch die meisten Interviews deutlich, dass es klare Konsequenzen gibt und diese bis zu einer Suspendierung oder einem Ausschluss reichen (vgl. 298). Durch die Interviews konnte festgestellt werden, dass Angebote im Rahmen der JW ausgebaut werden müssen. Vor allem auch Institutionen (z.B. kinder- und jugendpsychiatrische Wohngemeinschaften usw.), die sich sowohl auf das Gesundheitssystem wie aber auch das System der JW beziehen, wurden von den befragten Fachkräften immer wieder gefordert (vgl. S.327ff.). Es wurde immer wieder der Wunsch deutlich angesprochen, dass mehr freie Kapazitäten in Bezug auf die kinder- und jugendpsychiatrische Versorgung bestehen müssten. Ebenfalls wurden Aspekte im Hinblick auf die interpersonelle Ebene wie z.B. ein wertschätzendes Klima thematisiert (vgl. S.342ff.). Durch die Interviews konnten Hinweise gefunden werden, dass Kinder und Jugendliche in die KJP eingewiesen werden, da es in den JW- Einrichtungen keine andere Möglichkeit gibt (vgl. S.307 ff.). Zusammenfassung- Ausblick Wie wird der Bedarf an geschlossenen Unterbringungsmöglichkeiten im Rahmen der Jugendwohlfahrt eingeschätzt? Fühlen sich MitarbeiterInnen der Einrichtungen im Umgang mit „besonders schwierigen“ Kindern und Jugendlichen ausreichend geschult? Welche Konsequenzen ziehen Fachkräfte aus jugendpsychiatrischen Diagnosen für ihre weitere Arbeit? Von einigen Befragten wird die geschlossene Unterbringung im Rahmen der JW kategorisch abgelehnt, während andere diese als einzige Chance für bestimmte Kinder und Jugendliche sehen würden (vgl. S.307ff.). BetreuerInnen in stationären JW- Einrichtungen fühlen sich durch ihre Ausbildung nicht oder nur sehr wenig auf den Umgang mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen vorbereitet (vgl. S.312ff.). Es wurde deutlich, dass jene Einrichtungen mit weniger häufigem Kontakt psychiatrischen Diagnosen auch eine nebensächliche Bedeutung zuschreiben und diese nicht in den pädagogischen Alltag einfließen lassen (vgl. S.291ff.). Ein besonders wichtiger Punkt in Bezug auf die Zusammenarbeit bezieht sich darauf, dass die Kooperation zwischen KJP und Einrichtungen der Jugendwohlfahrt nicht nur über den Einzelfall passieren darf. Hier müssen konkrete Modelle entworfen werden, um die Kooperation zu institutionalisieren. Es erscheint als besonders wichtig, dass die Einrichtungen sich kennen, um dann auch entsprechend tolerant und wertschätzend miteinander umgehen zu können. Aufgrund der Ergebnisse der empirischen Untersuchung werden einige Lösungsvorschläge formuliert, die sich einerseits auf die strukturelle Ebene der Jugendwohlfahrtseinrichtungen beziehen wie aber auch auf die Ebene der Gesamtversorgung. Klar ist, dass durch die Defizite im Jugendwohlfahrtsbereich, wie aber auch in der kinder- und jugendpsychiatrischen Versorgung die Kooperation erschwert wird, was letztlich auf dem Rücken der Kinder und Jugendlichen ausgetragen wird. Diese Arbeit soll grundsätzlich auf die Problematik der Kinder und Jugendlichen aufmerksam machen, die einerseits zwischen dem Jugendwohlfahrtssystem und dem Gesundheitssystem hin und her geschoben werden, weil sie Einrichtungen an ihre Grenzen treiben und zu Hilflosigkeit unter den Helfern führen. Und für die es andererseits keinen Platz innerhalb unseres Jugendwohlfahrtssystems gibt, und die somit ungewollt zu psychiatrischen DauerpatientInnen werden. Um für diese Kinder und Jugendlichen Partei zu ergreifen und dieses Problem grundsätzlich auch im Hinblick auf statistische Werte zu beleuchten, soll diese Arbeit als Grundlage dienen. Fest steht, dass es Kinder und Jugendliche gibt, die sich in schwierigen Situationen befinden und dadurch differenzierte Angebote benötigen. Um ihnen zu helfen und auch diesen Kindern und Jugendlichen eine aussichtsreiche Zukunft bieten zu können, müssen unterschiedliche Disziplinen zusammenarbeiten. Hier ist kein Platz für einen Kampf um Zuständigkeiten oder ähnlichem. 370 Zusammenfassung- Ausblick Im Sinne der Kinder und Jugendlichen, die es ohnehin schon schwer genug haben, müssen wir kooperieren und Angebote schaffen, die auch diese Kinder und Jugendlichen halten und tragen können. Durch die regionale Zusammenarbeit von unterschiedlichen Professionen (Schule, Krankenhaus, Jugendwohlfahrt usw. können „Abschiebetendenzen in vermeintlich noch spezialisiertere Einrichtungen sowie Beziehungsabbrüche und die Identifikation der Kinder mit Diagnosen vermieden werden“ (Franken, 1998:116). Da diese Arbeit nur eine Grundlage bieten kann und keinen Anspruch erhebt dieses weitläufige Gebiet vollständig erforscht zu haben, sind an dieser Stelle noch weitere Fragen offen. Diese beziehen sich vor allem auf die Kooperation der Kinder und Jugendpsychiatrie mit behördlichen SozialarbeiterInnen sowie mit der Justiz. Ebenfalls wichtig zu betonen erscheint es an dieser Stelle, dass in dieser Arbeit nur die Zusammenarbeit mit stationären Jugendwohlfahrtseinrichtungen zum Thema gemacht wurde. Die Kooperation mit ambulanten Diensten usw. sollte ebenfalls noch erforscht werden. Auch sollte hier noch einmal darauf hingewiesen werden, dass explizite Konzepte für die Zusammenarbeit wie aber auch für neue Jugendwohlfahrtsangebote ausgearbeitet werden müssen. Alles in allem sollte diese Arbeit dazu dienen, eine Grundlage für die Diskussion um die Kooperation zwischen stationären Einrichtungen der Jugendwohlfahrt und der KJP in der Steiermark bieten. Die Jugendwohlfahrt darf in keiner Weise die Perspektive der KJP ausklammern, da nur durch eine fruchtbare Zusammenarbeit sozial und emotional benachteiligte Kinder und Jugendliche begleitet werden können. Auf keinen Fall dürfen wir uns damit abfinden, dass es nun mal „unbetreubare“ Kinder und Jugendliche gibt. Folgendes Zitat soll noch auf den Punkt bringen, was in dieser Arbeit verdeutlicht werden sollte. Die Kinder- und Jugendpsychiatrie ist nicht der „Abschiebebahnhof“ für die ungelösten Probleme der Jugendhilfe, vielmehr leitet sie ihre Existenzberechtigung ab aus ihrer Verantwortung für seelisch kranke Kinder und Jugendliche. Sie ist ein System zur Behandlung in einem ganzheitlichen Betreuungskonzept und versteht sich somit als integraler Bestandteil des Ganzen. Zu diesem Zweck müssen Interaktion und Kommunikation zwischen Kinder- und Jugendpsychiatrie und allen Bereichen der Jugendhilfe intensiviert und verbessert werden. Zusammenarbeit und Kooperation sollen nicht nur Schlagworte oder Absichtserklärungen bleiben, sondern in gegenseitigem Vertrauen Umsetzung finden (Heipertz, 1990: 119). 371 Literaturverzeichnis 15 Literaturverzeichnis Ackerknecht, E.H.: Kurze Geschichte der Psychiatrie. Stuttgart. Enke 1957. Ader, S.: „Besonders schwierige“ Kinder: Unverstanden und instrumentalisiert. In: Fegert, M./Schrapper, Ch.: Handbuch Jugendhilfe- Jugendpsychiatrie. 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Symptome Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen Hyperkinetische Störungen Akute Belastungsreaktion Posttraumatische Belastungsstörung Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Mittelgradige depressive Episode Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Nicht näher bezeichnete Störung des Sozialverhaltens Nicht näher bezeichnete akute vorübergehende psychotische Störung Störungen durch Alkohol Störungen durch Alkohol/ Schädlicher Gebrauch Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ Abhängigkeitssyndrom Nicht näher bezeichnete Reaktion auf schwere Belastung Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen soz. Bindungen Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung Nicht näher bezeichnete Angststörung Angst und depressive Störung, gemischt Nicht näher bezeichnete depressive Störung Nicht näher bezeichnete Zwangsstörung Nicht näher bezeichnete Persönlichkeits- und Verhaltensstörung Leichte Intelligenzminderung/deutliche Verhaltensauffälligkeit, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Nicht näher bezeichnete emotionale Störung des Kindesalters Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ schädlicher Gebrauch Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ mit Koma Paranoide Schizophrenie Manie mit psychotischen Symptomen Leichte depressive Episode Sonstige depressive Episoden Andere Angststörungen Generalisierte Angsstörung Nicht näher bezeichnete Essstörung Emotional instabile Persönlichkeitsstörung 387 F32.9 F43.2 F32.2 Frequency Percent 75 19,7 48 12,6 Valid Percent 19,8 12,7 Cumulative Percent 19,8 32,5 33 8,7 8,7 41,3 19 5,0 5,0 46,3 F90.0 F43.0 F43.1 F91.1 18 15 12 4,7 3,9 3,2 4,8 4,0 3,2 51,1 55,0 58,2 10 2,6 2,6 60,8 F32.1 F90.1 F91.9 8 7 2,1 1,8 2,1 1,9 63,0 64,8 7 1,8 1,9 66,7 6 1,6 1,6 68,3 5 4 1,3 1,1 1,3 1,1 69,6 70,6 4 1,1 1,1 71,7 4 1,1 1,1 72,8 4 1,1 1,1 73,8 4 4 4 3 3 1,1 1,1 1,1 0,8 0,8 1,1 1,1 1,1 0,8 0,8 74,9 75,9 77,0 77,8 78,6 3 0,8 0,8 79,4 3 0,8 0,8 80,2 3 0,8 0,8 81,0 3 3 0,8 0,8 0,8 0,8 81,7 82,5 2 0,5 0,5 83,1 2 0,5 0,5 83,6 2 2 2 2 2 2 2 2 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 84,1 84,7 85,2 85,7 86,2 86,8 87,3 87,8 F32.3 F23.9 F10 F10.1 F19.2 F43.9 F91.2 F92.0 F41.9 F41.2 F33.9 F42.9 F69.0 F70.1 F93.9 R91 T50.9 F19.1 F19.5 F20.0 F30.2 F32.0 F32.8 F41 F41.1 F50.9 F60.3 Anhang Nicht nähr bezeichnete abnorme Gewohnheit oder Störung der Impulskontrolle Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ Verhaltensauffälligkeiten nicht erwähnt Frühkindlicher Autismus Atypischer Autismus Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigen Verhalten Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen Nicht näher bezeichnete Verhaltens- und emotionale Störungen Vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale) Sonstige nicht näher bezeichnete organische psychische Störung Störungen durch Opioide/schädlicher Gebrauch Störungen durch Sedativa oder Hypnotika/ Entzugssyndrom Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ Entzugssyndrom Anhaltende wahnhafte Störungen Akute vorübergehende psychotische Störungen Nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychose Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode Rezidivierende depressive Störung, gegenwertig schwere Episode ohne psychotische Symptome Rezidivierende depressive Störung, gegenwertig schwere Episode mit psychotischen Symptomen Spezifische (isolierte) Phobien Anorexia nervosa Nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensauffälligkeit, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Asperger-Syndrom Kombinierte, vokale und multiple motorische Tics (Tourette Syndrom) Dermatitis factitia Sonstige Reaktionen auf schwere Belastungen Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens Sonstige manische Episoden Nicht näher bezeichnete bipolare affektive Störung Soziale Phobien Nicht näher bezeichnete Ticstörung Allgemeine psychiatrische Untersuchung nicht andernorts klassifizierbar Sonstige Intelligenzminderung/ Verhaltensauffälligkeiten nicht erwähnt Sonstige Störungen des Sozialverhaltens Nicht näher bezeichnete phobische Störung Missing Total 388 F63.9 2 0,5 0,5 88,4 2 0,5 0,5 88,9 2 2 0,5 0,5 0,5 0,5 89,4 89,9 2 0,5 0,5 90,5 2 0,5 0,5 91,0 2 0,5 0,5 91,5 U31.9 F42.1 F6.8 2 2 0,5 0,5 0,5 0,5 92,1 92,6 1 0,3 0,3 92,9 F11.1 F13.3 1 0,3 0,3 93,1 1 0,3 0,3 93,4 1 0,3 0,3 93,7 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 93,9 94,2 94,4 1 0,3 0,3 94,7 1 0,3 0,3 95,0 1 0,3 0,3 95,2 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 95,5 95,8 96,0 1 0,3 0,3 96,3 F84.5 F95.2 1 0,3 0,3 96,6 1 0,3 0,3 96,8 L98.1 F43.8 F91.0 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 97,1 97,4 1 0,3 0,3 97,6 F30.8 F31.9 F40.1 F95.9 Z004 1 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 97,9 98,1 98,4 98,7 1 0,3 0,3 98,9 1 0,3 0,3 99,2 1 1 1 378 2 0,3 0,3 0,3 99,5 0,5 0,3 0,3 0,3 100,0 41 99,5 99,7 100,0 380 100,0 F79.9 F84.0 F84.1 F91.3 F92.8 F98.9 F19.3 F22 F23 F29.0 F33.1 F33.2 F33.3 F40.2 F50.0 F60.9 F79.1 F78.9 F91.8 R32 F40.9 Total System Anhang Tabelle 86: Aufnahmediagnose (2.Intervention)- nach Häufigkeiten geordnet Valid Diagnose lt. ICD10 Nicht näher bezeichnete depressive Episode Anpassungsstörungen Schwere depressive Episode mit psychotischen Störungen Posttraumatische Belastungsstörung Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen Mittelgradige depressive Episode Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen Nicht näher bezeichnete Reaktion auf schwere Belastungen Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Nicht näher bezeichnete Störung des Sozialverhaltens Nicht näher bezeichnete kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen Störungen durch Alkohol Störungen durch Cannabinoide/ Abhängigkeitssyndrom Störungen durch Sedativa oder Hypnotika/ Abhängigkeitssyndrom Störungen durch flüchtige Lösungsmittel/schädlicher Gebrauch Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ Abhängigkeitssyndrom Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ Entzugssyndrom Schizophrenie Akute vorübergehende psychotische Störungen Sonstige nichtorganische psychotische Störungen Nicht näher bezeichnete nichtorganische Psychose Bipolare affektive Störung, gegenwärtige leichte oder mittelgradige depressive Episode Bipolare affektive Störung, gegenwärtige schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Nicht näher bezeichnete bipolare affektive Störung Sonstige depressive Episoden Spezifische (isolierte) Phobien Generalisierte Angststörung Angst und depressive Störung, gemischt Nicht näher bezeichnete Angststörung Vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale) Nicht näher bezeichnete Zwangsstörung Sonstige somatoforme Störungen Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Histrionische Persönlichkeitsstörung F32.9 F43.2 F32.3 Frequency Percent 18 4,7 17 4,5 Valid Cumulative Percent Percent 15,3 15,3 14,4 29,7 9 2,4 7,6 37,3 F43.1 F32.2 8 2,1 6,8 44,1 6 1,6 5,1 49,2 F90.1 F92.8 6 1,6 5,1 54,2 6 1,6 5,1 59,3 F32.1 F92.0 4 1,1 3,4 62,7 4 1,1 3,4 66,1 2 0,5 1,7 67,8 2 0,5 1,7 69,5 2 0,5 1,7 71,2 2 0,5 1,7 72,9 2 0,5 1,7 74,6 2 0,5 1,7 76,3 1 0,3 0,8 77,1 1 0,3 0,8 78,0 1 0,3 0,8 78,8 1 0,3 0,8 79,7 1 0,3 0,8 80,5 1 0,3 0,8 81,4 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,8 0,8 0,8 82,2 83,1 83,9 1 0,3 0,8 84,7 1 0,3 0,8 85,6 1 0,3 0,8 86,4 1 0,3 0,8 87,3 1 1 1 1 1 1 1 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 88,1 89,0 89,8 90,7 91,5 92,4 93,2 94,1 94,9 95,8 F33.3 F43.9 F90.0 F91.1 F91.9 F92.9 F10 F12.2 F13.2 F18.1 F19.2 F19.3 F20.0 F23 F28.0 F29.0 F31.3 F31.4 F31.9 F32.8 F40.2 F41.1 F41.2 F41.9 F42.1 F42.9 F45.8 F60.3 F60.4 389 Anhang Leichte Intelligenzminderung/ sonstige Verhaltensauffälligkeiten Leichte Intelligenzminderung/ Verhaltensauffälligkeiten nicht erwähnt Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ Verhaltensauffälligkeiten nicht erwähnt Asperger- Syndrom Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens F70.8 0,3 0,8 96,6 1 0,3 0,8 97,5 1 0,3 0,8 98,3 1 0,3 0,8 99,2 1 0,3 0,8 100,0 118 262 380 31,1 68,9 100,0 100,0 F70.9 F79.9 F84.5 F91.0 Total System Missing Total 1 Tabelle 87: Aufnahmediagnose (3.Intervention)- nach Häufigkeiten geordnet Diagnose lt. ICD10 Valid Nicht näher bezeichnete depressive Episode Posttraumatische Belastungsstörung Anpassungsstörungen Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen Akute schizophreniforme psychotische Störung Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Akute Belastungsreaktion Nicht näher bezeichnete akute vorübergehende psychotische Störung Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens und der Emotionen Störungen durch Alkohol/ schädlicher Gebrauch Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ schädlicher Gebrauch Paranoide Schizophrenie Akute vorübergehende psychotische Störungen Schizoaffektive Störungen, gegenwärtig manisch Schizoaffektive Störungen, gegenwärtig depressiv Bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Mittelgradige depressive Episode Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Störungen Nicht näher bezeichnete Reaktion auf schwere Belastung Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Sonstige spezifische Persönlichkeitsstörungen Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ Verhaltensauffälligkeit nicht erwähnt Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung Vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale) Missing Total F32.9 F43.1 F43.2 F32.3 4 1,1 7,8 41,2 F23.2 F32.2 3 0,8 5,9 47,1 3 0,8 5,9 52,9 F43.0 F23.9 3 0,8 5,9 58,8 2 0,5 3,9 62,7 2 0,5 3,9 66,7 1 0,3 2,0 68,6 1 0,3 2,0 70,6 F20.0 F23 F25.0 F25.1 F31.4 1 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 2,0 2,0 2,0 2,0 72,5 74,5 76,5 78,4 1 0,3 2,0 80,4 F32.1 F33.3 1 0,3 2,0 82,4 1 0,3 2,0 84,3 1 0,3 2,0 86,3 F60.3 F60.8 F79.9 1 1 0,3 0,3 2,0 2,0 88,2 90,2 1 0,3 2,0 92,2 F90.0 F90.1 F92.0 F42.1 Total 1 1 1 1 51 329 0,3 0,3 0,3 0,3 13,4 86,6 2,0 2,0 2,0 2,0 100,0 94,1 96,1 98,0 100,0 380 100,0 F92.8 F10.2 F19.2 F43.9 System 390 Valid Cumulative Percent Frequency Percent Percent 7 1,8 13,7 13,7 5 1,3 9,8 23,5 5 1,3 9,8 33,3 Anhang Tabelle 88: Aufnahmediagnose (4.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Valid Diagnose lt. ICD 10 Anpassungsstörungen Posttraumatische Belastungsstörung Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Störungen durch Alkohol/ akute Intoxikation Störungen durch Alkohol/ schädlicher Gebrauch Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ psychotische Störung Wahnhafte Störung Nicht näher bezeichnete akute vorüberhegende psychotische Störung Nicht näher bezeichnete depressive Episode Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung F43.2 F43.1 F90.1 F10.0 F10.1 F19.5 1 0,3 5,9 58,8 F22.0 F23.9 1 0,3 5,9 64,7 1 0,3 5,9 70,6 F32.9 F79.9 1 0,3 5,9 76,5 1 0,3 5,9 82,4 1 0,3 5,9 88,2 1 0,3 5,9 94,1 1 17 363 0,3 4,5 95,5 5,9 100,0 100,0 380 100,0 F91.1 F92.0 T51.0 Total Missing Total Valid Cumulative Percent Frequency Percent Percent 3 0,8 17,6 17,6 2 0,5 11,8 29,4 2 0,5 11,8 41,2 1 0,3 5,9 47,1 1 0,3 5,9 52,9 System Tabelle 89: Aufnahmediagnose (5. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Valid Diagnose lt. ICD 10 Paranoide Schizophrenie Nicht näher bezeichnete akute vorübergehende psychotische Störung Nicht näher bezeichnete schizoaffektive Störung Posttraumatische Belastungsstörung Anpassungsstörungen Leichte Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen F20.0 F23.9 F25.9 F43.1 F43.2 F70.1 F79.9 F90.1 F91.1 F91.2 Total System Missing Total 391 Valid Cumulative Percent Frequency Percent Percent 1 0,3 10,0 10,0 1 0,3 10,0 20,0 1 1 1 0,3 0,3 0,3 10,0 10,0 10,0 30,0 40,0 50,0 1 0,3 10,0 60,0 1 0,3 10,0 70,0 1 0,3 10,0 80,0 1 0,3 10,0 90,0 1 0,3 10,0 100,0 10 370 2,6 97,4 100,0 380 100,0 Anhang Tabelle 90: Aufnahmediagnose (6.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Diagnose lt. ICD 10 Anpassungsstörungen Nicht näher bezeichnete acute vorübergehende psychotische Störung Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Valid Valid Cumulative Percent Frequency Percent Percent 3 0,8 60,0 60,0 F43.2 F23.9 0,3 20,0 80,0 1 0,3 20,0 100,0 5 375 1,3 98,7 100,0 380 100,0 F32.2 Total System Missing Total 1 Tabelle 91: Aufnahmediagnose (7. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Diagnose lt. ICD 10 Posttraumatische Belastungsstörung Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens Valid Valid Frequency Percent Percent 2 0,5 50,0 0,3 25,0 1 F43.1 F60.3 F92.8 Total Missing Total System 1 0,3 25,0 4 1,1 100,0 376 98,9 380 100,0 Cumulative Percent 50,0 75,0 100,0 Tabelle 92: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Valid Diagnose lt. ICD 10 Anpassungsstörungen Nicht näher bezeichnete depressive Episode Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen Posttraumatische Belastungsstörung Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Akute Belastungsreaktion Dermatitis factitia Mittelgradige depressive Episode Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen Angst und depressive Störung, gemischt Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Störungen durch Alkohol/ schädlicher Gebrauch Leichte depressive Episode Panikstörung Leichte Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung Nicht näher bezeichnete emotionale Störungen des Kindesalters Nicht näher bezeichnete Störung des Sozialverhaltens Nicht näher bezeichnete Angststörung 392 Valid Cumulative Percent Percent 16,3 16,3 15,3 31,6 Frequency 60 56 Percent 15,8 14,7 22 5,8 6,0 37,6 18 4,7 4,9 42,5 F43.1 F90.0 F90.1 F43.0 L98.1 F32.1 F91.2 17 13 13 12 10 8 4,5 3,4 3,4 3,2 2,6 2,1 4,6 3,5 3,5 3,3 2,7 2,2 47,1 50,7 54,2 57,5 60,2 62,4 8 2,1 2,2 64,6 F41.2 F91.1 8 2,1 2,2 66,8 6 1,6 1,6 68,4 F10.1 F32.0 F41.0 F70.1 4 4 4 1,1 1,1 1,1 1,1 1,1 1,1 69,5 70,6 71,7 4 1,1 1,1 72,8 F92.0 F93.9 4 1,1 1,1 73,8 4 1,1 1,1 74,9 U31.9 F91.9 4 1,1 1,1 76,0 4 1,1 1,1 77,1 F41.9 4 1,1 1,1 78,2 F43.2 F32.9 F32.2 F32.3 Anhang Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen / schädlicher Gebrauch Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ Abhängigkeitssyndrom Nicht näher bezeichnete akute vorübergehende psychotische Störung Generalisierte Angststörung Nicht näher bezeichnete Essstörung Nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Störungen durch Alkohol /akute Intoxikation Paranoide Schizophrenie Schizoaffektive Störung, gegenwärtig depressiv Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen Nicht näher bezeichnete Zwangsstörung Nicht näher bezeichnete Reaktion auf schwere Belastung Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Nicht näher bezeichnete Persönlichkeits- und Verhaltensstörung Asperger Syndrom Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens Vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale) Störungen durch Opioide/ schädlicher Gebrauch Störungen durch Cannabinoide/ schädlicher Gebrauch Störungen durch Cannabinoide/ Abhängigkeitssyndrom Störungen durch Sedativa oder Hyypnotika/ Abhängigkeitssyndrom Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ akute Intoxikation Undifferenzierte Schizophrenie Sonstige Schizophrenie Akute polymorphe psychotische Störung ohne Symptome einer Schizophrenie Akute schizophreniforme psychotische Störung Sonstige nichtorganische psychotische Störungen Bipolare affektive Störung, gegenwärtig manische Episode mit psychotischen Symptomen Somatisierungsstörung Nicht näher bezeichnete abnorme Gewohnheit und Störung der Impulskontrolle Leichte Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ sonstige Verhaltensstörungen Lese- und Rechtschreibstörung Frühkindlicher Autismus Atypischer Autismus Störung des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigen Verhalten Nicht näher bezeichnete kombinierte Störung des Sozialverhaltens Kombinierte vokale und multiple motorische Tics 393 F19.1 3 0,8 0,8 79,0 3 0,8 0,8 79,8 3 0,8 0,8 80,7 F41.1 F50.9 F60.9 F79.9 3 3 3 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 0,8 81,5 82,3 83,1 3 0,8 0,8 83,9 F10.0 F20.0 F25.1 F33.3 2 2 2 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 0,5 84,5 85,0 85,6 2 0,5 0,5 86,1 F42.9 F43.9 2 0,5 0,5 86,6 2 0,5 0,5 87,2 F60.3 F69 2 0,5 0,5 87,7 2 0,5 0,5 88,3 F84.5 F92.8 F42.1 F11.1 F12.1 2 2 2 1 0,5 0,5 0,5 0,3 0,5 0,5 0,5 0,3 88,8 89,4 89,9 90,2 1 0,3 0,3 90,5 1 0,3 0,3 90,7 1 0,3 0,3 91,0 1 0,3 0,3 91,3 F20.3 F20.8 F23.0 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 91,6 91,8 1 0,3 0,3 92,1 F23.2 F28 F31.2 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 92,4 92,6 1 0,3 0,3 92,9 F45.0 F63.9 1 0,3 0,3 93,2 1 0,3 0,3 93,5 1 0,3 0,3 93,7 1 0,3 0,3 94,0 1 0,3 0,3 94,3 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 94,6 94,8 95,1 1 0,3 0,3 95,4 1 0,3 0,3 95,6 1 0,3 0,3 95,9 F19.2 F23.9 F12.2 F13.2 F19.0 F70.9 F79.1 F79.8 F81.0 F84.0 F84.1 F91.3 F92.9 F95.2 Anhang (Tourette Syndrom) Psychische Störung ohne nähere Angaben Epilepsie Sonstige Reaktionen auf schwere Belastung Nicht näher bezeichnete bipolare affektive Störung Allgemeine psychiatrische Untersuchung, nicht andernorts klassifizierbar Andere Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Pathologisches Stehlen/ Kleptomanie F99 G40 F43.8 T50.9 F31.9 M21.6 Z00.4 F78.9 F63.2 R10.4 F91.8 F42.0 F50.2 F40.9 F72.1 Sonstige Störungen des Sozialverhaltens Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang Bulimia nervosa Nicht näher bezeichnete phobische Störung Schwere Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Total System Missing Total 1 1 1 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 96,2 96,5 96,7 97,0 97,3 97,5 1 0,3 0,3 97,8 1 0,3 0,3 98,1 1 1 1 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 0,3 98,4 98,6 98,9 99,2 99,5 99,7 1 0,3 0,3 100,0 367 13 380 96,6 3,4 100,0 100,0 Tabelle 93: Entlassungsdiagnose (2.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Valid Diagnose lt. ICD 10 Anpassungsstörungen Nicht näher bezeichnete depressive Episode Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen Mittelgradige depressive Episode Posttraumatische Belastungsstörung Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen/ Abhängigkeitssyndrom Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung Störungen durch Alkohol/ schädlicher Gebrauch Störungen durch Cannabinoide/ schädlicher Gebrauch Störungen durch Cannabinoide/ Abhängigkeitssyndrom Paranoide Schizophrenie Nicht näher bezeichnete akute vorübergehende psychotische Störung Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen Angst und depressive Störung, gemischt Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Dermatitis factitia Störungen durch Alkohol/ Abhängigkeitssyndrom 394 F43.2 F32.9 F32.3 Frequency 19 16 Cumulative Valid Percent Percent Percent 5,0 16,7 16,7 4,2 14,0 30,7 8 2,1 7,0 37,7 6 6 4 1,6 1,6 1,1 5,3 5,3 3,5 43,0 48,2 51,8 3 0,8 2,6 54,4 F90.0 F90.1 F92.0 F10.1 F12.1 F12.2 3 3 3 2 2 0,8 0,8 0,8 0,5 0,5 2,6 2,6 2,6 1,8 1,8 57,0 59,6 62,3 64,0 65,8 2 0,5 1,8 67,5 F20.0 F23.9 2 0,5 1,8 69,3 2 0,5 1,8 71,1 2 0,5 1,8 72,8 2 0,5 1,8 74,6 F41.2 F91.1 2 0,5 1,8 76,3 2 0,5 1,8 78,1 L98.1 E77.9 F10.2 2 1 1 0,5 0,3 0,3 1,8 0,9 0,9 79,8 80,7 81,6 F32.1 F43.1 F92.8 F19.2 F32.2 F33.3 Anhang Störungen durch Opioide/ Abhängigkeitssyndrom Störungen durch Tabak/ Abhängigkeitssyndrom Sonstige Schizophrenie Akute polymorphe psychotische Störung ohne Symptome einer Schizophrenie Bipolare affektive Störung, gegenwärtig leichte oder mittelgradige depressive Episode Bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Nicht näher bezeichnete bipolare affektive Störung Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig remittiert Nicht näher bezeichnete rezidivierende depressive Störung Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang Vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale) Nicht näher bezeichnete Reaktion auf schwere Belastung Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Leichte Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Leichte Intelligenzminderung/ sonstige Verhaltensst. Leichte Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Asperger- Syndrom Nicht näher bezeichnete Störung des Sozialverhaltens Nichtorganische Enuresis Missing Total F11.2 F17.2 F20.8 F23.0 1 1 1 0,3 0,3 0,3 0,9 0,9 0,9 82,5 83,3 84,2 1 0,3 0,9 85,1 1 0,3 0,9 86,0 1 0,3 0,9 86,8 1 0,3 0,9 87,7 1 0,3 0,9 88,6 1 0,3 0,9 89,5 F42.0 F42.1 F43.9 1 1 0,3 0,3 0,9 0,9 90,4 91,2 1 0,3 0,9 92,1 F60.3 F70.1 1 0,3 0,9 93,0 1 0,3 0,9 93,9 1 0,3 0,9 94,7 1 0,3 0,9 95,6 1 0,3 0,9 96,5 1 1 1 1 114 266 0,3 0,3 0,3 0,3 30,0 70,0 0,9 0,9 0,9 0,9 100,0 97,4 98,2 99,1 100,0 380 100,0 F31.3 F31.4 F31.9 F33.4 F33.9 F70.8 F70.9 F79.9 F84.5 F91.9 F98.0 R06.4 Total System Tabelle 94: Entlassungsdiagnose (3.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Valid Diagnose lt. ICD 10 Anpassungsstörungen Posttraumatische Belastungsstörung Nicht näher bezeichnete depressive Episode Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens Paranoide Schizophrenie Bipolare affektive Störung, gegenwärtig leichte oder mittelgradige depressive Episode Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung Organische Halluzinose Störungen durch Alkohol/ akute Intoxikation Störungen durch Cannabinoide/ Abhängigkeitssyndrom Nicht näher bezeichnete akute Frequency 7 6 F43.2 F43.1 F32.9 F32.2 F92.8 F20.0 F31.3 Percent Valid Cumulative Percent Percent 1,8 14,3 14,3 1,6 12,2 26,5 5 1,3 10,2 3 0,8 6,1 3 0,8 6,1 2 0,5 4,1 2 0,5 4,1 36,7 42,9 49,0 53,1 57,1 F32.3 2 0,5 4,1 F60.3 F90.0 2 0,5 4,1 2 0,5 4,1 F06.0 F10.1 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 F12.2 F23.9 395 61,2 65,3 69,4 71,4 73,5 75,5 77,6 Anhang vorübergehende psychotische Störung Schizoaffektive Störung, gegenwärtig depressiv Nicht näher bezeichnete schizoaffektive Störung Sonstige nichtorganische psychotische Störung Bipolare affektive Störung, gegenwärtig schwere depressive Episode, ohne psychotische Symptome Vorwiegend Zwangsgedanken oder Grübelzwang Vorwiegend Zwangshandlungen (Zwangsrituale) Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Störung des Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen Reaktive Bindungsstörung des Kindesalters Nicht näher bezeichnete Ticstörung Missing Total F25.1 F25.9 F28 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 79,6 81,6 83,7 F31.4 85,7 F42.0 F42.1 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 87,8 89,8 F79.9 91,8 F90.1 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 1 0,3 2,0 1 49 331 0,3 12,9 87,1 2,0 100,0 380 100,0 F91.2 F94.1 F95.9 Total System 93,9 95,9 98,0 100,0 Tabelle 95: Entlassungsdiagnose (4. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Diagnose lt. ICD 10 Valid Anpassungsstörung Posttraumatische Belastungsstörung Störungen durch Alkohol/ schädlicher Gebrauch Störungen durch Cannabinoide/ schädlicher Gebrauch Störungen durch multiplen Substanzgebrauch und Konsum anderer psychotroper Substanzen Nicht näher bezeichnete depressive Episode Leichte Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Einfache Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung Hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Nicht näher bezeichnete Störung des Sozialverhaltens F43.2 F43.1 F10.1 F12.1 F19.2 F32.9 F70.1 F79.9 F90.0 F90.1 F91.1 F91.9 Total System Missing Total 396 Frequency 4 3 1 Percent 1,1 0,8 0,3 Valid Percent 23,5 17,6 5,9 Cumulative Percent 23,5 41,2 47,1 1 0,3 5,9 52,9 1 0,3 5,9 58,8 1 0,3 5,9 64,7 1 0,3 5,9 70,6 1 0,3 5,9 76,5 1 1 0,3 0,3 5,9 5,9 82,4 88,2 1 0,3 5,9 94,1 1 0,3 5,9 100,0 17 4,5 100,0 363 95,5 380 100,0 Anhang Tabelle 96: Entlassungsdiagnose (5. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Diagnose lt. ICD 10 Posttraumatische Belastungsstörung Störungen durch Cannabinoide/ schädlicher Gebrauch Paranoide Schizophrenie Nicht näher bezeichnete schizoaffektive Störung Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen Nicht näher bezeichnete depressive Episode Anpassungsstörungen Leichte Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Nicht näher bezeichnete Intelligenzminderung/ ohne Angabe einer Verhaltensstörung Valid Frequency 2 Percent 0,5 Valid Percent 20,0 Cumulative Percent 20,0 1 0,3 10,0 30,0 F20.0 F25.9 F32.3 1 1 0,3 0,3 10,0 10,0 40,0 50,0 1 0,3 10,0 60,0 F32.9 F43.2 F70.1 1 1 0,3 0,3 10,0 10,0 70,0 80,0 1 0,3 10,0 90,0 1 0,3 10,0 100,0 10 2,6 100,0 F43.1 F12.1 F79.9 Total Missing Total System 370 97,4 380 100,0 Tabelle 97: Entlassungsdiagnose (6. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet Diagnose lt. ICD 10 Nicht näher bezeichnete akute vorübergehende psychotische Störung Anpassungsstörungen Emotional instabile Persönlichkeitsstörung Leichte Intelligenzminderung/ deutliche Verhaltensstörung, die Beobachtung oder Behandlung erfordert Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Valid Percent Valid Percent Cumulative Percent 1 0,3 20,0 20,0 1 1 0,3 0,3 20,0 20,0 40,0 60,0 1 0,3 20,0 80,0 1 0,3 20,0 100,0 5 1,3 100,0 Frequency F23.9 F43.2 F60.3 F70.1 F91.1 Total Missing Total System 375 98,7 380 100,0 Tabelle 98: Entlassungsdiagnose (7. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet 1 Percent 0,3 Valid Percent 25,0 Cumulative Percent 25,0 1 0,3 25,0 50,0 1 0,3 25,0 75,0 1 0,3 25,0 100,0 4 1,1 100,0 Frequency Valid Sonstige nichtorganische psychotische Störungen Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome Störung des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen Sonstige kombinierte Störungen des Sozialverhaltens F28 F32.2 F91.1 F92.8 Total Missing Total System 397 376 98,9 380 100,0 Anhang Tabelle 99: Kolmogorov Smirnov Test- Alter One-Sample Kolmogorov-Smirnov Test Alter 378 N Normal Parameters(a,b) Most Extreme Differences Mean 14,8889 Std. Deviation 2,46747 Absolute ,161 Positive ,104 Negative -,161 Kolmogorov-Smirnov Z 3,127 Asymp. Sig. (2-tailed) ,000 a Test distribution is Normal. b Calculated from data. Tabelle 100: Mann- Whitney U Test- Kontakt zu stat. JW/ Alter Ranks Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. Alter Kontakt zu JW Einrichtung N 111 Mean Rank 161,95 Sum of Ranks 17976,00 kein bekannter Kontakt zu JW Einrichtung 248 188,08 46644,00 Total 359 Test Statistics(a) Mann-Whitney U Alter 11760,000 Wilcoxon W 17976,000 Z -2,232 Asymp. Sig. (2-tailed) ,026 a Grouping Variable: Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. Tabelle 101: Mann Witney- U-Test: Geschlecht/ Alter (Kontakt) Ranks Alter Geschlecht weiblich männlich Total Test Statistics(a) N 54 57 Mean Rank 60,57 51,67 Sum of Ranks 3271,00 2945,00 Mann-Whitney U Alter 1292,000 Wilcoxon W 2945,000 Z Asymp. Sig. (2-tailed) 111 -1,478 ,139 a Grouping Variable: Geschlecht 398 Anhang Tabelle 102: Mittelwerte Alter/ Geschlecht (Kontakt) Report Alter Geschlecht weiblich Mean 15,0741 männlich Total N 54 Std. Deviation 1,78940 14,4912 57 1,98317 14,7748 111 1,90542 Tabelle 103: Mann- Whitney U- Test- Zahl der Aufenthalte Ranks Kontakt Zahl der Aufenthalte Test Statistics Kontakt zu JW Einrichtung kein bekannter Kontakt zu JW Einrichtung Total N Mean Rank Sum of Ranks 111 231,89 25740,00 250 158,40 39601,00 Zahl der Aufenthalte 8226,000 Mann-Whitney U Wilcoxon W 39601,000 Z -7,445 Asymp. Sig. (2-tailed) ,000 a Grouping Variable: Kontakt 361 Tabelle 104: Mann- Whitney U-Test- Aufenthaltsdauer (1.Int.)/ Geschlecht Ranks Geschlecht Aufenthaltsdauer N weiblich männlich Total 178 190 368 Mean Rank 193,47 176,10 Test Statistics(a) Sum of Ranks 34437,00 33459,00 Mann-Whitney U Aufenthaltsdauer 15314,000 Wilcoxon W 33459,000 Z -1,627 Asymp. Sig. (2-tailed) ,104 a Grouping Variable: Geschlecht Tabelle 105: Mann- Whitney U-Test- Aufenthaltsdauer (2.Int.)/ Geschlecht Ranks Geschlecht Aufenthaltsdauer weiblich männlich Total Test Statistics(a) N 65 51 116 Mean Rank 60,22 56,31 Sum of Ranks 3914,00 2872,00 Mann-Whitney U Wilcoxon W Z Aufenthaltsdauer 1546,000 2872,000 -,632 Asymp. Sig. (2tailed) a Grouping Variable: Geschlecht 399 ,528 Anhang Tabelle 106: Mann Whitney U- Test: Aufenthaltsdauer (3. Intervention)/ Geschlecht Ranks Aufenthaltsdauer Test Statistics(a) Geschlecht weiblich N 30 Mean Rank 25,12 Sum of Ranks 753,50 männlich 19 24,82 471,50 Total 49 Aufenthaltsdauer 281,500 Mann-Whitney U Wilcoxon W 471,500 Z -,073 Asymp. Sig. (2-tailed) ,941 a Grouping Variable: Geschlecht Tabelle 107: Mann Whitney U- Test- Aufenthaltsdauer/ Wechsel (1.-3. Int.) Test Statistics(a)- 1.Int Mann-Whitney U Wilcoxon W Ranks- 1.Int. Aufenthaltsdauer 2206,000 50722,000 Z -7,847 Asymp. Sig. (2-tailed) ,000 a Groupin g Variable : Wechse l1 Wechsel1 Aufenthaltsdauer Wilcoxon W 4712,000 -4,940 Asymp. Sig. (2-tailed) Wilcoxon W Z Asymp. Sig. (2-tailed) 46 286,54 13181,00 N 93 Mean Rank 50,67 Sum of Ranks 4712,00 22 89,00 1958,00 N 36 Mean Rank 21,39 Sum of Ranks 770,00 ja 13 35,00 455,00 Total 49 nein Total ,000 Wechsel der Wohnform Aufenthaltsdauer nein a Groupin g Variable : Wechsel der Wohnform Test Statistics(a)- 3.Int Mann-Whitney U Sum of Ranks 50722,00 357 Ranks- 2.Int. Aufenthaltsdauer 341,000 Z Mean Rank 163,09 ja Test Statistics(a)- 2.Int. Mann-Whitney U N 311 ja Total 115 Ranks- 3.Int. Wechsel der Wohnform Aufenthaltsdauer nein Aufenthaltsdauer 104,000 770,000 -3,011 ,003 a Grouping Variable: Wechsel der Wohnform 400 Anhang Tabelle 108: Mittelwerte Aufenthaltsdauer- Wechsel/ kein Wechsel der Wohnform 1.Int. Statistics- kein Wechsel der Wohnform (1.Int.) Statistics- Wechsel der Wohnform (1.Int.) Aufenthaltsdauer Aufenthaltsdauer N Valid Missing Mean 311 3,1961 Std. Deviation 2,97681 Variance N 8,861 Valid 46 Missing 2 Mean 1 7,8696 Std. Deviation 3,28369 Variance 10,783 Tabelle 109: Mittelwerte Aufenthaltsdauer- Wechsel/kein Wechsel 2.Int. Statistics- kein Wechsel der Wohnform (2.Int.) Statistics- Wechsel der Wohnform (2.Int.) Aufenthaltsdauer Aufenthaltsdauer N Valid Missing Mean N 93 Mean 3,79451 Variance 8,926 0 7,7273 Std. Deviation 2,98759 Variance 22 Missing 0 3,2903 Std. Deviation Valid 14,398 Tabelle 110: Mittelwerte Aufenthaltsdauer- Wechsel/kein Wechsel 3.Int. Statistics- kein Wechsel der Wohnform (3.Int.) Statistics- Wechsel der Wohnform (3.Int.) Aufenthaltsdauer Aufenthaltsdauer N Valid Missing Mean Std. Deviation Variance N 36 Valid Missing 0 Mean 3,2500 Std. Deviation 2,97969 Variance 8,879 401 13 0 7,0769 4,21231 17,744 Anhang Tabelle 111: Keuztabelle -JW vor 1. Int. nach Region * Form der Intervention Form der Intervention JW vor 1. Int. nach Region kein Kontakt zu JW Count JW nicht STMK Expected Count Std. Residual Count ambulant 5 tagklinisch 63 stationär 178 4,8 56,5 186,3 48,4 ,1 ,9 -,6 ,2 0 1 7 0 8 ,1 1,5 5,0 1,3 8,0 -,4 -,4 ,9 -1,1 1 4 28 5 38 ,6 7,2 23,9 6,2 38,0 ,5 -1,2 ,8 -,5 0 2 15 3 20 ,3 3,8 12,6 3,3 20,0 -,6 -,9 ,7 -,1 0 0 3 2 5 ,1 1,0 3,1 ,8 5,0 -,3 -1,0 -,1 1,3 6 70 231 60 367 6,0 70,0 231,0 60,0 367,0 Expected Count Std. Residual Count JW Bezirk Graz/Graz Umgebung Expected Count Std. Residual JW Obersteiermark (Bruck, Liezen, Knittelfeld, Mürzzuschlag) JW Ostbzw.Weststeiermark(Hartberg, Feldbach, Voitsberg) Total Total stationär+ tagklinisch 50 Count Expected Count Std. Residual Count Expected Count Std. Residual Count Expected Count 296 296,0 Tabelle 112: Kreuztabelle Aufnahmediagnose 1. Int* Geschlecht Aufnahmediagnose 1.Int. zusammengefasst * Geschlecht Crosstabulation Count Chi-Square Tests Geschlecht Total Aufnahmediagnose 1.Int. zusammen gefasst Total F1 weiblich 9 männlich 11 20 F2 F3 6 91 5 56 11 147 F4 F6 46 1 40 7 86 8 F9 7 46 53 160 165 325 402 df Asymp. Sig. (2-sided) 42,174(a) 5 ,000 46,210 5 ,000 32,625 1 ,000 Value Pearson ChiSquare Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases 325 a 2 cells (16,7%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 3,94. Anhang Tabelle 113: Kreuztabelle Aufnahmediagnose 2. Int. * Geschlecht Aufnahmediagnose 2. Int. zusammengefasst * Geschlecht Crosstabulation Chi-Square Tests Count Total Geschlecht Aufnahmediagnose 2. Int. zusammengefasst Total Pearson Chi-Square F3 weiblich 32 männlich 10 42 F4 18 13 31 F9 4 18 22 54 41 95 Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 19,832(a) 20,781 df 2 2 Asymp. Sig. (2sided) ,000 ,000 19,047 1 ,000 95 a 0 cells (,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 9,49. Tabelle 114: Chi- Quadrat- Aufnahmediagnose (1.Int.)/ Wechsel d. Wohnform Aufnahmediagnose 1.Int. zusammengefasst * Wechsel1 Crosstabulation Total Wechsel1 nein Aufnahmediagnose 1.Int. zusammengefasst F1 F3 Count 18 2 Std. Residual ,2 -,4 123 19 ,0 ,1 Count 72 13 Std. Residual -,2 ,5 Count 43 5 Std. Residual ,2 -,5 Count 28 4 Std. Residual ,0 -,1 284 43 Count Std. Residual F4 F9 sonstige Total ja Count 20 142 85 48 32 327 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value ,848(a) ,868 ,135 4 4 Asymp. Sig. (2-sided) ,932 ,929 1 ,713 df 327 a 2 cells (20,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 2,63. 403 Anhang Tabelle 115: Kreuztabelle Aufnahmediagnose- Wechsel der Wohnform (2.Int.) Aufnahmediagnose 2. Int. zusammengefasst * Wechsel der Wohnform Crosstabulation Wechsel der Wohnform Aufnahmediagnose 2. Int. zusammengefasst nein 34 F3 Count F4 Std. Residual Count F9 Std. Residual Count Std. Residual Count Total Total ja 7 ,3 -,6 23 8 -,3 ,5 16 5 -,1 ,2 73 20 41 31 21 93 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value ,883(a) ,893 ,202 2 2 Asymp. Sig. (2-sided) ,643 ,640 1 ,653 df 93 a 1 cells (16,7%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 4,52. 404 Anhang Tabelle 116: Entlassungsdiagnose 1.Int zusammengefasst * Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. Count Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. Entlassungsdiagnose 1.Int zusammengefasst F1 Kontakt zu JW Einrichtung 5 kein bekannter Kontakt zu JW Einrichtung 12 Total 17 F2 5 7 12 F3 28 79 107 F4 36 63 99 F7 4 6 10 F9 16 35 51 sonstige Total 8 35 43 102 237 339 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 6,606(a) 6,754 ,781 6 6 Asymp. Sig. (2-sided) ,359 ,344 1 ,377 df 339 a 2 cells (14,3%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 3,01. 405 Anhang Entlassungsdiagnose 2. Int. zusammengefasst * Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. Crosstabulation Count Entlassungsdiagnose 2. Int. zusammengefasst F1 Count F3 Std. Residual Count F4 Std. Residual Count F9 Std. Residual Count sonstige Std. Residual Count Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int. kein bekannter Kontakt zu Kontakt zu JW JW Einrichtung Einrichtung 9 3 Std. Residual Count Total ,8 -,9 15 22 -1,4 1,7 20 6 1,2 -1,5 13 3 1,2 -1,4 2 8 -1,6 1,9 59 42 Total 12 37 26 16 10 101 Chi-Square Tests Pearson Chi-Square Likelihood Ratio Linear-by-Linear Association N of Valid Cases Value 19,401(a) 20,143 ,081 4 4 Asymp. Sig. (2-sided) ,001 ,000 1 ,776 df 101 a 2 cells (20,0%) have expected count less than 5. The minimum expected count is 4,16. 406 Anhang Tabelle 117: Kreuztabelle- Aufnahmegrund (1.Int.)- Wohnform vor 1.Int= JW Abklärung Wohnform vor 1.Int= JW Einrichtung nicht aus aus Einrichtung Einrichtung der JW der JW 66 6 Count Expected Count Suizidversuch Aufnahmegrund 13,9 Std. Residual 1,0 -2,1 Count 42 4 46 46,0 37,1 8,9 ,8 -1,6 Count 23 4 27 21,8 5,2 27,0 ,3 -,5 56 15 71 71,0 Expected Count Count Expected Count Gewalttätigkeiten/aggressiv e Durchbrüche ständiges Entweichen 57,3 13,7 Std. Residual -,2 ,3 Count 41 32 73 Expected Count 58,9 14,1 73,0 Std. Residual -2,3 4,8 0 1 1 1,0 Count Expected Count depressive Stimmung ,8 ,2 Std. Residual -,9 1,8 Count 16 2 18 14,5 3,5 18,0 ,4 -,8 Expected Count Std. Residual Angst und Panikattacken Count Expected Count Std. Residual Einweisung vom Hausarzt Count Expected Count Std. Residual Alkoholintoxikation/Alkohol konsum Zwangshandlungen/Zwang sgedanken Count Medikamenteneinstellung 0 6 1,2 6,0 ,5 -1,1 3 0 3 2,4 ,6 3,0 ,4 -,8 7 2 9 7,3 1,7 9,0 Std. Residual -,1 ,2 Count Expected Count Count 2 0 2 1,6 ,4 2,0 ,3 -,6 3 0 3 2,4 ,6 3,0 Std. Residual ,4 -,8 Count 5 0 5 5,0 Expected Count ständige Konflikte mit den Eltern 6 4,8 Expected Count Std. Residual manische Zustände 72,0 Std. Residual Std. Residual Suizidäußerung 72 58,1 Expected Count selbstverletzendes Verhalten Total Expected Count 4,0 1,0 Std. Residual ,5 -1,0 Count 0 2 2 1,6 ,4 2,0 -1,3 2,6 Expected Count Std. Residual 407 Anhang Stimmen Count 7 1 8 6,5 1,5 8,0 Std. Residual ,2 -,4 Count 5 1 6 6,0 Expected Count Drogenkonsum Expected Count Schulangst 4,8 1,2 Std. Residual ,1 -,1 Count 7 0 7 7,0 Expected Count psychosomatische Beschwerden unmittelbar vorausgegangenes traum. Erlebnis Essstörung 5,6 1,4 Std. Residual ,6 -1,2 Count 1 0 1 Expected Count ,8 ,2 1,0 Std. Residual ,2 -,4 Count 3 0 3 2,4 ,6 3,0 ,4 -,8 Expected Count Std. Residual Count Expected Count Std. Residual Risikoverhalten 0 3 ,6 3,0 ,4 -,8 Count 0 1 1 Expected Count ,8 ,2 1,0 Std. Residual Total 3 2,4 Count Expected Count 408 -,9 1,8 296 71 367 296,0 71,0 367,0 Anhang Interviewleitfaden: KURZFRAGEBOGEN: Geschlecht männl. weibl. Ausbildung: Institution: Wie lange arbeiten sie bereits in dieser Institution: Wie lange sind sie insgesamt in diesem Bereich tätig? Wie lange besteht Ihre Institution bereits in dieser Form? Kapazität der Institution: Informationen zur Institution und zum Team: Aus wie vielen Personen besteht Ihr Team? Wie viele Frauen und Männer gibt es im Team? Welche Ausbildungen haben die Mitglieder des Teams? Wie stark ist die Fluktuation im Team? Wie sieht ein ganz normaler Tagesablauf für eine(n) Jugendliche(n) in ihrer Institution aus? Welche pädagogischen Grundsätze sind für Sie und Ihr Team handlungsleitend? AUFNAHMEVERFAHREN: Wie sieht in Ihrer Institution das Aufnahmeverfahren aus? (Dauer) Nach welchen Kriterien wird entschieden, ob ein Kind oder ein Jugendlicher aufgenommen wird? (Wer entscheidet) Wie lange muss ein Kind oder ein Jugendlicher ihres Wissens nach auf einen Platz in ihrer Einrichtung warten? Was sind Ausschlusskriterien? Welche Rolle spielt eine psychiatrische Diagnose bzw. ein oder mehrere psychiatrische Aufenthalte bei der Aufnahme? PROBLEMFÄLLE/ ZUSAMMENARBEIT: Welche Kinder und Jugendlichen würden Sie Ihrer Erfahrung nach als „besonders schwierig“ oder als Problemfälle bezeichnen? Wer sind Ihre Hauptansprechpartner, wenn sich Fragen bzw. Probleme mit besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen ergeben? Wie wird in Ihrer Einrichtung mit Kindern und Jugendlichen umgegangen, die an die Grenzen gehen bzw. die Grenzen zu sprengen scheinen? Wie wird mit Gewalttätigkeiten umgegangen? Wie wird mit selbstverletzendem Verhalten umgegangen? 409 Anhang Werden Schwierigkeiten bzw. Fragen im Team besprochen? Wie oft findet dieses Team statt? Gibt es spezielle Überlegungen im Team, wenn Kinder und Jugendliche psychiatrisch auffällig sind? Was passiert, wenn das gesamte Team keinen Rat mehr weiß? Welche Hilfen gibt es dann? ZUSAMMENARBEIT: Bei wenig Zusammenarbeit: Woran könnte es Ihrer Meinung nach liegen, dass manche Wohngemeinschaften sehr viele gemeinsame Fälle mit der KJP haben und andere nicht? Welche Schritte werden unternommen, bevor die Kinder und Jugendpsychiatrie konsultiert wird? Wann/ Wie wird entschieden, dass ein Kind oder Jugendlicher psychiatrisch abgeklärt werden muss? Wie gehen Sie dann vor? Inwieweit gibt es einen Erfahrungsaustausch zwischen Ihrer Einrichtung und der KJP über gemeinsam betreute Kinder und Jugendliche? Wie haben Sie bisher die Zusammenarbeit mit der KJP erlebt? Wie sind Ihre Erfahrungen? Könnten Sie mir einen Fall schildern, in dem ihrer Meinung nach die Zusammenarbeit zwischen Ihrer Einrichtung und der KJP gelungen ist? Könnten Sie mir des weiteren von einem Fall erzählen, von dem sie sagen würden, dass die Kooperation noch ausbaufähig gewesen wäre. Wen konsultieren Sie im Speziellen, wenn es um KJP Fragen geht? Mit wem wird Kontakt gehalten? Wie wurde der Kontakt zur KJP aufgebaut? Wie viele Kinder und Jugendliche, die Sie betreuen, bräuchten noch zusätzliche psychiatrische Hilfe oder Behandlung? Wie viele bräuchten Ihrer Meinung nach ambulante Hilfen? Für wie viele Kinder und Jugendlichen war oder wäre ein stationärer oder teilstationärer Aufenthalt notwendig? Wie viele Kinder und Jugendliche mit psychiatrischer Diagnose betreuen Sie? Wie viele nehmen Psychopharmaka? Wie wird in Ihrer Einrichtung mit psychiatrischen Diagnosen umgegangen? Welche Auswirkungen hat eine psychiatrische Diagnose auf Ihr eigenes pädagogisches Handeln? Wie könnte Ihrer Meinung nach die wiederholende Überweisung von „besonders schwierigen Kindern und Jugendlichen“ zwischen der WG oder der Familie und der KJP verhindert werden? (Was wäre notwendig, um dies zu verhindern?) ERWARTUNGEN an die KJP: Was würden Sie sich als Einrichtung von der KJP erwarten? Was ist Ihre Vorstellung, was die KJP unter den gegebenen Umständen leisten kann? (Warum gibt es diese Diskrepanz?) Was glauben Sie, was die KJP von ihrer Einrichtung erwartet? Von anderen Einrichtungen habe ich erfahren, dass die KJP manchmal eine entlastende Funktion für die Einrichtung hat. Wie ist das für Ihre Einrichtung? 410 Anhang GESCHLOSSENE UNTERBRINGUNG: Was halten sie persönlich von geschlossener Unterbringung in Heimen bzw. stationären Fremdunterbringungsmöglichkeiten? Wie beurteilen Sie den Bedarf an geschlossenen Einrichtungen? Unter welchen Umständen würden Sie eine kurzzeitig geschlossene Unterbringung in Heimen für sinnvoll erachten? AUSBILDUNG/ SCHULUNG: Wenn sie an ihre Ausbildung zurück denken, inwieweit wurden sie auf den Umgang mit „besonders schwierigen“ Kindern und Jugendlichen vorbereitet? Was hat Ihnen das für die praktische Arbeit gebracht? Inwieweit wurden Sie in Ihrer Ausbildung mit psychiatrischen Krankheitsbildern konfrontiert? Woher haben Sie Ihr Wissen über psychiatrische Fälle? EBENE der GESAMTVERSORGUNG: Wie beurteilen sie das Angebot der Jugendwohlfahrt in der Steiermark? Ist das Angebot für Kinder in besonders schwierigen Situationen ihrem Gefühl nach ausreichend? Wie lange muss ein Kind oder Jugendlicher ihres Wissens nach auf einen Platz in ihrer Einrichtung warten? Welche Angebote im Rahmen der Jugendwohlfahrt fehlen ihrer Meinung nach? Welche Bereiche in der Jugendwohlfahrt sind ihrer Meinung nach gut ausgebaut? ABSCHLIEßENDE FRAGEN: Was funktioniert in Bezug auf die Kooperation zwischen KJP und ihrer Einrichtung gut? Wo ergeben sich Probleme? Was sind ihrer Meinung nach die Gründe für diese Probleme? Wie würden sie sich die optimale Zusammenarbeit zwischen ihrer Institution und der KJP vorstellen? Was fällt Ihnen noch in Bezug auf die Kooperation mit der KJP ein? Gibt es noch irgendwelche Anregungen von Ihrer Seite? 411 Verzeichnisse 17 Verzeichnisse 17.1 Verzeichnis der Tabellen Tabelle 1: stationäre Betreuungsformen (vgl. Scheipl, 2000: 107f.) .................................................98 Tabelle 2: Geschlecht.......................................................................................................................141 Tabelle 3: Alter ................................................................................................................................142 Tabelle 4: Alter Mädchen ................................................................................................................143 Tabelle 5: Alter Burschen ................................................................................................................144 Tabelle 6: Mann- Whitney U Test: Alter/ Geschlecht .....................................................................146 Tabelle 7: Zahl der psychiatrischen Interventionen .........................................................................146 Tabelle 8: Chi- Quadrat Test- Zahl der Aufenthalte/ Geschlecht ....................................................148 Tabelle 9: Aufenthaltsdauer (in Wochen) pro Aufenthalt (Intervention) ........................................149 Tabelle 10: Wohnform vor der Intervention- JW- Einrichtungen ...................................................151 Tabelle 11: Wohnform nach der Int.- JW Einrichtungen.................................................................158 Tabelle 12: Form der 1.Intervention ................................................................................................167 Tabelle 13: Form der 2. Intervention ...............................................................................................167 Tabelle 14: Form der 3. Intervention ...............................................................................................168 Tabelle 15: Form der 4.Intervention ................................................................................................168 Tabelle 16: Form der 5. Intervention ...............................................................................................169 Tabelle 17: Aufnahmediagnose (1.Int.)- F3.....................................................................................170 Tabelle 18: Aufnahmediagnose (1.Int.)- F4.....................................................................................171 Tabelle 19: Aufnahmediagnose (1.Int.)- F9.....................................................................................171 Tabelle 20: Aufnahmediagnose (1.Int)- F1......................................................................................172 Tabelle 21: Aufnahmediagnose (1.Int.)- F2.....................................................................................172 Tabelle 22: Aufnahmediagnose (2.Int.)- F3.....................................................................................175 Tabelle 23: Aufnahmediagnose (2.Int.)- F4.....................................................................................175 Tabelle 24: Aufnahmediagnose (2.Int.)- F9.....................................................................................175 Tabelle 25: Aufnahmediagnose (3.Int.)- F3.....................................................................................178 Tabelle 26: Aufnahmediagnose (3. Intervention)- F4......................................................................178 Tabelle 27: Aufnahmediagnose (3. Int.)- F2....................................................................................178 Tabelle 28: Aufnahmediagnose (4.Int.)- F4.....................................................................................179 Tabelle 29: Aufnahmediagnose (4.Int.)- F9.....................................................................................180 Tabelle 30: Aufnahmediagnose (4.Int.)- F1.....................................................................................180 412 Verzeichnisse Tabelle 31: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- F4...................................................................................183 Tabelle 32: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- F3...................................................................................184 Tabelle 33: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- F9...................................................................................184 Tabelle 34: Entlassungsdiagnose (2.Int.)- F3...................................................................................186 Tabelle 35: Entlassungsdiagnose (2.Int.)- F4...................................................................................186 Tabelle 36: Entlassungsdiagnose (2. Int.)- F9..................................................................................186 Tabelle 37: Entlassungsdiagnose (3.Int.)- F4...................................................................................187 Tabelle 38: Entlassungsdiagnose (3. Int.)- F3..................................................................................188 Tabelle 39: Entlassungsdiagnose (3.Int.)- F9...................................................................................188 Tabelle 40: Entlassungsdiagnose (4.Int.)-F4....................................................................................189 Tabelle 41: Entlassungsdiagnose (4. Int.)- F9..................................................................................189 Tabelle 42: Entlassungsdiagnose (4. Int.)- F1..................................................................................190 Tabelle 43: Aufnahmegrund (1.Intervention) ..................................................................................194 Tabelle 44: Chi- Quadrat- Geschlecht/ Aufnahmegrund (1.Int.) .....................................................196 Tabelle 45: Aufnahmegrund (2.Intervention) ..................................................................................197 Tabelle 46: Chi- Quadrat Test- Aufnahmegrund/ Geschlecht (2.Int.) .............................................199 Tabelle 47: Aufnahmegrund- 3.Intervention ...................................................................................200 Tabelle 48: Aufnahmegrund (4.Intervention) ..................................................................................201 Tabelle 49: Aufnahmegrund (5. Intervention) .................................................................................202 Tabelle 50: Aufnahme im geschützten Bereich (1.Intervention).....................................................204 Tabelle 51: Chi- Quadrat Test- Aufnahme im geschützten Bereich/ Geschlecht (1.Int.)................205 Tabelle 52: Aufnahme im geschützten Bereich (2.Intervention).....................................................206 Tabelle 53: Aufnahme im geschützten Bereich (2. Intervention)....................................................206 Tabelle 54: Chi- Quadrat Test- Aufnahme im geschützten Bereich/ Geschlecht (2.Int.)................207 Tabelle 55: Aufnahme im geschützten Bereich (3.Intervention).....................................................208 Tabelle 56: Chi- Quadrat Test- Aufnahme im geschützten Bereich/ Geschlecht (3. Intervention).209 Tabelle 57: Aufnahme im geschützten Bereich (4.Intervention).....................................................210 Tabelle 58: Aufnahme im geschützten Bereich (5. Intervention)....................................................211 Tabelle 59: Grenzfälle......................................................................................................................220 Tabelle 60: Statistik Alter- kein Kontakt zu JW/ Kontakt zu JW....................................................221 Tabelle 61: Chi- Quadrat Test- Geschlecht/ Kontakt zu JW ...........................................................223 Tabelle 62: Mittelwerte- Zahl der Aufenthalt ..................................................................................224 Tabelle 63: Mann Whitney U-Test: Aufenthaltsdauer/ Kontakt (1.Int.)..........................................225 Tabelle 64: Mann- Whitney U- Test: Alter/ Jugendwohlfahrtseinrichtung vor der 1. Int. ..............226 Tabelle 65: Mann- Whitney U- Test: Aufenthaltsdauer/ Kontakt (2.Int.) .......................................227 413 Verzeichnisse Tabelle 66: Mann Whitney U- Test: Aufenthaltsdauer/ Kontakt (3.Int.).........................................228 Tabelle 67: Chi- Quadrat- Form der Intervention/ JW Einrichtungen vor der 1.Int.......................230 Tabelle 68: Chi- Quadrat- JW- Einrichtungen nach Regionen/ Interventionsform .........................232 Tabelle 69: Chi- Quadrat: Aufnahme im gesch. Bereich/ Fremdunterbringung vor der 1.Int.........234 Tabelle 70: Chi- Quadrat- Aufnahme im geschützten Bereich/ Fremdunterbringung vor 1.Int......235 Tabelle 71: Chi- Quadrat Test: Aufnahme im gesch.Bereich/ Fremdunterbringung vor der 2. Int. 237 Tabelle 72: Chi- Quadrat Test: Aufnahme im gesch. Bereich/ Fremdunterbringung vor der 3.Int. 237 Tabelle 73: Chi- Quadrat Test- Aufnahmediagnose/ Wohnform vor der 1.Int. = JW Einrichtung .239 Tabelle 74: Chi- Quadrat- Test: Aufnahmediagnose/ Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach der 1.Int. .................................................................................................................................................240 Tabelle 75: Chi- Quadrat Test: Aufnahmediagnose/ Fremdunterbringung vor der 2. Int. ..............241 Tabelle 76: Chi- Quadrat Test:Aufnahmediagnose/ Fremdunterbringung vor od. nach der 2. Int..243 Tabelle 77: Chi- Quadrat Test: Entlassungsdiagnose/ Fremdunterbringung nach der 1. Int...........245 Tabelle 78: Chi- Quadrat Test: Entlassungsdiagnose/ Fremdunterbringung nach der 2. Int...........246 Tabelle 79: Chi- Quadrat Test: Aufnahmegrund/ Fremdunterbringung vor der 1.Int. ....................249 Tabelle 80: Two- Step Clusteranalyse .............................................................................................254 Tabelle 81: Einrichtungen mit wenig Kontakt .................................................................................262 Tabelle 82: Einrichtungen mit häufigem Kontakt............................................................................263 Tabelle 83: Zusammenfassung Fragestellungen Dokumentenanalyse ............................................368 Tabelle 84: Zusammenfassung Fragestellungen Interviews ............................................................369 Tabelle 85: Aufnahmediagnose (1.Intervention); nach Häufigkeiten geordnet...............................387 Tabelle 86: Aufnahmediagnose (2.Intervention)- nach Häufigkeiten geordnet ..............................389 Tabelle 87: Aufnahmediagnose (3.Intervention)- nach Häufigkeiten geordnet ..............................390 Tabelle 88: Aufnahmediagnose (4.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet.............................................391 Tabelle 89: Aufnahmediagnose (5. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet............................................391 Tabelle 90: Aufnahmediagnose (6.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet.............................................392 Tabelle 91: Aufnahmediagnose (7. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet............................................392 Tabelle 92: Entlassungsdiagnose (1.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet ..........................................392 Tabelle 93: Entlassungsdiagnose (2.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet ..........................................394 Tabelle 94: Entlassungsdiagnose (3.Int.)- nach Häufigkeiten geordnet ..........................................395 Tabelle 95: Entlassungsdiagnose (4. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet .........................................396 Tabelle 96: Entlassungsdiagnose (5. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet .........................................397 Tabelle 97: Entlassungsdiagnose (6. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet .........................................397 Tabelle 98: Entlassungsdiagnose (7. Int.)- nach Häufigkeiten geordnet .........................................397 Tabelle 99: Kolmogorov Smirnov Test- Alter.................................................................................398 414 Verzeichnisse Tabelle 100: Mann- Whitney U Test- Kontakt zu stat. JW/ Alter ...................................................398 Tabelle 101: Mann Witney- U-Test: Geschlecht/ Alter (Kontakt) ..................................................398 Tabelle 102: Mittelwerte Alter/ Geschlecht (Kontakt) ....................................................................399 Tabelle 103: Mann- Whitney U- Test- Zahl der Aufenthalte ..........................................................399 Tabelle 104: Mann- Whitney U-Test- Aufenthaltsdauer (1.Int.)/ Geschlecht .................................399 Tabelle 105: Mann- Whitney U-Test- Aufenthaltsdauer (2.Int.)/ Geschlecht .................................399 Tabelle 106: Mann Whitney U- Test: Aufenthaltsdauer (3. Intervention)/ Geschlecht...................400 Tabelle 107: Mann Whitney U- Test- Aufenthaltsdauer/ Wechsel (1.-3. Int.) ................................400 Tabelle 108: Mittelwerte Aufenthaltsdauer- Wechsel/ kein Wechsel der Wohnform 1.Int. ...........401 Tabelle 109: Mittelwerte Aufenthaltsdauer- Wechsel/kein Wechsel 2.Int. .....................................401 Tabelle 110: Mittelwerte Aufenthaltsdauer- Wechsel/kein Wechsel 3.Int. .....................................401 Tabelle 111: Keuztabelle -JW vor 1. Int. nach Region * Form der Intervention.............................402 Tabelle 112: Kreuztabelle Aufnahmediagnose 1. Int* Geschlecht..................................................402 Tabelle 113: Kreuztabelle Aufnahmediagnose 2. Int. * Geschlecht................................................403 Tabelle 114: Chi- Quadrat- Aufnahmediagnose (1.Int.)/ Wechsel d. Wohnform............................403 Tabelle 115: Kreuztabelle Aufnahmediagnose- Wechsel der Wohnform (2.Int.) ...........................404 Tabelle 116: Entlassungsdiagnose 1.Int zusammengefasst * Kontakt zu JW Einrichtung vor oder nach einer Int....................................................................................................................................405 Tabelle 117: Kreuztabelle- Aufnahmegrund (1.Int.)- Wohnform vor 1.Int= JW ............................407 17.2 Verzeichnis der Grafiken Grafik 1:Geschlecht .........................................................................................................................141 Grafik 2: Alter..................................................................................................................................142 Grafik 3: Alter Mädchen .................................................................................................................143 Grafik 4: Alter Burschen..................................................................................................................145 Grafik 5: Zahl der psychiatrischen Interventionen ..........................................................................147 Grafik 6: Durchschnittliche Aufenthaltsdauer pro Aufenthalt (Intervention) .................................149 Grafik 7: Wohnform vor der Int.- JW Einrichtungen ......................................................................152 Grafik 8: Wohnform vor der 1. Intervention....................................................................................153 Grafik 9: Wohnform vor der 2. Intervention....................................................................................154 Grafik 10: Wohnform vor der 3. Intervention..................................................................................155 Grafik 11: Wohnform vor der 4. Intervention..................................................................................156 Grafik 12: Wohnform vor der 5. Intervention..................................................................................157 Grafik 13: Wohnform nach der Intervention- JW Einrichtungen ....................................................158 Grafik 14: Wohnform nach der 1. Intervention ...............................................................................160 415 Verzeichnisse Grafik 15: Wohnform nach der 2. Intervention ...............................................................................161 Grafik 16: Wohnform nach der 3. Intervention ...............................................................................162 Grafik 17: Wohnform nach der 4. Intervention ...............................................................................163 Grafik 18: Wohnform nach der 5. Intervention ...............................................................................164 Grafik 19: Häufigkeiten JW Einrichtungen vor und nach der Int....................................................165 Grafik 20: Aufnahmediagnose (1. Intervention)..............................................................................170 Grafik 21: Aufnahmediagnose (1.Int.)- Geschlecht.........................................................................173 Grafik 22: Aufnahmediagnose (2. Intervention)..............................................................................174 Grafik 23: Aufnahmediagnose (2. Int.) -Geschlecht........................................................................176 Grafik 24: Aufnahmediagnose (3. Intervention)..............................................................................177 Grafik 25: Aufnahmediagnose (4. Intervention)..............................................................................179 Grafik 26: Aufnahmediagnose (5. Intervention)..............................................................................181 Grafik 27: Entlassungsdiagnose (1. Intervention)............................................................................183 Grafik 28: Entlassungsdiagnose (2. Intervention)............................................................................185 Grafik 29: Entlassungsdiagnose (3. Intervention)............................................................................187 Grafik 30: Entlassungsdiagnose (4. Intervention)............................................................................189 Grafik 31: Entlassungsdiagnose (5. Intervention)............................................................................191 Grafik 32: Aufnahmegrund (1.Intervention)....................................................................................195 Grafik 33: Aufnahmegrund (2.Intervention)....................................................................................198 Grafik 34: Aufnahmegrund (3.Intervention)....................................................................................200 Grafik 35: Aufnahmegrund (4. Intervention)...................................................................................201 Grafik 36: Aufnahmegrund (5.Intervention)....................................................................................202 Grafik 37: Aufnahme im geschützten Bereich (1.Intervention) ......................................................204 Grafik 38: Aufnahme im geschützten Bereich (3.Intervention) ......................................................208 Grafik 39: Aufnahme im geschützten Bereich (4.Intervention) ......................................................210 Grafik 40: Aufnahme im geschützten Bereich (5.Intervention) ......................................................211 Grafik 41: Falldarstellung 1 .............................................................................................................214 Grafik 42: Falldarstellung 2 .............................................................................................................216 Grafik 43: Falldarstellung 3 .............................................................................................................218 Grafik 44: Grenzfälle .......................................................................................................................220 Grafik 45: Aufnahmediagnose 1.Int- aus JW-Einrichtung/ nicht aus JW- Einrichtung ..................240 Grafik 46: Aufnahmediagnose 2. Int. Kontakt/kein Kontakt...........................................................242 Grafik 47: Aufnahmegrund (1.Int.)..................................................................................................250 Grafik 48: Aufnahmegrund- Probe durch zwei Zufallsstichproben.................................................251 Grafik 49: Aufnahmegrund (2.Int.)..................................................................................................252 416 Verzeichnisse Grafik 50: Clustergröße ...................................................................................................................254 Grafik 51: Kontakt zu JW- Einrichtungen/ Prozent innerhalb des Clusters ....................................255 Grafik 52: Geschlecht/ Prozent innerhalb des Clusters ...................................................................256 Grafik 53: Zahl der Aufenthalte – Mittelwerte pro Cluster .............................................................256 Grafik 54: Alter- Mittelwerte pro Cluster ........................................................................................257 Grafik 55: Aufenthaltsdauer (1.Int.)- Mittelwerte pro Cluster.........................................................257 417