© 2007 Schattauer GmbH, Stuttgart 117 Editorial Behandlungsplanung in der Psychotherapie E ine sorgfältige Behandlungsplanung und therapeutische Zielsetzung sind Kernelement jedweder psychotherapeutischer Intervention – von der kurzfristigen Krisenintervention bis zur analytischen Langzeittherapie. Bei der Beantragung im Rahmen der Richtlinienpsychotherapie muss die Wahl des jeweiligen Behandlungsverfahrens gesondert begründet und dargestellt werden, inwieweit sich die Therapieziele mit hinreichender Wahrscheinlichkeit erreichen lassen. Das Therapieziel sollte von Therapeut und Patient gemeinsam formuliert werden und für den Patienten möglichst klar und affektiv besetzt sein. Psychodynamische Therapieansätze folgen dabei neben der von vielen Patienten fokussierten Symptomverbesserung meist einer beziehungszentrierten Grundorientierung. Für die weitere Behandlungsplanung können Therapieziele, Problemkonstellation und biografische sowie weitere biopsychosoziale Informationen über den Patienten in der Formulierung eines therapeutischen Fokus zusammengeführt werden. Bereits diese ersten Schritte der Behandlungsplanung bergen im klinischen Alltag oftmals Schwierigkeiten. So können Zielvorstellungen von Patient und Therapeut, zum Beispiel bei somatoformen Störungen, zu Behandlungsbeginn in relevanter Weise differieren oder der Patient ist anfänglich aufgrund struktureller Schwierigkeiten gar nicht in der Lage, realistische und konkrete Ziele zu formulieren. Im stationären Kontext oder im Rahmen der Krisenintervention beginnt die Behandlung nicht selten schon bevor die Erhebung wichtiger anamnestischer Informationen abgeschlossen ist. Wenngleich die Planung des therapeutischen Prozedere integrativer Bestandteil jeder psychotherapeutischen Schulrichtung ist, werden hier jedoch am stärksten auch die Unterschiede der Therapieschulen deutlich. Autoren dieser Ausgabe Das vorliegende Heft fokussiert auf die Behandlungsplanung als klinische Herausforderung und zugleich Kernelement zeitgemäßer Psychotherapie. Ausgehend von der hohen klinischen und epidemiologischen Bedeutung depressiver Störungsbilder haben Norbert Hartkamp, Boppard, und Matthias Franz, Düsseldorf, ein Forschungsprojekt konzipiert, das den Effekten stationärer psychodynamischer Psychotherapie bei depressiven Störungen nachgeht. Neben der Hauptthese einer globalen Wirksamkeit stationärer Psychotherapie auf klinisch-kategorial definierte depressive Erkrankungen und subsyndromale Depressivität bei weiblichen Patientinnen soll die These geprüft werden, ob sich die erreichbaren Effektstärken psychodynamisch-psychotherapeutischer Krankenhausbehandlung in Abhängigkeit vom clusteranalytisch differenzierten, prototypischen, therapeutischen Setting differenzieren lassen. Die Originalarbeit im vorliegenden Heft stellt den aktuellen Stand sowie erste Ergebnisse der Studie vor. Claas Lahmann, München, Martin Sack, München, und Joram Ronel, München, stellen in ihrer Übersichtsarbeit eine aktuell laufende multizentrische Behandlungsstudie zur psychosomatischen Intervention bei somatoformen Störungen (PISO-Studie) vor. Die Studie untersucht die Wirksamkeit einer dreiphasigen, manualisierten psychodynamisch orientierten Kurzzeitpsychotherapie im Vergleich zu verbesserter medizi- Downloaded from www.pdp-online.info on 2017-08-20 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved. 118 Editorial nischer Standardbehandlung bei somatoformen Störungen und versucht dabei, die speziellen Bedürfnisse von Patienten mit medizinisch nicht ausreichend erklärbaren Körperbeschwerden zu berücksichtigen. Der Schwerpunkt des Beitrags liegt in der Darstellung des aktuellen Forschungsstandes und der daraus abgeleiteten Konzeptualisierung des störungsorientierten Therapiemanuals. Unter der Rubrik Aktuelle Wissenschaft berichten Mechthild Neises, Hannover, Peter Malewski, Hannover, und Elke Watermann, Hannover, von einer Untersuchung gynäkologischer Patienten nach einem therapeutischen Erstgespräch. Die 442 eingeschlossenen Patientinnen wurden ambulant oder konsiliarisch betreut und wurden gut ein Jahr mittels Fragebögen bezüglich der Gesprächserinnerung, der Zufriedenheit über die erfolgte psychosomatische Betreuung sowie Effektivität der Gespräche befragt. Ein Drittel der Patientinnen hatte psychosomatische Erkrankungen im Zusammenhang mit Schwangerschaft, Geburt und Kinderwunsch. Ein weiteres Drittel hatte somatopsychische Störungen im Rahmen einer Tumorerkrankung und das letzte Drittel litt unter psychosomatischen Erkrankungen in Verbindung mit der Menstruation, Somatisierungsstörungen oder Sexualstörungen. Die Auswertung der Daten zeigte, dass besonders Patientinnen, die sich im Kontext von Schwangerschaft, Geburt oder Kinderwunsch vorstellten, am stärksten von den therapeutischen Gesprächen profitierten. In Ergänzung der Behandlungsplanung als Themenschwerpunkt greifen Friedemann Pfäfflin, Ulm, und Katja Kalmykova, Moskau, das Thema der Supervision auf, die für die Sicherung psychotherapeutischer Qualität und Umsetzung behandlungstechnischer Planungen von großer Bedeutung ist. Die Autoren schildern ihre Erfahrungen mit der Technik der E-Mail-Supervision, einem Ansatz der sich aus der defizitären psychotherapeutischen Aus- und Weiterbildungssituation in den Gebieten der ehemaligen Sowjetunion entwickelt hat. Den Abschluss des Heftes bildet der Beitrag von Barbara Groth, Kleve, die in Ihrer Kasuistik von der tiefenpsychologisch fundierten Behandlung einer in der Kindheit sexuell traumatisierten Patientin berichtet, die durch die Arbeit mit Pferden erweitert wurde. Die bei früh traumatisierten Menschen häufig implizit gespeicherten belastenden Erinnerungen werden in der Arbeit und dem physischen Kontakt mit Pferden häufig reaktiviert. Da diese Reaktivierung jedoch nicht in der Beziehung zu einem Mensch erfolgt und der Kontakt zum Pferd im therapeutischen Rahmen gut steuerbar ist, können die in einem unbelasteten Kontext geweckten Gefühle und Erinnerungen im weiteren Therapieverlauf sukzessive bearbeitet und integriert werden. Claas Lahmann (München) Downloaded from www.pdp-online.info on 2017-08-20 | IP: 88.99.70.242 For personal or educational use only. No other uses without permission. All rights reserved.