Psyche und Hirnfunktion

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Psyche und
Hirnfunktionen
Psyche und
Immunsystem
K. Bechter
Clinic for Psychiatry and Psychotherapy II, Ulm University,
Dept Psychotherapeutic Medicine and Psychosomatics,
Bezirkskrankenhaus Günzburg /Germany
Wandel der Depressionshypothesen
•  Monoaminhypothese (Serotonin, Noradrenalin)
•  Subgruppen?!
•  Stress-Diathese-Modelle
•  Sickness disease
•  Neuroneogenesetheorie
•  Pathos-D-Theorie oder Infection Defense Hypothese
•  Milde Enzephalitis Hypothese
Aktuelle Übersichten:
Malaise, melancholia and madness: the evolutionary legacy of
an inflammatory bias (C.L. Raison, A.H. Müller, BBI 2013)
Schizophrenie – eine milde Enzephalitis?
(Bechter, Fortschritte NL&PS 2013;81:250-259)
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
Was haben Psyche und Immunsystem
miteinander zu tun ?
a  Stress verändert Hormone, Neurohormone und
Psyche
a  Psychoimmunologie
Psychoneuroimmunologie
Psychoendokrinologie
a Psychische Störungen bei Hormonkrankheiten
psychische Störungen bei Autoimmunkrankheiten
a Immunveränderungen bei psychischen Störungen ?
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
Psyche: Subjektives Erleben, Empfinden,
Wollen, Denken
a Abhängig von und verantwortlich (!) für neurobiologische
(n) Vorgänge (n)
Immunsystem:
Immunzellen und Immunproteine, überall im Körper
vorhanden, in ständigem Austausch und Erneuerung
begriffen, aber auch lange Gedächtnisfunktion
Viren:
Leblose, infektiöse Agenzien. Enthalten DNA oder RNA
als Erbinformation. Können nur durch lebende Zellen
vermehrt werden
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
Stress ist nicht gleich für das Immunsystem
Guter Stress:
Kurz, positive Stimmung
Schlechter Stress: Lang oder chronisch, depressive
Stimmung
Es gibt keine Krebspersönlichkeit, es gibt keinen
eindeutigen Herzinfarktcharakter
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Negativer Stress
Experimentelle Atemwegsinfektionen werden
schlimmer, wenn sie mit negativem Streß
verbunden werden (Sheldon Cohen)
Stress kann ungünstig sein bei chronischen
Erkrankungen, die mit Entzündungs- und Immunveränderungen
einhergehen,
z.B.
Multiple
Sklerose,
Allergien
Asthma,
rheumatische
Arthritis,
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Naturalistische Studien:
Langjährige Pflege schwerkranker Angehörigen
erhöht bei Angehörigen IL-6, was zum Teil über Jahre
danach noch anhält. IL-6 wirkt ungünstig auf die
Immunabwehr und erhöht Cortison. Über die
Beeinflussung der Hormonschiene wird die
Immunabwehr weiter verschlechtert.
Akuter Stress, z.B. Examensstress, beeinflusst das
Immun-system, verursacht typischerweise einen
sogenannten Th1-Th2-shift, d.h. stärkt die humorale
Abwehr und schwächt die zelluläre Abwehr. Dies
kann evolutionsbiologisch sinnvoll erscheinen, bei
chronischen Krankheitsdispositionen aber ungünstig
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
sein.
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Autoimmunkrankheiten und Psyche
Ein neuentdeckter Zusammenhang:
Das Immunsystem beeinflusst die Psyche: z.B.
Zytokine wirken direkt über Rezeptoren, die an
Nervenzellen und Immunzellen vorhanden sind.
Immunologische Mechanismen bei
Autoimmunität, z.B. Molecular mimicry, epitope
spreading
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
Optimisten und Immunsystem
•  Optimisten bilden mehr Antikörper bei einer Impfung
•  Optimisten aktivieren mehr den linken frontalen Kortex
• Depressive aktivieren mehr den rechten frontalen
Kortex
• Über Meditation u.ä. kann positive Stimmung gelernt
werden und die Immunantwort verbessert werden
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Was haben Viren und Immunsystem mit
psychischen Störungen zu tun ?
I
Viele Virusinfektionen können psychische Störungen direkt verursachen: z.B. HIV, BDV (= Borna Disease Virus), Herpes-Viren, MasernViren, Varizella-Zoster-Viren und viele andere.
Auch Bakterien (und Einzeller) können psychische Störungen verursachen, z.B. einen Entzündungsprozess auslösen: z.B. Borreliose,
Malaria, Syphilis, Toxoplasmose, und viele andere
Wichtig: Zeitpunkt der Infektion (im Mutterleib, als Baby, Kind, Jugendlicher, Erwachsener) bestimmt wesentlich ob und welche
psychischen Störungen auftreten
a
Mögliche Latenz von Viren im Zentralnervensystem, evtl.
sogar lebenslang
a
Reaktivierung neurotroper Viren im Nervensystem ist in jeder
Lebenszeit möglich (Auslöser: Stress, andere Infektionen,
Immunvorgänge, auch z.B. unbekannte Faktoren)
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Was haben Viren und Immunsystem mit
psychischen Störungen zu tun ? II
a Infektionen mit Viren und Bakterien können
Neurotransmitterstörungen verursachen
(Neurotransmitter sind die Grundlage für die
Funktionstätigkeit des Nervensystems)
a Während Infektionen werden Immunvorgänge in Gang
gesetzt, im wesentlichen zur Abwehr der Infektion:
aber es kommt relativ häufig zu gewissen
überschießenden Abwehrreaktionen und sogenannten
Autoimmunphänomenen (Angriffe gegen körpereigene
Zellen oder Proteine), die meist nach Abklingen der
Infektion aber wieder aufhören
•
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Was haben Viren und Immunsystem mit
psychischen Störungen zu tun ? III
•  Selten kommt es aber während oder nach einer
Infektion zur Auslösung einer Autoimmunkrankheit (Immunzellen greifen direkt oder über
Proteine körpereigene Zellen an, z.B.
Guillain-Barré-Syndrom, AutoimmunEncephalitis)
a Vielleicht kommt es häufiger zu geringfügigen
überschießenden Autoimmunreaktionen, was
bisher ungeklärte psychische Störungen besser
erklären könnte als bisherige Modelle (z.B. milde
Encephalitis)
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Kann man psychische Störungen behandeln auch
wenn sie durch Immunveränderungen oder
Virusinfektionen bedingt sind ?
Ja !
a  z.B. bei autoimmuner Schilddrüsenentzündung:
Behandlung der Schilddrüsenentzündung und
parallel Behandlung evtl. psychischer Störungen (z.B.
Depression) mit Psychopharmaka und
Psychotherapie
a z.B. HIV Infektion: Antivirusbehandlung kombiniert mit
Psychopharmaka und Psychotherapie (aber
weitere
Verbesserung der Therapie noch notwendig)
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a Psychische Störungen mit immunpathologischen
Phänomenen: Behandlung mit Psychopharmaka
wirkt.
Aber neue Erkenntnis ist, dass Psychopharmaka
nicht nur auf Nervenzellen wirken, sondern auch
auf Immunzellen und ZNS-Zellen mit Immunfunktion, was bekannte Wirkungen der Psychopharmaka teilweise besser erklärt
a Weitere Forschungen sind nötig, um noch
unzureichende Therapiemöglichkeiten schwerer
psychischer Störungen weiter zu verbessern
a Neue Wege der Therapie: Antientzündliche
Therapie und Immuntherapie sind bei schweren
Depressionen und Psychosen in Erprobung
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
(Bechter et al, Nervenarzt 2007;78:338-341)
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
Ähnlichkeit der altersabhängigen Varianz der Pathogenität von MumpsVirus-infektionen (a1= alle Komplikationen, a2= Encephalitis) mit der
altersabhängigen Ersterkrankungsinzidenz an Schizophrenie (ähnlich
a1), sowie der zugehörigen altersabhängigen Seroprävalenz in der
Population (b) (z.B. Mumpsvirus, Borna Disease Virus) mit der
kumulativen Schizophrenie-inzidenz
Hypothese: Multiple Virusinfektionen könnten die Inzidenzkurven für
Schizophrenie erklären; analog andere Viren oder/und
Pathogenitätsfaktoren für affektive Psychosen
(Bechter, NPBR 2011;9:50-70)
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Autoimmunkrankheiten und milde
Encephalitis-Hypothese
Nach heutiger Ansicht sind Autoimmunkrankheiten wahrscheinlich
antigen-spezifisch, anders als früher gedacht. Bei Infektionen und bei
Gewebsdestruktionen (z.B. Trauma) treten regelmäßig
Autoimmunphänomene auf, welche protektiv oder/und destruktiv
wirken können. Eine chronische Autoimmunreaktion bzw.
Autoimmunerkrankung entstehen in Abhängigkeit von vielen
Bedingungsfaktoren, z.B. fehlende Eradikation des Antigens. Bei
Borna Disease Virus-Infektionen verursachen vor allem
immunpathologische Vorgänge die Pathologie und
Krankheitssymptomatik, das Virus richtet kaum Schaden an.
Neurotransmitterstörungen treten vorauslaufend, begleitend und als
Defekt auf (z.B. Dopamin- und Serotoninsystem bei BDV; s. Carbone
2002). Die Theiler‘s-Virusinfektion gilt z.B. als bestes Modell der
multiplen Sklerose (s. Oleszak et al 2004).
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Erregerassoziierte bzw. -induzierte
Autoimmunerkrankungen
I
•  Diabetes mellitus:
Anscheinend Proinsulin-spezifisch (evtl. vorausgehende Entzündungen
ausgelöst)
• Ulcus-Krankheit (Magen- und Duodenalulcus):
Durch eine langsame Infektion mit einem lange bekannten, aber nicht
identifizierten Erreger verursacht, immunpathologische Phänomene in der
Pathogenese
•  Morbus Crohn:
z.B. durch Mycobakterien ausgelöst, Autoimmunphänomene in der Pathogenese
•  Multiple Sklerose:
Autoimmunkrankheit des ZNS; Viren als Auslöser vermutet
epidemiologische Studien auf Faröer-Inseln (Kurtzke et
Einzelfall virale Auslöser und molekulares Mimicry
nachgewiesen, z.B. nach Hepatitis A-Infektion
(vgl.
al). Im
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Erregerassoziierte bzw. -induzierte
Autoimmunerkrankungen
II
•  Guillain-Barré-Syndrom:
Autoimmun; häufig nach Infektionen (z.B. CMV, EBV,
Campylobacter jejuni, u.a.)
•  Tuberkulose:
Nur einer von 10 Infizierten erkrankt, d.h. große Bedeutung von
Erbfaktoren. Kürzlich identifiziertes Gen Ipr 1 (Pan et al 2005)
wesentlich
•  Modell einer viralen Myokarditis durch Coxsackie-Virus B3 (Maus):
Pathogenese wird stark durch Zytokine gesteuert, Karditis
korreliert nicht mit der Virusreplikation, sondern mit IL-1 und TNFα.
Östrogen amplifiziert die Myokarditis durch Erhöhung von IL-1 und
TNFα
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Abb. 1
Neuronale Veränderungen bei Stress (mod. n. Kim und Yoon 1998).
LTP = Long-term potentation
LTD = Long-term depression n. F. Pedrosa Gil 2005
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Autoimmunität und Geschlecht
Geschlechtsunterschiede der Häufigkeiten von
Autoimmunkrankheiten sind lange bekannt, z.B.
Sjögren‘s Syndrom und SLE häufig bei Frauen,
Myokarditis und Diabetes mellitus häufiger bei
Männern, Ulcera divertikulitis etwa gleich häufig. –
Warum ?
Östrogene und Androgene beeinflussen die Th1und Th2-Immunantwort (adaptives Immunsystem)
aber auch die angeborene Immunantwort (innate
immunity). Dies hat jeweils gute und schlechte
Seiten.
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Verteilung der
Lymphozyten
im Körper
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________________
P
A
ediatric
N
utoimmune
D
europsychiatric
A
S
-
Syndr.
isorder
ssociated
treptococcal
with group A
infection
Swedo et al 1998 und 2000
_____________________________________________________________________________________________________________________
Erstrang-Kriterien:
•
Symptome:
Zwangssymptome
•
Beginn:
vor der Pubertät
•
Verlauf:
episodische Verlaufsbeobachtungen
•
Assoziationen:
– GABHS-Streptokokken-Infektion
– neurologische Auffälligkeiten während symptomatischer
Exacerbationen
(= motorische Hyperaktivität, unwillkürliche Bewegungen)
_______________________________________________________________________________
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
Ätiologisches Modell für Psychosen
(Müller N, Bechter K; NPBR 2013;19:87–101)
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Cumulated results of CSF pathologies from
several own studies (see references)
CSF pathologies in
therapy-rsistant
schizophrenia
n=39
CSF pathologies in
therapy-resistant
depression
n=24
Bechter et al 2010, Maxeiner et al 2009,
Kühne et al 2013
K. Bechter, Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
Schedule of the CSF outflow pathways
Bechter, NPBR 2011;17:51–66
K. Bechter,
Vortrag Maria Laach, 01.02.2014
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