BETREUTES KONZERT für Patienten, ihre Angehörigen und alle Interessierten im Speiseraum (Ebene 1) Klinik für Geriatrie Chefarzt: PD Dr. Dr. Claus Köppel Niemegker Str. 45, 14806 Bad Belzig Das Goldene Zeitalter in den Niederlanden: Musik des 17. Jahrhunderts für Tasteninstrumente Donnerstag, 20.11.2014, 14.00 Uhr Pieter Cornet (1562-1633) Jan Pieterszoon Sweelinck (1562-1621) Paul Siefert (1586-1666) Andreas Düben (1599-1697) Antoni van Noordt (1619-1675) Heinrich Scheidemann (1596-1663) Jan Pieterszoon Sweelinck (1562-1621) Abraham van den Kerckhoven (1618-1702) Claus Köppel Courante Toccata à 4 voci im 4. Ton Fantasia tertii toni ex E la mi Praeludium quarti toni Fantasia ex d Praeambulum in d Galliarda & Variatio in d Variationen über “Mein junges Leben hat ein End” Fantasia ex g Cembalo und Muselaar Eintritt frei Erstes betreutes Klinikkonzert für Patienten in der Klinik Ernst von Bergmann Bad Belzig Das Goldene Zeitalter in den Niederlanden: Musik des 17. Jahrhunderts für Tasteninstrumente Ende des 16. Jahrhunderts und in der ersten Hälfte prosperierte die Wirtschaft in den Niederlanden durch neu erschlossene Kolonien und damit verbundenen regen Handel. Zugleich blühten die Künste wie Malerei, Kunsthandwerk und Musik in einer zuvor nicht gekannten Weise auf. Im ersten betreuten Klinikkonzert für Patienten sollen ein flämisches Cembalo und ein Muselaar aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts erklingen. Führend im Cembalobau dieser Zeit war die Familie Ruckers in Antwerpen. Das einmanualige Instrument ist mit einem Deckelinnengemälde von Gillis van Coninxloo (1544 in Antwerpen-1607, in Amsterdam) „König Midas“ und außen mit typischen frühbarocken Ornamenttapeten versehen. Das Muselaar, eine flämische Version eines Virginals oder Spinetts, zeichnet sich klanglich durch ein ganz besonderes Obertonspektrum aus, bei dem insbesondere ungerade Obertöne durch den in der Mitte der Saite liegenden Anrisspunkt angeregt werden. Die Werkstatt der Familie Ruckers war zu ihrer Zeit, d.h. im ausgehenden 16. und vor allem im 17. Jahrhundert, die in ganz Europa angesehenste Produktionsstätte für Kielinstrumente. Manche der Instrumente der Familie Ruckers erhielten ein Deckelinnenbild aus der Werkstatt Rubens und verdoppelten dann ihren Verkaufspreis. Die Instrumente dieser Familie standen hoch im Kurs und wurden als Luxusartikel hochpreisig in ganz Europa verkauft. Dies ist bemerkenswert, da sonst üblicher Weise Instrumente zur Vermeidung von zusätzlichen Transportkosten und nicht zu unterschätzenden Transportrisiken (schlechte Wege, Risiko der Ausraubung) in der Regel mit den lokal verfügbaren Ausgangsmaterialien vor Ort gefertigt und verkauft wurden. Der bemerkenswerte Klang der Ruckers-Cembali machte sie zu den begehrtesten Instrumenten ihrer Zeit. Der Adel und die bekanntesten Musiker vor allem im niederländischen und französischen Raum des 17. und 18. Jahrhunderts waren die Besitzer dieser Instrumente. Die Cembalobauerfamilie Ruckers war in Antwerpen wie innerhalb von Europa zu dieser Zeit allgemein üblich in einer Zunft (Gilde) organisiert und zwar als örtliche Besonderheit hier zusammen mit den Malern und Tapezierern. Dies macht die Verwendung von Tapeten zur Innenauskleidung der Instrumentflächen verständlich. Beliebt bei den Tapetenmustern waren u.a. Seepferdchen. Noch im 18. Jahrhundert wurden von französischen Cembalobauern alte Instrumente der berühmten Ruckers-Familie aufgekauft, in ihrem Tastenumfang erweitert („ravalliert“), nach zeitgenössischem Geschmack umdekoriert und unter dem nicht immer zutreffenden Hinweis auf die Herkunft aus der Ruckersfamilie zu besonders hohen Preisen verkauft. Hans Ruckers (1533/55-1598) war der Begründer der Familiendynastie. Er ließ sich 1575 ausweislich der Kirchenbücher in Antwerpen nieder. 1579 erhielt er die Zulassung als Musikinstrumentenbauer durch die Sankt Lukas Gilde, der Antwerpener Zunft für Kunsthandwerker und Künstler. Zwei seiner Söhne wurden gleichfalls Instrumentenbauer. Johannes Ruckers (1578-1642), übernahm die Geschäfte nach dem Tode des Vaters, er erhielt die Zulassung der Zunft im Jahre 1611. Andreas I. Ruckers (1579-1645), arbeitete zuerst mit seinem Bruder Johannes, errichtete dann seine eigene Werkstatt in der Nachbarschaft. °°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°°° Pieter Cornet (1562-1633) war ein franco-flämischer Organist, der zu Unrecht heute wenig Beachtung findet und im Schatten des berühmten Sweelinck steht. Über seine Herkunft und die ersten vierzig Jahre seines Lebens ist leider nichts bekannt. Möglicherweise war er ein Nachkomme des französischen Komponisten Séverin Cornet. Im 17. Jahrhundert ist sein Wirken in Brüssel nachgewiesen, wo er neben Peter Philips und John Bull die Stelle als Organist der Hofkapelle innehatte. Von diesem sehr begabten Musiker und Organisten sind nur wenige, allesamt sehr eindrucksvolle Werke überliefert, darunter fünf Fantasien, eine Toccata und weitere Werke. Jan Pieterszoon Sweelinck (1562-1621) war Sohn einer traditionsreichen Organistenfamilie. Er übte als Organist an der Oude Kerk in Amsterdam großen Einfluss auf die Norddeutsche Orgelschule des 17. Jahrhunderts aus. Berühmte Schüler des „deutschen Organistenmachers“ waren u. a. Andreas Düben, Paul Siefert, Jacob Praetorius der Jüngere, Johann Praetorius, Heinrich Scheidemann, Samuel Scheidt und Melchior Schildt. Sweelinck war ein prägender Komponist in der Zeit des Übergangs von der Renaissance zum Barock. Er war für seine Improvisationen auf der Orgel und dem Cembalo bekannt, und Besucher kamen von weither, um den Orpheus von Amsterdam zu hören. Seine längste Reise führte im Jahre 1604 nach Antwerpen, wo er für die Stadt Amsterdam ein Cembalo kaufte, dessen Deckel heute im Rijksmuseum steht. Begraben wurde er in der Oude Kerk. Sweelinck komponierte mehr als 70 Orgelwerke (u. a. Toccaten, Fantasien und Ricercare) und über 250 Vokalwerke wie Chansons und Rimes sowie Psalmen und geistliche Gesänge. Er verband Elemente der englischen Virginalmusik mit dem italienischen Orgelstil, es entstand der Vorläufer der Orgelfuge. Paul Siefert (1586-1666) kam als gebürtiger Danziger dank eines Stipendiums des Danziger Stadtrates von 1607 bis vermutlich gegen Ende 1610 zu einem Studienaufenthalt nach Amsterdam, wo er Schüler von Sweelinck war. Nach der Rückkehr wurde er stellvertretender Organist in Danzig. Von 1611 bis 1616 war er Organist zunächst an der altstädtischen Kirche in Königsberg, anschließend Organist der Warschauer Hofkapelle Sigismunds III. von Polen. 1623 wurde er als Nachfolger von Michael Weyda zum Organisten der Marienkirche Danzig berufen, wo er bis zu seinem Lebensende blieb. Siefert versuchte sich gegen seinen Widersacher, den Warschauer Kapellmeister Marco Scacchi, zu behaupten. Beide Komponisten veröffentlichten im Wettstreit mehrere Musiksammlungen. Andreas Neunhaber und Christoph Bernhard waren Schüler von Siefert. Andreas Düben (1597-1662) war Sohn des Andreas Düben (1558– 1625), Organist an der Thomas-Kirche zu Leipzig. Er erhielt seine Ausbildung von 1614 bis 1620 in Amsterdam bei Sweelinck und übernahm ein Jahr nach seinem Umzug nach Schweden 1624 die Stelle als Hoforganist in Stockholm. Er blieb dieser Stadt treu und wirkte dort später als Organist der deutschen Kirche St. Gertrud und Hofkapellmeister der Königlich Schwedischen Hofkapelle (Kungliga Hovkapellet). Seine Nachfahren übernahmen das Amt des Hofkapellmeisters bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts. Unter den wenigen von ihm erhaltenen Werken finden sich eine Motette, ein Miserere sowie einige Orgelkompositionen, in denen der Kompositionsstil von Sweelinck deutlich zu erkennen ist. Heinrich Scheidemann (1596-1663) erhielt seine erste musikalische Ausbildung durch seinen Vater David Scheidemann, welcher zunächst Organist in Wöhrden und ab 1604 an der Hamburger Katharinenkirche war. Von 1611 bis 1614 nahm er gemeinsam mit seinem Freund Jacob Praetorius ein dreijähriges Studium bei dem seinerzeit sehr bedeutenden Organisten Jan Pieterszoon Sweelinck in Amsterdam auf, welches ihm durch die Gemeinde der Katharinenkirche finanziert wurde. Hintergrund dieses Stipendiums war der Wunsch aller Hamburger Hauptkirchen, dass ihre zukünftigen Organisten eine Ausbildung bei Sweelinck erhielten. 1629 trat Heinrich Scheidemann die Nachfolge seines Vaters im Amt des Organisten an der Hamburger Kirche St. Katharinen an. Dieses Amt bekleidete er bis zu seinem Tode. Scheidemann erlangte durch sein Wirken und seinen Einfluss auf andere Organisten und Kantoren ein hohes Ansehen im Musikleben Hamburgs und galt als herausragender Orgelmeister. Er prüfte außerdem zahlreiche Orgeln im norddeutschen Raum. Als sein bedeutendster Schüler gilt Johann Adam Reincken, der nach Scheidemanns Tod dessen Nachfolger als Organist an der Kirche St. Katharinen wurde. Heinrich Scheidemann wird als Mitbegründer der Norddeutschen Orgelschule angesehen, die den Stil Sweelincks mit der norddeutschen Barocktradition verband, und gilt als der bedeutendste Komponist für Orgelwerke des frühen 17. Jahrhunderts. Seine kompositorischen Werke umfassen hauptsächlich Präambeln (Choralvorspiele), Choräle für Orgel, Magnificate, geistliche Lieder, Kyrie und Tanzsätze. Anthoni van Noordt (1619-1675) war der Sohn von Sybrand van Noordt und der Bruder von Jacobus und Jan, wobei Anthoni bei weitem das berühmteste Mitglied dieser musikalischen Familie ist. Da er stilistisch Ähnlichkeit mit Jan Pieterszoon Sweelinck aufweist, wird er als Schüler dieses Amsterdamer Organisten und Komponisten angesehen. Van Noordt wurde 1638 Organist in der Nieuwe-Zijdskapel in Amsterdam und blieb das bis 1664. Bis 1673 war er dann Organist der Nieuwe Kerk zu Amsterdam. Er wurde berühmt durch sein Tabulaturboeck van psalmen en fantasyen, das 1659 in Amsterdam erschien. Hierin finden sich zehn eindrucksvolle Psalmen und sechs Fantasien im Stil Sweelincks. In ihnen wird deutlich, dass vierzig Jahre nach Sweelincks Tod dessen Schule nicht nur in Norddeutschland, sondern auch in den Niederlanden noch weiterwirkte. Abraham van den Kerckhoven (1618-1702) entstammte einer flämischen Musikerfamilie des 16. bis 18. Jahrhunderts. Weitere musikalisch tätige Mitglieder der Familie waren Antoine, Jean, Pierre, Philipp und Melchior van den Kerckhoven. 1633 wurde Abraham van den Kerckhoven Organist der Kirche Sainte Catherine (Sint-Katharinakerk) in Brüssel. 1647 wurde er als Nachfolger von Johann Caspar von Kerll Hofmusiker und Organist des Erzherzogs Leopold Wilhelm von Österreich. Seit 1656 war er für mindestens 14 Jahre erster Organist der Königlichen Kapelle. Kerckhovens Orgelwerke sind hauptsächlich durch eine Handschrift der Bibliothèque Royale in Brüssel überliefert. Es handelt sich um eine handgeschriebene Sammlung von Orgelnoten, die J. I. J. Cocquiel, Organist und Priester der Sint-Vincentiuskerk in Soignies, 1741 zusammenstellte. Die Handschrift, auch Cocquiel-Manuscript genannt, enthält 365 Stücke, die aber nur zu einem kleinen Teil ausdrücklich mit Kerckhovens Namen gekennzeichnet sind. Meist handelt es sich um kurze Versetten für den liturgischen Gebrauch, daneben enthält die Handschrift auch acht Fantasien, eine Fuge sowie drei Präludien und Fugen. Wie viele der nicht namentlich gekennzeichneten Stücke des CocquielManuskriptes von Kerckhoven stammen, ist ungeklärt; einige Stücke der Sammlung sind jedenfalls von anderen Komponisten (Christian Erbach, Petrus Papen u.a.). Kompositorisch orientierte sich Kerckhoven an seinem Vorgänger an der Kirche Sainte Catherine, Pierre Cornet, außerdem an Girolamo Frescobaldi, Johann Jakob Froberger und an der Figurationskunst Jan Pieterszoon Sweelincks.