Self / Non Self recognition Bakk-Modul Immunologie Prof. Dr. Albert Duschl Self / Non-Self Das Immunsystem muß in der Lage sein, körpereigene Substanzen und Strukturen (Antigene) von körperfremden zu unterscheiden: Self / Non-Self - Diskriminierung. Wird ein Antigen als Non-Self erkannt, so muß das Immunsystem entscheiden, ob eine Immunabwehr dagegen durchgeführt wird, oder ob das fremde Antigen toleriert wird. Toleranz ist die häufigste Entscheidung! Entscheidet sich das Immunsystem für eine Abwehrleistung, so muß entschieden werden, welche Art von Abwehr durchgeführt werden soll. Dem Immunsystem stehen unterschiedliche Möglichkeiten dafür zur Verfügung. Als Non-Self können erkannt werden: Abiotische Entitäten, Parasiten, Bakterien, Viren, virusbefallene Zellen, Tumorzellen, Transplantate, irrtümlich auch körpereigene Antigene → Autoimmunerkrankungen und Allergene → Allergien. Die Immunabwehr kann nach zwei Prinzipien erfolgen: Nach einer angeborenen Immunität ("innate immunity") oder nach einer spezifischen Immunität ("adaptive immunity") die erst nach der Geburt voll entwickelt wird. Evolutionär älter ist die angeborene Immunität, die Thema dieser Vorlesung ist. Infektion als Selektionsfaktor Infektionskrankheiten gehören zu den stärksten Selektionsfaktoren. Bei einem epidemischen Verlauf können in kurzer Zeit grosse Teile einer Population erfasst werden. Endemische Erkrankungen selektieren ebenfalls durch erhöhte Mortalität und Morbidität von sensitiven Personen. Non-self Erkennung ist auch ausserhalb der Immunabwehr erforderlich, etwa wenn aufgenommene Mikroorganismen als Nahrung erkannt werden sollen. Der Ursprung der Immunität liegt daher in der grundlegenden Wahrnehmung der eigenen Identität, die für alle Mehrzeller bewältigt werden muß. Cholerabaracke in Hamburg, 1892 © Richard J. Evans: Tod in Hamburg Pattern recognition Das Immunsystem kann Bakterien und Viren als solche erkennen, wenn sie spezifische Muster aufweisen die im Menschen fehlen. Diese Muster sind oft repetitiv, was Erkennung durch das Immunsystem grundsätzlich erleichtert. (Repetitive) Muster werden von Pattern Recognition Receptors (PRR) erkannt. Auch Viren und Pilze besitzen repetitive Muster, können also ebenfalls von solchen Rezeptoren erkannt werden. Erkannt werden PAMPs (Pathogen Associated Molecular Patterns). Vorteil: Von Geburt an voll verfügbar, keine Lernphase, rasche Reaktion, kaum Autoimmunität. Nachteil: Begrenzte Auswahl geeigneter Muster, keine Möglichkeit des Lernens (nicht geeignet für Impfungen). © Frontier High School, Red Rock, OK http://scienceroom.frontierok.com Influenza Virus © Gary Whittaker, Cornell University Adjuvans Als Bestandteile eines Adjuvans sind PAMPs allerdings sehr gut geeignet. Sie stimulieren hier unspezifisch das Immunsystem. Bsp. Complete Freund's Adjuvant*: Abgetötete Mycobakterien plus Mineralöl. Für die Anwendung im Menschen ist nur Alum zugelassen, es ist in manchen Vakzinen enthalten. Innate und adaptive Immunity sind eng vernetzt, wie sich hier schon zeigt. Das sind nicht zwei separate Kontinente! *Benannt nach Jules T. Freund © Janeway: Immunobiology TLR und ihre Interaktionen Toll like receptors (TLR) sind Homologe zum DrosophilaRezeptorprotein toll. Bisher sind in Maus und Mensch 13 TLR bekannt, aber nicht alle in beiden Spezies TLR3, TLR7, TLR8 und TLR9 sind intrazellulär an endosomalen Membranen lokalisiert. Sie haben intrazelluläre Liganden. Über Verwendung gemeinsamer Signalmoleküle wie MyD88 ergeben sich Möglichkeiten um Aktionen verschiedener TLR zu koordinieren. Corezeptoren können die Erkennungsfähigkeiten von TLRs weiter verändern. © O'Neill, LA; Science 303:1481, 2004 Der Rezeptortyp TLR sind Typ1 Membranproteine. Ligandenbindung und Signalerzeugung finden auf verschiedenen Seiten der Membran statt (wobei es sich um die Cytoplasmamembran oder um eine Endosomenmembran handeln kann). Die ausgelösten Signale regulieren die Transkription von Genen die mit Entzündung und zellulärem Stress zusammenhängen. Die Signaldomäne ist homolog zu der des IL-1-Rezeptors: Externe und interne Signale können damit Entzündung über die gleichen Pathways induzieren („bakterielles Pyrogen“ vs. „endogenes Pyrogen“. © Medzhitov et al. Nat Rev Immunol 11:693-702 (2011) TLR und Autoimmunität Bei Autoimmunerkrankungen wie Rheuma tauchen Autoantikörper gegen die konstanten Teile von Antikörpern (Fc-Teil) auf ("Rheumafaktor"). Ergebnisse im Mausmodell zeigen dass Fc-erkennende Antikörper vom IgG2a Subtyp im Komplex mit DNA gleichzeitig an B-Zell-Rezeptor und TLR 9 binden können. Die B-Zelle wird dadurch aktiviert. Die Beobachtung erklärt, warum Rheumafaktoren auch im Verlauf normaler Immunabwehr gegen Viren, Bakterien oder Mykobakterien auftauchen können. TLR können daher einen Beitrag zur Autoimmunität leisten, im Allgemeinen ist dafür aber die adaptive Immunität weit wichtiger. © Vinueasa and Goodnow, Nature 416, 595 (2002) TLR und ihre Liganden TLR erkennen neben non-self auch selfKomponenten! Es gibt also endogene Agonisten. Synthetische Agonisten sind für Laborzwecke nützlich, könnten als Immunaktivatoren aber auch therapeutisch wirken. Synthetische Antagonisten kommen als Entzündungshemmer in Frage. © Mills; Nature Rev Immunol 11:807-22 (2011) DAMPs DAMPs (Damage Associated Molecular Patterns) sind körpereigene Komponenten die Nekrose anzeigen. HMGB1, eine Komponente von Chromatin, bindet an TLR2, TLR4 und TLR9, stimuliert angeborene Immunität also ähnlich wie Pathogene. Der CD24/Siglec-G Komplex bindet endogene Hitzeschockproteine, aber keine PAMPs: Auf diese Weise kann die Zelle exogene und endogene Alarmsignale unterscheiden. Zellaktivierung durch DAMPs wird ermöglicht, aber doch eingedämmt. © Bianchi and Manfredi, Science 323:1683-4 (2009) TLR is NOD everything NLR (NOD like receptors) sind eine Familie von cytosolischen PAMP Rezeptoren. Typisch ist eine Struktur mit drei Arten von Domänen: LRR (leucin rich repeats) die an die Agonisten binden NACHT (Naip, CIITA, HET-E and TP1) die Selbst-Oligomerisierung erlaubt, und CARD (caspase activation and recruitment domain) oder eine andere Art von Effektordomäne. RIP2 ist eine ST-Kinase die IkBDegradation auslöst. NLR induzieren Entzündung und Apoptose. © Carneiro et al., J. Pathol. 214:136-48 (2008) NOD: Nucleotide-binding oligomerization domain Peptidoglycane Peptidoglycane sind Komponenten bakterieller Zellwände. NOD2 reagiert auf muramyl dipeptide (MDP; box A) das in Gram-neg. und Grampos. Bakterien vorkommt. NOD1 reagiert auf mesodiaminopimelic acid (mDAP oder ieDAP, box B), hauptsächlich aus Gramneg. Bakterien. Ob das direkte Liganden sind ist bisher nicht klar. Immunological Reviews Volume 243, Issue 1, pages 9-25, 26 AUG 2011 DOI: 10.1111/j.1600-065X.2011.01039.x http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1600-065X.2011.01039.x/full#f1 Nekrose Nekrose ist ungeplanter Zelltod, etwa durch physische Verletzungen, Verbrennungen oder durch Toxine. Auch Infarkte lösen durch Sauerstoffmangel schnellen, ungeplanten Zelltod aus. Die Nekrose setzt aus den toten Zellen endogene Muster (DAMPs) frei, die stark entzündungsauslösend wirken: Bei Nekrose liegt eine Verletzung vor, die voraussichtlich Pathogenen und anderen Mikroorganismen die Invasion des Körpers erlaubt. Das Immunsysten reagiert daher auf Verletzung sofort mit Entzündung, dem Immunprogramm das für die Abwehr von Mikroorganismen spezialisiert ist. © Burmeister/Pezzutto: Taschenatlas der Immunologie Apoptose Apoptose ist geplanter Zelltod, ausgelöst durch exogene und/oder endogene Faktoren. Manche Auslöser können auch beides sein: ROS (reactive oxygen species) können extern zugesetzt werden, im Körper durch Fremdstoffe erzeugt, oder endogen von Immunzellen produziert werden. Apoptose ist energieverbrauchend. Es handelt sich um eines fixen Ablauf: Kondensation des Chromatins, Zellschrumpfung, „blasige“ Zellmembran (Blebbing, Zeiosis), DNA-Fragmentierung (DNA-Leiter), Fragmentierung des Kerns und der Zelle. Die Fragmente bleiben membranumhüllt, es treten keine DAMPs aus und die Zellfragmente können von Makrophagen phagozytiert und verdaut werden. © Burmeister/Pezzutto: Taschenatlas der Immunologie Todesrezeptoren Apoptose kann vom Körper durch Antigene wie etwa das CD 95 Antigen (= APO-1 = FasAntigen) ausgelöst werden – auch ausserhalb von Immunprozessen. Die entsprechenden Rezeptoren gehören zur TNF-a-Familie (Tumor Nekrose Faktor). Trotz ihres Namens lösen sie Apopotose aus. Ein zweiter wichtiger Aktivierungsweg läuft über Mitochondrien, wo Mitglieder der Bcl-2 Familie die Stabilität der Membran beeinflußen. Einige wirken stabilisierend, andere destabilisierend und damit Apoptoseauslösend. In der Signalübertragung zur Apoptose sind verschiedene Caspasen zentral (Cysteinproteasen die C-terminal von Asparaginsäuren spalten. © Schütt/Bröker: Grundwissen Immunologie Sepsis Innate Immunity trägt ein geringeres Risiko von Autoimmunität als die adaptive Immunabwehr. Bei einer überschiessenden Innate Immunity Response kommt es jedoch zum septischen Schock. In dieser Situation haben Bakterien in grosser Zahl den Körper besiedelt. Es wäre sinnvoll die laufende Immunabwehr aufzugeben und längerfristig wirkende Strategien anzuwenden. Statt dessen läuft die Innate Immunity weiter, obwohl sie die Bakterien nicht mehr beseitigen kann, aber den Körper schädigt. Problematisch ist vor allem die hohe Produktion von TNF-a und IL-1. Septischer Schock führt häufig zum Tod. Stimulus und Response müssen genau aufeinander abgestimmt sein. © Gary Larson