Seite 1 von 5 I n f o r m a t i o n s m a t e r i a l v o m 1 5 . 1 1 . 2 0 1 2 Nahrungsergänzung - Mythen und Fakten Mit Nahrungsergänzungsmittel werden in Deutschland Milliardenumsätze gemacht. Doch brauchen wir tatsächlich solche Präparate, um unseren Vitamin- und Mineralstoffhaushalt aufzupeppen? Nahrungsergänzungsmittel gehören in Deutschland mit einem Umsatz von jährlich mehr als 1,3 Milliarden Euro zu den am häufigsten verkauften Produkten in Apotheken, Drogerie- und Supermärkten sowie im Internet. Doch schmiert Grünlippmuschel wirklich die Gelenke? Hält Lutein eine Makuladegeneration auf? Stimmt es, dass Vitamin C vor Herzinfarkt und Krebs schützt? Es gibt unzählige frei verkäufliche Produkte mit gut klingendem Verkaufsslogan. Zudem verbinden die meisten Menschen mit Vitaminen und Mineralien positive Begriffe wie Vitalität, Lebenskraft, Wohlbefinden, Energie und ein gesundes Immunsystem. Doch sind die Produkte wirklich besser als natürliche Nährstofflieferanten wie Obst und Gemüse, Vollkorn, Fisch oder Milchprodukten? Inhaltsloses Gemüse, ausgelaugte Böden? Immer wird von einigen behauptet, dass in Gemüse und Obst zunehmend weniger Vitalstoffe enthalten seien. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung ist der Sache auf den Grund gegangen und hat Experten aus 60 Forschungsinstituten befragt. Sie kommen zu dem Schluss, dass der Nährstoffgehalt pflanzlicher Lebensmittel seit Jahrzehnten gleich geblieben ist. Durch die intensive Düngung sei der Nährstoffgehalt der Böden sogar gestiegen. Aussagen, nach denen unsere Äcker ausgelaugt sind, konnten nicht bestätigt werden. Nahrungsergänzung nur im Ausnahmefall Die Deutschen verzehren pro Kopf im Schnitt 250 Kilo Obst und Gemüse pro Jahr. Dazu kommen rund 40 Liter Fruchtsaft pro Einwoh- ner. Studien zeigen zudem, dass die meisten Menschen ausreichend gut mit Vitaminen und Mineralstoffen versorgt sind. Ein leichter Mangel bestehe lediglich bei Folsäure und Vitamin D. Demnach sind Nahrungsergänzungsmittel für sich normal ernährende gesunde Personen überflüssig. Nach Meinung von Ernährungsexperten sind solche Mittel allenfalls für Menschen sinnvoll, die unter chronischen MagenDarm-Erkrankungen oder Krebs leiden. Auch für schwangere Frauen und alte Menschen könne das eine oder andere Präparat sinnvoll sein. Betagt und mangelernährt Fehl- und Mangelernährung sind zu einer der häufigsten und am wenigsten beachteten Krankheiten im Alter geworden. Nach Schätzung des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) leiden in Deutschland 1,6 Millionen der über 60Jährigen unter chronischer Mangelernährung. Davon leben 1,3 Millionen zu Hause und 330.000 in Altenpflegeheimen. Die Ursachen für die Defizite sind vielfältig. Alleinstehende scheuen oft den Aufwand, zu kochen. Generell nehmen im Alter Geruchsund Geschmackssinn ab. Deswegen bevorzugen Senioren eher intensiv schmeckende Speisen wie Marmelade oder Kuchen statt Vollkornbrot und Salat. Auch Kaubeschwerden durch schlecht sitzende Prothesen führen dazu, dass vermehrt "totgekochte", also sehr weiche Speisen statt Rohkost gegessen werden. Bei Schlaganfall- und ParkinsonPatienten erschweren zudem organische oder motorische Störungen das Kauen und Schlucken (z.B. Nachlassen des Schluckreflexes). 1 Seite 2 von 5 Viele Ältere verlieren das Durstempfinden. Wer kaum Flüssigkeit zu sich nimmt, produziert weniger Speichel, was ebenfalls das Kauen und Schlucken erschwert. Eine weitere Ursache für abnehmenden Appetit, nachlassenden Durst und veränderte Geschmacksempfindung können auch bestimmte Medikamente (zum Beispiel Herzmedikamente oder Antidepressiva) sein. In Folge der Mangelernährung kommt es zumeist zu einem Defizit an Vitamin B12. Bei Diabetikern ist eine Unterversorgung an Vitamin B1 abzuklären. Auch Vitamin D, das durch Sonne in der Haut gebildet wird, fehlt Senioren häufig. Dennoch werden Nahrungsergänzungsmittel in der Mehrheit nicht von Hochbetagten gekauft. Eine Studie des Robert-Koch-Instituts zeigt, die typischen Pillenkäufer sind Leute, die sich besonders gesund ernähren. Sie treiben mehr Sport als alle anderen und sind eher schlank als übergewichtig. Ungefähr 36 Prozent der Deutschen kaufen Nahrungsergänzungsmittel. Vitamin B12 - Vitalstoff aus dem Fleisch Der durchschnittliche tägliche Bedarf an Vitamin B12 beträgt ca. 2 Mikrogramm. Bei mehr als 100 Vorgängen wird das Vitamin im Körper gebraucht. Vor allem bei der Blutbildung, bei Zellteilung oder im Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel spielt es eine wichtige Rolle. Beim gesunden Menschen ist so viel Vitamin B12 in der Leber gespeichert, dass der Vorrat zwei bis drei Jahre reicht. Risikogruppen für einen B-12-Mangel sind Personen über 60, chronisch Kranke, Schwangere und Stillende sowie Säuglinge. Anzeichen für eine Unterversorgung sind neurologische und psychische Veränderungen die einer Demenz, einer Alzheimererkrankung oder einer Depression ähneln können. Lange Zeit kann sich ein B-12-Mangel auch mit diffusen Symptomen wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Gedächtnisschwäche, Depression, Bluthochdruck, Kopfschmerzen, Migräne, Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien, Rückenschmerzen oder Muskelschwäche zeigen. Die Ursachen für den B-12Mangel sind vielfältig: Eingeschränkte Aufnahmefähigkeit des Darmes, chronische Gastritis, Alkoholmissbrauch, Zöliakie, Fischbandwurmbefall sind hier beispielhaft zu nennen. Wer einem Mangel über die Ernährung vorbeugen möchte, findet in folgenden Lebensmitteln einen hohen Gehalt an Vitamin B12: Rinder-, Kalbs- oder Hähnchenleber, Leberwurst, Makrele, Hering sowie generell in Fleisch von Rind und Schwein. Wer braucht Vitamin D? Der Körper braucht Vitamin D, um das Kalzium aus der Nahrung aufzunehmen, und zur Härtung des Knochens. Es hat Einfluss auf die Muskelkraft und ist an Stoffwechselvorgängen im Körper beteiligt. Die menschliche Haut bildet das Vitamin selbst, wenn sie der Sonne ausgesetzt wird. Die Ernährung hat nur einen kleinen Anteil an der Versorgung. Wie viel der Körper an Vitamin D bildet, schwankt von Mensch zu Mensch und ist zudem von Faktoren wie dem Breitengrad und der Jahreszeit abhängig. Wer sich insgesamt ca. fünf bis 25 Minuten pro Tag mit unbedecktem Gesicht, Händen und größeren Teilen von Armen und Beinen der Sonne aussetzt, ist ausreichend versorgt. Die Einnahme von Vitamin-DPräparaten wird nur dann empfohlen, wenn eine gezielte Verbesserung der Versorgung, insbesondere bei Risikogruppen, weder durch die Ernährung noch durch die körpereigene Vitamin-D-Bildung durch Sonnenbestrahlung zu erreichen ist. In diesen Fällen gibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) als Schätzwert für eine angemessene Zufuhr für Kinder, Jugendliche und Erwachsene 20 Mikrogramm Vitamin D pro Tag an. Mit Nahrungsergänzung gegen Sehverlust Ein Tipp von Apothekerin Dr. Anne-Kathrin Habermann Menschen, die in ihrem Leben viel grünes Gemüse und Obst gegessen haben, leiden im Alter seltener an Augenkrankheiten wie Makuladegeneration oder Katarakt. Kein Wunder: Pflanzen und gesundes Essen enthalten viele wertvolle Inhaltsstoffe wie Carotinoide, Selen, Zink, Vitamin E und C in Möhren, Rotkohl, Kürbis, Tomaten oder Lutein sowie Zeaxanthin in Grünkohl, Petersilie, Broccoli, Spinat und Blattsalat. Die genannten Mikronährstoffe sind wichtig für die Sehfunktion und helfen, diese im Alter zu erhalten. Vor der Einnahme dieser Substanzen in Form von Nahrungsergänzungsmittel sollte man aber seinen Augenarzt befragen. Augenkrankheiten vorbeugen Auch gegen die altersabhängige Makuladegeneration (AMD) versuchen Betroffene mit Vitaminen gegenzusteuern. Die Erkrankung betrifft die Stelle des schärfsten Sehens (Makula). Dort lagern sich Stoffwechselprodukte ab und verschleiern den Blick im Extremfall bis zur Blindheit. In einer großen Studie, der AgeRelated Eye Disease Study (AREDS), wurden 4.700 Patienten mit unterschiedlichen Formen der AMD sieben Jahre lang hinsichtlich der Wirkung von Hochdosis-Vitamin-Präparaten untersucht. 2 Seite 3 von 5 Gegeben wurden: 500 mg Vitamin C, 400 IE Vitamin E, 15 mg Betacarotin (Lutein), 80 mg Zink. Bei Einnahme dieser Substanzen wurde die Wahrscheinlichkeit eines Fortschreitens der AMD um 25 Prozent verringert und die Wahrscheinlichkeit eines Sehverlustes um 19 Prozent. Wenn bereits zahlreiche große Ablagerungen oder eine Spätform der AMD (feuchte Form) beobachtet wurden, konnte mit der Vitamintherapie ein prophylaktischer Effekt beobachtet werden. Patienten ohne erkennbare Veränderungen profitierten nicht. kung dieser Medikamente! Es kann zu Organbluten kommen! Alternative Knorpelschützer wären Trinkgelatine oder Trink-Kollagen (CHAlpha-Trinkampullen, Trinkgelatine Ducray). Unerwünschte Wirkungen oder Wechselwirkungen mit Medikamenten sind hier nicht bekannt. Dafür sind die Anreicherung im Gelenkknorpel und die Stimulation der KollagenNeubildung belegt. In der Literatur finden sich Hinweise, dass die Ausprägung einer Arthrose mit einem Mangel an Vitamin D einhergeht. Es wurde gezeigt, dass durch Vitamin D Ausnahmen für Raucher Raucher sollten Präparate mit Betacarotin oder Lutein nicht einnehmen, da es einen nachteiligen Effekt bezüglich der Entwicklung einer Lungenkrebserkrankung haben könnte. Zink sollte höchstens in einer Menge von 30 mg pro Tag genommen werden, da sich höhere Dosen negativ auf den Kupfer- und Eisenstoffwechsel auswirken. Im Moment läuft die Nachfolgestudie AREDS 2. Zink wird in geringerer Dosierung gegeben, Betacarotin nur an Nichtraucher. Zusätzlich gibt man Omega-3-Fettsäuren (EPA/DHA 650 /350 mg), die Bestandteil der Zellmembranen im Körper sind. Außerdem nehmen die Teilnehmer Lutein (10 mg) und Zeaxanthin (2 mg) ein. Das sind Pflanzenfarbstoffe (Brokkoli, Feldsalat, Mais, Grünkohl, Spinat, auch im Eidotter), die beim Menschen in der Makula vorkommen und die Funktion einer inneren Sonnenbrille erfüllen. Sie filtern kurzwelliges UV-Licht und schützen damit die Zellen der Netzhaut. Mit Nahrungsergänzung gegen Arthrose Ein Tipp von Apothekerin Dr. Anne-Kathrin Habermann Um Gelenkproblemen vorzubeugen oder beginnende Probleme zu behandeln, sollte man das Körpergewicht möglichst niedrig halten und für regelmäßige moderate Bewegung sorgen. Unterstützend kann man seine Nahrung mit sogenannten Chondroprotektiva ("Knorpelschützern") anreichern. Sie stimulieren den Aufbau des Knorpels und verbessern die Qualität der Gelenkschmiere. Außerdem sollen sie Entzündungen hemmen und Schmerzen reduzieren. Beispiele sind Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat. Die erforderliche Tagesdosis liegt für Glucosaminsulfat bei 1.500-2.000 mg und für Chondroitinsulfat bei 800-1.200 mg. Patienten, die Blutverdünner (Falithrom, Marcumar) einnehmen, sollten aber vorsichtig damit sein. Glucosamin beeinflusst die Wir- die Knochendichte verbessert wurde und die bessere Knochendichte das Fortschreiten der Arthrose vermindert, die Muskelkraft gestärkt wurde, die hinsichtlich Funktion und Schmerz bei Patienten mit Arthrose eine zentrale Rolle spielt, Entzündungszeichen im Blut reduziert werden, die Reifung der Knorpelzellen positiv beeinflusst wird. Bei Patienten mit Arthrose lag der 25-OHVitamin D Spiegel häufig unter 30 ng/ml. Man kann seinen Vitamin-D-Spiegel beim Arzt bestimmen lassen und dann durch Einnahme entsprechender Präparate unter Umständen verbessern. Es scheinen mindestens 800 IE pro Tag sinnvoll, die häufig üblichen 400 IE pro Tag reichen offenbar nicht aus. Auch die Einnahme von Antioxidantien ist eine sinnvolle Maßnahme, da sie entzündliche Prozesse im Körper bekämpfen. Zu den Antioxidantien gehören die Vitamine E und C sowie die Spurenelemente Kupfer, Mangan, Selen und Zink. Ginkgo - Wundermittel fürs Gehirn? Fit im Kopf, auch im Alter. Wer wollte das nicht? Geistig rege und interessiert bleiben, sich gut erinnern können - das wünscht sich jeder. Was kann dabei helfen? Viele Senioren und auch Jüngere setzen da auf Präparate mit Ginkgo. Im Supermarkt gibt es Nahrungsergänzungsmittel, die Ginkgo enthalten. In der Apotheke auch Medikamente mit GinkgoExtrakt in deutlich höherer Dosierung. Der Ginkgo kommt aus China und wird seit 1730 auch in Europa kultiviert. Ursprünglich nur als Zierbaum, doch inzwischen sind seine Blätter auch Rohstoff für die Verwendung in der Heilkunde. Frankreich und die USA sind die größten Anbieter. 3 Seite 4 von 5 Wirksamkeitsstudien widersprechen sich Folgende Wirkungen werden dem GinkgoExtrakt zugeschrieben: Schutz der Nervenzellen, besseres Gedächtnis und Lernvermögen, Förderung von Übertragungsstoffen im Gehirn, Förderung der Durchblutung. In klinischen Studien versucht man seit Jahren zu ergründen, ob Ginkgo bei Vorbeugung und Behandlung der Altersdemenz hilft. Die Ergebnisse sind zwiespältig. Einige Studien zeigten, dass die Therapie mit Ginkgo das Zurechtkommen im täglichen Leben verbessern kann, andere sahen einen Einfluss auf die geistige Leistungsfähigkeit. Eine große Studie aus den USA fand wiederum heraus, der Ginkgo-Extrakt sei wirkungslos. All diese Studien beziehen sich auf einen ganz bestimmten GinkgoSpezialextrakt in einer ganz bestimmten Dosierung. Den findet man nur bei den GinkgoMedikamenten aus der Apotheke. In Nahrungsergänzungsmitteln ist der Wirkstoff viel geringer dosiert. Die Studienergebnisse lassen sich auf diese Mittel nicht übertragen. Ob Ginkgo uns also tatsächlich im Alter geistig fit und aktiv hält, lässt sich nicht sicher sagen. Die preiswerten Nahrungsergänzungsmittel aus dem Supermarkt helfen aber offenbar nicht. Sie Fragen, wir antworten: Was taugen Grünlippmuscheln für die Gelenke? Echte Genießer holen sich in diesen Monaten wieder Muscheln auf den Tisch. Neben Miesmuscheln aus Deutschland und Holland werden häufig auch Grünlippmuscheln aus Neuseeland verzehrt. Zu erkennen ist die Grünlippmuschel am grünen Rand ihrer Schale. In Farmen wachsen pro Jahr 60.000 Tonnen der Tiere heran. Die meisten werden als Lebensmittel verwendet. Zehn Prozent werden gefriergetrocknet und gemahlen und gehen als Grünlippmuschelkonzentrat in alle Welt. Dieses Konzentrat steckt in Kapseln. Von ihnen erhoffen sich vor allem Menschen Linderung, die unter Arthrose oder anderen Gelenkerkrankungen leiden. Auch für verschiedene Haustiere und sogar für Pferde werden Präparate aus Grünlippmuscheln eingesetzt, um bei Gelenkproblemen zu helfen. Die Wirkung, die dem Muschelextrakt zugeschrieben wird, soll vor allem mit zwei Gruppen von Inhaltsstoffen zusammenhängen. Erstens - die sogenannten GAG, Glykosaminoglykane: Sie sollen den Stoffwechsel im Gelenk verbessern. Zweitens - bestimmte Omega-3-Fettsäuren, denen man zutraut, Entzündungen einzudämmen. Doch die erhoffte Hilfe bei Gelenkproblemen ist wissenschaftlich umstritten. Ältere Studien sollen eine Wirkung beweisen, allerdings wurden diese oft nur über kürzere Zeiträume durchgeführt. Neuere Untersuchungen ziehen ein ernüchterndes Fazit. Einzelne Forscher sehen aber immerhin einen Effekt bei leichter bis mittlerer Arthrose. Risiken und Nebenwirkungen Und wie steht es mit Risiken und Nebenwirkungen? Wer eine Allergie gegen Meeresfrüchte hat, sollte auf die Mittel verzichten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung berichtete vor vier Jahren zudem über einen schweren und zwei leichte Vergiftungsfälle, die möglicherweise mit den Mitteln zu tun haben. Es gibt aber zu wenige Daten, um hier Warnungen oder Empfehlungen auszusprechen. Ob also der Extrakt aus Grünlippmuscheln Ihnen wirklich hilft, ist zweifelhaft. Wenn Sie einen Versuch damit starten wollen, dann gilt wie so oft: Sprechen Sie mit Ihrem Arzt darüber. Lebensmittel oder Arznei? Obwohl Nahrungsergänzungsmittel häufig in Pillenform daherkommen, handelt es sich per Gesetz um Lebensmittel und nicht um Arzneimittel. Sie dienen der Ernährung und dürfen nur Zutaten enthalten, die selbst Lebensmittel sind. Deswegen unterliegen sie lebensmittelrechtlichen Vorschriften und die Vertreiber müssen keinerlei Beweis über den ernährungsphysiologischen Nutzen ihrer Produkte vorlegen. Anders als Arzneimittel müssen sie auch nicht von Behörden zugelassen werden. So kann im Grunde jeder, der will, einen Fantasiecocktail zusammenmixen und verkaufen. Als Arzneimittel werden hingegen per Gesetz nur Erzeugnisse eingestuft, die insbesondere dazu bestimmt sind, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen oder auch die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen. Sie unterliegen den Bestimmungen des Arzneimittelgesetzes (AMG) und bedürfen einer Zulassung. Ein Nahrungsergänzungsmittel darf nicht wie ein Arzneimittel aufgemacht sein und nicht mit Aussagen beworben werden, die sich auf die Beseitigung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beziehen (Verbot krankheitsbezogener Werbung). Doch nicht wenige Vertreiber von Nahrungsergänzungsmitteln missachten diese Regelungen. Produkte von Dr. Hittich Sind seine Kapseln der "Durchbruch im Kampf gegen Diabetes"? Kann seine vermeintliche "Weltsensation" alles stoppen, was die Gelenke ruiniert? Ist ein Pulver seiner Firma Ihre 4 Seite 5 von 5 "geheime Sexwaffe"? Mit solchen Versprechungen macht der Hersteller Dr. Hittich Geschäfte. Gesalzene Preise, aggressive Werbung - seit langem ein Fall für die Verbraucherschützer. Christa Bergmann von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt hat immer wieder mit Fragen zu den Produkten und zum Geschäftsgebaren von Dr. Hittich zu tun: "Hier werden für Nahrungsergänzungsmittel Wirkaussagen, Heilversprechen und krankheitsbezogene Aussagen gemacht. Das ist nicht zulässig. Zum anderen sind die Wirkaussagen in keiner Weise belegt." gleichzeitig mit blutgerinnungshemmenden Medikamenten, kann es u. a. innere Blutungen auslösen. Das heißt, es kann zu sehr starken Nebenwirkungen kommen, auf die in keiner Weise auf den Produkten hingewiesen wird." Immer wieder hat Hittich die umstrittenen Werbeaussagen für seine überteuerten Mittel ein wenig korrigiert und ist damit seinen Kritikern ausgewichen. Die Verbraucherschützer werden hier wohl noch einen langen Atem brauchen. Dr. Reinhard Hittich ist ein Biochemiker mit Firmensitz in den Niederlanden. Und so funktioniert seine Masche: Angst machen: "Gleicht Ihr Darm einer Giftmüllkippe? Bekommt Ihr Gehirn Löcher?" Die Hittich-Werbung beschwört angeblich unterschätzte Gefahren für die Gesundheit herauf. Schulmedizin beschuldigen: "Was Ärzte verschweigen, Patienten als Versuchskaninchen der Chemie" - Dr. Hittich dagegen sieht sich immer auf der Seite seiner Kunden. Versprechungen machen: "Ein Mittel, das mehr Leben rettet als Penicillin.", "Magische Kraft aus der Natur", "Studien, die staunen lassen." Solche Aussagen sind im Falle von Nahrungsergänzungsmitteln nicht erlaubt und zudem größtenteils unbewiesen. So hilft das Mittel Diabeticur angeblich "mit Pflanzenkraft den Teufelskreis der Insulinresistenz" zu durchbrechen. Keine solide wissenschaftliche Studie beweist, dass die enthaltenen Kräuter und Gewürze wie Portulak und Curcumin das können. Schlimmer noch: Nirgendwo wird darauf hingewiesen, dass Blutzuckerwerte kontrolliert werden müssen und die Betreuung Diabetiker regelmäßig von einem Facharzt untersucht werden müssen. Der Firmensitz von Hittich liegt an einem Stadion im holländischen Kerkrade. Der Mann selbst ist nicht zu greifen. Immer wieder bekommt seine Firma Abmahnungen wegen Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht. Das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz hat die Holländer nun um Amtshilfe gebeten. Sind die Mittel wenigstens harmlos? Zweifel gibt es etwa beim Präparat Nattoplasmin, das Blut verdünnende Enzyme enthält. Christa Bergmann von der Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt ergänzt: "Nimmt man diese Nahrungsergänzungsmittel 5