1 Einleitung

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1 Einleitung
1.1 Das Immunsystem
Der menschliche Körper hat sich täglich mit einer Vielzahl von Fremdorganismen
auseinander zu setzen und sich den Angriffen von Bakterien, Viren, Pilzen und Parasiten
zu erwehren. Grundlage für diese Abwehrprozesse ist die Fähigkeit, zwischen fremdem
und körpereigenem Gewebe zu unterscheiden. Diese Aufgabe übernimmt das
Immunsystem. Mit Hilfe der verschiedenen am Immunsystem beteiligten Zellen gelingt
es, Mikroorganismen und andere Pathogene zu erkennen und den Körper vor Infektionskrankheiten und deren Folgen zu schützen. Die beteiligten Zellen und ihre Reaktionen auf
das als fremd erkannte Material wird im Folgenden näher dargestellt.
Das Immunsystem kann in ein angeborenes Immunsystem und in ein erworbenes
Immunsystem unterteilt werden. Das phylogenetisch ältere, angeborene Immunsystem
bildet die erste Verteidigungslinie im Verlauf der Reaktion auf eine Infektion. Essentiell
für die angeborene Immunantwort sind Monozyten/Makrophagen und Granulozyten,
welche zur Phagozytose befähigt sind. Die Monozyten/Makrophagen nehmen neben der
Phagozytose zahlreiche weitere wichtige Funktionen wahr, auf die im Verlauf noch
genauer eingegangen wird.
Im Verlauf der Evolution hat sich zusätzlich das spezifische, adaptive und
phylogenetisch jüngere Immunsystem entwickelt. Die Zellen des adaptiven Immunsystems sind die Lymphozyten. Das adaptive Immunsystem lernt nach einem Erstkontakt
bestimmte antigene Strukturen des Fremdorganismus kennen. Durch klonale Expansion
wird ein spezifischer Lymphozytenzellklon gebildet und vermehrt, der bei einem zweiten
Kontakt mit dem Antigen in der Lage ist, schnell und gezielt auf das Pathogen zu
reagieren. Auf diesem Weg wird eine zeitweise, eventuell sogar lebenslange Immunität
gegen Pathogene erworben und das eigene Körpergewebe als nicht pathogen erkannt. Die
Zellen des adaptiven Immunsystems sind die B- und T-Lymphozyten. T- bzw. BLymphozyten unterscheiden sich durch ihre Funktion, ihre Antigenrezeptoren und dem
Ort, an dem sie ausdifferenzieren.
B-Lymphozyten produzieren Antikörper oder auch Immunglobuline (Ig), welche
die humorale Immunität bewirken. T-Lymphozyten sind für die zelluläre spezifische
Immunität zuständig. Sie können direkt auf ein Pathogen einwirken. Es existieren
unterschiedliche Subpopulationen von T-Lymphozyten. Zytotoxische cluster of
differention (CD)8+ T-Lymphozyten produzieren Substanzen, die Zielzellen lysieren oder
Apoptose initiieren können. Helfer-T-Lymphozyten (Th-Zellen) modulieren über die
1
Produktion von Signalstoffen die Immunfunktion. Nullzellen, unter denen die
Natürlichen-Killer-Zellen eine wichtige Funktion einnehmen, haben vornehmlich die
Funktion virusinfizierte und entartete körpereigene Zellen zu töten.
1.1.1 Monozyten
Monozyten sind mit einem Durchmesser von 16-20 µm die größten Zellen der
Leukozytenpopulation. Sie besitzen einen länglichen, meist nierenförmigen Kern. Ein
ausgeprägter Golgiapparat deutet auf eine starke sekretorische Aktivität hin. Monozyten
und Makrophagen stammen wie die Granulozyten von pluripotenten Stammzellen im
Knochenmark ab. In der Monozytopoese entwickeln sie sich im Knochenmark aus der
myeloiden Vorläuferzelle über Monoblasten und Promonozyten zu reifen Monozyten.
Diese Differenzierung und Reifung der Monozyten wird durch den granulocytemacrophage-colony-stimulating-factor
(GM-CSF)
und
dem
macrophage-colony-
stimulating-factor (MCSF) gesteuert [56]. Ausgereifte Monozyten verlassen das
Knochenmark und zirkulieren für 8–70 Stunden (Std) im Blutkreislauf. Sie haben eine
Halbwertszeit von (T50)= 15-20 Stunden [90]. Die Zirkulationsdauer ist abhängig von
Entzündungsmediatoren, welche die Chemotaxis und die Diapedese an den Ort der
Inflammation vermitteln. Monozyten differenzieren sich abhängig vom Zielgewebe in
gewebespezifische Makrophagen, die für Monate bzw. Jahre im Gewebe persistieren
können. Zu diesem Monozyten/Makrophagen-System gehören Alveolarmakrophagen,
Peritonealmakrophagen, Kupffersche Sternzellen, Milzmakrophagen, Gelenkmakrophagen und die Mikroglia des Gehirns. Im Immunsystem nimmt das Monozyten/Makrophagen-System eine Schlüsselrolle ein. Es übernimmt vielseitige Aufgaben wie
die Phagozytose, die Antigenpräsentation, Abtötung von Mikroorganismen durch
immunglobulin abhängige zellvermittelte Zytotoxizität, sowie die Produktion von
Entzündungsmediatoren, wie Zytokine und Interleukine, die der Steuerung des
Immunsystems dienen [55].
Auf der Zelloberfläche der Monozyten finden sich eine Vielzahl an Rezeptoren, so
z.B. für die Fc-Segmente der IgG Subklassen (FcγR1(CD64), FcγR2(CD32) FcγR3
(CD16)), für Komplementfaktoren (CD35), für zahlreiche Zytokine wie Interleukin (IL)-2
und Interferon (IFN)-γ und Hormone, wie unter anderem die für diese Arbeit wichtigen
Katecholaminrezeptoren. Ebenso befinden sich die Lipopolysacharidrezeptoren (CD14)
auf der Zelloberfläche, die spezifisch für diese Leukozytensubpopulation sind.
2
1.1.2 Phagozytose, Zytotoxizität und Antigenpräsentation von Monozyten
Monozyten
und
Makrophagen
nehmen
Pathogene
mittels
Phagozytose
auf.
Grundvoraussetzung dafür ist die Bindung des Pathogens an die Zelloberfläche. Dies wird
über die Bindung von antigenspezifischen Rezeptoren an Oberflächenstrukuren des
Pathogens erreicht. Eine weitere Möglichkeit der Bindung besteht über Opsonierung von
Fremdorganismen mittels IgG und IgD, an deren Fc-Segmente Monozyten mit Hilfe von
Fc-Segment-Rezeptoren wie CD64 und CD16 binden. Durch Einstülpung der Zellmembran an der Kontaktstelle des Pathogens werden Phagosomen gebildet. Diese verschmelzen mit Lysosomen zu Phagolysosomen. Ein niedriger pH-Wert, reaktive
Sauerstoffverbindungen und Enzyme wie Säurehydrolase, Myeloperoxidase und
Muraminidase sorgen für die Abtötung und den Abbau von Mikroorganismen in den
Phagolysosomen. Während der Antigenprozessierung in den Phagolysosomen binden
Proteinstücke an MHC-Klasse-2 Moleküle. Dieser Komplex wird dann an der äußeren
Zellmembran der Monozyten, T-Lymphozyten, wie auch den B-Lymphozyten präsentiert.
1.1.3 Aktivierung von Monozyten
Monozyten liegen, damit sie nicht unkontrolliert körpereigenes Gewebe angreifen, im
inaktivierten Zustand vor. Erst bei Bedarf verläuft die Aktivierung in zwei Phasen. Die
erste Phase ist eine Voraktivierung im Besonderen durch IFN-γ. Nach der Voraktivierung
werden Monozyten in einem zweiten Aktivierungsschritt durch unterschiedliche
Faktoren, wie Lipopolysaccharide (LPS), hitzeinaktivierte Mikroorganismen, Zytokine
wie TNF-α und IL-1 zu vollständig aktivierten Monozyten.
Im Weiteren wird die Aktivierung durch gram-negative Mikroorganismen, wie
Escherichia (E) coli und andere Enterobakterien, deren Zellmembranbestandteil das LPS
ist, dargestellt. E. coli und Enterobakterien gehören zu den gram-negativen Erregern, den
Verursachern der gram-negativen Sepsis. Um den Zusammenhang von Katecholaminwirkung und Zytokinexpression in Monozyten nachvollziehen zu können, ist die Kenntnis
der Aktivierungssignalkaskaden wichtig. LPS besteht aus drei makromolekularen
Anteilen, die von außen nach innen als Region I bis Region III beschrieben werden (siehe
Abb. 1). Die Region III enthält das LPS typische Lipid A. Lipid A bildet den
Membrananker des LPS und ist für die Zytokinstimulation in Monozyten verantwortlich.
Es wird per Abgabe von Membranvesikeln oder durch den Zerfall absterbender gramnegativer Bakterien in vivo freigesetzt.
3
Abb. 1: Schematische Darstellung des Lipolysaccharidmoleküls nach Erridge et al
2002 [19].
LPS interagiert mit dem LPS-bindenden Protein (LBP). Dieser LPS/LBP-Komplex
bindet in vivo an den zellmembranständigen CD14 Rezeptor (mCD14) sowie an lösliche
CD14 Rezeptoren (sCD14) im Serum. CD14 hat nach neuerer Auffassung die Aufgabe
die Bindung von LPS an den toll like receptor (TLR)-4-MD-2-Rezeptorkomplex zu
katalysieren bzw. die Endozytose von LPS in die Zellmembran von Monozyten zu
ermöglichen. TLR-4 aktiviert über das Adapterprotein Myeloid-Differenzierungs Faktor88 (MDF88) und mit Hilfe der Familie der Interleukin-1 assoziierten Kinasen (IRAK) den
Transkriptionsfaktor NF-κB. Neben TLR-4 kann TLR-2 ebenso eine Aktivierung von NFĸB bewirken [94]. NF-ĸB aktiviert als Transkriptionsfaktor nach Translokation in den
Nukleus der Zelle die Transkription von proinflammatorischen Zytokinen, wie IL-6, IL-8
und TNF-α [17].
1.1.4 Sekretorische Fähigkeiten der Monozyten
Über die oben angeführten Signaltransduktionswege werden viele verschiedene Entzündungsmediatoren von Monozyten exprimiert. Proinflammatorische Zytokine wie IL-1,
IL-6, IL-8 und TNF-α sowie antiinflammatorische Zytokine wie IL-10 werden in der
Frühphase der Immunantwort auf Mikroorganismen gebildet. Monozyten besitzen neben
Zytokinen eine große Bandbreite an sekretorischen Faktoren, darunter Komplementfaktoren, proteolytische Enzyme, aggressive Sauerstoffspezies, Gerinnungsfaktoren, Fibronektin und Wachstumsfaktoren [15, 55]. Mit Hilfe dieser Produkte werden von
Monozyten eine Vielzahl immunologischer Prozesse, die Entzündungsreaktionen steuern
und regulieren, beeinflusst.
4
1.2 Zytokine
Zytokine sind hormonähnliche Proteine, die von Leukozyten und einer Vielzahl weiterer
Zellen produziert werden. Sie wirken regulatorisch auf entzündliche Prozesse. Im
Gegensatz zu Hormonen, die von einem spezifischen Zelltyp gebildet werden, können
Zytokine eines Typs auch von verschiedenen Zellen produziert werden. Sie haben
pleiotrope und durch verschiedene Zellen redundant gewährleistete Funktionen. Zytokine
wirken autokrin, parakrin, juxtakrin und nur selten endokrin [45]. Zu den Zytokinen
zählen Interferone, koloniestimulierende Faktoren, Wachstumsfaktoren, Chemokine und
Interleukine. Ihre pleiotropen Funktionen gaben den Ausschlag für die Bezeichnung
Interleukin. Monozyten gelten als Hauptproduzenten pro- und antiinflammatorischer
Zytokine [28]. In der Pathogenese des systemic inflammatory response syndrome (SIRS)
und der Sepsis spielen die von Monozyten produzierten proinflammatorischen Zytokine
wie IL-6 , IL-8 und TNF-α eine besondere Rolle und zeigen bei erhöhten Plasmaspiegeln
eine positive Korrelation mit der Mortalität der Patienten [64, 72, 82].
1.2.1 Interleukin-6
IL-6 wird von vielen Zellen produziert. Hauptproduzenten in vivo sind Monozyten,
Fibroblasten und Endothelzellen. Die NF-ĸB Bindungsstelle im Promotor ist
mitverantwortlich für die Aktivierung der Genexpression von IL-6 [53].
Der IL-6 Rezeptor wird auf T-Zellen und mitogen aktivierten B-Zellen, Hepatozyten, peripheren Monozyten und einigen Makrophagen exprimiert. Die IL-6 Rezeptoren
gehören zur Gruppe der alphahelikalen Rezeptoren, die sich in drei Untergruppen
unterteilen und gemeinsame intrazelluläre Signaltransduktionswege benutzen [45].
IL-6 zeigt sehr variable biologische Funktionen und besitzt pro- und
antiinflammatorische Effekte [18]. Unter anderem induziert es in Hepatozyten
Metallothionine, wirkt als neurotropher Faktor und stimuliert die ACTH-Produktion in
der Hypophyse. IL-6 wirkt als B-Zell-Differenzierungsfaktor, welcher die Differenzierung von B-Zellen in Immunglobulin produzierende Plasmazellen anregt. Ebenso
aktiviert IL-6 T-Zellen und induziert zusammen mit IL-2 die Transformation in
zytotoxische T-Zellen. IL-6 induziert während der Inflammation die Akut-Phase-Reaktion
[58]. Patienten, die an einem SIRS oder einer Sepsis leiden, zeigen erhöhte IL-6
Plasmaspiegel [72]. Im Rahmen der Sepsistherapie hat sich IL-6 als ein Marker für die
Immunfunktion und als Outcomeparameter für das Multiorgandysfunktionssyndrom
(MODS) bewährt [39, 65].
5
1.2.2 Interleukin-8
IL-8 ist ein Chemokin, das verantwortlich für die Rekrutierung und Chemotaxis von Entzündungszellen ist. IL-8 wird von Monozyten, Makrophagen, neutrophilen Granulozyten, Fibroblasten, Endothelzellen und vielen weiteren Zellen produziert.
Der IL-8 Rezeptor gehört zur Familie der Guaninnukleotid bindendenden (G)Protein gekoppelten Rezeptoren. Der Rezeptor befindet sich auf Lymphozyten mit einer
Dichte von 300/Zelle und auf neutrophilen Granulozyten mit einer Dichte von
20000/Zelle [54].
IL-8 unterscheidet sich von allen anderen Zytokinen durch seine Fähigkeit,
neutrophile Granulozyten zu aktivieren. Es führt in neutrophilen Granulozyten zu einem
transient erhöhten zytosolischen Ca2+-Spiegel und führt dadurch zu einem verstärkten O2Metabolismus mit Generierung von reaktiven O2-Spezies (Respiratory Burst) zu einer
vermehrten Exozytose von Granula, einer verstärkten Chemotaxis, einer vermehrten
Expression von Adhäsionmolekülen und ist an der Vermittlung der Schmerzwahrnehmung beteiligt. IL-8 hat einen chemotaktischen Einfluss auf alle migrationsfähigen Zellen
des Immunsystems, jedoch führt IL-8 auch zu einer verminderten Adhäsion von
Leukozyten an aktivierte Endothelzellen und scheint somit auch antiinflammatorische
Effekte zu besitzen [69]. Erhöhte IL-8 Plasmaspiegel korrelieren in der schweren Sepsis
mit dem Schweregrad einer Laktatazidose, mit der Ausprägung der dissiminierten
intravasalen Gerinnung, dem Schweregrad einer Hypoxie und erhöhten „acute physiology
and chronic health evaluation scores“ (APACHE)-II sowie der Mortalität von
Sepsispatienten [32, 64, 85]. IL-8 scheint auch eine besondere Bedeutung in der
Pathogenese des acute lung injury zu zukommen [75].
1.2.3 Tumor Nekrose Faktor-α
TNF-α wird von Monozyten, Makrophagen, neutrophilen Granulozyten, NK-Zellen und
T-Zellen in Folge eines LPS-Stimulus produziert. Auch viele weitere Zellen und Tumorzellen, die nicht zum Immunsystem gezählt werden, können TNF-α produzieren. TNF-α
wird mit Hilfe des TNF-α converting enzyme über ein Precursorprotein gebildet [24].
TNF-α-Rezeptoren befinden sich in einer Dichte von ca. 500-10000/Zelle auf allen
somatischen Zellen, mit Ausnahme von Erythrozyten. Es wurden zwei unterschiedliche
Rezeptoren für TNF-α beschrieben [25]. TNF-R1 scheint, wie im TNF-R1-knockoutMausmodell gezeigt, eine bedeutende Rolle bei der Induktion der Immunantwort zu
6
spielen. Die Tiere sind immun gegenüber den Effekten tödlicher LPS Dosen, sterben
jedoch an verabreichten tödlichen Dosen von Lysteria monocytogenis [59].
TNF-α ist ein wichtiger Bestandteil der Immunantwort auf Mikroorganismen. In
nicht aktivierten Monozyten induziert TNF-α die Synthese von IL-1 und Prostaglandin E2.
TNF-α stimuliert die Proliferation von T-Zellen in Abwesenheit von IL-2 und wirkt als
Proliferationsfaktor bzw. Differenzierungsfaktor für B-Lymphozyten. Im Kaninchenmodell konnte gezeigt werden, dass TNF-α ein wichtiger Mediator der gram-negativen
Sepsis ist. Es konnten in Tieren, denen tödlichen Dosen Endotoxin verabreicht wurden,
stark erhöhte TNF-α Plasmaspiegel nachgewiesen werden. Dieser tödliche Effekt konnte
durch TNF-α-Antikörper antagonisiert werden [61]. Die aufgetretenen Symptome ähneln
denen der schweren gram-negativen Sepsis und dem schweren SIRS [76]. Es treten eine
dissiminierte intravasale Gerinnung,
eine Mikroembolisation mit fibrinhaltigen
Präzipitaten der Mikrozirkulation, lokale Entzündungssymptome, hämodynamische
Dysregulation sowie Gewebsnekrosen in Niere, Leber und Herz auf. TNF-α induziert
beim Menschen in Kombination mit IL-1 verschiedene Veränderungen des Endothels. Es
bewirkt
eine
Inhibition
antikoagulatorischer
Mechanismen
und
führt
zur
Hyperkoagulation und erhöht die Chemotaxis sowie die Endotheladhärenz von
neutrophilen Granulozyten. In der schweren Sepsis und dem schweren SIRS des
Menschen wird TNF-α neben IL-1 als erstes Zytokin produziert. Für TNF-α konnte ein
kardiodepressorischer Effekt in der Sepsis nachgewiesen werden [40].
1.3 Katecholamine
Das sympathische Nervensystem kontrolliert zusammen mit dem Parasympathikus alle
vegetativ innervierten Strukturen und Organe des Körpers. Adrenalin und Noradrenalin
werden über die Vorstufe Dopamin (D) als körpereigene Katecholamine im sympathischen Nervensystem gebildet und entfalten ihre Wirkung über Adrenorezeptoren. In
der Intensivtherapie werden Adrenalin, Noradrenalin und verschiedene synthetisch
hergestellte Katecholamine, wie z.B. Dopexamin, verwendet. Die Wirkung der
Katecholamine ist abhängig von ihren spezifischen Adrenorezeptoren und deren
spezifischer Verteilung in den Zielorganen [67].
1.3.1 Adrenorezeptoren
Es werden drei Gruppen von Adrenorezeptoren unterschieden: α-Adrenorezeptoren, βAdrenorezeptoren und dopaminerge Rezeptoren [67]. Diese Gruppen werden wiederum in
weitere Subtypen unterteilt, denen unterschiedliche Funktionen zugeschrieben werden.
7
Die α1-Adrenorezeptoren vermitteln hauptsächlich die postsynaptischen Effekte an
den sympathischen Zielorganen, während α2-Adrenorezeptoren für die negative
Feedback-Hemmung der Noradrenalinfreisetzung aus den sympathischen Nervenendigungen zuständig sind [34, 77].
Für die β-Adrenorezeptoren findet sich eine unterschiedliche Verteilung in den
Effektororganen [11]. Am Myokard überwiegen hauptsächlich β1-Adrenorezeptoren, an
der glatten Muskulatur und an den endokrinen Organen β2-Adrenorezeptoren, wobei an
Fettzellen und an der glatten Muskulatur des Magen Darm Traktes β3-Adrenorezeptoren
gefunden wurden [44].
Bei den Dopaminrezeptoren unterscheidet man D1 bis D5-Rezeptoren, unter denen
die D1 und D2-Rezeptoren überwiegen. Man findet diese hauptsächlich an den Gefäßen
der Niere und des Mesenteriums [67].
Die unterschiedliche Verteilung der Adrenorezeptor-Subtypen und ihre unterschiedliche Spezifität für die adrenergen Liganden in den spezifischen Zielorganen sind
für die vielfältigen Effekte der Katecholamine verantwortlich. Synthetisch hergestellte
Katecholamine werden häufig in der Klinik im perioperativen Management, z.B. nach
Operationen mit Hilfe der Herz-Lungen-Maschine bzw. zur Herz-Kreislauf-Unterstützung
bei der Behandlung von kritisch Kranken, in erheblichem Umfang eingesetzt.
1.3.2 Wirkung von Katecholaminen
Das Prinzip der Wirkungsentfaltung von Katecholaminen ist, dass sie durch eine extrazelluläre Aktivierung von Adrenorezeptoren eine intrazelluläre Kopplung von Adrenorezeptor und Guaninnukleotid bindenden (G)-Proteinen auslösen. G-Proteine steigern oder
erniedrigen die Synthese von „second messenger“, welche über mehrere Zwischenschritte
die physiologische Antwort auf die Ligandenbindung auslösen. Die relative Wirkstärke
von Adrenalin, Noradrenalin und Dopexamin an den verschiedenen Rezeptoren ist in Tab.
1 dargestellt. Die resultierende Wirkstärke ist von der Affinität des Katecholamins zum
Rezeptorsubtyp, der intrinsischen Aktivierungspotenz und der Konzentration des
Agonisten am Rezeptor abhängig [67]. Abgesehen davon ist die Stimulation eines
Rezeptorsubtyps immer abhängig von den Konzentrationen aller Liganden am Rezeptor.
Mehrere Liganden verdrängen sich gegenseitig durch kompetitive Bindung an den
Rezeptoren und schwächen somit die spezifische Wirkung der einzelnen Liganden ab.
Weitere Einflussgrößen sind die vorliegende Rezeptordichte und die Rezeptorreserve. Bei
Abnahme der Rezeptordichte entfalten partielle Agonisten nicht mehr den vollen
physiologischen Effekt. Unter Umständen wirken bei zu geringer Rezeptordichte partielle
8
Agonisten sogar als Antagonisten. Volle Agonisten können jedoch bei reduzierter
Rezeptordichte noch einen maximalen physiologischen Effekt erreichen.
Adrenalin
Adrenalin aktiviert β- und α-Rezeptoren, hat jedoch keine Wirkung auf D-Rezeptoren.
Bei geringer Konzentration werden primär β1- und β2-Rezeptoren stimuliert. Mit
zunehmender Konzentration werden zusätzlich auch α-Rezeptoren besetzt. Diese Wirkung
als voller Agonist an β- und α-Rezeptoren ist für Adrenalin charakteristisch. Die Wirkung
kann durch β- und α-Antagonisten spezifisch beeinflusst werden. Adrenalin bewirkt einen
dosisabhängigen Anstieg des Herzzeitvolumens (HZV) mit einer hundertfach stärkeren
Wirkung als Dopamin [74]. Im höheren Dosisbereich überwiegt die α-mimetische
Wirkung des Adrenalins, was sich in einem deutlichen Anstieg des peripheren
Widerstandes zeigt und zu einem Anstieg des arteriellen Mitteldrucks führt. Adrenalin
wird bei der akuten Herzinsuffizienztherapie als wirkungsvollstes Inotropikum
verwendet. Weiterhin wird es häufig im Rahmen des perioperativen Managements von
Operationen, die mit der Herz-Lungen-Maschine (HLM) durchgeführt werden,
verwendet. Der Abgang von der HLM führt häufig zu einer hämodynamischen
Dysbalance des Patienten, so dass Adrenalin wegen seiner inotropen Wirkung häufig
eingesetzt wird, um den Abgang von der HLM zu ermöglichen. Die hohe Potenz des
Adrenalins an den β2-Rezeptoren, die eine starke Bronchodilatation bewirken, sowie sein
hämodynamisches Wirkprofil und die Hemmung der Histaminfreisetzung aus basophilen
Granulozyten macht es zum Medikament der Wahl in der Behandlung des
anaphylaktischen Schocks [67]. Ebenso ist es das Medikament der Wahl bei der
kardiopulmonalen Reanimation [30].
Noradrenalin
Die Wirkung von Noradrenalin an den α- und β1-Rezeptoren ist weitgehend mit der von
Adrenalin vergleichbar, wobei die Wirkung an β2-Rezeptoren deutlich geringer ausfällt.
Die Affinität von Noradrenalin an β1-Rezeptoren ist in vitro ungefähr zwanzigfach höher
als an β2-Rezeptoren. Im Vergleich zu Dopexamin bewirkt Noradrenalin in hohen
Konzentrationen über β2-Rezeptoren eine höhere intrazelluläre cAMP-Erhöhung [48].
Aufgrund seiner Wirkung an den α-Rezeptoren bewirkt Noradrenalin an den peripheren
Gefäßen eine Vasokonstriktion. Der vorherrschende klinische Effekt ist eine Steigerung
des systemischen Perfusionsdruckes. Das HZV bleibt über eine Steigerung der
Kontraktilität über β1-Rezeptoren trotz einer Erhöhung des peripheren Widerstandes meist
unbeeinflusst. Pressorezeptoren verhindern einen überschießenden Herzfrequenzanstieg
9
über bradykarde Einflüsse. Diese Eigenschaft macht Noradrenalin zum Therapeutikum
der Wahl in der hyperdynamen Phase des schweren septischen Schocks, da bei diesem
Krankheitsbild der verringerte systemische Perfusionsdruck ein wichtiger Faktor in der
Pathogenese der Entwicklung eines Multiorganversagens (MOF) oder MODS ist [67].
Intrinsische Aktivität
Voller Agonist
>0,2 µg/kg/KG
0,05-0,2 µg/kg/KG
0,02-0,05 µg/kg/KG
Noradrenalin Voller Agonist
Dopexamin
Partieller Agonist
β1
β2
α1
α2
D1
D2
+++
+++
++
+++
+
+++
+++
++
(+)
++
+++
++
+
+++
0
+++
++
+
+++
0
0
0
0
0
++
0
0
0
0
+
Adrenalin
Tab. 1: Die Tabelle zeigt die relativen Wirkstärken der in der vorliegenden Arbeit
untersuchten Katecholaminen an verschiedenen Adrenorezeptor-Subtypen. Voller Agonist
bezeichnet Substanzen mit maximaler intrinsischer Aktivität. Partielle Agonisten führen bei
gleicher Konzentration am Rezeptor zu einer geringeren intrinsischen Aktivität. Nach W.
Schütz et al. 2000 [67].
Dopexamin
Dopexamin ist ein synthetisch hergestelltes, dem Dopamin ähnliches, Katecholamin. Es
zeigt eine hauptsächliche Wirkung an β2-Rezeptoren sowie an D1- und in geringerem
Ausmaß an D2-Rezeptoren. Dopexamin kann in der Therapie der Herzinsuffizienz
eingesetzt werden, da es das HZV steigert. Dieser Effekt wird der Wirkung von
Dopexamin an β2-Rezeptoren zugeschrieben. Aufgrund der geringen β1-Aktivität soll
Dopexamin ein günstigeres arrhythmogenes Profil besitzen als andere Katecholamine
[70]. Jedoch führt Dopexamin in höheren Dosen zu einer Tachykardie, vermutlich durch
eine reflektorische Vasodilatation aufgrund seiner β2-Wirkung. Besondere Bedeutung
erlangte das Dopexamin als im Tierversuch sowie im Menschen festgestellt wurde, dass
es in der Lage ist, die Splanchnikusperfusion zu verbessern [66]. Während einer
Endotoxinämie konnte mit Dopexamin der Blutfluss postkapillärer Venolen der Ratte und
die endotheliale Integrität aufrecht erhalten, sowie die Leukozytenaktivierung und
-adhärenz vermindert werden. Im septischen Schockmodell verschiedener Spezies wurde
unter Dopexamin eine verbesserte Mukosadurchblutung des Darmes und ein günstiger
Effekt auf die Gewebeoxygenierung in Darm und Leber gefunden [14, 46, 78].
10
1.4 Einfluss von Katecholaminen auf das Immunsystem
Loeper und Crouzon konnten 1904 als Erste anhand des Differentialblutbildes die
Wirkung von Katecholaminen auf das Immunsystem nachweisen. Sie stellten fest, dass
nach subkutaner Injektion von Adrenalin eine Granulozytose induziert wird. Dieser
Einfluss ist bidirektional. Es werden nicht nur Immunfunktionen vom Nervensystem
beeinflusst, sondern das Immunsystem hat ebenso einen Einfluss auf das Nervensystem
[93]. Zytokine und Interleukine wirken auf das ZNS und das autonome Nervensystem
unter anderem über die Hypothalamus-Hypophysen-Achse. Das Nervensystem exprimiert
Rezeptoren für Zytokine und beeinflusst über eine Ausschüttung von Adrenalin und
Noradrenalin das Immunsystem [6, 92]. Borovika et al. konnten zeigen, dass eine zentrale
Stimulation des Parasympathikus zur Inhibition der Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen und zu einer gesteigerten IL-10 Expression in vivo führt [10]. Das
Immunsystem hat Rezeptoren für neuroendokrine Hormone wie Glukokortikoide und
Katecholamine. Teilweise ist auch eine eigenständige Produktion dieser möglich, welches
Hinweis auf einen autokrinen Rückkopplungsmechanismus sein könnte [5].
Eine Vielzahl von Studien mit radioaktiv markierten Liganden zeigten, dass
immunologische Zellen Adrenorezeptoren exprimieren, über die das sympathische
Nervensystem Einfluss auf die Immunantwort nimmt. β-Rezeptoren und α-Rezeptoren
sind auf Leukozyten beschrieben worden [37]. Abhängig vom Adrenorezeptorsubtyp,
über welche die Katecholamine Einfluss auf immunkompetente Zellen nehmen, können
sehr verschiedene Veränderungen der Immunfunktion beobachtet werden. Beim
Menschen führt die Injektion von Noradrenalin zu einem Anstieg der Anzahl an
zirkulierenden Monozyten im Blut [23]. Soweit bekannt findet die Interaktion von
Katecholaminen und Zytokinexpression auf Ebene der second messenger statt. cAMP
führt zu einer Stabilisierung des NF-ĸB und vermindert somit die Genaktivierung
proinflammatorischer Zytokine. Der Einfluss von Adrenalin, Noradrenalin und anderen
cAMP stimulierenden Substanzen auf die pro- und antiinflammatorische Zytokinproduktion von Monozyten wurde in der Vergangenheit in vitro und in vivo untersucht. Es
zeigten sich jedoch keine einheitlichen Ergebnisse hinsichtlich eines stimulierenden oder
inhibierenden Einflusses der Katecholamine auf die Zytokinexpression in Monozyten.
Die Wirkung von Katecholaminen ist unter anderem abhängig von den untersuchten
Zytokinen, wie auch von den physiologischen und pathophysiologischen Bedingungen
[80, 79, 81, 49, 50, 38, 18].
11
1.5 Sepsis und SIRS
Jährlich erkranken in den USA 750.000 (300 pro 100.000 Einwohner) Patienten an einer
Sepsis. In Europa (z.B. Deutschland, Österreich) wird die Inzidenz geringer geschätzt
(54-116 pro 100.000 Einwohner) [13]. Es liegen jedoch keine gesicherten Daten zur
Inzidenz der Sepsis in Deutschland vor. Die Mortalität in Amerika und Europa liegt
zwischen 28-50 % [2, 12]. Aufgrund der zunehmenden demographischen Veränderung
der Altersstrukur der westlichen Länder ist mit einer Zunahme der Inzidenz der Sepsis zu
rechnen [22]. Diese Daten verdeutlichen nach den entmutigenden Therapieversuchen und
der bleibend hohen Mortalität in den letzten Jahrzehnten, dass nach neuen
Therapieansätzen, einem genaueren pathophysiologischen und pharmakologischen
Verständnis, für die im Rahmen der Sepsistherapie eingesetzten Medikamente gesucht
werden muss.
Das systemic inflammatory response syndrome (SIRS) kann als Folge vieler
verschiedener pathologischer Einflüsse entstehen. Es ist anhand der Manifestation von
mindestens zwei der folgenden klinischen Bedingungen definiert [8]: 1. Temperatur > 38°
C oder < 35° C; 2. Herzfrequenz > 90 Schläge/min; 3. respiratorischen Insuffizienz mit
einem der folgenden Kriterien: a) Tachypnoe > 20 Atemzüge/min; b) Hyperventilation
mit einem PaCO2 < 32 mmHg (bei Spontanatmung); c) paO2 < 70 mmHg; 4. Leukozyten
von > 12.000/µl oder < 4000/µl oder > 10 % stabkernige Granulozyten. Die Sepsis stellt
ein SIRS aufgrund einer Infektion dar. Um die Definition der Sepsis zu erfüllen, muss
neben zwei SIRS Kriterien der Nachweis einer Infektion erfolgen [8]. Eine schwere
Sepsis ist definiert als eine Sepsis mit Zeichen der Organdysfunktion bzw.
Hypoperfusion: Hypotension (Blutdruck (RR) < 90 mmHg oder Reduktion um > 40
mmHg vom Ausgangswert), Oligurie, Laktatazidose, Enzephalopathie, Thrombozytopenie bzw. Thrombozytensturz [8]. Die Komplikationen der Sepsis sind vielfältig und
in der Aktivierung einer überschießenden Immunantwort zu suchen. Als Komplikation
kann es zu einem Multiorganversagen mit folgendem Multiorgandysfunktionssyndrom
(MODS) kommen, das die gemeinsame Endstrecke der immunologischen Veränderung
und Reaktionen auf eine Infektion oder ein Trauma darstellt. Das MODS ist definiert als
Ausfall eines oder mehrerer Organe, die ohne intensivmedizinische Intervention einen
letalen Ausgang für den Patienten zur Folge hätten [8]. Die Ausprägung des MODS
bestimmt den Verlauf und bedingt die hohe Mortaliltät der Sepsis [7].
12
1.5.1 Monozyten und Zytokine in der Sepsis
Das Immunsystem spielt die zentrale Rolle in der Initiierung der pathophysiologischen
Veränderungen in der Sepsis und dem SIRS. In der Frühphase reagiert der Körper mit
einer proinflammatorischen Immunantwort. Diese Reaktion ist notwendig, um
Fremdorganismen zu bekämpfen und ihre weitere Ausbreitung im Körper zu verhindern.
Im Falle einer infektionsbegünstigenden Situation, wie Immunsuppression bei Tumorkranken, Patienten auf Intensivstationen oder Patienten nach Herzoperationen [88], kann
dies zu einer überschießenden systemischen Freisetzung von Entzündungsmediatoren
führen [47]. Entzündungsmediatoren sind unter anderem die von Monozyten und anderen
Zellen produzierten proinflammatorischen Zytokine IL-1, TNF-α, IL-6 und IL-8 [32].
IL-8
Hyperinflammation
IL-6
Sepsis
IL-1
Immunreaktion
TNF-α
IL-10
Zeit
TGF-β
IL-13
Immunparalyse
IL-4
Abb. 2: Die Abbildung zeigt den hypothetischen Zeitverlauf der Immunreaktion
in der Sepsis. In der Frühphase kommt es zur Hyperinflammation mit
Dominanz von proinflammatorischen Zytokinen wie TNF-α, IL-6 und IL-8,
gefolgt von einer Immunparalyse, die durch antiinflammatorische Zytokine wie
IL-10, tumor growth factor (TGF)-β, etc. gekennzeichnet ist. Nach Walmrath
et al. 2001 [87].
Sie
führen
zu
einer
Aktivierung
der
Blutgerinnung,
der
Bildung
von
Mikroembolisationen, Endothelschäden, Hypoperfusion, Hypotension und weiterer
Freisetzung von Zytokinen [89]. In der Sepsis und dem eskalierendem SIRS ist die
Regulation dieser frühen Immunantwort gestört. Es entsteht ein Zustand der
Hyperinflammation, der die pathologischen Veränderungen weiter vorantreibt und somit
am Ende zum MOF und MODS führen kann. Nach neuerer Auffassung reagiert der
Körper im Sinne eines Regelkreises auf die unkontrollierte proinflammatorische Phase
mit einer nach 2-3 Tagen einsetzenden endogenen Immunsuppression [7]. Die
Freisetzung der Interleukine IL-10, IL-4 und Tumor Growth Factor-β können zu einer
konsekutiven Immunparalyse und Anergie führen, indem unter anderem die Synthese
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proinflammatorischer Zytokine gehemmt wird [20].
Dieses als compensatory
antiinflammatory reaction syndrome (CARS) bezeichnete Phänomen führt wiederum zu
einer erhöhten Empfänglichkeit des Körpers für Infektionen. Die schwere Sepsis mit
ihren gravierenden Auswirkungen ist die Manifestation einer kaskadenartigen
immunologischen Dissonanz, die sich im Verlauf der Krankheit einstellt [7].
1.5.2 Katecholamine in der Therapie der Sepsis und dem eskalierenden SIRS
Patienten, die an einer Infektion erkranken und bei denen sich das infektionsbedingte
SIRS zu einer schweren Sepsis entwickelt, sind häufig auf die Gabe von vasoaktiven
Substanzen angewiesen. Die Sepsis wird klassischerweise in zwei Phasen anhand der
vorherrschenden hämodynamischen Situation eingeteilt. Zunächst kommt es aufgrund der
Wirkung der proinflammatorischen Zytokine und anderen Entzündungsmediatoren zu
einer hyperdynamen Phase, in welcher der mittlere arterielle Druck stark abfällt. Der
periphere Widerstand kann somit so stark erniedrigt sein, dass durch eine Steigerung des
HZV kein ausreichender Perfusionsdruck aufrechterhalten werden kann und es zur
Organminderperfusion kommt. Erhöhte Plasmaspiegel an TNF-α und IL-1 schränken die
Inotropie des Herzens zusätzlich ein, so dass die kardiale Kompensationsfähigkeit
eingeschränkt ist [40]. Diese postulierte septische Kardiomyopathie trägt zum niedrigen
systemischen Perfusionsdruck bei. In dieser Phase ist Noradrenalin häufig das Mittel der
Wahl, um einen suffizienten Perfusionsdruck zu erreichen. Wie weiter oben angeführt,
kann Noradrenalin in vitro wie in vivo die Zytokinproduktion beeinflussen. Da in der
Sepsis
besonders
hohe
Konzentrationen
eingesetzt
werden,
ist
von
einem
immunmodulatorischen Einfluss auszugehen. Nach Herzoperationen, bei denen die HLM
verwendet wird, werden häufiger immunologische Veränderungen im Sinne eines SIRS
mit anschließend gesteigerten Infektionsraten beobachtet [88]. Katecholamine werden im
Rahmen von Operationen mit der HLM eingesetzt. Die Fähigkeit von Leukozyten,
proinflammatorische Zytokine als Reaktion auf einen LPS-Stimulus zu produzieren, ist
nach Operationen mit der HLM eingeschränkt. Grundmann et al. zeigten, dass diese
häufig beobachtete Leukozytendesensibilisierung, die mit einer verminderten proinflammatorischen Zytokinexpression und einer gesteigerten Produktion antiinflammatorischer
Zytokine wie IL-10 einhergeht, durch Katecholamine mit verursacht wird [27]. Die
verminderte Expression proinflammatorischer Zytokine könnte einen begünstigenden
Einfluss auf die Entwicklung von Infektion haben und an der Entwicklung eines
eventuellen CARS beteiligt sein.
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