Laborinformation Nr. 98 / September 2010 35 Herpesviren Labordiagnostik bei Infektion mit Epstein!Barr!Virus (EBV) Medizinischer Hintergrund Das Epstein!Barr!Virus (EBV) gehört zur Familie der Herpesviren. Initial infiziert EBV Epithelzellen und B!Lymphozyten im Oropharyngealtrakt. Anschließend wird das Virus mit den B! Zellen im ganzen Körper verbreitet. Nach der Primärinfektion persistiert der Erreger bei Immunkompetenz lebenslang in B! Lymphozyten unter der Kontrolle der T!Lymphozyten. Aus diesem Latenzstadium kann EBV reaktiviert werden. Im späteren Stadium kann EBV mit unterschiedlichem Erfolg im Speichel nachgewiesen werden. Der Nachweis gelingt nur dann, wenn zum Analysezeitpunkt eine Reaktivierung stattfindet und in diesem Zusammenhang in den Speicheldrüsen! und Rachenepi! thelzellen gerade die Virusreproduktion erfolgt. Reaktivierungen verlaufen bei immungesunden Patienten symptomlos und unbe! merkt. Derzeit gibt es keine Rationale, um eine EBV!Reaktivierung bei Immungesunden zu diagnostizieren. Eine Übertragung über Blut! und Blutprodukte ist möglich, aber nur für transplantierte Patienten von Bedeutung. alte Infektion Symptome Das typische Krankheitsbild der Primärinfektion, die Mono! nukleose, tritt nach 10!50 Tagen Inkubationszeit auf. Die häufigsten Symptome sind Fieber, Lymphadenopathie, Hepato! splenomegalie, Pharyngitis, und Tonsillitis. Wenn Antibiotika verabreicht werden, kommt es sehr häufig (bei ca. 70!80%) zu einem Arzneimittelexanthem. Normalerweise zeigt sich ein verändertes Blutbild mit Lympho! zytose mit bis zu 50% atypischen T!Lymphozyten. Zudem sind zahlreiche Tumorerkrankungen mit EBV assoziiert wie Burkitt! Lymphom, verschiedene andere Non!Hodgkin!Lymphome (NHL), Morbus Hodgkin. Als solide Tumoren finden sich das Nasopharynxkarzinom (Südostasien) oder auch Magenkarzinome. Eine schwere Komplikation nach Transplantation ist die Posttransplantationslymphoproliferation (PTLD). Ein seltener X! chromosomal vererbter Immnundefekt (XLP) löst bei den Betroffenen meist eine fulminant verlaufende Mononukleose aus, die sich zum Lymphom oder zum Hämophagozytensyndrom entwickeln kann. Labordiagnostik 778 pos VCA-IgG Infektion p18-IgG VCA-IgM VCA EBNA-1-IgG positiv EBNA-2-IgG Klinik Bei Immungesunden erfolgt die Differenzierung zwischen Primärinfektion und alter Infektion durch die Bestimmung EBV! spezifischer Antikörper. Häufig wird dabei der nach Davidsohn abgewandelte Paul!Bunnell!Test eingesetzt. Bei diesem nicht EBV!spezifischen Test wird die Agglutination von Pferdeerythro! zyten mit heterophilen Antikörpern aus dem menschlichem Serum geprüft. Heterophile Antikörper treten aber z. B. auch bei CMV! oder HIV!Infektionen und Lymphomen auf. Darüber hinaus ist die niedrige Sensitivität dieses Tests bei Kindern unter 5 Jah! ren zu berücksichtigen. Spezifischer erfolgt die serologische Diagnostik über den Nach! VC weis von Antikörpern gegen das EBNA!1 Antigen (nukleäres Antigen) und das Viruscapsid!Antigen (VCA!IgM und VCA!IgG). Abb. 35.8 Verlauf der Antikö Der Nachweis von EBNA!1 Antikörpern, die erstEHLP,PPXQJHVXQGHQNOLQLVF sehr spät im markiert den Infektionszeitpun Verlauf gebildet werden (bis zu mehreren Monate), zeigt immer eine alte Infektion an. Ca. 5% der Patienten bilden keine EBNA!1 Abb. ,QGLUHNWH,PPXQÁXRUHV]HQ]'DUVWHOOXQJ(%9LQÀ]LHUIgG 35.6 Antikörper oder verlieren diese wieder. In diesen und anderen EBNA-1-I WHU=HOOHQLQHLQHUSHUVLVWHQWLQÀ]LHUWHQ%=HOO/LQLH3+5 problematischen Fällen kann der EBV!Immunoblot zur Klärung positiv herangezogen werden. EA-IgG Primärinfektion Abb. 35.7 Verlauf der Primärinfektion, aus B.der Gärtner und N. Müller!Lantzsch, Abb. 35.9 (%97HVWNRQ]HSW$ Abb. Verlauf der Antikörper während Primärinfektion. einer immunglobulinklassenor Pfeil markiert den Infektionszeitpunkt. Epstein!Barr!Virus, Mikrobiologische Diagnostik, 2009 XQWHUVFKLHGOLFKH3ULQ]LSLHQ]XYHUJOHLFKEDUHQ,QWHUSUHWDGegen p18 werden Bei Immunsupprimierten und Tumorpatienten, bei denen die ber tionen kommen. Sie lassen sich bei unklaren Ergebnissen gebildet, IgG-Antikörpe Frage Primärinfektion oder Reaktivierung irrelevant der ist, Nachweis dominiert DXFKVHTXHQ]LHOODQZHQGHQXQGVLQGDXVWDXVFKEDU von p18der Erregerdirektnachweis mittels PCR. Da vielespricht. Immunsup! ˹ EBNA:9RQGHQLQGHU'LD Immunglobulinklassenorientierte Diagnostik. In dem seitempfiehlt primierte EBV replizieren ohne zu erkranken, sich ein WLJHQHQLVWYRUDOOHPGDV -DKU]HKQWHQHWDEOLHUWHQ7HVWVFKHPDZLUGDXVGHUKombiregelmäßiges Monitoring der Viruslast. Der Nachweis eines $QWLN|USHUJHJHQ(%1$ nation von IgG- und IgM-Antikörpern eine Diagnose ersignifikanten Anstiegs der EBV!Last im Blut ermöglicht bei (noch) GHWQDFK:RFKHQELVP VWHOOW,QGHU5RXWLQHNRPPWPDQEHLGLHVHP.RQ]HSWPLW asymptomatischen Patienten eine frühzeitige Therapie. Als GHU1DFKZHLVYRQ(%1$ GHQGUHL3DUDPHWHUQ9&$,J*9&$,J0XQG(%1$,J* an, eine Primär DXV'DV$EODXIXQG,QWHUSUHWDWLRQVVFKHPDÀQGHWVLFKLQ Untersuchungsmaterial sollte (EDTA!) VollblutInfektion verwendet VHQ'LHVLVWLQGHQ)lOOHQ Abb. 35.9. Wichtige Antigene, die in den verschiedenen werden, da die EBV assoziierte Lymphoproliferation eher mit 7HVWVYHUZHQGHWZHUGHQDEHUQLFKWDOOHQRWZHQGLJVLQG QDFKZHLVEDULVWVR( einer latenten Virusreplikation als mit einer lytischen Infektion ZHUGHQLP)ROJHQGHQEHVFKULHEHQ VRQGHUH,)7GLHNHLQLV (Virus im Plasma) einhergeht. ˹ handelt es sich nicht um ein Protein, sonVCA: Hierbei JHQYHUZHQGHQVRQGHU GHUQXPPHKUHUH3URWHLQHJHJHQGLH]XXQWHUVFKLHGOL(%1$'LHVH7HVWVKDE FKHQ=HLWSXQNWHQXQGLQXQWHUVFKLHGOLFKHU+lXÀJNHLW im Verlauf gebildet wird Material Antikörper gebildet werden. Die wichtigsten in der tion bereits nachweisba 'LDJQRVWLNHLQJHVHW]WHQVLQGSSXQGJS$XIreine EBNA-1-Tests verw EBV Serologie: 1 ml Serum/Plasma JUXQG GHU ODQJHQ ,QNXEDWLRQV]HLW EHL 0RQRQXNOHRVH LVWGLH7DWVDFKHGDVVHLQ EBV!PCR (quantitativ): 3 ml EDTA!Blut (kleine Monovette) VLQG9&$$QWLN|USHUPHLVWVFKRQ]X%HJLQQGHU6\PN|USHUELOGHQRGHUGLHVH ptomatik vorhanden. IgG-Antikörper persistieren le5HDNWLYLHUXQJXQGEHL Ansprechpartner Serologie & PCR EHQVODQJ,J0$QWLN|USHUVLQGKlXÀJ]LUNDDEHU OHQGHQ (%1$$QWLN|U Primärinfektion nachweisbar. 9&$,J0YRUJHWlXVFKWZ Dr.nicht med.immer Petrabei Kappelhoff Tel. 0231 · Eine 9572 – 232 %HVRQGHUKHLWVWHOOWSGDUYDQ*UXQVYHQHWDO eine weiterführende Dia Ansprechpartner PCR Dipl. Biol. Patricia Bartsch Tel. 0231 · 9572 – 259 Literatur: DXV1HXPHLVWHUXD0LNURELRORJLVFKH'LDJQRVWLN,6%1 B. Gärtner & N. Müller!Lantzsch, Epstein!Barr!Virus, Mikrobiologische Diagnostik, 2009 Ärzte für Laboratoriumsmedizin: Dipl.!Chem. Dr. med. Arnold Eberhard · Dr. rer. nat. Dr. med. Heinz Sirowej · Dr. med. Sabine Drache · Dr. med. Petra Kappelhoff · Dr. med. Matthias Adamek · Prof. Dr. med. Paul Kiefer; Arzt für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie: Felix Pranada; Ärzte für Humangenetik: Priv. Doz. Dr. med. Ulrich Finckh · Dr. med. Annemarie Schwan; Arzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie: Dr. med. Frank Demtröder