Aus dem Pathologischen Institut der Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg im Breisgau Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. med. M. Werner EGFR-Amplifikation und Expression in Lungenkarzinomen: Eine Gewebe-Mikroarray-Untersuchung an 1022 Tumoren Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Medizinischen Doktorgrades der Medizinischen Fakultät der Albert Ludwigs-Universität Freiburg im Breisgau vorgelegt 2006 von Claus Zimmer geboren in Bonn 2 Dekan 1. Gutachter 2. Gutachter Prof. Dr. med. Christoph Peters Prof. Dr. med. Ursus-Nikolaus Riede Prof. Dr. med. Uwe Martens Jahr der Promotion 2008 3 DANKSAGUNG An dieser Stelle möchte ich mich herzlich bei all den Personen bedanken, ohne deren Unterstützung diese Doktorarbeit nicht zustande gekommen wäre. Ein besonderes Dankeschön gilt meinem Doktorvater Prof. Dr. med. U.-N. Riede, der die Arbeit koordiniert und die Arrays gereviewt hat. Sowie Prof. Dr. med. G. Sauter, welcher wertvolle Beiträge und Ideen zur vorligenden Dissertation beigesteuert hat. Ebenso möchte ich mich bei Dr. R. Simon für die stets freundliche und geduldige Anleitung und Hilfe während der ganzen Zeit meiner Dissertation bedanken. Dank auch an Dr. D. Matern für die Hilfe beim Reviewen der Arrays und für die moralische Unterstützung. Prof. Dr. med. Hasse und seinen Mitarbeitern in der Lungenchirurgie Freiburg gebührt großer Dank dafür, dass mir die umfassend ausgearbeiteten Patientendaten zur Verfügung gestellt wurden. Wertvolle Hilfe erhielt ich auch seitens des Laborteams in der Pathologie des Kantonspitals Basel. Ein besonderes Dankeschön gilt Frau M. Mirlacher für die gewandte Einführung in die TMA Technik, für die zahlreichen Tricks und die Hilfe bei der Arbeit. Ebenso möchte ich mich bei allen weiteren Mitarbeitern des Labor Sauter für die gute Zusammenarbeit bedanken. 4 Inhaltsverzeichnis Seite 1. Einleitung 5 2. Material und Methode 10 2.1. Patientengut 10 2.2. Katamnese 10 2.3. Histologische Tumor-Graduierung 10 2.4. Tumorarray-Herstellung 14 2.5. Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) 16 2.6. EGFR-Immunhistochemie 17 2.7. Statistik 18 3. Resultate 19 3.1. Patientenalter und Pathologisch-anatomische Befunde 19 3.2. Klinische Daten 21 3.3. Therapie 21 3.4. Pathologisch-anatomische Befunde und Prognose 21 3.5. EGFR- FISH 27 3.6. EGFR- Immunhistochemie 30 3.7. Zusammenhang EGFR Expression und Gen Amplifikation 32 4. Diskussion 34 5. Zusammenfassung 44 6. Anhang 45 6.1. Literaturverzeichnis 45 6.2. Lebenslauf 53 5 1. EINLEITUNG Im letzten Jahrhundert hat sich das Lungenkarzinom an die erste Stelle der Ursachen tumorbedingter Todesfälle bei Männern in der westlichen Welt geschoben. Etwa ein Viertel aller krebstoten Männer sterben an einem Lungenkarzinom (Bray et al., 2004). Allgemein gesehen sind mehr Männer als Frauen betroffen. Es zeigt sich aber, dass der Anteil der Frauen unter den Erkrankten schon seit längerer Zeit überproportional ansteigt. Die Lungentumore sind eine heterogene Gruppe verschiedener Tumore, deren Zusammenfassung sich zunächst einmal dadurch begründet, dass der Ort ihrer Primärlokalisation die Lunge ist. Die Tumore werden durch ihren feingeweblichen Aufbau, der Histologie, voneinander unterschieden. Auch die Inzidenz ist von diesen histologischen Unterschieden innerhalb der Gruppe der Bronchialtumore abhängig. Es erkranken, entgegen der höheren Inzidenz bei Männern für Lungenkarzinome allgemein, signifikant mehr Frauen als Männer an einem Adenokarzinom der Lunge (Radzikowska et al., 2002). Beachtenswert sind ebenso die erheblichen geographischen Unterschiede (Moller et al., 1990). So besteht eine sehr hohe Inzidenz in Schottland, Wales, England, Holland und Finnland, wohingegen in Brasilien, El Salvador und Guatemala nur sehr wenige Lungenkarzinome beobachtet werden (Werbeg et al., 1987). Das Lungenkarzinom ist vorwiegend eine Erkrankung älterer Menschen. 60 Prozent der Patienten, die ein Lungenkarzinom entwickeln sind älter als 60 Jahre, hingegen nur 5 Prozent jünger als 40 Jahre (Neumann, 1982) In letzter Zeit wurde jedoch eine ansteigende Inzidenz bei jüngeren Patienten beobachtet (Negri et al., 1995; Brennan and Bray, 2002]. Äthiologisch ist das Zigaretten-Rauchen der unumstritten dominierende Faktor. Es besteht eine nahezu lineare Korrelation zwischen pack years (Anzahl gerauchte Zigaretten pro Tag / 20 mal Jahre) und dem Lungenkarzinom-Risiko (Williams and Sandler, 2001; Nyberg et al., 1998). Allerdings variiert die Korrelation zwischen den einzelnen histologisch unterscheidbaren Lungenkarzinomtypen. Beispielsweise ist der Zusammenhang zur Tabakexposition beim großzellig- undifferenzierten Karzinom weitaus eindeutiger als bei dem Adenocarzinom der Lunge (Barbone et al., 1997; Lubin et al., 1984). Andere Faktoren sind relativ unbedeutet, so zum Beispiel Asbest, 6 Staubexposition, Arsen, Chrom und ionisierende Strahlen. Hingegen erhöht sich das Risiko ein Lungenkarzinom zu entwickeln deutlich, wenn Asbest und Rauchen zusammenwirken (Hillerdal et al., 1983). Die Nomenklatur der histologisch unterscheidbaren Lungenkarzinomtypen ist derzeit im Wandel. Die histologische Differenzierung erfolgt nach der WHO-Klassifikation für Lungentumore, die in den letzten Jahren mehrfach überarbeitet wurde (Travis et al., 1999; Travis et al., Plattenepithelkarzinome, 2004). Die Adenokarzinome, wichtigsten Tumortypen großzellig- umfassen undifferenzierte und kleinzellige Karzinome. Allerdings sind Mischformen dieser klassischen Typen sehr häufig, (Muller 1980; Haratake et al., 1986). Diese Tatsache wird bisher bei keiner der gängigen Klassifikationen ausreichend berücksichtigt. Klinisch-therapeutisch werden kleinzellige von nicht- kleinzelligen Lungenkarzinomen unterschieden. Zwischen diesen beiden Gruppen bestehen erhebliche Unterschiede bezüglich der Prognose, wie auch der Therapie. Kleinzellige Lungenkarzinome haben zum Zeitpunkt der Diagnose meist schon metastasiert und sind dann nicht mehr kurativ chirurgisch behandelbar. In diesem Fall besteht die Therapie vorwiegend aus einer Radio- und/ oder Chemotherapie. Insgesamt stehen verschiedene Therapieoptionen zur Verfügung. Neben der chirurgischen Resektion, wird die adjuvante Chemotherapie, Radiotherapie oder Chemotherapie plus Radiotherapie eingesetzt. Jede dieser Therapien stellt für den Patienten eine hohe Belastung dar. Dennoch besteht für das Bronchialkarzinom wie vor eine hohe Mortalität. Für eine patientengerechte Therapieindikationsstellung sind ein genaues Verständnis der Tumorbiologie und die Etablierung weitere Prognosemarker wünschenswert. Die Karzinogenese beruht auf der Alteration multipler Gene (Fearon and Vogelstein, 1990; Renen, 1993). Dabei handelt es sich vor allem um Onkogene und Tumorsuppressorgene. Die Potenz maligner Entartung einer Zelle wird bei Onkogenen durch vermehrte Aktivierung, bei Tumorsuppressorgenen hingegen durch Inaktivierung bestimmt. Von Interesse sind in der Tumorentstehung vor allem Gene mit einer Funktion für die DNS-Reparatur oder der Zellzykluskontrolle. Inaktivierungen solcher Gene verhindern den reibungslosen Ablauf von DNS- 7 Reparaturmechanismen mit dem Risiko weiterer DNS-Alterationen und/oder steigern die Zellvermehrung. Für die Entstehung von Lungenkarzinomen sind mehrere Onkogene und Tumorsuppressorgen- Läsionen beschrieben (Wynder, 1972). Der Epidermal Growth Factor Receptor (EGFR = HER-1) ist ein 170 kDa großes Glykoprotein, das zu einer Gruppe von 4 strukturell eng verwandten Wachstumsfaktor-Rezeptoren gehört, die als EGFR- oder ErbB- Familie bezeichnet werden. EGFR ist ein Zelloberflächen-Rezeptor für verschiedene physiologische Wachstumsfaktoren, darunter Epidermal Growth Factor und Transforming Growth Factor alpha (TGF alpha) (Prigent and Lemoine, 1992). Die EGFR- vermittelte Signaltransduktion beginnt mit der Bindung eines Wachstumsfaktors an die extrazelluläre Domäne des EGF- Rezeptors. Dies löst eine Rezeptor- Dimerisierung und über eine Autophosphorylierung von Tyrosinresten der intrazellulären Tyrosinkinase eine Aktivierung derselben aus. Dadurch werden intrazelluläre Signalkaskaden induziert, die über eine Stimulierung der Mitose im Zellkern das Zellwachstum fördern (Daub et al., 1996). Mutationen in dem für EGFR codierenden Gen können die Aktivität der EGFR- Tyrosinkinase erhöhen und damit die EGFRvermittelte Signaltransduktion verstärken. Als Ursachen kommen dabei neben einer Überexpression von Wachstumsfaktoren vor allem die Überexpression des EGRRezeptors in Betracht. Die Überaktivität des EGF- Rezeptors verstärkt die Generierung von Wachstumssignalen und fördert bei Tumorerkrankungen die Zellproliferation, Angiogenese und Metastasierung, während die Apoptose reduziert wird. Dadurch verschiebt sich das Gleichgewicht zwischen Proliferation und Apoptose in Richtung eines unkontrollierten Zellwachstums (Salomon et al., 1995). Wachstumsfaktorrezeptoren haben an Bedeutung gewonnen seitdem gezeigt worden ist, dass sie - wie im Beispiel von HER-2 - als Therapieziele für Krebsbehandlungen genutzt werden können. Trastuzumap (Herceptin), ein humanisierter monoklonaler Antikörper gegen HER-2 wurde, insbesondere in Kombination mit anderen Chemotherapien, erfolgreich für die Behandlung HER-2 positiver Mammakarzinome eingesetzt (Pegram et al., 1998; Dieras et al., 2001). In den letzten Jahren wurden mehrere Therapeutika entwickelt, die spezifisch mit EGFR interagieren. Dazu gehören Anti- EGFR- Antikörper, wie beispielsweise der chimäre Antikörper IMC-C225 (Fan and Mendelsohn, 1998) und der kürzlich produzierte, vollständig humanisierte ABX-EGF (Yang et al., 2001) kleine Moleküle wie 8 Quinazolon- Derivate, ZD1839 (Gefitinib), CP-358, 774, Pyrazolo- oder PyroloPyriminidasen (CGP59326, PKI166, PD1, PD158780) (Moyer at al., 1997; Woodburn, 1999) oder Thyrosinkinase-inhibierende EGF- Konjugate (Uckun et al 1998). Mit der Verfügbarkeit einer solchen Vielzahl von Anti- EGFR- Medikamenten wurden verschiedene Phase I und Phase II-Studien gestartet (Crombet et al., 2001, Modjtahedi et al., 1996; Perez-Soler at al 1994) und mit ZD 1839 (=Gefitinib) bereits der erste oral zu chemotherapeutisch applizierende EGFR- vorbehandelten Blocker Patienten zur mit Behandlung nicht- von kleinzelligem Bronchialkarzinom in den USA zugelassen. In zahlreichen Studien, viele davon bereits vor einigen Jahren durchgeführt, konnte nachgewiesen werden, dass EGFR in einer großen Anzahl verschiedener Tumortypen überexprimiert wird. Zu den Tumoren bei denen eine EGFRÜberexpression nachgewiesen werden konnte gehören, neben dem Bronchialkarzinom (Sobol et al., 1987; Gorgoulis et al., 1992; D`Amico et al., 2000; Cox et al., 2001), vorwiegend Plattenepithelkarzinome, beispielsweise der Haut (Jost et al., 2000; Krahn et al., 2001) oder des Oesophagus (Ihara et al., 1993) sowie Tumore des Kopf-Halsbereich (Azemar et al., 2000; Gale et al., 2000) und Hirntumore wie das Glioblastom (Rainov et al., 1997; Heimberger et al., 2005) und das Astrozytom (McLendon et al., 2000; Huang et al., 2000). Dabei zeigt sich, dass EGFR bei den verschiedenen Tumoren in unterschiedlichem Ausmaß exprimiert wird. Bei Glioblastom findet sich in etwa 50% der Fälle eine Überexpression (Heimberger et al., 2005). Die Häufigkeit der EGFR- Expression bei Bronchialkarzinomen ist deutlich geringer, wobei, trotz der Vielzahl der bisher durchgeführten Studien, die publizierten Studien in ihrer Gesamtheit nur ungenügende Aufschlüsse über das tatsächliche Ausmaß der EGFR- Expression bei Bronchialkarzinomen geben. Die Angaben variieren zwischen den einzelnen Studien deutlich. Um die Häufigkeit der EGFR- Expression in Bronchialkarzinomen möglichst präzise angeben zu können ist ein Studiendesign mit einem umfassenden Kollektiv mit großer Fallzahl erforderlich. Die Studie sollte der genauen Differenzierung der komplexen Histologie der Bronchialkarzinome Rechnung tragen, um aufzuzeigen, welche subtypischen Merkmale diejenigen Tumore tragen, die EGFR exprimieren und diese selektieren. Das könnte Hinweise liefern, was die wenigen 9 Bronchialkarzinome, die EGFR exprimieren im Einzelnen auszeichnet. In letzter Konsequenz wäre damit ein zielgerichteter Einsatz der neuentwickelten Anti- EGFRAntikörper bei Bronchialkarzinomen denkbar. Von großer Bedeutung hierfür wäre eine standardisierte Untersuchung einer großen Anzahl Tumore unter Verwendung eines einzigen Protokolls und des gleichen Antikörpers, sodass die gewonnenen Daten statistisch auswertbar sind. Die kürzlich im Institutes für Pathologie in Basel und im National Human Genome Research Institutes in Bethesda, USA (Olli Kallioniemi, Juha Kononen) entwickelte Gewebearray-Technik macht es möglich, eine derartige Studie mit verhältnismäßig geringem Aufwand durchzuführen (Mousses et al., 2002). Bei diesen Verfahren werden aus den ursprünglichen in Paraffin eingebetteten Tumorblöcken sehr kleine (Durchmesser 0.6 mm) Gewebezylinder entnommen und in einen leeren "Empfänger"- Paraffinblock eingebracht. Ein einziger Paraffinblock bietet dabei Platz für bis zu 1000 solcher Gewebezylinder. Schnitte von diesem Array-Block erlauben die gleichzeitige Untersuchung einer großen Anzahl verschiedener Tumore auf DNSund RNS-Veränderungen wie auch auf Proteinveränderungen. Dies ermöglicht Studien an einem gut charakterisierten Tumorkollektiv mit bis zu 1000 verschiedenen Patienten auf jeweils einem einzelnen Gewebeschnitt. Die Beschränkung der Untersuchung auf ein 0,6 mm großes Tumorfragment stellt sicher, dass der Vergleich verschiedener molekularer Veränderungen auf die gleiche Zellpopulation eines potentiell heterogenen Tumors beschränkt ist. Ziele der vorliegenden Arbeit waren: 1. Die Herstellung eines Gewebe-Mikroarrays mit Proben von 1022 verschiedenen Lungentumoren eines klinisch und katanamnestisch gut definierten Patientenkollektives. 2. Die Entwicklung eines präzisierten Graduierungssystems nach nachträglicher Revision aller Präparate von zwei Fachpathologen. 3. Die Untersuchung der Häufigkeit von EGFR Gen- Amplifikationen und GenÜberexpression beim Lungenkarzinom sowie deren Beziehung zu Prognose und dem histologischem Phänotyp. 10 2. MATERIAL UND METHODEN 2.1. Patientengut. Das Patientengut umfasste 1022 Patienten, die zwischen 1983 und 1993 von der Arbeitsgruppe um Prof. Dr. med. Hasse in der Abteilung für Lungenchirurgie des Universitätskrankenhauses Freiburg an einem primären Lungenkarzinom operiert wurden und von denen sich katanamnestisch ausreichende klinische Verlaufsdaten evaluieren ließen. Das Patientenkollektiv umfasste 822 Männer und 200 Frauen. Das Durchschnittsalter der Patienten lag bei 60,9 Jahren (Range 29 - 86 Jahre). 2.2. Katamnese. Von allen Patienten wurden retrospektiv Daten über die durchgeführten Therapien und den klinischen Verlauf erhoben. Diese Daten wurden von der Medizinischen Klinik des Universitätskrankenhauses Freiburg zur Verfügung gestellt. Letztlich bezieht sich die vorliegende Arbeit jedoch nur auf die Überlebenszeit (Rohüberleben, unabhängig von der Todesursache), also auf die Anzahl vollendeter Lebensmonate, nach dem lungenchirurgischen Eingriff. Zusätzlich vorhandene Risikofaktoren wurden nicht berücksichtigt. Die Angaben beziehen sich dabei auf das Datum der letzten klinischen Kontrolle beziehungsweise auf das Todesdatum. Die Daten der Patienten, die nachweislich aus anderen Gründen als ihrem Tumorleiden verstarben, wurden nicht in das Studienkollektiv aufgenommen. Die durch Biopsien, operative und klinische Exploration gewonnenen Daten zum Tumorstaging, also der anatomische Lage, Ausdehnung und eventuellen Metastasierung des Tumors, wurden in der Arbeit berücksichtigt. 2.3. Histologische Tumor-Graduierung. Ein Problem bei der histologischen Beurteilung von Bronchialkarzinomen ist, dass die histologische Tumortypisierung und Graduierung zwischen den untersuchenden 11 Pathologen variieren (Stanley and Matthews, 1981; Field et al., 2004). Diese Tatsache machte es erforderlich die histologischen Schnitte aller Tumoren erneut durchzusehen um eine einheitliche Typisierung und Graduierung des sehr heterogenen Kollektivs zu erlangen. Hierbei wurde versucht die Tatsache mit einzubeziehen, dass ein einziger Bronchialtumor zumeist aus mehreren verschiedenen histologischen Typen besteht (Muller, 1980; Haratake et al., 1986). Dies wird auch in der neuen Auflage der in der WHO- Kriterien von 2004 nur teilweise berücksichtigt. In der Klassifikation nach WHO hat bei der Einordnung pluriformer Strukturen zunächst das Vorhandensein kleinzelliger Areale Vorrang. Danach werden spindel- oder riesenzellige sowie sarkomatöse Areale mit heterogenen Elementen berücksichtigt. Die Klassifikation erfolgt dabei nach der höchstdifferenzierten Komponente. Es erschien folgerichtig der Frage nachzugehen, inwieweit dieses Nebeneinander von Tumortypen verschiedener Malignität die klinische Prognose beeinflusst. In Anlehnung an den Gleason- Score für Prostatakarzinome (Gleason, 1966) wurde ein, nach mikroskopischen Kriterien bewertetes histologisches Grading zur Beurteilung der Tumore erstellt. Für jeden der 1022 Tumore des Kollektives wurden bis zu drei histologische Subtypen definiert und deren Differenzierungsgrad bestimmt. Der Differenzierungsgrad wurde dabei entsprechend der Kriterien WHO (Travis et al., 2004) in einem Schema von 1 (= hochdifferenziert) bis 4 (= entdifferenziert) beurteilt. Dabei wurde jeder Tumor im Folgenden der Entität zugeordnet, die bei Durchsicht aller zu Verfügung stehender Präparate anteilsmäßig überwiegte. Bei prägnantem, aber im Präparat flächenmäßig geringerem Anteil einer zweiten oder dritten histologischen Differenzierung, wurde diese zusätzlich gekennzeichnet und der überwiegenden Entität subtypisch zugeordnet. Die jeweiligen bis zu drei verschiedenen Differenzierungsgrade wurden miteinander addiert, so dass eine Score mit einem Wert von 3 bis zu 12 Punkten pro Tumor resultierte. Bestand ein Tumor nur aus zwei unterschiedlichen Anteilen, so ging der überwiegende Anteil zweifach, der unterwiegende einfach in die Wertung ein. Bei nur einem Grad wurde der Wert entsprechend verdreifacht. Zusätzlich wurde das Ausmaß einer prätherapeutischen Tumornekrose beurteilt und bei ansonsten hochdifferenzierten Tumoren mit dem Differenzierungsgrad 3, (entsprechend niedrigdifferenziert) in die Wertung miteinbezogen. 12 Tabelle 1:Grading- System für Bronchialkarzinome Generelles Scoring- System: Bei einer einheitlichen Differenzierung Bei 2 untersch. Differenzierungen Bei 3 untersch. Differenzierungen Nekrose = prätherapeutische Tumornekrose Areale Score 1 x 1 x 1 Score 1 x 1 x 2 Score 1 x 2 x 3 Carcinoma in situ (Csu) zB. SQC-csu G3 G0 Adenosquamöses BC (ASC) = ADC mit > 5% SQC (SQC-Grading anwenden) NB: nicht- verhornende-Plattenepithelmetaplasie („Morula“) G1 Großzelliges BC (LCC) = Grosse Zellkerne und Nucleoli, reichlich Cytoplasma, deutliche Zellgrenzen, keine PE-Differenzierung (keine Verhornung, keine Interzellularbrücken), keine AdenoDifferenzierung (keine Drüsen). Subtypen: 1.) LCCrbd 2.) LCCbas 3.) LCCclc 4.) LCClel (mit rhabdoidem Phänotyp) (basaloides BC) (klarzelliges BC) (lymphoepitheliom-ähnliches BC) NB: - LCC + adenoider Restdifferenzierung - LCC + squamoider Restdifferenzierung G4 G4 G4 G4 2(x1 = 4) + (x2= 3) = 11 2(x1 = 4) + (x2 =3) = 11 Grading: alle LCC G4 Plattenepithel-BC (SQC).=.BC mit Verhornung und /oder Interzellularbrücken Subtypen: 1.) SQCgtc 2.) SQCclc 3.) SQCscc 4.) SQCbac (papillär) (klarzellig) (kleinzellig) (basaloid) ) G1 = BC mit großflächig-parakeratotischer-“lineargeschichteter“ Verhornung. (einzelne Schleimvakuolen können vorkommen). NB: erst bei dominanter Einzelzellverschleimung und/oder Drüsen = ADC. G2 = BC mit herdförmig-„kugeliger“ Verhornung (Hornkugel-Bildung), Basalschicht-Stratifizierung, Interzellularbrücken. G2-SQC mit Nekrose >30% = 2(x1 = 2) + (x2 = 3) = 7 G2-SQC mit Sklerose >60% = 2(x1 = 2) + (x2 = 3) = 7 G3 = BC mit mikrofokaler „Morula“ und /oder Interzellularbrücken. PE-typ-Stratifizierung. Zytodyskohäsivitätsneigung, inflammatorische Stromareaktion oder Nekrose >30% G4 G4 G4 G4 13 Adeno-BC (ADC) = Drüsenbildung (tubulär, azinär) oder schleimbildendes solides BC Subtypen: 1.) ADCpap = 2.) ADCcyc 3.) ADCmuc 4.) ADCbac 5.) ADCclc 6.) ADCsrc papilläres ADC: Alveolardestrukt, Papillen mit fibrovaskulärem Core tubulär- solides Wachstum Nekrosen > 30% (muzinöses Zyst-ADC) (muzinöses ADC) (bronchioalveoläres ADC) (klarzelliges ADC) (siegelringzelliges ADC) G2 G3 G3 G2 G2 G2 G2-G4 G4 G1 = Bildung isolierter Drüsen, keine soliden Anteile, kein szirrhöses Stroma G2 = BC mit soliden Anteilen und Drüsenbildung BC mit cribriform /papillärem pattern G2-ADC mit Nekrose >30% = 2(x1 = 2) + (x2 = 3) = 7 G2-ADC mit Sklerose >60% = 2(x1 = 2) + (x2 = 3) = 7 G3 = prädominant solides BC mit Einzelzellverschleimung oder Nekrose > 30% Neuroendokrines BC (NEC) = Zytoplasmaarme BC-Zelle in Rosetten- Rippen- Anordnung, heterochromatöse-Kerne ohne Nukleolen, mit „nuclear molding“. Formen: 1.) NECtcd 2.) NECacd 3.) NECscc (typisches Carcinoid) (atypisches Carcinoid) (small cell-NEC) G1 G2/G3 G4 Subtypen: 1.) NEClcc (large cell-NEC) 2.) NECscc-lcc (kombiniert sc/lc-NEC) G4 G4 Salivary- gland-Type Carinoma (SGC). Formen: SGCmce SGCacy (Mucoepidermoid- Carcinom) (adenoid- cystisches Carcinom) 14 Tumorstadium und weitere Daten wie das pN Stadium wurden aus den Pathologieberichten entnommen. Um eine höhere Validität zu erzielen wurden die, in dieser Arbeit erstellten Daten bezüglich EGFR- Amplifikation und – Überexpression, jedoch mit der Klassifizierung der Tumore nach dem gängigen WHO-Schema korreliert. 2.4. Tumorarray-Herstellung. Das Tumorarray-Verfahren erlaubt das Einbringen von bis zu 1000 Gewebezylindern (Durchmesser 0.6mm) von histologisch definierten Regionen verschiedener Tumoren in einen einzigen Paraffinblock. Aufgrund der Größe des zu untersuchenden Kollektives, wurden zwei Arrayer mit jeweils über 500 Gewebezylindern hergestellt. Die Funktionsweise des "Arrayers" ist in Abbildung 1 dargestellt. Abbildung 1. Tumor-Array-Herstellung. Das Instrument besteht aus einem dünnen, an der Spitze geschärften Hohlzylinder (innerer Durchmesser ca. 600μm), welcher in einem X-YAchsen-Präzisionsgerät gehalten wird. Ein genau in den Hohlzylinder passender Stahlstift ermöglicht das Ausstoßen von Gewebestücken in mit einem analogen Instrument (äußerer Durchmesser ca. 600μm) vorgefertigte Löcher im Empfängerblock (Tumor-Array). Ein verstellbarer "Eindring-Stopper" sichert eine konstante Länge von Zylindern und vorgefertigten Löchern im Empfängerblock. Bis zu 1000 Gewebezylinder können in einen 20 x 40 mm messenden Empfänger-Paraffinblock eingebracht werden. 15 Abbildung 3 zeigt den Prototyp des mittlerweile kommerziell erhältlichen ArrayStanzgerätes. Kernstück der Konstruktion sind zwei an der Spitze geschärfte Hohlzylinder. Die kleinere "Nadel" hat einen äußeren Durchmesser von 0.6 mm. Diese Nadel wird ausschließlich zum Stanzen von Löchern in die Empfängerblöcke verwendet. Die dickere Nadel (innerer Durchmesser 0.6 mm) wird für das Ausstanzen von Tumorgewebestücken aus Spenderblöcken und das Einbringen dieser Zylinder in die im Empfängerblock vorgestanzten Löcher verwendet. Der innere Durchmesser dieser zweiten Nadel entspricht dem äußeren Durchmesser der dünneren Nadel. Abbildung 4 zeigt diesen Teil des ”Gewebearrayers” im Detail. Abbildung 2. Gewebe-ArrayStanzgerät. Abbildung 3. Gewebe-ArrayStanzgerät: Detailaufnahme der 2 Nadeln. Erklärungen siehe Text 16 Abbildung 4. Schnitt eines Gewebe-Arrayers, HE- Färbung, 5fache Vergrößerung. Der Durchmesser jedes einzelnen Gewebespots ist 0,6 mm.: 2.5. Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH). Für die FISH- Untersuchung wurde ein Tumorarray-Schnitt ausgewählt. Dieser 5μmSchnitt wurde mit dem VYSIS (VYSIS Inc, Downers Grove,IL) "Formalin pretreatment kit" gemäss den Empfehlungen des Herstellers vorbehandelt. Für die Hybridisierung wurde eine kommerziell erworbene Kombinationsprobe für Zentromer 7 (Spectrum green) und EGFR (Spectrum orange) der Firma Vysis verwendet. Die Hybridisierung sowie die nachfolgenden Waschprozeduren erfolgten gemäss Vysis- Protokoll, mit den von der Firma zur Verfügung gestellten Reagenzien. Das Präparat wurde danach mit 0,2 mM 4‘5-Diamino-2-Phenyl-Indol (DAPI) gegengefärbt. Die Evaluation der Hybridisierungsergebnisse Tumorgewebeprobe wurde für erfolgte die semi-quantitativ. vorherrschende Für Tumorzellpopulation jede die durchschnittliche Zahl von Zentromer 7 und EGFR Signalen geschätzt. Eine Amplifikation wurde dann angenommen, wenn mindestens 5% der Zellen in einem Präparat entweder mehr als dreimal mehr Gensignale als Signale des entsprechenden Zentromers, oder eindeutige Konglomerate ("Clusters") von mindestens fünf Gensignalen aufwiesen. 17 Abbildung 5. FISH- Amplifikation:mit Clusterbildung mehr Signale [grün]). (dh. Gensigale des deutlich [rot] als Zentromers Erklärungen siehe Text. 2.6. EGFR Immunhistochemie. Für die immunhistochemische Untersuchung des Arrays wurde der Antikörper "EGFRezeptor", der Firma Zymed (San Francisco, USA) verwendet. Dabei wurden die einzelnen Arrayer-Schnitte zunächst deparaffiniert und für 15 Minuten bei 37° mit Pronase Typ XIV vorbehandelt. Dieser wurde in einem Verhältnis von 1:100 verdünnt, um so eine optimale Anfärbung zu erzielen. Für die Negativkontrollen wurde der Antikörper weggelassen. Als positive Kontrollen wurden Gewebe mit bekannter EGFR-Expression (Plazenta) verwendet. Als Chromogen wurde Diaminobenzidin (Vecta Stain Elite ABC, Vector) eingesetzt. Gewertet wurden ausschließlich membranöse EGFR- Anfärbungen. Für jeden Tumor wurde die Zahl der positiven Tumorzellen und die Intensität der Färbung (semiquantitativ entsprechend einem Score von 0 – 3+ ) geschätzt. Danach wurden die Tumoren in Kategorien eingeteilt als: negativ (keine Färbung), schwach positiv (EGFR Positivität erkennbar, aber ungenügend um die Kriterien für starke Positivität zu erreichen). oder stark positiv (>50% 2+ oder >30% 3+) 18 2.7. Statistik. Zur Evaluation der Beziehung zwischen Stadium, Malignitätsgrad, EGFR- Amplifikation und EGFR- Expression wurden Mehrfeldertests (mehrere Gruppen) oder der Chi- Quadrat- Test (je zwei Gruppen) verwendet. Die Darstellung der kumulierten Überlebenskurven erfolgte nach der Methode von Kaplan-Meier (Kaplan and Meier, 1958). Für die Berechnung der tumorspezifischen Überlebenszeiten wurden Patienten, welche nicht am Tumor verstarben, ebenso wie derzeit noch lebende Patienten zum Zeitpunkt der letzten klinischen Kontrolle oder am Todesdatum als ausgeschieden aus der Verlaufsbeobachtung (Follow-up) gewertet (censored). Patienten mit unklarer Todesursache wurden für die Berechnung der tumorspezifischen Überlebenszeit nicht berücksichtigt. Der Einfluss von Grading, Stadium, EGFR- Amplifikation und EGFR- Expression auf das Patientenüberleben wurde mittels Log- rank- Tests untersucht. Alle Untersuchungen wurden an Macintosh Computern unter Verwendung der Software-Pakete Statview 4.0 (Abacus Concepts Inc.) oder JMP (SAS Institute Inc.) durchgeführt. 19 3. RESULTATE 3.1. Patientendaten und Pathologisch-anatomische Befunde. Das durchschnittliche Patientenalter beträgt 69.0 Jahre (29 – 86 Jahre). Die mittlere Nachbeobachtungszeit beträgt 37 Monate (0 - 174 Monate). Ein pT- und pN- Stadium ist in sämtlichen Operationspräparaten bestimmbar. Das Tumorstadium ist pT1 in 170 Patienten (16,6%), davon 31 (18.2%) hoch maligne, pT2 in 565 (55,3%), davon 140 (24.8%) hoch maligne, pT3 in 190 (18.6%), davon 53 (27.9%) hoch maligne, und pT4 in 97 (9,5%), davon 27 (27.8%) hoch maligne. Das pN- Stadium dieser Patienten ist pN0 in 517 (50,6%), pN1 in 176 (17,2%), pN2 in 291 (28,5%), pN3 in 38 Patienten (3,7%). Nodal positiv (pN1-3) waren 43 von 170 pT1 (25.3%), 272 von 565 pT2 (48.1%), 112 von 190 pT3 (58,9%) und 78 von 97 pT4 Tumoren (80.4%) (p= <0.0001). Tabelle 2:Tumorstadien und Graduierung der Lungentumore Stadium T1 T2 T3 T4 gesamt Gesamt 170 565 190 97 1022 Anzahl hoch maligne (G4) (p=0,0001) Anzahl pN+ (P=>0,0001) 31 18,2 140 24,8 % 53 27,9 % 27 27,8% 251 24,5 % 43 25,3 % 272 48,1 % 112 58,9 % 78 80,4 % 506 49,4 % Der histologische Tumortyp ist ein Plattenepithelkarzinom (SQC) in 449 (43.9%), Adenokarzinom (ADC) in 309 (30.2%), Grosszelliges Karzinom (LCC) in 190 (18.6%), Adenosquamöses Karzinom (ASC) in 11 (1.0%), sowie Tumore vom Salivary Gland Type (SGC) in 6 (0.6%) Fällen. Das Kleinzelliges Karzinom (NEC) ist mit 57 (5.6%) Tumoren in der Studie deutlich unterrepräsentiert. Von den 1022 Tumoren sind mit 415 die meisten dem Differenzierungsgrad G3 zugeordnet (40,6%), dem Differenzierungsgrad 2 sind 341 (33,4%) und dem Differenzierungsgrad 4 251 (24,5%) der Tumore zugeordnet. Gut differenzierte Tumore (G1) sind mit 15 (1,5%) im Studienkollektiv deutlich unterrepräsentiert. Die Verteilung Differenzierungsgrade bezogen auf den Tumortypen ist in Tabelle 3 dargestellt. Hier zeigt sich, dass alle Großzelligen Karzinome und 93% der 20 Kleinzelligen Karzinome als entdifferenziert beurteilt sind, wohingegen Adenokarzinome, Plattenepithelkarzinome und Adenosquamöse Karzinome zumeist den mittleren Differenzierungsgraden zugeteilt sind. Tumore vom Salivary Gland Type sind ausschließlich mäßig oder gut differenziert. Abbildung 6: Verteilung der Tumorentitäten 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 SG C ASC NEC LCC ADC SQC Tabelle 3: Klassifizierung und Differenzierungsgrad der Lungentumore Differenzierungsgrad G1 G2 G3 G4 gesamt Gesamt 15 1,5% 341 33,4% 415 40,6% 251 24.5% SGC 1 16,7% 5 83,3% - - - - 6 0,6% ASC - - 8 72,7% 3 27,3% - - 11 1,0% NEC - - 2 3,5% 2 3,5% 53 93,0% 57 5,6% LCC - - - % - - 190 100% 190 18,6% ADC 8 2,6% 188 60,8% 108 35,0% 5 1,6% 309 30,2% SQC 6 1,3% 138 30,7% 302 67,3% 3 0,7% 449 43,9% 1022 21 3.2. Klinische Daten. Da bei der Auswertung nur die Rohüberlebensdaten verwendet wurden, konnte für jeden Patienten eine Überlebenszeit berechnet werden. Die mittlere Beobachtungszeit des Überlebens beträgt 37 Monate (1- 174 Monate). Bei 400 (39.1%) der 1022 Patienten trat innerhalb des Beobachtungszeitraumes ein Rezidiv nach einer mittleren Zeit von 62,5 Monaten (43- 142 Monaten) auf. Ort des Rezidivs ist in 176 Fällen (44.0%) Fernmetastasen, in 158 Fällen (39.5%) lokoregionale und bei 66 Patienten (16.5%) lokoregionale und Fernmetastasen. Daten über eine einheitliche Raucheranamnese sind leider retrospektiv nicht mehr zu erheben. 3.3 Therapie. Das Bronchialkarzinom von 63 (10.3%) der 1022 beobachteten Patienten ist bereits vor dem operativen Eingriff therapeutisch behandelt worden. Dabei erfolgte eine neoadjuvante Chemotherapie bei 14 (1,4%) Patienten, eine neoadjuvante Radiotherapie bei 10 (0.9%). Bei 7 (0.7%) Patienten wurden beide Therapien kombiniert. Zudem wurden 32 (3.1%) Patienten voroperiert. Bei 941 (92.1%) erfolgte eine vollständige Tumorextirpation, 25 (2,5%) Patienten wurden R1- und 55 (5.4%) Patienten R2- reserziert. 314 (30.7%) Patienten haben eine postoperative lokale Radiotherapie erhalten, davon 9 (0.9% aller Patienten) als Afterloading- Therapie. Eine systemische adjuvante Chemotherapie ist bei 36 (3.5%) Patienten erfolgt. 24 (2.4%) Patienten erhielten sowohl eine adjuvante Radio- als auch eine Chemotherapie. 3.4. Pathologisch-anatomische Befunde und Prognose. Die Beziehungen der makroskopischen und histologischen Zusammenhänge mit der Patientenprognose sind in den Abbildungen (7-12) zusammengefasst. Wie erwartet ist dabei das pT- und das pN- Stadium eng (und unabhängig) mit dem Krankheitsverlauf assoziiert (p< 0.0001 in beiden Fällen). Die prognostische 22 Signifikanz des pT- Stadiums ist bereits 1983 in einer Studie von Giedl et al dargestellt worden. Die Prognose ist insbesondere bei den Patienten mit pT1- und pT2- Tumoren deutlich günstiger als bei Tumoren fortgeschrittener Stadien (siehe Abbildung 7). Während dem die Unterschiede zwischen den Stadien pT1 und pT2 bzw. pT2 und pT3 signifikant sind, sind die Verlaufsunterschiede zwischen Patienten mit pT3- und pT4- Tumoren weniger stark unterschiedlich. Wie bereits mehrfach in der Literatur beschrieben (Rea et al., 2004, Ueda et al. 2003), ist auch der Nodalstatus eng mit der Prognose der Patienten vergesellschaftet (Abbildung 8). Insbesondere die Prognose der Patienten mit einem pN0 Stadium ist vergleichsweise günstig (60% der Patienten überlebten länger als 100 Monate). Bereits ein Tumorstadium pN1 ist mit einer deutlich ungünstigeren Prognose vergesellschaftet. Tumorerkrankungen mit einem Stadium pN2 verlaufen noch etwas ungünstiger wobei dann allerdings keine Unterschiede mehr zwischen pN2 und pN3 Patienten feststellbar sind. Wie nicht anders zu erwarten ist insbesondere das pN- Stadium prognoserelevant. Da das Staging von dem pT- und pN-Stadium abhängig ist zeigt sich erwartungsgemäß eine Korrelation mit der Patienten-Prognose und dem Staging (p<0.0001) (siehe Abbildung 9). Dieser Zusammenhang entspricht den Resultaten einer Studie bei nicht- kleinzelligen Lungenkarziomen von Jassem et al. (Jassem et al., 2000). Auch der histologische Differenzierungsgrad hat einen Einfluss auf die Prognose. Vor allem die gut und mäßig differenzierten Tumore haben ein signifikant längeres Überleben. Zwischen den undifferenzierten Tumoren mit dem Differenzierungsgrad G3 und G4 treten keine Unterschiede bezüglich der Prognose auf, daher wurden diese in der Abbildung 10 zusammengefasst. Insgesamt ist der Differenzierungsgrad jedoch im Gegensatz zum Tumorstadium weniger eng mit der Prognose assoziiert. Abbildung 10 zeigt den Zusammenhang bezogen auf das etablierte WHO- Grading der Tumorpatienten. Die Überlebensunterschiede zwischen Tumoren unterschiedlicher Differenzierungsgrade ist signifikant (p= 0.0117). Abbildung 11 zeigt die Beziehung zwischen dem für diese Untersuchung entwickelten Gradierungssystem und dem Überleben. Da die Tumore der Kategorien 3,4 und 5 insgesamt zu selten in dem Kollektiv vertreten sind (total 24 Fälle, 2,3% aller Patienten), konnten diese bei der Auswertung nicht berücksichtigt werden. Die Abbildung zeigt wenig dramatische Prognoseunterschiede zwischen den übrigen 23 Gruppen. Die prognostische Relevanz (p= 0.027) ist dabei geringer, als bei dem etablierten WHO- Graduierungssystem. Die potentielle Relevanz der histologischen Scores wird insbesondere bei Zusammenfassung der Scores 3-5 (Gruppe A), 6 (Gruppe B), 7-9 (Gruppe C) und 10-12 (Gruppe D) deutlich (Abbildung 12). Trotzdem muss festgestellt werden, dass auch dieses neue Gradingsystem keine prognostische Relevanz besitzt, die derjenigen des pTNM Systems nahe kommt. Abbildung 7. Prognose nach pT für alle Tumore (p<0,0001). 24 Abbildung 8. Prognose nach pN für alle Tumore (p<0,001). Abbildung 9. Prognose nach Staging für alle Tumore (p<0.0001). 25 Abbildung 10.Prognose nach WHO -Grad (1-3) für alle Tumore(p=0,117). Abbildung 11.Prognose nach Malignitäts-Score (6-12) für alle Tumore (p=0,254). 26 Abbildung 12.Prognose nach Malignitäts-Score zusammengefasst (Gruppen AD) für alle Tumore (p=0,1090) 27 3.5. EGFR- FISH Die FISH- Untersuchung mit einer Kombinationsprobe für EGFR und Centromer 7 ergibt in 765 von 1022 Tumoren ein auswertbares Resultat (74,9%). Die Beziehung zwischen EGFR- Genkopienveränderungen und den klinischen und histologischen Parametern ist in Tabelle 4 dargestellt. Tabelle 4. EGFR Amplifikation analysierbar alle Tumore absolut in % gesamt Stadium pN Grad Histol. Geschl, *Normal pT1 pT2 pT3 pT4 PN0 pN1 pN2 pN3 1 2 3 4 ADC LCC NEC SQC Rest m w 1022 170 565 190 97 517 176 291 38 15 342 414 251 309 190 57 449 17 822 200 765 125 415 149 76 388 127 216 34 11 247 317 190 220 146 40 352 7 622 143 Normal * absolut 74.9 73.5 73.5 78.4 78.4 75.0 72.2 74.2 89.5 73.3 72.2 76.6 75.7 71,2 77.7 70.2 78.4 41,2 75.7 71.5 529 88 290 98 53 271 89 143 26 8 168 221 132 154 94 35 241 5 433 96 in % Zugewinn* absolut 69.2 70.4 69.9 65.8 69.7 69.8 70.1 66.2 76.5 72.7 68.0 69.7 69.5 70,0 64.4 87.5 68.5 71.4 69.6 67.1 193 36 101 38 18 98 33 55 7 3 67 76 47 60 41 5 85 2 150 43 in % Amplifiziert* absolut 25.2 28.8 24.3 25.5 23.7 25.3 26.0 25.5 20.6 27.3 27.1 24.0 24.7 27,3 28.1 12.5 24.1 28.6 24.1 30.1 43 1 24 13 5 19 5 18 1 0 12 20 11 6 11 0 26 0 39 4 in % 5.6 0.8 5.8 8.7 6.6 4.9 3.9 8.3 2.9 0.0 4.9 6.3 5.8 2,7 7.5 0.0 7,4 0.0 6.3 2.8 = selbe Anzahl von Centromer 7und EGFR- Gensignal *Zugewinn = > 5%der Zellen im Präparat 2-3 mal mehr EGFR- Gensignal als Anzahl Centromer 7 *Amplifiziert= > 5%der Zellen im Präparat > 3 mal mehr EGFR- Gensignal als Anzahl Centromer 7 oder Clusters > 5 Gensignale 5,6% der Tumoren zeigen eine EGFR- Amplifikation. Zusätzliche 25,2% der Tumoren zeigen eine geringgradige EGFR- Vermehrung (im Vergleich der Centromer 7Anzahl). Die Gründe Hybridisierungsprobleme für nicht (schwache informative Hybridisierung, Untersuchungen waren Hintergrundanfärbung, Gewebeschädigung), aber auch mit der Array-Technologie im Zusammenhang stehende technische Schwierigkeiten. Dazu gehört das Fehlen von Gewebestücken an einzelnen Arraypositionen und nicht repräsentative Biopsien ohne oder mit zu wenigen Tumorzellen (< 50) im Stanzzylinder. Die meisten Gewebestücke enthalten 28 aber zwischen 600 und 1300 Tumorzell-Anschnitte. EGFR- Genveränderungen sind bei Männern und Frauen gleich häufig (p=0,1205) und nicht mit dem Tumorstadium (p=0,1728), dem Nodalstatus (p=0,5228) oder dem Differenzierungsgrad (p=0,9354) korreliert. Die Beziehung zwischen EGFR- Genveränderungen und dem klinischen Verlauf ist in Abbildung 13 dargestellt. Dabei zeigt sich eine Tendenz zu ungünstigerer Prognose bei EGFR- amplifizierten Tumoren als bei Tumoren mit normaler EGFR/Centromer 7-Ratio bzw. einem EGFR Zugewinn. Dieser Unterschied erweist sich jedoch nicht als statistisch signifikant (p=0,0629). Die Korrelation gewinnt an Deutlichkeit, wenn man die amplifizierten den nicht- amplifizierten Tumoren der einzelnen Tumor- Subtypen des Bronchialkarzinoms gegenüberstellt. Während die EGFR- Amplifikation in keinem Zusammenhang mit dem Überleben bei Plattenepithelkarzinomen zu stehen scheint, ist ein signifikanter Zusammenhang bezüglich der Prognose bei großzellig- undifferentierten Karzinomen (Abbildung 14, p=0,04) und vor allem Adenokarzinomen (Abbildung 15, p=0,0015) darstellbar. Abbildung 13. Prognose nach EGFR- Amplifikation für alle mittels FISH analysierbare Tumore (p=0,0629). 29 Abbildung 14. Prognose nach EGFR- Amplifikation für LCC (p=0,0440). Abbildung 15. Prognose nach EGFR- Amplifikation für ADC (p=0,0015). 30 3.6 EGFR Immunhistochemie Von den 1022 Tumoren der Studie sind 910 (89,0%) auswertbar. 191 (21,0%) der auswertbaren Tumoren sind immunhistochemisch EGFR- negativ und 189 (20,8%) mäßig EGFR- positiv. Eine starke EGFR Expression ist bei 530 (58,2%) Tumoren nachweisbar. Die Beziehung zwischen EGFR Expression und histologischen bzw. klinischen Parametern ist in Tabelle 5 dargestellt. Es finden sich keine Unterschiede in der EGFR Expression zwischen männlichen und weiblichen Patienten (p=0,5162). Der Vergleich der EGFR Expression zwischen Patienten unterschiedlicher pTStadien ergibt ebenfalls keine signifikanten Unterschiede (p=0,0833). Die EGFR Expression ist nicht mit dem Nodalstatus korreliert (p=0,9644). Dies wiederspricht einer neueren Studie von Suzuki et al. in der eine signifikante Korrelation der EGFRÜberexpression mit dem Vorhandensein von Lymphknotenmetastasen bei nichtkleinzelligen Lungentumoren dargestellt werden konnte (Suzuki et al., 2005). Tabelle 5. EGFR Expression analysierbar absolut in % negativ absolut in % schwach absolut in % stark absolut in % 1022 910 89.0 191 21.0 189 20.8 530 58.2 pT1 170 153 90.0 36 23.5 36 23.5 81 52.9 pT2 565 503 89.0 114 22.7 105 20.9 284 56.5 pT3 190 170 89.5 22 12.9 33 19.4 115 67.6 pT4 97 84 86.6 19 22.6 15 17.9 50 59.5 PN0 517 469 90.7 100 21.3 100 21.3 269 57.4 pN1 176 146 83.0 27 18.5 32 21.9 87 59.6 pN2 291 262 90.0 58 22.1 50 19.1 154 58.8 pN3 38 33 86.8 6 18.2 7 21.2 20 60.6 1 15 11 73.3 2 18.2 5 45.5 4 36.4 2 342 300 87.7 55 18.3 67 22.3 178 59.3 3 414 369 89.1 48 13.0 77 20.9 244 66.1 4 251 230 91.6 86 37.4 40 17.4 104 45.2 ADC 309 276 89,3 74 26,8 70 25,4 132 47,8 LCC 190 173 91.0 40 23.1 35 20.2 98 56.6 Histologie NEC 57 52 91.2 45 86.5 SQC 449 402 89.5 Rest 17 7 41,2 1 14.3 m 822 742 90.3 w 200 168 84.0 alle Tumoren gesamt Stadium pN Grad Geschl. 31 7.7 5 9.6 79 19.7 0 2 3.8 292 72.6 0.0 6 85.7 151 20.4 158 21.3 433 58.4 40 23.8 31 18.5 97 57.7 31 Die separate Untersuchung von Tumoren unterschiedlicher histologischer Subtypen ergab eine besonders häufige EGFR Expression für Plattenepithelkarzinome. So ließ sich bei 292 von 402 (72,6%), also rund drei Vierteln aller Tumore dieses Subtyps, immunhistochemisch deutlich vermehrte EGF- Rezeptorzahlen nachweisen (Abbildung 16). Bei Adenokarzinomen und undifferenziert- großzelligen Karzinomen ist das Verhältnis zwischen nicht, oder nur wenig und stark EGFR exprimierenden Tumoren nahezu ausgeglichen. 132 von 276 (47,8%) der Adenokarzinome und 98 von 173 (56,6%) undifferentiert- großzelligen Karzinomen sind positiv. Besonders selten ist die EGFR Expression bei Tumoren mit neuroendokriner Differenzierung (3,8%). Statistisch signifikant ist auch die Beziehung zwischen EGFR Expression und dem Differenzierungsgrad (p=<0,0001). Hier gilt interessanterweise, dass besonders hoch (G1) und besonders wenig differenzierte Tumoren (G4) weniger EGFR positiv sind, als die intermediär differenzierten Tumoren (G 2-3). Die Beziehung zwischen der immunhistochemisch nachweisbaren EGFR- Expression und dem Patientenüberleben ist in Abbildung 17 dargestellt. Die Darstellung zeigt eindeutig, dass eine EGFR- Expression beim Bronchialkarzinom keine Prognoserelevanz besitzt. Abbildung 16. EGFR- Expression nach Tumor- Subgruppen 450 400 350 300 292 250 132 200 150 50 0 negativ 98 100 144 2 50 75 NEC LCC ADC positiv 110 SQC 32 Abbildung 17. Prognose nach EGFR- Expression (p=0,5630). 3.7 Zusammenhang EGFR Expression und Gen Amplifikation 735 der 1022 (71,9%) Tumoren sind sowohl immunhistochemisch, als auch mittels FISH auswertbar. Es besteht eine enge Assoziation zwischen Expression und Amplifikation (p=<0.0001, Tabelle 6). Bemerkenswerterweise findet sich bei allen EGFR- amplifizierten Tumoren eine starke EGFR- Expression. (Abbildung 18). Tabelle 6. Beziehung EGFR Expression und EGFR Amplifikation EGFRExpression Gesamt in % Normal* in % Zugewinn* in % Amplifiziert * in % negativ 135 18,3 112 83,0 23 17,0 0 0,0 schwach 149 20,3 114 76,5 35 23,5 0 0,0 stark 451 61,4 274 60,8 134 29,7 43 9,5 Gesamt 735 100,0 500 68,0 192 26,1 43 5,9 *Normal = selbe Anzahl von Centromer 7und EGFR- Gensignal *Zugewinn = > 5%der Zellen im Präparat 2-3 mal mehr EGFR- Gensignal als Anzahl Centromer 7 *Amplifiziert= > 5%der Zellen im Präparat > 3 mal mehr EGFR- Gensignal als Anzahl Centromer 7 oder Clusters > 5 Gensignale 33 Abbildung 18. Beziehung EGFR Expression und EGFR Amplifikation 45,0% 40,0% 35,0% 9,5% 30,0% 25,0% Amplifikation Zugewinn 20,0% 15,0% 10,0% 29,7% 23,5% 17,0% 5,0% 0,0% negativ schwach stark 34 4. DISKUSSION Die Hauptarbeit der vorliegenden Dissertation war die Zusammenstellung eines Lungenkarzinomkollektivs Operationspräparate von wurden mehr als herausgesucht 1'000 und Patienten. die Sämtliche HE-Schnitte erneut durchgesehen und nach einheitlichen Kriterien nachbeurteilt. Die histologischen Daten wurden mit einer Liste mit Verlaufsdaten kombiniert, die in der Lungenchirurgie Freiburg erstellen wurde. Danach wurden jeweils die Gewebeblöcke mit den optimalen Schnitten herausgesucht und die repräsentativen Tumorareale markiert. Diese Arbeit umfasste ca. 6 Monate. Die Herstellung der Gewebearrays konnte dann in nur wenigen Tagen realisiert werden. Die immunhistochemische Untersuchung erforderte zwei Arbeitstage, die Auswertung der gefärbten Schnitte lediglich etwa eine Stunde. Die FISH- Untersuchung konnte ebenfalls in nur zwei Arbeitstagen erfolgen, die Auswertung war in circa einer Woche zu realisieren. Fast man nun die Gesamtarbeitszeit dieser Studie zusammen, dann muss festgehalten werden, dass eine Untersuchung, die die Färbung traditioneller Großschnitte eingeschlossen hätte, insgesamt wohl nicht wesentlich länger gedauert hätte (ca. 2x länger). Der Vorteil des jetzt gewählten Verfahren ist aber, dass ein Gewebearrayblock zur Verfügung steht, von dem weitere 200 Schnitte hergestellt werden können. Das heißt, dass es in der Zukunft möglich sein wird, die Bedeutung eines potentiellen Therapiezieles (oder auch Prognosemarkers) beim Bronchialkarzinom innerhalb von wenigen Tagen an einem Kollektiv von ca. 1'000 Patienten zu untersuchen. Dies unterstreicht die enorme Potenz der Gewebearraytechnik. Die Gewebetechnik ist heute eine etablierte Methode für Untersuchungen zur molekularen Epidemiologie bzw. zur Klärung der prognostischen Relevanz von molekularen Veränderungen (Bubendorf et al., 2001). Mehrere Studien haben gezeigt, dass an Gewebearrays erzielte Ergebnisse trotz der geringen Größe der einzelnen untersuchten Gewebefragmente repräsentative Ergebnisse ergeben. Beispielsweise hatte eine Untersuchung an einem Array aus 2197 Gewebeproben mit der Literatur vergleichbare Häufigkeiten der Amplifikation von HER-2, EGFR, MYC, CCND1 und MDM2 beim Mammakarzinom ergeben (AlKuraya et al., 2004). Bei einer dieser Untersuchungen waren systematisch Gewebefragmente aus verschiedenen Stellen der Tumorperipherie und dem Tumorzentrum entnommen worden. Diese Studie hatte keine Unterschiede in den Ergebnissen zwischen den verschiedenen Entnahmeorten ergeben was dafür 35 spricht, dass die in Einzelfällen sicher relevante Tumorheterogenität für die Ergebnisse von Tumorarrayuntersuchungen kein kompromittierender Faktor ist (Sauter and Mirlacher, 2002). Nachdem die erste Serie von Gewebearraystudien insbesondere dafür konzipiert worden war die Technik zu validieren, wurden in den letzten Jahren verschiedene Studien abgeschlossen, welche mittels Tumorarrays neue, biologisch relevante Daten generierten. So wurde beispielsweise auch unter Verwendung der für diese Studie gefertigten Gewebearrayers die Frequenz der Expression von Ep-CAM bei Kolon- Lungen- Prostata- und Magenkarzinomen untersucht (Went et al., 2006). Für EGFR war bereits vorgängig eine Untersuchung an einem Multitumorarray mit dem gleichen Antikörper und dem gleichen Färbeprotokoll erfolgt. In dieser Voruntersuchung war eine EGFR- Expression in nur 37% der Bronchialkarzinome gefunden worden (unveröffentlichte Daten von Prof. G. Sauter). Möglicherweise ist die in dieser Untersuchung deutlich höhere Zahl der EGFR- Positivität durch Unterschiede in der Gewebebehandlung bedingt (alle Fälle des Bronchialkarzinomarrays wurden in Freiburg histologisch untersucht, der Multitumorarray jedoch in Basel). Außerdem ist es möglich, dass die Verwendung von ganz frischen Gewebeschnitten eine höhere Sensitivität bedingt hat als die Verwendung von etwas Multitumorarrayuntersuchung. immunhistochemischen älterer Diese Schnitten Diskrepanz Untersuchung auf: für die zeigt die Trotz vorangegangene Sensibilität vermeintlich einer identischer Untersuchungsbedingungen, können kleinste Abweichungen bereits zu deutlich divergierenden Ergebnissen führen. Mit Gewebearrays ist es möglich, innerhalb kurzer Zeit die Epidemiologie der Expression eines interessierenden Gens zu untersuchen. Dabei besteht die Stärke der Technik vor allem darin, die klinische Relevanz von relativ seltenen molekularen Veränderungen zu überprüfen, möglicherweise geringen bei Bedeutung denen der Aufwand und dem Risiko angesichts eines der negativen Studienergebnisses mit traditionellen Methoden der molekularen Pathologie (klassische Schnittpräparate) ansonsten zu groß wäre. Die Verteilung der verschiedenen Lungenkarzinome im Studienkollektiv entspricht nicht den in der Literatur angegebenen Häufigkeiten (Riede et al. 2004), da das kleinzellige Karzinom deutlich unterrepräsentiert ist. Entgegen der beschriebenen Prävalenz von 15-20% aller Lungentumore sind im Gewebearrayer nur 5,6% 36 kleinzellige Tumore enthalten. Dies ist darin begründet, dass ausschließlich Operationspräparate von Primärkarzinomen in das Studienkollektiv aufgenommen wurden, für das histologisch gesicherte kleinzellige Karzinom jedoch keine therapeutische Operationsindikation besteht. Umgekehrt gibt der dann jedoch relativ hohe Anteil dieses Bronchialkarzinoms einen Hinweis darauf, wie häufig sich erst postoperativ die Entität eines Lungentumors diagnostizieren lässt. Des weiteren kommen großzellige Karzinome deutlich häufiger vor als in der Literatur beschrieben (18,6% versus 5-10%). Die statistische Verschiebung aufgrund der etwa 10% „fehlender“ Kleinzeller erklärt das nicht ausreichend. Neben einer tatsächlichen Zunahme von großzelligen Karzinomen wäre auch eine technisch bedingte Erklärungen denkbar, wie beispielsweise eine längere Konservierbarkeit oder bessere Verwendbarkeit des Gewebes für die 0,6 mm durchmessenden Zylinder des Arrayers. In Tabelle 7 und 8 wird die Verteilung der Bronchialkarzinomtypen dieser Studie mit einem Kollektiv von 1535 Gewebsproben einer ebenfalls unter Leitung von Prof. Riede erstellte Dissertation verglichen (Michel, 1991). Die Untersuchung enthält neben Operationspräparaten zum größeren Teil Biopsiematerial, auch in dieser Studie wurden alle Gewebe gereviewt. Da dies in beiden Studien vom selben Untersucher erfolgte sind die Ergebnisse untereinander vergleichbar. Der Zeitraum 1984-88 ist in beiden Kollektiven abgebildet, die Prävalenzen unterscheiden sich aber auch in diesen Jahren deutlich. Bemerkenswert ist, dass das Kollektiv der vorliegenden Dissertation in den selben Jahren signifikant mehr Adenokarzinome enthält, als die Vergleichsarbeit. Dies setzt sich auch in den Jahren 1989-93 fort. Hingegen ist die Anzahl der Großzeller in beiden Kollektiven vergleichbar aber im Vergleich zur Literatur erhöht abgebildet. Letzteres wäre mit der Untersucherabhängigkeit der histologischen Klassifikation zu erklären (Haratake et al., 1986; Field et al., 2004). 37 Tabelle 7: Verteilung der Lungentumore, 1535 Fälle (Dissertation Michel, 1991) ADC LCC NEC SQC Rest gesamt 1984 48 20,7% 31 13,4% 52 22,4% 94 40,5% 7 3,0% 232 100% 1985 47 18,1% 45 17,3% 64 24,6% 99 38,1% 5 1,9% 260 100% 1986 60 20,1% 57 19,1% 53 17,8% 116 38,9% 12 4,0% 298 100% 1987 76 22,7% 56 16,7% 64 19,1% 132 39,4% 7 2,1% 335 100% 1988 100 24,4% 75 18,3% 81- 19,8% 142 34,6% 12 2,9% 410 100% Alle 331 21,6% 264 17,2% 314 20,5% 583 38,0% 43 2,8% 1535 100% Tabelle 8: Verteilung der Lungentumore, 1022 Fälle (Studienkollektiv) ADC LCC NEC SQC Rest gesamt 1983 10 20,4% 7 14,3% 4 8,2% 27 55,1% 1 2,0% 49 100% 1984 12 38,7% 4 12,9% 2 6,5% 12 38,7% 1 3,2% 31 100% 1985 30 34,5% 11 12,6% 4 4,6% 41 47,1% 1 1,2% 87 100% 1986 26 39,9% 19 20,4% 7 7,5% 38 40,8% 3 3,2% 93 100% 1987 32 26,9% 22 18,5% 8 6,7% 55 46,2% 2 1,7% 119 100% 1988 31 29,8% 25 24,0% 4 3,9% 43 41,3% 1 1,0% 104 100% 1989 27 25,5% 22 20,8% 5 4,7% 49 46,2% 3 2,8% 106 100% 1990 37 30,6% 26 21,5% 6 5,0% 50 41,3% 2 1,6% 121 100% 1991 39 37,9% 23 22,3% 4 3,9% 37 35,9% 0 0,0% 103 100% 1992 29 25,4% 19 16,7% 11 9,7% 53 46,5% 2 1,7% 114 100% 1993 36 37,9% 12 12,6% 2 2,1% 44 46,3% 1 1,1% 95 100% Alle 309 30,2% 190 18,6% 57 5,6% 449 43,9% 17 1,7% 1022 100% Es zeigt sich, dass das die Verteilung der Tumorsubtypen in einem Kollektiv von Bronchialkarzinomen großen Schwankungen unterlegen ist. Dies erklärt sich aus der Definition des Kollektivs selber (beispielsweise nur Operationspräparate) aber auch aus technischen Gründen wie möglicher Probleme bei der Konservierung oder Färbung bestimmter Subtypen. Des weiteren ist die histologische Klassifikation untersucherabhängig. Aufgrund der Polymorphie des Bronchialkarzinoms erscheint selbst ein umfassendes Kollektiv von mehr als 1000 Fällen noch starken statistischen Schwankungen unterworfen zu sein und somit sind noch größere Fallzahlen letztlich erforderlich. 38 Mindestens 12 vorangegangene Studien haben die EGFR- Expression beim Bronchialkarzinom untersucht. 10 dieser Untersuchungen beziehen sich auf nichtkleinzellige- Tumore, eine ausschließlich auf Plattenepithel- und eine auf bronchioalveoläre Adenokarzinome. Die Ergebnisse dieser Studien sind in Tabelle 6 zusammengefasst. Tabelle 9 Literaturbefunde: EGFR- Überexpression bei Lungentumoren EGFRÜberexpression 32.0% 13.0% 42.8% 33.7% 48.5% 78.0% 62.0% 80.6% 59.5% 34.0% 89.0% 90.0% Anzahl Patienten 96 298 290 83 97 60 183 36 111 181 18 15 Tumortyp NSCLC NSCLC NSCLC NSCLC NSCLC NSCLC NSCLC NSCLC NSCLC, nur pT1 NSCLC SQC ADC Literatur Rusch, V. et al.,1997 Reissmann, P et al., 1999 Ohsaki, Y et al.,2000 Brabender,J et al., 2001 Toyoshima, E et al., 2001 Mukohara, T. et al., 2003 Hirsch FR et al.,2003 Kanematsu, T. et al., 2003 Onn, A. et al., 2004 Suzuki, S. et al.,2005 Gorgoulis, V. et al., 1993 Erman, M. et al., 2005 Die Häufigkeit der EGFR- Positivität variiert zumindest zwischen einzelnen der vorangegangenen Studien dramatisch. Die Häufigkeit einer EGFR- Expression bei nicht- kleinzelligen Tumoren wird zwischen 13,0 und 80,6 % angegeben (in einer Studie von Erman, M. et al. sogar 90,0 %, wobei sich diese nur auf ein kleines Kollektiv von ausschließlich bronchioalveoläre Adenokarzinome bezieht). Die Inkonstanz der Resultate macht die Schwäche immunhistochemischer Untersuchungen deutlich. Offenbar kann die Verwendung unterschiedlicher Antikörper, unterschiedlich fixierten Geweben, verschiedener Färbeprotokolle oder unterschiedlicher Auswertungskriterien zu deutlich unterschiedlichen Beurteilungen führen. Dieses Problem wird insbesondere dann bedeutsam, wenn aufgrund von Literaturdaten entschieden werden soll, ob bei einem bestimmten Tumortyp ein neues Medikament erprobt werden soll. Dies ist angesichts der hohen Kosten klinischer Studien von großer Bedeutung. Darüber hinaus ist es sinnlos ein potentiell wirksames Experiment am einem Tumortyp zu erproben, an dem sich seine Wirksamkeit nicht beweisen lässt. 39 Die Ergebnisse dieser Untersuchung machen deutlich, dass eine EGFR- Expression beim Bronchialkarzinom zwar nicht prognoserelevant, aber so häufig ist, dass gegen das EGFR gerichtete Therapien auch bei diesem Tumortyp vielversprechend sein dürften. Aufgrund der hohen, in besonderem Maße vom jeweiligen Untersucher abhängigen, Variabilität in der Diagnostik histologischer Präparate war eine erneute komplette Durchsicht der Schnitte aller Tumoren erforderlich. So konnte eine einheitliche Typisierung und Graduierung des sehr heterogenen Kollektivs erzielt werden. Eine bekannte Problematik der histologischen Klassifikation von Bronchialtumoren stellt hierbei deren morphologische Heterogenität dar. Etwa 50% der Lungentumoren zeigen unterschiedliche Strukturen (Muller, 1980). In den WHO- Kriterien wird dies berücksichtigt indem Lungentumore nach der am besten differenzierten Komponente klassifiziert und der am schlechtesten differenzierten Komponente graduiert werden. Der prognostische Wert des Gradings bezüglich des Patientenüberlebens ist jedoch gering. Die histologische Klassifizierung hat nur bezüglich der groben Unterteilung in kleinzellige und nicht-kleinzellige Tumore klinische Relevanz. In Anbetracht dieser Tatsache wurde in dieser Arbeit versucht ein neues Graduierungssystem zu etablieren, dass dem Nebeneinander verschiedener histologischer Typen von unterschiedlicher Malignität innerhalb eines Tumors in besonderem Maße Rechnung trägt. Es wurde ein Scoringsystem entwickelt, in das bis zu drei histologische Subtypen eingehen können, deren unterschiedliche Differenzierungsgrade, von ihrem flächenmäßigen Anteil anhängig, addiert wurden. Die Tumore wurden somit einer Bösartigkeitsskala mit den Werten 3-12 zugeordnet, wobei angenommen wurde, dass mit steigendem Zahlenwert die Bösartigkeit zunehmend und die Überlebenswahrscheinlichkeit demnach abnehmend war. Die Klassifizierung erfolgte nach dem histologischen Anteil, der bezogen auf alle zu Verfügung stehenden Schnitte eines Tumors anteilsmäßig überwiegte. Darüber hinaus erfolgte eine Einteilung der 1022 Bronchialkarzinome des Kollektives nach gängigem WHO-Schema. Nachdem beide histologischen Graduierungssysteme mit dem Patientenüberleben korreliert wurden zeigte sich, dass der histologische Differenzierungsgrad bei der Einteilungen einen vergleichbaren Einfluss auf die Prognose hat, wobei weder die etablierte WHO-Graduierung, noch das neu entwickelten Scoringsystems die statistische Signifikanzschwelle erreichen konnte. 40 Bei der Bewertung ist zu berücksichtigen, dass die Fallzahl mit 1022 Tumoren immer noch zu gering war um bei einer Einteilung in 9 Gruppen (entsprechend der Bösartigkeitsskala 3-12) jeder Gruppe eine ausreichende Anzahl Tumore zuzuordnen. Insbesondere die gut differenzierte Tumore mit einem niedrigen ScoreWert und die völlig undifferenzierten mit einem hohen Score-Wert traten selten auf. Es ist anzunehmen, dass bei einer höheren Fallzahl geringe Abweichung statistisch weniger ins Gewicht fallen würden und die Signifikanz erhöhen würden. Es wäre also Bedarf an einer Überprüfung an einem noch weitaus größeren Kollektivs um den prognoserelevanten Wert eines solchen detaillierten histologischen Differenzierungssystems zu belegen. Trotzdem muss festgestellt werden, dass auch für dieses neue Gradingsystem keine prognostische Relevanz nachgewiesen werden konnte, die derjenigen des pTNM Systems nahe kommt, dementsprechend besitzt der Differenzierungsgrad (WHO und Riede) kein unabhängige Prognoserelevanz. Die Resultate dieser Untersuchung ergaben einen signifikanten Zusammenhang zwischen EGFR- Expression und dem Tumorstadium. Dies passt zu der Mehrzahl der vorangegangenen Untersuchungen (Selvaggi et al. 2004, Suzuki et al. 2005). Lediglich einzelne ältere Studien hatten keinen signifikanten Zusammenhang zwischen einer EGFR-Positivität und einem fortgeschrittenen Tumorstadium gefunden (Rusch et al. 1993) Es fand sich kein Zusammenhang zwischen einer EGFR- Expression und einer ungünstigen Prognose bei Lungenkarzinompatienten. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu einer früher veröffentlichten Studie, wo Selvaggi et al. eine etwas ungünstigere Prognose bei EGFR-positiven als bei EGFRnegativen Tumoren gefunden hatte (Selvaggi et al. 2004). Andere Untersuchungen hatten aber ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen EGFR-Expression und dem klinischen Verlauf von Bronchialkarzinomen gezeigt (Rusch et al. 1997, Pastorino et al. 1997, Pfeiffer et al. 1998, Berghmans et al. 2005). Ebenfalls zu den Ergebnissen früherer Studien passt die deutlich höhere EGFR- Positivität in Plattenepithel- als in Adenokarzinomen (Ohsaki et al. 2000, Berghmans et al. 2000). Generell scheint EGFR vor allem bei Plattenepithelkarzinomen unterschiedlichster Herkunft häufig überexprimiert zu werden. Von Interesse war der Zusammenhang zwischen EGFRExpression und dem Differenzierungsgrad. Es scheint, dass eine EGFR- Expression insbesondere bei Tumoren von einem mittlere Differenzierungsgrad häufig ist, 41 während sehr hoch differenzierte und sehr wenig differenzierte eher EGFR negativ sind. Möglicherweise deutet dieses Resultat auf drei verschiedene Subtypen des Bronchialkarzinoms hin. Der erste ist demnach hoch differenziert und typischerweise EGFR- negativ, der zweite sehr wenig differenziert und ebenfalls EGFR- negativ und der dritte und häufigste Subtyp eher mäßig differenziert und EGFR- positiv. Obwohl in dieser Untersuchung keine eindeutigen Zusammenhänge zwischen EGFRVeränderungen und dem Tumor- Phänotyp oder Prognose gefunden werden können, unterstreichen unsere Daten die große Bedeutung dieses Gens beim Bronchialkarzinom. Das am besten mit EGFR vergleichbare bereits etablierte Therapieziel bei menschlichen Tumoren ist das HER-2 Gen. HER-2 wird insbesondere beim Mammakarzinom häufig überexprimiert und spezifische gegen HER-2 gerichtete Antikörper haben sich sowohl als Monotherapie, insbesondere in Kombination mit zytotoxischen Medikamenten als erfolgreiches Therapeutikum erwiesen. Die Überexpression des mit EGFR verwandten HER-2 Gens wird insbesondere beim Mammakarzinom fast immer durch eine Genamplifikation hervorgerufen. Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass die Situation für EGFR beim Bronchialkarzinom nicht mit derjenigen von HER-2 beim Mammakarzinom vergleichbar ist. EGFR- Amplifikationen kommen zwar vor und führen dann immer zu einer starken EGFR- Überexpression, doch ist die EGFRÜberexpression in den meisten Fällen durch andere Mechanismen als eine GenAmplifikation bedingt. Auch bei Tumoren mit nur 2 EGFR- Kopien pro Tumorzellkern ist eine starke EGFR- Expression häufig. Interessanterweise konnte, ebenso wie in einer früheren Studie an einem Multitumorgewebearray, eine dosisabhängige Beziehung zwischen der Genexpression und der Genzahl pro Tumorzellkern gefunden werden. Dieser Befund deutete darauf hin, dass eine geringgradige Vermehrung von EGFR- Genen in Tumorzellen zu einer nachweisbaren EGFRExpressionssteigerung führen. Eine EGFR- Expression ist demnach beim Bronchialkarzinom häufig, aber nicht mit einer ungünstigen Prognose oder einem fortgeschrittenen Tumorstadium assoziiert. Die Gen- Amplifikation ist einer der möglichen molekularen Mechanismen, welche zu einer EGFR- Überexpression führen. In der Mehrzahl der Fälle sind aber andere, bisher nicht bekannte Mechanismen für die EGFR- Überexpression. 42 In den letzten Jahren konnte gezeigt werden, dass die Signaltransduktion über EGFR die Proliferation, Metastasierung, Stromainvasion, Angiogenese und Apoptose- Resistenz neoplastischer Zellen fördert (Pedersen et al. 2005). Das auch in dieser Studie nachgewiesene gehäufte Auftreten einer EGFR- Überexpression in nicht- kleinzelligen- Bronchialtumoren weist darauf hin, dass durch die Hemmung von EGFR das Tumorwachstum bei Bronchialkarzinomen reduziert werden könnte und bestätigt die Bedeutung von EGFR als attraktives Ziel für die Entwicklung neuer Chemotherapeutika. Nach ersten vielversprechenden Ergebnissen in den Phase II Studien für Gefitinib, einem monoklonale Antikörper gegen die extrazelluläre Domäne des EGF- Rezeptors (Kris et al. 2002, Fukuoka et al.2002), erhielt dieser als erster EGFR- Blocker die Marktzulassung in den USA und Japan. In den folgenden doppelblinden, placebokontrollierten Phase III Studien, in denen Gefitinib in Kombination mit den Standardtherapien Paclitaxel und Carboplatin (Johnson 2002) oder Gemcitabine und Cisplatin (Giaccone et al. 2002) an einem größeren Kollektiv von Patienten, die an einem therapieresistenten nicht- kleinzelligem Lungenkarzinom erkrankt waren, getestet wurden zeigte sich jedoch kein Vorteil bezüglich des Ansprechens der Tumore oder des Patientenüberlebens. Die Ursachen dieser fatalen Ergebnisse könnte einerseits in einer mangelhaften Dosierung oder durch eventuell bestehende antagonistische Effekte von Standardtherapie und EGFR- Blockern begründet sein. Eine andere mögliche Fehlerquelle wäre, dass die Auswahl der Studienpatienten nicht darauf basierte, ob sie an Tumoren erkrankt waren, bei denen ein relevanter Zusammenhang zwischen EGFR- Expression und EGFR- Aktivierung und Tumorproliferation nachgewiesen wurde (Betenski et al. 2002, Dancey et al. 2003). Aufgrund der weiterhin fehlenden genauen Identifikationsmöglichkeiten der Anti- EGFR- sensiblen Tumore ist zur Zeit noch nicht klar, wie groß der Anteil von Bronchialkarzinomen ist, welche auf die verschiedene Behandlungen mit einer Remission reagieren. Zukünftige Studien werden unter anderem zu untersuchen haben, in wie weit eine neben der Überexpression nachweisbare Veränderung der EGFR- Genzahl pro Tumorzellkern für ein Therapieansprechen prädiktiv sein könnte. Eine EGFR- Expression ist beim Bronchialkarzinom häufig, ist aber nicht mit einer ungünstigen Prognose oder einem fortgeschrittenen Tumorstadium assoziiert. AntiEGFR- Behandlungen sind beim Bronchialkarzinom aufgrund der großen Häufigkeit der Überexpression von höchstem Interesse. 43 Die Gen- Amplifikation ist einer der möglichen molekularen Mechanismen, welche zu einer EGFR- Überexpression führen. In der Mehrzahl der Fälle scheinen aber andere, bisher nicht bekannte Mechanismen für die EGFR- Überexpression verantwortlich zu sein. 44 5. ZUSAMMENFASSUNG Das Bronchialkarzinom ist die häufigste Krebstodesursache bei Männern in westlichen Gesellschaften. Mehr als 80% der erkrankten Patienten versterben an ihrem Tumor. Die histologische Klassifizierung der Subtypen ist aufgrund ihrer morphologischen Heterogenität schwierig. Es wurde basierend auf dem GleasonScore für Prostatakarzinome ein Graduierungssysthem erstellt und dieses mit der Überlebensprognose korreliert. Es zeigte sich jedoch keine prognostische Relevanz die dem etablierten WHO- Graduierungssystem überlegen wäre. Der Epidermal Growth Factor Receptor (EGFR) ist ein membrangebundenes Rezeptorprotein für EGF und TGFβ. Mit dem Vorhandensein von verschiedenen neuen Therapeutika, die sich direkt gegen das EGFR- Gen richten hat sich das Interesse an der molekulare Epidemiologie der EGFR- Expression deutlich verstärkt. In dieser Untersuchung wurde ein Bronchialkarzinomgewebearray bestehend aus Gewebeproben von 1022 Patienten mit klinischen Verlaufsdaten hergestellt. Schnitte dieses Gewebearrays wurden mit einem Antikörper gegen EGFR (Zymed) inkubiert. Zusätzlich wurde eine Fluoreszenz in situ Hybridisierung mit einer Kombinationsprobe gegen das EGFR- Gen und Centromer 7 (als Referenzprobe) durchgeführt. Die Ergebnisse zeigen, dass EGFR beim Bronchialkarzinom häufig exprimiert wird. 58,2% der Tumoren zeigten eine starke, 20,8% eine schwache Expression. Nur 21,0% wurden als EGFR- negativ klassifiziert. Plattenepithelkarzinome (92,3%) waren häufiger EGFR- positiv als Adenokarzinome (74,4%). Am seltensten fand sich eine EGFR- Expression in neuroendokrinen Karzinomen (13,5%). Die Expression war nicht eindeutig mit dem Tumorstadium oder dem Differenzierungsgrad assoziiert. Die FISH- Untersuchung ergab eine Amplifikation in 5,6% und einen geringgradigen EGFR- Zugewinn in weiteren 25,2% der Tumoren. Alterationen des EGFR- Gens waren nicht mit dem Tumorphenotyp assoziiert. Sowohl relative EGFR- Kopiezahl (Centromer 7-Kopiezahl) als auch absolute Vermehrungen des EGFR- Gens in Tumorzellen war signifikant mit einer zunehmenden EGFR- Expression assoziiert. Dieser Befund deutet auf eine Gendosis- abhängige Erhöhung der Expression bei geringgradigen Vermehrungen des EGFR- Gens hin. Weder die EGFR- Expression noch die Gen- Amplifikation war mit einer ungünstigen Prognose bei Bronchialkarzinompatienten assoziiert. 45 6. ANHANG 6.1 Literaturverzeichnis Al-Kuraya K, Schrampl P, Torhorst J, Tapia C, Zaharieva B, Novotny H, Spichtin H, Maurer R, Mirlacher M, Kochli O, Zuber M, Dietrich H, Mross F, Wilber K, Simon R, Sauter G (2004) Prognostic relevance of gene amplifications and coamplifications in breast cancer. 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Seit Januar 2008 Assistenzarzt (Registrar) am Royal Perth Hospital, Perth, Australien.