Fachvorträge vom gemeinsamen Bundeskongress

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Von organisatorischen bzw. Management-Fragen im ernährungsmedizinischen Team über die optimale Therapie gastrointestinaler
Krankheiten bis hin zu Vorteilen von Dosenkost reicht diesmal der
Bogen der Kurzfassungen der Referate. Wir schließen damit die
Berichterstattung zum Bundeskongress ab (vgl. Heft 5 und 6 der
Ernährungs Umschau).
Fachvorträge vom gemeinsamen
Bundeskongress – Teil 3
Konfliktmanagement im
ernährungstherapeutischen
Team
Susanne Watzke-Otte, Borchen
Ernährungstherapeutische Teams in
Krankenhäusern, Reha-Kliniken und
Praxen zeichnen sich durch Multiprofessionalität aus, die den Patienten im Idealfall zwar eine umfassende
Beratung und Betreuung garantiert,
aber nicht frei von Konfliktpotenzialen ist: Je unterschiedlicher die Teammitglieder in ihren Einstellungen,
Vorstellungen, Wahrnehmungen, Zielen, Wünschen und Bewertungen
sind, um so eher werden die sich daraus ergebenden Handlungstendenzen von anderen im Team als störend
empfunden.
Konfliktmanagement im interdisziplinären Team
muss erlernt werden
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Diskussionen und Streitigkeiten werden nicht immer als konstruktiv und
Ziel führend erlebt, sondern häufig
als anstrengend und zeitraubend beschrieben. Obwohl Konflikte zunächst einmal Störungen sind, die
den gewohnten Ablauf unterbrechen,
sind sie auch hilfreich, da sie zur Reflexion zwingen und Lösungsdruck
erzeugen. Sie zeigen existierende Probleme, Unterschiede und Gegensätze
im Team auf, sie signalisieren, dass es
Klärungsbedarf gibt, Veränderungen
notwendig sind – und sie erzeugen
den notwendigen Druck, diese Probleme auch tatsächlich anzugehen.
Konflikte können Beziehungen vertiefen: man lernt sich besser kennen
und verstehen, stärkt so den Zusammenhalt im Team. Konflikte machen
das Leben spannend, sie
sind eine Chance, neue
Ansichten und Kenntnisse
zu gewinnen. Sie fördern
Kreativität und Persönlichkeitsentwicklung. Die Bearbeitung von Konflikten
setzt ein konsequentes
Konfliktmanagement voraus, wobei eine gründliche Konfliktdiagnose der
erste Schritt ist: Worum
wird offiziell gestritten,
worum geht es außerdem/tatsächlich, was sind
die tiefer liegenden Ursa-
chen, welche Konfliktart(en) liegt/
liegen vor, wie weit hat sich der Konflikt bereits entwickelt? Erst dann
kann der Konflikt strukturell, interpersonell oder formell bearbeitet –
vielleicht sogar gelöst – werden. Besprochen wurden verschiedene Möglichkeiten zur Bearbeitung von Konflikten.
Die Schwerpunktpraxis
Ernährungsmedizin
im Netzwerk
Martha Ritzmann-Widderich,
Rottweil
Die Zusammenarbeit und Vernetzung
verschiedener Berufsgruppen ermöglicht am ehesten, Ernährungsmedizin
effektiv und wirtschaftlich zu betreiben. Die Schwerpunktpraxis Ernährungsmedizin BDEM stellt die
kleinste Vernetzungseinheit dar, bestehend aus einem/r Arzt/Ärztin für
Ernährungsmedizin DAEM/DGEM,
qualifizierten Ernährungsfachkräften
sowie Bewegungstherapeuten. Dieses interdisziplinäre therapeutische
Team führt multimodale Behandlungskonzepte durch.
Von ärztlicher Seite erfolgen die Organisation, Koordination, Werbung,
Abrechnung, Patientenmotivation
und Supervision sowie in Zusammenarbeit mit den anderen Team-Mitgliedern die Konzeption und Evalua-
tion therapeutischer Strategien und Programme. Die gesetzlichen Krankenkassen
erstatten einen Teil der entstehenden Kosten auf Basis der Präventionsparagraphen
des SGB V. Vorrangig erfolgt die Behandlung von Übergewicht und Adipositas.
Zunehmend finden sich auch Probleme
der Fehl- und Mangelernährung bei jungen Patienten und älteren Menschen. Im
Bereich Stoffwechsel und Risikofaktorenmanagement können durch entsprechend qualifizierte Mitarbeiter Beratungen und Schulungen durchgeführt
werden, z. B. bei Diabetes mellitus, Hypertonie, Hyperlipidämie, KHK, auch im
Rahmen von DMP-Programmen.
Für einige Tätigkeitsgebiete ist der Erwerb
von Zusatzqualifikationen erforderlich.
Um entsprechendes Fachpersonal zu finden bzw. um die eigenen Qualifikationen
und Kenntnisse darstellen und anbieten
zu können, wurde 2005 in Freudenstadt
das Netzwerk Ernährungsmedizin BadenWürttemberg gegründet.
Obwohl Strategien, Therapieprogramme
sowie zertifizierte Praxen mit qualifizierten Mitarbeitern vorhanden sind, finden
die Option und die Notwendigkeit von Ernährungstherapie als kurative Maßnahme
wenig Akzeptanz. Leistungen qualifizierter Anbieter und Kompetenzzentren werden durch die Kostenträger nicht ausreichend honoriert. Hier Verbesserungen
voranzutreiben, ist eine vorrangige Arbeit
der ernährungsmedizinischen Verbände.
Kommunikations-Toolbox
für selbstständige Ernährungsberater/Innen
Christina Uthof, Wolfshagen
Der Konkurrenzkampf auf dem Markt
„Ernährungsberatung“ ist hart. Das Abheben von den Mitbewerbern, die mit teilweise unseriösen Angeboten aufwarten,
scheint unmöglich – eine klare Profilierung undenkbar.
Vorgestellt wurden die Resultate aus zwei
Studien, die im Rahmen einer Diplomarbeit durchgeführt wurden. Zentrales
Thema ist die Kommunikation und die
Frage, wie Ernährungsfachkräfte ein Gesicht in der Öffentlichkeit bekommen
können – nicht mit Werbung, sondern mit
Public Relations. PR gestaltet Kommunikation und macht sie erlebbar, sie schafft
neue Kontakte und lässt alte wieder aufblühen, sie pflegt und fördert. PR stellt
zahlreiche Möglichkeiten zur Verfügung,
die wie Werkzeuge – Tools – zu nutzen
sind. Vorgestellt wurde eine Kommunikations-Toolbox, die auf Basis der Untersuchungen entwickelt wurde und speziell
auf die Bedürfnisse selbstständiger Ernährungsfachkräfte zugeschnitten ist.
Zöliakie – Aktuelle Diagnostik
und Therapie
Walter Burghardt, Würzburg
Die Diagnosestellung der Zöliakie gelingt
im Kindesalter bei zumeist typischem klinischen Bild (Gedeihstörung, geblähtes
Abdomen, Durchfall) sehr viel eher als bei
Erwachsenen mit vielfach oligo- symptomatischem Verlauf. Führendes Zeichen
bleibt jedoch in der Mehrzahl der Fälle
die chronische Diarrhö. Die histologische
Sicherung der Erkrankung geschieht über
endoskopisch entnommene Schleimhautproben aus dem tiefen Duodenum, die laborchemische Diagnosestützung sehr sensitiv und spezifisch über den Nachweis
erhöhter IgA-Autoantikörpertiter im
Serum. Von einer initialen probatorischen
glutenfreien Ernährung muss abgeraten
werden, da eine suffiziente Diagnosestellung sonst erheblich erschwert wird.
Die Zöliakie zeigt eine genetische Prädisposition und ist gehäuft mit anderen Autoimmunkrankheiten assoziiert. Das Gesamtrisiko der Malignomentstehung ist
bei Zöliakie um etwa 30 % erhöht. Die
Sterberate ist am höchsten in den ersten
Jahren nach Diagnosestellung und bei verzögerter Diagnosestellung. Bei adäquater
diätetischer Behandlung geht das erhöhte
Risiko wahrscheinlich binnen 5–15 Jahren
bis auf normale Werte zurück. Die Therapie der Zöliakie ist rein diätetisch, lediglich in weit fortgeschrittenen, therapierefraktären Fällen (Kollagensprue) ist ein
Therapieversuch mit Kortikoiden und anderen Immunsuppressiva gerechtfertigt.
Aktuelle Aspekte der Diagnostik
und die 3-Stufen-Beratung bei
Zöliakie
Kathrin Vantsch, Burgstall, Italien
Grundlage der Zöliakie-Diagnostik sind
die international anerkannten ESPGHAN
Kriterien, die auf folgenden Bausteinen
beruhen: Beschwerdebild, Zöliakieserologie, duodenale Histologie und Besserung
der Symptomatik und Serologie unter glutenfreier Ernährung.
Die einzige wirkungsvolle Therapie bei
Zöliakie ist eine streng glutenfreie Ernährung. Durch den Verzicht auf Gluten bessern sich die Beschwerden und der allgemeine Gesundheitszustand. Für eine
ausgewogene, glutenfreie Ernährung bietet die Lebensmittelindustrie ein großes
Sortiment an glutenfreien Lebensmitteln,
die nicht nur sicher und qualitativ hochwertig sind, sondern auch sehr gut schmecken. Für Ernährungsexperten bietet das
Unternehmen einen umfassenden Informations- und Beratungsservice an. Vorgestellt wurde eine Schulungsmappe speziell
für die Beratung von Zöliakie- Betroffenen. Die Inhalte der „3-Stufen-Beratung
bei Zöliakie“ sind in drei aufeinander aufbauende Beratungsgespräche eingeteilt.
Dieser Leitfaden sowie die Kopiervorlagen
und didaktischen Hinweise erleichtern
die Gesprächsführung und die Informationsvermittlung. Zudem erleichtern die
Kopiervorlagen die Umsetzung der glutenfreien Ernährung.
Neben dem Beratungs- und Informationsservice für Experten gibt es auch zahlreiche Serviceleistungen für Patienten.
Die Homepage bietet viele Informationen
rund um Zöliakie und die glutenfreie Ernährung.
Allergie-Prävention beim
Säugling – Was gibt es Neues?
Christiane Binder, Berlin
Das Bundesinstitut für Risikobewertung
(BfR) hat in einer Pressemitteilung mitgeteilt, dass Säuglingsnahrung aus Sojaeiweiß aufgrund des Gehalts an Phytoöstrogenen kein Ersatz für Kuhmilchprodukte
ist. Vor allem Isoflavone erreichen bei
Gabe von Sojasäuglingsnahrung deutlich
höhere Konzentration im Blut als bei Kuhmilchnahrung oder gestillten Säuglingen.
Wie sich dies auswirkt, ist noch nicht abschließend geklärt. Aus Vorsorgegründen
bis zur weiteren Klärung dieser Frage
schließt sich das BfR daher der Ernährungskommission der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin an,
die Säuglingsnahrung aus Sojaeiweiß als
Ersatz für Kuhmilchprodukte nur in Ausnahmefällen und nur nach ärztlicher
Empfehlung empfiehlt. Das gilt auch für
Säuglinge mit einer eindeutig diagnostizierten Kuhmilchallergie.
Aus allergologischer Sicht ist Sojanahrung
für Säuglinge nach dem 6. Monat bei
einer bestehenden Kuhmilchallergie wei-
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terhin eine Alternative, sofern keine Sensibilisierung auf Soja vorliegt.
Bei der Therapie der Kuhmilchallergie
blieben, als Alternativen für eine Säuglingsnahrung auf Sojabasis, nur die extensiv hydrolysierten Spezialnahrungen
oder die Elementardiäten.
Vorgestellt und diskutiert wurden neue
Spezialprodukte verschiedener Hersteller,
die seit kurzem auf dem Markt sind.
Lactobazillen, Bifidobakterien
& Co. – Einsatzmöglichkeiten
von Probiotika in Therapie und
Praxis
Heinrich Kasper, Würzburg
Eine Grundvoraussetzung für den gesundheitlichen Nutzen von Probiotika ist,
dass sie die Passage durch den MagenDarm-Trakt lebend und aktiv in ausreichend hoher Keimzahl überstehen. Da
jeder Stamm seine eigene Charakteristik
hat und spezifische gesundheitliche Wirkungen ausübt, können Effekte eines
Stammes nicht einfach von einem probiotischem Produkt auf ein anderes übertragen werden, sondern müssen in klinischen Studien an der
Bakterienkultur und im
Endprodukt belegt werGlossar:
den. Zu den am besten
ROM-II/Rom 2 =
untersuchten probiotiauf einem Expertenschen Mikroorganismen
treffen 1998 in Rom
gehören die Gattungen
basierende und
der Lactobazillen und
1999 überarbeitete
der Bifidobakterien.
Klassifizierung gasEs gibt konkrete Hintrointestinaler Erweise, dass Probiotika
krankungen
über die Darmflora, das
(Thompson WG et al.
Darmepithel und das
[1999] Functional
darmassoziierte Immunbowel disorders and
system den gesamten
functional abdominal
Organismus positiv bepain. Gut 45:
einflussen können. So
Suppl. 2, II 43])
wurden in den letzten
Jahren eine Reihe von
Wirkungen dokumentiert (nutritiv, metabolisch, immunologisch, protektiv), die in zunehmendem
Maße auch Eingang in die Klinik gefunden haben, nachdem sich gezeigt hat, dass
Probiotika üblicherweise eingesetzten
Substanzen gleichwertig oder sogar überlegen sind. Bestimmte probiotische
Stämme zeigen in randomisierten, kontrollierten Studien positive Einflüsse auf
Antibiotika-assoziierte gastrointestinale
Beschwerden, Darminfektionen, extrain-
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testinale Infektionen, z. B. Winterinfektionen, Allergien, chronisch-entzündliche
Darmerkrankungen sowie das Reizdarmsyndrom und Obstipation.
Die Therapie chronisch-entzündlicher
Darmerkrankungen mit Escherichia coli
Nissle 1917 wie auch die Behandlung der
Pouchitis mit VSL#3 hat bereits Eingang
in die Leitlinien der Fachgesellschaften
gefunden.
Was leisten kleieangereicherte
Cerealien für die Prävention
und Therapie bei Verdauungsstörungen?
Bettina Hermey, Bremen
Die Diagnose einer funktionellen Obstipation wird nach Ausschluss organischer
Ursachen in Anlehnung an Rom-2Kriterien gestellt. Viele Betroffene greifen
zu Abführmitteln. Die Therapie mit ballaststoffreicher Kost ist eine sinnvolle Alternative, denn die bei der Obstipation
verlängerte intestinale Transitzeit ist in
erster Linie Folge eines geringen Stuhlvolumens bzw. -gewichtes infolge niedriger
Ballaststoffzufuhr. Doch nicht alle Ballaststoffe sind in Bezug auf die Darmtätigkeit
gleich wirksam. Besonders wirksam, um
das Stuhlgewicht zu optimieren, sind Vollkornprodukte, vor allem Weizenkleie bzw.
mit Kleie hergestellte Produkte.
Eine Bewertung von 53 klinischen Studien
belegt eindrucksvoll die Wirksamkeit von
Weizenkleie durch erhöhtes Stuhlgewicht,
vermehrte Stuhlfrequenz und beschleunigte Transitzeit.
Weizenkleie ist
gut wirksam in
der Behandlung
und Prävention
von Obstipation.
Die Darbietungsform bestimmt
dabei wesentlich
die Compliance
für eine konsequente Anwendung. Geschmacklich attraktiv sind
aus Kleie hergestellte Produkte,
z. B. ballaststoffreiche Frühstückscerealien.
Lebensmittel in Dosen als
alltagstaugliche Ergänzung
einer gesunden Ernährung
Christian Pürschel, München,
Birgit Blumenschein, Münster
Die Initiative „Die Dosenköche“ hat es
sich unter anderem zur Aufgabe gemacht,
Ernährungsexperten über den Nutzen
von Lebensmitteln aus Dosen zu informieren, um veraltete Ansichten und Vorurteile über Inhaltstoffe und Verpackung
zu revidieren.
Diskutiert wurde darüber hinaus nicht
nur der Convenience-Vorteil, 67 % aller
Verbraucher halten aktuell Fertigprodukte für eine sinnvolle Erleichterung im
Alltag, sondern auch Recyclingwert und
-rate, die bei Dosenprodukten in Deutschland knapp 90 % beträgt.
Weiterhin gab es wertvolle Hinweise, wie
Lebensmittel in Dosen in einen ausgewogenen Speiseplan integriert werden können. Einem Test zufolge, bei dem sich vier
Probanden sechs Wochen überwiegend
mit Lebensmitteln aus Dosen ernährten,
war die Nährstoffversorgung über diese
Lebensmittelgruppe durchaus ausreichend.
Das Konsumverhalten der Verbraucher
lässt auf einen Bedarf an Dosenprodukten
schließen: Jeder Zweite hat oder nimmt
sich kaum noch Zeit zum Kochen und
jeder Fünfte findet Kochen sogar lästig.
Dieser Convenience-Trend muss in der
Kommunikation beachtet werden.
„Dosenkost“ stand im Mittelpunkt des Fachvortrages zur Initiative
„Die Dosenköche“
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