LEHRSTUHL FÜR MESSTECHNIK Prof. Dr. rer. nat. A. Schütze Charakterisierung von Mikrostrukturen (Messtechnik III) WS 2014/2015 Dr. rer. nat. Tilman Sauerwald Lehrstuhl für Messtechnik, Universität des Saarlandes Inhalt Kap. 1: Einführung, Grundlagen der Gassensorik und Gasmesstechnik Kap. 2: Messtechnische Charakterisierung von Gassensoren (Kalibrierung) 2.1 Hardware Kap. 3: Präparation von (Mikro-)Gassensoren Kap. 4: Abbildende Charakterisierung von Mikrostrukturen Kap. 4.1: Mikroskopie und optische Messmethoden Kap. 4.2: REM & FIB Kap. 4.3: SXM Kap. 5: Oberflächenreaktionen auf Gassensoren, TPD, Porosimetrie Kap. 6: Analytische Verfahren zur Charakterisierung von Mikrostrukturen Kap. 6.1: Röntgendiffraktometrie (XRD) Kap. 6.2: UHV-Technik Kap. 6.3: Röntgen-Photoemissions-Spektroskopie (XPS, ESCA) Kap. 6.4: Massenspektrometrie, SIMS Kap. 7: Referenzmethoden der Gasmesstechnik Kap. 8: Trends in der Gasmesstechnik 01.12.2014 Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015 Seite 2 Typische Reaktion von Halbleitergassensoren bei Gasangebot Ansprechverhalten von Gassensoren bei sprunghafter Erhöhung der Gaskonzentration Quelle: A. Schütze, Dissertation, JLU-Gießen 1994 Das Zeitverhalten kann näherungsweise durch eine Exponentialfunktion mit Zeitkonstante beschrieben werden (Verzögerungsglied 1. Ordnung) Seite Konzentrationsabhängigkeit der Gasreaktion I Für niedrige Gaskonzentrationen ergibt sich häufig eine nahezu lineare Sensorreaktion Quelle: J. Zacheja, Dissertation, RWTH Aachen, 1992 Hier ist die relative Leitwertänderung bei verschiedenen Temperaturen in Abhängigkeit von der Gaskonzentration dargestellt. Interpretiert werden kann dies als Leitwertänderung durch Adsorption bzw. Reaktion der Gasmoleküle, wobei genügend Adsorptions- bzw. Reaktionsplätze zur Verfügung stehen, so dass sich die Reaktionen nicht gegenseitig behindern. D.h. die Sensorantwort ist limitiert durch die im Mittel auftreffenden bzw. reagierenden Moleküle. Seite Konzentrationsabhängigkeit der Gasreaktion II Konzentrationsprofil eines Halbleitergassensors bei konstanter Temperatur. (Diethylether auf SnO2, TGS2620)300 Interpretation: Bei hohen Konzentrationen wird das Ansprechverhalten begrenzt, weil nicht mehr genügend Adsorptionsbzw. Reaktionsplätze zur Verfügung stehen. rH30 rH70 250 Signal (Leitwertdifferenz) Bei hohen Konzentrationen erkennt man eine Sättigung der Sensorantwort während sich auch hier bei niedrigen Konzentrationen ein nahezu linearer Zusammenhang ergibt. 200 150 60 100 50 40 30 50 20 10 0 0 5 10 15 20 0 0 200 400 600 800 Konzentration [ppm] Seite 1000 Typische Charakteristik von Halbleitergassensoren Bei doppelt logarithmischer Auftragung ergibt sich häufig ein linearer Zusammenhang zwischen angebotener Gaskonzentration und Sensorantwort: Quelle: Figaro Inc., Japan S = a·Cm. Quelle: A. Schütze, Dissertation, JLU-Gießen 1994 Dabei sind Steigung m und Vorfaktor a stark Gas- und Temperatur-abhängig Seite Reaktionsmodell für Ansprechverhalten Nicht alle Reaktionen verhalten sich nach dem einfachen Modell erster Ordnung. Links: Quelle: J. Zacheja, Dissertation, RWTH Aachen, 1992 Angebot verschiedener PhAsH2-Konzentrationen auf SnO2-Dickschicht Rechts: Messwerte (Punkte) und Modellrechnungen für Reaktionsmodelle 1. (gestrichelt) und 2. (ausgezogen) Ordnung. Die Werte für die Zeitkonstante und den Sättigungswert s wurden bei 1,5 ppm bestimmt. Seite Adsorption auf Materialien Physisorption und Chemisorption Beim Annähern eines Moleküls an eine Oberfläche gewinnt das Molekül die Energie Qphys bei der sog. Physisorption, die durch rein physikalische Effekte (im Wesentlichen Van-der-Waals-Kräfte durch induzierte Dipol-Dipol-Wechselwirkung) bestimmt wird. Dabei findet kein Ladungstransfer zwischen Molekül und Oberfläche statt, d.h. der Sensor zeigt keine Reaktion. Energie für Physisorption ~ 0,1 ev für Chemisorption ~1 eV Ein Ladungstransfer entsteht dagegen bei der Chemisorption, wenn eine chemische Wechselwirkung einsetzt, z.B. durch Abgabe eines Elektrons vom Molekül an die Oberfläche (oder umgekehrt). Diese Dissoziation des Moleküls erfordert die Energie Edis, dafür gewinnt das Molekül an der Oberfläche die Energie Qchem. Der Übergang von der Physisorption zur Chemisorption ist verbunden mit einer Energiebarriere Ea, die als Aktivierungsenergie bei der Reaktion des E. Comini et al.: Solid State Gas Sensing, Springer Sensors gemessen werden kann. Seite Adsorption Im Allgemeinen ist die Adsorption ein Gleichgewichtsprozess der sich thermodynamiach beschreiben läßt. Wenn alle Adsorptionsplätze gleiche Energie haben, ergibt sich für kleine Bedeckung (Zahl der Adsorbate << Zahl der Oberflächenplätze ) ein lineare Zusammenhang zwischen Gaskonzentration und Adsorbat (a -Henryisotherme) für hohe Konzentrationen ergibt sich eine Limitierung (b – Langmuirisotherme). Für reale Systeme mit einer Verteilung der Adsorptionsenergien ergibt sich empirisch häufig eine Potenzfunktion (cFreundlichisotherme). Auch Multilagenadsorption ist möglich (d- BET-Isotherme) das ist in der Nähe des Sättigungsdampfdruck relevant. Für die oberen Lagen ist die Adsorptionsenergie nicht mehr vom Adsorbens sondern vonder Adsorbat-Adsorbat WW abhängig -> Multilagenadsorption kann zur Messung der Oberfläche genutzt werden. a b c d Bilder: wikipedia 01.12.2014 Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015 Seite 9 Adsorption auf gekrümmten Oberflächen Der Sättigungsdampfdruck ist abhängig von der Krümmung der Oberfläche (KelvinGleichung). Da an einer konkaven Oberfläche mehr Bindungspartner zur Verfügung stehen ist der Sättigungsdampfdruck kleiner -> in einer Poren kondensiert eine Flüssigkeit früher. Der Effekt wird in der N2 Physisorption zur Porengrößenmessung eingesetzt H1 Zylinderporen 01.12.2014 Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015 Seite 10 N2 Physisorption Über Physisorption kann daher die aktive Oberfläche (über BET) sowie die Art und Größe der Poren bestimmt werden (über Lage und Form der Hyterese). BET misst die exponierte Oberfläche (oben 100 m2, unten: 270 m2) Rechts: Porenradienverteilung aus der Messung der Hysterese 01.12.2014 Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015 -6 3 dV(logD) / 10 m /g Links: SnO2 Proben mit gleicher Kristallitgröße und unterschiedlicher Anordnung im TEM (oben: ungeordnet, unten: geordnet) BJH von mesoporösem SnO2 Endotemplat (6g CTAB/100ml) 1,5 1,4 1,3 1,2 1,1 1,0 0,9 0,8 0,7 0,6 0,5 0,4 0,3 0,2 0,1 0,0 -0,1 0 2 4 6 8 10 12 14 16 pore diameter / nm Seite 11 Nutzung der Adsorption in Poren Kapazitive Feuchtesensor aus porösem Silica •Stand der Kunst hygroskopische Polymere (z.B. Polyimide) Nachteile: • kleines Signal bei hohen Temperaturen (kleine relative Feuchte) •Chemikalienbeständigkeit für nicht für alle Anwendungen ausreichend Ausgangsmaterial Gepresste Pellets Elektrode Kontaktierte Pellets Elektrode Dielektrikum Sensor mit Gehäuse Seite Silica Feuchtesensor Geordnet mesoporöses Silica: • Porengöße ( 2 – 12 nm) • hydrophil • große Oberfläche ( 500 - 1150 m²/g ) • temperaturbeständig (~ 600 °C) • SiO2 ist chemisch inert gegen Säuren und organische Stoffe 120 °C 1,0 120 °C 90 °C 100 °C 1,2 -1 80 °C -1 dV/dD / 10 m g nm 0,6 60 °C 60 °C 0,8 140 °C -6 -6 3 3 -1 dV/dD / 10 m g nm -1 140 °C 0,8 0,4 0,2 0,4 0,0 0,0 2 4 6 8 10 12 14 2 16 4 6 8 10 12 14 16 Porengröße D / nm Porengröße D / nm Porengröße läßt sich leicht variieren 20,0 SECO 1.2 TSensor = 220°C 19,5 rPore = 5,5 nm 1 kHz 2,5 38 kHz 200 kHz 2,4 2 -1 AOberfläche = 745 m g 18,5 C [pF] C [pF] 19,0 18,0 10 nm 38 kHz 200 kH 2,6 T=90 °C 2,3 2,2 2,1 17,5 2,0 17,0 TEM einer geordnet mesoporösen Struktur 0,0 0,2 0,4 0,6 0,8 Wasserdampfdruck/1013 mbar 1,0 0 5 10 15 20 r.F. [%] Empfindlichkeit auch bei hoher Temperatur / geringer relativen Feuchten Seite Messung von Adsorptionsenergien - TPD Physisorbierte und chemisorbierte Oberflächenzustände können mit Hilfe einer Temperature Programmed Desorption (TPD) gemessen werden. Bei diesem Verfahren wird eine beladene Oberfläche aufgeheizt und die Desorption gemessen. Die Messung kann z.B. mit einem Summendetektor z.B. Wärmeleitfähigkeitssensor im Heliumstrom oder spezifisch erfolgen (z. B. mittels MS Kap. 6.4) Neben der Zahl der aktiven Oberflächenplätze lassen sich auch chemische Eigenschaften der Plätze (z.B. Acitität) Mit Hilfe entsprechender Adsorbate erkennen. Beispiel unten Messung der sauren Adsorptionsplätze eines Zeoliths mit Hilfe eines basischen Moleküls (Ammoniak) Alternative kann auch gravimetrisch/calorimetrisch gemessen werden (TG /DTA) TPD für Pulverproben Quelle: Quantachrome TPD von adsorbiertem Ammoniak auf einem Zeolith 01.12.2014 Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015 Seite 14 Funktionsprinzip von Metalloxid-Gassensoren Quelle: Figaro Inc., Japan • Widerstand wird dominiert durch Kontaktwiderstände an Korngrenzen • adsorbierter Luftsauerstoff entzieht dem Metalloxid Elektronen und erhöht damit die Energiebarriere zwischen den Körnern • gleichzeitig anwesendes reduzierendes Gas reagiert mit adsorbiertem Sauerstoff und senkt damit die Barriere an den Korngrenzen d.h. der Widerstand sinkt in Anwesenheit von reduzierenden Gasen (CO, H2, CH4, ...) Seite Oberflächenzustände Auf der Oberfläche eines Festkörpers entstehen zusätzliche Oberflächen-zustände; Gasmoleküle können an diese Zustände ankoppeln, d.h. sie adsorbieren und transferieren Ladungen in diese Zustände. Dadurch ändert sich die Konzentration der verfügbaren Ladungsträger im Material. Durch den Ladungstransfer entsteht eine Bandverbiegung, die den Adsorbatzustand bei hohen Bedeckungsgraden über das Ferminiveau anhebt. Dadurch ist die Adsorbatmenge begrenzt, z.B. für O2 „Weisz-Limit“ Debye-Länge Seite Bestimmung der Donatorenkonzentration und ihres Energieniveaus S. Samson und C. Fonstad, J. Appl. Phys. , 1973 Messung der Donatorenkonzentration über Halleffekt. Relative Messung über den Leitwert. Die Defektkonzentration ist von Sauerstoffkonzentration und Temperatur abhängig Messung für gesinterter kompakte Proben oder Einkristall leicht möglich. Für granulare Materialien schwieriger 01.12.2014 Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015 Seite 17 Oberflächenzustände Auch am Metall-Halbleiterübergang führen Grenzflächenzustände und Adsorbatinduzierte Zustände zu Bandverbiegungen und beeinflussen damit die Höhe der Schottky-Barriere. Es gilt: Qm = Qss + Qas + Qsc Dabei ist: Qm : Oberflächenladung im Metall Qss : Ladung der Oberflächenzustände (surface states) Qas : Ladung der Adsorbatzustände Qsc : Oberflächenladung der Raumladungszone Debye-Länge: Breite der Raumladungszone (material- und konzentrationsabhängige Größe, typisch ~ 10 nm) Zusätzlich kann noch eine Dipolschicht auftreten Debye-Länge Seite Dipolschicht • Eine Dipolschicht verändert die Bandverbiegung ∆𝜒 zusätzlich da an einer Dipolschicht ein Potentialsprung auftritt. Dadurch ändert sich die Austrittarbeit des Sensors. Eine Austrttarbeitänderung kann mittels eine Kelvin Sonde gemessen werden. Wasser bildet auf der SnO2 Oberfläche einen Dipol Der Einfluss von Wasser auf das Signal und die WW mit einem Gas läßt sich so messen T Sahm et al. Thin solid films 2490 005 01.12.2014 Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015 Seite 19 Verhalten von Metalloxid-Gassensoren bei Temperaturwechsel Bei einem Temperaturwechsel überlagern sich die Effekte des Halbleiters einerseits und der Wechselwirkung mit dem Gas andererseits. 3.0 Temperature [°C] 340 290 240 Synthetic Air Conductance [a.u.] Setpoint Actual Value 390 30% r.h. 70% r.h. 2.0 1.0 1.0 190 0 5 10 15 t [s] 20 0.0 0.1 0 5 10 15 t [s] 20 Verhalten in Luft entspricht einem klassischen Halbleiter: = a · exp(kB·T/EB) mit: kB: Boltzmannkonstante; EB: charakt. Energie bzw. Energiebarriere Aber: Bei Gasangebot ergibt sich eine zusätzliche Verformung der Kurve durch temperaturabhängige Änderung der Energiebarriere. Seite Verhalten von Metalloxid-Gassensoren bei Temperaturwechsel 30 Benzene Iso-Pentane Diethyl Ether Methyl Tert-Butyl Ether 70% r.h. Methyl Alcohol 30% r.h. Conductance [a.u.] 20 10 0 50 Propylene Oxide 40 30 20 10 0 0 5 10 15 20 0 5 10 15 20 0 5 10 15 20 Time in Temperature Cycle [sec] Beispiel: Responsekurven bei Angebot von sechs organischen Lösungsmitteln in Luft bei einer Konzentration von 20 ppm und verschiedenen Luftfeuchten. Seite Sensormodell im TCO Annahme: Die Relaxationseffekte lassen sich auf wenige Parameteränderungen in dem sehr einfachen Körnermodell zurückführen ln(G) gray line: slow temperature ramp Orange line: constant EA at DT/Dt= ±infinite Purple line: relaxation von EA (t =infinite, T=const.) blue line: fast TCO S1=EA(T1)/kT 4 −𝐸𝐵 𝐺(𝑇2 ) = 𝐺0 exp 𝑘𝑇2 3 ln() −𝐸𝐵 𝐺(𝑇1 ) = 𝐺0 exp 𝑘𝑇1 Um die besten Zustände zu bestimmen werden die Relaxationsrouten bei verschiedenen Temperaturen bestimmt. Damit nimmt man ein vollständiges Kennlinienfeld aller möglichen Zustände im Temperaturzyklus auf. (Wenn auch mit sehr weitem Raster) In Voruntersuchungen wurde gezeigt, dass v.a. die Relaxation bei niedriegen Temperaturen interesant ist 3' 2 2' EA : Activation energy (function of surface charge) 1' S=EB(T2)/kT 0 1/T 1/T2 1/T1 0 1/T4 1/T3 1/T2 1/T1 Isothermal mode O- O- O- O- Low temperature O- OO- OLow temperature O- O- O- OO- O- OO- O- Transient mode O- 400°C 50 s TCO to determine best cycle 350 300°C 100 s 300 250°C - 200 s 250 OHigh temperature 400°C 50 s 400°C 50 s 400 O- High temperature O- 450 OO- O- O- O- O- O- Temperature O- O- 1/T 200°C - 400 s 200 0 100 200 300 400 500 600 700 Time Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 800 Änderung der Sauerstoffbedeckung 𝑔𝑎𝑠 1 𝑂2 + 𝑆 ⇌ 𝑂2𝑎𝑑𝑠 schneller thermodynamischer Prozess immer im Gleichgewicht [2] 2 𝑂2𝑎𝑑𝑠 + 𝑒 − ⇌ 𝑂2− schnelle Reduktion zu 𝑂 − bei 𝑇 > 150 °C [2] 3 𝑂2− + 𝑒 − ⇌ 𝑂 − Rolle unklar In der Literatur häufig als dominanter Prozess beschrieben bei 𝑇 > 150 °C [1] Abb. 4 01.12.2014 Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 23 TCO Optimierung zur Erkennung von VOC Basierend auf dem Testzyklus können die wichtigen Bereiche aus dem Kennlinienfeld herausgetrennt werden und zum “besten” Zyklus kombiniert werden Sensortyp GGS 1000 (UST) Thermische Zeitkonstante ~1 s Sensor mit TCO zeigt höhere Sensorantwortv im Vergleich zum stationären Fall hier: ca. Faktor 10 Sensitivste TCO für Benzol Sensitivste TCO für Ethanol Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 24 TCO Optimierung zur Erkennung von VOC Das Verfahren lässt sich zum Beispiel zur Bestimmung eines besonders empfindlichen Zyklus nutzen. Mit optimierten Zyklus der Länge 180 s ist die Erkennung von VOC im ppb-Bereich unter einem tausendfach höheren im Störgashintergrund möglich Single step LDA Gas Konzentration (ppb) Feuchte Interferents (EtOH ppm) Luft NA 40%, 60% none, 0.4, 2 Formaldehyde 10, 100 40%, 60% none, 0.4, 2 Benzol 0.5, 4.7 40%, 60% none, 0.4, 2 Naphthalin 2, 20 40%, 60% none, 0.4, 2 air naphthalene air benzene formaldehyde 01.12.2014 Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 25 Parametrierung der Sensoroptimierung Zu einer Parametrisierung und zum Test des Modells ist ein Sensor mit kleiner thermischer Zeitkonstante erforderlich (AS MLV von Applied Sensor). Bei diesem Sensor lässt sich die Aktivierungsenergie mit einem schnellen Heizpuls bestimmen. Die Aktivierungsenergie kann so als konstant angenommen werden. 35 𝐺ℎ 𝐸𝐴 = −𝑘𝐵 ∙ 𝑙𝑛 𝐺𝑙 Gh G in 10-6S 30 1 1 − 𝑇ℎ 𝑇𝑙 0,9 −1 synthetische Luft 2 synthetische Luft 1 25 0,8 Gm 20 Gl 15 0,0 0,5 1,0 29,0 29,5 30,0 t in s Th / Gh EA in eV 0,7 0,6 0,5 0,4 T bzw. G 0,3 Tm / Gm 0,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 T-1 in 1000-1·K-1 Tl / Gl 0,0 0,5 1,0 29,0 t in s 01/12/14 29,2 29,4 29,6 29,8 30,0 30,2 Für einen Temperatursprung von 450°C auf 150°C ändert sich die Bandverbiegung um ca. 13 kT Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 26 Empfindlichkeit im TCO Betrieb Bedingt durch die hohe Änderung der Bandverbiegung und die schnelle Abkühlung ist der Sensor in der Relaxationsphase ausgesprochen empfindlich 01.12.2014 Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 27 Parametrierung der Sensoroptimierung Zu einer Parametrisierung und zum Test des Modells ist ein Sensor mit kleiner thermischer Zeitkonstante erforderlich (AS MLV von Applied Sensor). Bei diesem Sensor lässt sich die Aktivierungsenergie mit einem schnellen Heizpuls bestimmen 35 𝐺ℎ 𝐸𝐴 = −𝑘𝐵 ∙ 𝑙𝑛 𝐺𝑙 Gh G in 10-6S 30 1 1 − 𝑇ℎ 𝑇𝑙 0,9 25 Gm −1 synthetische Luft 2 synthetische Luft 1 0,8 20 0,7 Gl 0,0 0,5 1,0 29,0 29,5 EA in eV 15 30,0 t in s Th / Gh 0,6 0,5 0,4 T bzw. G 0,3 Tm / Gm 0,2 1,4 1,6 1,8 2,0 2,2 2,4 T-1 in 1000-1·K-1 Tl / Gl 0,0 0,5 1,0 29,0 29,2 29,4 29,6 29,8 30,0 30,2 t in s BA Tobias Baur, Saarbrücken 2014 01/12/14 Für einen Temperatursprung von 450°C auf 150°C ändert sich die Bandverbiegung um ca. 13 kT Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 28 Parametrierung der Sensoroptimierung Bei der Änderung der Temperatur ändert sich nicht nur die Oberflächenladung sondern auch die Ladungsträgerkonzentration. Die Änderung erfolgt vermutlich mit einer größeren Zeitkostante BA Tobias Baur, Saarbrücken 2014 01.12.2014 Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 29 Bestimmung einer von der Nullluft unabhängigen Größe für die Sensorreaktion Die Ratenkonstanten für die Relaxation bei Gas werden relativ zur Relaxation ohne Gas bestimmt, dadurch fällt der durch die Hinergrundgas verursachte Term heraus 1 𝑘 𝑇 ∙ 𝑙𝑛 𝐺(𝑡) = 𝑐𝑜𝑛𝑠𝑡 𝑇 + 𝐸𝐵 0 ∙ 𝐾−𝐴 + 𝐾𝑟𝑒𝑠 + 𝐾𝑔𝑎𝑠 ∙ 𝑡 2 𝑏 𝐾−𝐴 + 𝐾𝑟𝑒𝑠 kann vorher experimentell bestimmt werden BA Tobias Baur, Saarbrücken 2014 01.12.2014 Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 30 Ratenkonstanten in Abhängigkeit der Temperatur Die Ratenkonstanten in Abhängigkeit der Temperatur sind ein gasspezifisches Merkmal, das nicht mehr von dem Nulllufthintergrund abhängt. Damit sind verschiedene Messung besser vergleichbar BA Tobias Baur, Saarbrücken 2014 01.12.2014 Tilman Sauerwald et al. XXVIII. Messtechnisches Symposium des Arbeitskreises der Hochschullehrer für Messtechnik Seite 31 Einfluss der Keramikstruktur auf das Sensorverhalten Vergleich Korngrenzen-bestimmte Leitfähigkeit und „Neck-Control“ Beim Korngrenzen-bestimmten Ladungstransport dominiert die Energiebarriere zwischen den Körnern den Ladungstransport, bei kleineren Körnern bilden sich Flaschenhälse („necks“) zwischen den Körnern aus, deren Breite den Stromfluss beeinflusst. Seite Einfluss der Korngrößen auf Leitfähigkeit und Empfindlichkeit Durch nanokristalline Materialien lässt sich eine weitere Verbesserung der Empfindlichkeit erwarten, da sich das Verhältnis von Volumen zu Oberfläche verschiebt. Einfache Korngrenzenmodelle lassen verbesserte Eigenschaften bei Verwendung kleinerer Kristalle im Sensormaterial erwarten; eine Größenordnung der Partikel im nm-Bereich (~Debye-Länge L) verschiebt das Gewicht zwischen Volumen- und Oberflächenbeitrag zur Leitfähigkeit. Seite Schaltende Körner bei nanokristallinen Materialien Bei sehr kleinen Körnern (Breite << Debye-Länge L) sind die Bänder über das gesamte Korn flach. Ein Korn kann daher im wesentlichen zwei Zustände einnehmen: I: Das Korn enthält keine freien Ladungsträger und verhält sich somit insgesamt isolierend II: Das Korn enthält freie Ladungsträger und ist somit insgesamt leitend Das Verhalten des Sensors kann dann mittels der Perkolationstheorie beschrieben und modelliert werden, da der Sensor nur leitet, wenn ein Strompfad aus leitenden Körnern zwischen den Kontakten besteht. Die Gaskonzentration erhöht dabei die Anzahl leitender Körner. C. Krummel, Dissertation, JLU Gießen, 1998 Seite Schaltende Körner bei nanokristallinen Materialien Perkolationseffekte können dazu führen, dass ein Sensor erst ab einer bestimmten Konzentration signifikante Signale zeigt, da erst dann die Perkolationsschwelle überwunden ist. Unten: Veranschaulichung des Perkolationseffekts. Die roten Körner sind leitend, ihre Konzentration steigt von links nach rechts. Bei nur 20% leitenden Körnern kann kein Strom zwischen den Kontakten (schwarze Balken) fließen, bei höheren Konzentrationen steigt die Leitfähigkeit der Anordnung mit der Konzentration an. Rechts: Die H2-Konzentrationsempfindlichkeit eines nano-kristallinen Ga2O3-Sensors zeigt ein derartiges Verhalten, da unterhalb von ca. 25 ppm keine Empfindlichkeit messbar ist. Für SnO2 trotz intensiver Versuche kein Perkolationsüber gang gemessen Seite Perkolation Ga2O3 Häufig sind Perkolationeffekte in bedingt durch lokale Phasentransformation Perkolationseffekte in Ga2O3 durch Entmischung in Ga2O3 und eine galliumreiche Phase Ga2-xO3 Mittels PLD abgeschiedene Galliumoxideschichten mit Galliumüberschuß führen bei Erwärmung zu einer Entmischung Ein ähnlicher Effekt kann oberflächlich beim teilreduzierten Ga2O3 Sensor ablaufen 01.12.2014 L. Nagarajan, R. A. De Souza, D. Samuelis, I. Valov, A. Börger, J. Janek, K.-D. Becker, P.C. Schmidt, and M. Martin, nature materials 7, 391 – 398 (2008) Seite 36 Perkolation CuO Perkolation kann auch durch andere lokale Phasenumwandlungen z.B. von CuO zu CuS ausgelöst werden. CuS ist ein metallischer Leiter (entarteten Halbleiter) Perkolationsübergänge lassen sich durch ein Potenzgesetz beschreiben das nur von der Geometrie abhängt (in diesem Fall mit einem Exponent von 1,99) iii Tiefenwachstum Tiefenprofil mit SIMS (Kap 6.4) 10 µm REM 1 µm 200 nm Cu-distr. S-distr. EDX Mapping 01.12.2014 Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015 σDC(p) ~ (p - pc)µ Seite 37 Wesentliche Einflussfaktoren für die Empfindlichkeit Überblick über Einfluss der Kristallstruktur bei HL-Gassensoren • Kristallgröße • Leitfähigkeit begrenzt durch Korngrenzeneffekte (Energiebarriere nach O2-Adsorption) • Bandverbiegung abhängig von Korngröße (~ Debye-Länge) • Kristallstruktur • bei starker Versinterung der Körner geringerer Einfluss der Energiebarriere – freie Oberfläche • Oxidationszustand • Stöchiometrie (Ladungsträgerdichte) • Oberflächenzustände Zusätzliche wesentliche Aspekte • Stabilität der Struktur • mechanische Stabilität: SnO2 extrem spröde, Stabilisierung durch Zusätze (Binder) • chemische Stabilität: Struktur und Zustand des Sensors ändern sich laufend • Lokale Phasenumwandlungen • Aktive Zentren z.B. Säuregruppen • Erhöhung der Ansprechempfindlichkeit durch Katalysatoren • Verschiebung des Reaktionsgleichgewichts durch katalytisch aktive Zusätze • Lokaler Phasenumwandlungen Seite Haupteffekt von katalytisch aktiven Zusätzen Da ein Sensoreffekt erst nach Adsorption und evtl. Reaktion der Gasmoleküle möglich ist, erhöht man die Reaktivität der Sensoroberfläche durch katalytisch aktive Zusätze. „Spill-Over“ Effekt H2 H H2 H 3. wandern auf 1. 2. Molekülbruchstücke Molekül Molekül (hier dissoziiert, Wasserstoff) d.h. zerfällt adsorbiert in die reaktive auf Teile Sensorschicht Katalysator und können dort weiterreagieren H HH2 H H Sensorschicht Substrat katalytisch aktive Zusätze Seite LEHRSTUHL FÜR MESSTECHNIK Prof. Dr. rer. nat. A. Schütze Das war Kapitel 5 – Oberflächenreaktionen auf Gassensoren Charakterisierung von Mikrostrukturen - MT III im WS 2014/2015