SONNE, WÄRME & ENERGIEEFFIZIENZ Energiemanagementsysteme nach DIN EN ISO 50001 Das Implementieren eines funktionalen Energiemanagementsystems ist aus heutiger Sicht als unumgänglich zu betrachten. Die Entscheidungen werden oftmals durch politische und wirtschaftliche Einflüsse geprägt. DIN EN ISO 50001 stellt klare Anforderungen an ein solches Energiemanagementsystem. Rudolf Müller Steigende Energiepreise, schwindende fossile Energie­ stützen, um ihre Energieeffizienz zu verbessern. Systema­ ressourcen und wachsender Wettbewerbsdruck m ­ otivieren tisches Energiemanagement führt zur Verringerung des Politik und Gesellschaft, die Art unseres Umgangs mit Ener­ Energieverbrauchs, der Energiekosten und Treibhausgas­ gie grundlegend zu überdenken. Gesetzliche Richt­linien emissionen. Ein Energiemanagementsystem bestimmt die und Vorschriften geben weitere Impulse. Zahlreiche Unter­ Energiesituation in der Organisation, hilft die Energiepolitik suchungen und Studien zeigen, dass es in vielen Fällen ein eines Unternehmens auf Basis konkreter Daten neu festzu­ Energieeinsparpotential von bis zu 30 % und mehr gibt. legen und die Energieeffizienz zu verbessern. Darüber hin­ Energiemanagementsysteme auf Basis der DIN EN ISO aus müssen Faktoren, die den Energieverbrauch beeinflus­ 50001 [1] helfen, dieses Potential anzuzapfen. Die Norm schafft einen Rahmen für Industrieanlagen, kom­ merzielle, institutionelle und staatliche Einrichtungen und ganze Organisationen zum Energiemanagement. Sie zielt auf eine breite Anwendbarkeit über die unterschiedlichen Wirtschaftssektoren hinweg ab. Es wurde geschätzt, dass die Norm bis zu 60 % des weltweiten Energieverbrauchs beeinflussen könnte. Das allgemeine Ziel dieser Norm ist es, Organisationen bei der Einrichtung von Systemen und Prozessen zu unter­ 2 building & automation I Heft 4 – 2013 Autor: Dipl.-Ing. (FH) Rudolf Müller ist als Director Sales & Marketing Export für die Janitza Electronics GmbH in Lahnau tätig. Quelle: Janitza electronics GmbH SONNE, WÄRME & ENERGIEEFFIZIENZ durchzuführen und eine Grundlage Formulierung von Zielen und Strategien für entsprechende Maßnahmen zur Energieeffizienz zu schaffen, m ­ üssen die Energieströme weiter von der z. B. Energieeinsatz und zugehörige Kosten, Produktionsdaten Analyse und Kennzahl Datenerfassung z. B. Soll-IstVergleich, Bildung von Kennzahlen Kontrolle und Korrektur aufgelöst werden, was bedeutet, dass Großverbraucher oder Unternehmens­ einheiten und Abteilungen ebenfalls gemessen werden müssen und Unter­ Energiemanagementkreislauf z. B. Kontrolle der Zielerreichung, Feststellung des Umsetzungsstands Versorgerseite bis ganz nach unten messpunkte benötigt ­werden. Da größere Unternehmen viele Mess­ Planung und Konzeption z. B. Planung des Energieeinsatzes und der Optimierungsmaßnahmen Energieeffizienzmaßnahmen punkte haben, muss für die automati­ sche Erfassung der Energieverbrau­ cher gesorgt werden. Zu den wesent­ lichen Punkten für die Konfiguration eines solchen Datenerfassungssys­ tems gehören die Entscheidung über die erforderlichen Daten, die Daten­ Priorisierung und Durchführung von Maßnahmen auflösung, die Abfrageintervalle und der Kommunikationsaufbau. Moderne Energiemesstechnik sorgt für die nö­ tige Transparenz im Bereich des Auf­ Das Energiemanagement stellt einen geschlossenen Regelkreis mit dem Ziel der baus einer Energieversorgung. Eine kontinuierlichen Verbesserung dar kontinuierliche Datenerfassung wird empfohlen, um schnell auf Verände­ sen, ermittelt werden, um sie fortlau­ analyse, Maßnahmen zur Energieeffi­ rungen im Betrieb zu reagieren und fend zu überwachen und zu messen. zienz und der Kontrolle. gleichzeitig die erzielten Ergebnisse Für die Verfolgung der festgelegten Ziele sowie eine kontinuierliche Ver­ besserung der erzielten Ergebnisse ist der Leiter der Energieabteilung eines Kontinuierliche Datenerfassung zu dokumentieren. Über entsprechende Kommunikations­ architekturen werden die erfassten Daten an eine zentrale Stelle übertra­ Unternehmens verantwortlich. Zunächst müssen die Betriebs-, gen, in Hochleistungsdaten­ banken Die entscheidende Komponente in Verbrauchs- und Kostendaten (z. B. gespeichert und für die weitere Ver­ ­einem Energiemanagementsystem ist Strom-, Gas- und Fernwärmerechnun­ arbeitung zur Verfügung gestellt. ein effektiver und geschlossener Re­ gen) während der Datenerfassungs­ Zusätzlich muss auf eine einfache gelkreis zur Energiekontrolle. Ein Re­ phase von qualifiziertem Personal Integration der Energiedaten in über­ gelkreis dieser Art besteht aus vier erfasst und aufgezeichnet werden. geordneten Systemen geachtet wer­ Elementen: Datenerfassung, Energie­ Um eine detaillierte Auswertung den. building & automation I Heft 4 – 2013 3 lastoptimierung und Energiespei­ Power-Management Server Ethernet-Ebene (TCP/IP) Quelle: Janitza electronics GmbH SONNE, WÄRME & ENERGIEEFFIZIENZ cherung. SQL Database Client 1 … n Webserver Netzanalyse Software www GridVis •Lastmanagement: Das Last-(Spit­ zenlasten)-Management stellt eine besondere Maßnahme dar. Die Opti­ Janitza mierung des Stromlastprofils ergibt Mobile zunächst keine Energieeinsparun­ gen, sondern führt, abhängig vom Stromanbietervertrag, in erster ­Linie zu Kosteneinsparungen. Diese Maß­ UMG 508 UMG 511 UMG 604 UMG 96RM-E versorgung. Feldbus Ebene (z. B. Modbus RTU) beliebiges Modbusgerät z. B. USV Nach der Einführung eines Energie­ managementsystems ist es wichtig, Energiezähler konsequent daran zu arbeiten und es UMG 104 UMG 96RM UMG 103 ist kein einmaliges oder kurzfristiges Projekt, sondern ein fortlaufender Pro­ C° F° 123456,7 m3 Temperaturmessung weiterzuentwickeln. Mit anderen Wor­ ten, ein Energiemanagementsystem Analog/Status/Impulseingangs Ebene Wasserzähler nahme stabilisiert auch die Energie­ Statusmeldung Alarmleuchte Gaszähler UMG 508/UMG 604 Janitza Netzanalysator UMG 511/UMG 605 Janitza Netzqualitätsanalysaor UMG 103/UMG 96RM/UMG 104 Janitza Universalmessgeräte zess. Eine kontinuier­liche Kon­trolle, ob die gesetzten Ziele erreicht wurden oder Verbesserungen einzuführen sind, ist erforderlich. Die Zielsetzun­ gen müssen ebenfalls in regelmäßi­ gen Abständen überprüft werden, um sicher zu stellen, dass sie noch ausrei­ chend sind oder, soweit nötig, aktu­ Topologieansicht eines Energiemanagementsystems Von der Energieanalyse zum Maßnahmen­katalog auto­matischen Datenerfassung kön­ Die Maßnahmen können in vier Grup­ nen Ziele – erreichte und zukünftige pen unterteilt werden: – auf der Basis der entsprechenden •Planung: Untersuchung des Ener­ Daten diskutiert und neu festgelegt Die Energieanalyse basiert auf den gieverbrauchs, Optimierung der Be­ werden. Oder aber der Vergleich, zum gewonnenen Daten der automati­ triebszeiten, Maschinen mit hohem Beispiel mit dem Vormonat, zeigt schen Messdatenerfassung und bildet Wirkungsgrad, Spitzenlastoptimie­ Trends auf und erkennt Fehler recht­ rung, Wärmerückgewinnung. zeitig. Die Energieeffizienzmaßnah­ die Grundlage für die konkreten Ziele des Unternehmens im Hinblick auf •Organisatorische Maßnahmen: Be­ men können nach Einrichtung der Energieverbrauch und Energiekosten­ reich der Beschaffung, Änderungen auto­matischen Datenerfassung über­ senkung. Darüber hinaus sind die am Arbeitsablauf im Bereich der wacht und dokumentiert werden. Energieanalyseergebnisse auch der Regelung und Steuerung, Verhalten wesent­liche Ausgangspunkt für e ­ ine der Mitarbeiter, bei Wartung und ABC-Analyse der Verbraucher, die Reparatur, Schulung und Motiva­tion. Entwicklung eines Energieeffizienz- •Technische Maßnahmen: Nutzung Zuverlässigkeit und Effizienz Bewertung energieeffizienterer Motoren, Wech­ Die Stromrechnung ist in der Regel bestimmter Maßnahmen, Priorisie­ sel zu Frequenzumrichtern, Nut­ das Maß für die Kostenkalkulation der rung der Maßnahmen zur Energieeffi­ zung der Wärmerückgewinnung, betrieblichen Anlagen, Gebäude oder zienz und Erstellung eines detaillier­ Leckagenreduzierung im Druck­ Infrastruktureinrichtungen. Jedoch ist ten Maßnahmenplans. luftnetz, Optimierung der Rege­ diese Rechnung nur der sichtbare Teil Die Ergebnisse der Energieanalyse lung und Steuerung der Systeme, der manchmal viel höheren Kosten fließen in die Planung von Vorkehrun­ Optimierung der Dampferzeugung, unter Berücksichtigung einer unzu­ gen zur Reduzierung des Energiever­ intelligente Nutzung der Spitzen­ verlässigen Energieversorgung. Bei Maßnahmenkataloges, 4 alisiert werden müssen. Nur mit der brauchs und der Energiekosten ein. building & automation I Heft 4 – 2013 SONNE, WÄRME & ENERGIEEFFIZIENZ Vorteile eines Energiemanage­ mentsystems auf einen Blick geografischen Standorten zentral überwacht und ver­ glichen werden. Stromverbrauch, Blindleistungsüberwa­ chung, Wasser- und Gasverbrauch, Verfügbarkeit elek­ trischer Energie- und Stromqualität können in der Daten­ • Ermittlung von „Energiefressern“ und Einführung von bank des Firmenstützpunkts gesammelt, ausgewertet und Energieeffizienzmaßnahmen führen zur Reduzie­ analysiert werden. Dies ermöglicht eine Energieeffizienz­ rung von Strom- und Energiekosten, steigerung, da Einsparpotenziale durch Kostenvergleiche • Verminderung von klimagefährdendem Kohlen­dioxid, aufgedeckt werden. • Stabilisierung von Prozessen und Verbesserung der Praktisch auf Knopfdruck kann die entsprechende Software Spannungsqualität, •Senkung der Wartungskosten durch proaktive War­ tung und reduzierte Stressfaktoren, verwendet werden, um die verschiedenen Daten aufzube­ reiten und Statistiken und Tabellen im gewünschten For­ mat zu erstellen, die dann dem Controlling, dem Leiter der • Vermeidung von Stromausfällen, zum Beispiel durch Energieabteilung, der Einkaufsabteilung oder der Gebäude­ Oberschwingungsströme oder Resonanzprobleme verwaltung zur Verfügung gestellt werden. Im Bereich der sowie Spannungseinbrüche oder Störsignale, Immobilienverwaltung bedeutet dies zum Beispiel auch •Sensibilisierung der Mitarbeiter im Hinblick auf Energie­einsparung und Klimaschutz, •Erfüllung gesetzlicher Rahmenrichtlinien, Senkung der Energiesteuer, •verbrauchsorientierte Kostenzuordnung durch Kos­ tenstellenverwaltung sowie • Kultivierung von Umweltschutz und Unternehmens­ image. eine Verbesserung der Genauigkeit der Stromverbrauchs­ konten und eine komfortable, automatisierte, kundenspe­ zifische Abrechnung. Komplett-Energiemanagementsyste­ me schaffen Netz­ transparenz über die verschiedenen Netzebenen. Dies er­ möglicht die Ermittlung möglicher „Sünder“, die Aufdeckung ineffizienter Prozesse und die Einleitung entsprechender Maßnahmen zur Energieeffizienz. Viele Maßnahmen zur Energieeffizienz können mit geringen finanziellen Inves­ titionen erreicht werden. Und sogar bei Sachkapitalinvesti­ der wirtschaftlichen Effizienz spielen neben den direkten tionen ist eine Investitionsrendite oft innerhalb von sechs Stromkosten die effektive Kapazitätsauslastung der Ener­ bis 18 Monaten zu erwarten. gieverteilungssysteme und -einrichtungen sowie eine zu­ verlässige Energieversorgung eine wichtige Rolle. Da ­diese Kosten nicht so offensichtlich sind, werden sie oft auch als „versteckte Kosten“ bezeichnet. Mit einem integrierten, integralen Energiemanagement­ system können auch Niederlassungen an verschiedenen Literatur [1]DIN EN ISO 50001: 2011-12 Energiemanagementsysteme – ­Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung. Berlin: Beuth www.janitza.de building & automation I Heft 4 – 2013 5