Die Lücke als Chance Visionen vom Wohnen in der Stadt

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Die Lücke als Chance
Visionen vom Wohnen in der Stadt
Ein Film von Ralf Peters
Beitrag: Simon Demmelhuber & Volker Eklkofer
Inhalt
Hitlers Erbe: Bombenkrieg und Zerstörung
1939 fielen deutsche Kampfflugzeuge über Polen
her, um durch Flächenbombardierungen ganze
Städte auszuradieren und den Widerstandswillen
der Bevölkerung zu brechen. Um auf deutsche
Luftangriffe gegen England zu antworten und
eine Wende im Krieg herbeizuführen, überzog die
Royal Air Force seit dem Frühjahr 1943 Deutschland mit massiven Flächenbombardements, die
bewusst auf die Innenstädte zielten. Das selbst in
England heftig kritisierte Area Bombing kostete
600.000 Menschenleben und löschte eine Reihe
deutscher Städte nahezu völlig aus. In Hamburg,
Hannover Hildesheim, Köln, Essen, Münster,
Stuttgart, Nürnberg, Chemnitz, Darmstadt und
Dresden waren nach Kriegsende zwischen 90
und 98 Prozent des Stadtzentrum zerstört, in vielen anderen Städten lagen die Schadensquoten
zwar deutlich tiefer, hinterließen aber auch hier
städtebauliche Wunden, die zum Teil bis heute
sichtbar sind.
Wiederaufbau: Viele Wunden blieben ungeheilt
Der rasche Wiederaufbau nach dem Kriegsende
konnte nicht alle Bomben- und Brandlücken
© Bayerischer Rundfunk
schließen. Manche Bauwerke waren vielleicht höher geplant, wurden aber aufgrund finanzieller
oder statischer Schwierigkeiten dann doch nur
eingeschossig errichtet. Andere Gebäude lassen
einen unsinnig breiten Zwischenraum zum Nachbarn hin offen oder stehen neben unbebauten
Brachflächen, die meist als Abstell- oder Gerümpelhalde vergeudet werden.
Lückenfüller: Kunstschüler proben die Realität
Für Stadtplaner haben solche „unternutze Flächen“ ihren besonderen Reiz. Zum einen ästhetisch, weil diese Leerstellen im Stadtbild oft genug einen Platz oder Straßenzug verschandeln,
zum andern ganz praktisch, weil sie in den dicht
bebauten Innenstädten oft die einzige Möglichkeit
bieten, neuen Wohnraum zu schaffen.
Auch die Teilnehmer des Leistungskurses Kunst
der Bert-Brecht-Schule Darmstadt begreifen die
Baulücken ihrer Heimatstadt als Chance. Im Rahmen eines Architekturprojekts entwickeln sie eigene Visionen urbaner Lückenfüller. Dabei lernen
die Schülerinnen und Schüler gleichsam nebenher, mit welchen Schwierigkeiten Stadtplaner und
Architekten in der Wirklichkeit kämpfen: Da müssen Bauordnungen und Budgets eingehalten,
Verkehrsbedürfnisse beachtet, Umweltauflagen
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und Gestaltungsvorgaben umgesetzt werden.
Schön und architektonisch aufregend, aber dennoch funktional und dem vorhandenen Baubestand angemessen soll der Neubau zudem sein.
Prognosen wird die Bevölkerung schneller wachsen als das Immobilienangebot.
Darmstadts Zukunft im Maßstab 1: 100
Dafür gibt es mehrere Gründe: Die Innenstadt ist
bereits extrem dicht bebaut, unerschlossene
Neubaugrundstücke sind kaum zu finden. Einfach
ins Umland auszuweichen und die Stadt an ihren
Rändern zu erweitern, geht auch nicht. Zum
einen haben sich hier Gewerbegebiete angesiedelt, die eine Wohnbebauung ausschließen, zum
anderen begrenzen Verkehrswege, Bahntrassen,
Einflugschneisen und geschützte Naherholungsflächen den verfügbaren Platz. Zudem wäre ein
schieres Flächenwachstum ökologisch bedenklich. Das Auswuchern verbraucht Land, versiegelt
den Boden und vermehrt die Verkehrsbelastung.
Ein bisschen einfacher haben es die Leistungskursteilnehmer schon. Sie müssen ihre Gebäude
zwar realitätsgerecht, doch lediglich als maßstabsgetreue Modelle errichten. Aber auch das
hat es in sich, wie der dokumentarische Beitrag
zeigt. Ohne Frusttoleranz, Faktenbüffeln, Ausdauer und vor allem Einfallsreichtum ist das Projekt nicht zu stemmen. Am Ende haben es alle
geschafft. Und die Mühe hat sich gelohnt: Statt
unscheinbarer Lückenbüßer können die Kursteilnehmer echte Hingucker präsentieren.
Fakten
1. Darmstadt – Mit dem Mut zur Lücke gegen
die Wohnraumknappheit
Die Bomber kamen in der Nacht vom 11. auf den
12. September 1944. Der schwere Luftangriff radierte Darmstadt aus: 99 Prozent der Alt- und Innenstadt lagen in Schutt und Asche, 78 Prozent
der gesamten Bausubstanz waren zerstört.
Dieses Schicksal teilten viele deutsche Städte.
Hitlers verbrecherischer Krieg war heimgekehrt
und hinterließ ein Trümmerfeld. Wohnungen waren Mangelware, unzählige Menschen hausten
dichtgedrängt in dürftigen Unterkünften. Mit dem
Wirtschaftswunder der 1950er Jahre setzte ein
hektischer Wiederaufbau ein. Auch Darmstadt
heilte seine Kriegswunden aus. Heute, mehr als
Bestandsflächen besser nutzen
Angesichts dieser
Situation
bleibt den Stadtplanern nur ein
Ausweg, um die
zunehmende
W ohnraumverknappung
zu
entschärfen: Da
die vorhandene
Fläche nicht beliebig erweiterbar ist, muss sie
besser genutzt werden. Dafür bieten sich in
Darmstadt und anderswo letztlich nur bislang „unternutze Flächen“, auf gut deutsch Baulücken, an.
Als „stille Reserve“ der Stadtplanung
kommen
dabei neben Brachen und Abrisshäusern vor allem niedrige Gebäude, die leicht
aufgestockt werden können und genügend große Breschen zwischen bestehenden Bauten in Frage.
2. Stadtplanung: Disziplin statt Wildwuchs
60 Jahre später, erinnert nichts mehr an Ruinenlandschaft der Hungerjahre. Doch in der Innenstadt herrscht erneut erheblicher Wohnraummangel. Bezahlbare Bleiben sind ein rares Gut, die
steigende Nachfrage treibt die Mieten hoch. Entspannung ist nicht zu erwarten. Aufgrund jüngster
© Bayerischer Rundfunk
Die Lücke als Chance - unter diesem Motto sucht
der Leistungskurs Kunst der Bert-Brecht-Schule
Darmstadt nach kreativen Antworten auf die
drängende Wohnraumknappheit in der dicht besiedelten Kernstadt. Da die Schülerinnen und
Schüler ihre Aufgabe möglichst wirklichkeitsnah
angehen und stadtplanerisch denken sollen, verbietet sich ein bloßer Blindflug der Fantasie. Daher suchen die Teilnehmer zuerst nach realen
Baulücken in der Innenstadt, die sorgfältig fotografiert und auf ihre Eignung geprüft werden.
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Danach gilt
es, anhand
der Fotos von
Luftbildern
und Computersimulationen die aufgespürten
Areale genau
zu erkunden.
Um die kreative Arbeit auf soliden Grund zu stellen, werden zunächst die Abmessungen, Formen
und die Ausrichtung der Nachbargebäude akribisch erfasst. Da die rohen Daten wenig aussagen, modellieren die Teilnehmer das Umfeld in
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schen Kontext durch mehr oder minder strikte
Gestaltungsvorgaben an. Die Baugesetzbücher
regeln, was, wie, wo und womit gebaut werden
darf. Sie legen unter anderem die Anzahl, Größe
und Form von Fenstern oder Türen und Dächern
fest, beschränken die verwendbaren Baustoffe
und fordern generell, dass sich Neubauten nach
Art und Maß in das Vorhandene einfügen und
dem Ortsbild anpassen müssen. Gute Architekten nutzen diese Beschränkungen für einen spannenden Dialog mit der historischen Nachbarschaft: Sie nehmen Linien oder Materialien auf,
spielen mit Zitaten und Kontrasten, setzen eigene
Akzente, ohne die Gesamtharmonie zu stören.
Visionen mit Maß
Auch die Kursteilnehmer achten darauf, ihre Visionen mit der vorhandenen Bausubstanz abzustimmen. Als echte Herausforderung erweist sich
dabei vor allem die Dachgestaltung. Sie soll mar-
einem zweiten Schritt maßstabsgerecht nach.
Neben der besseren Anschaulichkeit geben die
Tonmodelle wertvolle Aufschlüsse über die Größenverhältnisse und vor allem über die Lichtführung vor Ort. Das ist ein sehr wichtiger Aspekt:
kant und ästhetisch ansprechend, aber zugleich
auch funktional ensembletauglich sein. Nicht minder wichtig als die Fassade ist auch die innere
Gliederung der entworfenen Baukörper: Stimmen
die Größenverhältnisse, sind die Zimmer groß
und hell genug, ist die Anordnung der Räume,
Treppen, Türen und Fenster sinnvoll?
Feinschliff am Plan
Denn zum einen brauchen die Bauwerke selbst
ausreichend Sonnenlicht, zum anderen ist es den
Nachbarn nicht zuzumuten, dass sie plötzlich im
Dunkeln sitzen.
Die kurze Leine der Fantasie
Im nächsten Schritt fertigen die Nachwuchsarchitekten erste Grundrisse und Skizzen ihrer
„Lückenfüller“ an. Auch dabei können sie der
Fantasie nicht einfach die Zügel schießen lassen.
Schließlich engen die Bauordnungen der meisten
Städte den Spielraum für Neubauten im histori© Bayerischer Rundfunk
Über zahllose
Experimente,
Verwerfun gen, Neuansätze, Korrekturen und Änderungen tasten sich die
Teilnehmer
solange voran, bis ihre Entwürfe ausgereift sind.
Nun beginnt die eigentlich heiße Projektphase:
Die Tonmodelle haben ihren Zweck erfüllt, jetzt
steht als vorletzte Hürde das Zeichnen der maßstabs- und detailgetreuen, detaillierten Konstruktionspläne an. Sie sind die Basis der endgültigen
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Modelle, die einen möglichst realistischen Eindruck anstreben.
Lücken machen Lust zum Füllen
Die Ergebnisse können sich sehen lassen. Das
Projekt hat eindrucksvoll gezeigt, dass Lücken im
Stadtbild eine echte Chance sowohl für ansprechende, zeitgenössische Architektur bedeuten
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mer mehr als das, was wir mit den Augen sehen
oder mit den Händen greifen können. Was Architekten bauen, spiegelt und beeinflusst unmittelbar
sowohl das Menschenbild wie auch die gesellschaftlichen Verhältnisse der jeweiligen Gegenwart. Daher ist die Architektur gestern wie heute
stets eine sehr konkrete, politisch, geistig und sozial deutbare Aussage über die Lebenswirklichkeit und die Lebensträume ihrer Entstehungszeit.
Was machen Architekten?
und zukunftsweisende stadtplanerische Impulse
setzen können. Viel gelernt haben auch die Schülerinnen und Schüler selbst. „Ich habe jetzt deutlich mehr Respekt vor Architektur, sagt eine der
Kursteilnehmerinnen. „Es erfordert einen erhebli-
Architekten sind für die technische, wirtschaftliche, funktionale sowie gestalterische Planung
und Errichtung von Gebäuden zuständig.
• Sie entwerfen und konstruieren Gebäude und
Anlagen sowohl für private wie auch öffentliche
Bauherren,
• tragen die umfassende Verantwortung für ein
Bauprojekt vom ersten Entwurf bis zur Fertigstellung,
• reichen Baupläne bei den Baubehörden ein,
• achten auf die Einhaltung aller Bauvorschriften
• sorgen für fachgerechte Ausführung der einzelnen Arbeiten,
• koordinieren, überwachen und instruieren die
mit der Bauausführung betrauten Bauunternehmen, Gewerke und Handwerker auf der
Baustelle.
Was bauen Architekten?
Architekten bauen Gebäude aller Art, beispielsweise Wohnhäuser, Krankenhäuser, Werkhallen,
Kirchen, Gewerbe- oder Bürobauten, Schulen,
Theater, Museen, Flughäfen, Bahnhöfe, Fabriken, Gefängnisse, Sportstadien, Tankstellen,
Parkhäuser...
Was müssen Architekten können?
chen Aufwand zu überlegen, wo man etwas hinbaut, wie es reinpasst und welche Materialien in
Frage kommen.“
3. Berufsziel Architekt – ein Traumjob mit Bodenhaftung.
Das Wort „Architekt“ kommt aus dem Griechischen. Es setzt sich aus den Wurzeln arché (Anfang, Ursprung, Grundlage) und techné (Kunst,
Handwerk) zusammen. Bereits in der Antike verband der architekton (Oberster Handwerker, Baumeister) das Schöne mit dem Nützlichen und
Dauerhaften, indem er Herrschafts- oder Sakralbauten errichtete, die den gebauten Raum mit
zeichenhafter Bedeutung aufluden und die Ordnung der Welt repräsentierten. Baukunst ist im© Bayerischer Rundfunk
Die Arbeit eines Architekten ist vielschichtig und
umfasst gestalterische, technische, wirtschaftliche sowie soziale Aspekte.
• Da ein Gebäude nicht nur nützlich, sondern
auch schön sein soll, müssen Architekten zunächst künstlerisch begabt sein.
• Architekten müssen gut rechnen können und
bereits bei der Planung zuverlässig abschätzen
können, was ein Bau kosten wird. Das setzt
voraus, dass sie beispielsweise die Preise für
das Baumaterial, für die Löhne oder den Maschineneinsatz kennen. Damit ein Gebäude
nicht einstürzt, müssen sie natürlich auch berechnen können, wie dick die Mauern und wie
stark die tragenden Teile sein müssen.
• Da das Bauen an viele Auflagen gebunden ist,
müssen Architekten die geltenden Gesetze
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•
•
•
•
und Auflagen berücksichtigen. So müssen sie
beispielsweise darauf achten, dass alle Brand-,
Lärm- und Umweltschutzbestimmungen oder
andere Vorschriften eingehalten werden.
Damit ein Bauwerk rechtzeitig fertig wird und
die Zusammenarbeit der Handwerker auf der
Baustelle klappt, müssen Architekten gut organisieren können. Nur so behalten sie die Termin- und Kostenvorgaben im Griff.
Obwohl sie für viele Planungsarbeiten den
Computer einsetzen, müssen Architekten gute
Zeichner sein, um ihre Idee zu entwickeln und
damit sich der Bauherr vorstellen kann, wie
das Gebäude einmal aussehen wird. Wenn es
um größere Bauwerke geht, fertigen Architekten neben den Zeichnungen oftmals Modelle
an, um zu zeigen, wie ein Gebäude in seinem
Umfeld wirken wird oder wie Licht und Schatten mit seiner Fassade spielen werden.
Architekten sind aber nicht nur für Aussehen,
sondern auch für die innere Aufteilung von Gebäuden zuständig. Sie müssen die Zimmer,
Flure, Fenster, Türen oder Treppen so anordnen, dass ein Bauwerk möglichst sinnvoll und
zweckmäßig gegliedert ist. Dazu sind neben
zeichnerischem Geschick vor allem auch planerisches Denken und ein gutes räumliches
Vorstellungsvermögen nötig.
Schließlich müssen Architekten auch sehr genau arbeiten können. Vor allem der Bauplan,
den sie zeichnen, muss so präzise, maßstabsgerecht und klar sein, dass die Handwerker ein
Gebäude später in der Wirklichkeit exakt so errichten, wie es im Kopf und auf dem Papier geplant und von den Behörden genehmigt wurde.
Wie arbeiten Architekten?
Ganz am Anfang setzen sich der künftige Bauherr und der Architekt zusammen, um zu überlegen, wie das Bauwerk aussehen, wozu es dienen, wer es nutzen und was es kosten soll. Dabei
macht sich der Architekt ein Bild über die Wünsche des Bauherrn und überlegt, wie er diese
Vorstellungen am besten umsetzen kann.
Im Anschluss an die Vorplanung zeichnet der Architekt einen groben Entwurf, auf dem zu sehen
ist, wie das Bauwerk außen aussieht und wie es
innen aufgeteilt ist. In diese erste Planung fließen
außerdem weitere Rahmenbedingungen wie wirtschaftliche, rechtliche, terminliche oder ökologische Überlegungen sowie baurechtliche Auflagen
ein. Am Ende dieser Phase stehen die wichtigsten Dinge wie Form, Farbe, Material, Aufteilung
und Nutzung fest.
Die Urskizzen werden in Absprache mit dem Bauherrn anschließend so verfeinert, dass der Archi© Bayerischer Rundfunk
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tekt immer genauere Pläne anfertigen kann. Dabei kommen meist spezielle Computerprogramme zum Einsatz, die eine räumliche und perspektivische Darstellung ermöglichen.
Wenn der Bauherr den Entwurf abgesegnet hat,
reicht der Architekt den Plan bei der Baubehörde
ein, die das Vorhaben genehmigen muss. Dieser
Schritt ist unerlässlich, weil man in Deutschland
nicht einfach nach Gusto drauf los bauen darf
und viele Bestimmungen, Gesetzen und Auflagen
einzuhalten sind.
Sobald das Bauvorhaben genehmigt ist, erstellt
der Architekt den verbindlichen Bauplan und viele
einzelne, detaillierte Ausführungszeichnungen mit
allen Maßen und Materialvorgaben als Vorlage
für Handwerker und Baufirmen. Nachdem alle
Vorarbeiten abgeschlossen sind, vergibt er zuletzt
die Bauleistungen. Das heißt, dass er jene Firmen aussucht und vertraglich bindet, die den Bau
schließlich erstellen. Während der Bauphase
kontrolliert der Architekt die Arbeiten auf der Baustelle. So stellt er sicher, dass die Vorlagen präzise, fach- und termingerecht umgesetzt werden.
Wo arbeiten Architekten?
Architekten arbeiten entweder als Angestellte
oder Selbständige in einem Architekturbüro, sind
aber auch in der Bauindustrie, in der Immobilienwirtschaft, im öffentlichen Dienst oder anderen Institutionen tätig.
Wie wird man Architekt?
Die Berufsbezeichnung „Architekt“ ist geschützt
und darf nicht beliebig verwendet werden. Um
sich Architekt zu nennen, muss man zwingend in
die Liste der Architektenkammer eines Bundeslandes eingetragen sein. In die Liste der Bayerischen Architektenkammer wird aufgenommen,
wer
• eine Abschlussprüfung in einer der Fachrichtungen Architektur, Innenarchitektur oder
Landschaftsarchitektur an einer deutschen
Hochschule, Fachhochschule oder Akademie
abgelegt hat;
• eine zweijährige praktische Betätigung in den
Berufsaufgaben der jeweiligen Fachrichtung,
möglichst ausgeglichen über den ganzen Tätigkeitsbereich, nachweisen kann;
• seinen Wohnsitz, seine Niederlassung oder
seine überwiegende Beschäftigung in Bayern
hat.
Das vorausgesetzte Studium wird von Universitäten, Fachhochschulen oder Kunstakademien angeboten. Die Studiengänge setzten dabei unterschiedliche Ausbildungsschwerpunkte: Während
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Universitäten die wissenschaftlich-technischen
Aspekte betonen und Fachhochschulen eher praxisorientiert ausbilden, legen Kunstakademien
einen deutlichen Akzent auf gestalterisch-ästhetische Inhalte. Der bisherige Abschluss als DiplomIngenieur Architektur an einer Uni oder Fachhochschule wird seit 2009 nicht mehr vergeben.
Die derzeit im Zuge der Studienformen umgestellten Abschlüsse heißen nun Bachelor of Arts
Architecture / Architektur und Master of Arts Architecture / Architektur. Das Studium an der
Fachhochschule dauert in der Regel acht, das
Studium an der Universität zehn Semester.
nachhaltigem Nutzerverhalten. Dazu gehen sie
als „Klima-Detektive“ auf Spurensuche in ihrer
Schule. Praxisnah erforschen die Schülerinnen
und Schüler ihre Schule. An Hand von Fragebögen und Arbeitsblättern werden ihnen Fachbegriffe und Zusammenhänge vermittelt. Unterschiedliche Raumsituationen werden von den Kindern
mit Hilfe von Architekten und Energieberatern
analysiert. Die Experten werden von der Bayerischen Architektenkammer finanziell unterstützt:
den Schulen entstehen keine Kosten. Licht, Luft,
Wärme, Material und Konstruktion des Schulgebäudes werden unter die Lupe genommen und
ihr Einfluss auf die Behaglichkeit ermittelt.
7. Architektur macht Schule – Unterrichtsbezogene Angebote der Bayerischen Architektenkammer
• Anwendungsmöglichkeiten: In enger Zusammenarbeit von Lehrkräften und Architekten
können die Unterlagen den jeweiligen Bedingungen der Schule und dem Alter der Schulklassen entsprechend individuell angepasst
werden. Ein gemeinsamer Termin mit dem
Ziel, das Gebäude vorab zu begutachten und
Methodik, Organisation und Zeitplan zu besprechen wird empfohlen. Die Bayerische Architektenkammer hilft gerne bei der Suche
nach einem Architekten.
• Unterrichtsmaterialien: Die Unterrichtsunterlagen für die Klassenstufen 4 ++ sind für unterschiedliche Gebäudetypen und Schularten
konzipiert.
Grundlagen zu Themen wie "Was ist mit dem Klima los?", "Was haben wir damit zu tun?", "Was
können wir tun, um weniger CO2 zu
produzieren?" werden über Arbeitsblätter und
entsprechende Erläuterungen vermittelt. Mit konkreten Detektivaufträgen gehen die Kinder durch
ihr Schulgebäude und bewerten dessen energetische Qualität. Die Ergebnisse werden in einem
Klimazeugnis zusammengefasst, das auf vereinfachte Weise Aufschluss gibt über die energetische Qualität des Gebäudes und das Nutzerverhalten. Nach Durchführung und Dokumentation
des Projektes erhalten die Schüler von der Bayerischen Architektenkammer ein Klimadiplom. Unterrichtsmaterialien stellt die Homepage der
Bayerischen Architektenkammer bereit.
„Architektur ist nichts Abgehobenes. Architektur
geht uns alle an. Architektur bestimmt ganz wesentlich, wie die Welt um uns herum aussieht.
Und Architektur bestimmt ganz wesentlich, wie
wir in unseren eigenen vier Wänden und mit anderen Menschen leben. Deshalb muss die Architektur auch fester Bestandteil schulischer Bildung
und Erziehung sein – denn ein ganz wichtiges
Ziel der Schule ist es, dass sich die jungen Menschen später zurechtfinden in ihrer Umwelt und in
der Gesellschaft.“ (Siegfried Schneider in einer
Absichtserklärung zwischen der Bayerischen Architektenkammer und dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus zur Gestaltung von Angeboten der Architekturvermittlung
an Schulen.)
Um das zum Thema Architektur in der Schule zu
fördern, organisiert und finanziert die Bayerische
Architektenkammer gemeinsam mit dem Kultusministerium unterschiedlichste Lehrerfortbildungen und Einzelprojekte an Schulen, die von Architekten durchgeführt werden. Die aktuellen
Maßnahmen sind unter ausführlich beschrieben.
Zudem steht Dipl.-Ing. Katharina Matzig vom Referat für Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Architektenkammer als Ansprechpartnerin für Lehrerinnen und Lehrer unter (089) 13 98 80-56 oder
[email protected] zur Verfügung.
Klima-Detektive – Unterrichtsmaterialien für
einen Projekttag an bayerischen Schulen
Mit dem Unterrichtsmaterial Klima-Detektive legt
die
Bayerische
Architektenkammer
einen
Schwerpunkt auf die Bewusstseinsbildung der
Themenfelder Energieeffizienz und Klimaschutz
in Bildungseinrichtungen. Gemeinsam mit ihren
Lehrern und Architekten beschäftigen sich Schüler mit klimagerechtem, nachhaltigem Bauen und
© Bayerischer Rundfunk
Kinderführungen
Sehen lernen. Sprechen können. Mitentscheiden:
Wer die Qualität der gestalteten Umwelt verbessern möchte, braucht entsprechende Kriterien,
die jedoch noch viel zu selten vermittelt werden.
Für 3. bis 6. Schulklassen bietet die Bayerische
Architektenkammer daher seit Jahren verschiedene Architekturführungen in München an. Gemeinsam mit Spielen in der Stadt e. V. wird mit
"Architektur unter der Lupe" ein Programm ausgearbeitet, bei dem Schüler wie auch Lehrer die
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Möglichkeit erhalten, ausgewählte Münchner Gebäude zu erforschen und zu erleben, sie gemeinsam zu betrachten und zu besprechen. Begleitet
werden die Klassen vom Architekten des Gebäudes und einem Kulturpädagogen. Nach der Führung bauen die Kinder ein eigenes Modell.
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nungsprozessen zu beteiligen. Das zentrale Ziel
ist, die Wahrnehmung der Schüler/innen für architektonische Qualitäten zu schärfen, ein kritisches Bewusstsein gegenüber der gebauten Umwelt auszuprägen und das notwendige „Handwerkszeug“ für die aktive Auseinandersetzung mit
architektonischen Aufgaben zu vermitteln.
Projekte mit dem Kultusministerium
Architektur greift als soziale Kunst unmittelbar in
die Lebenswelt von Menschen ein. Sie spiegelt
gesellschaftliche Prozesse wider und trägt wesentlich zum Wohlbefinden bei. Architektur ist zudem zentraler Bestandteil unserer kulturellen
Identität. Seit Jahren engagiert sich das Bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus
gemeinsam mit der Bayerischen Architektenkammer daher schon für das Thema „Architektur in
der Schule“. Dabei geht es nicht nur um die Vermittlung von kognitiven Inhalten wie Stilkunde
oder Architekturgeschichte, sondern vor allem
darum, Verständnis dafür zu schaffen, dass gebaute Umwelt ursächlich mit gestaltendem Formulieren von elementaren Lebensbedürfnissen
zu tun hat. Den jeweils aktuellen Überblick bietet
das Internetangebot der Architektenkammer.
Arbeitsgemeinschaft Architektur und Schule
Eine Arbeitsgemeinschaft bayerischer Lehrer/innen aller Schularten und Architekt/innen hat es
sich zur Aufgabe gemacht, das Thema „Architektur“ fächerübergreifend für alle bayerischen Schulen nutzbar zu machen und Schüler/innen an Pla-
In regelmäßig an Schulen durchgeführten Architekturprojekten, die auf die unterschiedlichsten
Fachbereiche der Lehrpläne abgestimmt sind,
werden Unterrichtsmethoden und -materialien in
der Praxis entwickelt, erprobt und laufend evaluiert. Das Themenspektrum erstreckt sich von
Stadtentwicklung, über nachhaltiges Bauen bis
zur Schulhausarchitektur.
So wird eine fundierte Basis gelegt, die zukünftige Bürger/innen, Bauherr/innen und Entscheidungsträger/innen befähigen soll, sich verantwortungsvoll und kompetent mit Fragen des Bauens
auseinander zu setzen und sich aktiv an Planungsprozessen zu beteiligen.
Regelmäßig stattfindende regionale und überregionale Lehrer/innen-Fortbildungen vermitteln sowohl die Bedeutsamkeit der Auseinandersetzung
von Schüler/innen mit ihrer gebauten Umwelt, sowie die theoretischen Grundlagen, Vermittlungsmethoden und das umfangreich entstandene Unterrichtsmaterial.
Informationen über aktuelle Projekte, Fortbildungsmöglichkeiten und Unterrichtshilfen stehen
im Internet zur Verfügung.
Didaktische Hinweise
Die Sendung eignet sich für den Einsatz im Fach Kunst und für fächerübergreifende Unterrichtsprojekte zum Thema Architektur ab der 4. Jahrgangsstufe.
Lehrplanbezüge (Bayern)
Grundschule
4. Jgst.
Kunsterziehung
4.2 Alltagsgegenstände
Gegenstände dienen nicht nur einer bestimmten Funktion. Ihre Gestaltung unterliegt auch ästhetischen Gesichtspunkten und beeinflusst das Kaufverhalten ganz wesentlich. Die Schüler betrachten
und vergleichen Aussehen und Zweckerfüllung von Alltagsgegenständen. Dabei erkennen sie, dass
neben Funktion und Verarbeitung vor allem die sichtbare Aufmachung eine Rolle für die Bewertung
des Gegenstandes spielt. I
- Sammeln, Ordnen und Vergleichen von Alltagsgegenständen nach Gesichtspunkten wie Form, Farbe, Material, Oberfläche, Proportion, Gebrauchsspuren, Patina
- Gebrauchsgegenstände, Schreibgeräte, Spielzeug, Möbel o. Ä.
- Erfinden von Gebrauchsgegenständen oder „Kunst“- Gegenständen, bei denen die Funktion aufgehoben ist
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Mittelschule
6. Jgst.
Kunst
6.5 Vergleichen und Darstellen: Wohnformen in aller Welt
6.5.1 Wohnformen
- Häuser und Wohnungen der näheren Umgebung
- Wohnbauten aus anderen Kulturen
- Beispiele origineller und alternativer Architektur (z. B. Hundertwasser)
- -ortstypische Bauten bzw. Behausungen fremder Kulturen
- kuriose Bauwerke der Gegenwart
- Anfertigen von Plänen, Reliefs, Collagen, Kopien und Zeichnungen
6.5.2 Luftschlösser und Traumhäuser
- Entwickeln und Darstellen eines Phantasiegebäudes nach eigenen Ideen und Wünschen
- Darstellungen phantastischer Architektur in der bildenden Kunst
Gymnasium
5. Jgst.
Kunst
5.3 Architektur und Design: Häusliches und schulisches Umfeld
Die Kinder […] entwickeln eigene Vorstellungen für phantasievolle Gestaltungen.
- Beobachtung und Beschreibung des Einflusses von elementaren Formen der Architektur auf das
menschliche Verhalten
- Raumerprobung und Raumwahrnehmung im spielerischen Handeln
- Herstellen von Objekten (z. B. Erinnerungsobjekte, Spielobjekte, Puppen, Masken) und räumlichen
Modellen
- Entwerfen von Apparaten und Modellen, Entwickeln von archaischen Werkzeugen
7. Jgst.
Kunst
7.3 Architektur und Design: Lebensräume
Die Schüler reflektieren bei der Untersuchung von Architektur die Umwelt als Lebensraum. In eigenen
Gestaltungen entwerfen sie Alternativen zu vorgefundenen Situationen und setzen sich mit den funktionalen und ästhetischen Aspekten von Architektur und Design auseinander.
- Entwerfen von architektonischen Elementen mit schmückenden bzw. funktionalen Anteilen (z. B. Balkon oder Regenrinne als Bauplastiken)
- Bauen von einfachen architektonischen Modellen
- Vertiefungsmöglichkeit: Gestalten von Scheinarchitekturen, Kulissen oder Raumbildern
Lernziele
Die Schülerinnen und Schüler sollen:
• sich altersgemäß mit den Aufgaben und der Formensprache der Architektur auseinandersetzen,
• ein Bewusstsein für die Bedeutung von Architektur und die Aufgaben der Stadtplanung entwickeln,
• sich mit Fragen der Stadtgestaltung auseinandersetzen
• ein Gespür für die unterschiedlichen zeittypischen Erscheinungsformen von Architektur und den
Wert ihrer Erhaltung bekommen,
• in Grundzügen über die Arbeitsweise und Tätigkeiten des Architekten und des Stadtplaners Bescheid wissen.
Anregungen für den Unterricht
Unterrichtsprojekte: Die Bayerische Architektenkammer fördert Einzelprojekte an Schulen, die von
Architekten durchgeführt werden. Beispiele für bereits realisierte Unterrichtsprojekte der Bayerischen
Architektenkammer finden sich auf der Homepage, Frage beantwortet Dipl.-Ing. Katharina Matzig vom
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Referat für Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Architektenkammer. Frau Matzig ist telefonisch unter
(089) 13 98 80-56 oder per Mail unter [email protected] erreichbar und für die Versendung von Antragsformularen verantwortlich.
Die Schülerinnen und Schüler erhalten den Auftrag, entsprechende Baulücken in ihrer Stadt, ihrer Gemeinde oder auch nur im Schulumfeld ausfindig zu machen, zu dokumentieren und abzuwägen, wie
die Lücken genützt werden könnten.
Eine weitere Möglichkeit, Film und Unterricht zu verzahnen, kann darin bestehen, mit der Klasse entweder das nächstgelegene Stadt- oder Kommunalplanungsamt zu besuchen, bzw. einen Referenten
der Behörde zu einem Besuch einzuladen. Dabei können sich die Schüler über die Zuständigkeiten,
den Aufbau und die Vorhaben des Amtes informieren. Bei ausreichender Zeit und ausreichendem Interesse können die Klassen anschließend ihre Vorschläge für die Schließung gefundener Baulücken
präsentieren.
Ein sehr reichhaltiges Angebot und maßgeschneiderte Hilfestellungen für die schulische Behandlung
des Themas Architektur bietet darüber hinaus die Bayerische Architektenkammer an.
Links
http://www.byak.de/start
Homepage der Bayerischen Architektenkammer
http://www.byak.de/start/architektur/architektur-fur-kinder
Spezialangebot „Architektur für Kinder“ der Bayerischen Architektenkammer
http://berufenet.arbeitsagentur.de/berufe/start?dest=profession&prof-id=58574
Berufsinformationen „Architekt“ der Bundesagentur für Arbeit.
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