Aus dem Universitätsklinikum Ulm Institut für Transfusionsmedizin Direktor: Univ.-Prof. Dr. med. Hubert Schrezenmeier Degranulation und Freisetzung von radikalen Sauerstoffspezies durch Eosinophile Granulozyten im nekrotischen Milieu Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin der Medizinischen Fakultät der Universität Ulm vorgelegt von Gloria Herzog Geboren in Pfaffenhofen an der Ilm 2012 Amtierender Dekan: Prof. Dr. Thomas Wirth 1. Berichterstatter: PD Dr. Ramin Lotfi 2. Berichterstatter: Prof. Dr. Dietmar Abendroth Tag der Promotion: 06.06.2013 Meinen Eltern Inhaltsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis ......................................................................................... III 1 2 Einleitung ........................................................................................................ 1 1.1 Damage associated molecular patterns .................................................... 1 1.2 Eosinophile Granulozyten ......................................................................... 2 1.2.1 Vorkommen ..................................................................................... 2 1.2.2 Eos werden von nekrotischem Material angezogen ........................ 3 1.2.3 Eos sind potente Bildner von reaktiven Sauerstoffspezies .............. 4 1.2.4 Intrazelluläres Arsenal von Eos ....................................................... 4 1.3 Kolorektales Karzinom .............................................................................. 5 1.4 Fragestellung ............................................................................................ 6 Material und Methoden.................................................................................... 7 2.1 Material ..................................................................................................... 7 2.1.1 Instrumente ..................................................................................... 7 2.1.2 Chemikalien und Biochemikalien ..................................................... 7 2.1.3 Zellkulturmedien .............................................................................. 8 2.1.4 Sonstige Reagenzien ...................................................................... 8 2.1.5 Zelllinien .......................................................................................... 8 2.2 Methoden .................................................................................................. 9 2.2.1 Zellkultur .......................................................................................... 9 2.2.2 Lysatherstellung und Gewinnung von löslichen DAMPs ................. 9 2.2.3 Isolierung von Granulozyten-Gesamtpopulation und Eos- Subpopulation ................................................................................................. 9 3 2.2.4 Messung von Oxidativem Burst ..................................................... 10 2.2.5 Messung der Freisetzung von MBP .............................................. 10 2.2.6 Messung der Freisetzung von EPO ............................................... 11 2.2.7 Oxidation von DAMPs ................................................................... 11 2.2.8 Inhibitionsversuche mittels Antikörpern gegen RAGE und HMGB111 2.2.9 Statistik .......................................................................................... 11 Ergebnisse .................................................................................................... 12 I 3.1 Nekrotisches Tumormaterial induziert dosisabhängig die Freisetzung von MBP und EPO aus Eos durch aktive Degranulation ......................................... 12 3.2 Eos bilden Sauerstoffradikale als Antwort auf die Stimulation mit nekrotischem Material (DAMPs) ....................................................................... 15 3.3 Bildung von ROS als Antwort der Eos auf das Lysat ist unabhängig von der Malignität der lysierten Zellen ..................................................................... 17 3.4 Oxidation von nekrotischem Material neutralisiert den degranulationsinduzierenden Effekt des Lysats auf Eos .................................. 18 3.5 Anti-RAGE wie auch Anti-HMGB1 hemmen den stimulatorischen Effekt von Lysat auf Eos ............................................................................................. 20 3.6 HMGB-1 induziert die Degranulation von Eos ......................................... 22 3.7 HMGB-1 induziert den oxidativen Burst von Eos .................................... 23 4 Diskusion....................................................................................................... 25 5 Zusammenfassung ........................................................................................ 31 6 Literaturverzeichnis ....................................................................................... 32 Danksagung Lebenslauf II Abkürzungsverzeichnis APC Antigen präsentierende Zellen (Antigen Presenting Cells) ATP Adenosintriphosphat CCR7 Chemokine Rezeptor 7 CD Zelloberflächendifferenzierungsmarker (Cluster of Differentiation) CM-H2DCFDA Chloromethyl2’,7’dichlorodihydrofluoreszeindiacetat CTLA zytotoxisches T-Lymphozyten Antigen (Cytotoxic T-Lymphocyte Antigen) DAMPs Zellschaden assoziierte molekulare Muster (Damage Associated Molecular Patterns) DC Dendritische Zellen (Dendritic Cell) DMEM Dulbecco’s Modified Eagle Medium DNS Desoxyribonukleinsäure ECP Eosinophiles Kationisches Protein der eosinophilen Granulozyten (Eosinophil Cationic Protein) EDN Neurotoxin der Eosinophilen Granulozyten (Eosinophil Derived Neurotoxin) EDTA Ethylene Diamine Tetraacetic Acid Eos Eosinophile Granulozyten EPO Peroxidase der eosinophilen Granulozyten (Eosinophil Peroxidase) Erys Erythrozyten FCS Fetales Kälberserum (Fetal Bovine Serum) FITC Fluoreszein fMLP N-Formyl-Met-Leu-Phe GM-CSF Granulozyten-Monozyten Kolonie stimulierender Faktor (Granulocyte Monocyte Colony Stimulating Factor) Gr Granulozytengesamtpopulation HMGB1 High Mobility Group Box 1 Protein HSP Hitzeschockprotein IFN Interferon IgG Immunglobulin der Klasse G III IL Interleukin MACS Magnet gestützte Zelltrennung (Magnetic Activated Cell Sorting) MBP Major Basic Protein MFI Mittlere Fluoreszenz Intensität MHC Major-Histo-Kompatibitatskomplex MSC Mesenchymale Stroma-/Stamm-Zellen NK natürliche Killerzellen ODP O-phenylenediamin PAMP Pathogen assoziierte molekulare Muster (Pathogen Associated Molecular Patterns) PBMZ Peripheral Blood Mononuclear Zellen PBS Phosphatgepufferte Salzlösung (Phosphate Buffered Saline) PE Phykoerythrin PMA Phorbol 12-Myristate 13-Azetat RAGE Receptor For Advanced Glycation Endproducts ROS Reaktive Sauerstoffspezies (Reactive oxygen spezies) RPMI Nährmedium für Zellkulturen (Roswell Park Memorial Institute) TLR Toll-ähnlicher Rezeptor (Toll-like Receptor) TNF Tumornekrosefaktor IV 1 Einleitung 1.1 Damage associated molecular patterns Bei Erwachsenen findet man maligne Tumore oft in einer Umgebung geprägt von chronischer Entzündung und ausgedehnter Nekrose [1]. Im Laufe der meist langjährigen Entstehung und Entwicklung eines Tumors kommt es zu Veränderungen sowohl im Organismus des Patienten als auch im Tumor selbst, sodass eine beidseitige Adaptation stattfindet. Es gibt Hinweise, dass die Anwesenheit von Nekrose und Entzündung das Tumorwachstum fördert [2], deshalb ist es notwendig, das sogenannte Mikromilieu des Tumors zu charakterisieren, welches das Tumorgewebe zu seinem Wachstum benötigt. Fast immer beobachtet man bei fortgeschrittenen soliden malignen Tumoren einen nekrotischen Zelluntergang. Folgende drei Hauptursachen sind für die Nekrose im Tumorgewebe verantwortlich: 1. Inadäquate Gefäß-/Blutversorgung des Tumors durch das fehlende Gleichgewicht zwischen rasch wachsendem Tumor und der insuffizienten Angiogenese, 2. Zytotoxische Immunantwort des Wirts, 3. Ausschalten des programmierten (apoptotischen) Zelltodes durch den Tumor selbst. Im Rahmen von Nekrose kommt es - im Gegenteil zum programmierten Zelltod - zum plötzlichen Verlust der Plasmamembranintegrität mit Einreißen der Zellmembran und der ungeordneten Freisetzung großer Mengen intrazellulärer Substanzen in den extrazellulären Raum, wo sie physiologisch entweder gar nicht oder nicht in der hohen Konzentration zu finden sind. Außerhalb der Zelle können diese freigesetzten Faktoren eine Signalfunktion ausüben, weswegen sie von einigen Autoren auch als „Danger Signals“ bezeichnet werden [3]. Basierend auf dem Mechanismus ihrer Freisetzung hat sich die Bezeichnung „Damage Associated Molecular Patterns“ (DAMPs) für diese Faktoren etabliert. Freisetzung von DAMPs führt zu entzündlichen Prozessen mit Gewebeneubildung und -umbau, was im Falle von Tumorgewebe eine Neovaskularisierung bedeuten kann. Zu den bereits identifizierten DAMPs gehören S100-Proteine, Harnsäure, Adenosintriphosphat (ATP), Hyaluronsäure, Hitzeschockproteine (HSPs), Heparan, Syndecan [4], Versican [5] und das prototypische DAMP mit zytokinähnlichen Eigenschaften namens „High Mobility Group Box 1“ (HMGB1). Beim HMGB1 handelt sich um ein evolutionär altes und hochkonserviertes Protein. HMGB1 kommt im Zellkern und im Zyto1 plasma fast aller Zellarten vor [6;7], es wird bei Stress und Nekrose freigesetzt [8]. DAMPs treten meist über Oberflächenrezeptoren mit den Zellen in Kontakt [9]. Bekannte Rezeptoren für HMGB1 sind “Toll-Like” Rezeptor-2 (TLR-2), TLR-4 und “Receptor For Advanced Glycation End products“ (RAGE) [7]. HMGB1 und RAGE bilden ein Ligand-Rezeptor-Paar, das in verschiedenen biologischen Systemen von Bedeutung ist [10]. Typische Liganden für TLRs - die auf Leukozyten exprimiert werden - sind die sogenannten pathogen assoziierte molekulare Muster (PAMPs), so dass eine TLR-Ligation normalerweise zu einer immunologischen Reaktion mit sekundärer Entzündung und weiterem Gewebeschaden/Nekrose führt, die Hauptaufgabe von RAGE-exprimierenden Zellen liegt hingegen im Bereich der Wundheilung [10], die mit einer Immunsuppression assoziiert ist. Im Tumorgewebe finden sich typischerweise neben Tumorzellen verschiedene eingewanderte Leukozyten und Stromazellen sowie geschädigte nicht-neoplastische Nachbarzellen eingebettet in der extrazellulären Matrix [11]. Die Anwesenheit von Leukozyten im Tumorgewebe ist ein Anzeichen für ein immunologisches Geschehen, das entweder sekundär, aufgrund des Tumors entstanden ist oder primär - im Rahmen einer chronischen Entzündung - vorhanden war und möglicherweise die Entstehung des Tumors begünstigt hat. Das Mikromilieu, in dem ein Tumor entsteht und wächst, wird also durch Faktoren beeinflusst, die von Tumorzellen selbst im Rahmen parakriner Mechanismen freigesetzt werden oder ihren Ursprung in nekrotischen Zellen, Zellen des benachbarten Gewebes oder eingewanderten Leukozyten haben. 1.2 Eosinophile Granulozyten 1.2.1 Vorkommen Eosinophile Granulozyten (Eos) gehören zu den Zellen der angeborenen Immunität und somit zur primären Immunantwort. Eine Eosinophilie im Gewebe findet sich bei Wurminfektionen [12], im Rahmen von Gewebsheilungsprozessen sowie im Zusammenhang mit chronisch entzündlichen Erkrankungen wie das Asthma bronchiale, wo diesen Zellen eine pathophysiologische Rolle zugeschrieben wird [13]. Eos werden aus hämatopoetischen Stammzellen im Knochenmark gebildet [14]. Nach ihrer Bildung werden sie als terminal differenzierte Zellen ins periphere Blut 2 abgegeben, im Blut haben sie eine Halbwertszeit von etwa 18 Stunden [15]. Die niedrige Zahl von zirkulierenden Eos (lediglich 1-5 % der Leukozyten im peripheren Blut) täuscht über ihr zahlreiches Vorkommen in der Mukosa von Lunge und Magen-Darm-Trakt hinweg [16]. Bevorzugt finden sich Eos in Geweben mit hohem Zellumsatz und hohem regenerativen Potenzial wie primäre und sekundäre lymphatische Organe [17;18], Uterus [19], Lunge und Gastrointestinaltrakt mit Ausnahme des Ösophagus [18]. Es konnte gezeigt werden, dass Eos im Rahmen von Fibrosierung und Angiogenese gehäuft vorkommen [13;20;21]. Eos akkumulieren darüber hinaus insbesondere in nekrotischen Arealen und im Tumorgewebe [22]. Das physiologische Vorkommen von Eos im Gewebe mit hohem Zellumsatz ist möglicherweise ein Hinweis dafür, dass Eos im Rahmen von Zellproliferation eine steuernde Funktion übernehmen, in dem sie Faktoren freisetzen, die Gewebeumbau auslösen und das Einwandern weiterer Leukozyten beeinflussen. In der Lunge sind Eos notwendig, um Effektor T-Zellen lokalisiert anzulocken [23]. Sowohl während der Wundheilung als auch während des Tumorwachstums findet sich ein hoher Zellumsatz, was das gehäufte Vorkommen von Eos erklären könnte. Darüber hinaus sind Eos dazu in der Lage, die Reifung Dendritischer Zellen (DCs) zu beschleunigen [24]. Diese beiden Beobachtungen unterstreichen die wichtige Rolle von Eos in entzündetem Gewebe. Eine Eosinophilie im peripheren Blut oder im Tumorgewebe werden nicht nur regelmäßig bei einigen Tumorarten beobachtet, sondern auch im Rahmen der Tumor-Immuntherapie mit Interleukin-2 (IL-2) [25] und IL-4 [26] gefunden. Klinische Beobachtungen zeigen, dass Kolorektalkarzinom-Patienten, die eine Eosinophilie im Tumorgewebe oder im Blut aufweisen, eine bessere Prognose aufweisen [27]. 1.2.2 Eos werden von nekrotischem Material angezogen Wie bereits beschrieben, ist ein Merkmal des fortgeschrittenen neoplastischen Tumorgewebes der nekrotische Zelltod. In vitro und in vivo Versuche konnten zeigen, dass Eos von nekrotischem Material – also DAMPs - angezogen werden [22;28]. Darüber hinaus konnte im Mausmodell eine Infiltration des Tumorgewebes durch Eos bereits in der ersten palpablen Phase mit signifikanter Akkumulation von Eos im nekrotischen Tumorzentrum und im Bereich der äußeren Kapsel [22] 3 gezeigt werden. Die Rezeptoren TLR-4 und RAGE, die zugleich als Rezeptor für HMGB1 (prototypischer DAMP) dienen, werden auf der Oberfläche von Eos exprimiert [29]. Wie bei anderen Erkrankungen, die mit einer Eosinophilie im Blut oder im Gewebe assoziiert sind, ist auch im Zusammenhang mit Tumoren die Rolle der Eos immer noch nicht geklärt. Aufgrund der Beobachtung, dass Eos von nekrotischem Material angezogen werden, stellt sich die Frage, inwieweit eingewanderte Eos das Tumormilieu und Tumorwachstum beeinflussen. 1.2.3 Eos sind potente Bildner von reaktiven Sauerstoffspezies Über die Degranulation hinaus sind Eos in der Lage, reaktive Sauerstoff Spezies (ROS) zu bilden und freizusetzen [30]. ROS ist eine Sammelbezeichnung für reaktive, instabile Atome und Moleküle, die oxidierend wirken, dazu gehören freie Radikale wie Hyperoxide Anion, Hydroxylradikal, Singulett-Sauerstoff und Stickoxide sowie radikale Sauerstoffderivate wie Wasserstoffperoxide (H2O2), hypochlorige Säure und Peroxinitrit. ROS können auf der Protein-, Lipid- und Desoxyribonukleinsäure (DNS)-Ebene Schäden in der Zelle verursachen. Die Oxidation kann enzymatische Prozesse und die Wirksamkeit von Wachstumsfaktoren beeinflussen. Peroxidation von Lipiden kann zu Apoptose führen. Oxidation von DNS bewirkt Einzel- und Doppelstrangbrüche, Veränderungen an Basen oder Desoxyribose, DNS-DNS-Quervernetzungen oder DNS-Protein-Quervernetzung. Die oxidativen Schäden an der DNS können die Transkription beeinflussen, zu Störungen des Zellzyklus führen oder die Apoptose einleiten. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte ist es bedeutsam, dass unter allen Leukozyten Eos die höchste Kapazität zur Bildung von ROS besitzen. Sie können bis zu zehnmal mehr ROS freisetzen als neutrophile Granulozyten [31]. Zusätzlich können Eos im Rahmen ihrer Degranulation durch die Freisetzung der eosinophilen-spezifische Peroxidase (EPO) die oxidierende Wirkung von Wasserstoffperoxid verstärken (s.u.). 1.2.4 Intrazelluläres Arsenal von Eos Reife Eos enthalten Granula, die sie bei Stimulation ausschütten können. Ihre Granula enthalten verschiedene kationische Proteine, die nicht nur toxische Eigenschaften haben, sondern auch möglicherweise für Geweberemodeling und 4 Beseitigung von Zelldetritus notwendig sind [32]. Als Hauptbestandteile der Granula von Eos finden sich die kationischen Proteine Major Basic Protein (MBP), Eosinophil Peroxidase (EPO), Eosinophil Cationic Protein (ECP) und Eosinophil Derived Neurotoxin (EDN). Die Granula beinhalten zudem Zytokine, Chemokine, Wachstumsfaktoren und Lipidmediatoren. Nach derzeitiger Auffassung sind Eos für den Zelltod und Gewebeschaden verantwortlich, die gehäuft bei Erkrankungen beobachtet werden, die mit einer Gewebseosinophilie einhergehen [33]. Von den aufgezählten Granula verdient das Protein EPO im Rahmen dieser Dissertation insofern eine besondere Beachtung, als es die oxidierende Wirkung von Eos auf ihre Umgebung katalysiert; unter Zuhilfenahme von Wasserstoffperoxid beschleunigt/erleichtert EPO die Bildung von hypohalogenigen bzw. pseudohypohalogenigen Säuren aus den Halogeniden Bromid und Chlorid und dem Pseudohalogenid Thiocyanat. Neben seiner zytotoxischen Wirkung auf die Ziel- und Nachbarzellen [34] bewirkt MBP in niedrigen Konzentrationen die Zytokinfreisetzung bei anderen Leukozyten [34], außerdem stimuliert MBP die Bildung von Sauerstoffradikalen durch neutrophile Granulozyten [35], was zusätzlich zur Entstehung einer oxidativen Umgebung beiträgt. Das Zytokinprofil der Granula in Eos wird typischerweise mit einer TH2Immunantwort in Verbindung gebracht, allerdings konnte gezeigt werden, dass Eos auch TH1 typische Zytokine, wie IFN-γ und IL-12, und das proinflammatorische Zytokin TNF-α enthalten [36]. Damit fungieren Eos nicht nur als Effektorzelle, sondern sind mit einem Repertoire an Zytokinen ausgestattet, was die Zuschreibung einer immunmodulatorischen Funktion zulässt. 1.3 Kolorektales Karzinom Das kolorektale Karzinom ist in Deutschland sowie in anderen westlichen Ländern bei beiden Geschlechtern die zweithäufigste maligne Tumorerkrankung mit einer jährlichen Inzidenz von 72/100.000 für Männer und 49/100.000 für Frauen. Die Mortalität für Männer beträgt 27/100.000 und für Frauen 17/100.000. Damit ist das kolorektale Karzinom für Männer und Frauen die zweithäufigste Krebstodesursache in industrialisierten Ländern wie Deutschland [37]. In den meisten Fällen handelt es sich bei Kolorektalkarzinomen um Adenokarzinome. Sie sind wie alle malignen Tumore gekennzeichnet durch rasches, in5 vasives und destruierendes Wachstum. Durch das Missverhältnis zwischen raschem Tumorwachstum und Neovaskularisierungsprozess des neuent- stehenden Tumorgewebes kommt es zu einer mangelnden Blutversorgung im Tumor, die zur Entstehung von Nekrosen insbesondere in zentralen Regionen des neoplastischen Gewebes führt. Fast regelmäßig findet sich eine Leukozyteninfiltration. Beim Kolonkarzinom ist eine Infiltration von Leukozyten mit einer besseren Prognose assoziiert [4;38-41]. Zellphysiologisch sind maligne Zellen durch folgende sechs Merkmale charakterisiert: Selbststeuerung der Wachstumssignale, keine Reaktion auf externe Antiwachstumssignale, Apoptoseresistenz, unbegrenztes Replikationspotenzial, Angiogenese sowie Invasion und Metastasierung [42]. Nach kurativer Therapie kann es zu Lokalrezidiven, Fernmetastasen oder metachromen Zweittumoren kommen. Die meisten Rezidive treten innerhalb des ersten Jahres auf. Bei Patienten mit schlechtem oder fehlendem Ansprechen des Tumors auf eine Chemotherapie könnte die gesteigerte proliferative Aktivität oder die Apoptoseresistenz eine mögliche Ursache sein [43]. In der vorliegenden Arbeit wurden zwei kolorektale Zelllinien (HCT-116 und CACO-2) für die Generierung eines in vitro Modells für nekrotisches Milieu eingesetzt. 1.4 Fragestellung Basierend auf die Beobachtung, dass Eos von nekrotischem Material angezogen werden [22;28], sollte im Rahmen der vorliegenden Arbeit untersucht werden, welche Bedeutung die Eos-Einwanderung ins nekrotische Gewebe für das Tumormilieu hat. Die zwei Haupteffektorfunktionen, die Eos zugeschrieben werden, sind die Generierung von Sauerstoffradikalen, die auch als respiratorischer Burst bezeichnet wird, und die Degranulation, die eine Freisetzung von einerseits zytotoxischen Proteinen wie MBP und EPO und andererseits von Zytokinen bedeutet. Aus diesem Grund werden im Folgenden der oxidative Burst und die Degranulation von Eos nach Stimulation mit nekrotischem Material untersucht. 6 2 Material und Methoden 2.1 Material 2.1.1 Instrumente FACScan BD Biosciences POLARstar Omega BMG Labtec 2.1.2 Chemikalien und Biochemikalien Albuminlösung 20 BaWü N DRK-BSD Baden-Württemberg - Hessen Anti-HMGB1 (Clone 4C9) Medical & Biological Laboratories co., ltd Anit-HMGB1 (Clone KS1) Medical & Biological Laboratories co., ltd Anti-HMGB1/2 (Clone FBH7) Medical & Biological Laboratories co., ltd Anti-Human MPB BD Biosciences Anti-human RAGE Antibody R&D Systems Aqua DeltaSelect DeltaSelect Biocoll Seperating Solution BIOCHROM AB CliniMACS PBS/EDTA Buffer Milteny Biotec Cytofix/CytopermTM BD Biosciences Dulbecco’s Modified Eagle Medium invirtogenTM (DMEM) Eosinphil Isolation Kit Miltenyi Biotec Fetal Bovine Serum (FCS) invitrogenTM Humanes AB-Serum DRK Blutspendedienst BaWü-Hessen Mouse IgG, whole molecule Jackson ImmunoResearch OPD (O-phenylenediamine) Pierce PE goat anti mouse IgG Jackson ImmunoResearch Penicillin/Strptomycin invitrogenTM Perm/WashTM BD Biosciences Phosphate-Bufferde Saline (PBS) invitrogenTM Phosphate-Bufferde Saline 10x invitrogenTM Phorbol 12-Myristate 13-Acetate Sigma-Aldrich (PMA) 7 PolymorphprepTM AXIS-SHIELD Purified Mouse Anti-Human Eosinophil BP Pharmingen Major Basic Proteine Monoclonal Antibody Rat Anti-Mouse IgG1 PerCP BD Bioscience Recombinant Protein HMGB1 Abnova Recombinant Human HMGB1 R&D Systems RPMI 1640 Lonza Schwefelsäure Sigma- Aldrich Stabel Peroxide Buffer Pierce Trypsin 2,5% InvitrogenTM Wasserstoffperoxide 30% (H2O2) Fluka Whole-Goat-IgG Jackson ImmunoResearch 5-(and-6)-chloromethyl-2’,7’- InvitrogenTM dichlorodihydrofluorescein diacetate (CM-H2DCFDA) 2.1.3 Zellkulturmedien Standard-Eos-Medium bestand aus 90% RPMI mit 10% AB-Serum mit Zusatz von 100U/ml Penicillin-G und 100µg/ml Streptomycin. Standard-Zelllinien-Medium für die Kultivierung von kolorektalen Zelllinien setzte sich zusammen aus 90% phenolrotfreies DMEM mit 10% AB-Serum mit Zusatz von 100U/ml Penicillin-G und 100µg/ml Streptomycin. 2.1.4 Sonstige Reagenzien EDTA-Trypsin: EDTA 0,02% mit 0,25% Trypsin MACS-Puffer: CliniMACS PBS/EDTA Buffer mit 0,5% Albuminlösung 2.1.5 Zelllinien CACO-2 Deutsche Sammlung von Mikroorganismen und Zellkulturen GmbH (DSMZ) HCT-116 DSMZ MSC Institut für Klinische Transfusionsmedizin Ulm 8 2.2 Methoden 2.2.1 Zellkultur Die Zelllinien HCT-116 und CACO-2 wurden in Standard-Zelllinien-Medium (s.o) kultiviert. Die Zellen wurden bei einer Konfluenz von 70-90% passagiert. Geerntet wurden die Zellen entweder mit EDTA-Trypsin oder mit EDTA allein. Kultiviert wurden die Zellen in einer wasserdampfgesättigten Atmosphäre mit 5% Kohlendioxid (CO2) und bei 37°C. 2.2.2 Lysatherstellung und Gewinnung von löslichen DAMPs Um nekrotisches Zellmaterial (DAMPs) zu gewinnen, wurden Tumorzellen lysiert. Das Gesamtlysat wurde zentrifugiert und der Lysatüberstand wurde zur Stimulation von Eos und DCs verwendet. Im Detail wurde wie folgt vorgegangen: Die Zellen wurden bei einer Konfluenz von 70-90% geerntet. Es wurde eine Zelsuspension mit einer Konzentration von 108 Zellen/ml in PBS hergestellt. Zur Induktion von Nekrose wurden die Zellmembranen thermisch zerstört, dazu wurde die Suspension drei bis fünf Zyklen in flüssigem Stickstoff eingefroren und bei 37°C im Wasserbad wieder aufgetaut. Danach wurde die Suspension 20 Minuten bei 13.000g zentrifugiert, der Überstand abgenommen und erneut 5 Minuten bei 13.000g zentrifugiert. Lysat, das nicht sofort zur Verwendung kam, wurde es bei -20°C gelagert. 2.2.3 Isolierung von Granulozyten-Gesamtpopulation und Eos- Subpopulation Die Granulozytengesamtpopulation (Gr) wurde mittels Dichtegradiententrennung von mononukleären Zellen (PBMZ) getrennt. Für die Dichtegradiententrennung wurde ein Teil Biocoll mit zwei Teilen des in PBS verdünnten EDTA-antikoagulierten Vollblutes überschichtet. Anschließend wurde 20 Minuten bei 700g ohne Bremse zentrifugiert. Nach der Zentrifugation wurde der Überstand abgesaugt. Im Pellet befanden sich Erytrozyten (Erys) und Gr. Erys wurden mit Hilfe einer hypotonen Lösung lysiert, hierzu wurden dem Pellet 20ml 0,1-faches PBS zugegeben, was innerhalb von ca. 30-45 Sekunden zur Lyse der Erys führte, die hypotone Lyse wurde durch Zugabe von 20ml 1,9fachem PBS gestoppt, wodurch eine isotone Lösung wieder hergestellt wurde, bei nicht ausreichender Lyse von Erys wurde der Schritt bis zu dreimal wiederholt. 9 Alternativ wurden die Granulozyten mit Hilfe von PolymorphprepTM aus Vollblut isoliert. Dafür wurde ein Teil PolymorphprepTM mit zwei Teilen unverdünntem antikoaguliertem Vollblut überschichtet. Es wurde 30 Minuten bei 500g ohne Bremse zentrifugiert. Die Schicht, worin sich die Gr befanden wurde geerntet. Eos wurden mittels Negativselektion mit Hilfe der MACS-Technologie (Eosinophil Isolation Kit, Miltenyi Biotec) nach Angaben des Herstellers aus den Gr separiert. Eos wurden anschließend in Standard-Eos-Medium aufgenommen. 2.2.4 Messung von Oxidativem Burst 2`,7`-H2DCFDA kann von Leukozyten aufgenommen werden und besitzt die Eigenschaft, nach Oxidation ein fluoreszierendes Signal zu emittieren, das mit der Konzentration oxidierender Substanzen (ROS) korreliert. Die ROS-Bildung von Eos und Gr wurde durch Zugabe von 1µM 2`,7`-H2DCFDA zu 2x105 Zellen gemessen. Die Zellen wurden hierzu 20 Minuten mit 2`, 7`-H2DCFDA gefärbt, bevor sie mit den angegebenen Konzentrationen von DAMPs bzw. HMGB1 stimuliert wurden. Die Fluoreszenz wurde entweder mittels FACS Analyse (FACScan) oder mit POLARstar Omega Fluoreszenplattenleser zu den angegebenen Zeitpunkten bestimmt. Für die Bestimmung mit dem Plattenleser wurden in jedes Well einer schwarzen 96 Well Platte 5x104 Zellen (resuspendiert in 200µl Medium) gegeben. Als Medium wurde phenolrot freies RPMI 1640 ohne Zusatz von Serum verwendet. Als Negativkontrolle wurden unstimulierte Zellen verwendet. Als Positivkontrolle wurden die Zellen mit 1µM fMLP stimuliert. 2.2.5 Messung der Freisetzung von MBP Freisetzung von MBP wurde indirekt über den Verlust von intrazellulärem MBP bestimmt. Die Eos wurden nach der Stimulation (s. o.) fixiert und permeabilisiert, hierzu wurde Cytofix/CytopermTM-Lösung gemäß der Anweisung des Herstellers verwendet. Anschließend wurden unspezifische Bindungsstellen 30 Minuten mit Gesamt-IgG von der Ziege geblockt. Nach der Blockierung wurden die Zellen mit dem Primärantikörper (muriner anti-human MBP Antikörper) für mindestens eine Stunde inkubiert, danach gewaschen und anschließend mit dem fluoreszentmarkiertem Sekundärantikörper (Ratte-anti-Maus IgG1 PerCP Antikörper) für weitere 30 Minuten inkubiert. Die Fluoreszenz der so markierten Zellen wurde mit FACScan bestimmt, zur Auswertung wurde CellQuest Pro Software verwendet. 10 2.2.6 Messung der Freisetzung von EPO Für die Freisetzung von EPO wurde der EPO-Gehalt in den Überständen stimulierter Eos bestimmt. Als Substrat zur Messung der Peroxidaseaktivität von EPO wurde ODP in stabilem Peroxidpuffer in einer Konzentration von 0,5-1,0 mg/ml gelöst. 100µl OPD Lösung wurde zu 100µl Eos-Suspension (2x105 Zellen in einer 96 Well-Platte) gegeben. Die Farbentwicklung, die der Peroxidaseaktivität entspricht, wurde durch Zugabe von 100µl 1M Schwefelsäure gestoppt. Die optische Dichte wurde bei 492nm gemessen. Die Standardkurve wurde auf Grundlage einer Verdünnungsreihe von lysierten Eos gebildet. Die Menge an EPO, die pro lysiertem eosinophilen Granulzyt freigesetzt wird, wurde als 1 Eos-Äquivalent angegeben. 2.2.7 Oxidation von DAMPs Bei der Verwendung oxidierter Lysate wurden die Lysate zwei Stunden bei Raumtemperatur bei einer Konzentration von 0,08mM H2O2 oxidiert. Nicht Oxidierte Kontrollen wurden zwei Stunden mit PBS behandelt. 2.2.8 Inhibitionsversuche mittels Antikörpern gegen RAGE und HMGB1 Um die Wirkung vom Lysat auf Eos zu inhibieren, wurden Eos vor der Stimulation mit dem Lysat für 30 Minuten mit anti-RAGE-Antikörpern vorinkubiert, so dass die Bindungsstelle von HMGB1 auf den Eos gebunden war und keine Stimulation hierüber stattfinden konnte, alternativ wurde das Lysat vor der Zugabe zu den Eos mit anti-HMGB1-Antikörpern für 30 Minuten vorinkubiert, so dass dieses Protein nicht mehr auf Eos wirken konnte. Als Kontrollen für die Antikörper wurde der jeweilige Antikörperisotyp derselben Konzentration wie der spezifische Antikörper verwendet. 2.2.9 Statistik Zur Berechnung von Signifikanzen wurde der Student’s T-Test verwendet. Messergebnisse wurde als arithmetische Mittelwerte +/- Standardabweichung als Fehlerindikatoren angegeben. Durchfusszytometrische Daten werden als Mittlere Fluoreszenz Intensität (MFI) dargestellt, als Fehlerindikatoren wurde der Variationskoeffizient verwendet. 11 3 Ergebnisse 3.1 Nekrotisches Tumormaterial induziert dosisabhängig die Freisetzung von MBP und EPO aus Eos durch aktive Degranulation Nach einer zweistündigen Stimulation der Eos mit nekrotischem Material (DAMPs) bei 37°C zeigte sich eine deutliche Abnahme des intrazellulären Gehalts von MBP, was auf eine Freisetzung dieses Proteins hindeutet. Die Menge des intrazellulären MBP wurde mittels Durchflußzytometrie gemessen, wobei eine Verschiebung nach links auf der x-Achse eine Abnahme des intrazellulären MBP-Gehalts bedeutet. Die Stimulation der Eos mit Lysaten aus zwei verschiedenen kolorektalen Zellinien (HCT-116 und CACO-2) erbrachte vergleichbare Ergebnisse, wobei die Konzentration für eine optimale Stimulation zwischen 1x105 und 1x106 lysierte Zellen/ml lag (Abbildung 1). Die beschriebene Degranulation (im Sinne der MBPFreisetzung) zeigte sich bereits nach zweiminütiger Stimulation und erreichte ihr Maximum nach zwei Stunden (Abbildung 2). Unter Verwendung der optimalen Inkubationszeit von zwei Stunden konnte eine dosisabhängige MBP-Freisetzung von Eos nach Stimulation mit HCT-Lysat gezeigt werden (Abbildung 3). Abbildung 1.: Nach zweistündiger Stimulation mit Lysaten zweier verschiedener kolorektaler Tumorzelllinien (HCT-116 und CACO-2) in einer Konzentration von 106 lysierten Zellen/ml nimmt der Gehalt an intra12 zellulärem Major Basic Protein (MBP) in den Eosinophilen Granulozyten (Eos) ab, was hier als eine Verschiebung der Kurve nach links, in der FACS Analyse, zu erkennen ist. Als Kontrolle wurden Eos über die gleiche Zeit ohne Stimulanz inkubiert. Abbildung 2: Eosinophile Granulozyten (Eos) wurden mit Lysat von HCT-116 Zellen stimuliert, wobei 106 lysierte Zellen/ml verwendet wurden. Der Versuch wurde zu den angegebenen Zeitpunkten gestoppt und der intrazelluläre Major Basic Protein (MBP) Gehalt mittels FACS Analyse bestimmt. Bereits nach zwei Minuten ist ein Verlust von intrazellulärem MBP in den Eos messbar. Die maximale Degranulation (MBP-Freisetzung) wird nach 2 Stunden erreicht. Abbildung 3: Eos wurden mit den angegebenen Lysatkonzentrationen für 2 Stunden stimuliert. Die Abnahme des intrazellulären Major Basic Protein (MBP) Gehalts wurde durchflusszytometrisch bestimmt - ein Signalrückgang 13 auf der y-Achse - nach Stimulation mit verschiedenen Lysatkonzentrationen zeigt ein dosisabhängiges Muster. Die Schwelle bei der eine maximale Freisetzung von MBP stattfindet, liegt zwischen 105 und 106 lysierten Zellen/ml. Analog zu den Beobachtungen zur MBP-Freisetzung konnte nach einer Stimulationszeit von ebenfalls zwei Stunden ein Anstieg von EPO im Überstand der Eos-Kultur gemessen werden; auch hier ließen sich die Ergebnisse für Lysate beider verwendeter Zelllinien zeigen (Abbildung 4). Die Untersuchung hinsichtlich der dosisabhängigen Antwort der Eos auf Stimulation mit HCT-Lysat lieferte vergleichbare Ergebnisse wie die MBP-Freisetzung, wobei auch hier für die optimale Degranulation (im Sinne der EPO-Freisetzung) eine Lysat-Konzentration von 1x105 bis 1x106 lysierte Zellen/ml notwendig war (Abbildung 5). Abbildung 4: Eos, die mit Lysat der Konzentration 106 lysierte Zellen/ml stimuliert wurden setzen Eosinophil Peroxidase (EPO) frei. Gezeigt sind Mittelwerte (+/- Standardabweichung) der Ergebnisse kolorimetrischer Messungen von EPO im Überstand, wobei die Zahl 1 auf der y-Achse den EPO-Gehalt von 103 Eos als Bezugsgröße angibt. 14 Abbildung 5: Eos setzen nach Stimulation mit Lysat aus HCT-116-Zellen dosisabhängig Eosinophil Peroxidase (EPO) frei. Gezeigt sind Mittelwerte (+/- Standardabweichung) der Ergebnisse kolorimetrischer Messungen von EPO im Überstand, wobei die Zahl 1 auf der y-Achse den EPO-Gehalt von 103 Eos als Bezugsgröße angibt. 3.2 Eos bilden Sauerstoffradikale als Antwort auf die Stimulation mit nekrotischem Material (DAMPs) EPO kann in Anwesenheit von H2O2 aus Chlorid und Bromid ihre korrespondierenden hypohalogenigen Säuren bilden. Diese hypohalogenigen Säuren haben eine noch höhere oxidative Kapazität als Wasserstoffperoxid selbst. Die Beobachtung, dass Eos nach Stimulation mit Lysaten EPO freisetzen, warf die Frage auf, ob Eos darüber hinaus nach Stimulation zusätzlich Wasserstoffperoxid als Substrat für EPO bilden könnten, zumal verglichen mit allen anderen Leukozyten (speziell Neutrophile und Monozyten) Eos diejenigen Zellen mit der höchsten Potenz zur Wasserstoffperoxidbildung sind. Aufgereinigte Eos in einer Konzentration von 106 Zellen/ml wurden mit Lysaten von HCT-116 Zellen in einer Konzentration von 102 lysierten Zellen/ml stimuliert. Analog zu den Ergebnissen aus den Degranulationsversuchen konnte bereits nach ca. zwei Minuten Stimulation eine Antwort der Eos verzeichnet werden (Abbildung 6), wobei das Maximum der Wasserstoffperoxidbildung nach 30 Minuten erreicht war (Abbildung 7), hierbei steigerten stimulierte Eos im Vergleich zu unstimulierten ihren oxidativen Burst auf das 7-fache. Der Vergleich von Eos mit den restlichen 15 Granulozyten, die hauptsächlich aus Neutrophilen bestehen, zeigte eine eindeutige Differenz. Abbildung 6: Oxidativer Burst der Eosinophile Granulozyten (Eos) beginnt ca. 2 Minuten nach Stimulation mit Lysat aus HCT-116 Zellen. Eos und Granulozytengesamtpopulation (Gr) wurden mit 102 lysierten Zellen/ml stimuliert. Bei keinem der Untersuchen Zeitpunkte kommt es zur Anregung vom oxidativen Burst bei neutrophilen Granulozyten, während Eos sehr sensitiv auf diese Stimulation reagieren. Abbildung 7: Eos wurden mit 102 lysierten HCT-116 Zellen/ml für die angegebenen Zeitpunkte stimuliert, um den basalen oxidativen Burst über die Zeit zu sehen, wurde das Medium ohne Zusatz vom Lysat als Negativkontrolle verwendet. Der maximale oxidative Burst von Eos wurde nach 30 Minuten erreicht und betrug das 7-fache der Negativkontrolle. 16 Während Neutrophile praktisch nicht auf die Stimulation mit DAMPs nach unterschiedlicher Stimulationsdauer reagierten (Abbildung 8), erwiesen sich Eos als hoch sensitiv hinsichtlich der Produktion von Wasserstoffperoxid. (Abbildung 7 und Abbildung 8). Durch den Vergleich des oxidativen Bursts von Eos und Neutrophilen zu sehr frühen Zeitpunkten nach Stimulation (i.e. innerhalb der ersten Sekunden nach Stimulation) konnte die Möglichkeit ausgeschlossen werden, dass eine mögliche frühe Antwort von Neutrophilen auf DAMPs übersehen wurde (Abbildung 6). Abbildung 8: Die Freisetzung von radikalen O2-Spezies nach Behandlung mit Lysat wurde bei Eosinophile Granulozyten (Eos) und Granulozytengesamtpopulation (Gr) verglichen. Eos reagieren mit einem 6-7 fach stärkeren Burst als Neutrophile, Der Anstieg des oxidativem Burst bei neutrophilen Granulozyten über die Zeit entspricht ihrem basalen Wert (in der Abbildung nicht dargestellt). 3.3 Bildung von ROS als Antwort der Eos auf das Lysat ist unabhängig von der Malignität der lysierten Zellen Neoplastische Zellen wie die verwendeten kolorektalen Zellinien zeichnen sich im Vergleich zu normalen Zellen durch die Hochregulation bestimmter Proteine (inklusive Zytokine und Chemokine) aus, somit kann sich der Inhalt des Tumorlysats sowohl qualitativ als auch quantitativ vom Lysat normaler Zellen unterscheiden. Um sicherzustellen, dass die beobachteten Effekte, die aus dem Tumorlysat hervorgingen, nicht spezifisch für Tumorgewebe sind, wurden Eos mit Lysat aus 17 mesenchymalen Stammzellen (MSCs) stimuliert, die als gesunde/nicht neoplastische Zellen gelten. Die Antwort der Eos auf MSC-Lysat im Sinne der Bildung von ROS folgte einem dosisabhängigen Muster und entsprach der Antwort auf Stimulation mit HCT-Lysat, was darauf hinweist, dass nekrotisches Material (ungeachtet seiner Herkunft und Differezierung) Eos zur Freisetzung von ROS angeregt; somit konnten die möglichen Kandidaten, die bei der lysatinduzierten Antwort eine bedeutende Rolle spielen, auf die Faktoren eingegrenzt werden, die Tumorzellen und gesunden Zellen gemeinsam sind (Abbildung 9). Abbildung 9: Eos wurden mit Lysaten aus mesenchymalen Stammzellen (MSC) stimuliert. Als Positivkontrolle wurde HCT-116 Lysat verwendet. Nach Stimulation mit MSC Lysaten zeigt sich eine Dosiswirkungsbeziehung ähnlich wie nach Stimulation mit Lysaten aus Tumorzellen. 3.4 Oxidation von nekrotischem Material neutralisiert degranulationsinduzierenden Effekt des Lysats auf Eos den Basierend auf der Beobachtung, dass eine Konzentration von 102 lysierte Zellen/ml ausreichten, um die Bildung von ROS durch Eos zu induzieren, stellte sich die Frage, ob die vordergründigste Rolle der Eos in der Schaffung einer oxidativen Umgebung besteht und ob Eos durch die Bildung von ROS eine Oxidation von DAMPs bewirken, was die biologische Aktivität von DAMPs beeinflussen könnte. Für die folgenden Versuche wurden Lysate von HCT-116- und CACO-2 Zellen für 2 Stunden mit einer Konzentration von H2O2 (0,08mM) oxidiert, die normalerweise im entzündeten Gewebe vorherrscht. Als Vergleich diente das jeweilige Lysat, das unter denselben Bedingungen mit PBS versetzt wurde. 18 Anschließend wurden Eos mit diesen Lysaten stimuliert. Gemessen wurde die EPO-Freisetzung in den Überständen sowie die Abnahme des intrazellulären MBP mittels Durchflusszytometrie. Nach Oxidation verlierten Lysate beider Zelllinien ihre stimulatorische Wirkung auf Eos im Sinne ihrer Fähigkeit zur Induktion der Freisetzung von EPO und MBP (Abbildung 10 und 11). Bei sehr hohen Konzentrationen von HCT-116 Lysat zeigt sich erneut eine degranulationsinduzierende Wirkung, die dennoch deutlich geringer ist als die des nativen Lysats. Möglicherweise reichte die verabreichte Menge des H 2O2 nicht aus, um die große Menge von Lysat zu oxidieren. Abbildung 10: Eos wurden mit unbehandelten und oxidierten Lysaten von HCT-116 Zellen und von CACO-2 Zellen stimuliert. Durch Oxidation verlieren die Lysate die Fähigkeit eine Freisetzung von Eosinophil Peroxidase (EPO) zu induzieren. Die Zahl 1 auf der y-Achse gibt den EPO-Gehalt von 103 Eos als Bezugsgröße an. Abbildung 11: Eos wurden mit unbehandeltem und oxidiertem Lysat von HCT-116 Zellen stimuliert. Nach Oxidation geht die Fähigkeit des Lysates 19 verloren, eine Abnahme der intrazellulären Major Basic Protein (MBP) Konzentration in den Eos zu induzieren. 3.5 Anti-RAGE wie auch Anti-HMGB1 stimulatorischen Effekt von Lysat auf Eos hemmen den Da es bereits bekannt war, dass Eos den Rezeptor RAGE auf ihrer Oberfläche exprimieren, zu dessen Liganden HMGB1 gehört, bat sich dieses Protein als möglicher Kandidat aus der DAMP-Familie, der für die oben beschriebenen stimulatorischen Wirkungen von Lysat auf Eos zuständig sein könnte. Um die Wirkung von HMGB1 innerhalb des Lysats zu hemmen wurde entweder das Lysat mit anti-HMGB1 vorinkubiert oder die Bindungsstelle von HMGB1 wurde mittels anti-RAGE auf den Eos gebunden, anschließend wurden die Degranulationsversuche und die Bestimmungen des oxidativen Burst in den Eos wie bereits oben beschrieben durchgeführt. Sowohl durch die Blockade des HMGB1 Rezeptors auf den Eos als auch durch den Einsatz neutralisierender Antikörper gegen HMGB1 im Lysat konnte der degranulationsinduzierende Effekt von DAMPs reduziert bis aufgehoben werden (Abbildung 12). Ähnliche Beobachtungen ließen sich bei Messungen des oxidativen Bursts machen. Nach Blockierung des HMGB1-Rezeptors mit Anti-RAGE-Antikörper, ist die Antwort der Zellen auf die Stimulation mit DAMPs signifikant vermindert (Abbildung 13). 20 Abbildung 12: Eosinophile Granulozyten (Eos) wurden mit Anti-RAGEAntikörper vorinkubiert, um den HMGB1-Rezeptor RAGE auf ihrer Zelloberfläche zu blockieren. Anschließend wurden Eos mit Lysaten von HCT-116 Zellen und von MSCs stimuliert. Nach der Blockade des Rezeptors (RAGE) reagieren Eos kaum auf die Stimulation mit dem Lysat, was sich darin zeigt, dass der interzelluläre Major Basic Protein (MBP)-Gehalt den unstimulierten Zellen gleicht. Alternativ wurden Lysate mit Anti-HMGB1-Antikörper vorinkubiert und anschließend zu den Eos gegeben. Bindung von HMGB1 durch spezifische Antikörper führt ebenfalls zu einer Inhibition der Degranulationsinduzierenden Wirkung der Lysate auf Eos. Abbildung 13: Eos wurden entweder mit HCT-116 Lysat oder HMGB1 stimuliert, es wurde die Freisetzung von ROS (Oxidativer Burst) bestimmt. 21 Um den HMGB1-Rezeptor auf der Oberfläche der Eos zu blockieren, wurden Eos mit Anti-RAGE-Antikörper vorbehandelt. Nach der Behandlung der Eos mit Anti-RAGE nahm die stimulatorische Wirkung von Lysat und HMGB1 auf Eos ab. 3.6 HMGB-1 induziert die Degranulation von Eos Aufgrund der vergleichbaren Ergebnisse nach Verwendung von DAMPs aus Lysaten von verschiedenen neoplastischen (HCT-116 und CACO-2) aber auch normalen Zellen (MSCs) konnte angenommen werden, dass die jeweils verantwortlichen Komponenten in den Lysaten weder zelllinienspezifisch sein können, noch vom Malignitätsgrad der lysierten Zellen abhängen. Unsere Hemmversuche durch Verwendung von blockierenden Antikörpern unterstrichen diese Vermutung und lenkten unsere Aufmerksamkeit auf das prototypische DAMP, das praktisch in jeder Zelle vorkommt, nämlich HMGB1. Wir wiederholten unsere Versuche zu Degranulation und oxidativen Burst von Eos und verwendeten nunmehr HMGB1 in jeweils korrespondierenden Konzentrationen zu den verwendeten Lysaten. Aus früheren Messungen war bekannt, dass eine Zelle ca. 10 pg HMGB1 beinhaltet bzw. aus 1000 lysierte Zellen ca. 10 ng HMGB1 freigesetzt wird (Daten hier nicht gezeigt). Für Degranulationsversuche wurde etwa 106 Eos/ml mit 10µg/ml HMGB1 (analog zu 106 lysierte Zellen/ml) für zwei Stunden stimuliert, intrazelluläres MBP wurde mit Hilfe von Durchflusszytometrie bestimmt. HMGB1 verursachte eine Abnahme des intrazellulären MBP. Die stimulierende Wirkung konnte durch blockierende Anti-HMGB1-Antikörper gehemmt werden (Abbildung 14). Abbildung 14: Durchflusszytometrische Bestimmung des intrazellulären Major Basic Protein (MBP). Während die Stimulation der Eos mit HMGB1 22 eine Abnahme des intrazellulären MBP bewirkt, wird diese degranulationsinduzierende Wirkung bei Vorinkubation von HMGB1 mit spezifischen Antikörpern gehemmt, die Vorinkubation mit der Isotypkontrolle hingegen beeinflusst die HMGB1-Wirkung auf Eos nicht. In den Überständen von HMGB1-stimulierten Eos wurde die EPO Konzentration gemessen. Die EPO Freisetzung nach Stimulation mit HMGB1 war dosisabhängig und entsprach den Beobachtungen mit Stimulationen durch Zell-Lysaten (Abbildung 15). Abbildung 15: HMGB1 bewirkt dosisabhängig die Freisetzung von Eosinophil Peroxidase (EPO) aus Eos. Gezeigt ist die kolorimetrische Bestimmung der EPO-Konzentration im Überstand der Eos, die mit HMGB1 für 2 Stunden bei 37°C stimuliert wurden. Zur Quantifizierung der freigesetzten EPO-Menge ist das Eos-Äquivalent angegeben, hierbei entspricht ein Eos-Äquivalent die Menge an EPO, das pro lysiertem eosinophilen Granulozyt freigesetzt wird. Die EPO Freisetzung nach Stimulation mit HMGB1 ist dosisabhängig. 3.7 HMGB-1 induziert den oxidativen Burst von Eos Konsistent mit unseren Beobachtungen für Zelllysat reagierten Eos - im Gegensatz zu Neutrophilen - auf die Stimulation mit HMGB1 mit Steigerung ihres oxidativen Burst, diese Antwort auf HMGB1 war dosisabhängig und zeigte ein Maximum nach 30 bis 60 Minuten. Analog zu den Ergebnissen nach Stimulation mit Lysaten war für die Induktion des oxidativen Bursts eine 1000-fach niedrigere Konzentration von HMGB1 notwendig als diejenige, die für die Degranulation eingesetzt werden musste. 23 Eine weitere Analogie zeigte sich für die frühe Antwort der Eos auf die Stimulation: Ähnlich wie nach der Stimulation mit Zelllysaten reagierten Eos bereits nach 5 Minuten HMGB1-Exposition mit der Erhöhung ihres oxidativen Bursts. Neutrophile hingegen reagieren nicht auf die Stimulation mit HMGB1 (Abbildung 16). Abbildung 16: Eos und Gr wurden mit HMGB1 stimuliert. Der Oxidative Burst wurde über die Messung der freigesetzten Menge an ROS zu den angegebenen Zeitpunkten bestimmt. Im Gegenteil zu Gr steigern Eos ihren oxidativen Burst bereits nach 5 dosisabhängig. 24 Minuten Stimulation mit HMGB1 4 Diskusion Obwohl regelmäßig eine Eosinophilie in malignem Gewebe oder im Blut der Patienten beobachtet wird, die an neoplastischen Erkrankungen leiden [4], wurde den Mechanismen, wie Eos in das Tumorgewebe gelangen und welche Funktion sie dort übernehmen, bisher wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Das vorherrschende Verständnis von der Biologie der Eos assoziiert diese Zellen mit Allergien, Asthma bronchiale, Autoimmunerkrankungen oder parasitären Infektionen. Bei diesen Erkrankungen wird Eos eine Effektorrolle im Sinne einer zytotoxischen Wirkung zugeschrieben, die sie mittels Freisetzung ihrer Granula und mittels DNS-schädigender Oxidation ausüben sollen [44]. Die verbesserte Prognose von Kolorektalkarzinompatienten mit tumorassoziierter Gewebseosinophilie [4;38-41;45] erlaubt die Annahme, dass Eos eine wichtige und bisher unterschätzte Bedeutung im neoplastischen oder geschädigten Gewebe zukommt. Auch wenn im Rahmen von in vitro und in vivo Experimenten die Einwanderung von Eos ins entzündete und nekrotische Gewebe nachgewiesen werden konnte [22;28], konnten die Mechanismen, die hierzu führen und die Bedeutung der Eos in diesem Zusammenhang nicht geklärt werden. Um bereits publizierte Daten zur stimulatorischen Wirkung von Lysat auf Eos mit weiteren Zelllinien zu bestätigen [28], wurden Eos in der vorliegenden Arbeit mit den zwei kolorektalen Zelllinien CACO-2 und HCT-116 stimuliert, die in diesem Rahmen noch nicht untersucht worden waren. Es konnte gezeigt werden, dass Eos auf Faktoren, die sich im Lysat von kolorektalen Zelllinien befinden, reagieren können. Tumorlysate induzieren dosisabhängig sowohl die Degranulation von Eos, im Sinne einer Freisetzung von MBP und EPO, als auch den oxidativen Burst (Abbildung 3 und 4), hierbei konnte gezeigt werden, dass der Oxidative Burst die sensitivste Antwort der Eos auf die Stimulation mit Lysat darstellt. Die notwendige Konzentration für die Anregung des oxidativen Burst bei Eos lag etwa 1000-fach niedriger als die Konzentration, die für die Induktion der Degranulation notwendig war, so dass hierfür 100 bis 1000 lysierte Zellen/ml ausreichten. Um festzustellen, ob die stimulatorische Wirkung des Lysats eine spezifische Reaktion auf lysierte Tumorzellen ist, wurden Eos mit Lysaten von MSCs stimuliert, die als Repräsentanten für nicht maligne Zellen dienten. Hier zeigten sich ähnliche 25 Effekte im Bezug auf die Degranulation und die Anregung des oxidativen Bursts (Abbildung 9). Diese Beobachtungen verstärkten die Hypothese, dass es sich bei den freigesetzten Faktoren innerhalb des Lysats eher um nekrosespezifische (also DAMPs) als zelllinienspezfische Faktoren oder Zytokine/Chemokine handelt, also es sich um Faktoren handelt, die allen Zellen ungeachtet ihrer Herkunft und Malignität gemeinsam sind. Es war bereits bekannt, dass nekrotisches Material (also DAMPs) sowohl in vivo als auch in vitro eine chemotaktische Wirkung auf Eos ausübt, nun konnten wir zusätzlich zeigen, dass Eos auf die Stimulation durch DAMPs am sensitivsten mit ihrem oxidativen Burst reagieren, daher stellte sich die Frage, ob die Freisetzung von ROS einen Einfluss auf das nekrotische „Microenvironment“ hat, das typischerweise im Tumorgewebe vorherrscht. Ziel war es somit festzustellen, ob diese hochsensitive Reaktion der Eos auf DAMPs eine biologische Relevanz (insbesondere im Tumorgewebe) hat. Unter den Leukozyten sind Eos die Zellen mit der stärksten Fähigkeit ROS freizusetzen, i.e. 10-100-mal stärker als neutrophile Granulozyten [31;45;46], dies gab zusätzlich Anlass, gerade die Bedeutung der besonders prägnanten Eigenschaft der Eos in diesem Zusammenhang zu untersuchen. Um zu zeigen, dass DAMPs, die aus Zelllinien gewonnen wurden, nach Oxidation ihre biologische Aktivität ändern, wurde das Lysat mit einer Konzentration von Wasserstoffperoxid behandelt, die im Allgemeinen im entzündeten Gewebe vorherrscht aber per se nicht zytotoxisch ist [47]. Dabei zeigte sich, dass die stimulatorische Wirkung von DAMPs auf Eos nach Oxidation dieser Faktoren verloren geht (Abbildung 10 und 11). Dies deutet darauf hin, dass Eos möglicherweise durch Schaffung einer oxidativen Umgebung in der Lage sind, nekrotisches Material/DAMPs zu inaktivieren und damit Einfluss auf das Tumormilieu zu nehmen. Darüber hinaus wurden auch Effekte auf der Ebene der Degranulation von MBP untersucht. Es zeigte sich eine dosisabhängige Freisetzung von MBP nach Stimulation mit DAMPs (Abbildung 3). Durch die Fähigkeit von MBP, die Freisetzung von ROS durch neutrophile Granulozyten zu induzieren [48;49], trägt MBP möglicherweise verstärkend zur Oxidation von DAMPs bei. Vollständig oxidierte Lysate verursachen keine weitere Degranulation von Eos, was darauf hinweist, dass Eos spezifisch auf aktive, nicht-oxidierte DAMPs reagieren. Nach 26 vollständig abgelaufener Oxidation verlieren DAMPs im Sinne eines negativen Feed-Back-Mechanismus ihre aktivierenden und stimulatorischen Eigenschaften auf Eos. Zusätzlich konnte eine dosisabhängige Freisetzung von EPO nach Stimulation mit DAMPs gezeigt werden (Abbildung 5). EPO katalysiert die Oxidation von Chlorid, Bromid und Thiozyanat in ihre korrespondierenden hypohalogenige Säure, die anschließend eine höhere oxidative Kapazität als Wasserstoffperoxid selbst besitzen [50]. Auch dieser Gesichtspunkt unterstreicht die Hypothese, dass die Hauptfunktion der Eos im nekrotischen Gewebe darin bestehen könnte, durch Schaffung einer oxidierenden Umgebung die biologische Aktivität von Faktoren innerhalb von nekrotischem Material zu hemmen, wobei möglich biologische Aktivitäten von DAMPs die Induktion einer Neovaskularisierung des Tumorgewebes oder chemotaktische Wirkung auf immunsuppressiven MSCs [51] bedeuten könnten. Die Beobachtung, dass nach Stimulation mit höheren Konzentrationen von DAMPs zusätzlich zum Oxidativen Burst die Degranulation von Eos angeregt, legt die Vermutung nahe, dass die Degranulation als weitere Effektorkomponente zugeschaltet wird, sobald eine Schwellenkonzentration von DAMPs erreicht ist, bei der der oxidative Burst der Eos nicht ausreicht, um die hohe Konzentration von DAMPs zu inaktivieren (Abbildung 11), MBP-Freisetzung im Rahmen der Degranulation regt bekanntermaßen den oxidativen Burst der neutrophilen Granulozyten an, während die EPO-Freisetzung die Bildung potenterer Oxidantien katalysiert. Bei den bisher aufgeführten Untersuchungen und Hypothesen wurden Eos nur mit Lysaten von Zelllinien untersucht. Bei einem Lysat handelt es sich um ein Gemisch verschiedener nekroseassoziierter Faktoren. HMGB1 schien insofern ein wichtiger Faktor innerhalb dieser Faktoren zu sein, als sein Rezeptor RAGE auf Eos exprimiert wird [29]. Ähnlich wie das Tumorlysat ist HMGB1 dazu in der Lage, dosisabhängig den oxidativen Burst (Abbildung 16) und die Degranulation (Abbildung 14 und 15) von Eos zu induzieren und verliert seine biologische Aktivität nach Oxidation [52;53]. Wie beim Lysat reagieren Eos auch im Falle von HMGB1 am sensitivsten mit der Steigerung ihres oxidativen Bursts. In Analogie zu den Versuchen, die mit Lysaten 27 durchgeführt wurden, ist auch hier die Konzentration, die ausreicht um den oxidativen Burst auszulösen um den Faktor 100-1000-fach niedriger. So war eine Konzentration von 10ng/ml zur Stimulation des oxidativen Bursts (Abbildung 16) ausreichend, wohingegen 1-10µg/ml (Abbildung 15) notwendig waren, um eine Degranulation auszulösen. Die dargestellten Ergebnisse weisen darauf hin, dass die Schaffung einer oxidativen Umgebung die wichtigste Funktion der Eos innerhalb des Tumormilieus sein könnte, zumal im Tumorgewebe bekanntermaßen eine reduzierende Umgebung vorherrscht [54]. Die Arbeitsgruppe, in der die dargestellten Ergebnisse produziert wurden, konnte im selben Zusammenhang nachweisen, dass HMGB1, in der Lage ist, das Überleben von Eos zu verlängern, was die Behauptung untermauert, dass die Degranulation von Eos nach Stimulation mit HMGB1 ein aktiver Prozess ist und nicht auf eine toxische Wirkung von HMGB1 auf Eos beruht, die eine passive (als Folge von Zelltod) Freisetzung intrazellulärer Granula der Eos bewirkt. Die Annahme, dass nekroseassoziierte Faktoren und chronische Entzündung die Entstehung von Tumoren und ihre Proliferation fördern, basiert auf der Fähigkeit von freigesetzten DAMPs, Gewebeproliferation und Neovaskularisation zu induzieren. Eos sind möglicherweise dazu in der Lage, die Immunreaktion im Tumormilieu zu steuern und diesen Kreislauf zu durchbrechen. Die Interaktion zwischen Nekrose, tumorassoziierten Faktoren und Eos zu verstehen ist wichtig, um ihre Funktion im Tumormilieu einordnen zu. Aufgrund der hier dargestellten Ergebnisse kann folgende Hypothese hinsichtlich der biologischen Bedeutung der Eos im Tumormilieu formuliert werden: Aktive/nicht oxidierte DAMPs wirken chemotaktisch und aktivierend auf Eos. Die erste/sensitivste Antwort der Eos auf die Stimulation mit DAMPs ist die Schaffung einer oxidativen Umgebung, die zu einer Inaktivierung von DAMPs führt, ist diese Inaktivierung durch Oxidation nicht effektiv genug, kommt es zur Degranulation und weiterer Einwanderung von Eos in das nekrotische Areal. Im Rahmen der Degranulation könnten Eos mittels Freisetzung von Chemokinen (Eotaxin [55], IL8 [56], RANTES [57;58]) und Zytokinen (IL-6, IFNγ, TNFα [55]) weitere Immunzellen aktivieren. 28 Freigesetzte EPO im Rahmen der Degranulation ist dazu in der Lage, die oxidative Wirkung des Bursts zu verstärken, und trägt damit zur weiteren Inaktivierung von DAMPs bei. MBP stimuliert die Freisetzung von ROS aus neutrophilen Granulozyten und steuert dazu bei, eine oxidative Umgebung zu schaffen. Die eingewanderten Eos könnten die Apoptose von Tumorzellen verursachen [59]. Darüber hinaus könnten Eos eine Einwanderung von T-Zellen verursachen [23]. Durch Zytokinausschüttung im Rahmen der Degranulation (bei dieser Arbeit nicht untersucht) können Eos einen Einfluss auf die Art der T-Zell Reifung nehmen [36]. Daraus ergibt sich die Vermutung, dass eine T-Zell induzierte Immunantwort [23] verbunden mit einer Entzündungsreaktion gegen Tumoren, akute Transplantatabstoßung, Akkumulation bzw. Differenzierung von antigenspezifischen T-Zell Populationen und Immunmodulation in der gastrointestinalen Mukosa möglicherweise ursächlich verbunden sind mit gewebespezifischer Anlockung von aktivierten T-Zellen durch Eosinophile in diesen Geweben. Des Weiteren verstärken Eos die Reifung von DCs [24]. Durch ihre Expression von MHCII auf der Zelloberfläche können Eos auch selbst Antigene präsentieren und so eine sekundäre Immunantwort auslösen. Als Fazit kann man zusammenfassen: Oxidativer Burst und Degranulation sind Effektormechanismen, die direkt das Tumormikromilieu beeinflussen. Mit dem Effekt auf T-Zellen und DCs stellen Eos eine Schnittstelle zwischen angeborener und erworbener Immunität dar, damit könnten Eos einen Einfluss auf die langfristige Anti-Tumorimmunität haben. Die untersuchten Wirkungen von DAMPs beziehen sich auf die Biologie der Eos im Tumorgewebe. Es wäre sehr interessant in weitergehenden Studien die Wirkung von DAMPs auf weitere tumorassoziierte Zellen zu beschreiben und die Bedeutung der Oxidation in diesen Zusammenhängen zu beleuchten, beispielsweise könnte die Wirkung von nativen und oxidierten DAMPs auf DCs untersucht werden. In weiteren Untersuchungen, die in dieser Arbeit nicht erwähnt wurden, konnte ich bereits zeigen, dass DAMPs in ihrer nativen (nicht oxidierten) Form die Reifung von DCs hervorrufen können [60], zudem ist bekannt, dass DCs von nicht oxidierten DAMPs aktiviert werden [24], es wäre interessant zu untersuchen, inwieweit Eos auf diese Wirkung von DAMPs auf DCs Einfluss nehmen können. 29 Zudem wäre es sinnvoll, anstelle von Tumorzelllinien natives Tumormaterial und Eos von Patienten zu verwenden, die an Kolonkarzinom erkrankt sind, hierdurch könnte man MHC Inkompatibilitäten ausschließen und gleichzeitig vergleichende Versuche durchführen, bei denen man Eos von gesunden und erkrankten Probanden vergleicht, was Ausschluss darüber geben könnten, ob die Grunderkrankung Auswirkungen auf die Funktion von Eos hat bzw. ob ein Funktionsstörung der Eos mit Ausbruch der Erkrankung im Zusammenhang steht. Klinische Hinweise, dass Eos einen Einfluss auch eine maligne Tumorerkrankung haben, sind eine verbesserte 5-Jahres Prognose bei Patienten, die eine Eosinophilie im Tumorgewebe aufweisen [39]. Eine weitere Beobachtung, die diese Hinweise stützt, zeigt sich darin, dass sich nicht selten bei einer erfolgreichen Immuntherapie der Krebspatienten eine lokale und systemische Eosinophilie zeigt. Die antitumor Wirkung nach erfolgreicher Zytokintherapie mit IL-2 ist mit der Degranulation von Eos innerhalb des Tumors assoziiert [25;61]. Sosman [62] et al konnten zeigen, dass eine IL-4 Therapie von Krebspatienten auch die systemische Degranulation von Eos hervorruft, was sich im erhöhten MBP-Spiegel im Serum und im Urin zeigt. Der Anstieg der MBP-Spiegel im Serum war hierbei sogar dosisabhängig. Die meisten aktuellen Studien im Bereich der Tumorimmunologie konzentrierten sich auf lymphozytäre Effektorzellen wie T- und NK-Zellen. In der myeloiden Zellreihe konzentrieren sich die Untersuchungen auf Makrophagen und Dendritische Zellen. Die Rolle der Granulozyten, insbesondere der eosinophilen und basophilen Granulozyten, und Mastzellen, ist kaum untersucht, obwohl diese Zellen zur primären Immunantwort gehören und somit den Weg für die nachfolgende (adaptive) Immunantwort ebnen bzw. die Richtung der sekundären Immunantwort vorgeben können. Nur 1% der Eos befinden sich in der Blutbahn, während sich der Rest in Geweben aufhält, die in direktem Kontakt mit der Umgebung steht, wie der Gastrointestinal- und Respirationstrakt. Dies sind Gewebe mit hohem Risiko einer neoplastischen Entwicklung, was einerseits durch den hohen Zellumsatz bedingt ist und andererseits dadurch, dass es sich um Gewebe handelt, das einen größeren Kontakt zu Mikroorganismen und sonstigen toxischen/mutagenen Noxen hat. Diese Beobachtung gibt erneut Anhalt dafür nachzufragen, welche biologische Funktionen Eos im Gewebe erfüllen. 30 5 Zusammenfassung Eosinophile Granulozyten (Eos) werden gehäuft in nekrotischen Arealen des Tumorgewebes gefunden. Nekrose bedingt die Freisetzung von sogenannten „damage associated molecular patterns (DAMPs), die das Tumormilieu prägen. Die hier dargestellten Untersuchungen konnten zeigen, dass nekrotisches Material/DAMPs aus neoplastischen aber auch gesunden Zelllysaten, die Degranulation von Eos induzieren und den Oxidativen Burst der Eos verstärken. Nach Oxidation allerdings verlieren DAMPs ihre stimulatorische Wirkung auf Eos. High Mobility Group Box 1 Protein (HMGB1) ein prototypisches DAMP, dass nach Nekrose, nicht aber nach Apoptose freigesetzt wird, induzierte ähnliche Effekte auf Eos wie das nekrotische Zellmaterial. Unter den getesteten biologischen Aktivitäten reagieren Eos auf die Stimulation mit DAMPs (inklusive HMGB1) am sensitivsten mit Steigerung ihres oxidativen Bursts, das eine oxidierende Umgebung hervorruft. Erst bei 100 bis 1000-fach höheren Konzentrationen von nekrotischem Material bzw. HMGB1 erfolgte eine Degranulation von Eos, die wiederum zur Generierung eines oxidierenden Milieus beiträgt. Aufgrund der geschilderten Beobachtungen wird in der vorliegenden Arbeit postuliert, dass die Rolle der Eos im Tumorgewebe darin besteht, nekrotische Areale (im Tumorgewebe) aufspüren und durch Schaffung einer oxidierenden Umgebung die biologische Wirksamkeit von DAMPs im Tumorgewebe zu inhibieren. Die Modulation der Immunantwort durch Eos innerhalb von nekrotischen und geschädigten Gewebe wäre demnach in erster Linie auf die oxidativen Veränderungen des nekrotischen Materials zurückzuführen. 31 6 Literaturverzeichnis 1 Zeh HJ, III, Lotze MT: Addicted to death: invasive cancer and the immune response to unscheduled cell death. J Immunother 2005;28:1-9. 2 Liyanage UK, Moore TT, Joo HG, Tanaka Y, Herrmann V, Doherty G, Drebin JA, Strasberg SM, Eberlein TJ, Goedegebuure PS, Linehan DC: Prevalence of regulatory T cells is increased in peripheral blood and tumor microenvironment of patients with pancreas or breast adenocarcinoma. J Immunol 2002;169:2756-2761. 3 Matzinger P: Tolerance, danger, and the extended family. Annu Rev Immunol 1994;12:991-1045. 4 Lotfi R, Lee JJ, Lotze MT: Eosinophilic granulocytes and damageassociated molecular pattern molecules (DAMPs): role in the inflammatory response within tumors. 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Mein besonderer Dank gilt meiner Schwester Julia und meinen Eltern, die mir das alles ermöglicht haben. Lebenslauf Der Lebenslauf wurde aus Gründen des Datenschutz entfernt.