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DEUTSCHE
MED IZINIS CHE Wo CHENS CHRIFT
BEGRÜNDET VON DR. PAUL BÖRNER
SCHRIFTLEITUNG
GEH. SAN. RAT PROF. DR. JULIUS SCHWALBE
PROF. DR. R. VON DEN VELDEN / DR. P. WOLFF
*
*
BERLIN W 30 / VIKTORIA-LUISE-PLATZ i
VERLAG GEORG THIEME/LEIpZIG,ANTON3TRASSE5
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Zeitschrift zum Abdruck gelangenden Beiträge sowie ihre Verwendung für fremdsprachliche Ausgaben vor
* FREITAG / DEN 21. SEPTEMBER 1928
*
* 54. JAHRGANG
Aus der Augenklinik der Universität in Würzburg.
DIE KLINISCHEN ERGEBNISSE DER CHEMOTHERAPIE
AUF DEM GEBIETE DER AUGENHEILKUNDE.
Von Prof. F. Schieck.
Als
h r I i e h durch die einführung des Salvarsans in den
Arzneischatz die Möglichkeit schuf, gegen dije Erreger der Syphilis
mit einer in die Blutbahn gelangenden chemischen Substanz anzukämpfen, deren spezifische Wirksamkeit im Tierversuche erprobt
war, ist die Augenheilkunde mit großen Hoffnungen an die Behandlung syphilitischer Erkrankungen des Sehorgans herangetreten, und
wir können heute sagen, daß in einem gewissen Rahmen die Erwartung nicht getäuscht worden ist. Später hat uns M o r g e n r o t h in
Gestalt des Optochins ein zweites Mittel in die Hand gegeben, das
spezifisch gegen die Pneumokokken eingestellt Ist, die als die pathogenen Organismen des Ulcus corneae serpens eine wichtige Rolle
spielen und auch sonst viele eitrigen Prozesse innerhalb und außerhalb der Bulbuskapsel verursachen. Für den Ophtbalmologen tritt
noch ein drittes Präparat von chemotherapeutischer Wirkung hinzu:
das Zincum sulfuricum, welches bei der Blepharo-Conjunctivitis angularis vorzügliche Dienste leistet und speziell den Erreger dieser Erkrankung, den Diplobazillus Morax-Axenfeld trifft. Für sämtliche
drei Medikamente liegen genügende Erfahrungen vor, sodaß es gerechtfertigt erscheint, rückschauend zu prüfen, welche Ergebnisse die
Chemotherapie für dfe Augenheilkunde gezeitigt hat,
Die Aufgabe, welche dem Augenarzt bei der Anwendung cheniotherapeutischer Maßnahmen gestellt ist, gestaltet sich für die drei genannten Mittel durchaus verschieden. Abgesehen von dem in seltenen
Eällen an den Lidern und der Bindehaut vorkommenden Primäraffekt,
der uns hier nicht beschäftigt, handelt es sich bei den syphilitischen
Augenleiden um metastatische Aeußerungen der konstitutionell gewordenen Allgemeiniiifektion, sei es, daß die Erreger selbst oder ihre
Stoffwechsel- oder Abbauprodukte die führende Rolle spielen, und
damit um das Bestreben, von der Blutbahn aus die Herde zu bekämpfen, während bei der Pneumokokkeninfektjon ebenso wie bei
den Wirkungen der Diplobazillen die pathogenen Keime mit verschwindenden Ausnahmen von außen her in das Auge verschleppt
werden. Sie sitzen entweder oberflächlich auf der Bindehaut oder
fressen sich in die Hornhaut ein, hier ein Geschwür erzeugend. Deshalb sind sie von der Blutbahn aus nicht erreichbar, sondern nur dadurch lahmzulegen, daß man das spezifische Mittel ebenfalls von
außen her an die Herde heranbringt. Wir haben also zwei ganz verschiedene Anwendungsmethoden zu berücksichtigen.
Ueberblicken wir zunächst -die Erfolge der S a I y a r s a n t h e r a p i e bei syphilitisc-hen Augenaflektionen, so ist es abermals
nötig, die einzelnen Anwendungsmöglichkeiten voneinander zu trennen; denn die Augengewebe sind so wenig gleichartig, daß man von
vornherein eine übereinstimmende Wirkung nicht erwarten kann. Die
von zahlreichen Blutgefäßen versorgte und im Wesentlichen mésodermale Bestandteile enthaltende U y e a ist selbstverstandhch einer
vorn Blute getragenen chemischen Behandlung am meisten zugänglich. Anders liegen bereits die Verhältnisse hinsichtlich der N e t z -
h a u t ; denn diese ist entwicklungsgeschichtlich und anatomisch eiñ
vorgeschobener Gehirnteil un-d setzt deshalb -der Absicht, mittels
eines im Blute suspendierten Medikamentes an einen hier gelegenen
Herd heranzukommen, dieselben Schwierigkeiten entgegen wie das
Zentralnervensystem. Vor allem sind es die um die Gefäße herumgelagerten Gliafilze, welche wie ein Eilter wirken u-n-d nur dielenigen
Substanzen hindurchtreten lassen, welche de-m Stoffwechsel der ncrvösen Zellen und fasern dienlich sind. Die Trennung von Meso-derm
un-d ektoderm-alem Nervengewebe ist hier streng durchgeführt.
Wir wissen jetzt, daß -die zu Beginn der 5-alvarsan-ära relativ
häufig auftauchenden N e u r o r e z i -d -i y e , die sich am Auge in Eorin
einer Neuritis nervi optici u-n-d Retinitis äußern, lediglich einer ungeMittels entspringen, insole-rn
nügend wirksamen Dosierung des
das Salvarsan an Stelle -der von E h r I i c h angestrebten Therapia
sterilisans magna nur die außerhalb des Zentralnervensystems angesiedelten Spirochäten trifft, die jenseits des perivaskulären Gliafilzes
liegenden Herde aber nur so ungenügend erreicht, daß lediglich eine
Reizung, aber keine Abtötung der Erreger zustandekommt. Mit der
Verbesserung der Dosierúng sind diese Wahrnehmungen, dIe zunächst die Weiterverbreitung der Therapie behinderten, seltener und
seltener geworden und heute wohl verschwunden.
Am sctiwierigsten ist es, mit einem Mittel von der Blutbahn aus
in die H o r n h a u t Eingang zu gewinnen; denn diese Membran cntbehrt der Gefäße gänzlich. Zwar ist in der Peripherie ein feines und
dichtes Randschlingen-netz vorhanden, das von oberflächlichen und
tiefen Gefäßen gebildet wird -un-d. auf der Grenze zwischen Hornhaut
und Lederhaut zweifellos dem Stoffwechsel der IKornea dient; aber
von da ab fehlen jegliche präformierten Bahnen, die in das Gewebe
derselben führen. Somit ist anatomisch, wenigstens unter normalen
Verhältnissen, der Weg verschlossen, der das Salvarsan an die hier
unter Umständen liegenden Herde heranführen könnte. Allerdings
schafft der Organismus zur Bekämpfung von Schädlichkeiten vielfach
durch eine Gefäßneubildung die Möglichkeit, daß auch einzelne Hornhautpartien des Blutstroms teilbaftig werden, doch fragt es sich, ob
diese -Vaskularisation ausreicht, damit genügende Mengen des Mcdikamcrites an die gefährdete Stelle im Innern der Hornhaut gelangen.
Entsprechend diesen in den einzelnen Teilen des Auges ganz
verschieden gelagerten Bedingungen ist der E r f o I g d e r S a I va r s a n b e h a n d I u n g kein gleichmäßiger. Sic leistet zweifellos die
besten Dienste, wenn es gilt, -dic Fälle frischer Iritis syphilitica wie
Iridozyklitis und Chorioiditis zu beeinflussen. Namentlich, wenn eine
mit Knötchenbildungen einhergehende Iritis papulosa vorliegt, kannman beobachten, daß unter der unmittelbaren Wirkung der ersten
Salvarsanspritzen bereits die Erhahenheiten wegschnielzen, als oh
eine Zauberhand die Iris reinigte. Aber man darf sich durch einen
solchen Erfolg durchaus nicht in die Sicherheit wiegen lassen, daß
nunmehr die Erkrankung erledigt sei; denn man erlebt, wenn man
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DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCIIENSCHRIFT
nicht eine sorgsame mit Quecksilber oder Wismut kombinierte Behandlung genügend lange durchführt, sonst die wenig angenehme
Ueberráschung, daß sich neue Knötehen wieder bilden, die dann vom
Salvarsan nicht mehr in der gewünschten Weise beeinflußt werden.
Es ist auch erklärlich, daß das Mittel nur die spezifischen Veränderungen bessert, aber die loIgezustände, wie die hinteren Synechien,
Verlötungen im Kammerwinkel usw. nicht beseitigt. Deswegen ist
auch der greifbare Behandliingserfolg bei syphilitischer Chorioiditis
selten voll befriedigend; denn
eine ausgebrochene
Ghorioiditis
zieht zu leicht die in ihrem Gebiete liegenden Sinnesepithelien der
Netzhaut in Mitleidenschaft, welche einen nicht wieder gut zu
machenden Schaden davon tragen, sodaß die Sehschärfe dauernd
herabgemindert bleibt. Hier kann es sich im Wesentlichen nur darum
handeln, die weitere Ausbreitung der Infektion in der Aderhaut zu
verhindern, und infolgedessen ist es ungemein schwer, nachträglich
ztr sagen, was nun eigentlich das Salvarsan in den einzelnen fällen
geleistet hat.
Dasselbe gilt für die Behandlung der s y p h i 1 j t j s c h e n
N e t z h a u t e r k r a n k u n g e n; denn sie äußern sich vorzüglich in
einer Erkrankung der Gefäße, auf die die Patienten und der Arzt
erst aufmerksam werden, wenn Zirkulationsstörungen platzgegriffen
haben, an denen natürlich nichts mehr zu ändern ist. Wie dem Tuberkuhn bei der Periphlebitis retinae tuberculosa, so kommt hier dem
Salvarsan nur tile Aufgabe zu, einem weiteren lortschreiten der
Entartung der Gefäßwandungen vorzubeugen. Inwiefern dies gelingt, ist generell ledenfalls nicht zu beantworten. Immerhin gewinnt
man meist den Eindruck, daß die Salvarsantherapie nicht vergeblich
war. Auch die syphilitischen Erkrankungen der Macula lutea stellen
sich nach unserenheutigen Kenntnissen mehr und mehr als 1olgezustände eines Versagens der feinsten in der Nähe der Netzhautmitte
endigenden Gefäßästchen dar, oder sie wurzeln in einer Chorioiditis.
Deshalb bleibt auch bei diesen Zuständen die Beurteilung des Erfolges der Chemotherapie schwierig.
Entschieden günstig darf man über die Beeinflussung der N e u r i t i s n e r y i o r t i c i urteilen, soweit die seltenen Fälle überhaupt
einen Schluß zulassen. Die Entzündung des Sehnerven ist recht oft
von primärer Erkrankung der Meningen fortgeleitet, die ja an und
für sich besser auf das Salvarsan reagieren als die erkrankte Nervensubstanz selbst. Ebenso sind die Erfahrungen, die mit der Chemotherapie bei S t a u u n g s p a p i 1 1 e infolge von Meningitis pecifica
gemacht wurden, zufriedenstellend.
Die mit Syphilis zusammenhängenden N o r n h a u t a f f e k t ¡ o n e n sind, soweit es sich um eine direkte Spiroehätenaussaat handelt, die zu entzündlichen Veränderungen führt, selten; denn ich vermag mich nicht auf den z. B. von J. I g e r s h e i m e r vertretenen
Standpunkt zu stellen, daß die Keratitis parenchymatosa,
die in ihrer typischen Form wohl fast ausschließlich mit einer kongenitalen Syphilis verbunden ist, nun auch die unmittelbare Folge
einer Spirochäteninfektion sein soll. Die Gründe darzulegen, die mich
bestimmen, eine solche Annahme zu bestreiten, sind ebensowohl in
den klinischen als auch in den pathologisch-anatomischen Befunden
verankert. Zu den Beweisen, die man aus den Erfahrungen am
kranken Auge ablèlten kann, gehört nicht zuletzt die unbestreitbare
Tatsache, daß das Salvarsan keinen Einfluß auf den Verlauf des Leidens ausübt, wie jetzt wohl allgemein zugestanden wird. Man würde
den Mißerfolg begreifen, wenn es sich nur um die Wirkung auf das
ersterkrankte Auge handeln würde, weil man, wie oberrauseinàndergesetzt wurde, weiß, daß die Hornhaut wegen ihres Gefäßmangels für
einen an das Blut gebundenen chemischen Körper außerordentlich
schwer erreichbar ist. Nimmt man aber mit I g e r s h e i m e r an, daß
die Erkrankung durch Eindringen der Spirochäten aus der Nachbarschaft, vor allem aus der Vorderkammer, also vom Uvealtraktus geliefert, entsteht, so müßte eine nach den Regeln durchgeführte kombinierte Chemotherapie die Erkrankung des zweiten Auges verhindern können. Das ist ledoch ganz zweifellos nicht der Fall. Vielmehr
geht das zweite Auge seinen durch die Erkrankung vorgeschriebenen Weg trotz energischster chemotherapeutischer Kur. Das liegt
daran, daß bei der Keratitis etwas. anderes als eine gewöhnliche
Spirochäteninfektion vorliegt.
Ueberschatíen wir die Erfolge, die wir dem
Ehrlichschen Salvarsan verdanken, so sind sie, was
die lokalen Erkrankungen des Auges auf dem Boden der syphilitischen Infektion anlangt, schon bedeutend genug: aber es wäre
falsch, wenn wir hierin die einzige Folge seiner Einführung erblicken
wollten. Weit größer ist der Segen der Salvarsantherapie für die
Augenheilkunde, wenn wir die Tatsache genügend würdigen, daß die
Häufigkeit der syphilitischèn Augenleiden seit der Ehrlichschen Entdeckung trotz der 'Hemmung ihrer Entfaltung durch den Krieg und
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das Elend der Nachkriegszeit einen stetigen Rückgang erfahren hat.
Keratitis parenchymatosa, die iritis mica, die Neuioretinitis
1ica sind im Begriffe Seltenheiten zu werden, weil die Behandlung
des Primäraffektes jetzt in ganz anderer Weise in Angriff genommen
werden kann.
Wenden wir uns nun den Ergebnissen zu, welche die Einführung
Die
des Morgenrothschen Optochins für die Augenheilkunde
gezeitigt hat, so wäre es erwünscht, wenn wir mit Hilfe des Mittels
gegen drei verschiedene krankmachende Wirkungen der Pneumokokken vorgehen könnten. Es sind dies die Pneumokokkenkonjunktivitis und die Tränensa'ckeiterung, das Pneumokokkengeschwür der
Hornhaut (Ulcus corneae serpens) und die so gefürchtete Infektion
des Augeninnern durch Pneumokokken nach perforierenden Verletzungen und den Bulbus eröffnenden Operationen.
Verhältnismäßig leicht gelingt es durch Einträufelungen einer
2%igen basischen Optochinlösung, eine P n e u m o k o k k e n k o n j u n k t i y f t i s zur Heilung zu bringen, doch darf nicht verschwiegen
werden, daß dies auch mit den bisher üblich gewesenen Mitteln ebenso
gut möglich war. Immerhin ist es für den Operateur eine große Beruhigung, wenn er bei nachgewiesenem Pneumokokkengehalt des Binde-
hautsacks nach Gebrauch der Optochintropfen die Erreger aus dem
Abstrichpräparat verschwinden sieht. Er geht dann zuversichtlicher
an den Eingriff heran. Für die Tränensackeiterung aber nützen Spülungen mit Optochin so gut wie nichts. Das liegt daran, daß die in
viele Falten gelegte Wandung des Sackes den Pneumokokken so
reichlich Gelegenheit zum Unterschlupf bietet, daß das chemische
Mittel mit ihnen gar nicht genügend in Berührung kommt.
Auch für die Behandlung des U 1 c u s c o r n e a e s e r p e n s hat
das Optochin leider keinen Umschwung zum Besseren gebracht. Zwar
gibt man bei nachgewiesenen Pneumokokken gern die Optochintropfen, wenn sie auch etwas Brennen hervorrufen; aber das Mittel
sterilisiert höchstens den Bindehautsack, während man an die in das
Hornhautgewebe eingefressenen Pneumokokken nicht herankommen
kann. G o I d s c h m i d t hat daher den Versuch gemacht, mittels der
Jontophorese das Optochin in die Tiefe zu schicken, doch ist es von
diesen Bestrebungen wieder recht still geworden. Wir müssen unumwunden s4gen, daß die Ergebnisse für die Behandlung des so viele
Opfer an schweren Sehstörungen und Augenverlusten bringenden
Ulcus serpens beklagenswerterweise unsere Hoffnungen getäuscht
haben. Für die Infektion des Augeninneren steht es noch
schlimmer; denn der Pneumokokkus ist, wenn er einmal Eingang in
den Glaskörper oder die Vorderkammer gefunden hat, überhaupt
nicht für die Optochintherapie erreichbar. Durch Injektion von außen
her können wir die Ansiedlungsherde keinesfalls angehen, und -die
intravenöse Anwendung versagt vollkommen, da der Glaskörper und
das Kammerwasser keine Blutgefäße haben und außerdem den besten
Nährboden für Bakterien darstellen.
Ueber das Zincum sulfuricum sind nur wenige Worte zu
sagen. Es kann als sicher gelten, daß die Einträufelungen des Mittels
in O,3O,5I%iger Konzentration außerordentlich günstig gegen dic
Infektion der Bindehaut mit Diplobazillen wirkt, die sich vor allem
in Gestalt der Blepharo-Conjunctivitis angularis, d. h. den bekannten
geröteten und absondernden Stellen am inneren und äußeren Lidwinkel äußert. Lange glaubte man ein spezifisch gegen die Diplobazillen eingestelltes Mittel in der Hand zu haben, das die Bazillen
direkt ahtötet. Doch haben neuere Untersuchungen hieran Zweifel
aufkOmmen lassen, und es entbehrt der von Ab e nachgewiesene
wirkliche Zusammenhang zwischen den Folgen der Einträufelung
und den Lebensbedingungen der Diplobazillen deswegen nicht eiñer
grundsätzlichen Bedeutung, weil er zeigt, daß der Einfluß chemotherapeutisch wirksamer Substanzen auf die Infektion doch komplizierter sein kann, als man es sich so leicht vorstellt. Es ergibt sich
nämlich, daß der Trnenflüssigkeit und in gleicher Weise auch verdünnten Lösungen ven Zinksulfat eine antitryptische Wirkung zukommt. Den Diplobazillen ist aber die Fähigkeit gegeben, den
Löffler-Nährboden zu verflüssigen, weil sie das in dem Substrat enthaltene Serumeiweiß verdauen, und zwar beruht diese Eigenschaft
auf der Produktion eines proteolytischen Fermentes durch die Erreger. Sowohl die Tränen als auch die Zinksulfatlösung wirken durch
ihre antitryptische Kompoiiente dieser Möglichkeit einer Gewebsverdauung entgegen und verhindern das proteolytische Ferment an der
Entfaltung seiner Fähigkeit. Wir sehen dies daran, daß der Binde-
hautsack, soweit er von der Tränenflüssigkeit benetzt wird, keine
besonderen eizerscheinungen trotz Anwesenheit der Diplobazillen
an den Tag legt, während an der Lidhaut die Folgen der Gewebsverdauung sich geltend machen. Beträufelt man diese Stellen dann mit
Zinksulfat, so geraten auch sie unter die Botmäßigkeit einer antitryptischen Substanz, und damit hört die Einwirkung der Bazillen
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21. September 1928
DEUTSCHE MEDIZINISCHE WOCHENSCURIFT
SEITE 1581
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auch an den Lidwinkelu auf. Somit werden nicht die Diplobazillen
selbst, sondern nur ihr proto1ytisches Ferment, allerdings ihr wirksames Prinzip, vom Zinksulfat getroffem Vielleicht deckt die weitere
Forschung auch für die Chemotherapie mittels Salvarsan und Optochin ähnliche feineré Zusammenhänge auf.
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