objekte Transparenter Brandschutz im konstruktiven Holzbau

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ABZ AgrarBildungsZentrum Salzkammergut, Altmünster
Transparenter Brandschutz im konstruktiven Holzbau
Bildnachweis: Ebenhofer, Steyr / fink thurnher Architekten, Begrenz
Das AgrarBildungsZentrum (ABZ) Altmünster vereinigt die Landwirtschaftlichen Berufsfachschulen Altmünster und Weyregg am Standort der bereits 1954 erbauten LWBFS Altmünster. Das
neue Schulzentrum in landschaftlich reizvoller Lage oberhalb des Traunsees mit Blick auf den
1.800 Meter hohen Traunstein fügt Bestandsgebäude und Neubau in Form eines Vierkanthofs
zu einem architektonischen Ganzen zusammen. Als weithin sichtbare Landmarke kennzeichnet
das überwiegend in Holzbauweise errichtete Gebäude aber auch den Beginn einer neuen Ära
in der Ausbildung: Mit seiner lichten und transparenten Bauweise steht es für eine offene und
vertrauensvolle Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern. Um diese Transparenz auch im
Inneren des Gebäudes zu erhalten, wurde der bauliche Brandschutz mit speziellen Gläsern gelöst.
N
ach dem Beschluss der Österreichischen Landesregierung, die
Landwirtschaftlichen Fachschulen
Altmünster (Landwirtschaft) und Weyregg
(Hauswirtschaft) am Standort Altmüster
im nördlichen Salzkammergut zusammenzulegen, wurde ein zweistufiger Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Der
Bauherr, das Land Oberösterreich, hatte
präzise Vorstellungen von dem neuen
Schulzentrum: Es sollte auf dem Gelände
der Landwirtschaftlichen Fachschule
Altmünster unter Einbeziehung des Gebäudebestands aus den 1950-er Jahren
entstehen. Die Erweiterung um Klassenräume, Praxisbereich, Internat und Verwal-
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tung sollte als konstruktiver Holzbau in
Passivhausstandard errichtet werden.
Entwurfskonzept
Das Architekturbüro Fink & Thurnher aus
Bregenz konnte den Wettbewerb für sich
entscheiden. Das Planerduo präsentierte
einen Entwurf, der die im Bestand bereits
angelegte Struktur eines ortstypischen
Vierkanthofs – als Idealtyp des ländlichen Bauens – mit einer Erweiterung
im konstruktiven Holzbau zum neuen
Schulzentrum ausformuliert. Holz ist aber
nicht nur Hauptmaterial in der Gebäu-
dekonstruktion, sondern dominiert auch
im Innenausbau. Umso entscheidender
und auch in der Auslobung gefordert
war es, dem Entwurf ein überzeugendes
brandschutztechnisches Gesamtkonzept
beizufügen. Dieses hatte das IBS Institut
für Brandschutztechnik, Linz, als befugte
Fachplaner erarbeitet.
Ausführung
Das AgrarBildungsZentrum Salzkammergut wurde als 70 x 70 Meter großer
Vierkanter mit 12.300 m2 Nutzfläche auf
drei Ebenen errichtet. „Unsere Intension
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Transparente
Brandschutzkonstruktionen
Raumhohe Glaswände aus Brandschutzglas ( EI30) schaffen eine außergewöhnliche Transparenz.
Bildnachweis: Ebenhofer, Steyr / fink thurnher Architekten, Begrenz
war nicht der Nachbau eines Vierkanthofs, sondern der Versuch, die Qualitäten
dieses Bautyps zeitgemäß zu interpretieren in der Hoffnung, die Schüler für
dieses Thema zu sensibilisieren. Denn sie
werden mit ihrem Wirken im bäuerlichen
Bereich unseren Kulturraum in Zukunft
prägen“, so Markus Thurnher anlässlich
der Eröffnung des ABZ. Aufgrund des
Geländeverlaufs befindet sich das Untergeschoss hangseitig im Erdreich. Es ist als
Stahlbetonkonstruktion mit Wänden und
Stützen in Sichtqualität und einem Fußboden aus geschliffenem Estrich ausgeführt.
Die ebenfalls betonierte Decke erhielt
aus schallschutztechnischen Gründen
eine abgehängte Decke aus Spaltentäfer.
Durch ihre Materialgebung bildet sie
das verbindende Element zu den oberen
Geschossen in Holzbauweise.
Im Erdgeschoss befinden sich u.a. die
öffentlichen Bereiche wie Aula, Speisesaal, Mehrzwecksaal und der große
Aufenthaltsbereich des Internats. Die
Außenwände bestehen aus vorgefertigten Holzrahmenbauelementen, die mit
Zellulose gedämmt sind. Massivholzwände übernehmen die Aussteifung,
Stahlstützen und Betonverbundstützen
die Lastabtragung. Die Decke über dem
Erdgeschoss ist als Holzbetonverbunddecke ausgeführt. Im oberen Geschoss befinden sich die Klassenräume, Verwaltung
und Bibliothek. Wie auch im Erdgeschoss
ist nahezu der gesamte Innenausbau
– Boden, Wände und Decken – in Holz
ausgeführt. Die Dachkonstruktion besteht
vorwiegend aus einer Balkendecke, in Bereichen mit großen Spannweiten werden
Hohlkastenelemente verwendet.
Das Gebäude ist außergewöhnlich licht –
ganz gleich wo man sich befindet, man hat
immer den Blick nach draußen, und damit
die leichte Orientierung im Raum. Die von
Architekten und Bauherrn angestrebte
Transparenz konnte durch die Verwendung spezieller Brandschutzverglasungen
auch über einzelne Brandschutzabschnitte
hinweg beibehalten werden. Eine raumhohe Glaswand mit der Brandschutzanforderung EI30 trennt den Flurbereich
von der Verwaltung. Die drei Meter hohe
Festverglasung besteht aus vier jeweils
140 Zentimeter breiten Spezialgläsern
im Stoßfugensystem Pyranova 30 von
Schott Technical Glass Solutions, Jena.
Die Besonderheit dieser Brandschutzkonstruktion: Die Verbindung der Scheiben
untereinander erfolgt stumpf gestoßen mit
einer optisch unauffälligen Silikonfuge. Die
extrem transparente Brandschutzverglasung wurde vom Materialprüfamt Wien
eigens für das Bauvorhaben geprüft und
zugelassen. Ebenfalls geprüft und zugelassen wurden die 2,70 Meter hohen Brandschutztüren aus Holz. Diese wurden von
der Tischlerei Alfred Laserer e.U., Gosau,
mittels CNC-Technik gefertigt und beidseits
der Festverglasung montiert.
Festverglasungen mit Pyranova 30 im
Stoßfugensystem ermöglichen den
Aufbau von Endlos-Ganzglaswänden ohne
störende Pfosten, deren Scheiben fast
unsichtbar miteinander verbunden sind.
Das Glas ist ein klares Mehrscheibenverbundglas für Brandschutzverglasungen
der Feuerwiderstandsklasse F bzw. EI,
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Bei den Gruppenarbeitsräumen werden bei der Verglasung Brandschutzglas mit Sicherheitsglas kombiniert.
Die Verbindung zwischen den Scheiben untereinander erfolgt stumpf
gestoßen mit einer unauffälligen Silikonfuge.
Bildnachweis: Laserer
Bildnachweis: Laserer
abhält. Es wird abhängig von der Feuerwiderstandsklasse aus mindestens zwei
Floatglasscheiben hergestellt, zwischen
die eine transparente Brandschutzschicht
eingelagert ist. Im Brandfall zerspringt die
dem Brandherd zugewandte Scheibe,
die Schicht schäumt auf und bildet einen
Hitzeschild. Pyranova Spezialglas kann als
Bestandteil von Brandschutzverglasungen
der Feuerwiderstandsklasse EI (F) 15 bis
EI (F) 120 bzw. EW 30 bis EW 60 sowie
T 30 bis T 90 eingesetzt werden. Darüber
hinaus können bei der Konfektionierung
der Scheiben weitere Anforderungen
erfüllt werden. So wurde im AgrarBildungsZentrum an der Nahtstelle zweier
Brandschutzabschnitte die raumhohe
Verglasung der Gruppenarbeitsräume zu
den Fluren hin mit einem Sicherheitsglas
kombiniert.
Bestandstrakt (das Internat mit Platz für
150 Schüler) wurde vom Neubautrakt
brandschutztechnisch als Brandabschnitt
abgetrennt. Diese beiden Brandabschnitte
wurden hinsichtlich der Fluchtweglängen
in Rauchabschnitte unterteilt. Die Stiegenhäuser sowie die über zwei Geschosse
führenden Brandabschnitte wurden mit
Rauchwärmeabzugsöffnungen ausgestattet. Sämtliche Bauteile wurden – bis auf
die oberste Geschossdecke (F30) – in
F60 ausgeführt. Für das gesamte Gebäude wurde eine Brandmeldeanlage in
Vollschutz entsprechend der TRVBS 123
vorgesehen. Durch Früherkennung und
Fluchtmöglichkeiten – grundsätzlich sind
von jedem Standort aus Fluchtmöglichkeiten in zwei Richtungen gegeben – ist
der Personenschutz in höchstem Maße
gewährleistet.
Überzeugendes
Brandschutzkonzept
Ökologisches
Energiekonzept
Die Brandschutzanforderungen an einen
Holzbau sind grundsätzlich in der TRVBS
123 Technische Richtlinie Vorbeugender
Brandschutz geregelt. Einschränkend
kam in diesem Fall hinzu, dass bereits
in der Auslobung zum Wettbewerb der
Einbau einer Sprinkleranlage kategorisch
ausgeschlossen worden war – es sollten
bevorzugt Maßnahmen getroffen werden,
die in der Gebäudekonzeption begründet
sind. Abschließend beurteilt wurde das
neue Schulzentrum nach der Oberösterreichischen Bautechnik-Verordnung. Diese beinhaltet eine Besonderheit hinsichtlich der Fluchtwegführung: Sie erlaubt
die Fluchtwegführung in angrenzende
Brandabschnitte, was bei diesem Projekt
eine Rolle gespielt hat.
Das AgrarBildungsZentrum Altmünster ist
nicht zuletzt ein vorbildliches Beispiel dafür,
wie man auch in großen Dimensionen
ökologisch sinnvoll bauen kann. Aufgrund
der kompakten Gebäudehülle und der
hervorragenden U-Werte der gewählten
Bauteile entspricht das gesamte Gebäude
(Altbau und Neubau) den Anforderungen
an ein Passivhaus. Gegenüber der bisher
an den beiden Standorten Altmünster und
Weyregg benötigten Heizenergie werden
rund 90 %, das sind jährlich 1,2 Mio. kWh,
eingespart. Die zentrale Wärmeerzeugung
erfolgt mittels Hackgut-Biomassekessel
(Leistung 400 kW), was die Verwendung
von CO2-neutralem Brennmaterial aus
der Region ermöglicht. Eine 79 m² große
solarthermische Anlage auf dem Dach
unterstützt die Warmwasserbereitung und
Raumheizung. Darüber hinaus wurde eine
Photovoltaikanlage mit 73 m² Kollektorfläche installiert. Eine kontrollierte Be- und
Entlüftung sorgt für den notwendigen
Im Schul- wie auch im Internatsbereich ist
das primäre Schutzziel die Personenrettung. Diese wird über drei Stiegenhäuser,
die direkt ins Freie münden, erreicht. Der
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Luftaustausch, wodurch in den Klassenräumen ein gesundes Raumklima – Stichwort
CO2-Konzentration – erreicht wird. Die
Wärmerückgewinnung aus der Abluft
reduziert Lüftungswärmeverluste; der Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung liegt
bei 70 – 85 %. Für seinen ganzheitlichen
Ansatz und die konsequente Umsetzung
wurde das AgrarBildungsZentrum Altmünster nicht nur mit dem Österreichischen
Holzbaupreis 2012 in der Kategorie
„Gewerbliche und Öffentliche Bauten“ ausgezeichnet, sondern es erhielt auch einen
Sonderpreis „Energieeffizienz und regionale
Wertschöpfung.“
Bautafel
Bauherr:
Land Oberösterreich (Land OÖ)
Entwurf und Realisation:
Fink & Thurnher,
A-Bregenz
Holzbau:
ARGE Kieninger GmbH, A-Bad Goisern
und Eiblmayr-Wolfsegger,
A-Vöcklabruck
Brandschutzkonzept:
IBS Institut für Brandschutztechnik und
Sicherheitsforschung Gesellschaft m.b.H.
A-Linz
Montage EI30 Verglasungen und
Dachstein EI30 Türen:
Alfred Laserer Tischlerei e.U.,
A-Gosau
499 Brandschutzgläser:
Pyranova 30 im Stoßfugensystem von
Schott Technical Glass Solutions,
D-Jena
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Talanx HDI-Gerling-Zentrale in Hannover
Understatement mit inneren Werten
Die HDI-Gerling, unter dem Dach des Talanx-Konzerns durch Akquisition zum drittgrößten deutschen Versicherungsunternehmen gewachsen, drohte vor wenigen Jahren am Standort Hannover förmlich aus allen Nähten zu platzen. Man entschied sich deshalb für einen Neubau der
Hauptverwaltung, und zwar in unmittelbarer Nähe zu der 1974 errichteten, bisherigen Zentrale.
Die Assekuranz lud fünf Architekten zu einem Wettbewerb, den schließlich das Büro ingenhoven
architects aus Düsseldorf für sich entscheiden konnte. Dr. Christian Hinsch, Vorsitzender des
Aufsichtsrates, umschrieb die Ansprüche der Bauherrin an das Gebäude; man wolle sich nicht
„kleinmachen“ aber auch keinen „Versicherungspalast“ errichten. Der neue Firmensitz sollte in
der Lage sein, den DGNB-Standard ‚Gold‘ zu erreichen und mit einem Primärenergiebedarf von
höchstens 100 kWh/m² NF auskommen. Zur Verfügung stand ein verkehrsgünstig an der A 37
gelegenes Eckgrundstück, das an seiner einen Seite an eine schmucklose Wohnbebauung und
an seiner anderen an eine Pferdekoppel mit Reiterhof grenzt.
Bildnachweis (alle Bilder): Hörmann
I
ngenhoven architects entwarf einen
(bislang) achtfingrigen, sechsgeschossigen Bau mit jeweils drei identischen
Erschließungskernen. Die schmalen
Gebäuderiegel stehen sämtlich rechtwinklig oder parallel zueinander; auf
beiden Seiten ihrer mittigen Flure wurde
jeweils nur ein Büroraum angeordnet.
Im Zusammenhang mit der annähernd
raumhohen Verglasung ergeben sich so
große transparente Flächen, die Offenheit
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symbolisieren und permanente Blickbeziehungen zwischen innen und außen
ermöglichen sollen.
Gelungene Integration
in bauliches Umfeld
Im Bereich der Geschossdecken gliedern
Edelstahlbänder die Fassade und schließen das Gebäude mit der in gleicher
Weise gestalteten Attika nach oben ab.
Jeweils an den Kopfenden der zum Teil
aufgeständerten Riegel stehen Brandschutztreppen und relativieren die kubische Strenge ein wenig. Dadurch ergibt
sich insgesamt eine zeitlose Verwaltungsbau-Architektur, die sich unaufgeregt
in ihr bauliches Umfeld integriert und
mit niedersächsischer Zurückhaltung
die Nachfolge der knapp vierzigjährigen
Vorgängerin antritt.
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Verglasungen: Sie entsprechen dem neuesten Wärmedämm-Standard, da sich Architekten bei der Planung am DGNB Gold Standard orientierten.
Herzstück des Gebäudes ist das ca. 40
x 40 m große, bis zu 1.500 Besucher
fassende Atrium mit seinen skulptural
wirkenden Spindeltreppen. Es ist prädestiniert für Veranstaltungen und dient im
Büroalltag als Forum für den informellen
Austausch der Mitarbeiter.
Erweiterungsbau
möglich
Die im Grundriss kaum nachvollziehbare
Asymmetrie des gesamten Gebäudes
erklärt sich durch eine bereits in der Pla-
nung berücksichtigte Option: Die kürzlich
erst eingeweihte Hauptverwaltung, die
bislang für ca. 1.800 Mitarbeiter Arbeitsplätze bereit hält, ließe sich in einem
zweiten Bauabschnitt um 16.500 m²
Bürofläche zuzüglich 2.500 m² Nutzfläche erweitern.
zierungsverfahren der DGNB (Deutsche
Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen
e.V.). Dieses verfügt in den sechs Themenfeldern ökonomische Qualität,
ökologische Qualität, Standortqualität,
Prozessqualität, technische Qualität sowie
soziokulturelle und funktionale Qualität
über je 60 Unterpunkte.
Nachhaltiger
Planungsansatz
Um das Gebäude möglichst nachhaltig planen und ausführen zu können,
orientierten sich die Planer am Zertifi-
Atrium: Bis zu 1.500 Besucher finden hier Platz. Es dient im Alltag als Forum für den informellen
Austausch.
Ikonisch: Die Spindeltreppen (rechts) sind eines
der markanten Kennzeichen des Neubaus. Das
Gewicht der verglasten Deckenkonstruktion
ist in der Mitte mit einer Stütze abgetragen.
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Doppelt automatisch: Um diese Vereinzelungsanlage im Zugang zu einem Gebäuderiegel dem Brandschutzkonzept entsprechend abzusichern,
wurde hier eine T30 Automatik-Schiebetür samt Seitenteilen mit einer Drehflügeltür kombiniert.
Um Energie zu sparen wurden die nicht
verglasten Fassadenelemente nach dem
Stand der Technik hochwertig gedämmt.
Die Fensterflächen wurden als Dreifachverglasung ausgeführt, um die große
Transparenz des Gebäudes nicht mit
überhöhten Betriebskosten erkaufen zu
müssen. Darüber hinaus wurden Decken
und Brüstungsteile thermisch aktiviert. Die
mechanische Lüftungsanlage mit Wärmetauscher sowie das Atrium als Pufferzone
tragen ein Übriges zur energieeffizienten
Klimatisierung des Gebäudes bei. Die
benötigte Wärme wird zu 80 % aus über
sechzig, fast 100 m tief reichenden Geothermiesonden gewonnen. Die restlichen
20 % liefert das Fernwärmenetz, dessen
Energie auch die beiden nach dem DECVerfahren (dessicant and evaporating cooling) arbeitenden großen Rotationswärmetauscher befeuert. Die Beleuchtung der
Büros ist mit Tageslicht- und Bewegungssensoren bestückt und arbeitet nach einer
voreingestellten Programmierung, auf die
jedes Büro jedoch nach eigenem Gusto
Einfluss nehmen kann.
Brandschutz und Optik
vereint
Damit die Anforderungen des Brandschutzes das architektonische Konzept
nicht über das Notwendige hinaus beeinträchtigen, kamen im Gebäude über 550
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Türen von Hörmann zum Einsatz, darunter
viele stumpf einschlagende STS-Türen.
Diese spielten für die Gestaltung innen
eine wichtige Rolle, denn ihre Konstruktion erlaubt einen flächenbündigen
Einbau, der ihre brandschutztechnische
Aufgabe kaum erahnen lässt. Einige Türen
sind komplett aus Edelstahl gefertigt,
damit sie sich in Gebäudebereichen wie
Küchen, Laboren etc. leicht und ohne
Korrosion reinigen lassen. Die ein- und
zweiflügeligen Türen sind bei Bedarf mit
verdeckten Bändern erhältlich und lassen
sich unter bestimmten Voraussetzungen
mörtelfrei einbauen. Auch die übrigen
eingesetzten Stahlblech-, Multifunktions-,
Feuer-, Rauschschutztüren und Feuerschutzschiebetore von Hörmann leisten
in dem Gebäude ihren Beitrag hinsichtlich
Sicherheit und Ästhetik. Seit geraumer
Zeit schon eignen sich diese Produkte besonders zur Planung nachhaltiger Bauten,
da für sie eine Umweltproduktdeklaration
(EPSD) vorliegt. Diese erleichtern mit
Angaben zur Umweltwirkung der Brandschutzabschlüsse, die Punktwerte für eine
DGNB-Zertifizierung zu planen.
Mit der T 30 Automatik-Schiebetür von
Hörmann kam ein weiterer Leistungsträger nach Hannover. Die durch besonders
schlanke Stahlprofile und einen lediglich
7 cm hohen Antrieb wenig aufdringlich
wirkende Schiebetür kommt ohne Bodenschiene aus, wodurch der Türdurchgang
schwellenlos bleibt. Ein Bewegungssensor sorgt für Komfort und Sicherheit und
der seitliche Raum vor und hinter der Tür
kann voll genutzt werden.
Flächenbündiger T30-Brandschutz: Überall
im Gebäude kamen die hochwertigen, stumpf
einschlagenden STS-Türen von Hörmann zum
Einsatz.
titelthema
„The Eye“ in Bristol (UK)
Schimmernder Blickpunkt der Skyline
Mit seiner schimmernden Fassade und der außergewöhnlichen Form ist „The Eye“ seit Mitte
2012 ein neuer, markanter Blickpunkt in der Skyline von Bristol in Großbritannien. Das 43 Meter hohe Apartmenthaus liegt im lebhaften Businessviertel Temple Quay unweit des belebten
Bahnhofs Temple Meads. Entworfen wurde das Gebäude mit dem ellipsenförmigen Grundriss
und 4.100 m2 Grundfläche von dem renommierten, vielfach preisgekrönten Londoner Architekturbüro Glenn Howells Architects.
D
ie auffällige elementierte Vorhangfassade aus Glas und Aluminium
wurde von dem Metallbauunternehmen McMullen Architectural
aus Moira/Nordirland mit einer HueckElementfassade realisiert. Gemeinsam
mit dem deutschen Beschlaghersteller
Hautau aus Helpsen entwickelten Hueck
und McMullen speziell für dieses Projekt
eine ausgeklügelte Fensterbeschlagslösung, die der gerundeten Gebäudeoberfläche Rechnung trägt.
Teil eines umfangreichen
Neubauprojekts
The Eye ist Teil eines umfangreichen Neubauprojekts mit insgesamt acht Wohnund Geschäftshäusern im Hafenquartier
von Bristol. Das 13stöckige Gebäude an
der Avon Street liegt direkt am Wasser
und eröffnet durch den elipsenförmigen
Grundriss aus jeder Wohneinheit einen
attraktiven Ausblick auf den Hafen oder
den Fluss. Die insgesamt 72 luxuriös
ausgestatteten Apartments, Studios und
Penthouses sind mit besonders großen,
von der Decke bis zum Boden reichenden
Panoramafenstern ausgestattet, die sich
durch eine Schiebe-Kipp-Konstruktion öffnen lassen. Das Erdgeschoss reservierte
der Bauherr PG Group für einen öffentlichen Bereich mit Kaffee-Restaurant.
Changierende
Fassaden
Glenn Howells plante The Eye als markante Uferbebauung, die den Übergang
von Land zum Wasser deutlich und
weithin sichtbar markiert. Das verglaste
lichtdurchflutete Basement erweckt den
Eindruck, als würde das Gebäude „über
dem Land schweben, während es eine
dramatische Verbindung mit dem Wasser
eingeht.“ Die elementierte AluminiumVorhangfassade mit stockwerkhohen
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titelthema
Eine besondere Herausforderung für die Fassadenausführung lag in der Krümmung der Fasssade.
Bildnachweis (alle Bilder): Eduard Hueck/McMullen
Fensterpaneelen verleiht dem schlanken,
eleganten Gebäude eine ganz besondere optische Wirkung: Die gleichmäßig
facettierte Fassade wirkt für den Betrachter quasi changierend und sieht aus den
verschiedenen Blickwinkeln immer wieder
anders aus.
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Herausforderung
Ellipse
„Die große Herausforderung lag für uns
in der dem ellipsenförmigen Grundriss
entsprechenden Krümmung der Fassade“,
berichtet Neil Garner von der britischen
Niederlassung Hueck UK, der das Projekt
vor Ort verantwortete. „Um eine gleichmäßige Krümmung der rund 2.000
Quadratmeter großen Fassadenfläche zu
erreichen, stehen die einzelnen Fassadenelemente in einem Winkel von 177 Grad
zueinander.“ Jedes Element wird durch
einen senkrechten Pfosten vertikal geteilt.
Damit eine gleichmäßige Außenansicht
von Fest- und Flügelfeld gewährleistet ist,
wurden die Flügel in Structural-GlazingOptik ausgeführt. Als Öffnungsart für
die rund zwei Quadratmeter großen
Fensterflügel mit dem ungewöhnlichen
Größenverhältnis 1:2,88 wählten die
Fassadenbauer eine ParallelschiebekippKonstruktion. „Dabei galt es, nicht nur
Größe und Bedienbarkeit der bodentiefen
Fenster, sondern auch die erforderliche
Luftzirkulation zu berücksichtigen“, erläutert Julius Grotegut von der Hueck-Objektkonstruktion in Lüdenscheid. „Durch
den ellipsenförmigen Grundriss und die
dadurch bedingte Winkelung musste
jedes PSK-Element einen vertikalen Bewegungsspielraum von plusminus zwölf
Millimetern tolerieren, also quasi um die
Ecke fahren.“
titelthema
Eigene
Beschlagslösung
In einem aufwändigen Verfahren
entwickelten die Hueck-Konstrukteure
gemeinsam mit McMullen und dem
Beschlagspezialisten Hautau eine
eigene Beschlagslösung, die diese
außergewöhnliche Geometriesituation
zuverlässig bewältigt. Mit zahlreichen
Tests im Hueck-Prüfzentrum in Lüdenscheid tasteten sich die Konstrukteure
schrittweise an die Lösung heran – bis
der endgültige Beschlag alle Prüfungen
auf leichte Bedienbarkeit und dauerhafte
Funktionalität bestanden hatte. „Bei
dieser ausgeklügelten Sonderlösung
gleitet das Fensterelement beim Öffnen
auf einer gebogenen Linie über den
Mittelpfosten hinter das benachbarte
Fassadenelement“, erklärt Grotegut.
Verglasung
kann nachträglich
verändert werden
Weil bei der Fertigstellung des Gebäudes die Nutzung und damit die Lage der
Innenwände noch nicht feststand, galt
es noch eine weitere Herausforderung
anzunehmen: so musste die räumliche
Aufteilung und damit auch die Glasfüllung
der Elemente nachträglich veränderbar
sein. Um diese Aufgabe zu lösen, passten
Die Fassaden Trigon Unit können in der sogenannten „Shuffle-Technik“ – d. h. von innen als
auch von außen – verglast werden.
die Hueck-Ingenieure die Konstruktion so
an, dass die Elemente in der sogenannten „Shuffle-Technik“ verglast werden
konnten. Diese Technik macht es möglich,
sowohl von innen als auch von außen zu
verglasen. Dafür wurden die Glasscheiben seitlich eingeschoben und befestigt.
„Auch diese Konstruktion wurde vor
der Fertigung natürlich erst zahlreichen
praktischen Tests unterzogen“, so Garner.
„Und auch nach dieser aufwändigen Entwicklungsphase haben unsere Ingenieure
das Projekt weiterhin bis zur Montage vor
Ort intensiv begleitet.“
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