objekte ABZ AgrarBildungsZentrum Salzkammergut, Altmünster Transparenter Brandschutz im konstruktiven Holzbau Bildnachweis: Ebenhofer, Steyr / fink thurnher Architekten, Begrenz Das AgrarBildungsZentrum (ABZ) Altmünster vereinigt die Landwirtschaftlichen Berufsfachschulen Altmünster und Weyregg am Standort der bereits 1954 erbauten LWBFS Altmünster. Das neue Schulzentrum in landschaftlich reizvoller Lage oberhalb des Traunsees mit Blick auf den 1.800 Meter hohen Traunstein fügt Bestandsgebäude und Neubau in Form eines Vierkanthofs zu einem architektonischen Ganzen zusammen. Als weithin sichtbare Landmarke kennzeichnet das überwiegend in Holzbauweise errichtete Gebäude aber auch den Beginn einer neuen Ära in der Ausbildung: Mit seiner lichten und transparenten Bauweise steht es für eine offene und vertrauensvolle Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern. Um diese Transparenz auch im Inneren des Gebäudes zu erhalten, wurde der bauliche Brandschutz mit speziellen Gläsern gelöst. N ach dem Beschluss der Österreichischen Landesregierung, die Landwirtschaftlichen Fachschulen Altmünster (Landwirtschaft) und Weyregg (Hauswirtschaft) am Standort Altmüster im nördlichen Salzkammergut zusammenzulegen, wurde ein zweistufiger Architekturwettbewerb ausgeschrieben. Der Bauherr, das Land Oberösterreich, hatte präzise Vorstellungen von dem neuen Schulzentrum: Es sollte auf dem Gelände der Landwirtschaftlichen Fachschule Altmünster unter Einbeziehung des Gebäudebestands aus den 1950-er Jahren entstehen. Die Erweiterung um Klassenräume, Praxisbereich, Internat und Verwal- 8 element + BAU 6/2012 tung sollte als konstruktiver Holzbau in Passivhausstandard errichtet werden. Entwurfskonzept Das Architekturbüro Fink & Thurnher aus Bregenz konnte den Wettbewerb für sich entscheiden. Das Planerduo präsentierte einen Entwurf, der die im Bestand bereits angelegte Struktur eines ortstypischen Vierkanthofs – als Idealtyp des ländlichen Bauens – mit einer Erweiterung im konstruktiven Holzbau zum neuen Schulzentrum ausformuliert. Holz ist aber nicht nur Hauptmaterial in der Gebäu- dekonstruktion, sondern dominiert auch im Innenausbau. Umso entscheidender und auch in der Auslobung gefordert war es, dem Entwurf ein überzeugendes brandschutztechnisches Gesamtkonzept beizufügen. Dieses hatte das IBS Institut für Brandschutztechnik, Linz, als befugte Fachplaner erarbeitet. Ausführung Das AgrarBildungsZentrum Salzkammergut wurde als 70 x 70 Meter großer Vierkanter mit 12.300 m2 Nutzfläche auf drei Ebenen errichtet. „Unsere Intension objekte Transparente Brandschutzkonstruktionen Raumhohe Glaswände aus Brandschutzglas ( EI30) schaffen eine außergewöhnliche Transparenz. Bildnachweis: Ebenhofer, Steyr / fink thurnher Architekten, Begrenz war nicht der Nachbau eines Vierkanthofs, sondern der Versuch, die Qualitäten dieses Bautyps zeitgemäß zu interpretieren in der Hoffnung, die Schüler für dieses Thema zu sensibilisieren. Denn sie werden mit ihrem Wirken im bäuerlichen Bereich unseren Kulturraum in Zukunft prägen“, so Markus Thurnher anlässlich der Eröffnung des ABZ. Aufgrund des Geländeverlaufs befindet sich das Untergeschoss hangseitig im Erdreich. Es ist als Stahlbetonkonstruktion mit Wänden und Stützen in Sichtqualität und einem Fußboden aus geschliffenem Estrich ausgeführt. Die ebenfalls betonierte Decke erhielt aus schallschutztechnischen Gründen eine abgehängte Decke aus Spaltentäfer. Durch ihre Materialgebung bildet sie das verbindende Element zu den oberen Geschossen in Holzbauweise. Im Erdgeschoss befinden sich u.a. die öffentlichen Bereiche wie Aula, Speisesaal, Mehrzwecksaal und der große Aufenthaltsbereich des Internats. Die Außenwände bestehen aus vorgefertigten Holzrahmenbauelementen, die mit Zellulose gedämmt sind. Massivholzwände übernehmen die Aussteifung, Stahlstützen und Betonverbundstützen die Lastabtragung. Die Decke über dem Erdgeschoss ist als Holzbetonverbunddecke ausgeführt. Im oberen Geschoss befinden sich die Klassenräume, Verwaltung und Bibliothek. Wie auch im Erdgeschoss ist nahezu der gesamte Innenausbau – Boden, Wände und Decken – in Holz ausgeführt. Die Dachkonstruktion besteht vorwiegend aus einer Balkendecke, in Bereichen mit großen Spannweiten werden Hohlkastenelemente verwendet. Das Gebäude ist außergewöhnlich licht – ganz gleich wo man sich befindet, man hat immer den Blick nach draußen, und damit die leichte Orientierung im Raum. Die von Architekten und Bauherrn angestrebte Transparenz konnte durch die Verwendung spezieller Brandschutzverglasungen auch über einzelne Brandschutzabschnitte hinweg beibehalten werden. Eine raumhohe Glaswand mit der Brandschutzanforderung EI30 trennt den Flurbereich von der Verwaltung. Die drei Meter hohe Festverglasung besteht aus vier jeweils 140 Zentimeter breiten Spezialgläsern im Stoßfugensystem Pyranova 30 von Schott Technical Glass Solutions, Jena. Die Besonderheit dieser Brandschutzkonstruktion: Die Verbindung der Scheiben untereinander erfolgt stumpf gestoßen mit einer optisch unauffälligen Silikonfuge. Die extrem transparente Brandschutzverglasung wurde vom Materialprüfamt Wien eigens für das Bauvorhaben geprüft und zugelassen. Ebenfalls geprüft und zugelassen wurden die 2,70 Meter hohen Brandschutztüren aus Holz. Diese wurden von der Tischlerei Alfred Laserer e.U., Gosau, mittels CNC-Technik gefertigt und beidseits der Festverglasung montiert. Festverglasungen mit Pyranova 30 im Stoßfugensystem ermöglichen den Aufbau von Endlos-Ganzglaswänden ohne störende Pfosten, deren Scheiben fast unsichtbar miteinander verbunden sind. Das Glas ist ein klares Mehrscheibenverbundglas für Brandschutzverglasungen der Feuerwiderstandsklasse F bzw. EI, das Feuer, Rauch und Wärmestrahlung GfS Sicherheit an Türen Und wie sichern Sie Notausgänge? Wir machen das so: EH-Türwächter zum Einsatz an Türdrückern und Stangengriffen GfS-Tagalarm mit (Funk-) Reed-Kontakt GfS e-Bar® – innovative Druckstange mit integrierter Alarmfunktion GfS – Gesellschaft für Sicherheitstechnik mbH ∙ Tempowerkring 15 ∙ 21079 Hamburg ∙ Fon 040-79 01 95-0 ∙ Fax 040-79 01 95 11 ∙ [email protected] ∙ www.gfs-online.com ANZ_EH_210x74.indd 3 06.03.2012 14:00:23 element + BAU 6/2012 9 objekte Bei den Gruppenarbeitsräumen werden bei der Verglasung Brandschutzglas mit Sicherheitsglas kombiniert. Die Verbindung zwischen den Scheiben untereinander erfolgt stumpf gestoßen mit einer unauffälligen Silikonfuge. Bildnachweis: Laserer Bildnachweis: Laserer abhält. Es wird abhängig von der Feuerwiderstandsklasse aus mindestens zwei Floatglasscheiben hergestellt, zwischen die eine transparente Brandschutzschicht eingelagert ist. Im Brandfall zerspringt die dem Brandherd zugewandte Scheibe, die Schicht schäumt auf und bildet einen Hitzeschild. Pyranova Spezialglas kann als Bestandteil von Brandschutzverglasungen der Feuerwiderstandsklasse EI (F) 15 bis EI (F) 120 bzw. EW 30 bis EW 60 sowie T 30 bis T 90 eingesetzt werden. Darüber hinaus können bei der Konfektionierung der Scheiben weitere Anforderungen erfüllt werden. So wurde im AgrarBildungsZentrum an der Nahtstelle zweier Brandschutzabschnitte die raumhohe Verglasung der Gruppenarbeitsräume zu den Fluren hin mit einem Sicherheitsglas kombiniert. Bestandstrakt (das Internat mit Platz für 150 Schüler) wurde vom Neubautrakt brandschutztechnisch als Brandabschnitt abgetrennt. Diese beiden Brandabschnitte wurden hinsichtlich der Fluchtweglängen in Rauchabschnitte unterteilt. Die Stiegenhäuser sowie die über zwei Geschosse führenden Brandabschnitte wurden mit Rauchwärmeabzugsöffnungen ausgestattet. Sämtliche Bauteile wurden – bis auf die oberste Geschossdecke (F30) – in F60 ausgeführt. Für das gesamte Gebäude wurde eine Brandmeldeanlage in Vollschutz entsprechend der TRVBS 123 vorgesehen. Durch Früherkennung und Fluchtmöglichkeiten – grundsätzlich sind von jedem Standort aus Fluchtmöglichkeiten in zwei Richtungen gegeben – ist der Personenschutz in höchstem Maße gewährleistet. Überzeugendes Brandschutzkonzept Ökologisches Energiekonzept Die Brandschutzanforderungen an einen Holzbau sind grundsätzlich in der TRVBS 123 Technische Richtlinie Vorbeugender Brandschutz geregelt. Einschränkend kam in diesem Fall hinzu, dass bereits in der Auslobung zum Wettbewerb der Einbau einer Sprinkleranlage kategorisch ausgeschlossen worden war – es sollten bevorzugt Maßnahmen getroffen werden, die in der Gebäudekonzeption begründet sind. Abschließend beurteilt wurde das neue Schulzentrum nach der Oberösterreichischen Bautechnik-Verordnung. Diese beinhaltet eine Besonderheit hinsichtlich der Fluchtwegführung: Sie erlaubt die Fluchtwegführung in angrenzende Brandabschnitte, was bei diesem Projekt eine Rolle gespielt hat. Das AgrarBildungsZentrum Altmünster ist nicht zuletzt ein vorbildliches Beispiel dafür, wie man auch in großen Dimensionen ökologisch sinnvoll bauen kann. Aufgrund der kompakten Gebäudehülle und der hervorragenden U-Werte der gewählten Bauteile entspricht das gesamte Gebäude (Altbau und Neubau) den Anforderungen an ein Passivhaus. Gegenüber der bisher an den beiden Standorten Altmünster und Weyregg benötigten Heizenergie werden rund 90 %, das sind jährlich 1,2 Mio. kWh, eingespart. Die zentrale Wärmeerzeugung erfolgt mittels Hackgut-Biomassekessel (Leistung 400 kW), was die Verwendung von CO2-neutralem Brennmaterial aus der Region ermöglicht. Eine 79 m² große solarthermische Anlage auf dem Dach unterstützt die Warmwasserbereitung und Raumheizung. Darüber hinaus wurde eine Photovoltaikanlage mit 73 m² Kollektorfläche installiert. Eine kontrollierte Be- und Entlüftung sorgt für den notwendigen Im Schul- wie auch im Internatsbereich ist das primäre Schutzziel die Personenrettung. Diese wird über drei Stiegenhäuser, die direkt ins Freie münden, erreicht. Der 10 element + BAU 6/2012 Luftaustausch, wodurch in den Klassenräumen ein gesundes Raumklima – Stichwort CO2-Konzentration – erreicht wird. Die Wärmerückgewinnung aus der Abluft reduziert Lüftungswärmeverluste; der Wirkungsgrad der Wärmerückgewinnung liegt bei 70 – 85 %. Für seinen ganzheitlichen Ansatz und die konsequente Umsetzung wurde das AgrarBildungsZentrum Altmünster nicht nur mit dem Österreichischen Holzbaupreis 2012 in der Kategorie „Gewerbliche und Öffentliche Bauten“ ausgezeichnet, sondern es erhielt auch einen Sonderpreis „Energieeffizienz und regionale Wertschöpfung.“ Bautafel Bauherr: Land Oberösterreich (Land OÖ) Entwurf und Realisation: Fink & Thurnher, A-Bregenz Holzbau: ARGE Kieninger GmbH, A-Bad Goisern und Eiblmayr-Wolfsegger, A-Vöcklabruck Brandschutzkonzept: IBS Institut für Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung Gesellschaft m.b.H. A-Linz Montage EI30 Verglasungen und Dachstein EI30 Türen: Alfred Laserer Tischlerei e.U., A-Gosau 499 Brandschutzgläser: Pyranova 30 im Stoßfugensystem von Schott Technical Glass Solutions, D-Jena