Sonderdrucke aus der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg WOLFHARD WIMMENAUER Vorkommen und Strukturen von Fulguriten im Schwarzwald Originalbeitrag erschienen in: Der Aufschluss 57 (2006), S. 325-328 der Aufschluss Seite 325 - 328 09 Abb. °lg. 57 • Heidelberg Sept./Okt. - 2006 Vorkommen und Strukturen von Fulguriten im Schwarzwald Von Wolfhard WIMMENAUER Zusammenfassung An vielen Felsen des Schwarzwaldes sind Sprengungen und Hitzewirkungen als Folgen von Blitzeinschlägen erkennbar. Die für das bloße Auge oft unscheinbaren Fulguritbildungen zeigen bei mäßiger Vergrößerung Strukturen, die auf Schmelzung, Verdampfung und Wiederablagerung im elektrischen Feld schließen lassen. Abstract Many rock cliffs in the Schwarzwald show blasting and heat effects caused by lightning strokes. Mostly unspectacular to the naked eye, the fulgurite structures indicate, at moderate magnification, the results of melting, vaporization, and re-condensation of mineral matter under the influence of electric field forces. Fulgurite entstehen durch die Hitzewirkung von Blitzen auf schmelzbare Gesteine und deren Minerale. Am bekanntesten sind die Blitzröhren in Sanden und die Felsfulgurite auf Alpengipfeln. Sie bestehen aus unterschiedlich zusammengesetzten, silikatischen Gläsern, die als Überzüge, Strähnen oder Röhren auf oder in den betreffenden Substraten auftreten. Abb. 1: Die Stäpfelefelsen am Nordhang des Schauinsland bei Freiburg i. Br. Die turm- und bastionsartigen Felsen zeigen besonders an den im Bild gerade im Schatten liegenden Seiten Absprengung durch Blitze und Fulguritbildung. An vielen anderen, ähnlich gestalteten Felsen wurde auch erfolgreich nach Fulgurit gesucht. 325 Wolfhard WIMMENAUER: Vorkommen und Strukturen von Fulguriten im Schwarzwald Abb. 2: Dunkle Fulguritüberzüge auf Bruchflächen und -kanten von Gneis; Schlossberg bei Freiburg i. Br. Höhe des Bildauschnittes 1,2 m. Abb. 3: Etwa 5 m hohe Blitzspur auf Gneis, Schlossberg bei Freiburg i. Br. Der Moos- und Flechtenüberzug des Gesteins ist weggebrannt; unscheinbare, aber eindeutige Fulguritbildungen sind im Bereich der Spur mit der Lupe erkennbar. In Mittelgebirgen, wie dem Schwarzwald, sind Fulgurite bisher nur selten gefunden worden, sind sie doch im Allgemeinen unscheinbar und mit mancherlei anderen, dunklen Oxid- oder Algenüberzügen zu verwechseln. Charakteristisch ist aber, dass sie Kanten und Spitzen aufgesprengter Felsen und, im Kleinen, auch die herausragenden Partien der Minerale grobkörniger Gesteine bevorzugen. An einigen Stellen sind bis über mehrere Meter ausgebreitete Überzüge, in anderen Fällen aber nur mit der Lupe erkennbare Erscheinungen zu beobachten. Viel spektakulärer als die Hitzewirkungen sind oft die auch vom Blitz erzeugten Sprengungen; bei der gezielten Suche nach Fulguriten wurden solche im Gelände oft schon von Weitem erkannt und, mit den dazu gehörigen Fulguriten, als Erzeugnisse von Blitzschlägen bestätigt (Abb. 1 und 2). Fulguritbildungen treten aber auch auf sonst unbeschädigt gebliebenen Oberflächen von Gesteinen auf; sie finden sich dort entweder als dunkle, lückenlose Überzüge oder als schwärzliche, im frischen Zustand auch Autor zum Artikel Vorkommen und Strukturen von Fulguriten im Schwarzwald Wolfhard WIMMENAUER Prof. Dr. Wolfhard WIMMENAUER, geb. 1922. 1948 Promotion an der Universität in Freiburg i. Br. 1948 - 1967 als Petrograph am Geologischen Landesamt Baden-Württemberg. 1967 - 1988 Ordentlicher Professor für Mineralogie und Gesteinskunde an der Universität Freiburg i. Br. Hauptarbeitsgebiete Schwarzwald und Kaiserstuhl. Buchveröffentlichungen: Petrographie der magmatischen und metamorphen Gesteine (1985); Zwischen Feuer und Wasser. Gestalten und Prozesse im Mineralreich (1992). Adresse des Autors: Prof. Dr. W. WimmENAuER, Rehhagweg 21, 79100 Freiburg i. Br., Tel. 07 61/29 05 11. 326 Wolfhard WIMMENAUER: Vorkommen und Strukturen von Fulguriten im Schwarzwald Abb. 4: Glasiger Fulguritüberzug auf Grauwacke, Utzenfeld im Südschwarzwald. Höhe des Bildausschnittes 3 cm. Abb. 5: Girlandenartige, verzweigte Fulguritfäden auf der Bruchfläche eines kleinkörnigen Quarzaggregates. Hauseckfelsen am Feldberg im Schwarzwald. Höhe des Bildausschnittes 6 mm. Abb. 6: Fulguritbildungen auf Feldspat, Les Pradals (Gemeinde Mons. Herault, F). Abb. 7: Durchgehende, schwarze Fulguritdekoration auf der Bruchkante eines Quarzgesteins (oben im Bild) und verzweigte Fulguritfäden auf der daran anschließenden Bruchfläche. Immenbühl bei Glashütte N St. Märgen (Schwarzwald). Breite des Bildausschnittes 7 mm. Die Bruchkanten des Kristalls tragen durchgehende Dekorationen aus Fulguritglas; feine Glaströpfchen auf den Spaltflächen sowie (rechts) girlandenartige Glasfäden auf unebenen Flächen. Ähnliche, aber meist weniger vollkommene Bildungen kommen auch auf Schwarzwaldgraniten vor. Breite des Bildausschnittes 3 cm. glänzende Dekorationen von herausragenden Kanten und Spitzen der Einzelminerale. Solche Fulguritbildungen können sich auf bis zu Quadratmeter großen Flächen und sogar, dann allerdings lückenhaft, über mehrere Zehner Meter erstrecken. 327 Wolfhard WIMMENAUER: Vorkommen und Strukturen von Fulguriten im Schwarzwald Abb. 8: Schwarze Fulguritdekorationen auf Spitzen und Kanten von Bergkristall in einem Quarzgang. Im Gegensatz zu den noch spiegelnden Oberflächen benachbarter, aber nicht betroffener Kristalle sind die Flächen der heraus ragenden Kristalle matt und zum Teil mit kleinsten Schmelztröpfchen bestäubt. Breite des Bildausschnittes 5,5 mm. Abb. 9: Netzwerk aus Fulguritfäden und einzelne Fulgurittröpfchen auf Phonolith (Ausschnitt aus einem über mehrere Quadratmeter ausgebreiteten, dunklen Belag). Das Gestein in den Maschen des Netzwerks trägt einen dünnen SchmelzglasÜberzug, der in schwachen Perlmutterfarben schimmert. Breite des Bildausschnittes 2,7 mm. Beispiele der genannten Formen des Auftretens sind von WIMMENAUER 2003 und WIMMENAUER & WILMANNS 2004 beschrieben worden. Zur Zeit (Nov. 2004) sind ca. 220 Vorkommen im Schwarzwald und dessen näherer Umgebung bekannt. In Teilgebieten, wie dem Schlossberg in Freiburg i. Br. (Abb. 2 u. 3) und dem engeren Schauinslandgebiet im Südschwarzwald liegen mehrere Zehner von Vorkommen auf einem Quadratkilometer. Die in den Abb. 4 bis 9 gezeigten Strukturen erfordern fallweise verschiedene Erklärungen. Während der ungefähr gleichmäßige Belag der Abb. 4 Schmelzung und Erstarrung an Ort und Stelle wahrscheinlich macht, legt die ungleichmäßige Verteilung und eigentümliche Ausgestaltung der Fulguritbildungen auf den folgenden Abbildungen die Annahme nahe, dass Gesteinssubstanz nicht nur geschmolzen, sondern auch verdampft und aus diesem Zustand auf die Oberfläche zurück gelangt ist. Dabei lenkten, besonders in den Fällen der Abb. 5 bis 8, elektrostatische Kräfte die Fulguritsubstanz auf Kanten und Spitzen der Substrate. Die Tendenz elektrischer Entladungen, sich auf Flächen zu verzweigen, wirkt bei der Gestaltung des endgültigen Bildes zusätzlich mit. Die Ursache der besonders dunklen Farbe feiner Dekorationen und Netzwerke, selbst auf reinem Quarz, ist noch nicht gefunden. Literatur WIMMENAUER , W. (2003): Wirkungen des Blitzes (Sprengung und Fulguritbildung) an Felsen im Schwarzwald.- Ber. Naturforsch. Ges. Freiburg i. Br., 93, 1 -32, Freiburg i. Br. WIMMENAUER , W. & WILMANS, 0. (2004): Neue Funde von Blitzsprengung und Fulguritbildung im Schwarzwald.- Ber. Naturforsch. Ges. Freiburg i. Br., 94, 1 -22, Freiburg i. Br. Bücherschau Fortsetzung Werner BUCKEL & Reinhold KLEINER: Supraleitung - Grundlagen und Anwendung. 6. neu bearbeitete und erweiterte Auflage. ISBN 3-527-40348-5. Auf 468 Seiten werden viele Details zu Grundlagen und Anwendungen über Supraleitung aufgezeigt. Das Buch beginnt mir einem Bildnis von Heike KAMERLINGH ONNES und beschäftigt sich im weiteren in den Kapiteln mit den grundlegenden Eigenschaften der Supraleiter, Supraleitenden Elementen, Legierungen und anderen Verbindungen, der Cooper-Paarung sowie thermodynamischen und anderen Eigenschaften. Selbstverständlich darf ein Kapitel über mögliche Anwendungen der Supraleitung nicht fehlen. Die deutliche Anhebung der Sprungtemperatur durch die oxydischen Verbindungen auf über 130 K brachte die Supraleitung in den letzten Jahrzehnten in Kühlbereiche die mit 328 flüssigen Stickstoff leicht erreichbar wird. Dadurch können derartige Hochtemperatursupraleiter um den Faktor 50 billiger gekühlt werden als mit flüssigem Helium. Allen Kapiteln ist eine ausführliche Literaturzusammenstellung angefügt. Ein kurzes Stichwortverzeichnis schließt das Buch ab. Supraleitende Magnete in der Medizintechnik (Kernspintomograph), in der Energiespeicherung, als Anwendung bei Schwebezügen oder supraleitende Kabel sind nur einige der möglichen Anwendungen. Die Grundlagen und Hintergründe werden in den vorangegangenen Kapiteln abgehandelt. Für alle die sich tiefer mit der interessanten Fragestellung auseinandersetzen wollen, kann dieses Buch, in der inzwischen 6. Auflage, empfohlen werden. Herbert PönmANN, Halle (Saale)