www.hlh.de Organ der VDI-Gesellschaft Technische Gebäudeausrüstung Sonderdruck aus Heft 2 - 2016 Komfort mit Heiz-Kühl-Decke im Rathaus Die Arbeitsbedingungen im denkmalgeschützten Rathaus in Düren haben sich gravierend verbessert. Nach einer umfassenden Sanierung stehen nun moderne Räume mit effizienter Technik zur Verfügung. Ein wichtiger Bestandteil bildet die Heiz-Kühl-Decke. Bild 1 Das denkmalgeschützte Rathaus Düren im Zentrum der Stadt fällt durch seine gestaffelte Bauweise auf I n Düren finden die Bürger den Großteil ihrer Verwaltung seit Juli 2015 wieder unter einem Dach. Damit konnte ein Schlussstrich unter eine Periode gezogen werden, die vom Umzug in Ausweichquartiere bis zum Wiedereinzug in das Rathaus (Bild 1) knapp drei Jahre dauerte. Die Herausforderung an die Planer war eine Doppelte: Die Tätigkeit in allen Dezernaten musste nahtlos weiterlaufen und das Konzept für das „neue“ Rathaus im Zeit- und Kostenplan umgesetzt werden. Autorin Alte Hülle – neue Technik Federführend bei der Maßnahme war die Projektgruppe Rathaussanierung unter Leitung von Helmut Harperscheidt. Der Architekt und Leiter des Amtes für Gebäudemanagement war zusammen mit dem Ingenieurbüro Prömper-Reuling maßgeblich daran beteiligt, die rund 20 Mio. Euro teure Sanierung in die Tat umzusetzen. Insgesamt wurden 8 500 m2 Nutzfläche und rd. 6 000 m2 Fassadenfläche des in den 1950er Jahren errichteten Gebäudes erneuert (sie- he Infokasten zum Rathaus). Das reicht vom Fensteraustausch über die Innendämmung bis zur Prüfung und Neuverlegung der 1,5 Mio. schwarz-gelben Fassaden-Mosaiksteine aus Glas (Bild 2). Ein wesentlicher Teil der als ganzheitlich begriffenen Konzeption bildete die neue Gebäudetechnik. Ein wärmegeführtes Blockheizkraftwerk (BHKW) reduziert den Strombezug aus dem öffentlichen Netz, dazu kommt eine komplett neue Elektroinstallation. Die vom BHKW produzierte Wärme wird im Gebäude genutzt, wobei die Spitzenlastdeckung mit einer Heizzentrale erzielt wird. Von den 1,4 MW Leistung fließen maximal 600 kW in das Rathaus, der andere Teil in die Sparkasse. Diese gesplittete WärBild 2 Marion Paul-Färber ist Fachjournalistin im PR-Büro Dieter Last, Osnabrück. Die Farbgestaltung der Außenwände mit schwarz-gelben Mosaiksteinchen aus Glas setzt sich im Innenraum fort Bild 3 Fast alle Büroräume wurden mit einer abgehängten Heiz-Kühl-Decke ausgestattet Tabelle 1 Werte Vor der Sanierung Primärenergiebedarf 262 kWh/m² CO2-Emissionen Durchschnittsverbrauch für Wärme (2000–2010) 73 kWh/m² * 60 kg/m² 16 kg/m² * 867.000 kWh 320.000 kWh/a * Kosten für Wärme 2000 44.800 € Kosten für Wärme 2010 110.000 € Strombedarf 2011 Nach der Sanierung 429.200 kWh/a Kosten für Strom 2011 Instandhaltungskosten (Durchschnitt von 2002 bis 2010) Im Keller befinden sich neben der Heizungsanlage auch Kältemaschinen, Verteiler und ein BHKW mit Pufferspeicher 65.900 € 104.000 €/a * Prognose mebereitstellung läuft über eine zehn Jahre dauernde Contracting-Vereinbarung mit den Stadtwerken Düren. Die Verrohrung wurde erneuert, die Heizkörper – sofern sie verbleiben sollten – ebenso. In den Arbeits- und Funktionsräumen wechselte man weitgehend zu einer Flächenheizung und -kühlung Bild 4 von der Decke (Bild 3). Dazu wurden eine Absorptions- und eine Kompressions-Kältemaschine mit 70 kW bzw. 176 kW installiert (Bild 4). Alle genannten Aspekte entsprechen den Grundzügen des Sanierungskonzepts: Verringerung des Energieverbrauchs (s. Tabelle 1), effiziente Ener- gieerzeugung, optimierte Betriebs- und Unterhaltungskosten, Nutzung von Synergien und Steigerung des Nutzerkomforts durch die Anpassung an zeitgemäße Standards. Vorteile der Heiz-Kühl-Decke Der Einsatz einer „Heizung und Kühlung von oben“ passt hervorragend zu diesem ganzheitlichen Konzept. Ein solches System beheizt den Raum zu zwei Dritteln über Strahlungswärme. Bedingt durch die immense Zerstörung entstand nach dem Zweiten Weltkrieg im Zentrum Dürens eine intensive Neubebauung, meist mit viergeschossigen Häusern. Als zu Beginn der 50er Jahre die Pläne für ein Verwaltungsgebäude entwickelt wurden, griff der Architekt Denis Boniver dies auf. Sein Entwurf gewann den Wettbewerb und wurde von 1956 bis 1959 umgesetzt. Das Gebäude staffelt sich in drei Teile: Rechts (vom Kaiserplatz aus gesehen) nimmt das viergeschossige Bauteil die vorhandene Struktur auf. Links wurde ein zweigeschossiger Abschnitt platziert, so dass die Anbauten zu einem schlanken achtgeschossigen Turm in der Mitte führen. Neben den roten Klinkerflächen und den schwarz-gelben Mosaik-Brüstungsfeldern weist die Fassade eine starke Längsprofilierung auf, die durch einen großen Fensteranteil (29 %) eine hohe Transparenz erfährt. Der mittlere Baukörper fällt ins Auge – auch durch die Uhr und das Der viergeschossige Anbau wurde mit einer Riegelkonstruktion errichtet, die auch nach der Sanierung den Blick leitet Stadtwappen –, dominiert aber nicht zu stark. Seit 1989 steht das Gebäude unter Denkmalschutz. Die Anforderungen, die sich daraus für die grundlegende Sanierung ergaben, wurden auch im Zusammenhang mit den organisatorischen Veränderungen betrachtet. Der Hauptzugang, früher über die Freitreppe zu erreichen, wurde auf die Ebene des Kaiserplatzes verlegt. Auf diese Weise ließ sich ein barrierefreier Zugang aller Etagen erzielen. Die Ausweisung von Besprechungsräumen im Erdgeschoss, die technisch wie die Büros auf dem neuesten Stand sind, erleichtert zusätzlich den Service für die Bürger. Ein Wärmeschutz ließ sich nur innen umsetzen, damit die Fassade mit ihren besonderen Strukturen erhalten blieb. Die im Drei-Meter-Raster ausgeführte Riegelkonstruktion im viergeschossigen Bauteil (Bild) blieb ebenso erhalten wie die alten Leuchten, die jedoch mit stromsparenden LED-Platinen umgerüstet wurden. Bild: Best GmbH, Isernhagen Rathaus Düren - Teil eines 50er-Jahre-Ensembles Objektspezifische Produktion der Deckenstrahlplatten Fast 170 Räume, die meisten zwischen 16 und 30 m2 groß, wurden genau aufgemessen. Dabei ging es nicht nur um die Größe und die benötigte Heiz- bzw. Kühlleistung, sondern auch um Feinheiten wie Rund- und Schrägausschnitte, Kabelbohrungen sowie Anschlusspositionen. Diese Daten, die von Best erhoben wurden, nutzte man zur Fertigung der insgesamt 2 310 m2 umfassenden Heiz-Kühl-Elemente. Für das Rathaus Düren entschieden sich Bauherr und Planer für die Ausführung HKE-EL als Deckensegel mit planer Sichtfläche, die perforiert und mit einer Akustikeinlage versehen wurde (Bild 5). Dieser Aufbau mindert den Nachhall im Raum und trägt so zu einer ruhigeren Arbeitsumgebung bei. Alle Elemente sind rundum durch eine schadstofffreie Beschichtung in Weiß – Farbton RAL 9016 – oberflächengeschützt. Die Gesamtheizleistung der Elemente wurde mit 325 kW angesetzt, weil die Sanierung durch die oben genannten Maßnahmen eine erhebliche Reduzierung gegenüber der ursprünglichen Heizlast mit sich brachte. Bild 5 Die Deckensegel finden mit den eigens entwickelten Randleisten einen sauberen, dezenten Abschluss Konstruktion der HKE-EL Die HKE-EL sind besonders leichte Deckenstrahlplatten, die aus Kupferrohren 15 x 0,75 mm und Kopfstücken 28 x 1,5 mm bestehen, die strömungsgünstig ausgehalst sind und zu Registern verlötet werden. Dann werden sie in eloxierte Wärmeprofile aus Alu-Strangguss verpresst sowie unter kontinuierlichem Anpressdruck mit dem Aluminiumstrahlblech in 1,0 mm Stärke verklebt. Das Blech ist zur Raumschalldämpfung standardmäßig gelocht. Die seitliche Aufkantung beträgt 60 mm nach oben und 20 mm nach innen, sie wird zur Justierung der oberen Wärmedämmung genutzt. Durch die minimale Gesamtbauhöhe und die wahlweise 90 °- bzw. 70 °-Kantung nach innen eignen sich die HKE-EL auch sehr gut für den Einbau in Rasterdecken. Zur Querstabilisierung und Aufhängung der Strahlplatten sind zweiteilige Klemmprofile aus verzinktem Stahlblech montiert, die bei Bedarf bauseits versetzt werden können und so ein variables Aufhängeraster ermöglichen. Die Wasserführung, der Oberflächenschutz und die Wärmedämmung werden entsprechend den baulichen Anforderungen ausgeführt. Einzelplatten lassen sich stufenlos bis 3,0 m Baulänge fertigen, Strahlplattenbänder sind mehrteilig in jeder Baulänge möglich. Die Verbindung erfolgt bauseits mittels patentierter Schiebemuffen durch Zusammenstecken und Verschraubung der Stirnbleche. Dadurch entfallen jegliche Abdeckbleche und Endkästen, Schrauben oder andere vorstehende Teile. So entsteht eine plane Sichtfläche mit dezenten Stoßfugen. Eckdaten zur Auslegung Für das Rathaus Düren wurde ein 2-Leiter-System installiert, mit dem entweder gekühlt oder geheizt werden kann (Bild 6). Die Heizleistung wurde mit einer Vorlauftemperatur von 35 °C Bild 6 Details zur Heiz-Kühl-Decke: Die Anbindung vom Verteiler Heizung bis zur Abnahmestelle Bild: Stadt Düren Da die Temperatur der Umgebungsflächen angehoben wird und die Luftgeschwindigkeit sehr gering bleibt, kann die Lufttemperatur um durchschnittlich 3 K abgesenkt werden. Die Empfindungstemperatur, ein wesentliches Merkmal der Behaglichkeit, bleibt dabei gleich. Die Kühlung mit Hilfe der Strahlflächen erfolgt durch Umkehrung des Wärmeflusses: Die Umgebung gibt ihre Wärme an die Deckenstrahlplatte ab, die Strahlfläche ist dann kälter als der Raum. Damit bietet die von dem Unternehmen Best gelieferte Heiz-Kühl-Decke einen äußerst effizienten und sparsamen Umgang mit Energie. Dies wird mit bester Regelbarkeit und kurzen Aufheizzeiten aufgrund des geringen Speichervolumens ergänzt. Die Elemente an der Decke sind praktisch wartungsfrei und weisen eine lange Lebensdauer auf. Dazu kommt die Raumersparnis, da alle Wand- und Bodenflächen frei bleiben. Des Weiteren vereinfacht das die Reinigung, zumal durch die Heizung von oben in sehr viel geringerem Maße Staub aufgewirbelt wird als mit Radiatoren. Bild 7 rung machte einen höheren Bodenaufbau erforderlich. Zusammen mit einer abgehängten Decke wäre die Raumhöhe zu gering gewesen. Daher entschied man sich in diesem Bereich für eine wasserdurchströmte Fußbodenheizung und Akustikdecken. Installation Bei der Montage hatte die SuchfortAnlagenbau GmbH darauf zu achten, dass die Deckstrahlplatten nur an den Raumaußenseiten direkt an der Decke mit verzinkten Materialien befestigt wurden. Zum Rauminneren wurden sie auf speziell dafür vorgesehene Bandrasterprofile aufgelegt, um ein genaues Ausrichten der Deckenstrahlplatten zu gewährleisten. Dabei hat man den Abstand von der eigentlichen Decke bis zu den HKE-EL mit 180 mm festgelegt. Der Zwischenraum wurde für die Verlegung Bautafel Objekt: Bauherr: Baujahr: Modernisierung: Gesamtplanung: Planung TGA: Ausführung: Wärmeverteilung: Hersteller: Rathaus Düren Stadt Düren, 52348 Düren, www.dueren.de 1956 bis 1959 2012 bis 2015 Projektgruppe Rathaussanierung, 52355 Düren Prömper-Reuling GmbH Ing.-Büro für Heizung-Klima-Sanitär-Elektro 52499 Baesweiler, www.ipr-gmbh.com Suchfort-Anlagenbau GmbH & Co., 37079 Göttingen www.suchfort-anlagenbau.de 2 310 m² Deckenstrahlplatten HKE-EL als Deckensegel Best GmbH, 30916 Isernhagen www.best-kuehlheizen.de von Datenbus- und Brandmeldekabeln genutzt, welche die Geräte in den Deckenplatten versorgen. Zur Installation wurden Plattenanschluss-Garnituren in DN 15 genutzt, die aus jeweils zwei Kugelhähnen mit Verschraubung, zwei Entleerungshähnen (3/8 Zoll) und einem Volumenstromregler bestehen. Letzterer ist voreingestellt mit einem elektrisch verstellbaren Regelbereich von 40 bis 750 kg/h und PN16 als Regel- und Absperrventil. Der Stellantrieb hat eine Betriebsspannung von 24 V, mit einer Steuerspannung von 0 bis 10 V. Er verfügt über einen verpolungssicheren Stecker. Das zugehörige Kupplungsgegenstück wurde vorab geliefert. Die Armaturen wurden von Best werkseitig einreguliert und der Lieferung lose beigelegt. Kabeldurchführungen in die HKE-EL wurden als Bohrung bis 18 mm Durchmesser erstellt (Bild 7), wobei die genauen Maßangaben des Elektrikers auf der Baustelle zu beachten waren. Erfahrungen Nach dem Bezug des Gebäudes im Juni 2015 wurde zunächst die Kühlfunktion der Decke genutzt. Zusammen mit der verbesserten Dämmung und den Sonnenschutz-Jalousien an den Fenstern gelang es, mit der Kühldecke angenehme Arbeitsbedingungen zu schaffen. Die positiven Rückmeldungen bestätigen Bauherr und Planer, dass ihre akribische Vorarbeit und die konsequente Umsetzung zu einem gelungenen Ergebnis geführt haben. © Springer-VDI-Verlag GmbH & Co. KG, Düsseldorf 2016 und einer Rücklauftemperatur von 30 °C angesetzt, der Wert für die Innenräume mit 21 °C. Als q (Wärmebedarf) waren 86 W/m2 vorgegeben. Für die Kühlleistung lagen die Werte bei 16 °C bzw. 20 °C und einer Raumlufttemperatur von 26 °C. Dies entspricht der gängigen Arbeitsstättenverordnung. Ein niedrigerer Wert als 16 °C wird vermieden, damit sich kein Kondenswasser bildet. Als Betriebsdruck wurden 6 bar angesetzt, das Betriebsgewicht je Quadratmeter wird mit 11 kg angegeben. Damit stellen die HKE-EL Leichtgewichte dar, die sich hervorragend in bestehende Deckenkonstruktionen einfügen lassen. Der Druckverlust je Meter Registerrohr beträgt bei der Wassermenge von 150 kg/h maximal 120 Pa/m. Je nach Raumgröße und -zuschnitt wurden Baubreiten von 300 bis 1 350 mm eingesetzt. Die Flure und Treppenhäuser werden mit Radiatoren beheizt. Sie sind mit einer Akustikdecke ausgestattet, um ebenfalls eine Reduzierung der Geräusche zu erzielen. Im Erdgeschoss, das vor der Sanierung vor allem zur Lagerung von Material genutzt wurde, verzichtete man auf eine Heiz-Kühl-Decke. Die weitgehend fehlende Unterkelle- Bilder 1-5, 7: Best GmbH, Isernhagen Im Detail: Die Bohrungen für die Aufhängung der Leuchten wurden erst bauseits erstellt