ARBEITSVERFAHREN W enn der Landschaftsgärtner oder Landschaftsarchitekt für private Bauherrn Natursteinarbeiten plant oder ausgeführt, muss er sicher sein, dass der Bauherr genau weiß, was er für sein Geld bekommt. Mithilfe einer Checkliste mit den folgenden, im Anschluss ausführlich gestellten Fragen, lässt sich die Beratung zielgerichtet durchführen: ➜ Ist das Steinmaterial vom Baustil und von der Farbe her richtig gewählt? ➜ Muss das Steinmaterial frosttausalzbeständig sein? ➜ Wie muss die Oberflächenbearbeitung aussehen? ➜ Was für eine Bearbeitung der Seitenfläche ist erforderlich? ➜ Wie soll bei einer Plattendecke das Plattenformat sein? ➜ Ist der Naturstein empfindlich für Verfärbungen? ➜ Treten innerhalb des Gesteins große Farbunterschiede auf, worauf die Bauherrschaft aufmerksam gemacht werden muss? ➜ Verändert sich der Stein durch Benutzung und Umwelteinflüsse? ➜ Welche Anforderungen stellt der Bauherr an die Natursteinausführungen? Ist das Steinmaterial vom Baustil und von der Farbe her richtig gewählt? Wenn es sich bei einem alten, historischen Gebäude um eine Renovierung, Erweiterung oder um einen Umbau handelt, ob im öffentlichen oder privaten Bereich, sollte der bestehende Baustil beibehalten werden. Bei alten Gebäuden kamen früher die Natursteinmaterialien aus der näheren Umgebung zur Anwendung. Bei einem Pflaster waren dies Fluss- oder Feldsteine, die später im oberen Drittel abgeschlagen wurden. Plattendecken waren vielfach aus rechteckigen Sand- oder Kalksteinplatten. Zum Teil wurden je nach Region auch Platten aus Gneis oder Quarzit verwendet, diese jedoch eher in polygonaler Form. Bei solchen Objekten sollte auch heutzutage kein ar- 12 Eisenoxidhaltiges Gneisgestein, welches bräunliche Verfärbungen am Plattenrand zeigt Natursteinverwendung Der richtige Stein am richtigen Ort Damit es bei der Verwendung von Naturstein als Belag keine bösen Überraschungen gibt, sollte dem Baubeginn eine gründliche Beratung vorausgehen. Erich Lanicca hat die Fragen zusammengefasst, die mit den Bauherren geklärt werden müssen. tenfremder Naturstein verwendet werden. Als Fachmann sollte man den Bauherrn vor dem Stilbruch warnen – er kann die Harmonie von Haus und Garten zerstören. Geht der Wunsch schon in eine bestimmte Richtung, sollten Sie aus dem Sortiment der möglichen Materialien eine Vorschlagsliste ausarbeiten, welche die Vor- und Nachteile der einzelnen Materialien verdeutlicht. Hierzu gibt es genug Möglichkeiten in der Literatur. Je nach Region und Geldbeutel kann der Vorschlag schlicht und einfach oder verspielt sein. Muss das Steinmaterial frosttausalzbeständig sein? Gewisse Sediment- und kristalline metamorphe Gesteine sind nicht frosttausalzbeständig. Solche Steine können, wenn nicht mit Streusalz gearbeitet wird, für begangene und für kaum befahrene Flächen verwendet werden. Bei diesen Gesteinen muss darauf geachtet werden, dass sie nicht von oben oder unten dauernd durchnässt werden, beziehungsweise Staunäs- se ausgesetzt sind. In der Unterkonstruktion muss der Wasserabfluss immer gewährleistet sein. Das Gefälle an der Oberfläche ist möglichst groß (= 3 %) auszubilden, damit das Wasser schnell abfließen kann und die Natursteine rasch abtrocknen. Je kleiner die Belastung, desto geringer verläuft die Zerstörung des Gesteinsmaterials. Außerdem muss der Bauherr darauf aufmerksam gemacht werden, dass bei Frostperioden gewisse Abplatzungen am Gestein entstehen und nicht als Mangel bezeichnet werden können, sondern Gesteinscharakteristika sind. Grundsätzlich muss immer geklärt werden, wie die Frostbeständigkeit eines Gesteins geprüft wurde. Die Normprüfungen gewährleisten noch lange nicht, dass der Naturstein in der Praxis seine Frosttauglichkeit erfüllt. Wie muss die Oberflächenbearbeitung aussehen? Fußgängerbereiche müssen nach den Normen und Merk- blättern eine rutschfeste Oberfläche haben. Natursteine mit stahlbandgesägten Oberflächen können als rutschfest bezeichnet werden. Feinere Bearbeitungen sollten für öffentliche Außenbereiche nicht verwendet werden. Im privaten Bereich dürfen Steine mit feinerer Oberflächenbearbeitung verwendet werden – ratsam ist das nicht unbedingt. In und um Gebäude wird die Rutschsicherheit in den Normen und Merkblättern nach RWerten angegeben. Dies ist ein subjektiver Wert, der in der Praxis am Objekt nicht mehr kontrolliert werden kann. Aus diesem Grund ist zu empfehlen, die Rutschsicherheit nach dem Pendel- und Ausflusswert anzugeben und zu messen. Die Werte nach dem Merkblatt über den Rutschwiderstand von Pflaster und Plattenbelägen für den Fußgängerverkehr können jederzeit vor Ort kontrolliert werden. Je feiner die Oberfläche, desto weniger Schmutz und Staub setz sich darauf fest und desto einfacher ist die Reinigung. Dies ist besonders für diejeni- 29/2006 Kalkstein, der nach den Normen frostbeständig ist. Die Frostbeständigkeit wird in der Praxis aus verschiedenen Gründen nicht erfüllt Muschelkalkplatten, bei denen dünne Schichten an der Oberfläche abplatzen und die darunter liegende Schicht sichtbar wird gen Personen wichtig, die den Naturstein reinigen und pflegen. Bei bruchrohen Oberflächen muss eine gewisse Ebenheit vorhanden sein, damit vor allem zwischen zwei Steinen keine Absätze entstehen, die zur Stolperfalle werden. Außerdem können sich bei sehr unebenen Oberflächen bei geringem Gefälle schnell Wasserlachen bilden, die bei Frost zu Eisflächen werden und somit eine Unfallgefahr sind. Je unebener die Oberfläche, desto größer muss das Gefälle sein. Was für eine Bearbeitung der Seitenflächen ist erforderlich? 29/2006 Die Bearbeitung der Seitenflächen/Wangen hängt von der gewünschten Fugenbreite und von der Belastung ab. Bei Pflaster- oder Plattendecken mit Verkehrsbelastung müssen mindestens die Hälfte, wenn nicht gar alle Seitenflächen rau sein. Ist dies nicht der Fall, wird der kraftschlüssige Verbund zwischen Natursteinen und Fugenmaterial zu einem Schwach- punkt. Einzelne Steine können sich dadurch lösen - der Natursteinbelag wird zerstört. Steine mit Fase vermindern Kantenabplatzungen, da die Horizontalkräfte nicht so nah an der Oberfläche in das Gestein eingeleitet werden. Geschichtete Materialien wie zum Beispiel Gneis, Quarzit und Kalke sind besonders gefährdet. Durch Fasen an den Kantenoberseiten wird das Fugenbild des Plattenmusters deutlicher sichtbar. Inwieweit dies gewünscht ist oder nicht, muss geklärt werden. Wie soll bei einer Plattendecke das Plattenformat sein? Hier wird zwischen rechteckigen und polygonalen Platten unterschieden. Polygonale Platten sind oft aus Gneis, Quarzit, Sand- und Kalkstein und werden eher für rustikale Zwecke verwendet. Rechteckplatten/Bahnenware sind in allen Materialien erhältlich. Bei den Plattengrößen müssen verschiedene Aspekte betrachtet werden: ❚ Je größer das Plattenformat, desto schwieriger wird es, bei komplizierten Gefälleverhältnissen die Platten ohne Absätze zu verlegen. ❚ Wenn die Plattendicke nicht konstant ist, liegen große Platten meistens nicht vollflächig auf. ❚ Das Verhältnis Breite zu Länge sollte bei der ungebundenen Bauweise nicht größer als 1 : 1,5 und in der gebundenen Bauweise nicht größer als 1 : 2 sein. ❚ Das Verhältnis zwischen Plattengröße und -dicke muss auf die Belastung abgestimmt werden. ❚ Das Eigengewicht unterstützt die Stabilität einer Plattendecke. ❚ Je kleiner und dünner die 13 MARKT Platten, desto wichtiger ist der Verbund mit dem Bettungsmaterial. Ist der Naturstein empfindlich für Verfärbungen? Der Großteil der Verfärbungen an der Oberfläche von Natursteinen stammt von Eisenoxiden, die bräunliche „Rostflecken“ verursachen können. Bei einigen Sediment- und bestimmten kristallinen Umwandlungsgesteinen sowie bei Graniten und Gneisen können im Gesteingefüge Eisenoxyde vorhanden sein. Diese führen durch saure Reiniger oder Witterungseinflüsse zu bräunlichen Verfärbungen an den Steinoberflächen. Auch aus den Bettungs- und Fugenmaterialien können Verfärbungen entstehen, wenn diese Eisenoxyde enthalten. Treten innerhalb des Gesteins große Farbunterschiede auf? Steine sind ein Naturprodukt, die in ihrer Beschaffenheit und mit ihren Charakteristiken so akzeptiert werden sollten, wie sie sind. Es gibt jedoch gewisse Situationen, über die ein Bauherr aufgeklärt werden muss, vor allem dann, wenn er Laie ist. Beim Porphyr gibt es zum Beispiel Brüche mit gräulichem oder bräunlichem Material. Werden Lieferungen aus verschiedenen Brüchen verarbeitet und die Steine untereinander nicht genügend vermischt, kann es zu ungewollten Häufungen der einen oder anderen Farbpartie kommen. Dies vor allem dann, wenn auf einer Baustelle zu wenig Lagerfläche vorhanden ist und das Material aus verschiedenen Brüchen angeliefert werden muss. Grundsätzlich darf nur das geliefert werden, was bemustert wurde. Aus diesem Grund sind Grenzbemusterungen, die alle Charakteristiken des Natursteinmaterials zeigen, von großer Bedeutung. Mustersteine sollten nach der Bemusterung in trockenen Räumen aufbewahrt werden, damit bei optischen Unstimmigkeiten oder aus Qualitätsgründen die be- 14 musterten Steine jederzeit verfügbar sind. Weil die Steine nicht der Witterung ausgesetzt waren, kann eventuell nachgewiesen werden, inwieweit Witterungseinflüsse auf die Qualität oder das Aussehen einen Einfluss haben. Verändert sich der Stein durch Benutzung und Umwelteinflüsse? Jeder Stein verändert sich durch die Nutzung und Umwelteinflüsse. Hartgesteine verändern sich in der Regel weniger als Weichgesteine. Unter Bäumen beziehungsweise ganz allgemein in Schattenlagen ist oft ein verändertes Aussehen der Steinoberfläche zu beobachten. Wenn bei Weichgesteinen mit Hohlräumen, wie zum Beispiel Muschelkalken dünne Schichten nahe der Oberfläche sind, dann kann sich die Oberfläche in Struktur und Aussehen verändern. Dies muss dem Bauherrn schriftlich mitgeteilt werden. Welche Anforderungen erwartet der Bauherr von den Natursteinausführungen? Je nach Situation und Anforderung, die ein Bauherr an seine Anlage stellt, ist die Bauweise zu wählen. Will der Bauherr immer ein sauberes Objekt und reinigt die Natursteine ein oder mehrere Male im Jahr mit Wasserhochdruck, dann benötigt man eine Pflasterung in gebundener Bauweise. Diese ist nach den Normen und Richtlinien eine Sonderbauweise. Das gleiche gilt für überdachte Natursteinplattendecken. In ungebundener Form neigen sie zu Feuchtigkeitsverfleckungen. Jede Medaille hat zwei Seiten. Deshalb ist es wichtig, dass dem Bauherrn die Vor- und Nachteile der Natursteinausführungen schriftlich dargelegt werden. Mit dieser Grundlage kann er abschätzen, was er zu erwarten hat und welche Anforderungen er an die Natursteinarbeit stellen kann. Text und Bilder: Erich Lanicca, Borchen 29/2006