52 EVA – Forschungsprojekt zur Evaluierung von Energiekonzepten: Das Forschungsprojekt EVA der Universität Braunschweig nimmt Energiekonzepte realisierter Bürogebäude unter die Lupe. In Folge werden wir darüber berichten. Eine Einführung von Stefan Plesser, Carsten Bremer und M. Norbert Fisch. Dipl.-Ing. Stefan Plesser Dipl.-Ing. Carsten Bremer Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch Technische Universität Braunschweig Fachbereich Architektur IGS – Institut für Gebäude- und Solartechnik Prof. Dr.-Ing. M. Norbert Fisch Mühlenpfordtstraße 23 38106 Braunschweig T 0531. 3913555 E [email protected] www.igs.bau.tu-bs.de Wie bewähren sich die Energiekonzepte innovativer Bürogebäude in der Praxis? Wird die angestrebte Energie- und Kosteneffizienz im Betrieb erreicht? Gewährleisten energieeffiziente Bürogebäude einen ausreichenden Komfort? Welche Erfahrungen haben Bauherrn, Betreiber und Nutzer mit Betonkerntemperierungen, Doppelfassaden, dezentraler Lüftungstechnik etc. gemacht? Dies sind einige der Fragen, denen das IGS – Institut für Gebäude- und Solartechnik – im Fachbereich Architektur der TU Braunschweig in den nächsten drei Jahren auf den Grund geht. In den Forschungs- und Entwicklungsprojekten „EVA – Evaluierung von Energiekonzepten“ und „TwinSkin – Doppelfassaden im Betrieb“ werden die Energiekonzepte von 30 bis 35 Bürogebäuden im Vollbetrieb evaluiert und Optimierungspotenziale hinsichtlich Energieeffizienz, Betriebskosteneinsparungen und Nutzungskomfort aufgezeigt. EVA als Motor des Innovationskreislaufs Energiekonzept Fotos: TU Braunschweig Auf dem Prüfstand R+V Versicherung Wiesbaden, Architekten Bothe Richter Teherani, Hamburg, Baujahr 2002. Projektziele Im Rahmen des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) geförderten Forschungsprojekt SolarBau [1] werden zurzeit Planung, Errichtung und Monitoring von rund 20 Nichtwohngebäuden in Bezug auf Energieeffizienz und Komfort unterstützt. Zum Teil von der ersten Konzeptphase an werden die Gebäude integral geplant, ihre Umsetzung überwacht und der Erfolg in der Praxis durch ein messtechnisches Monitoring analysiert und bewertet. Die übliche Praxis bei Bürogebäuden sieht jedoch anders aus. Berichterstattung und Dokumentation reißen oft mit der Fertigstellung ab, sodass kaum gesicherte Kenntnisse über die tatsächliche Performance der Gebäude im Vollbetrieb und damit während des größten Teils des Lebenszyklus vorliegen. Das Forschungsprojekt „EVA – Evaluierung von Energiekonzepten“ soll helfen, dieses Defizit zu beheben. Die Unvollständigkeit der Kenntnisse entsteht im Wesentlichen auf Grund spezifischer Charakteristiken des „Produkts“ Gebäude: – Planung und Errichtung finden in der jeweiligen Konstellation aus Bauherr, Planer und Errichter oft als einmaliges Ereignis statt. Kenntnisse, die dabei oder anschließend im Betrieb gewonnen werden, entstehen für das jeweilige Projekt zu spät. – Die Schnittstelle zwischen Planung (Bauherr, Architekt, Ingenieur) und Betrieb (Nutzer, Gebäudemanagement) ist sehr ausgeprägt. – Haftung, Gewährleistungen und Verantwortlichkeiten aus der Planung und Errichtung sowie im Betrieb selbst blockieren oft die Motivation, die erbrachten Leistungen im Sinne eines Feedbacks für zukünftige Projekte zu überprüfen. Gerade negative Ergebnisse, die zu identifizieren besonders wichtig wäre, können am aktuellen Projekt auf einzelne Beteiligte zurückfallen. – Lange Lebenszyklen von Immobilien erschweren die kontinuierliche Aufbereitung von Kenntnissen. Das anspruchsvolle Ziel des Projekts EVA ist es, diese Hindernisse zu überwinden und die Untersuchung der Performance von Bürogebäuden unter Praxisbedingungen zu ermöglichen. Zum ersten Mal ist es gelungen, eine Vielzahl von Unternehmen in ein bundesweites Forschungsprojekt wie EVA einzubinden, in dem diese ihre Bürogebäude für die Forschung öffnen und sich an den Kosten des Projekts beteiligen. Umfangreiche und detaillierte Untersuchungen zu Energieeffizienz und Nutzerkomfort unter Berücksichtigung von Planungszielen und -methoden, Nutzungsbedingungen und Gebäudemanagement werden im Vollbetrieb der Gebäude durchgeführt. 20 bis 25 innovative Bürogebäude in Deutschland sowie auch einige konventionelle Gebäudeobjekte, erbaut in den vergangenen zehn Jahren, werden über drei Jahre hinweg untersucht. Das Forschungsteam des Instituts für Gebäude- und Solartechnik (IGS) im Fachbereich Architektur der TU Braunschweig bearbeitet und koordiniert das Projekt. Es bindet neben den Unternehmen, die die Gebäude stellen, wissenschaftliche Partner für die Analyse des breiten thematischen Ansatzes vom Nutzerkomfort bis zum Gebäudemanagement ein. Im Mittelpunkt der Bearbeitung steht die energetische Performance der Gebäude. Neben einer Bewertung der jährlichen End- und Primärenergie-Verbräuche sollen detaillierte Messungen Aufschluss geben über die Effizienz innovativer Technikkonzepte und HLK-Anlagen wie z. B. Betonkern-Temperierung, Energiepfähle und natürliche Lüftungskonzepte. 53 FinanzIT Hannover (ehem. dvg), Architekten Hascher + Jehle, Baujahr 1999 (siehe auch: IntelligenteArchitektur Juli/Aug. 2000). Darüber hinaus werden umfangreiche Nutzerbefragungen durchgeführt, um Akzeptanz und Komfort der Konzepte und Komponenten zu bewerten. Als bisher weitgehend vernachlässigter Themenkomplex werden durch Interviews mit Eigentümern und Betreibern Funktionalität, Zuverlässigkeit und Wirtschaftlichkeit der untersuchten Objekte aus Sicht des Gebäudemanagements untersucht. „Lessons learnt“ aus der Betriebspraxis – das ist das Ziel, das mit EVA angestrebt wird. Erkenntnisse aus der Praxis werden wissenschaftlich erarbeitet und für Planer, Bauherr und Betreiber aufbereitet. Ein Innovationskreislauf entsteht, der zukünftige Konzepte auf sicheren Grundlagen effizienter, komfortabler und zuverlässig für Betrieb und Nutzung macht. Neben EVA hat das IGS mit Förderung der Deutschen Bundesstiftung Umwelt das Projekt TwinSkin gestartet. Mit ähnlichem Ansatz wie in EVA werden hier zehn bis zwölf neuere Bürogebäude mit dem Untersuchungsschwerpunkt Doppelfassaden bearbeitet. Über einen Zeitraum von drei Jahren werden Bürogebäude mit Doppelfassaden untersucht, die das Spektrum der Typologien – Kastenfenster, Korridor- und Vorhangfassaden – umfassen. Neben der Beurteilung des Nutzerkomforts sollen detaillierte Messungen u. a. Aufschluss geben über Tageslichtqualität an den Arbeitsplätzen sowie die Effizienz eingesetzter HLK-Technik wie z. B. dezentraler Lüftungsgeräte. Gesetzliche Randbedingungen Mit dem Inkrafttreten der neuen Energieeinsparverordnung (EnEV) am 2. Februar 2002 wurde ein neuer Maßstab für den Klimaschutz im Gebäudesektor eingeführt. Dieser legt den Niedrigenergiestandard (30 Prozent unter dem bisherigen Neubaustandard) flächendeckend für Neubauten fest und gibt Vorgaben für die Sanierung von Gebäuden. Durch den gemäß EnEV einzuhaltenden maximalen Jahres-Primärenergiebedarf werden Anforderungen zur Begrenzung des Heizwärmebedarfs einschließlich der elektrischen Energie zum Betrieb der Heizungsund Lüftungstechnik definiert. Der ganzheitliche Ansatz der Bilanzierung des Primärenergiebedarfs ist sinnvoll. Die neuen gesetzlichen Rahmenbedingungen sind jedoch nur bedingt geeignet, um z.B. für Bürogebäude umfassende Bilanzgrenzen zu definieren. So ist es nicht möglich, nach dem Bilanzverfahren der EnEV den Kühlenergiebedarf bzw. den Gesamtstrombedarf eines Bürogebäudes zu bestimmen und für diesen entsprechende Grenzen zu definieren. Dies sind aber entscheidende Kenngrößen für Nichtwohngebäude. Selbst wenn in der nächsten Fassung der Energieeinsparverordnung das statische Bewertungsverfahren ausgeweitet würde, bliebe dies ein Problem dieses Verfahrens. Innovative Technikkonzepte Parallel zu den gesetzlichen und politischen Rahmenbedingungen wurde die Errichtung von innovativen Bürogebäuden in den letzten Jahren maßgeblich durch die Entwicklung neuer Konzepte und technischer Komponenten gekennzeichnet. Auf der Ebene des Baukörpers bzw. des architektonischen Entwurfskonzepts wurde u. a. eine Vielzahl von verglasten Atrien errichtet. Hierbei entstanden Varianten vom überdachten Innenhof bis hin zu Hausim-Haus-Konzepten. Die entstehenden Räume werden in unterschiedlichsten Weisen genutzt, als reine Verkehrsfläche, als zeitweise Grundstücksverwaltungsgesellschaft mbH & Co KG, Architekten Bothe Richter Teherani, Hamburg, Baujahr 2002. genutzter Raum für Veranstaltungen bis hin zur Arbeitswelt mit „mediterraner“ Atmosphäre. Im Bereich der Gebäudehülle haben hochwertige Verglasungen in Kombination mit verbesserten Systemen des Sonnen- und Blendschutzes die Möglichkeiten der Planung verbessert. Ein besonders in Deutschland häufig umgesetztes Konzept ist die Doppelfassade, in der oftmals mehrere dieser Komponenten integriert werden. Baukörper und Fassadekonzepte werden ergänzt durch eine Vielzahl innovativer Komponenten der Technischen Gebäudeausrüstung. Erdreichwärmetauscher und Energiepfähle zur thermischen Nutzung des Baugrundes, die thermische Aktivierung von Bauteilen, passive und dezentrale Lüftungskonzepte sowie das gesamte Thema der Gebäudeleittechnik sind hierzu nur einige Stichworte. In vielen der Gebäude, die das IGS in EVA bearbeitet, ist eine Kombination der genannten Konzepte und Komponenten integriert. Nach den ersten Jahren der Betriebsoptimierungen werden die Gebäude in der Regel in einem konstanten Vollbetrieb gefahren, sodass Erfahrungen mit der Inbetriebnahme und den spezifischen Qualitäten im Betrieb vorliegen. Diese Erfahrungen sollen in EVA systematisch aufgenommen, dokumentiert und mit einem messtechnischen Monitoring unterlegt werden. Der tatsächliche dynamische Zustand im Gebäudebetrieb entspricht dabei in der Regel nicht exakt dem statischen Soll-Zustand der Planung. Unter realen Bedingungen entscheiden in maßgeblicher Weise auch die Nutzer und das Gebäudemanagement über den Energieverbrauch. Um eine ganzheitliche Evaluierung von Energiekonzepten zu entwickeln, wird in EVA deshalb ein Vergleich zwischen dem Energiedesign als integraler Planung von Gebäudehülle, -technik und -ausstattung sowie der tatsächlichen Performance von Bürogebäuden im Betrieb, dem Energiemanagement, erarbeitet. Nutzerkomfort und Energieeffizienz Wesentliches Ziel der Errichtung und des Betriebs eines Bürogebäudes ist die Schaffung einer funktionalen und komfortablen Arbeitswelt, die produktives Arbeiten ermöglicht. Neben dem oben beschriebenen Anspruch, diese Arbeitswelt energieeffizient zu betreiben, soll in EVA auch der in den Gebäuden gewährleistete Komfort evaluiert werden. Energieeffizienz und Komfort stehen dabei in engen Abhängigkeiten, da sie in maßgeblicher Weise durch die gleichen Konzepte und Komponenten des Gebäudekonzepts beeinflusst werden. Bei Gebäuden, die eine besonders hohe Energieeffizienz anstreben, ist deshalb zu überprüfen, ob die Ansprüche an den Komfort noch erfüllt werden. EVA wird dazu sowohl durch Umfragen den Komfort direkt beim Nutzer abfragen, als auch durch Interviews mit Gebäudemanagern die Erfahrungen der Betreiber ermitteln. Neben dem Komfort wird auch evaluiert, ob und in welcher Weise die Nutzer über die Funktionsweise der Gebäude informiert wurden, ob sie die Gebäude im Sinne des Konzepts „richtig“ nutzen und in welcher Weise sie durch das Gebäudemanagement unterstützt werden. Die Umfrage- und Interviewergebnisse werden ergänzt durch ein Komfort-Monitoring in einzelnen Bereichen der Gebäude, um neben den „weichen“ Ergebnissen der Umfragen auch eine physikalisch eindeutige Bewertung auf der Basis von Messdaten vornehmen zu können. Projektpartner Prof. K. Müller + Partner Consulting GmbH (m+p consulting) Fachgebiet Bauphysik und Technischer Ausbau Universität Karlsruhe (TH) Steinbeis-Transferzentrum Energie-, Gebäudeund Solartechnik (EGS), Stuttgart bhbr Architekten, Hamburg DEZEM GmbH, Berlin Auswahl beteiligter Projekte/Unternehmen Norddeutsche Landesbank, Hannover / Magdeburg FinanzIT, Hannover LBS-Nord, Hannover LBS-Ost, Potsdam Max-Planck-Institut, Dortmund Siedlungswerk, Stuttgart Gilette-Braun, Kronberg Rickmers Reederei, Hamburg Foto: Dassler Fotos: TU Braunschweig 54 NordLB Hannover, Arch. Behnisch, Behnisch & Partner, Baujahr 2002 (IA Juli/Aug. 2002). Projekt-Fahrplan EVA LBO in Potsdam, Arch. Pysall, Stahrenberg + Partner, Baujahr 1996. Innovative Konzepte für Bürogebäude streben an, den beschriebenen hohen Nutzerkomfort bei gleichzeitig hoher Energieeffizienz zu erreichen. Als Maß für die Energieeffizienz werden in der Regel Energiekennwerte verwendet, die den absoluten Energieverbrauch auf Kenngrößen des entsprechenden Gebäudes beziehen und so einen spezifischen und damit vergleichbaren Wert erzeugen. Vorliegende Kennwerte bezeichnen zumeist Endenergieverbrauchswerte und bilden einen Bezug z. B. auf Flächen bzw. Volumen der Gebäude oder auf die Zahl der Arbeitsplätze. Diese können mittels Faktoren in Primärenergiekennwerte umgerechnet werden. Eine einheitliche Methode zur Ermittlung von Energiekennwerten ist in der VDI 3807, Blatt 1, [2] dargestellt. Es liegen zur Zeit verschiedene Quellen zur Energieeffizienz von Bürogebäuden vor, die in unterschiedlicher Breite des untersuchten Bestands und Differenzierung der Verbraucher Kennwerte für Gebäude angeben, wie z. B. in einer Studie des Energiereferats der Stadt Frankfurt zu 13 Bürogebäuden [3]. In der Regel werden Endenergiekennwerte auf Basis gemessener Werte verwendet. Eine weitere Differenzierung auf verschiedene Verbraucherarten erfolgt in der Regel lediglich durch Abschätzung. In den durch das BMWA geförderten Forschungsprojekten SolarBau (rund 20 Gebäude) [1] und Enerkenn (neun Gebäude) [4] wurden ebenfalls Energiekennwerte entwickelt. Die im Projekt SolarBau untersuchten Gebäude wurden dabei in der Planung mit besonders hohen Zielen hinsichtlich der Energieeffizienz gefördert. Angestrebt wurde ein Primärenergieverbrauch von 100 kWh/(m²NGF*a) für den Betrieb des Gebäudes einschließlich der Beleuchtung. Das IGS bearbeitet im Forschungs- und Entwicklungsprogramm SolarBau die Gebäude Neubau Informatikzentrum (NIZ) in Braunschweig und das Energieforum Berlin. Die in der Praxis resultierenden Energiekennwerte, die zur Zeit im Monitoring ermittelt werden, demonstrieren die Zielgrößen des heute technisch Möglichen. In EVA sollen in einer Grobanalyse vergleichbare Kennwerte für Endund Primärenergie-Verbräuche erarbeitet werden. Für die Gebäude wird darüber hinaus jeweils ein individuelles Messkonzept entwickelt, um in der Feinanalyse zusammen mit den vorhandenen messtechnischen Installationen ein differenziertes Bild der Verbrauchsstrukturen zu entwickeln. Braun GmbH in Kronberg, Arch. Schneider + Schumacher, Baujahr 2000 (IA Juli/Aug. 2000). Gebäudemanagement Der gesamte Betrieb und die Bewirtschaftung von Gebäuden in Deutschland haben in den letzten Jahrzehnten durch eine Intensivierung des Gebäudemanagements oder Facility Managements zunehmend an Bedeutung gewonnen. Der Einfluss des Gebäudemanagements auf den Energieverbrauch von Gebäuden wurde bisher wenig betrachtet. Allein die Mehrverbräuche von Gebäuden in der Phase der Inbetriebnahme im Vergleich zum Vollbetrieb deuten an, dass die Kompetenz und Motivation, mit der ein Gebäude betrieben wird, von großer Bedeutung für die Energieeffizienz ist [5]. Auch positive Erfahrungen z. B. im kommunalen Energie-Management der Stadt Stuttgart [6] legen eine intensivere Untersuchung dieser Aspekte nahe. Um den Einfluss des Gebäudemanagements festzustellen und Möglichkeiten der Verbesserung aufzuzeigen, soll in EVA das Konzept der Gebäudebewirtschaftung abgebildet werden. Wichtige Aspekte sind dabei u. a. der Zeitpunkt der Planung des FM-Konzepts, die Einbindung der Medienverbräuche in das Gebäudemanagement, die vom FM eingesetzten Werkzeuge und die Nutzung spezieller Dienstleistungen zur Optimierung der Energieeffizienz. Es ergeben sich zwei Zielbereiche für diesen thematischen Schwerpunkt. Zum einen soll festgestellt werden, ob es Defizite im Betrieb von Gebäuden gibt, die zu einer suboptimalen Energieeffizienz beitragen. Diese festzustellen ist besonders deshalb wichtig, da sie vermutlich ohne große investive Maßnahmen erschlossen werden können. In Bezug auf die zukünftige Planung von Gebäuden soll zum einen festgestellt werden, ob und wie ein frühzeitiges Einbinden des Gebäudemanagements in die Planung eines Gebäudes zu einer verbesserten Energieeffizienz führen kann. Zum anderen wird überprüft, ob einzelne Bausteine von Energiekonzepten sich im Betrieb aus Sicht der Nutzer oder des Gebäudemanagements als unpraktikabel erweisen. Stichworte hierzu sind z. B. eine ganzheitliche Planung, rechtzeitige Entwicklung von Kontrollkonzepten und vertragliche Einbindungen des Energieverbrauchs und des Nutzungskomforts. Das Gebäudemanagement wird im Wesentlichen durch die Aufnahme von Betriebskosten sowie durch Interviews mit den Verantwortlichen erfasst, in denen die Planungs- und Gebäudemanagementstrukturen sowie die Betriebserfahrungen systematisch ermittelt werden. Projekt-Fahrplan und Methodik Die Untersuchung der Gebäude erfolgt in zwei Phasen. Zunächst werden in einer Grobanalyse alle Gebäude und die entsprechenden Energiekonzepte umfassend beschrieben. Dazu werden neben einer Begehung der Gebäude die entsprechenden Unterlagen gesichtet und aufbereitet. Die energetische Performance wird auf der Grundlage von EVU-Abrechnungen (EVU = EnergieVersorgungsUnternehmen) und manuellen Verbrauchsablesungen analysiert. Anschließend werden Betreiberinterviews und Nutzerumfragen gemacht. Die Grobanalyse wird abgeschlossen mit einer ersten Evaluierung der End- und Primärenergieverbrauchswerte, der Komfortsituation sowie des Gebäudemanagementkonzepts. Energiedesign in der Konzeptphase: Reduzierung der Lebenszykluskosten 55 Projekt-Fahrplan EVA Für einzelne Gebäude werden anschließend individuelle Konzepte für eine Feinanalyse entwickelt, in der vorrangig Parameter des Raumkomforts und des Energieverbrauchs durch ein messtechnisches Monitoring erfasst werden. Bereits vorhandene Messtechnik und Erfassungsmöglichkeiten werden ergänzt durch Wärmemengen- und Stromzähler. Zur Überwachung und Auswertung der Anlagen werden Möglichkeiten zum Fernzugriff auf die Rechner der Gebäudeleittechnik und eine lokale oder online-abrufbare Datenerfassung installiert. So kann eine umfassende und detaillierte Übersicht über die Energieverbräuche und die entsprechenden Gebäude- und Anlagenzustände erarbeitet werden. Aus den Ergebnissen der Untersuchungen sollen Erkenntnisse über die Performance der Gebäude und Rückschlüsse für zukünftige Planungen entwickelt werden. Dazu stellt das IGS die Ergebnisse der Einzeluntersuchungen zu einem Gesamtbild über die untersuchten Konzepte zusammen. Bauherrn, Eigentümer und Nutzer erhalten hinsichtlich Energieeffizienz und Nutzerkomfort eine umfassende Evaluierung ihrer Gebäude. Gemeinsam mit den Unternehmen werden darüber hinaus unmittelbar Ansätze für Betriebsoptimierungen entwickelt, sodass das Projekt den Teilnehmern sowohl für den Betrieb ihrer Gebäude als auch für zukünftige Planungen unmittelbar zu Gute kommt. Für die Bearbeitung sind insgesamt 36 Monate vorgesehen. Die Grobanalysen sollen bis Mitte 2004 abgeschlossen sein. Anschließend werden in neunmonatigen Messzyklen die Feinanalysen durchgeführt. Das IGS und die Projektpartner Das IGS – Institut für Gebäude- und Solartechnik – im Fachbereich Architektur an der TU Braunschweig bearbeitet das gesamte Spektrum des Technischen Ausbaus und der thermischen Bauphysik sowie der passiven und aktiven Solarenergienutzung für Wohn- und Bürogebäude. Neben dem Neubau von Gebäuden stehen dabei zunehmend die energie- und komfortgerechte Sanierung von Bürogebäuden im Mittelpunkt. Leiter des Instituts ist seit 1996 Professor Dr.-Ing. M. Norbert Fisch. Energiedesign für Bürogebäude ist ein zentraler Arbeitsschwerpunkt des Instituts. Es umfasst die integrale Planung von Gebäuden unter Berücksichtigung aller für den Energieverbrauch und den Komfort eines Gebäudes relevanten Aspekte. Von besonderer Bedeutung ist dabei der frühzeitige kreative Dialog mit Bauherrn und Architekten in der Konzeptphase. Ein Team von rund 20 Mitarbeitern – u. a. Architekten, Bau- und Maschinenbauingenieure – arbeitet an innovativen Lösungen in den Bereichen Bauphysik, Heizung, Kühlung, Lüftung und regenerativer Energieversorgung. Forschung und Entwicklung neuer Konzepte, Systeme und Komponenten innovativer Architektur werden mit Computer gestützten Simulationen, experimentellen Untersuchungen im Institutslabor sowie der Umsetzung und Validierung in der Praxis betrieben. Das IGS wird in den laufenden Projekten u. a. durch die Deutsche Bundesstiftung Umwelt und das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit sowie von Unternehmen aus der Wirtschaft gefördert. Die Ergebnisse der Arbeit finden unmittelbar Eingang in das Lehrprogramm des Instituts. Neben Vorlesungen zu Grundlagen und aktuellen Themen bietet das IGS Studierenden ein Simulationslabor, in dem sie die Möglichkeiten neuester Software für die Integrale Planung von Gebäuden unmittelbar erleben. Das Institut für Gebäude- und Solartechnik (IGS) wird das Projekt EVA neben den beteiligten Unternehmen, die Gebäude zur Verfügung stellen und sich finanziell beteiligen, mit Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft bearbeiten. Durch die Prof. K. Müller + Partner Consulting GmbH (m+p consulting), eines der bundesweit führenden unabhängigen Unternehmen im Facility Management-Consulting, wird der Bereich Gebäudemanagement und Betriebskosten bearbeitet. Das Team des Fachgebiets Bauphysik und Technischer Ausbau der Universität Karlsruhe (TH) wird aufbauend auf umfangreichen Arbeiten und Erkenntnissen zum Thema Nutzerkomfort, u. a. aus den Projekten SolarBau und Enerkenn, die Befragungen der Nutzer durchführen. Das IGS bietet den teilnehmenden Unternehmen neben konkreten Optimierungskonzepten für ihre Gebäude auch ein einmaliges Forum von Bauherrn, Betreibern, Nutzern, Architekten und Planern für einen praxisnahen und aktuellen Erfahrungsaustausch zu Energiedesign und -management bei innovativen Bürogebäuden. Die Auswahl der Gebäude für Projekte EVA und TwinSkin ist noch nicht abgeschlossen. Das IGS bietet interessierten Unternehmen die Möglichkeit, ihre Gebäude im Rahmen des Forschungsprojekts evaluieren zu lassen. Für weitere Informationen hinsichtlich einer Teilnahme wenden sich Unternehmen bitte an das Forschungsteam des IGS (www.igs.bau.tu-bs.de). Literatur [1] SolarBau: Förderprogramm „Solar optimiertes Bauen“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit (www.solarbau.de) [2] VDI 3807: Energieverbrauchskennwerte für Gebäude, Blatt 1, 1994, Blatt 2, BeuthVerlag, Berlin, 1997 [3] Energie-Controlling in Bürogebäuden, Projekt des Energiereferats der Stadt Frankfurt am Main, Juni 2002 [4] Enerkenn: Forschungsprojekt des Fachgebiets Bauphysik und Technischer Ausbau (fbta) der Fakultät für Architektur an der Universität Karlsruhe und der DB Netz AG in Frankfurt (www.enerkenn.de) [5] Braun, Haller, Österle: „Facility Management“, Springer-Verlag, Berlin-Heidelberg, 1996 [6] Kienzlen, Dr.-Ing. Volker: Energie-Management als Zentraler Bestandteil des Facility Mangements, Abteilung Energiewirtschaft, Amt für Umweltschutz, Stadt Stuttgart Links Stromlastgang www.igs.bau.tu-bs.de www.solarbau.de www.enerkenn.de www.energieforum-berlin.de Gebäudeleittechnik Überwachung