Der Standard "Ich wollte den Krieg auf keinen Fall

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Worldwar II Memorial
Washington, Vereinigte Staaten von
Amerika
"Ich wollte den Krieg auf keinen Fall verherrlichen"
SAMMLUNG
Klassik als Utopie? Der Architekt Friedrich St. Florian über sein Weltkriegsmemorial
in Washington
ARCHITEKTIN
von Oliver Elser
FUNKTION
Der Standard
Friedrich St. Florian
Denkmäler
Herr St. Florian, mit Ihren Entwürfen aus den Sechzigerjahren, die gegenwärtig in der
PLANUNGSBEGINN
Ausstellung "The Austrian Phenomenon" im Architekturzentrum Wien zu sehen sind,
1997
haben Sie sich einen festen Platz unter den Visionären der österreichischen Architektur
AUSFÜHRUNG
gesichert. Ihr "National World War II Memorial" hingegen ist auch in den USA auf Kritik
2000 - 2003
gestoßen - wundert Sie das?
St. Florian: Nein, das verstehe ich, denn eigentlich bin ich ein moderner Architekt. Aber das Aufgrund der Bildrechte kann es zu Unterschieden
Memorial, zu dem ich den Wettbewerb 1997 gewonnen habe, liegt mitten auf der National zwischen der HTML- und der Printversion kommen.
Mall, der grünen Achse, die vom Hügel des Capitols nach Westen führt, über den
Obelisken des Washington Monument und den Tempel des Lincoln Memorial hinaus in die
Landschaft.
Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn ich immer wieder auf englische Worte zurückgreife und
auch bei meinem Bauwerk weiter von Memorial spreche, im Englischen gibt es keine
Unterscheidung zwischen Denkmal und Mahnmal.
Alle Bauten an der Mall sind im klassischen Stil errichtet, und dafür gibt es einen wirklich
zwingenden Grund, der zurückgeht auf Thomas Jefferson. Er hat selbst Architektur
entworfen, zum Beispiel die Universität von Virginia. Jefferson kannte Paris, er war
Klassizist. Es gab ja zum Zeitpunkt der Unabhängigkeit keine amerikanische Architektur.
Jefferson wollte aus der Kultur der ersten Siedler etwas Verbindendes herausfiltern und
wählte für Washington den klassischen "Greco-Roman Style".
Nun hat sich nicht nur die Bevölkerung der USA seither verändert, sondern auch die
Architektur. Selbst an der Mall entstanden zeitgenössische Gebäude wie die National
Gallery von I. M. Pei, dem späteren Architekten der Louvre-Pyramide.
St. Florian: Das ist richtig. Es gibt ja auch das Vietnam Memorial. Aber diese Bauten
stehen am Rand, nicht direkt in der Achse. In dem kleinen Buch Architektur und Utopie
schreibt Manfredo Tafuri über die Mall in Washington, sie sei ein "zeitloser Olymp, für ewig
utopisch, positiv, wo Amerika ängstlich Wurzeln zu schlagen versuchte". Jefferson wollte,
dass das Washington stabil bleiben, nicht von der gesellschaftlichen Entwicklung
mitgerissen werden sollte, wie er das für New York vorausgesehen hat. Als "Ideal
unbefleckter Vernunft".
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Worldwar II Memorial
Aber selbst wenn man dies als Gründungsakt akzeptiert, der in seiner Architektur Vernunft
und Aufklärung verkörpert, so bleibt doch die Frage, warum Sie nicht eine Form wie den
Obelisken gewählt haben, der ja als altägyptisches Motiv weit hinter den Klassizismus
zurückgeht und uns heute in seiner zeitlosen Form "moderner" erscheint als der
gegenüberliegende, erst 1922 eröffnete Tempel des Lincoln Memorial?
St. Florian: Aber die moderne Architektur geht langsam zu Ende. Es war eine der großen
Epochen der Architektur, aber man muss sich fragen, wo wir heute stehen. Hat die
moderne Architektur heute die Kraft und die Energie, die sie vor zwanzig, dreißig Jahren
gehabt hat? Mit dem Memorial habe ich daher auf eine sehr amerikanische Form des
Klassizismus zurückgegriffen.
Was bedeutet es denn, mit dem heutigen Wissen über Architektur in diesen Formen zu
bauen? Oder ignorieren Sie die vergangenen hundert Jahre?
St. Florian: Es ist für einen modernen Architekten natürlich eine Herausforderung. Aber
sehen Sie, alles besteht aus massivem Granit, nichts ist irgendwie verkleidet. Das ist doch
eine kraftvolle Geste. Das Memorial wird so lange bestehen bleiben wie die Vereinigten
Staaten von Amerika.
Die Geste, den Stein massiv zu verwenden, ist doch eine moderne. Zu Jeffersons Zeiten
bestand der Klassizismus aus Ziegeln oder Holz, vereinheitlicht und überdeckt von einer
Gipsschicht.
St. Florian: Das ist wahr. In der Massivität sehe ich auch einen Bezugspunkt zu Mies van
der Rohe, zur Ehrlichkeit des Bauens. Ich muss sagen, ich bin sehr stolz auf das Memorial
und die Steinmetzarbeiten. Aber ein wichtiger Bestandteil sind auch die Springbrunnen.
Neben Granit und Wasser gibt es nur noch Bronze, als Material für die Lorbeerkränze an
den Säulen, die jeweils einen Bundesstaat und in ihrer Gesamtheit die Homefront
repräsentieren. Das Memorial konnte ja kein Gebäude sein und die Blickachse verstellen.
Also rahmt es die Achse.
Sie versuchen, in einem optimistischen Sinne konservativ zu sein und orientieren sich an
den Idealen der Architektur der Mall. Aber das Mahnmal handelt vom Krieg. Ist es ein
Siegerdenkmal? Kommen die Opfer darin vor?
St. Florian: Ich wollte den Krieg auf keinen Fall verherrlichen. Die Opfer, auf
amerikanischer Seite waren es rund 400.000 Soldaten, werden durch eine Wand mit 4000
goldenen Sternen repräsentiert. Diese Sterne wurden den Angehörigen der gefallenen
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Soldaten zusammen mit einer gefalteten amerikanischen Flagge überbracht.
Und die Opfer in der Zivilbevölkerung?
St. Florian: Eine Balance herzustellen und nicht nur den Sieg der Demokratie zu zeigen,
sondern auch das Leiden, das dieser Krieg über so viele Millionen Unschuldige gebracht
hat, war mir immer sehr wichtig. Das Memorial hat Inschriften an verschiedenen Stellen,
dort sollte auch daran erinnert werden. Nur wurden diese Inschriften nach dem Amtsantritt
von Präsident Bush ausgetauscht, das ist sehr bedauerlich.
Gibt es einen Zusammenhang zwischen Ihren frühen Arbeiten und dem Memorial?
St. Florian: Ich bin 1961 das erste Mal als Architekturstudent in die USA gekommen, seit
1967 lebe ich hier und bin seit fast vierzig Jahren Professor an der Architekturschule in
Rhode Island. Damals war ich sehr von Buckminster Fullers Ideen beeinflusst und suchte
nach einer Architektur, die nur da ist, wenn man sie braucht. Irgendwann in den Siebzigern
ging es damit nicht mehr weiter, weil keine Technologien zur Verfügung standen, so eine
Architektur zu verwirklichen. Die Lehre war mir immer wichtiger, als selbst zu bauen. Aber
jetzt will ich damit beginnen. Ich habe den Entschluss gefasst, meine Professur
niederzulegen und mit dem Bauen anzufangen.
Werden dabei die Erfahrungen bei dem Memorial eine Rolle spielen?
St. Florian: Ganz bestimmt. Ich werde eine Position einnehmen, die das Memorial als
Statement berücksichtigt. Sonst würde mich das Bauen gar nicht interessieren.
Der Standard, 29.05.2004
WEITERE TEXTE
Ein Architekt aus Österreich baut das US-Kriegerdenkmal, Eva Male, Die Presse,
04.10.2000
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