Klimakongress am 01. Dezember 2007 in Dresden Call for Papers „Wirtschaftliche Folgen und Kosten des Klimawandels“ • Seite 1 von 3 • "Auswirkungen des Klimawandels auf die sächsische Wirtschaft" Hartmut Fiedler - Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft e.V. (VSW) Im Titel "Auswirkungen des Klimawandels auf die sächsische Wirtschaft" versteckt sich die Frage, wie Klimaschutz praktiziert und verstärkt werden kann, welche Technologien dafür geeignet sind und welche Chancen sich für Unternehmen ergeben. "Prognosen sind schwierig, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen." (Niels Bohr) Dass sich das Klima auf der Welt verändert, beruht auf gesicherten Erkenntnissen. Klimawandel gibt es, seit die Erde existiert. In jüngster Zeit sind jedoch deutliche Abweichungen von langjährigen Mitteln zu beobachten. Das führt zu der Vermutung, dass wir uns in einer Phase der globalen Erwärmung befinden. Hinreichende Gründe für diese Vermutung gibt es. Als Erstes und Wichtigstes ist dabei die erhebliche Zunahme der Emissionen von Treibhausgasen durch die expansive Nutzung fossiler Rohstoffe zu nennen. Allerdings stimmt es nachdenklich, dass in einer breit angelegten Studie der Johannes Gutenberg-Universität Mainz im Jahr 2006 lediglich 10 % der befragten Klimaexperten angeben, dass die klimatischen Prozesse heute bereits hinreichend verstanden werden, um daraus langfristige Prognosen abzuleiten. Deutlich über 80 % der Forscher sagten, dass noch nicht einmal die empirische Datenbasis ausreicht, um Klimamodelle mit der erforderlichen Genauigkeit zu berechnen. Daraus ableitend ist es wenig erstaunlich, dass nur 14 % der Beteiligten die Meinung vertreten, dass Klimamodelle derzeit hinreichend präzise sind. Fazit: In der Wissenschaft ist es strittig, mit welchen Klimaveränderungen wir mittel- bis langfristig zu rechnen haben. Damit sind auch Annahmen zu Folgewirkungen und Handlungsoptionen mit hoher Unsicherheit behaftet. Da unsere Gesellschaft zur Simplifizierung neigt und ein ausgewiesener Klimaschutzverfechter aus Deutschland zu den Leitautoren des jüngsten IPCC-Berichtes gehört, dringt die differenzierte Meinung der Wissenschaft nicht an die Öffentlichkeit. Die nahende Klimakatastrophe lässt sich besser und erfolgreicher vermarkten als die Abwägung von Für und Wider. Mehr Ehrfurcht vor der Zukunft ist angebracht. Klimakongress am 01. Dezember 2007 in Dresden Call für Papers „Wirtschaftliche Folgen und Kosten des Klimawandels • Seite 2 von 3 • Es soll damit ausdrücklich nicht in Abrede gestellt werden, dass eine höhere Energie- und Ressourceneffizienz und die Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen als Ziele wünschenswert und erforderlich sind. In einer globalen Welt sind Alleingänge im Klimaschutz aber schwierig. Das trifft auf Sachsen ebenso zu wie auf Deutschland oder Europa. Internationale Abkommen, in denen der weit überwiegende Teil der Großemittenten und der Förderländer fossiler Rohstoffe eingebunden sind, sind der einzige sinnvolle Weg, um wirkungsvollen Klimaschutz zu erreichen. "Die Wahrheit von heute ist oft der Irrtum von morgen." Bei der Betrachtung der Chancen und Risiken, die sich aus einer Abkehr von fossilen Rohstoffen für die Wirtschaft ergeben, sind verschiedenste Gruppen zu berücksichtigen: Technologieentwickler, Technologieanwender, Energieerzeuger, Energieabnehmer, unmittelbar und mittelbar Betroffene und dies jeweils ausdifferenziert nach Branchen. Das alles ist einzubetten, in die Wirrungen des Kapitalmarktes, den ständig wechselnden gesellschaftlichen Mainstream und die Unberechenbarkeit der Politik. Eine ernstzunehmende Prognose zu den "Auswirkungen des Klimawandels" ist unter Würdigung dieser Rahmenbedingungen nicht möglich. Kosten und wirtschaftliche Folgen lassen sich ebensowenig quantifizieren. Soviel ist aber sicher: Überall dort, wo Entwicklungen vorangetrieben werden, die nicht effizient sind, gibt es erhebliche volkswirtschafliche und einzelbetriebliche Risiken. Klimaschutz ist untrennbar mit Energiepolitik verbunden. Nach Asien- und Russland-Krise war der Ölpreis auf 10 Dollar pro Barrel gefallen. Für die Politik war dies willkommener Anlass zu einer staatlich getriebenen Verteuerung von Energie. Ökosteuer und Energieeinspeisevergütungs-Gesetz finden dort ihren Ursprung. Heute sind die Ergebnisse zu sehen. Die Energiepreise sind in Deutschland im internationalen Vergleich auf Höchstniveau und von der Ökosteuer wurde faktisch kein Euro in Klimaschutz oder Energieforschung investiert. Nur die Energieeinspeisevergütung hat zu technologischen Entwicklungen geführt, von denen einige interessant sind und Zukunftschancen haben sollten. Der Preis dafür ist verhältnismäßig hoch. Wie lange dieser Weg ohne volkswirtschaftliche Schäden weiter gegangen werden kann, wenn die internationale Gemeinschaft nicht folgt, bleibt abzuwarten. Klimakongress am 01. Dezember 2007 in Dresden Call für Papers „Wirtschaftliche Folgen und Kosten des Klimawandels • Seite 3 von 3 • Die Inhalte eines neuen energie- und umweltpolitischen Konzeptes kann man daher nicht vorwegnehmen. Dennoch ist es möglich, das Notwendige in drei Punkten zusammenzufassen: 1. Die Anstrengungen in der Energieforschung sind zu verstärken, verbunden mit einer ideologiefreien Diskussion zu aktuellen und zukünftigen Energieträgern. Effizienz und Umweltverträglichkeit sind dabei die wesentlichen Prüfkriterien. 2. Die staatlichen Abgaben auf Energie sind zu reduzieren. In einem internationalen Wettbewerb sind sie ein Standortnachteil bei energieintensiven Technologien, zu denen auch die Klimaschutz-Technologien gehören. Angesichts des weltweiten Energiebedarfes werden die Kosten für Energie weiter steigen. Diese Entwicklung wird nachhaltiger und effektiver alternative Energieträger sowie Energieund Rohstoffeffizienz fördern als jede staatliche Regulierung. 3. Wettbewerb und Versorgungssicherheit müssen sichergestellt werden. Es gibt keinen Gegensatz zwischen Wettbewerb und Versorgungssicherheit; auch wenn zuweilen die Versorgungssicherheit gern als Argument gegen mehr Wettbewerb herhalten muss. Aktuell bleibt ein dringender Bedarf der Marktöffnung und Liberalisierung unbestreitbar. Im Übrigen sollte unsere Gesellschaft auf ihre Kreativität vertrauen, dass alternative Energieträger gefunden werden, die zu einer saubereren Energieversorgung führen. Die Nutzung bestimmter Technik war und ist zu jeder Zeit mehr ein Ergebnis gesellschaftlichen Wollens und weniger des Könnens. Umso wichtiger sind die Rahmenbedingungen, die die Nutzung von Energieträgern fördern oder diskriminieren. Aus einem Rückblick auf die noch relativ kurze Geschichte der Energie- und Umweltpolitik kann man lernen. Eines erscheint dabei besonders wichtig: Der Rückblick zeigt die Grenzen der Planbarkeit und warnt zur Vorsicht bei langfristigen Festlegungen. Gerade deshalb ist die Forschung von so großer Bedeutung. Wer Geschichte schreiben will, muss in neue Technologien investieren. Es gilt das Prinzip "Versuch macht schlau".