Überlegungen zur Erkundung und Gestaltung des Verhält

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PeterW.Schatt,FolkwangUniversitätderKünste
„…das Wörtlein: und“: Überlegungen zur Erkundung und Gestaltung des VerhältnisseszwischenMusikpädagogikundKulturwissenschaftamBeispielmusikalischer
undmusikbezogenerInszenierungenvonBedeutungundBedeutsamkeit
DasleitendeErkenntnisinteressediesesBeitragsistaufvorhandeneundkünftigePerspektivenfüreinkultur-undmusikdidaktischrelevantesZusammenwirkenvonKulturwissenschaftundMusikpädagogikgerichtet. Dabei wird die wissenschaftstheoretisch grundlegende Frage erörtert, ob bzw. in welchen Hinsichten
dieAuffassung,Kulturwissenschaftseiein„fächerübergreifendesRegulativ“(Fauser2011,S.9),fürmusikpädagogischesDenkenGeltungbeanspruchenkönne.
Eswirdgezeigt,dassdiessowohlinmaterialeralsauchinformalerHinsichtzutrifft,wennmandenBegriff
des„Regulativs“alsinhaltlichundstrukturellmögliche,nichtabernotwendigeOrientierungauffasst:MusikpädagogikhatinsoweitanKulturwissenschaftteil–ohneihrzwangsläufiguntergeordnetzusein–,wie
die Menschen und deren Hervorbringungen, mit denen sie sich befasst, im Zusammenhang mit kulturell
relevantenProzessenstehen(s.u.).EswirdindemBeitragzuprüfensein,inwelchenModi(vgl.Abel-Struth
1970,S.81ff.)sichdieseTeilhabevollziehenkannundsollte.
DieHypotheselautet,dassdiesprimärdieModiderAdaptionundderPartizipationsind:Ersteresdurchdie
Übernahme, Zusammenfassung und Anwendung von Einsichten, die durch kulturwissenschaftliche Forschunghervorgebrachtwurden,LetzteresdurchdieIntegrationgenuinkulturwissenschaftlicherProbleme
inmusikpädagogischesFragen(vgl.Vogt2014).(EineumgekehrteIntegration–dieReflexiongenuinmusikpädagogischerProblemedurchkulturwissenschaftlichesNachdenkenist–noch?–nichterkennbar.).
DieThese,dassMusikpädagogikkulturwissenschaftlicheWissensbestände–unterdemihreigenenAspekt
der Möglichkeiten von Förderung des Umgangs mit Musik – im Sinne einer Adaption herangezogen und
fruchtbar gemacht hat, wird in materialer wie auch in formaler Hinsicht am Beispiel des pädagogischen
Umgangs mit „fremden“ Kulturen1erhärtet: Es geht nach neuerer Überzeugung nicht nur um das Wissen
überjeneKulturen,sondernauchundvorallemumdieAuseinandersetzungmitdenProzessen,diediese
erstzusolchenwerdenlassen–dasVerständnisvonKulturalseinesunabschließbarenProzessesvonBedeutungsgenerierungsowiebedeutungsbezogenerKommunikationundInteraktionimZusammenhangmit
„symbolischen Formen“ (Cassirer) gehört zu den kulturwissenschaftlichen Einsichten von entscheidender
GeltungimneuerenmusikpädagogischenDenken(vgl.Schatt2008).ImRahmeneinesderartbedeutungstheoretischgefasstenKulturbegriffswirdauchderMusikbegriffneugefasst,nämlichalsbildungsrelevante
InszenierungvonmusikalischerBedeutungimKontextmusikbezogenerBedeutsamkeit:Inszenierungenvon
NäheundDistanzzudenErfahrungenderAdressaten(vgl.Kruse2016)inMusiksindzuunterscheidenvon
Inszenierungen von Musik in Situationen, die gleichermaßen auf bestimmte Weisen der AuseinandersetzungimSpannungsfeldvonAneignungundAblehnungzubeziehensind.LetztlichwirdvordemHintergrund
solcherInszenierungenundderartigerSituationenderBegriffmusikalischerbzw.musikbezogenerBildung
alsBeitragzureinschlägigenKulturundzugleichalsderenResultatzubestimmensein.
VordiesemHintergrundzeigensichauchwesentlicheMomentederPartizipationinsoweit,wiemusik-und
kulturpädagogische Forschung sich mit Bildungsprozessen als Prozessen der Kulturgenese bei Lernenden
befasst. Hier wird es in dem Beitrag darum gehen, Perspektiven für neue Entwicklungen musikpädagogischen Denkens zu entwerfen, die weniger auf Kulturvermittlung als auf Kulturhervorbringung gerichtet
sind: So existieren bereits einschlägige theoretische Grundlagen zur Geschichtsauffassung von Lernenden
(Niegot2016);siewerdenzuerweiternseinumÜberlegungenzueinerHörerziehung,dienichtauf„Introduktion in Musikkultur“ (Antholz 1970), sondern auf Hervorbringung einer eigenen Hörkultur zielt, sowie
umÜberlegungenzueinerInterpretationskultur,inderenRahmensichdiskursivauszuhandelndeGeltungsansprüchezubedeutungsbezogenenTopoiverdichtenkönnen.
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Damit sind sowohl „außereuropäische“ als auch intrakulturelle (Teil-)Kulturen wie z. B. Neue Musik für die einen
oderMusikderJugendkulturenfürdieanderengemeint.
InalldiesenBereichengiltesauch,AnsätzezurempirischenErforschungderProzessezufinden,durchdie
LernendeBedeutungenimZusammenhangmitInszenierungeninundvonMusikgenerierenundzurGeltungbringen.
AufdieseWeisesollderBeitragdurchwenigerhistorischealsvielmehrsystematischeReflexionPerspektivenfüreineaufderBasiskulturwissenschaftlichenDenkensneuzukonzipierendeTopologiemusikalischer
Bildungentfalten.
Literatur
Abel-Struth, Sigrid: Materialien zur Entwicklung der Musikpädagogik als Wissenschaft ( = MFL I, hrsg. v.
SigridAbel-Struth),Mainz1970
Antholz,Heinz:UnterrichtinMusik,Düsseldorf1970
Cassirer,Ernst:PhilosophiedersymbolischenFormen,Darmstadt1994(Nachdruck)
Kruse,Andreas:MusikundReligionimKontextpädagogischerReflexion:SubjektentwicklungzwischenNähe
undDistanz,Augsburg2016
Niegot,Adrian:GeltungundGehalt.GeschichtlicherGehaltvonMusikalsdidaktischeKategorie,oder:Wie
MusikgeschichtedurchUnterrichtzurGeltungkommenkann,Hildesheim2016
Schatt,PeterW.:MusikpädagogikundMythos.ZwischenmythischerErklärungdermusikalischenWeltund
pädagogischgeleiteterArbeitamMythos,Mainzu.a.2008
Vogt, Jürgen: Musikpädagogik als kritische Kulturwissenschaft – noch einmal, Art Education Research No.
9/2014(elektronischerArtikel)
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