Minus Drei Grad - Porträts von technischen Schneeerzeugern

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-3°
Porträts von technischen Schneeerzeugern
Bachelorthesis
vorgelegt von
Daniel Rosner
Steinstrasse 17
78467 Konstanz
geboren am 04.03.1982
Matrikel-Nr. 277862
HTWG Konstanz | Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung
Fakultät Architektur und Gestaltung
Studiengang Kommunikationsdesign
Wintersemester 2007/2008
1. Prüfer
2. Prüfer
Prof. Dr. Volker Friedrich
Prof. Valentin Wormbs
Prolog
Am 23. August 2005 bildete sich über den Bahamas ein Tiefdruckgebiet. Zwei Tage später wurde der
Tropensturm zu einem Hurrikan der Stufe 5 erklärt, der höchsten Stufe auf der Skala des US National
Hurricane Centers.1 Einen Tag später traf er mit Windgeschwindigkeiten von bis zu 160 Stundenkilometern auf New Orleans. »Katrina« tötete über 1300 Menschen2, zerstörte die Stadt New Orleans
und bestätigte was Kerry Emanuel vom Institute of Technology in Massachuettes in seinem Bericht
»The Divine Wind«3 vorausgesagt hatte: Hurrikane beziehen ihre Energie aus dem warmen
Oberflächenwasser der Meere. Eine globale Erwärmung führt zu wärmeren Meeren und zu stärkeren
Hurrikanen. Seine Energie gewann der Hurrikan Katrina aus dem Oberflächenwasser im Golf von
Mexiko. Das Wasser war zu diesem Zeitpunkt vier Grad wärmer als im bisher gemessenen Durchschnitt.4
Shismaref, Alaska. Schräg stehende Häuser. Umgekippte Bäume und eingesackte Straßenabschnitte.
Die Einheimischen nennen die krummen Bäume »betrunken«. Die Geologen bezeichnen die Löcher
in der Straße und im Boden als Thermokarste.5 Alle drei Phänomene sind unmittelbare Folgen des
auftauenden Permafrostbodens (vgl. Kolbert (2006), Seite 25f). Die Temperatur im sibirischen
Permafrostboden stieg seit 1960 um 1,3 Grad Celsius.6
Im Sommer 2005 erteilt Jack Falkner, Geschäftsführer der Skiliftgesellschaft Sölden-Hochsölden, der
Südtiroler Firma TechnoAlpin den Auftrag zum Bau einer Beschneiungsanlage am Rotkogel mit 130
Propellerkanonen vom Modell T60. 65 Hektar des Skigebietes Sölden können damit technisch beschneit
werden.7 TechnoAlpin, Weltmarktführer für Beschneiungsanlagen beschreibt seine neue Überkanone:
„Die T60 arbeitet mit 7 Nukleatoren und 21 Quadratjetdüsen. Sie startet im Randtemperaturbereich noch
früher. Bei gleichbleibendem Stromverbrauch steigt der Wasserdurchsatz und damit die Schneileistung.“8
1
3sat.de (2005): Hurrikan-Saison 2005 schlimmste der Aufzeichnungen. In: 3sat Nano-News Online. 30.11.2005.
http://www.3sat.de/nano/news/86249/index.html (Stand: 15.01.2008 um 11:58 Uhr)
2
Einstufung nach dem National Hurricane Center in Miami.
http://www.nhc.noaa.gov
3
Emanuel, Kerry (2005): Divine Wind – The History and Science of Hurricanes. Oxford: Oxford University Press.
4
Kleinknecht, Konrad (2007). In: SWR2-Aula (Podcast). 08.07.2007.
http://www.swr.de/swr2/programm/sendungen/wissen/aula/-/id=1718548/1pll841/index.html (Stand: 30.11.2007).
5
Strunk, Prof. Dr. rer. nat.Horst (2004): Dendrochronologische und dendroklimatische Untersuchungen zur Thermokarstentwicklung in
Westsibirien. In: 10. Forschungsbericht der Universität Regensburg.
http://www.uni-regensburg.de/Universitaet/Forschungsbericht/aktuell/phil3/prof31.htm (Stand: 30.11.2007)
6
Umweltbundesamt (2006): Klimagefahr durch tauenden Permafrost? (Hintergrundpapier). Seite 7. Dessau-Roßlau.
http://www.umweltbundesamt.de/klimaschutz/veroeffentlichungen/permafrost.pdf (Stand: 05.01.2007)
7
Internationale Seilbahnrundschau (2004): 130 x T60 für Sölden. Wien.
http://www.isr.at/index.cfm/id/21504 (Stand: 08.11.2007 um 19:04 Uhr)
8 TechnoAlpin (2008): Gesteigerte Leistung bei gleichem Energieverbrauch. Bozen.
http://www.technoalpin.com/de/loesungen/propellerkanonen/aktuellebaureihe/t60 (Stand: 15.01.2008)
Inhaltsverzeichnis
Zusammenfassung
6
1 Klimawandel und technische Beschneiung als Betrachtungsgegenstand
1.1 Kommunikationsangebote gestalten – Bedingung für Öffentlichkeit
1.2 Zur methodischen Struktur der vorliegenden Arbeit
1.3 Öffentliche Reflexion des Begriffes »Klimawandel« 1.4 Vierter Sachstandsbericht des International Panel on Climate Change
1.5 Die wichtigsten Ergebnisse des Vierten IPCC Sachstandsberichtes
1.6 Die Reaktionen auf den Vierten IPCC Sachstandsbericht
1.7 Der Klimagipfel von Bali
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2 Wissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels
2.1 Klimaänderungen in der Erdgeschichte
2.2 Der menschliche und der natürliche Treibhauseffekt
2.3 Ursachen des Klimawandels
2.4 Folgen des Klimawandels
2.5 Gletscherrückgang und Polschmelze
2.6 Anstieg des Meeresspiegels
2.7 Zunahme der Wetterextreme
2.8 Veränderungen in Biosystemen
2.9 Biodiversität und Artensterben
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33
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3 Folgen des Klimawandels für den Mensch
3.1 Volkswirtschaftliche Folgekosten
3.2 Handlungsmöglichkeiten 3.3 Technik als Lösung? 3.4 Leitbild der nachhaltigen Entwicklung
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4 Klimawandel in den Alpen
4.1 Wintertourismus
4.2 Abnahme der Schneesicherheit
4.3 Anpassungsstrategien
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51
5 Technische Beschneiung
5.1 Pressezitate
5.2 Funktionsprinzip der technischen Beschneiung
5.3 Eigenschaften von technisch erzeugtem Schnee
5.4 Wirtschaftliche Dimension von Beschneiungsanlagen
5.5 Die Rolle staatlicher Institutionen
5.6 Ökologische und ethische Problemfelder
5.7 Schneeerzeuger – Lösung und Problemverstärker zugleich
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6 Möglichkeiten der Beobachtung
6.1 Was ist bedroht? 6.2 Reaktion des Menschen auf die Bedrohung
6.3 Beobachten – Eine Lebensform und Voraussetzung für Kommunikation 6.4 Klimawandel beobachtet
6.5 Kunst und Klimawandel
6.6 Narrative Darstellungsform – Weiß auf Grün und Grün ohne Weiß
6.7 Symbolismus – Das Stellvertreterprinzip
6.8 Schneeerzeuger – Ikonen einer menschlichen Verhaltensweise?
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7 Kommunikationsaufgabe und fotografisches Konzept
7.1 Ikonen – Von der »vera icon« bis zu Paris Hilton
7.2 Ikonen – Beherrschung durch Symmetrie
7.3 Die ikonennahe Darstellungsweise in der Fotografie
7.4 Das symbolische Porträt
7.5 Bildaufbau und Raster
7.6 Kommunikative Grenzen
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87
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Bundesämter, Institute und Nichtregierungsorganisationen
Erklärung zur selbstständigen Anfertigung
Zusammenfassung
Karriere eines Begriffes und Möglichkeiten der Beobachtung
»Klimawandel« war der Begriff
des Jahres 2007. In Heiligendamm und Bali sowie durch den
Nobelpreisträger Al Gore sicherte
er sich nachhaltig seinen Platz in
der globalen Politik.
Der Erklärung des IPCC vom
menschengemachten Klimawandel und der dadurch verursachten Erwärmung von 0,76
Grad Celsius seit 1850 steht in
der Wissenschaft keine glaubwürdige Theorie entgegen.
Gegenwärtige Probleme und Fragestellungen aufzuspüren fordert
das Beobachten der öffentlichen Diskussion und das Benennen der
darin verwendeten Begriffe. 2007 war das Jahr der Debatte über den
Klimawandel, verkörpert in dem zur Symbolfigur gewordenen Amerikaner Al Gore. Für seine Öffentlichkeitsarbeit im Kampf gegen den
Klimawandel erhielt er und der »International Panel on Climate
Change (IPCC)« den Nobelpreis. Etwas weniger Aufmerksamkeit erhielt
der Brite Sir Nicolas Stern. Er legte eine Gesamtrechnung über die
Folgekosten des Klimawandels vor. Die Kosten des Klimawandels
könnten sich ohne Gegenmassnahmen auf bis zu 20% des weltweiten
Bruttosozialproduktes belaufen. Mit der Absicht der EU die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 30% gegenüber 1990 zu reduzieren,
der Anerkennung des Klimawandels auf dem G 8-Gipfel in Heiligendamm und dem Krimi auf dem Weltklimagipfel in Bali sicherte sich
der Begriff »Klimawandel« nachhaltig seinen Platz in der globalen Politik.
Auf die Frage: „Klimaerwärmung oder Eiszeit?“, gibt die Wissenschaft,
vertreten durch den IPCC, eine eindeutige Antwort: Die globale Temperatur
auf der Erde ist seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1850 um 0,76
Grad Celsius gestiegen (vgl. IPCC Arbeitsgruppe I (2007)). Diese Zahl
ist eine der wichtigsten Botschaften des Anfang 2007 veröffentlichten
Vierten Sachstandsberichtes des IPCC. Der dazugehörige Synthesebericht fasste die Teilberichte I bis III zusammen: Durch die massenhafte
Verbrennung von fossilen Brennstoffen beträgt die Kohlendioxid (CO2)Konzentration in der Atmosphäre heute 380 ppm (parts per million) im
Vergleich zu 280 ppm im Jahr 1850. Die Konzentration von Gasen wie
CO2 und Methan verstärkt den Treibhauseffekt so stark wie nie zuvor
in der Geschichte der Erde und führt zu dem rasanten Temperaturanstieg.
Klimaskeptiker, wie etwa der tschechische Präsident Václav Klaus,
bezeichnen die Klimadebatte als hysterisch, religiös und fundamentalistisch.
Mit der Anerkennung des menschengemachten Klimawandels durch
George Bush beim G8-Gipfel in Heiligendamm, verloren die Klimaskeptiker
ihren wichtigsten politischen Verbündeten.
Keine wissenschaftliche Theorie hat bis heute den Klimawandel so
konzentriert, fundiert und verständlich erklärt wie es der IPCC mit
seinem Vierten Sachstandsbericht geleistet hat. Der momentane Klimawandel kann nicht länger als natürliches Phänomen oder als hochkomplexe und daher nicht erklärbare Erscheinung bezeichnet werden.
Der kausale Zusammenhang zwischen menschlicher Energiewirtschaft
und dem Temperaturanstieg ist eine nachvollziehbare Entwicklung.
6
Zusammenfassung
Der Temperaturanstieg in den
Alpen fällt etwa doppelt so hoch
aus wie im globalen Mittel. Mit
gravierenden Folgen für den
Wintersport und den Tourismus.
Wo zeigt sich der Klimawandel und seine Folgen besonders deutlich?
Der OECD-Studie »Klimawandel in den Alpen (Agrawala, Shardul
(2007))« zufolge fällt der Temperaturanstieg in den Alpen doppelt so
hoch aus wie im globalen Mittel. Schneearmut ist die Folge. Damit geht
der wichtigsten Einnahmequelle im Alpenraum, dem Wintertourismus,
das wirtschaftliche Kapital verloren. Auf die Abnahme der Schneesicherheit reagieren Liftbetreiber und Gemeinden im Alpenraum mit
Investitionen in Schneeerzeugungsanlagen. Die Skiwelt »Wilder
Kaiser« beispielsweise beschneit mit 700 Schneeerzeugern (umgangssprachlich »Schneekanonen«) 180 Pistenkilometer. Im Alpenraum
sowie den deutschen Mittelgebirgen findet man kaum mehr Skigebiete, die
keinen technischen Schnee einsetzen.
Bei der Betrachtung der technischen Schneeproduktion identifiziert
sich der hohe Wasser- und Energieverbrauch als ökologische bedenklich.
Schneeerzeugung erfordert umfangreiche Eingriffe in die Berglandschaft,
wie die Verkabelung, Anlage von Speicherteichen und die Inbetriebnahme
von Kraftwerken und Pumpstationen. Technische Schneeerzeuger
können die Abnahme der Schneesicherheit kurzzeitig ausgleichen, der
hohe Energieverbrauch steigert die CO2-Emissionen jedoch und führt
zu einer weiteren Verringerung der Schneesicherheit.
Als Wort des Jahres wählte die Gesellschaft für deutsche Sprache nicht
»Klimawandel« sondern »Klimakatastrophe«. Daraus lässt sich
folgern, dass die Lebensbedingungen des Menschen bedroht sind.
Darauf mit einer technischen Lösung (Schneeerzeugung) zu
antworten wirft die anthropologische Frage auf, ob diese Reaktion
und das Vertrauen in die Technik symbolisch für den Mensch ist?
Gezeigt wird nicht, die »T60«
von TechnoAlpin und die »Compact Eco« von Sufag, gezeigt
werden Symbole für den Klimawandel und das menschliche Vertrauen in die Technik.
Die technischen Schneeerzeuger stehen symbolisch für die Gefahren
des Klimawandels und die menschlichen Reaktionen. Damit sind sie
als Beobachtungsgegenstand definiert. Bei der Suche nach einer Darstellung,
etwa der narrativen oder der abstrakten Erzählform, ergaben sich aus
einer Analyse der christlichen Ikonenmalerei Gestaltungsregeln für die
Komposition der Porträts. Das Motiv steht nicht als »Propellerschneeerzeuger M18 von TechnoAlpin in Obergurgl«, sondern als Vertreter
einer menschlichen Verhaltensweise. Bei den christlichen Ikonen steht
die Figur als Vergegenwärtigung der göttlichen Vollkommenheit. Die
Spiegelung des Hintergrunds in den Fotografien sowie die symmetrische und
zentrale Platzierung der Schneeerzeuger in einem Raster bilden
dabei, in Anlehnung an den Anspruch der Vollkommenheit, die formal
wichtigsten Gestaltungsregeln.
In der Präsentation der Fotografien wird auf die Einbeziehung von
Informationen über den Kontext verzichtet. Die Porträts der Schneeerzeuger leisten keine Aufklärungsarbeit, sondern vergegenwärtigen
die nicht durchschaubare Rätselhaftigkeit der durch den Klimawandel
veränderten Gegenwartswelt.
7
1 Klimawandel und technische Beschneiung
als Betrachtungsgegenstand
1.1 Kommunikationsangebote – Bedingung für Öffentlichkeit
„E s m öge n F is ch e s te rbe n ode r M e n s ch e n, da s Ba de n in
Se e n ode r Flüs s e n m a g K r a n k h e ite n e r ze uge n, e s m a g ke in
Öl m e h r a us de n Pumpe n kom m e n un d die Durch s ch n ittste mpe r a ture n m öge n s in ke n ode r s te ige n : s ol a n ge da rüber
n ich t kom m un izie r t wird, h a t die s ke in e ge s e lls ch a ftlich en
Aus wirk un ge n.“
N i kl a s L uh m a n n ( v g l . L uh m a n n ( 2 0 0 4 ) , S e i t e 6 3 )
Nach der Systemtheorie von
Niklas Luhmann besteht eine
Gesellschaft nur aus Kommunikationen und kann nur über
Kommunikationen verändert
und beinflusst werden.
Mit dieser Aussage formulierte der Soziologe Niklas Luhmann das
Kernproblem bei der Wahrnehmung von Veränderungen in unserer
Umwelt. Jedes Phänomen braucht einen Beobachter, um überhaupt
erst als ein solches bezeichnet werden zu können. Anschließend muss
es Bezugsobjekt in einem Kommunikationsprozess werden. Der
oben verwendete Begriff „Kommunikation“ basiert auf der Definition
in der soziologischen Systemtheorie von Niklas Luhmann (vgl.
Luhmann (1987)), wonach eine Gesellschaft, samt ihrer Teilsysteme
(z. B. Recht, Wirtschaft, Bildung, Kunst etc.), ihrer Normen und
Werte ausschließlich aus Kommunikationen besteht und nur über
Kommunikationen veränderbar ist.
Jeder Kommunikationsprozess
besteht den drei Phasen:
1. Information
2. Mitteilung
3. Verstehen
In der Systemtheorie wird der Kommunikationsprozess in drei Etappen
gegliedert: Information, Mitteilung, Verstehen. Nach dieser Definition
soll auf die Frage: „Welche Aufgabe hat ein Kommunikationsdesigner?“,
die Antwort folgen: „Er muss beobachten.“ Daraus wiederum folgt
die Frage: „Wie soll er beobachten, um Kommunikationen wahrscheinlich
zu machen?“ Die Aufgabenstellung lautet demnach: Er muss die
Beobachtung (Information) in eine Form bringen (Mitteilen), dass daran
angeschlossen werden kann (Verstehen). Trifft dieser Fall zu, so wäre
das Ziel, Kommunikation zu erzeugen, erreicht. Aus einer Beobachtung
z. B. einer Fotografie, einem Film oder einem Plakat ist Kommunikation
geworden, wenn ein Beobachter (z. B. Zuschauer) darauf reagiert hat.
8
1.2 Methodische Struktur der vorliegenden Arbeit
Nach der Definition des Kommunikationsprozesses ergibt sich für die
vorliegende Arbeit folgende methodische1 Struktur.
Teil I (Kapitel 1 – 5)
Was soll warum beobachtet werden? (Information)
Teil II (Kapitel 6 und 7)
Wie soll es beobachtet werden? (Mitteilungsform)
Um den Beobchtungsgegenstand
definieren zu können muss die
öffentliche Kommunikation beobachtet werden und die darin
verwendeten Begriffe erfasst und
benannt werden.
Um einen Ansatz auf die erste Frage nach dem Beobachtungsgegenstand zu finden sei eine Handlungsanweisung formuliert:
„Gegenwärtige Kommunikationen und die darin enthaltenen Frageund Problemstellungen zu beobachten, erfordert das Unterscheiden,
Benennen und Verstehen von Begriffen.“
Es galt die Begriffsverwendung in der Öffentlichkeit zu beobachten
und Begriffe zu finden, welche die gegenwärtigen Probleme, Fragen
und Diskussionen abbilden und zusammenfassend beschreiben. Dazu
muss die Medienöffentlichkeit als auch die politische und wissenschaftliche Debatte beobachtet werden.
1.3 Öffentliche Reflexion des Begriffes »Klimawandel«
„Die Fr age ob die Menschheit eine Zukunft hat , k ann ich
n ich t be a n twor te n, ich we iß e s n ich t . A be r die s e Fr a ge
hätte ebenso ges tellt werden können in jedem Moment der
Ve r g a n g e n h e i t d e r M e n s c h h e i t . S i e w a r i m m e r i n e i n e r
pre k ä re n Situa tion wie a lle Spe zie s , a lle Ar te n.“
K a r l R a im un d Poppe r 2
Die Frage nach dem Fortbestand der Menschheit, ist keine neuzeitliche
Erscheinung oder eine Folge des Klimawandels. Sie ist Bestandteil
menschlicher Kulturtradition. Die Frage ob es eine Bedrohung gibt,
präzisiert sich zu der Formulierung: „Was ist in wie stark bedroht?“
1
Brockhaus Enzyklopädie Online (2007): griechisch: methodike (téchnē) »Kunst des planmäßigen Vorgehens«.
2
Friedrich, Volker (1995): Ich bin ein Gott. Im Gespräch u.a. mit Karl Raimund Popper.
München: Boer Verlag.
9
In Bezug auf die Feststellung, dass Beobachtung aktueller Kommunikation
das Unterscheiden und Benennen von Begriffen erfordert, zielen die
folgenden Betrachtungen darauf ab, einen Begriff zu identifizieren,
der die gegenwärtigen Schwerpunkte in der Kommunikation bündelt
und repräsentativ aktuelle Kommunikationsaktivitäten vertritt.
»Klimakatastrophe« ist zum
Wort des Jahres 2007 ausgezeichnet worden.
„Deutsch, Mathe, Englisch, Klimaschutz“ lautet eine aktuelle Anzeige
des Energieunternehmens bp (beyond petroleum).1 Bei der Beobachtung
der laufenden Kommunikation in der Öffentlichkeit fällt auf, dass
kein anderer Begriff solch einen Aufstieg vollzogen hat und eine
derartige Präsenz in der politischen, wirtschaftlich und kultrellen
Kommunikation vorweisen kann.
Am 7. Dezember 2007 kürte die Gesellschaft für deutsche Sprache das
Wort »Klimakatastrophe« zum Wort des Jahres 2007.2 Warum hat
die Jury nicht Klimawandel, sondern Klimakatastrophe gekürt?
Der Klimawandel ist eines der gegenwärtig größten Probleme
der Menschheit. Überbevölkerung, das Arm-Reich-Gefälle, kriegerische
Auseinandersetzungen und Terrorismus sind weitere unlösbar
scheinende Probleme. Der Klimawandel könnte die größte Gefahr für
den Fortbestand des Menschen zu sein. Die volkswirtschaftlichen
Kosten des Klimawandels übersteigen die durch Terrorismus verursachten Schäden. Die Süddeutsche Zeitung titelte dazu bereits 2004:
Pentagon: Umweltschäden bedrohlicher als Terrorismus.3 Auch der
Spiegel berichtete über Warnungen des amerikanischen
Verteidigungsministeriums wonach die Folgen des Klimawandels
den Frieden gefährden. 4 Des Weiteren ist zu bedenken, dass
Probleme wie Armut, Hungersnöte und Terrorismus durch die Folgen
des Klimawandels bedingt sein könnten. Ein hungernder ungebildeter Mensch ist anfälliger für terroristische Strömungen als ein
gebildeter wohlgenährter Mensch. Der Klimawandel ließe sich
somit als Mutterproblem bezeichnen, das viele weitere Probleme
mit sich bringt. Dazu einige Aussagen zur Gefahrendimension.
Die M e n s ch e n m e in e n, de r K lim a w a n de l s e i n och we it
e n tf e r n t , abe r die s is t da s e in zige , da s die Z ivilis a tion
be e n de n k ön n te un d a lle s a n de re unwich tig m a ch t .
Die Bedrohung der Menschheit
war stets gegenwärtig. Aber wie
groß ist die Bedrohung heute?
B i l l C l i n t o n a u f d e m We l t w i r t sc h a ft sf o r u m 2 0 0 6 i n D a v o s.
1
Anzeige von bp (beyond petroleum). In: GEO, Ausgabe 12 /2007.
2
GfdS –Gesellschaft für deutsche Sprache (2007): Wort des Jahres 2007: Klimakatastrophe.
http://www.gfds.de/index.php?id=210 (Stand: 20.12.2007)
3
sueddeutsche.de (2004): Pentagon: Umweltschäden bedrohlicher als Terrorismus. In: Süddeutsche Zeitung Online. 23.02.2004.
http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/254/27227 (Stand: 15.01.2008 um 13:04 Uhr)
4
spiegel.de (2007): US-Generäle warnen vor Klimawandel. In: Spiegel Online, 17.04.2007.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,477657,00.html (Stand: 15.01.2008 um 13:08 Uhr)
10
De r K lim a w a n de l s te llt zun e h m e n d e in e de r größ te n Be droh un ge n da r, de r s ich die M e n s ch h e it m öglich e r we is e je m al s
s tellen muss.
K i v u t h a K i b w a n a a u f d e r 1 2 . U N - K l i m ako n f e re n z 2 0 0 6 i n N a i ro b i.
Die Bürger in Deutschland, sehen den Klimawandel als ein großes
Problem. Das ZDF-Politikbarometer im Dezember 2007 zeigte, dass
83 Prozent aller Deutschen der Formulierung zustimmen: Ich sehe im
Klimawandel ein großes oder sehr großes Problem.1
In Bezug auf ökologische Probleme der Gegenwart zeigt sich der
Soziologe Niklas Luhmann als ein scharfsinniger Beobachter.
(...)
Man bemerkt nicht nur, dass die Gesellschaft ihre Umwelt
ä n de r t , s on de r n a uch, da s s s ie da m it Be din gun ge n ih re r
eigenen For te xis tenz untergr äbt . Das Problem selbs t is t
zw a r ke in e s we gs n e u; . . . abe r e r s t h e ute e r re ich t e s e in e Inte n s it ä t , die s ich a ls n ich t lä n ge r ign or ie rba re s , s töre n des
‚ R a us ch e n ‘ de r m e n s ch lich e n Kom m un ik a tion a ufzwin gt .
(...)
Nik l a s L uh m a n n ( vgl . L uh m a n n ( 2004) Se ite 12)
Die Intensität der Gefahren
durch den Klimawandel zwängt
sich der Kommunikation auf.
Für die Massenmedien gilt:
Mit dem Begriff »Klimawandel«
lasssen sich Leser gewinnen.
Die These Luhmanns wäre: ökologische Veränderungen untergraben die
Bedingungen, unter welchen die Menschheit lebt. Der Begriff Klimawandel ist nicht länger ein Rauschen menschlicher Kommunikation, er ist zu
einer Instanz in der öffentlichen und in der Kommunikation der gesellschaftlichen Subsysteme geworden.
In den Massenmedien ist der Begriff Klimawandel titelthemawürdig
geworden. Der Begriff Massenmedien wird hier in dem Sinne verwendet,
als dass Massenmedien eine Vielzahl von Rezipienten ohne größere
zeitliche Differenz erreichen und allen Rezipienten den gleichen Inhalt
bieten.2 Mit dem Thema Klimawandel lassen sich Leser gewinnen.
Diejenigen e volutionären Er r ungenschaften, die an jeden
Br uch s te lle n de r Kom m un ik a tion a n s e tze n un d fun k tion s genau dazu dienen, Unw ahrscheinliches ins Wahrscheinliche
zu tr a n s f or m ie re n, wolle n wir M e die n n e n n e n.
Nik l a s L uh m a n n ( vgl . L uh m a n n ( 1987) , Se ite 220)
1
ZDF Politikbarometer Dezember 2007.
http://www.zdf.de/ZDFmediathek/content/370?inPopup=true (Stand: 10.01.2008 um 20:58)
2
Friedrich, Volker (1997): Aspekte philosophischer Anthropologie im Zeitalter der Massenmedien.
Stuttgart: Universität Stuttgart
11
Im Mai 2007 titelte der Spiegel „Hilfe, die Erde schmilzt“.1 „Handeln
nach dem Klimaschock“, heisst es auf der Titelseite der GEO Ausgabe
vom Dezember 2007.
Berichte aus den Massenmedien unterstützen die Diskussion mit
Sonderseiten und Dossiers in ihren Publikationen. Wann, so könnte
man fragen, wird der Begriff »Klimawandel« als eigenständiges
Ressort betrieben und Einzug halten in Inhaltsverzeichnisse der Printausgaben und Navigationsmenüs der Webportale?
Die Diskussion ist keinem
»Klimatismus« verfallen, sondern der Gefahrendimension
schlicht angemessen.
Man könnte sich angesichts der Flut an Berichterstattungen fragen, ob
wir einem Überangebot an Klimaprognosen, Stellungnahmen
und »Status-Quo«-Berichten gegenüberstehen? Dagegen spricht die
in Medienbeiträgen und in wissenschaftlichen Publikationen aufgezeigte Dimension der Bedrohung und die Folgen des Klimawandels.
Die Diskussion darüber scheint weder überdimensioniert noch
einem emotional überstrapazierten »Klimatismus« verfallen zu sein,
sondern der Bedrohungsdimension schlicht angemessen.
Gefährdetes Subjekt ist die menschliche Existenz und die kommenden
Generationen. Dies lässt sich mit dem Begriff »Generationengerechtigkeit«
oder mit dem Adjektiv »enkelfest« bezeichnen.
Ist die Anzahl der Google-Treffer für einen Begriff, ein Hinweis auf
seine Wichtigkeit? Am 07.11.2007 um 17.30 Uhr lieferte die Suchmaschine ungefähr 5.310.000 Treffer für den Begriff »Klimawandel«.
Dieser These nach käme man schnell zu der Erkenntnis, dass
Britney Spears, Handy, MP3 und Sex die elementarsten Begriffe der
Gegenwart sein müssten.
Wissenschaftliche Erkenntnisse
benötigen Medien um Ihre Ergebnisse öffentlich zu machen.
Massenmedien wie Zeitschriften, Zeitungen, Fernsehen und Radio,
in zunehmendem Maße jedoch auch Online-Publikationen, haben
erheblichen Einfluss auf die Bewusstseinsbildung der Rezipienten.
Die Massenmedien entscheiden nicht allein was in der Öffentlichkeit
als „wahr oder unwahr“ empfunden wird. Sie haben aber einen erheblichen
Einfluss darauf und sind Initiator und Motor gegenwärtiger Diskussionen.
Die Funktion über »wahr«, »unwahr« oder »sehr wahrscheinlich
wahr« zu entscheiden, übernimmt in unserer funktional gegliederten
Gesellschaft (vgl. Niklas Luhmann (1987)) die Wissenschaft. Deren
Ergebnisse korrekt und unverfälscht wiederzugeben ist Aufgabe der
Massenmedien. Es soll im Folgenden aber auch als Aufgabe von
Künstlern, Fotografen und anderen Beobachtern sein: der Versuch
das Unwahrscheinliche ins Wahrscheinliche zu transformieren.
1
Spiegel Nr. 19/2007 (07.05.2007): Hilfe...die Erde schmilzt (Titelseite).
12
Zunächst galt es Institutionen zu befragen, welche nach wissenschaftlichen Regeln auf die Frage antworten. „Lässt sich überhaupt
eine Veränderung des Klimas beobachten und beschreiben?“ Weniger
wichtig für die vorliegende Arbeit wird die ansonsten prominent
platzierte Frage sein, ob der Klimawandel menschengemacht ist oder
natürliche, nicht anthropogene Ursachen hat.
Die Schneekanone ist kein Beweis für die Klimaerwärmung.
Aber die Frage nach dem Zusammenhang ist notwendig.
Mit voreiligen Schlüssen und einer Kausalitätsbeschreibung, wie zum
Beispiel „Schneekanonen sind ein Abwehrversuch der Folgen des
Klimawandels“ halten sich Wissenschaftler zurück. Eine Darlegung
des Problems der Annahme einer »entgültigen Wahrheit«
lieferte Karl Popper in seinem Werk »Die Logik der Forschung«. 1
Der Vertreter des kritischen Rationalismus formulierte das
Induktionsproblem, wonach von Einzelfällen nicht auf Wahrscheinlichkeiten zu bestehenden Annahmen geschlossen werden kann.
Das Phänomen »Schneekanone« soll daher nicht als Beweisführung
für die wissenschaftlichen Theorien zum Klimawandel verwendet
werden, wohl aber soll nach kausalen Zusammenhängen gesucht
werden. Ursache für den Klimawandel könnten theoretisch auch
lokale Klimaunterschiede sein, die für eine Veränderung bei den
Temperaturen verantwortlich sind. Um diese Unsicherheiten auszuschließen, beschränken sich Wissenschaftler nicht auf lokale Messungen.
Sie untersuchen und messen die Veränderungen weltweit,
wodurch eine Beschreibung über globale Veränderungen möglich wird.
Man müsste die Kausalität, zwischen einer global beobachtbaren
Erwärmung und den lokal auftauchenden Schneekanonen untersuchen.
Die Frage die daraus resultiert wäre: Ist das Auftauchen der Schneekanonen auf den Rückgang der Schneesicherheit zurückzuführen und
ist dieser Rückgang durch die globale Erwärmung verursacht?
Die folgenden Fragen beschäftigen sich mit der Annahme eines
Temperaturanstiegs im globalen Mittel. Es galt, den Anstieg in den
alpinen Gegenden zu untersuchen und die Frage zu klären, ob
die Abnahme der Schneesicherheit damit zusammenhängt. Die deduktive
Schlussfolgerung wäre, dass die Temperaturerhöhung zur Abnahme der Schneesicherheit und zur Zunahme der technischen Beschneiung führt. Die induktive Schlussfolgerung wäre, dass Schneekanonen ein Zeichen für die steigenden Temperaturen und den
Rückgang der Schneesicherheit sind.
1
Popper, Karl (2001):Die Logik der Forschung. Neuauflage 2001 (Erstausgabe 1934). Tübingen:
Mohr-Siebeck-Verlag.
13
1.4 Vierter Sachstandsbericht des International Panel on Climate Change
1987 warnte die Deutsche Physikalische Gesellschaft (DPG) und
die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) in der gemeinsamen Stellungnahme »Warnung vor drohenden weltweiten
Klimaveränderungen durch den Menschen«1 die Öffentlichkeit vor
einem vom Menschen verursachten Anstieg der Temperaturen
auf der Erdoberfläche. Darin heisst es:
(...)
„Es bes teht der begründe te Verdacht , dass schon innerhalb
der nächs ten 100 Jahre die mittlere Temper atur an der
E r d o b e r f l ä c h e u m d r e i G r a d s t e i g e n w i r d. D i e s e r A n s t i e g
wäre regional und jahreszeitlich durchaus unterschiedlich
hoch, in den Tropen e tw a halb so hoch, im pol aren W inter
da ge ge n e tw a dre im a l s o h och wie im M itte l .“
(...)
1987 warnte die DMG und die
DPG vor einem Temperaturanstieg von drei Grad Celsius innerhalb von 100 Jahren.
St e l l u n g n ah m e d e r D P G u n d d e r D M G
Die weltweite politische und öffentliche Debatte über den Zusammenhang zwischen dem Anstieg der vom Menschen verursachten
Treibhausgase und der Erwärmung des Klimas begann 1979. In
diesem Jahr fand die erste Weltklimakonferenz in Genf statt.
Hauptorgan war die dort ansässige Weltorganisation für Meteorologie (World Meteorological Organization (WMO)). Sie gehört
als Sonderorganisation zu den Vereinten Nationen. Bereits bei dieser
Konferenz wurde auf die steigende Konzentration von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre hingewiesen; allerdings stand nicht
vorrangig der Mensch als Verursacher im Vordergrund. Die
massive Abholzung der CO2-Umwandler (z.B. Wälder und Pflanzen)
galt als Hauptursache für den C02-Anstieg.
Der Zwischenstaatliche Ausschuss für den Klimawandel
– der International Panel on
Climate Change (IPCC) wurde
1988 von der WMO berufen.
Um der öffentlichen Diskussion und den politischen Entscheidungsträgern eine fundierte wissenschaftliche Grundlage in Fragen
des Klimawandels und der Rolle des Menschen zu geben, berief die
WMO 1988 zusammen mit dem United Nation Environmental
Programme (UNEP), dem UN-Umweltprogramm, den International
Panel on Climate Change (IPCC) – den Zwischenstaatlichen Ausschuss zu globalen Klimaänderungen.
1
DPG und DMG (1987): Warnung vor drohenden weltweiten Klimaveränderungen durch den Menschen. Phys. Bl. 43, 347. Weinheim: Physik-Verlag.
http://www.dpg-physik.de/info/stellungnahmen/gesamt.html (Stand 15.01.2008)
14
Zwanzig Jahre nach der Warnung durch die Deutsche Physikalische Gesellschaft und die Deutsche Meteorologische Gesellschaft
zur Rolle des Menschen bei der Klimaerwärmung veröffentlichte der
IPCC seinen neuesten, den so genannten »Vierten Sachstandsbericht«.
1250 Wissenschaftler aus 130 Nationen und 2500 Gutachter waren
als Autoren, Lektoren und Gutachter daran beteiligt (vgl. Müller/Fuentes
(2007), Seite 58).
Der IPCC selbst betreibt keine
Studien. Bis zu 1250 Wissenschaftler und 2500 Gutachter
verfassen aus wissenschaftlichen
Ergebnisse so genannte »Sachstandsberichte«.
Der IPCC betreibt selber keine Forschungen. Er veröffentlicht den
aktuellen Stand der Wissenschaft in der Frage des Klimawandels
(Arbeitsgruppe I), benennt die Folgen (Arbeitsgruppe II) und gibt
Hinweise zur Vermeidung von Folgeschäden (Arbeitsgruppe III).
Nach dem ersten Sachstandsbericht (1990), dem zweiten (1996) und dem
dritten (2001) legte der IPCC im Februar 2007 den Vierten Sachstandsbericht vor. Die Erkenntnisse des IPCC bestehen aus Zusammenfassungen bereits veröffentlichter Forschungsliteratur, Studien
und Berichten. Publikationen und Ergebnisse des World Climate
Research Programme (WCRP) sind die Hauptquellen des IPCC-Berichtes.
„Die E r w ä r m un g de s K lim a s y s te m s is t e in de utig.“
(...)
IPCC ( vgl . IPCC Syn t h e s e be r ich t ( 2007) )
Die Kernaussagen des Vierten IPPC-Sachstandsberichts sind unmissverständlich, obwohl nicht auf hundertprozentiger Sicherheit
beruhend.
„Es is t sehr w ahr scheinlich, dass der größte Anteil der
be oba ch te te n E r w ä r m un g s e it M itte de s zw a n zigs te n J ah rh un de r ts von de r a us ge lös te n ve r s t ä rk te n Fre is e tzun g von
Tre ibh a us ga s e n ve r ur s a ch t wird.“
IPCC , V ie r te r Sa ch s t a n ds be r ich t ( vgl . M ülle r/ Fue n te s
( 2007) , Se ite 43)
Es ist sehr »wahrscheinlich«,
dass die Erwärmung durch die
Freisetzung von Treibhausgasen
verursacht wird. Diese Formulierung entspricht einer Wahrscheinlichkeit von 90%.
Die Formulierung »sehr wahrscheinlich« stammt aus der IPCCinternen Skalierung der Wahrscheinlichkeiten. Die verwendete
Formulierung »sehr wahrscheinlich« entspricht einem Wert von
90% (vgl. Müller/Fuentes (2007), Seite 44).
Es hatte sich bereits in den vorausgegangenen Debatten und Berichten
abgezeichnet. Die Annahme, der Mensch verursache durch sein
maßloses Verbrennen von fossilen Energieträgern diesen Wandel,
wurde durch den IPCC-Bericht untermauert.
15
1.5 Die wichtigsten Ergebnisse des Vierten IPCC Sachstandsberichtes
Der Mensch verursacht durch
seinen hohen Energieverbrauch
den Temperaturanstieg.
Der IPCC hatte eine Kernaussage, die der Synthesebericht des
Vierten Sachstandsberichtes nochmals betonte: Der Mensch
verursacht mit seinem Energieverbrauch erhebliche Mengen an
Treibhausgasen, welche zur Erwärmung der Erde und der Ozeane führen. Primärer Messwert für eine Klimaveränderung ist die
Temperatur und die Konzentration von Treibhausgasen in ppm =
parts per million (Anteile pro 1000000 Stoffmengeneinheiten) über
mindestens 30 Jahre hinweg.
Die Ergebnisse des Vierten IPCC-Sachstandsberichtes (vgl. IPCC
(2007)) zu diesen beiden Messwerten im Überblick:
Temperaturveränderungen
Seit 1850 ist die Temperatur auf
der Erde im globalen Mittel um
0,76 Grad Celsius gestiegen.
• die globale Oberflächentemperatur der Erde ist um 0,76 Grad
Celsius gestiegen (Referenzjahr 1850)
• elf der letzten letzten zwölf Jahre waren die wärmsten seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1850
• die Erwärmung der letzten 50 Jahre ist doppelt so hoch wie die
der letzten 100 Jahre
• in der Arktis fällt die Erwärmung doppelt so hoch aus wie im
globalen Mittel
• aktuell erwärmt sich die Erde um 0,2 Grad Celsius pro Dekade
• es ist sehr wahrscheinlich, dass die heutigen Temperaturen die
wärmsten der letzten 1300 Jahre sind
• die Geschwindigkeit der Erwärmung ist die schnellste seit
20.000 Jahren
• die Temperaturen im Permafrostboden sind seit 1980 um bis zu
drei Grad Celsius gestiegen
• die Ozeane sind im globalen Mittel wärmer geworden
16
Treibhausgaskonzentration
• die massenhafte Verbrennung fossiler Brennstoffe führt zu einer
erhöhten Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre
• Kohlendioxid (CO2) ist das wichtigste Treibhausgas
Heute wird die höchste Konzentration von Treibhausgasen in
der Atmosphäre seit 650.000
Jahren gemessen.
• heute wird die höchste Konzentration von Treibhausgasen
seit 650.000 Jahren gemessen (Messungen aus Eisbohrkernen)
• das Verhältnis von CO2 zu anderen Treibhausgasen beträgt
etwa 60% (CO2) zu 40% (Methan, FCKW, Distickstoffoxyd etc.).
• der Kohlendioxidgehalt in der Luft hat im Vergleich zu 1750
um 35% von 280 ppm auf 379 ppm im Jahr 2005 zugenommen
• die Zuwachsrate der Treibhausgase der letzten zehn Jahre
ist die höchste seit 50 Jahren
• 78% der Erhöhung der Treibhausgaskonzentration ist durch
Verbrennung fossiler Brennstoffe entstanden, 22% durch
Verbrauch von Landflächen (z. B. Rodungen)
• Zunahme des Treibhausgases Methan um 148%, Lachgas
um 18% (Referenzjahr 1750).
• Änderungen in der solaren Strahlung haben nur geringen
Einfluss auf das Klima
• Minderungen in der Treibhausgasproduktion machen sich
erst nach etwa 20 Jahren bemerkbar
17
1.6 Reaktionen auf den Vierten IPCC Sachstandsbericht
Die aus dem Vierten IPCC-Sachstandsbericht zitierten Aussagen
scheinen zwei grundlegende Fragen geklärt zu haben. Erstens –
der Klimawandel findet statt (Kernbotschaft ist der Temperaturanstieg
um 0,76 Grad Celsius in den letzten 150 Jahren) und zweitens –
es ist sehr wahrscheinlich, dass der Mensch durch die Freisetzung
von Treibhausgasen, hauptsächlich Kohlendioxid (CO2), Hauptverursacher dieser Erwärmung ist.
Eine zynisch-kritische Reaktion auf den Synthesebericht für politische
Entscheidungsträger des Vierten IPCC-Sachstandsberichtes kam
von der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 18.11.2007:
Der Mensch war’s. Der Mensch
war‘s. Der Mensch war‘s.
„Es ist wohl noch nie so ein Gewese um die Erstellung einer
‚Executive Summary‘ gemacht worden wie dieser Tage von den
Experten des Weltklimarates (IPCC) im spanischen Valencia. Kein
Tag verging, an dem nicht das Ceterum censeo ‚der Mensch war‘s‘
zu hören war. Es glich damit der chinesischen Wasserfolter, bei
der dem Opfer das kühle Nass auf den Kopf tropft, bis es wahnsinnig
geworden ist. In diesem Falle: Das Opfer soll vergessen, dass es
beim Klimaschutz auch um politische Entscheidungen geht - an
denen natürlich auch erhebliche Geldmittel für die gerade angesagte Forschung hängen. Vielsagend ist zudem die Formulierung
des Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesumweltministerium, Michael Müller, der Mensch sei ‚als Täter überführt‘. Diese
Kriminalisierung der Menschheit wird komplett mit dem Bild vom
hilflosen Opfer, also der ‚Verwundbarkeit der Erde‘. Diese TäterOpfer-Beziehung samt Weltuntergangsgedröhn ist Kennzeichen
der Debatte über den richtigen Weg. Längst sind dabei wissenschaftliche Erkenntnisse zu politischen Waffen umgeschmiedet
worden (oder umgekehrt)“.
Diese Kritik der FAZ zeigt nicht nur das Maß auf, in dem die Kernaussage
„der Mensch war‘s“ geführt und diskutiert wird, sondern wie
unangenehm und penetrant dies bei manchen Beobachtern ankommt.
Ist der Grad der öffentlichen Diskussion und der politische Umgang
mit der Erkenntnis dem Fall angemessen, übertrieben oder untertrieben?
Der Vierte IPCC-Sachstandsbericht
ist die Argumentationsgrundlage
in der politischen Diskussion über
den Klimaschutz.
Der Vierte IPCC-Sachstandsbericht bildete die Argumentationsgrundlage für den G8-Gipfel in Heiligendamm und den Weltklimagipfel in Bali. Die Frage, wie der Mensch auf den Klimawandel
zu reagieren habe, erreichte auf beiden Gipfeln eine neue Dimension
in der weltpolitischen Debatte.
18
Die G8-Teilnehmer von Heiligendamm ziehen es „ernsthaft in Erwägung“ die Treibhausgasemissionen bis 2050
um 50% zu reduzieren.
In Heiligendamm wurde um eine verbindliche Zusage bei der Reduktion von Treibhausgasemissionen gerungen. Der deutschen Kanzlerin
Angela Merkel kam eine besondere Rolle zu. Sie hatte sich als
Ratspräsidentin der Europäischen Gemeinschaft dafür eingesetzt,
dass die EU mit dem Europäischen Programm zur Klimaänderung
(ECCP) eine Vorreiterrolle in der Klimaschutzpolitik übernimmt.
Die EU-Staaten verpflichteten sich, die CO2-Emissionen bis zum
Jahr 2020 um 20% gegenüber 1990
zu reduzieren. Trotz allem Verhandlungsgeschick der deutschen Gastgeberin kam es in Heiligendamm nicht zu einer verbindlichen Zusage
zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen. Man feierte es als
Erfolg, dass der amerikanische Präsident George Bush, den vom
Menschen verursachten Klimawandel anerkannte. Die acht Regierungschefs
einigten sich in der Abschlusserklärung auf die Formulierung:
„Wir ziehen es ernsthaft in Erwägung, die Treibhausgasemissionen
bis 2050 zu halbieren.“ 1
1
spiegel.de (2007): G8 feiern Klimakompromiss - Umweltschützer enttäuscht. In: Spiegel Online.
17.06.2007.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,487333,00.html (Stand: 17.11.2007 um 19:07 Uhr)
19
1.7 Der Weltklimagipfel von Bali
Ende 2007 fand auf der Insel Bali die 13. Vertragsstaatenkonferenz der
Klimarahmenkonvention und die 3. Vertragsstaatenkonferenz des
Kyoto-Protokolls statt. Der deutsche Umweltminister Sigmar Gabriel
und die EU forderten verbindliche Zahlen für die weltweite Reduzierung von Treibhausgasen, mindestens jedoch ein Übereinkommen
zu einem Fahrplan für weitere Verhandlungen auf dem Weg zu
einem Kyoto-Nachfolgeabkommen. Dramatische Szenen, emotionale
Ausbrüche, ein Zusammenprall von Interessen und ein fast
gescheiterter Showdown machten den Gipfel unterhaltsam und
spannend. Der Delegierte von Papua- Neuguinea attackierte die
Blockadestrategie der USA und bewirkte dass die amerikanische Chefunterhändlerin Paula Dobriansky dem gemeinsamen Beschluss einer
Bali-Roadmap zustimmte.
Die USA wurden in Bali aufgefordert den Weg frei zu machen
für die Nationen, die sich für
den Klimaschutz einsetzen.
“An d t h e re is a n old s a yin g: If you a re n ot willin g to le a d
t han ge t out of t he w ay. And I would like to ask t he United
St ates. We ask for your leader ship, we seek your leader ship.
But , if f or s om e re a s on you a re n ot willin g to le a d, le a ve it
to t he res t of us. Please ge t out of t he w ay.“
Ke v i n C o n r a d a n d i e D e le g a t i o n d e r U S A 1
Statt verbindlichen Zielen gab
es eine »Bali-Rodmap«, ein Fahrplan für weitere Verhandlungen.
Das Ergebnis von Bali ist eine Bali-Roadmap2 welche festlegt, dass bis
2009 ein Nachfolgeabkommen für das 2013 auslaufende Kyoto-Protokoll
ausgehandelt wird. Konkrete Zahlen wurden lediglich in einem für
die Kyoto-Staaten separatem Dokument bewilligt, das auf den Vierten
IPCC-Sachstandsbericht verweist. Dort wird eine Reduzierung der
Treibhausgase bis 2050 um 25 bis 50 Prozent gegenüber 1990 gefordert.3
1
ccn.com (2007): Climate change conference ‚success‘. Video auf: CNN Online. 15.12.2007.
http://edition.cnn.com/video/#/video/world/2007/12/15/rivers.bali.climate.success.
cnn?iref=videosearch (Stand: 22.12.2007 um 00:56 Uhr)
2
United Nations Climate Change Conference in Bali (2007): Bali Action Plan.
http://unfccc.int/files/meetings/cop_13/application/pdf/cp_bali_action.pdf (Stand:
22.12.2007 um 01:13 Uhr)
3
Greenpeace (Dezember 2007): Bewertung der Ergebnisse von Bali.
http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/klima/Bewertung_Bali-Ergebnisse.pdf (Stand 15.01.2008 um 16:54 Uhr)
20
2 Wissenschaftliche Grundlagen des Klimawandels
Klimawandel gab es bereits unzählige. Für einen Anstieg der
Temperaturen von fünf Grad
Celsius benötigte die Erde 5000,
der Mensch nur 100 Jahre.
Aus dem CO2-Gehalt in den
Eisbohrkernen kann die Klimageschichte auf bis zu 650.000
Jahren rekonstruiert werden.
Während der letzten Eiszeit vor etwa 15.000 Jahren, als die Erde um
fünf Grad kälter war als heute, bis zur gegenwärtigen Warmzeit –
dem Holozän – dauerte die natürliche Erwärmung 5000 Jahre (vgl.
Rahmsdorf/Schellnhuber (2007), Seite 53). Die gleiche Erwärmung der
Erde scheint der Mensch nun innerhalb von 100 Jahren zu verursachen.
Der IPCC-Bericht hat sich speziell, jedoch nicht ausschließlich auf
Änderungen im Klimasystem der letzten hundert bis zweihundert
Jahre konzentriert. Solche Abschnitte sind im Vergleich zur viereinhalb
Milliarden Jahre Erdgeschichte (vgl. Rahmstorf/Schellnhuber (2007),
Seite 14) ein winziger Ausschnitt. Um das Klimasystem besser zu
verstehen, rekonstruieren Paläoklimatologen (griechisch: »alt«)1 die
Klimageschichte der Erde. Sie erhoffen sich Antworten auf die
Frage nach der Veränderbarkeit des Klimasystems. Dies hilft aktuelle
Änderungen besser einordnen zu können. Klimaforscher unterscheiden zwischen der Datengewinnung aus Klimaarchiven und der
Datenerhebung durch laufende Messungen (Monitoring). Da diese
Messungen erst im Jahre 1750 begannen – die Messung der CO2-Konzentration begann erst 1950 – reichen die Daten aus den natürlichen
Archiven wesentlich weiter zurück. 2003 hievte das EPICA-Projekt der
Europäischen Union und dem Alfred-Wegener-Institut einen drei
Kilometer langen Eiskern zutage, der bis zu 650.000 Jahre alte Eisanteile
enthielt.2 In diesem »Vostok-Eiskern« lassen sich neben drei vorausgegangenen Eiszeiten auch der blitzartige Anstieg der Temperaturen
durch den von der Menschheit verursachten Treibhauseffekt in
den letzten hundert Jahren erkennen. Die Datierung des Eises erfolgt
anhand der Jahresschichten. Schneearme Winter sind dunkler, da
sich Staub beigemischt hat. Helles Eis deutet auf schneereiche Winter.
Ebenso werden aus Stalaktiten, aus Wachstumsringen in Korallen
und in Sedimentsablagerungen feinste Einschlüsse von Luft und der
darin enthaltenen Gase gewonnen. Die ergiebigste und effektivste
Methode der Datengewinnung ist jedoch die Entnahme von Eisbohrkernen aus der Arktis oder Grönland. Je tiefer Proben aus dem Eis
geholt werden, desto älter sind die darin enthaltenen Isotope und
Luftbläschen, aus denen »ein Stück Atmosphäre« aus vergangenen
Zeiten gewonnen werden kann.
1
Paläoklimatologie: griechisch (paläo – alt), Definition nach Wegener, Alfred (1923): Die Klimate
der geologischen Vorzeit.
2
Rademacher, Horst (2005): Klimageschichte weiter zurückverfolgt. In: Frankfurter Allgemeine
Zeitung Online. 29.11.2005.
http://www.faz.net/s/Rub2542FB5D98194DA3A1F14B5B01EDB3FB/Doc~E098590C5FE8C4D58B
1308C06AD696F74~ATpl~Ecommon~Scontent.html (Stand: 07.01.2007 um 16:00 Uhr Uhr)
21
Aus der Zusammensetzung der
Sauerstoffisotopen in den Eisbohrkernen wird die Temperatur
ermittelt die zur Zeit der Eisbildung herrschte.
Einer der wichtigsten Stoffe aus den Eisbohrkernen sind die Sauerstoffisotopen 18. Bei chemischen, physikalischen und biologischen Stoffen
findet eine Fraktionierung statt, d.h. eine Verschiebung von Häufigkeiten eines Isotopes innerhalb eines Elements. Diese Verschiebung
ist abhängig von der Temperatur. Da Wasserstoffmoleküle mit dem
Sauerstoff-Isotop 16 schneller verdunsten als die mit Isotop 18, kann
anhand der Häufigkeit der im geborgenen Eis gemessenen Sauerstoffisotope 18 auf die Temperatur geschlossen werden, die zur Zeit der
Schneebildung herrschte.
Des Weiteren werden aus winzigen im Eis eingeschlossenen Luftbläschen Daten über die Treibhausgaskonzentration gewonnen. Man
erhält einen Überblick über die Treibhauskonzentration der im
Bezug auf Klimawirksamkeit wichtigen Gase Methan und Kohlendioxid.
2.1 Klimaänderungen in der Erdgeschichte
Klimaschwankungen gab es schon immer, lautet ein oft gehörtes Argument. Dieses Argument ist zunächst richtig. Klimaänderungen gibt es
seit Milliarden von Jahren, als das Urbakterium Cyano die Photosynthese
erfand.1 Aber der Mensch ist die erste Spezie, die den Klimawandel
durch die Verstärkung des Treibhauseffektes herbeiführt, sich dessen bewusst ist und die Folgen zu spüren bekommt. Das Fatale daran ist, dass
wir anders könnten, wenn wir alternative Lebensstile umsetzen würden.
Eis- und Warmzeiten haben
sich in der Erdgeschichte abgewechselt. Momentan befinden wir uns seit etwa 10.000
Jahren in einer Warmzeit – dem
Holozän.
Eine Rekonstruktion der Klimageschichte aus den Daten der Eiskerne und
der Sedimente ergab, dass die Erde bereits etlichen Klimaänderungen
im gleichen Umfang (etwa sechs Grad Temperaturanstieg) ausgesetzt
war und sowohl Eis- als auch Warmzeiten durchlebt hat. Die Kreidezeit
vor etwa 150 bis 65 Millionen Jahren war eine Warmzeit. Archäologische
Funde zeigen, dass damals Dinosaurier auf der heute zu Norwegen
gehörenden Inselgruppe Svalbard (Spitzbergen) lebten.2 Die Inselgruppe
lag zu jener Zeit in einer subtropischen Klimazone. Der CO2-Gehalt in
der Atmosphäre war um ein Vielfaches höher als heute (vgl. Rahmstorf/
Schellnhuber (2007), Seite 9).
Seit der Kreidezeit ist der CO2-Gehalt in der Atmosphäre abgesunken
und bis heute relativ niedrig. Aktuell befinden wir uns, wenn wir die
maximal rekonstruierbare Klimageschichte betrachten, in einer Eiszeit
1
Erfindung der wichtigsten chemischen Reaktion der Welt: Die Photosynthese.
http://www.oekosystem-erde.de/html/leben-02.html, (Stand: 17.11.2007)
2
zdf.de (2007): Entdeckung im Eis, In: ZDF Mediathek: Abenteuer Wissen. 24.10.2007.
22
und innerhalb dieser in einer Warmzeit, dem seit etwa 12.000 Jahren
andauerndem Holozän. Das Holozän zeichnete sich bis dato durch ein
stabiles Klima aus. Nun jedoch kommt der massive Temperaturanstieg
der letzten hundert Jahre und bricht mit dieser Kontinuität. Auffallend
ist dieser Anstieg aufgrund seiner in Relation zu früheren Veränderungen schnelleren Geschwindigkeit. Der Mensch verursacht zu der
ohnehin bereits herrschenden erdgeschichtlichen Warmzeit eine weitere
starke Erwärmung.
Paul Crutzen nennt den
aktuellen Abschnitt der Erdgeschichte »Anthroprozän«.
Dem niederländischen Chemiker und Nobelpreisträger Paul Crutzen
reichte die Übersetzung »das völlig Neue« für das Holozän nicht aus. In
einem Aufsatz für das Magazin »Nature« 1 schlug er vor, die durch den
Klimawandel angestoßene Epoche »Anthropozän“ zu nennen – ein Abschnitt, in dem die Lebensweise des Menschen zu geologischen Veränderungen des Planeten führt.
Neben den Klimaänderungen, die sich über mehrere tausend Jahre
hinzogen, benennen Paläoklimatologen auch abrupte Wechsel in der
Temperaturkurve der Vergangenheit. Diese beschränken sich meist auf
eine Region. Auf Grönland kam es durch Änderungen in der Meeresströmung in der letzten Eiszeit vor etwa 15.000 Jahren zu einem abrupten
Anstieg der Temperatur um bis zu 12 Grad.2 Diese Warmphase hielt
mehrere Jahrhunderte an.
Der CO2-Gehalt in der Atmosphäre
ist der wichtigste Faktor für Veränderungen im Klimasystem.
Der Blick in die Klimageschichte zeigt die Unmöglichkeit einer generellen Aussage über die Stabilität oder die Wechselhaftigkeit des Klimasystems. Es hängt von dem erdgeschichtlichen Ausschnitt ab, den
man betrachtet. Betrachtet man den maximal rekonstruierbaren Ausschnitt so lässt sich sagen, dass das Klimasystem keinesfalls ein stabiles
träges System ist, sondern sensibel auf veränderte Faktoren reagiert.
Wichtig bei der Betrachtung ist, nach Ursache und Wirkung zu fragen
und somit den Kausalzusammenhang herzustellen. Jedes Abkühlen
bzw. Erwärmen hat eine Ursache. Wie aus den Isotopenmessungen der
Eisbohrkerne herauszulesen ist, stellt die CO2-Konzentration in der
Atmosphäre die wichtigste und schwerwiegendste Ursache für Klimaänderungen dar; sowohl in früheren Veränderungen als auch in der
heutigen Erwärmung.
1
Crutzen, Paul (2002): Geology of Mankind. In: Nature, Bd. 415. 23.01.2002.
http://www.nature.com/nature/journal/v415/n6867/full/415023a.html (Stand: 15.01.2008)
2
Severinghaus, Jeffrey P. /Brook, Edward J. (1999): Abrupt Climate Change at the End of the Last
Glacial Period Inferred from Trapped Air in Polar Ice. In: Science Magazine. Vol. 286. 29.10.1999
http://icebubbles.ucsd.edu/Publications/Bolling.pdf (Stand 15.01.2008)
23
2.2 Menschlicher und natürlicher Treibhauseffekt
Ohne den Treibhauseffekt wäre
es auf der Erde im globalen
Mittel -18 Grad Celsius kalt
statt wie momentan 14 Grad
Celsius warm.
Joseph Fourier entwickelte 1824 die These, dass Gase die Atmosphäre
erwärmen. Wasserdampf, Kohlendioxid, Wolken und verschiedene
Spurengase bilden eine Art Glasdach.1 Ohne dieses »Glasdach« aus
Gasen würden auf der Erde -18 statt +14 Grad im globalen Mittel
herrschen. Die Gase lassen kurzwelliges, von der Sonne auf die Erde
treffendes Licht durch, während das langwellige, von der Erde in
die Atmosphäre reflektierte Licht von den Gasen in der Troposphäre
(der untersten Schicht der Atmosphäre) zurückgehalten wird.
Dieses Licht bleibt in Form von Wärme in der Troposphäre erhalten
und es kommt zu einem Wärmestau. Die Temperatur der Erdoberfläche
erhöht sich. Dieses Phänomen wird heute als Treibhauseffekt bezeichnet.
1850 erfand der Physiker John Tyndall den Spektralphotometer. 2
Mit diesem Apparat konnte er die Fähigkeit von Gasen zur Absorbierung
von Strahlen bestimmen. Ohne dieses Zurückhalten von langwelligen Strahlen durch Gase gäbe es kein Leben und keine chemischen
Prozesse auf der Erde. Die Erde wird erst durch den Treibhauseffekt, d.h. die Zurückhaltung von reflektierter langwelliger Strahlung
und der damit verbundenen Erwärmung bewohnbar. Theoretisch
befindet sich der Strahlungshaushalt der Erde im Gleichgewicht, wenn
die empfangene Wärme durch Sonnenstrahlen gleich der Menge
an absorbierter Strahlung ist. Wenn dieses theoretische Gleichgewicht
gestört ist, erwärmt sich die Erde (Menge der ankommenden Strahlung ist größer als die der reflektierten Strahlung).
Nur 30% der Sonnenwärme
werden von der Erdoberfläche
reflektier t. Somit werden
70% absorbier t.
Das Prinzip des Treibhauseffektes beruht auf dem physikalischen Gesetz,
dass jeder Körper Wärme abstrahlt. Auch die Erdoberfläche strahlt
Wärme ab. Das Verhältnis von ankommender Wärme zu reflektierter
Wärme wird durch den Strahlenhaushalt der Erde beschrieben.
Die physikalische Eigenschaft, die sogenannte »Albedo“ (lat. Weißheit)3
eines Körper gibt über dessen Strahlungseigenschaften Auskunft.
Derzeit strahlt die Sonne mit 342 Watt pro m² und Stunde auf die
Erdoberfläche. 100 Watt (30 %) davon werden reflektiert und 242
1
Fourier, Joseph (1822), Analytische Theorie der Wärme, Berlin: Springer Verlag.
2
Tyndal Institut for Climate Change.
http://www.tyndall.ac.uk (Stand 26.11.2007)
3
Gourdeau, Jean (2005): Wolken & Partikel: Albedo.
http://www.atmosphere.mpg.de/enid/3__Sonne_und_Wolken/-_Albedo_3ao.html (Stand:
26.11.2007)
24
Watt (70%) werden »geschluckt« bzw. absorbiert (vgl. Rahmstorf/
Schellnhuber (2007), Seite 31). Nach dieser Rechnung erhält man
den Albedo-Wert der Erde. Die Albedo der Erde beträgt 30% oder in
der gebräuchlichen Schreibweise 0,3.
Wäre die Erdoberfläche weiß,
würde 100% der Sonnenwärme
reflektiert werden.
Bis sich die freigesetzten Treibhausgase auf den Strahlungshaushalt der Erde auswirken
vergehen etwa 20 Jahre.
Eine weiße Oberfläche würde theoretisch eine Albedo von 1 besitzen, d.h.
100 % der ankommenden Strahlung würde reflektiert. Eine schwarze
Oberfläche würde eine Albedo von 0 aufweisen und sämtliche ankommende Strahlung absorbieren. Demnach hat Schnee eine höhere
Albedo und reflektiert mehr Wärme als beispielsweise Meerwasser.
Je wärmer es wird, desto mehr nimmt die Schnee- und Eisfläche
(hohe Albedo) durch Abschmelzung ab. Dies senkt die globale Albedo
der Erde und beschleunigt die Erwärmung der Erde durch den veränderten Strahlungshaushalt. Für die Zukunft ist mit einer Abnahme des Albedo-Wertes der Erde zu rechnen.
Dass die Konzentration von teildurchlässigen Gasen wie etwa CO2
Auswirkungen auf den Strahlungshaushalt der Erde hat, rechnete
1855 der Forscher Svante Arthenius der Schwedisch-Königlichen
Akademie vor: Eine Verdoppelung des Treibhausgases Kohlendioxid in der Atmosphäre bedeutet einen Temperaturanstieg von fünf
bis sechs Grad im globalen Mittel1. Arthenius allerdings glaubte, die
durch die Industrialisierung verursachten Abgase würde sich erst
nach 3000 Jahren auf das Klima auswirken. Heute geht man von 15
bis 20 Jahren aus.
1
Arrhenius, Svante (1921): Das Werden der Welten. Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft.
25
2.3 Ursachen des Klimawandels
Seit 1958 wird die CO2-Konzentration gemessen. Sie steigt
kontinuierlich an.
1958 erlebte die Frage nach der Kausalität zwischen CO2 -Konzentration
in der Atmosphäre und dem Anstieg der Temperaturen (Klimaerwärmung) einen neuen Höhepunkt. Der Amerikaner David Keeling
errichtete auf Hawaii eine Messstation, um als erster Forscher die
CO2-Konzentration in der Atmosphäre zu messen. Die dabei entstandene »Keeling Kurve« zeigt den kontinuierlichen Anstieg der CO2Konzentration.
[Abbildung 1]
Die »Keeling Kurve« zeigt den Anstieg der CO2 Konzentration in der Atmosphäre
Momentan beträgt die CO2Konzentration 380 ppm (parts
per million). 1850 betrug sie
280 ppm.
Die momentane Konzentration von CO2 in der Atmosphäre beträgt
380 ppm oder 0,038% (vgl. Rahmstorf/Schellnhuber (2007), Seite 33).
Dies ist die höchste CO2-Konzentration seit etwa 650.000 Jahren, dem
maximal durch Eisbohrkerne rekonstruierbaren Wert. Im Vergleich
dazu lag der Wert vor der industriellen Revolution im Jahr 1850 bei
280 ppm. Parallel zum Anstieg der Treibhausgase gab es einen
Anstieg bei der Verbrennung fossiler Energieträger. Da beim Verbrennen
fossiler Brennstoffe CO2 entsteht, gelangt man zu der Folgerung,
dass der Mensch die CO2-Konzentration erhöht und damit den Treibhauseffekt verstärkt.
Die Werte der CO2-Konzentration sind die Grundlage für die Szenarien
von Klimaforschern. Die daraus entstandenen Modelle können zwar
nicht die Zukunft voraussagen, sie können aber »Wenn-Dann-Szenarien«
erstellen. Sie funktionieren nach dem Prinzip „X um den Faktor Y
erhöht ergibt Z“.
26
Vorhersagen sind unsicher. Zuverlässiger sind Szenarien die
den Temperaturanstieg berechnen – abhängig vom Anstieg der
CO2-Konzentration.
Der IPCC nennt diese Modelle »SRES-Szenarien (Special Report Emission
Scenaries)« 1. Da die Treibhausgase als Verursacher der Veränderung
des Strahlungshaushaltes der Erde identifiziert sind, rechnen diese
Szenarien mit dem Wert der C02-Konzentration in der Maßeinheit
ppm (parts per Million). Das optimistischste vom IPCC bestimmte
Szenario geht von einem Anstieg der Treibhausgaskonzentration
auf bis zu 540 ppm aus. Das »Extrem-Szenario« rechnet mit einem
Anstieg bis 970 ppm.2 Die Spannbreite reicht von einem 90 bis zu
einem 250 prozentigen Anstieg gegenüber dem Referenzjahr des vorindustriellen Nominalwertes im Jahr 1750.
James Hansen leitet heute das Goddard Institute for Space Studies an
der Columbia University in New York, eine Einrichtung der NASA
zur Erforschung des Planetensystems. In seiner Doktorarbeit konnte
James Hansen nachweisen, dass die mittlere Oberflächentemperatur
der Venus 465° Grad beträgt.3 Diese Temperatur wird erreicht, indem
eine Atmosphärenschicht, die zu 96 % aus Kohlendioxid besteht,
vermeidet, dass kurzwellige Strahlung von der Venus-Oberfläche kommend durchgelassen wird. Ein extremer Treibhauseffekt ist die Folge.
Die grössten Emittenten von
Treibhausgasen sind Kohlekraftwerke und Verbrennungsmotoren.
Es sei festgehalten, dass die Verbrennung von fossilen Brennstoffen
CO2 erzeugt. Dies wird in der Atmosphäre abgelagert, was wiederum
den Treibhauseffekt verstärkt. Dieser führt zu höheren Temperaturen
auf der Erdoberfläche. Ursache ist der Energieverbrauch der Menschen,
der größtenteils durch fossile Brennstoffe abgedeckt wird (Öl, Gas,
Kohle). Wichtige Emittenten sind Kohlekraftwerke und die Verbrennungsmotoren (PKW-, Schiff- und Flugverkehr). Die Vernetzung der Welt
unter dem Oberbegriff »Internet“ verursacht ebenfalls erhebliche Treibhausgasemissionen. Wie die ARD berichtet4 gibt es bisher kaum verlässliche Zahlen über den tatsächlichen Verbrauch von Servern, Suchabfragen oder dem E-Mail-Verkehr. Die Betrachtung ist relativ neu und
verlangt nach zugänglichen Zahlen bzw. gründlichen Messungen. In
dem ARD-Artikel wird unter anderem eine Studie des WuppertalInstituts für Klima, Umwelt, Energie GmbH zitiert, wonach das Internet vier Millionen Tonnen CO2 im Jahr 2001 verursacht. Dieser Wert
soll bis 2020 auf 20 Millionen Tonnen steigen. Dies entspräche einem
Gesamtanteil von drei Prozent der weltweiten Emissionen.
Da der steigenden Benutzung von Online-Kommunikation aber auch
1
IPCC (2007): Special Report on Emissions Scenarios.
http://www.grida.no/climate/ipcc/emission (Stand: 15.01.2008)
2
IPCC (2007): Special Report on Emission Scenarios. Chapter 4.
http://www.grida.no/climate/ipcc/emission/089.htm (Stand: 15.01.2008)
3
Hansen, James (2004): Gefährliche Antropogene Störung: Eine Diskussion des faustischen
Klimapakts der Menschheit und der fälligen Gegenleistung. University of Iowa.
4
tagesschau.de (2007): Die Klimakosten des Internet-Booms. In: Tagesschau Online. 30.10.2007.
http://www.tagesschau.de/inland/energieverbrauch2.html (Stand: 27.11.2007)
27
der steigende Einsatz energiesparender Technik entgegensteht, lässt
sich nur sehr grob sagen, wie sich der Energieverbrauch des Internets
entwickeln wird.
Drei Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen werden von
den Industrienationen verursacht.
Verantwortlich für den Ausstoß von sechs Milliarden Kilogramm CO2
pro Jahr sind vor allem die Industrienationen. Sie sind für drei Viertel
aller CO2-Emissionen verantwortlich, stellen aber nur 25 Prozent der
Weltbevölkerung.1 Um diesem Ungleichgewicht zu begegnen gibt es
Vorschläge, verbindliche Grenzwerte in Emission pro Einwohner festzulegen. Dadurch würde eine gerechtere Verteilung erreicht werden.
Die Industrienationen sind gefragt, ihre globale Verantwortung wahrzunehmen und mit den vorhandenen Techniken und finanziellen
Mitteln ihren CO2-Ausstoß zu senken.
Der Energieverbrauch steht in Kopplung zum Wirtschaftswachstum.
Energie ist die Währung des Reichtums. Da Entwicklungsländer und
Schwellenländer (China, Indien, Brasilien) einen enormen wirtschaftlichen Wachstum verzeichnen, wird der dort verursachte C02Ausstoß rasant zunehmen und die Energiebilanz stärker belasten.
Das Klima ist ein System mit vielen,
aber identifizierbaren Variablen.
Das Klimasystem entpuppt sich als hochkomplexes System mit vielen
Variablen, dessen Funktionen im Gesamtsystem schwer, aber nicht
unmöglich zu definieren sind. Bevölkerungswachstum, Energiewirtschaft, Wirtschaftswachstum, Siedlungsdichte, Artenreichtum,
Flächen- und Waldverbrauch sind Variablen, die mehr oder weniger
stark im »Gesamtsystem Klima« funktional integriert sind. Die
wichtigste Variable ist der Energieverbrauch und die C02- bzw. Treibhausgasemission. Sie spielen in der politischen Debatte um Handlungsmöglichkeiten die größte Rolle.
1
Latif, Mojib (2007): Bringen wir das Klima aus dem Takt? Forum für Verantwortung. Frankfurt:
Fischer Taschenbuchverlag.
28
2.4 Folgen des Klimawandels
Bisher beobachtete Veränderungen, wie etwa der Eisschwund an den
Polen und den Inlandsgletschern sind Anzeichen, jedoch keine Beweise
für die Veränderungen des Klimasystems. Messdaten – etwa der
Anteil der eisbedeckten Fläche der Erde – sind nur wenige Jahrzehnte alt und repräsentieren nur einen kleinen Teil der Erdgeschichte.
Im Folgenden werden die gravierendsten Folgen des Klimawandels
aufgezeigt. Der Fokus muss darauf gelegt werden, nicht nur lokale
Beobachtungen als »Zeichen für...« zu sehen, sondern es muss weltweit und über lange Zeiträume hinweg noch beobachtet werden, um
globale und nachhaltige Änderungen erkennen zu können.
2.5 Gletscherrückgang und Polschmelze
Der Gletscher am Kilimandscharo
in Tansania könnte bis 2020 abgetaut sein.
Gletscher haben eine besondere kommunikative Kraft. Der Gletscherschwund ist nicht nur in Modellen und Zahlen einsehbar, sondern
auch optisch durch den Vergleich zwischen historischen und aktuellen
Fotoaufnahmen zu belegen. Populäres Beispiel ist der Rückgang
des Eisschildes am afrikanischen Kilimandscharo-Massiv in Tansania.
Dieser dürfe – hält sich der bisher gemessene Trend an – laut dem
Gletscherforscher Lonnie Thompson um 2020 völlig verschwunden
sein.1 Nach der Auswertung von Eisbohrkernen am Gletscher des
Kilimandscharo stellte der Glaziologe von der Ohio State University
fest, dass während des Holozän das Eis nie ganz verschwunden war.
Um die Möglichkeit auszuschließen, dass es sich dabei um ein lokales
Phänomen handelt, müssen auch die Gletscher in den anderen
Gebirgsregionen der Erde untersucht werden. Eine Studie der chinesischen
Akademie der Wissenschaft zeigte, dass das Eis im Himalaja, dem
»dritten Pol«, 17 % seiner Masse verloren hat. Die Folge ist nicht nur
der Verlust von stark reflektierender Eisoberfläche, sondern vor allem
der Verlust von zwei Milliarden Liter Wasser – potentiellem Trinkwasser.2
1
Thompson, Lonnie (2007): Kilimanjaro Ice Core Records: Evidence of Holocene Climate Change in
Tropical Africa. In: Science. Vol. 298, pp. 589 – 593
2
Blume, Georg / Vollmer, Johann (2006): Himalaja-Gletscher schmelzen weg. In: TAZ Online.
11.10.2006.
http://www.taz.de/index.php?id=archivseite&dig=2005/10/11/a0087 (Stand: 26.11.2007 um 14:02 Uhr)
29
Der Report »Global Outlook for Ice and Snow«1 des Umweltprogrammes
der Vereinten Nationen (UNEP) prognostiziert, dass in 50 Jahren alle
Himalaja-Gletscher verschwunden sein werden. Dadurch sind insgesamt
bis zu 40 Prozent der Bevölkerung durch die Eis- und Schneeschmelze
bedroht; zunächst durch Überschwemmungen und später durch Dürre
und Trinkwassermangel.2
Der Solheimajökull-Gletscher in Island begann in den 1990er Jahren seinen
Rückzug. 1996 wich er um drei Meter und 2004 bereits um 84 Meter
zurück. In zehn Jahren verlor er 335 Meter (vgl.Kolbert (2006), Seite 73f).
Der Gletscherschwund lässt sich
in den Alpen, in den Anden, im
Himayala – in nahezu allen Gegenden der Erde beobachten.
Diese drei Beispiele aus Asien, Afrika und Island zeigen, dass der Gletscherschwund ein weltweit beobachtbares Phänomen ist und nicht nur
lokal auftritt. Gefährdet ist nicht nur ein ästhetisch geschätztes Landschaftsbild, die Festigkeit der unter dem Eis liegenden Gesteinsmassen, sondern auch erhebliche Mengen an Trinkwasser. Immer wieder
werden in den Massenmedien kalbende Gletscher in Patagonien und
in der Arktis gezeigt. Ebenso bekannt sind Fernsehbilder und Satellitenaufnahmen, die den Rückzug der Eisflächen, das Abbrechen von
Eisschelfen und Eisbergen zeigen.3 Wie wichtig Eis- und Schnee-flächen
für den Strahlenhaushalt der Erde sind (Albedo), wurde bereits
angeführt. Je höher die Temperaturen steigen, desto schneller schmelzen
die Eis- und die Schneeflächen. Besonders betroffen sind die Polkappen
und der grönländische Eispanzer. Von 1979 bis 2005 verlor er 25%
seiner Fläche.4 Eine Temperaturzunahme von drei Grad würde das gesamte
grönländische Eis langsam abschmelzen lassen.
1
United Nations Environment Programme (2007): Global Outlook for ice and snow.
http://www.unep.org/geo/geo_ice/PDF/full_report_LowRes.pdf (Stand: 15.01.2008)
2
United Nations Environment Programme (2007): Melting Glaciers.
http://www.na.unep.net/media/Melting_Glaciers.ppt (Stand: 15.01.2008)
3
Marshall, George (2007): Unser Klima. In: GEO, Dezember 2007.
4
Correl, Robert (u.a.) (2004): Impacts if a Warming Artic. Cambrigde: Cambrigde University Press.
30
2.6 Anstieg des Meeresspiegels
Ein Abschmelzen des grönländischen Eispanzers würde
den Meeresspiegel um sieben
Meter ansteigen lassen.
Die Szenarien des IPCC gehen
von einem Anstieg zwischen
19 cm und 100 cm bis Ende des
Jahrhunderts aus.
Wie bei der Polschmelze, beim Temperaturanstieg und anderen Veränderungen, wird zwischen empirischen Beobachtungen und
Zukunftsszenarien unterschieden. Ein mögliches Szenario simuliert
das komplette Abschmelzen des grönländischen Eisschildes. Der
Meeresspiegel würde um sieben Meter ansteigen (vgl. Rahmstorf/
Schellnhuber (2007), Seite 63). Der Anstieg des Meeresspiegels
führt nach Angaben des Postdamer Instituts für Klimafolgenforschung
zu einer Versauerung der Ozeane, die sich in einem Rückgang
des ph-Wertes von 8,2 auf 7,7 bemerkbar machen würde. Die ph-WertVerschlechterung würde ein Umkippen und Absterben vieler
maritimer Organismen zur Folge haben (vgl. Rahmstorf/Schellnhuber
(2007), Seite 64).
Im Zeitraum zwischen den Jahren 1961 bis 2003 stieg der Meeresspiegel laut IPCC mit einer Geschwindigkeit von 1,8 bis 2,3 Millimeter
pro Jahr. In der Summe beträgt der Anstieg im 20. Jahrhundert etwa
17 Zentimeter (vgl. IPCC Arbeitsgruppe I (2007)). Ein Blick in die
frühere Geschichte zeigt, dass die Temperatur und die Meeresspiegelschwankung kausal zusammenhängen. In der letzten Eiszeit vor
etwa 15.000 Jahren, als die Temperatur im globalen Mittel um vier
bis sieben Grad niedriger lag, war der Meeresspiegel um 120 Meter unter
dem heutigen Stand (vgl. Rahmstorf/Schellnhuber (2007), Seite 64f).
Für die Zukunft rechnet der IPCC mit einem Anstieg – abhängig
von der Zunahme der C02-Konzentration – zwischen 19 cm und 100 cm
im Jahr 2100 im Vergleich zu heute.
31
2.7 Zunahme der Wetterextreme
Die Oderflut 1997, die Elbeflut 2002 und der Rekordsommer 2003
sind Belege für die Zunahme von Wetterextremen und Rekordniederschlägen in Deutschland. Das El Nino (spanisch »das Christkind«)
ist das wohl bekannteste Beispiel für ein Wetterextrem. Es verursacht
Dürren in Südostasien und Australien und im Gegenzug Überschwemmungen an der Westküste von Südamerika.
In den nördlichen Breiten wird
der Niederschlag zunehmen –
im Süden dagegen abnehmen
und stattdessen werden Dürren
dort intensiver ausfallen.
Der Niederschlag wird in den nördlichen Breiten zunehmen, während
Tropen und Subtropen einschließlich Mittelmeerraum an Niederschlagsmangel leiden werden. Besonders zerstörerisch erweisen sich
tropische Stürme. Sie verursachen einen erheblichen volkswirtschaftlichen Schaden. 2005 war das Jahr mit den meisten Wirbelstürmen
seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1851. Niemals zuvor
entwickelten sich so viele zum Hurrik (vgl. Rahmstorf/Schellnhuber (2007),
Seite 70). Betrachtet man den Anstieg der Oberflächentemperatur
der Meere, über denen diese Stürme entstehen, lässt sich ein Anstieg
feststellen. Je wärmer das Meerwasser, über dem sich Stürme bilden,
desto mehr Energie nehmen die Stürme auf und desto zerstörerischer
treffen sie auf´s Festland.
Auch hier könnte man als Argument einspielen, dass es immer schon
Wetterextreme gegeben hat. Auch hier lautet die Antwort: Die Häufigkeit
der Wetterextreme hat sich stark erhöht und die Abstände in denen
diese auftreten werden kleiner. Das Potsdamer-Institut für Klimafolgenforschung fand heraus, dass sich innerhalb der letzten 50 Jahre
weltweit die Zahl der Extremereignisse mehr als vervierfacht hat.1
Naturkatastrophen verursachen
einen Schaden von bis zu 300 Milliarden Euro pro Jahr weltweit.
Rückversicherungen, welche durch Naturkatastrophen erhebliche Verluste
erleiden, machen seit Jahren auf die Wetterextreme aufmerksam. Die
Swiss Re rechnet, dass die Auswirkungen der Klimafolge-schäden Kosten
in Höhe von 150 Milliarden Euro pro Jahr verursachen. Im nächsten
Jahrzehnt, so die Münchner Rück wird diese Zahl auf 300 Milliarden
pro Jahr steigen.2
1
Postdamer Institut für Klimafolgenforschung (2007): Extreme Wetterereignisse in Potsdam seit 1893.
http://www.pik-potsdam.de/infothek/sakularstation/messwerte/wetterextreme-1 (Stand: 27.11.2007)
2
Girardet, Herbert (Hrsg.) (2007): Zukunft ist möglich – Wege aus dem Klima-Chaos. Hamburg:
Europäische Verlagsanstalt
32
2.8 Veränderungen in Biosystemen
Etwa 800 Kilometer nördlich des Polarkreises auf den Banks Island
(Kanada) tauchte vor einigen Jahren die Wanderdrossel, eine nicht
heimische Vogelart auf (vgl. Kolbert (2006), Seite 77). Die dort lebenden
Inuits haben für diesen Vogel keinen Namen. Zudem berichten sie
über Veränderungen in der Beschaffenheit des Schnees und des Eises;
ein weiteres Anzeichen für Bewegungen im Klimasystem.
Durch die Veränderungen des
Klimas verändern Tiere und
Pflanzen ihre Einzugsgebiete.
Eine ähnliche Abwanderung vom bisherigen in neue Einzugsgebiete
kann man in England bei den Schmetterlingen beobachten. Der sogenannte C-Falter dehnt sein Einzugs- und Lebensraum pro Jahrzehnt
um 80 Kilometer nach Norden aus.1
Der Engländer Charles Darwin, schrieb nach seinen Beobachtungen
über die Verschiebung tierischer Lebensräume:
(...)
K lim a we ch s e l m us s a uf Wa n de r un ge n de r Orga n is m e n e in en
mächtigen Einfluss gehabt haben. Eine Gegend mit früher
ve r s ch ie de n e m K lim a k a n n e in e He e r s tr a ß e de r Aus w a nder ung gewesen und je tzt der Natur des Klimas wegen für
ge wis s e Orga n is m e n un ga n gba r s e in ;
(...)
C h a r le s D a r w i n 2
Die Annahmen Darwins waren fragmentarisch. Feststellungen,
wonach sich Spezies je nach Klima in wärmere oder kältere Gebiete und
Höhen zurückzogen, konnten seinerzeit lediglich anhand von
Knochenfunden, Insektenpanzern oder Pollenablagerungen gemacht
werden. Ein genaues Aufzeichnen der Wanderungen von Arten ist
erst heute durch das Anbringen von Sendern an den Tieren oder deren
Markierung und das Wiedereinfangen möglich.
Nordamerikas Mücken verhalten
sich auf einmal wie ihre Artgenossen im Süden.
William Bradshaw und Christina Holzapfel von der Universität von
Oregon berichteten3, dass sich zahlreiche Arten auf kürzere Winter
eingestellt haben: Kanadas Eichhörnchen bekommen früher im Jahr
Nachwuchs, europäische Vögel wie die Mönchsgrasmücke überwintern nicht mehr am Mittelmeer, sondern in Großbritannien. Nordamerikas Mücken verhalten sich wie ihre Artgenossen im Süden.
1
Parmesan, Camille (1999): Poleward Shifts in geographical Ranges of Butterfly Species with
Regional Warming. In: Nature Bd.399.
http://www.nature.com/nature/journal/v399/n6736/abs/399579a0.html (Stand: 15.01.2008)
2
Darwin, Charles (1859): Die Entstehung der Arten. Ditzingen: Reclam Verlag.
3
Bradshaw, William / Holzapfel, Christina (2001): Genetic Warming. In: Proceedings of the National Academy of Scienes Bd. 98.
33
Vögel verändern ihr Zugverhalten, kanadische Eichhörnchen paaren
sich früher und Moskitos in Neufundland bleiben im Sommer länger
aktiv. Das sind veränderte Verhaltensweisen, die durch die globale
Erwärmung auftreten. Dieses Phänomen wird von Wissenschaftlern
als »behaviorale Modifikation durch äußere Einflüsse« bezeichnet.1
Mit »behaviorale Modifikation«
bezeichnen Biologen die Veränderung in der Verhaltensart
von Tieren.
Analog zu dem Begriff »behaviorale Modifikation« bezeichnen Biologen
unter dem Begriff »phänotypische Plastizität« die Eigenschaft von
Organismen sich ihrer Umwelt anzupassen. Die beiden Wissenschaftler
William Bradshaw und Christina Holzapfel von der University of Oregon in Eugene veröffentlichten im Dezember 2001 einen Bericht2 in dem
sie anhand der Stechmückenart »Wyeomyia smithi« bewiesen, dass der
Klimawandel nicht nur zu Veränderungen innerhalb der phänotypischen
Plastizität führte, sondern Triebkraft der Evolution geworden war.
Die Veränderung des Klimas veränderte das Erbgut der Stechmücke.
Die Verschiebung des Lebensraumes, lässt sich auch in der Pflanzenwelt beobachten. In den Alpen sind Pflanzen wie der Steinbrech und
das Fladnitzer Felsenblümchen bis zu den Gipfeln vorgestoßen. Ihr
ursprüngliches Verbreitungsgebiet lag einige hundert Höhenmeter tiefer.
Neben der politisch zu regelenden
Begrenzung des Klimawandels ist
eine Anpassung für Menschen,
Tiere und Pflanzen notwendig.
Die Beispiele aus der Tier- und Pflanzenwelt sollen zeigen, dass die
Erhaltung der Bedingungen, dazu zählen vor allem technische
Lösungen nur ein Weg sind, dem Klimawandel zu begegnen. Eine
weitere Alternative ist die Anpassung. Die Klimaveränderungen
werden mit großer Wahrscheinlichkeit die seit mehreren zehntausend
Jahren bewährte Funktionsweise des menschlichen Lebens verändern.
Ändert sich das Erbgut des Menschen? Stellt sich seine »Software«
um? Seine Funktionsweise? Wie passt er sich den veränderten Bedingungen an? Geschieht die Änderung so schnell wie es die Umweltbedingungen erfordern?
1
2
Weitlaner, Wolfgang (2006): Globale Erwärmung als Evolutions-Auslöser. Auf: innovationsreport.de. 09.06.2006.
http://www.innovations-report.de/html/berichte/biowissenschaften_chemie/bericht-66188.
html (Stand: 27.11.2007)
Bradshaw, William / Holzapfel, Christina (2006): Evolutionary Response to rapid climate change. In: science magazine. Bd. 312. 09.06. 2006.
http://www.sciencemag.org/cgi/content/summary/312/5779/1477 (Stand: 27.11.2007)
34
2.9 Biodiversität und Artensterben
„Der ant hropogen ver ur sachte Rückgang der Biodiver sit ät
is t wir tschaftlicher Selbs tmord.“
K l a u s Tö p f e r ( E x - D i re kt o r d e s U N E P ) a m 1 9 . 0 5 . 2 0 0 5 , K a i ro
Grundlagenforschung in der
Biodiversität fragt z. B. nach der
Funktion eines Organismus für
das Ökosystem in dem es lebt.
Dürren, Landverbrauch, Brände und Überschwemmungen strapazieren
die Ökosysteme. Die Folgen solcher Eingriffe in die sensiblen
Ökosysteme sind nur schwer zu beschreiben. In der Grundlagenforschung der Biodiversität wird beispielsweise gefragt, welche
Funktion eine Schmetterlingspopulation in dem Ökosystem Wald
einnimmt und welche Auswirkungen ein Ausbleiben des Schmetterlings
hat. Ein Beispiel für derartige Grundlagenforschung ist das Projekt
»Exploratorien zur funktionellen Biodiversitätsforschung«1, eine
Kooperation der Universitäten Ulm und Potsdam. In dem Projekt
werden eben jene Fragen zum Biodiversitätswandel bearbeitet.
Ändert sich ein Faktor in einem Ökosystem fragt man, welchen Einfluss dies auf das gesamte System und dessen Prozesse nimmt.
Ziel ist es, eine genauere Folgenabschätzung zu erbringen. Laut Weltnaturschutzorganisation sind im Jahr 2007 weltweit 41.415 Arten vom
Aussterben bedroht und stehen auf der Roten Liste. 2
„( . . . )
Global sind 10 bis 30 Prozent aller Säuge tier-, Vogel- und
Amphibienar ten vom Auss terben bedroht .
(...)
W ir a lle h ä n ge n von fun k tion s f äh ige n Ökos y s te m e n ab.
Biodive r s it ä t s te llt h ie r f ür e in e e s s e n tie lle , je doch oft
ve rk a n n te Gr un dl a ge da r: M e h r a ls 70 Proze n t de r E rdbe v ölker ung sind auf Naturheilmittel angewiesen; mehr als 3,5
M illia rde n M e n s ch e n h ä n ge n vom Oze a n a ls Nah r un gs m ittelgeber ab und für die mar ine Fischerei produzier t Biodiversit ät jähr lich Marktwer te von 80 Milliarden Doll ar “
(...)“
A r b e i t sg r u p p e » B i o d i v e r si t ä t « d e r H e l m h o l t z - G e m e i n sc h a ft D e u tsc h e r F o r sc h u n g sz e n t re n 3
1
Fischer, Markus (2007): Exploratorien zur funktionellen Biodiversitätsforschung.
Universität Potsdam
http://www.biodiversity-exploratories.de (Stand: 27.11.2007)
2
World Conservation Union (2007): Red List of Threatened Species.
http://www.iucnredlist.org (Stand: 27.11.2007)
3
Töpfer, Klaus (2007): Einführung Biodiversität. In: Arbeitsgruppe »Biodiversität«
der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren
http://www.gsf.de/neu/biodiversity/introduction.php (Stand: 27.11.2007)
35
Das primäre Ziel des Erhaltes der
Biodiversität ist nicht der Schutz
der Naturästhetik, sondern der
Erhalt von Lebensbedingungen.
Die Aussage der Arbeitsgruppe »Biodiversität« der Helmholtz-Gemeinschaft stützt die von Klaus Töpfer angeführte ökonomische Notwendigkeit eines breiten und funktionierenden Ökosystems und dem
Erhalt der darin lebenden Organismen, Tier- und Pflanzenarten. Auch
hier würde sich das Motiv von Handlungsmaßnahmen weniger auf
den „Schutz der Schönheit und Vielfältigkeit der Natur“ begründen,
als vielmehr auf den Erhalt von Lebensbedingungen (z. B. das Meer als
Nahrungsquelle).
Das zentrale internationale Instrument zum Schutz der biologischen
Vielfalt ist die Konvention über die biologische Vielfalt (Convention on
Biological Diversity)1, neben der Rio-Deklaration und der Agenda 21
eines der drei völkerrechtlichen Abkommen, die bei der Konferenz der
Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro im
Jahr 1992 beschlossen wurden.
1
Convention on Biological Diversity (2007). Montreal.
http://www.cbd.int (Stand: 27.11.2007)
36
3 Folgen des Klimawandels für den Mensch
Bedrohte Bergpflanzen können sich in kühlere Regionen
zurückziehen ­– aber nur bis sie
den Berggipfel erreicht haben.
Bald wird die natürliche Klimaflexibilität vieler Tier- und Pflanzenarten
ausgereizt sein.Es wird keine Ausweichmöglichkeiten in kühlere
Regionen mehr geben. Was bei Tieren längst ein Massenphänomen ist,
das Flüchten vor der Klimaerwärmung und seinen Folgen, droht
auch dem Menschen. Man spricht hier von »Klimaflüchtlingen«. Die
Zahl der Klimaflüchtlingen in Afrika hat die Zahl der durch Krieg
verursachten Flüchtlinge (20 Millionen) bereits überschritten.1
Harvey Weiss veröffentlichte 1993 im Wissenschaftsmagazin
»Science« eine Theorie2, beruhend auf Ausgrabungsuntersuchungen im
Gebiet des heutigen Iraks. Er belegte anhand von Bodenproben,
dass das Stadtgebiet der heutigen Stadt Tell Leilan zwischen 220 v.
Chr. und 1900 v. Chr. nicht besiedelt war. Nicht einmal Insekten
oder sonstige Organismen konnte er in der Bodenschicht erkennen.
Zu dieser Zeit war die Stadt verlassen worden und das Reich der
Akkadier untergegangen. Demnach waren es nicht allein soziale, wirtschaftliche oder politische Gründe für den Untergang einer Gesellschaft, sondern unter Umständen auch klimatische Änderungen, die
für die Lebensfeindlichkeit gesorgt hatten.
Dass Klimaänderungen in der Vergangenheit Grund für den Untergang
von menschlichen Kulturen waren ist eine gewagte, weil nur sehr
schemenhaft belegbare These. Sedimentsbohrkerne aus Seen der Mayazeit lieferten zahlreiche Messwerte, aus denen auf Trockenperioden
und Umweltveränderungen während des Untergangs der Maya geschlossen werden kann.3
Untergangsszenarien sind noch
nicht realistisch – steigern sich
die Folgen des Klimawandels
weiter wie bisher ist eine Katastrophe wahrscheinlich.
Diese hypothetischen Annahmen dienen dem Versuch, die Dimension
der Gefährdung des Menschen durch den Klimawandel zu beschreiben.
Untergangsszenarien sind bisher wissenschaftlich nicht belegbar. Dafür
können die konkreten Auswirkungen des Klimawandels auf den
Mensch und seine Lebensbedingungen beschrieben werden.
1
Das Hohe Flüchtlingskommissariat der Vereinten Nationen (2007): Klimaflüchtlinge - Die verleugnete Katastrophe.
http://www.greenpeace.de/fileadmin/gpd/user_upload/themen/klima/klimafluechtlinge_
endv.pdf (Stand: 27.11.2007)
2
Weiss, Harvey (1993): The genesis and Collapse of Third Millennium North Mesopotamian Civilization. In: Science Bd. 261.
3
Diamond, Jared (1999): Kollaps – Warum Gesellschaften überleben oder untergehen. Frankurt
am Main: S. Fischer Verlag. Seite 199ff.
37
Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung1 prognostiziert
vier Hauptprobleme:
• Rückgang der Nahrungsmittelproduktion
• Zunahme von Fluten und Stürmen
• Süßwassermangel
• umweltbedingte Migration
Nach WHO Angaben sterben jährlich etwa 150.000 Menschen an
den Folgen der Klimaveränderung.
Mögen die Mayas und die Akkadier die Dürren noch auf göttliche Kräfte
begründet haben, Klimaflüchtlinge und Trinkwassermangel sind
keine Launen eines regionalen Klimasystems, sondern bedrohen als
global beobachtbare Phänomene die Grundbedingungen menschlichen
Lebens. Diese Bedrohung lässt sich auch in Zahlen ausdrücken. Nach
WHO-Angaben sterben 150.00 Menschen jährlich an den Folgen
des Klimawandels.2 Im Vergleich dazu sterben etwa 36 Millionen Menschen
weltweit pro Jahr an Hunger und seinen unmittelbaren Folgen.3
Die Gründe für den Hunger werden in Zukunft immer mehr bedingt
sein durch klimatische Veränderungen (Dürren, Verlust von
Tierpopulationen, die als Nahrungsquelle dienen).
Die ethische Frage, die Menschen in westlichen Industrienationen
von denen in unterentwickelten Nationen unterscheidet, lautet: „Ist
mein Lebensstil bedroht oder ist die Grundbedingung des Lebens
(Luft, Nahrung, Licht, Fläche etc.) bedroht?“
1
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung »Globale Umweltveränderungen« (2007): Welt
im Wandel: Sicherheitsrisiko Klimawandel. Hauptgutachten 2007. Berlin.
http://www.wbgu.de/wbgu_jg2007.pdf (Stand: 27.11.2007)
2
Debiel, Tobias (Hrsg.): Globale Trends 2007. Stiftung für Entwicklung und Frieden. Berlin:
Bundeszentrale für politische Bildung (BPB).
3
Ziegler, Jean (2005): Das Imperium der Schande. München: PANTHEON Verlag.
38
3.1 Volkswirtschaftliche Folgekosten
Der Stern-Bericht beziffert die
Kosten des Klimawandels zwischen ein Prozent und zwanzig
Prozent des Weltsozialproduktes.
Nicolas Stern, britischer Ökonom schaffte, was niemand zuvor ausgerechnet und formuliert hatte. Er drückte die volkswirtschaftlichen Kosten
des Klimawandels in Zahlen aus und erzeugte damit im gesellschaftlichen
Subsystem Wirtschaft eine, wie Niklas Luhmann sagen würde,
»Irritation«, da sie den binären Code des Systems »Gewinn/Verlust«
anspricht. Ein Prozent des Weltsozialproduktes kosten Maßnahmen,
um den Klimawandel zu bekämpfen. Fünf bis zwanzig Prozent des
Welt-sozialproduktes fallen an Kosten an, wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen werden und die entstandenen Folgeschäden beglichen
werden müssen. Eine Vermeidung der Katastrophe liegt nach der
Definition des Berichts vor, wenn die CO2- Konzentration bei 500 bis
550 ppm stabilisiert werden könnte.
Der IPCC nimmt ebenfalls Stellung zu den Kosten der »Klimaschäden«.
Die Berechnungen belaufen sich auf drei Prozent des Weltsozialproduktes.
Die Müncher Rück erstellt jährlich einen chronologischen Rückblick auf
die 50 größten Naturkatastrophen der Welt. Im Bericht des Jahres 20061
sind die Waldbrände und die Hitzewelle im Süden und Westen der USA
im Sommer 2006 die teuersten Katastrophen. Allein dabei entstanden
Schäden in Höhe von 4500 Millionen US-Dollar.
Das Prinzip „Prävention ist billiger“ trifft auch bei Klimaschutzmaßnahmen
zu. Das Ausgleichen von entstandenen Schäden ist entweder extrem
teuer oder gar nicht mehr möglich. Verbranntes Öl, das sich über Millionen
von Jahren im Bodeninnern gebildet hat, ist nicht nachwachsbar
und ausgestorbene Tier- und Pflanzenarten sind für immer verloren.
»Die Grenzen des Wachstums«
(1972) vom »Club of Rome« galt
als Beginn des Zweifelns am
»unbegrenzten Wachstum«.
Im Jahr 19972 veröffentlichte der Club of Rome das Buch »Die Grenzen
des Wachstums.« Es ist der Beginn des Zweifels am unbegrenzten
Wachstum. Der IPCC-Bericht und die Veröffentlichungen von Versicherungen und Wirtschaftsinstituten zeigen uns nicht nur die
Grenzen des Wirtschaften mit dem Glauben an unendliche Ressourcen,
sondern benennen auch die Kosten.
Die Begründung, warum Klimaschutzmaßnahmen notwendig sind, lässt
sich nicht nur aus ethischer Perspektive (Gerechtigkeit), religiös
(Erhalt der Schöpfung) und ästhetisch (Schönheit der Landschaft)
beschreiben, sondern ebenfalls durch eine kaufmännische
Rentabilitätsrechnung: In Anpassungs- und Vermeidungsprogramme
investieren, um die Bedingungen zu erhalten weiterhin gewinnbringend wirtschaften zu können.
1
Münchner Rück (2007): 50 bedeutende Naturkatastrophen. In: Topics Geo Naturkatastrophen 2006
http://www.munichre.com/app_resources/PDF/ts/geo_risks/05216_significant_natural_catastrophes_de.pdf (Stand: 27.11.2007)
39
3.2 Handlungsmöglichkeiten
W ir tschafte t die Menschheit weiter wie bisher, könnte sich
un s e r Pl a n e t bis zum J ah r 2100 um 5 °C e r w ä r m e n. Die s i s t
in e tw a die n a tür lich e Te mpe r a turdiff e re n z zwis ch e n e in er
Eiszeit und einer Warmzeit. Da wir uns gegenwärtig schon in einer
Warmzeit befinden, steuerten wir direkt auf eine Heißzeit zu.
(...)
E s be s te h t je doch die M öglich ke it , s olch e in e n ge f äh r lichen
Klimaw andel zu ver meiden, indem die globale Er w är mung
auf höchstens 2°C begrenzt wird. Dies bedeutet insbesondere,
da s s die Kon ze n tr a tion a tm os ph ä r is ch e r Tre ibh a us ga s e
l angfr is tig 400 ppm C02-Äquiv alente nicht übers teigen dar f.
P o s t d a m e r I n s t i t u t f ü r K l i m a f o l g e n f o r sc h u n g 1
Die größte Herausforderung der Gegenwart ist neben sozialen Problemen
wie Armut und Hunger, die Bedrohung durch die Folgen des Klimawandels. Verursacht wird dieser durch den Lebensstil (Verbrennung fossiler
Brennstoffe). Allein die USA verursachen etwa ein Viertel der weltweiten
Treibhausgase. Es folgen Europa, China, Russland, Japan und Indien.2
Die Wissenschaft muss neben der
deskriptiven Leistung auch normative Vorgaben machen – Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.
Neben dem Beschreiben von Phänomenen (deskriptive Dimension) haben
alle aufgeführten wissenschaftlichen Institutionen die Aufgabe, Handlungsmöglichkeiten für Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft aufzuzeigen,
wie der Klimawandel begrenzt werden kann. Aus dem Vierten Sachstandsbericht des IPCC geht deutlich hervor, dass der Klimawandel nicht
zwangsläufig zur Katastrophe ausartet. Er kann gebremst werden und
es besteht die realistische Chance auf Erhaltung lebensnotwendiger
Ressourcen und Ökologiesysteme (vgl. IPCC-Arbeitsgruppe III (2007)).
Um den Temperaturanstieg auf zwei Grad und die CO2-Konzentration
in der Atmosphäre auf 500 ppm zu begrenzen, müssen die CO2-Emissionen
gesenkt werden. Dass dies allerdings kaum geschieht, belegen neue
Zahlen des Sekretariats der Klimarahmenkonvention von Rio (UNFCCC),
die am 20.1.2007 veröffentlicht wurden.3 Spanien steigerte seine Emissionen
um 53 %, laut Kyoto-Vorgabe wären maximal 15 % erlaubt gewesen.
1
Postdamer Insitut für Klimafolgenforschung (2007): Sieben Kernaussagen zum Klimawandel
http://www.pik-potsdam.de/infothek/sieben-kernaussagen-zum-klimawandel (Stand: 15.01.2008)
2
spiegel.de (2007): Die zehn größten CO2-Emittenten, In: Spiegel Online
http://www.spiegel.de/flash/0,5532,14105,00.html (Stand: 15.01.2008 um 00:40 Uhr)
3
Mrasek,Volker (2007): Klimaschutz-Abkommen bleibt wirkungslos. In: Spiegel Online, 20.11.2007
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,518404,00.html (Stand: 20.11.2007 um 12:13 Uhr)
40
Für Deutschland war in Kyoto eine Reduzierung um 21% gesetzt.
Erreicht wurde aber nur eine Reduzierung um 18%. Insgesamt liegt die
EU bei einer in Kyoto festgesetzen Senkung um 8 % bei nunmehr 1,5%. Es
fehlen also weitere 6,5% um das Kyoto-Ziel noch zu erreichen. Die USA
haben 16,3 %, Australien 25,6% und die Türkei sogar um 75% zugelegt,
jeweils gegenüber dem Basisjahr 1990.
Die Arbeitsgruppe III des IPCC benennt ein Einsparpotential von
sechs Gigatonnen CO2-Aquivalent.
Ein Beispiel für das Einsparen von CO2-Emissionen lieferte die Arbeitsgruppe III des Vierten IPCC-Sachstandsberichts. Dort wird das Sparpotential auf etwa sechs Gigatonnen C02- Äquivalent (Treibhausgase
entsprechend ihrer Wirkungsstärke auf CO2 umgerechnet; Beispiel: 1
Einheit Methan entspricht 20 Einheiten CO2). Von diesen sechs Gigatonnen
könnten allein 30 - 35% durch die Erhaltung und Neupflanzung von
Wald erreicht werden (vgl. IPCC Arbeitsgruppe III (2007)).
3.3 Technik als Lösung?
Dass der Ausweg aus diesem Dilemma – Notwendigkeit der Reduzierung
von Treibhausgasen bei steigendem Energiebedarf – nur über eine
grundlegende Umstrukturierung und Umstellung auf regenerative
Energiegewinnung geschehen kann, darin ist sich sowohl der IPCC
als auch die Politik einig.
In der Energieeffizienzsteigerung
können technische Lösungen ihr
Potential einbringen.
Nicht nur bei emissionsfreier Energiegewinnung kann Technik einen
wichtigen Beitrag leisten. Auch können neue Techniken die Energieeffizienz in bestehenden Verfahren steigern. Deutschland ist im Bereich
Solar- und Windkraftanlagen führend. Der Klimawandel und die CO2Einsparporgramme eröffneten einen riesigen Markt für Anbieter von
ökologischer und nachhaltiger Energie. Der Klimawandel bringt nicht
nur Gefahren, sondern auch die Chance auf wirtschaftliche Gewinne.
Marty Hoffert ist Professor für Physik an der New York University.
Er arbeitet zurzeit an der Entwicklung von Sonnensegeln, die an Satelliten
gebunden, das Sonnenlicht im Weltraum auffangen. Dies bringt
zwei Vorteile. Die Sonneneinstrahlung ist acht mal so hoch gegenüber
dem Einfangen der Strahlung auf der Erdoberfläche. Zudem ist die
Einstrahlung wegen fehlenden Wolken und der nicht vorhandenen
Nachtzeiten konstant. Das Problem liegt im Transport der Energie
vom Weltraum zur Erdoberfläche, wo sie verbraucht werden könnte.
Nach Hoffert könnte der Transport über Mikrowellenstrahlung gelingen.
41
Sonnensegel, Endlagerung von CO2 in den Ozean, künstliche Wolkenbildung. Derlei Ideen zur Energiegewinnung gibt es viele. Teilweise
erinnern sie an Daniel Düsentrieb und den verrückt-genialen Erfinder.
Nur wenige Ansätze sind ausgereift und marktreif. Kann Technik
allein die Probleme in dem vorhandenen Umfang lösen?
Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey & Company besagt,
dass bis zum Jahr 2030 allein in der EU 27 Milliarden Tonnen CO2
eingespart werden müssen. Drei Viertel der Einsparungen könnten
durch den Einsatz bereits vorhandener Technologien erreicht werden.1
Ist aus der Begeisterung für
die Technologie, eine Technikreligion geworden?
Angesichts der Hoffnungen die in solchen Erfindungen stecken, könnte
man sich fragen, ob diese Tendenz mit dem Begriff »Technikreligion«
beschreibbar wäre? Wenn der Klimawandel unser Weltbild bedroht, das
heißt, unsere Vorstellung wie ein gelungenes Leben aussehen muss,
lautet die Frage, ob wir uns die Freiheit, so zu leben wie wir es wünschen,
mithilfe von Technik erhalten können?
Die beobachtete Wirklichkeit
stimmt nicht mehr mit der
Vorstellung von einer intakten
Welt überein.
Diese Frage legt die Folgerung nahe, dass Alternativen möglich sind.
Eine davon wäre die Frage nach der Aktualität vorhandener Konsum- und
Verhaltensmuster. Aus einer konstruktivistischen Sichtweise könnte
man sagen: Nicht die Natur ist bedroht, sondern die Wirklichkeit stimmt
nicht mehr mit dem geschaffenen Weltbild überein. Die Differenz
zwischen Vorstellung und Wirklichkeit führt letztendlich zur Enttäuschung
und zu einem unglücklicheren Leben. In Bezug auf Technik lautet
die Frage, welche Funktion nimmt die Technik bei der Erhaltung der
Freiheit ein, die wir als unantastbaren Wert erhalten wollen, innerhalb derer wir auch weiterhin selbst bestimmen wollen wie wir leben.
1
McKinsey & Company (2006): Kosten und Potenziale der Vermeidung von Treibhausgasemissionen in Deutschland. Düsseldorf.
http://www.bdi-online.de/Dokumente/Umweltpolitik/Klimastudie_BDIundMcKinsey_KostenundPotenzialederVermeidungvonTreibhausgasemiss.pdf (Stand: 15.01.2008)
42
3.4 Leitbild der nachhaltigen Entwicklung
Die angeführten Handlungsmaßnahmen zur Energiewende setzen den
Entschluss voraus, Lebensbedingungen erhalten zu wollen. Welche
Handlungsmöglichkeiten uns gegeben sind und wie wir mit einem ganzheitlichen Ansatz diese Komplexität bewältigen können, beschreibt
das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, die sämtliche für die Menschheitsentwicklung relevanten Dimensionen berücksichtigt.
Das Leitbild der »nachhaltigen
Entwicklung« ist eine ethischnormative Leitidee, das alle für
die Menschheitsentwicklung relevanten Bereiche berücksichtigt.
Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung kann als ethisch-normatives
Leitbild aufgefasst werden. Ursprünglich aus der Forstwirtschaft
stammend beschrieb dieser Begriff die Idee, nur soviel Holz abzubauen
wie nachwachsen kann. Betrachtet man den Begriff als Idee, ließe
sich daraus die Maxime ableiten »Lebe vom Zins und nicht vom Kapital«.
Nachhaltigkeit ließe sich etwa auch mit »Ganzheitlichkeit« beschreiben,
da stets eine Ausgewogenheit angestrebt wird bei der Bewertung
sozialer, wirtschaftlicher und ökonomischer Fragen. Eine politisch wichtige
Funktion bekam diese Idee 1972. Die Brundtland-Kommission
(benannt nach der damaligen norwegischen Ministerpräsidentin Gro
Harlem Brundtland) lieferte eine Definition mit dem Begriff
»Generationenverantwortung« im Mittelpunkt.
„Sus t ainable de velopment mee ts t he needs of t he present
wit h out comprom is in g t h e ability of future ge n e r a tion s to
mee t t heir own needs.“
B r u n d l a n d t - Ko m m i ssi o n 1
Nachhaltige Entwicklung bedeutet
»Generationenverantwortung«.
Nach dieser Definition ist das höchste Ziel, nachfolgende Generationen
nicht durch unumkehrbare Ressourcenausbeutung in ihrer
Entwicklung zu behindern. Die Methode dazu wäre die Einbeziehung
der oben genannten Dimensionen der Wirtschaft, der Ökologie
und des Sozialen. In einer erweiterten Definition werden die Partizipation
und die kulturelle Dimension mit einbezogen.2 Das Leitbild der
nachhaltigen Entwicklung kann sowohl als pragmatisches Instrument zur
Lösung globaler Probleme als auch als ethisches Leitbild unter dem
Begriff »Generationenverantwortung« betrachtet werden.
Das Leitbild der nachhaltigen Entwicklung fordert keine Verzichtsethik,
sondern hat das Ziel Möglichkeiten zur Umstellung aufzuzeigen und das
Wirtschaftswachstum vom Energieverbrauch zu entkoppeln.
1
Definition aus dem Brundtland-Bericht (1972). Stockholm.
http://ringofpeace.org/environment/brundtland.html (Stand: 16.01.2008)
2
Definitionen nach Kopfmüller, Jürgen / Grunwald, Armin (2006): Nachhaltigkeit. Frankfurt am
Main: Campus Verlag.
43
Dass diese Entkopplung möglich ist, zeigen Berechnungen des Postdamer
Instituts für Klimafolgenforschung. Demnach ist eine maximale
globale Temperaturerhöhung von zwei Grad durch die Reduzierung der
Treibhausgas-Emission um ein Prozent pro Jahr erreichbar. Um dieses
Ziel zu erreichen, müsste man alle bereits heute zugänglichen technischen
und innovativen Möglichkeiten nutzen. Dies wiederum würde das
Wirtschaftswachstum bis zum Jahr 2100 um drei Monate verzögern.
Konzerne haben den Vorteil des
»nachhaltigen Wirtschaftens«
erkannt und kommunizieren dies
über Nachhaltigkeitsberichte.
Durch Vertretungen wie dem Rat für nachhaltige Entwicklung, oder auf
Länderebene bei der Umsetzung der lokalen Agenda 21 in BadenWürttemberg, Im Agend-Büro in Karlsruhe hat das Leitbild bereits Einzug
in politische Programme gefunden. Ebenso haben viele Konzerne den
Vorteil des »nachhaltigen Wirtschaftens« erkannt und kommunizieren dies
über Nachhaltigkeitsberichte.
Aus dem Leitbild folgt eine weitere Perspektive. Nicht nur die gegenwärtig lebenden Menschen schränken sich durch ihre Lebenstile in
ihren eigenen Möglichkeiten ein, ein gelungenes Leben oder überhaupt
ein Leben zu führen, sondern sie können damit auch zukünftige
Generationen in ihrer Entwicklung hemmen.
44
4 Klimawandel in den Alpen
Der Klimawandel zeigt regional sehr unterschiedliche Ausprägungen.
Einen dieser regionalen Brennpunkte stellen alpine Regionen dar. In
kaum einem anderen Gebiet sind so viele verschiedene Naturräume in
einer vergleichsweise kleinen Fläche vertreten. Bergregionen dienen
als Frühwarnsystem für klimatische Veränderungen.
(...)
„Die Alpen sind b esonders anfällig für den Klimawandel und die Erwärmung fiel dort in jüngster
Zeit ung efähr dreimal so st ark aus wie im welt we it en Durchschnit t .“
(...)
S h a rd u l A g r a w a l a , O E C D B e r i c h t „ K l i m a w a n d e l i n d e n A l p e n “ 1
Der Temperaturanstieg in den
Alpen betrug nach Angaben der
OECD in den letzten 30 Jahren
1,3 Grad Celsius.
Die Gletscher ziehen sich zurück
– damit verschwindet ein alpentypisches Landschaftsbild.
Die Temperaturen in den Alpen stiegen in den letzten dreißig Jahren um
bis zu 1,6 Grad (vgl. BMU (2007), Seite 10). Zusätzlich verschieben sich
die Zeiten der Niederschläge und sie nehmen in der Intensität zu. Dies
zeigt sich durch das vermehrte Auftreten von Stürmen, Überschwemmungen, Lawinen und Dürren.2 Laut der der zitierten OECD-Studie
»Klimawandel in den Alpen« wird als Folge dieser raschen Klimaänderung die Schneesicherheit abnehmen. Die Schneefallgrenze steigt
und die Extremwerte der Niederschlagsmengen nehmen zu. Folge
dessen ist eine Zunahme der Trockenperioden im Sommer und Extremniederschlägen im Winter.
Eine direkte Folge der Temperaturzunahme zeigt sich bei den Gletschern.
Das Absterben der Gletscher ist nicht nur messbar, sondern verfügt
auch über emotionale Triebkräfte. Die Dramatik dieses Sterbens ruft
gesellschaftliche Resonanz hervor, da Gletscher das ästhetische
Landschaftsbild der Alpen charakterisieren und symbolisch sind für die
Ursprünglichkeit der Bergregion. Die Fotografen Sylvia Hamberger
und Wolfgang Zängl stellten historischen Aufnahmen von Gletschern
aktuelle Aufnahmen gegenüber. Ihre Arbeit ist in dem Bildband
»Gletscher im Treibhaus«3 dokumentiert und zeigt bei allen Alpengletschern
einen Rückgang. Der Bildband ist ein Teil des Projektes »Gletscherarchiv«. Eine Sammlung mit mehreren tausend historischen Aufnahmen
die ständig erweitert werden.
1
Agrawala, Shardul (2007): Klimawandel in den Alpen (OECD Studie). Paris.
2
Seiler, Prof. Dr. Wolfgang (2006): Auswirkungen des Klimawandels auf den Alpenraum, Perspektiven und Konsequenzen. In: Jahresfachtagung 2006 der CIPRA. Bad Hindelang. 20.05.2007
3
Zängl, Wolfgang / Hamberger, Silvia (2007): Gletscher im Treibhaus. Eine fotografische Zeitreise
in die alpine Eiszeit. Steinfurt: Tecklenborg Verlag.
45
Drei Grad Temperaturanstieg
würde 80% der Alpengletscher
abschmelzen lassen.
Der Schweizer Alpenforscher Michael Zemp von der Universität Zürich
hat in seiner Studie »Alpine glaciers to disappear within decades?«1
vorgerechnet, dass bei drei Grad Temperaturanstieg 80% der Alpengletscher
verschwunden sein werden. Eine Erwärmung von fünf Grad würde
zu eisfreien Alpen führen. Die Auswirkungen für zahlreiche Gletscherskigebiete sind wirtschaftliche Umsatzeinbrüche. Wenn der Gletscher im
Sommer grau bedeckt von Stein und Staub in der Sonne liegt, ist der
Sommer-Skilauf kaum mehr möglich. Der Kaunertaler Gletscher
beispielsweise musste seinen Sommerskibetrieb einstellen. Auf der Zugspitze, dem letzten deutschen Gletscher bedecken die Betreiber der
Zugspitzbahn, den 9000 Quadratmeter grossen Gletscher im Bereich der
Skilifte mit modernen und stark reflektierenden Planen um das
Absterben des Eises zu verlangsamen.2 Die Methode wird in nahezu allen
zum Skilauf genutzten Alpengletschern praktiziert. Umstritten ist dies,
weil es teuer ist und das Abschmelzen nur geringfügig verlangsamt.
[Abbildung 2] Zugspitzgletscher im Jahr 1910
[Abbildung 3] Zugspitzgletscher im Jahr 2003
1
2
Zemp, Michael / Haeberli, Wilfried (2006): Alpine glaciers to disappear within decades? Universität Zürich
http://www.geo.unizh.ch/~mzemp/press/pressrelease_zemp_de.htm (Stand: 17.11.2007)
Kirschbaum, Erik (2007): Kampf für den Zugspitzen-Gletscher. In: Stern Online. 02.05.2007
http://www.stern.de/wissenschaft/natur/:Zugspitze-Kampf-Deutschlands-Gletscher/588260.
html (Stand: 14.01.2008 um 14:08 Uhr)
46
Das Abdecken von Gletschern, das Bekämpfen der Folgen des Klimawandels mit technischen Mitteln hat Parallelen zu einem weniger
bekannten Problemlösungsversuch in den Bergen. Dem technischen
Beschneien. Das Abdecken der Gletscher schützt nicht nur wirtschaftliche Interessen, sondern auch ein elementares Bedürfnis des
Menschen nach dem Erhalt der Gletscherlandschaften. Die technische
Beschneiung dient einzig dazu einzig dazu, die Bedingung zu erhalten,
dass das Bedürfnis des Menschen nach Wintersport erfüllt werden kann.
Der Aussage von Naturschützern
„die Alpen sind überstrapaziert“
halten Seilbahnunternehmer die
wirtschaftliche Notwendigkeit von
Ausbaumaßnahmen entgegen.
Die Alpen sind überstrapaziert, lautet eine häufige Aussage von Naturschutzverbänden. Die Wintersportunternehmer in den Alpen dagegen halten
den Ausbau von touristischer Infrastruktur für die einzige Möglichkeit
Arbeitsplätze zu sichern und grundlegende soziale und wirtschaftliche
Bedürfnisse für die Bewohner zu gewähren.
Die Internationale Alpenschutzkommission » CIPRA (Commission
Internationale pour la Protection des Alpes)« , ist die renommierteste
Organisation für den Schutz des Alpenraumes. Alle acht Länder,
deren Staatsgebiet Teile der Alpen einschließt, sind in der CIRPA vertreten.
Daneben existiert die Alpenkonvention, die sich ebenfalls für den
Schutz des Alpenraumes und dessen nachhaltige Entwicklung einsetzt.
4.1 Wintertourismus
Ischgl: Im Winter »Ski-FunEvent-Total«. Im Sommer eine
Mondlandschaft.
„W ir s in d de m Tour is m us a us ge lie f e r t . W ir m a ch e n Tour ism us tot a l . E in Z urück gibt e s n ich t .“
H e r b e r t A lo sy, B ü r g e r m e i s t e r v o n I sc h g l i n d e r T i ro le r Ta g e sz e itung.
„Wenn der Gast bei uns einmal keinen Schnee hatte, ist er für
Ser f aus verloren. Der f ähr t im nächsten Jahr woanders hin.“
G e o r g G e i g e r, P ro k u r i s t d e r S e e f a u s e r S e i l b ah n g e s e l l s c h a ft ( v g l .
S c hw e i kle ( 2 0 0 4 ) S e i t e 3 0 )
Serfaus, Sölden und Ischgl sind österreichische Beispiele für die Kategorie
von Skigebieten, die »Tourismus-Extrem« betreiben. Alle Orte liegen
auf gut 1400 Meter Höhe. Lifte und Pisten reichen bis über 2800 Meter
Meereshöhe. Schneesicherheit ist dadurch beiden garantiert.
47
Die lückenlose Erschließung des Gebietes mit modernen und bequemen
Liften, die Versorgung des Gastes mit Panoramarestauants, Pop- und
Snow-Events und einer pulsierenden Apres-Skiszene sorgen dafür, dass
Jahr für Jahr eine riesige Anzahl Touristen anreist. Sie alle suchen
mehr als Skifahren.
Lifte und Pisten in den Alpen belegen eine Fläche von 3440 Quadratkilometern.
Als eindrucksvollstes Beispiel dieser »Snow Activities«1 sticht Sölden hervor.
In einem der trockensten Gebiete der Alpen gelegen, hat es in den
letzten Jahren den größten Aufschwung erlebt. Reinhold Messner sieht
in Sölden eine Monokultur etabliert, welche unsensibel auf Fragen
des nachhaltigen Tourismus reagiert. Diese Einseitigkeit sei personifiziert
in dem Leiter der Söldner Bergbahnen Jakob Falkner. Er treibt die
Erschließung des Söldner Skigebiet voran, um dem Gast das modernste
und beste Schneeerlebnis in Europa zu bieten.2
In den Alpen befindet sich das weltweit dichteste Netz an WintersportInfrastruktur. 1040 km² Pistenfläche (bei Einbeziehung von Liften 3440
km²) und über 40.000 Skiabfahrten durchziehen die Alpen. Dies entspricht
zwei Prozent der gesamten Fläche der Alpen.3
Sölden, Ischgl, Serfaus, Saalbach,
Tignes oder La Plagne sind Beispiele der vielen Skiorte die Wintertourismus extrem betreiben.
Als weiteres Beispiel für den Ausbau der Alpen zum Sportgerät der Skibegeisterten eignen sich die französischen Retortenskiorte; riesige
Skigebiete mit Plattenbauten und teilweise über 600 Abfahrtskilometern
(Skigebiet »Les Trois Vallées«4). Insgesamt durchziehen 8000 km Pisten
die französischen Alpen. 7,5 Millionen Touristen übernachten pro Jahr
in den Skiorten, davon 1,8 Millionen ausländische Gäste. In Frankreich
existieren insgesamt über 300 Wintersportorte oder Skizentren, in denen
mehr als zwei Millionen Gästebetten zur Verfügung stehen. In der
Wintersaison werden 130.000 Personen beschäftigt. Allein die Liftanlagen
erwirtschaften einen Umsatz von über 980 Mio. € und tätigten im Jahr
2003 Investitionen in Höhe von 323 Mio. € ohne Steuern.5
1
eubuco.de (2007): 130 x T60 für Sölden: Schnee auf höchstem Niveau. In. Mountain Manager
Online Ausgabe 4/2007.
http://www.eubuco.de/mm/technik/beschneiung/2007_07_19_01_niveau.shtml?navid=17
(Stand: 05.01.2007 um 19:41 Uhr)
2
ARD / SWR (2007): Messner‘s Alpen. Teil 2. ARD. 30.12 2007.
http://www.daserste.de/doku/beitrag_dyn~uid,1sbtqtg7hzq5pkl3~cm.asp (Stand: 31.12.2007)
3
Baumann, Frank (2004): Ökologische Auswirkungen des Wintertourismus in den Alpen. Geographisches Institut der Universität Tübingen.
http://www.uni-tuebingen.de/egginfo/terhorst/lehre/download/beispielreferat.pdf (Stand:
16.01.2008)
4
DSV Skiatlas 2004 (2003): Les Trois Vallées. Ostfildern: Fink Verlag.
5
Guillot, Jacques (2006): Herausforderungen für den Tourismus. Konferenz der Alpenkonvention. Galtür.
48
Das österreichische Bundesland Tirol verbucht etwa die Hälfte des
gesamten österreichischen Wintersportaufkommens und erwirtschaftet
ein Fünftel seiner Wertschöpfung aus dem Tourismus.1
Der Skisport kam aus Skandinavien in den 1930er Jahren
in die Alpen. Heutige Nebenerscheinungen sind der massive
Anstieg des Verkehrs sowie der
Müll- und Energieverbrauch von
Millionen von Skitouristen.
Ischgl, Serfaus, Sölden und die französischen Skiorte zeigen die Strukturänderungen der Alpenlandschaft im Vergleich zu Beginn des Jahrhunderts. Damals waren die Alpen größtenteils von Bergbauern besiedelt,
die vom kapitalistischen Wirtschaftswachstum in den städtischen
Regionen wenig profitierten. Der Skisport stammte ursprünglich aus den
skandinavischen Ländern. Der Film »Der weiße Rausch« von
Arnold Franck und Leni Riefenstahl im Jahr 1931 kann als Beginn des Skisports in den Alpen gesehen werden. Der Film spielte am Tiroler
Arlberg, von wo aus sich der Skisport über die gesamten Alpen ausbreitete.
In den 70er Jahren erlebte der Skisport einen neuen Schwung. Die
erwirtschafteten Einnahmen erlaubten einen massiven Ausbau der für den
Skisport notwendigen Infrastruktur, schuf jedoch große Probleme,
wie etwa den Straßenverkehr. Heute ist der Tourismus und speziell der
Wintertourismus die wichtigste und oftmals einzige Einnahmequelle
der Alpenbewohner. Daran gekoppelt sind sämtliche Betriebe des Fremdenverkehrs und die Arbeitsplätze bei den Seilbahnen, den Gastronomiebetrieben, Skiverleihern und Skischulen.
Die Kehrseite des Alpentourismus sind Waldschneisen für Pisten, planierte
Abfahrten, Ströme von Tagestouristen, Luftbelastung durch enormes
Verkehrsaufkommen, Seilbahn-Installationen, Hotels sowie Strassen.
1
Güthler, Andreas (2003): Aufrüstung im alpinen Wintersport. Schaan (Fürstentum Liechtenstein).
49
4.2 Abnahme der Schneesicherheit
Bei einem Anstieg von vier Grad
Celsius würden von 609 schneesicheren Skigebiete in den Alpen
laut OECD nur noch 202 übrig
bleiben.
Der Winter 2006/2007 war für den
Wintersport eine Katastrophe. Die
Pisten blühten bis Mitte Januar.
In Deutschland zeigt sich der Klimawandel im Winter stärker als im Sommer
(vgl. BMU (2007) Seite 10). Dies zeigt sich in der Abnahme der Schneesicherheit. Laut der angeführten OECD-Studie »Klimawandel in den
Alpen« gelten in den Alpen 609 der 666 Skigebiete von Natur aus als
schneesicher. Die anderen werden unter Grenzbedingungen betrieben.
Die »Wenn-Dann Szenarien« der OECD-Studie sagen – sollte sich die
Temperatur um ein Grad erhöhen – eine Reduzierung der schneesicheren
Skigebiete auf 500 voraus. Bei zwei Grad blieben nur noch 404 und bei
vier Grad nur noch 202 schneesichere Skigebiete übrig. Schneesicherheit
wird nicht nur in der Menge des Schnees gemessen, sondern auch an
der Anzahl der Tage an denen eine Schneedecke vorhanden ist. Für jedes
Grad Erwärmung verkürzt sich nach IPCC-Prognosen die Dauer der
Schneedecke um mehrere Wochen (vgl. BMU (2007), Seite 18).
Für 60% der Skigebiete würde ein Anstieg der Temperatur um ein Grad
im Durchschnitt das wirtschaftliche Ende bedeuten. Vier Grad
Erwärmung würde das Aus für alle deutsche Skigebiete bedeuten. Der
Winter 2006 war ein Vorgeschmack auf schneearme Winter.
Teilweise bis Januar mussten die Skigebiete in Deutschland, aber auch
in den anderen, niedriger gelegenen Höhen, auf Schneefall und
Minustemperaturen warten. Viele Urlauber sagten ihren gebuchten
Urlaub in deutsche Gebiete ab und reisten nach Österreich in
höhere Skigebiete. Über den extrem milden Winteranfang 2006 titelte
der Spiegel am 17.Dezember 2006 »Vom Winter keine Spur« oder
am 19. Dezember »Wo die Pisten blühen«. In Italien wurde der Notstand
ausgerufen und in Österreich verging kein Tag, an dem die Medien
nicht in Sondersendungen über den akuten Schneemangel berichteten.
Günther Hujara, der Renndirektor der Fédération Internationale de Ski (FIS),
sagte angesichts zahlreicher Rennabsagen in der Saison 2006/2007 wegen
Schneemangels:
„Die Wintersportler kommen nicht in ein Klimaproblem, sie sind vielleicht
schon mittendrin.“
Günther Hujara1
Einbußen müssen also nicht nur private Skifahrer, Hoteliers und Bergbahnbetreiber fürchten, sondern auch der Ski-Hochleistungsport ist bedroht. Bisher fanden sich meistens Ausweichmöglichkeiten in die USA,
Kanada oder Skandinavien, allerdings ist es fraglich, wie lange diese
Länder noch einen Vorteil in der Schneesicherheit haben werden.
1
ftp.de/DPA (2006): Warmwetter und Absagen lassen Skiverband schwitzen. In: Financial Times
Deutschland Online. 29.11.2006
http://www.ftd.de/sport/wintersport/skialpin/136519.html?nv=cd-rss1000 (Stand: 16.01.2008
um 01:17 Uhr)
50
4.3 Anpassungsstrategien
Bisherige Anpassungen wie
das Beschneien, das Abdecken
der Gletscher oder die bessere
Pistenpräparierung sind keine
langfristigen Lösungen.
Eine Alternative zum Umstieg
auf alternative Tourismusformen wird es nicht geben.
Durch den Schneemangel und den damit verbundenen Rückgang von
Skitouristen, hat die Wintertourismusbranche technische und verhaltensbezogene Anpassungen durchgeführt. Die wichtigste Reaktion ist die
Anschaffung von Beschneiungsanlagen, die Verlegung der Skigebiete in
höhere Regionen, z. B. in Gletscherregionen1, oder die bessere Präparierung der Pisten und das damit verbundene langsamere Abtauen des
gepressten Schnees. Auch das Abdecken der Gletscher zählt zu diesen
Anpassungsversuchen. All diese Maßnahmen sind auf kurze Sicht wirkungsvoll, auf lange Sicht jedoch nicht ausreichend. Bei der Beschneiung liegt
der mindestens notwendige Kältegrad der Luft bei bei minus drei Grad,
um Schnee erzeugen zu können. Im Fall der Abdeckplanen für Gletscher,
werden Teilstücke eines Gletschers abgedeckt, die Gesamtabdeckung ist
aus Aufwands- und Kostengründen nicht realisierbar. Versicherungen
treten zwar für die Verluste einzelner schneearmer Winter ein, wird dies
allerdings zur Regel, werden die Versicherungen sich aus diesem
Geschäft zurückziehen. Finden die Bergbahn- und Touristikunternehmen
keine Alternativen, droht ihnen der Konkurs.
Der Klimawandel führt zu einer »Zweiklassen-Gesellschaft« bei den
alpinen Skigebieten: Hoch gelegene und schneesichere Top-Destinationen
gegen kleine und tiefer gelegene Wintersportorte auf der anderen Seite.
Kleine Skigebiete haben schon heute mit enormen wirtschaftlichen
Problemen zu kämpfen. Sie können den Schneemangel nicht mit
technischer Beschneiung kompensieren.
Die Anpassung an die veränderten Bedingungen geschieht fast ausschließlich in der Erhaltung bisheriger Bedingungen durch Beschneiung.
Alternative Tourismusformen sind weder nachgefragt noch angeboten.
Der Wintertourismus leistet bisher kaum Energieverminderungsstrategien.
Die Bergbahnen am Fellhorn versprechen einen »klimafreundlichen
Skispass« mit der Klimabox.2 Für die Anreise mit dem PKW kann man ein
paar Euro spenden, die dem deutschen Naturschutzbund zugute kommen.
Bei den Akteuren herrscht nach wie vor eine »Weiter-so« und Aufrüstungsmentalität. Eine Einführung von alternativen Freizeitangeboten, die
beispielsweise ohne oder mit weniger Schnee betrieben werden können,
ist bisher nicht in Sicht.
1
spiegel.de (2005): Weißes Juwel. Auf: Spiegel Online (Archiv). 14.03.2005.
http://service.spiegel.de/digas/find?DID=39694597 (Stand: 16.01.2008 um 01:19 Uhr)
2
Fellhornbahn GmbH (2007): Skispass  jetzt klimafreundlich. Oberstdorf.
http://www.fellhorn.de/se_data/_filebank/pdf/CO2_neutral.pdf (Stand: 14.01.2007 um 14:56 Uhr)
51
5 Technische Beschneiung
Wasser und Energie – fertig ist der Pulverschnee - egal ob im August
in Skihallen1, beim Langlauf-Weltcup in Düsseldorf2, oder zur Früheröffnung oder Saisonverlängerung in Skiorten. Technische Beschneiung
ermöglicht Winterbedingungen an nahezu jedem Ort zu erschaffen.
Technischer Schnee wird aus
Wasser und Energie gewonnen.
Vereinzelt werden bakterielle
Zusätze verwendet.
Die Hersteller von Beschneiungsanlagen bevorzugen den Begriff
»technischer Schnee«. »Schneekanone« klinge zu militärisch.
»Schneekanone« wäre vielleicht doch der richtige Begriff,
schließlich findet unter den Skigebieten ein Wettrüsten statt.
Der Begriff »technischer Schnee« bzw. »technisch erzeugter Schnee«
ersetzt in dieser Arbeit den Begriff »Kunstschnee«, da der Begriff
»Kunstschnee« die Vermutung hervorruft, es handle sich um Schnee
mit chemischen oder bakteriellen Zusätzen. In der gängigen und
für diese Arbeit relevanten Methode der Schneeerzeugung kommt
ausschließlich Wasser und Luft zum Einsatz. Bakterielle Zusätze
wie »Snowmax« werden nur in Ausnahmefällen eingesetzt. In den meisten
europäischen Ländern verhindern Umweltgesetze deren Einsatz oder
begrenzen ihn stark.
Ursprünglich zur Ausbesserung von Pistenabschnitten (Kuppen, Kanten,
Sonnenhänge und Einstiegsstellen) eingesetzt, wird heute in vielen
Skigebieten bereits Anfang November oder Ende Oktober bei entsprechenden Minustemperaturen mit einer Grundbeschneiung begonnen.
Die Schneeerzeuger laufen einige Tage und Nächte und schaffen eine
befahrbare, mindestens 20 cm dicke Schneedecke. Des Weiteren dient
technischer Schnee zur Sicherung der Befahrbarkeit talnaher Pisten, zum
Schutz der Skifahrer vor Stürzen infolge schneefreier (aperer) Bereiche,
zur Durchführbarkeit von Skiveranstaltungen und zum Schutz des
Bodens gegen Beschädigung durch den Ski- und Präparierbetrieb.
90% der Alpenskigroßräume setzen heute technisch erzeugten Schnee
zur Verbesserung der Pisten ein.3 Eine Kompensierung der schwächelnden Frau Holle? Ökonomische Notwendigkeit? Ökologischer Wahnsinn?
Kein Schnee, keine Touristen? Im Vordergrund der Diskussion steht
der ökonomische Faktor. Der Einsatz von Beschneiungsanlagen scheint
für Skigebiete heute aus wirtschaftlicher Sicht unverzichtbar. In diesem
Wettrüsten überlebt nur wer Schnee hat. Für Skigebiete ist Schnee der
Wirtschaftsfaktor Nummer eins. Ist dieser nicht vorhanden, stornieren
die Urlauber ihre Reise.
1
z.B. Alpincenter in Bottrop (mit 600 Meter Pistenlänge Deutschlands größte Skihalle)
http://www.alpincenter.com
2
Saisonstart des FIS Skilanglauf-Weltcup am Rhein mit dem Rennen am Rheinufer in Düsseldorf
am 26. und 27. Oktober 2007.
http://www.worldcup-duesseldorf.de
3
Gerl, Bernhard (2006): Lautstark rieselt der Schnee. Spektrum der Wissenschaft. Ausgabe
02/06. Seite 52-53.
52
5.1 Pressezitate
„Die Sch n e e k a n on e is t zum Tour is te n m a gn e t ge worde n.“
G e o r g S c h l a p p v o m B a y e r i sc h e n Umw e l t a m t 1
Skigebiete brauchen den Berg
verrohrt, verkabelt und planiert.
„E in Alpe n dor f, da s im Sk i- un d Sn owboa rdtour is m us übe rleben will , br aucht den Berg ver rohr t , verk abelt , pl anier t
un d m ode llie r t .
(...)
„98 % de s it a lie n is ch e n Sk ior te s C a n a ze i k ön n e n k ün s tlich
be s ch n e it we rde n.“
(...)
„Wo Pis te n übe r Alm e n f üh re n, e rh ä lt de r Ba ue r e in e E n ts ch ä digun g von 1500 E uro pro He k t a r. Be i A bf ah r te n m it
Be s ch n e iun gs a n l a ge n gibt e s e in e n Auf s ch l a g von 50 %.“
(...)
G re e np e a c e M a g a zi n ( v g l . S c hw e i kle ( 2 0 0 4 ) , S e i t e 2 6 ff )
„Und im »Snow Space Fl achau« heißt das große Thema
d e r Sa is on : A bs olute Sch n e e ga r a n tie ! De n n ab die s e m J ahr
be s ch n e ie n 140 Sch n e e k a n on e n 100 % a lle r Pis te n.“
S ki m a g a zi n 2
„Die Fer ienregion Hohe Salve – gewisser maßen das Tor zur
Sk iWe lt W ilde r K a is e r Br ixe n t a l – in ve s tie r te e r n e ut k r ä ft ig
in Kunstschneeanl agen. Result at : Ab diesem Winter können
mittels 700 Kanonen innerhalb von drei Tagen etwa 110 Pistenk ilom e te r be s ch n e it we rde n ! Die s e n ts pr ich t un ge f äh r
d e r St r e c k e v o n M ü n c h e n i n d a s T i r o le r S c h n e e p a r a d i e s –
welches übr igens das größte zusammenhängende Skigebie t
Ös ter reichs is t .“
Im Skigebiet »Wilder Kaiser
Brixental« (Österreich) schneien
700 Schneeerzeuger.
Skimagazin3
1
Georg Schlapp (2007) vom Bayrisches Umweltamt: In: Bayern 2 Radio.
2
Skimagazin.de (2007)
http://www.skimagazin.de/index.php/Osterreich/SM_6_2006-Reisenews.htm (Stand: 09.11.2007)
3
skimagazin.de (2007)
http://www.skimagazin.de/index.php/Kurz-&-Knackig/SM_5_2007-Wilde_Kanonen_am_Wilden_Kaiser.html (Stand: 09.11.2007)
53
5.2 Das Funktionsprinzip der technischen Beschneiung
In der Natur entsteht Schnee, indem Feuchtigkeit ausfällt und sich um
einen Staubkern eine Kristallisationsverkettung bildet. Durchläuft
der Schnee während des Falls Luftschichten unterschiedlicher Feuchtigkeit
und Temperatur, entstehen die kunstvoll wirkenden Kristallmuster.
Der technische Schne entsteht
durch die Kristallisation von
Wasserstaub in der Luft.
Das Prinzip der technischen Schneeerzeugung bildet die Kristallisation
im Zeitraffertempo nach. Dazu schießt zunächst Wasserstaub aus
den Düsen. Während des Fluges, vom Verlassen der Düsenmündung
bis zum Aufkommen auf dem Boden, muss jedes Wasserstaubteilchen
einen Kristallisationskern gefunden haben. Die Druckluft in einer Schneemaschine hat ausschließlich die Funktion, das in den Düsen fein
zerstäubte Wasser möglichst weit zu schleudern, damit dieses zwischen
der Mündung der Düsen und dem Auftreffen auf dem Boden genug
Zeit zur Kristallisation hat. Um die Wahrscheinlichkeit der Kristallisation
während der kurzen Flugdauer zu erhöhen, wird die bei der
Expansion von Druckluft entstehende Kälte genutzt, um die Wasserstaubteilchen gefrieren zu lassen. Technischer Schnee besteht aus
weniger kunstvollen und kleineren Kristallen.
Man unterscheidet zwischen
Niederdrucksystemen (Propellerkanonen) mit eingebautem
Kompressor und Hochdrucksystemen (Schneilanzen) die an
einen zentralen Druckluftkompressor angeschlossen sind.
Man unterscheidet bei der technischen Beschneiung zwischen der
Niederdruck-Erzeugung, den so genannten Propellerkanonen und der
Hochdruck-Erzeugung, den Schneilanzen. Das Prinzip unterscheidet
sich in der gekoppelten Versorgungsarchitektur der Rohstoffe wie Luft
und Wasser. Ein Hochdrucksystem besteht aus fest am Pistenrand
installierten Schneilanzen. Diese sind an eine zentrale Kompressor- und
und Pumpstation angeschlossen. Die Zufuhr der Druckluft und des
Wassers erfolgt über Rohrleitungen. Durch die Düsenköpfe der Lanzen
wird der Wasserstaub ausgeschleudert. Die Vorteile dieser Anlagen
liegen in der einfacheren Bedienbarkeit. Alle Lanzen können von einem
zentralen Computer gesteuert werden. Kälteperioden können effektiv
und mit geringem Personalaufwand genutzt werden. Nachteil des Hochdrucksystems ist, dass die Schneilanzen nicht manövrierfähig sind.
Der Niederdruck- oder Propellerschnee-Erzeuger besteht aus einem
kurzen Rohr großen Durchmessers, der Turbine. Durch die Turbine
wird Druckluft geblasen. Die Druckluft wird nicht zentral für alle Schneeerzeuger erzeugt, sondern an jeder Kanone separat in einem Kompressor. Die Wasserzufuhr vom Speicherteich zum Schneeerzeuger
erfolgt mittels einer Pumpe. Am vorderen Ende der Turbine spritzen
die Nukleatordüsen Wassertropfen in den Luftstrom ein. Das Gemisch
wird bis zu 60 Meter weit geschossen und während des Fluges kristallisieren die Wassertröpfchen. Die Vorteile des Niederdrucksystems liegen
in einer wesentlich geringeren Schallemission als bei Hochdrucksystemen.
54
Außerdem haben Niederdrucksysteme einen um die Hälfte geringeren
Leistungs- und Energiebedarf, da die Druckluft nicht zum Schneeerzeuger transportiert werden muss, sondern in einem Kompressor an
der Maschine erzeugt wird. Niederdruckerzeuger können auf Pistenraupen oder mithilfe von Gummirädern variabel im Skigebiet eingesetzt
werden. Teilweise werden sie auch auf beweglichen Schwenkarmen
oder Türmen installiert.
Eine Beschneiungsanlage besteht aus den Erzeugern sowie
umfangreichen Verkabelungen,
Speicherteichen, Pumpen und
Kompressoranlagen.
Die beiden angesprochenen Schneeerzeugungssysteme, Propellerkanone
und Schneilanzen bilden nur das sichtbare letzte Stück einer
Beschneiungsanlage. Für die Steuerung und Ressourcenzufuhr sind
umfangreiche Kabelverlegungen, Speicherteiche für das Wasser,
Pumpen, Steuerungsanlagen und für die Hochdruckstationen zusätzlich
zentrale Kompressorstationen notwendig. Bei größeren Anlagen
wird ein eigenes Kraftwerk betrieben.
5.3 Eigenschaften von technisch erzeugtem Schnee
Technisch erzeugter Schnee ist
etwa drei bis fünf mal so schwer
wie natürlicher Schnee.
Technisch erzeugter Schnee ist dichter und härter als natürlicher
Schnee. Damit schafft er einen festeren Untergrund für den Skibetrieb, vereist aber auch schneller. Während die Dichte bei Naturschnee bei etwa 100 Kilogramm pro Kubimeter liegt, beträgt die
Dichte bei technisch erzeugtem Schnee etwa 300 – 500 Kilogramm
pro Kubikmeter. Nach mehreren Feldversuchen des Eidgenössischen
Instituts für Schnee- und Lawinenforschung in Davos, stellten die
Forscher fest, dass technisch beschneite Pisten im Frühjahr zwei bis
drei Wochen später abtauen als Pisten ohne Beschneiung. Außerdem
enthält der Schnee aus einer Beschneiungsanlage viermal so viele
Mineralstoffe und Ionen als Naturschnee (vgl. SLF (2002), Seite 3).
55
5.4 Wirtschaftliche Dimension von Beschneiungsanlagen
Investitionen in eine Schneeanlage sind meistens Teil eines Aufwertungsprogrammes der Bergbahnen und gehen mit der Modernisierung
von Liften einher. Die Frage, welche sich ein Bergbahnbetreiber stellen
muss ist, ob er sich leisten kann keine Schneeanlage zu besitzen und
allein durch die natürliche Schneeressourcen betriebs- und konkurrenzfähig bleiben kann.
In der Schweiz wurden bereits
330 Millionen Euro investiert um
20% der Pisten zu beschneien.
Nach Angaben der CIRPA sind in der Schweiz bereits mehr als als 330
Millionen Euro in Beschneiungsanlagen investiert worden. Dabei
werden nur 20% der Schweizer Pisten beschneit. In Österreich und Italien
sind es nach Angaben der CIRPA je etwa 50% (Stand 2004).1 Nach
Angaben der swissinfo.org stieg die Fläche der beschneiten Pisten in
Italien auf mittlerweile 80 % aller Abfahrten.2
Um einen Hektar zu beschneien
muss 136.000 Euro in die Infrastruktur investiert werden.
Nach Berechnungen des CIRPA kostet allein die Infrastruktur für die
Beschneiung eines Hektars rund 136000 Euro.3 Die Fellhornbahn
GmbH rechnet auf ihrer Internetseite vor, dass ein Kubikmeter technischer
Schnee etwa drei bis vier Euro kostet.4
Um die Investitionskosten für eine Beschneiungsanlage zu kompensieren,
müssen finanzschwächere Bergbahnunternehmen die Kosten über
die Erhöhung der Liftpreise ausgleichen. Eine Schneeanlage lohnt sich
nur an wichtigen und viel befahrenen Pisten. Sie dient dem Schutz
vor Umsatzeinbrüchen durch Schneemangel. Vor der Installation einer
Beschneiungsanlage wird die Eignung der Piste überprüft. Nordlage,
Höhenlage und Durchlüftung sind die wichtigsten Kriterien. Technisch
erzeugter Schnee auf einem Südhang würde zu schnell abschmelzen
und die hohen aufgebrachten Kosten zur Schneeerzeugung brächten
keinen wirtschaftlichen Vorteil.
Die Kosten für die technische Beschneiung hängen von der Art und
Effizienz der verwendeten Maschinen, der Temperatur und der
Luftfeuchtigkeit ab. Bei niedrigen Temperaturen und niedriger Luftfeuchtigkeit kann Schnee wesentlich effizienter erzeugt werden.
1
alpmedia Infoservice (2007): Künstliche Beschneiung im Alpenraum. Ein Hintergrundbericht. Seite 6.
http://www.cipra.org/pdfs/454_de/at_download/file (Stand: 16.01.2008)
2
swissinfo.org (2007): Klimaerwärmung setzt Schneekanonen Grenzen. 07.12.2007.
http://www.swissinfo.html?siteSect=881&sid=8507496 (Stand: 16.01.2008)
3
Güthler, Andreas (2003): Aufrüstung im alpinen Wintersport. CIRPA Hintergrundbericht. Schaan
(Fürstentum Liechtenstein).
http://www.cirpa.org/pdfs/122_de/at_download/file (Stand: 16.01.2008)
4
Kröll, Augustin (2007): Pistenbeschneiung. Möglichkeiten und Grenzen. Oberstdorf: Fellhornbahn GmbH.
http://www.fellhorn.de/index.shtml?beschneiung (Stand: 16.01.2008)
56
Die Rechnung der Wirtschaftlichkeit bezieht auch den Anteil des
Wassers ein, der während des Fluges nicht kristallisiert und verdunstet.
Dies können bis zu 30% des eingesprühten Wassers sein.1
Ein Kubikmeter technischer
Schnee besteht aus etwa 500
Liter Wasser.
Durchschnittlich 500 Liter Wasser und 1 – 9 kWh elektrische Energie
benötigt die Erzeugung von einem Kubikmeter Schnee. In der Schweiz
wird mit folgenden Kosten gerechnet: Die Investitionskosten für
eine Beschneiungsanlage für eine ein Kilometer lange Piste belaufen
sich auf rund eine Mio. Franken. Die jährlichen Betriebskosten betragen
pro Kilometer Skipiste 40.000 Franken für die Präparierung und
20.000 – 30.000 Franken für die Beschneiung.2
162 Mitarbeiter. Jahresumsatz:
70 Millionen Euro (2006).
Über 1000 verkaufte Propellerschneeerzeuger (2007). 690
Kunden in 35 Ländern. Das ist
der Bozener (Italien) Marktführer »TechnoAlpin«.
Auf dem Markt für Beschneiungsanlagen erhältlich sind Komplettanlagen der führenden Hersteller, TechnoAlpin, Sufag, Nivis, Demac
und Lenko mit Leasing und Finanzierungsangeboten. Es gibt einen
Gebrauchtmarkt, Messen und Events. Marktführer TechnoAlpin beschäftigt
162 Mitarbeiter weltweit, erzielte 2006 einen Jahresumsatz von 70
Millionen Euro3 und verkaufte allein im Jahr 2007 über 1000 Propellerkanonen. Der italienische Hersteller profitiert vom globalisierten
Markt. 690 Kunden in 35 Ländern der Erde sind eine erstaunliche Referenz.
Skigebiete in China, Kirgistan, Japan, Korea und Kasachstan setzen
auf die Schneeerzeuger von TechnoAlpin.4
1
swissinfo.org (2007): Schneekanonen – ein löchriger Wasserkreislauf. 20.04.2007.
http://www.swissinfo.org/ger/aktualitaet/detail/Schneekanonen_ein_loechriger_Wasserkreislauf.html?siteSect=106&sid=7732959&cKey=1178088765000&ty=st (Stand: 12.12.2007)
2
Elsasser, Prof. Dr. Hans (2007): Einfluss veränderter Schneeverhältnisse auf den Wintertourismus. Kongress des Bundes Naturschutz am 04.03.2007. Berchtesgaden.
3
TechnoAlpin (2008): Aus dem Herzen der Dolomiten in alle Welt. Bozen.
http://www.technoalpin.com/de/unternehmen/datenfakten (Stand: 21.11.2007)
4
TechnoAlpin (2008): Aus dem Herzen der Dolomiten in alle Welt. Bozen.
http://www.technoalpin.com/de/unternehmen/datenfakten (Stand: 21.11.2007)
57
5.5 Die Rolle staatlicher Institutionen
Gemeinden beteiligen sich
finanziell beim Bau neuer Beschneinungsanlagen.
Regierungen und Umweltbehörden müssen Gesetze zum
Wasserverbrauch und zur
Lärmbelastung erlassen.
Staatlichen Behörden kommt bei der Finanzierungsbeteiligung für die
Anschaffung von Beschneiungsanlagen und in den Gesetzgebungsverfahren eine wichtige Rolle zu. Gemeinden und Städte beteiligen sich
an der Finanzierung und subventionieren die technische Beschneiung.
Im sauerländischen Willingen, einem Mittelgebirgs-Skiort im hessischen
Rothaargebirge, beteiligte sich die Gemeinde mit 5,5 Millionen Euro
an der Finanzierung der Infrastruktur für eine Beschneiungsanlage.1
Andere kleinere Skigebiete können ohne diese Finanzierungsbeihilfen für
Schneeanlagen ihren Skibetrieb kaum noch wirtschaftlich aufrecht erhalten.2
Darüber hinaus sind Regierungen und Gemeindeverwaltungen gefordert, wenn es um die Erlassung und Überwachung von Vorschriften zur
technischen Beschneiung geht. Bisher gibt es keine einheitlichen bzw.
alpen- oder europaweiten Regelungen. In Bayern herrschen die europaweit strengsten Vorschriften.3 Die Überprüfungen vor einer Genehmigung sind umfangreich. Der Wasserverbrauch ist begrenzt, Natur- und
Landschaftsschutz werden überwacht und die Schallemissionswerte sind
geregelt. Beim Bau der Beschneiungsanlage in Garmisch-Partenkirchen
wurden erstmals Empfehlungen der Alpenkonvention umgesetzt.4
Neben den Bergbahnbetreibern und Politikern sind Banken und andere
Geldgeber an der Finanzierung beteiligt. Auch für sie stellt sich die Frage
nach der Zukunftsfähigkeit und Rentabilität von Schneeanlagen.
1
Gemeinde Willingen (2008). Spatenstich technische Beschneiung.
http://www.willingen.org/artikel/artikel_2067.html (Stand: 20.11.2007)
2
Odermatt, Marcel (2005): Staatsgeld für Schneekanonen. In: tagesanzeiger.ch. 22.11.2005.
http://www.tagesanzeiger.ch/dyn/news/wirtschaft/564069.html (Stand: 21.11.2007)
3
Bayerisches Landesamt für Umwelt (2005): Grundsätze für die Genehmigung von Beschneiungsanlagen. Augsburg
http://www.lfu.bayern.de/natur/fachinformationen/freizeitnutzung_wintersport/beschneiungsanlagen/doc/grundsaetze_fuer_%20beschneiungsanlagen_%202005.doc (Stand:
16.01.2008)
4
Güthler, Andreas (2007): Skizirkus ohne Ende? Pressemeldung CIRPA. Garmisch-Partenkirchen.
24.05.2007.
http://www.cipra.org/de/CIPRA/cipra-deutschland/news-und-presse/garmisch-partenkirchenskizirkus-ohne-ende (Stand: 20.11.2007 um 13:28 Uhr)
58
5.6 Ökologische Problemfelder
Schneeanlagen verursachen
eine riesige Umverteilung von
Wasserressourcen.
Der Einsatz von technisch erzeugtem Schnee stellt einen Eingriff in das
Ökosystem der Berge dar. Dies muss nicht zwingend als schlecht
bzw. schädlich für die Böden, die Vegetation und den Wasserhaushalt
sein. Die wichtigste ökologische Frage ist der hohe Verbrauch der Ressourcen Energie und Wasser und die Auswirkungen dieser Umverteilung.
»Schneekanonen drohen Alpen auszutrocknen« titelt der Spiegel1 und
zitiert Carmen de Jong vom Hochgebirgsinstitut Savoyen, wonach
französische Flüsse im Winter aufgrund der Entnahme des Wassers für
die Beschneiung bis zu 70 % weniger Wasser führen. Alle Beschneiungsanlagen der Alpen verbrauchen im Jahr 95 Millionen Kubikmeter
Wasser. Dies entspricht einem Verbrauch einer 1,5 Millionen Einwohner großen Stadt.2
Alle Schneeerzeuger der Alpen
zusammen verbrauchen 600
GWh (Gigawatt/Stunde).
Eine Schneekanone ist kein
»Ökomonster«. Problematisch
sind der Wasser- und Energieverbrauch sowie der teils massive Eingriff in die Landschaft.
Zu dem hohen Wasserverbrauch kommt der extreme Energieverbrauch
für die Drucklufterzeugung und die Pumpleistung der Wasser- und
Druckluftzufuhr. Der Stromverbrauch aller Schneeanlagen in den Alpen
liegt nach CIRPA-Angaben bei etwa 600 GWh (Gigawatt).3 Schneeanlagen sind nicht nur Bekämpfer der Folgen des Klimawandels, sie
steigern durch den hohen Energieverbrauch die CO2-Emissionen.
Das Eidgenössische Institut für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) im
schweizerischen Davos gehört zu den renommiertesten Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Schneeforschung. In der vom SLF
durchgeführten Studie »Kunstschnee und Schneezusätze: Eigenschaften und Wirkungen auf Vegetation und Boden in alpinen Skigebieten«
(vgl. SLF (2002)) wurden im Feldversuch nicht nur der technische
Schnee aus Wasser und Luft untersucht, sondern auch technischer Schnee
mit bakteriellem Zusatz. Demnach werden beschneite Böden im
Vergleich zu nicht beschneiten Pisten mit zusätzlich 360 Liter Wasser
belastet. Aufgrund der späteren Ausaperung (zwei bis drei Wochen)
setzt die Vegetation im Frühjahr später ein als auf nicht beschneiten
Flächen. Zusammenfassend fällt die Studie nüchterner aus, als aufgrund der weit verbreiteten Einschätzung vom »Ökomonster Schneekanone« ausgegangen werden kann. Geländeplanierungen zum Skipistenausbau sowie die tägliche Präparation im Winter werden dabei
als Hauptprobleme identifiziert, die Auswirkungen auf die Pflanzendiversität sowie die Vegetationsphase haben.
1
spiegel.de (2007): Schneekanonen drohen Alpen auszutrocknen. 17.04.2007.
http://www.spiegel.de/reise/aktuell/0,1518,477777,00.html (Stand: 21.11.2007 um 16:27 Uhr)
2
Generalversammlung der Europäischen Geowissenschaften (2007). Wien. 15. – 20. April 2007
http://meetings.copernicus.org/egu2007 (Stand: 12.12.2007)
3
CIRPA (2007): Der Künstliche Winter. Bund Naturschutz (Hg.). München. Seite 16.
http://www.seilbahn.net/snn/konfig/uploads/doku/75.pdf (Stand: 16.01.2008)
59
Technischer Schnee sowie der Einsatz des bakteriellen Zusatzes »Snowmax« (um Schnee auch bei leichten Plusgraden zu erzeugen) hat
jedoch keine massiven, lediglich leichte Auswirkungen auf die Beschaffenheit der Böden und die Vegetation.
Die kritischen Hinterfragung
der technischen Beschneiung
seitens der Bergbahnunternehmen ist mangelhaft.
Noch positiver fällt dagegen die Betrachtung von Seiten der Bergbahnbetreiber zu Fragen der Ökologie aus. Viele Bergbahnen beschreiben
ihre Beschneiungsanlagen auf ihrer Internetseite und bescheinigen den
Anlagen meist „keine nachhaltigen Auswirkungen auf die Vegetation
und Bodenbeschaffenheit“. Dazu kommt die Nennung des „Schutzes
des Kunstschnees vor den Skikanten“. Zu der Frage des Landschaftsverbrauchs von Speicherteichen klingt häufig die Grundstimmung
„Speicherteiche werden begrünt und fügen sich ins natürliche Landschaftsbild ein“. Als Beispiel für diese Argumentation und öffentliche
Stellungnahme seien die Bergbahnen in Saalbach-Hinterglemm1 und
am Hauser Kaibling2 (beide Österreich) genannt. Ähnlich klingen die
Aussagen der Bayerischen Zuspitzbahn(BZB) aus Garmisch-Partenkirchen, die mit dem Zugspitzplateau, dem Hausberg und der Alpspitze
immerhin 118 Pistenkilometern bewirtschaften und sich somit das
größte deutsche Skigebiet nennen dürfen.
Den Bergbahnunternehmen zufolge bringt die Beschneiung
nur Vorteile.
„E be n s o ve r a n twor tlich ge h e n die Se ilbah n e n a uch m it dem
Th e m a Be s ch n e iun g um. De re n ökologis ch e Un be de n klich ke it s te h t lä n gs t a uß e r Fr a ge . Da s be le ge n zah lre ich e
Studie n. So übe r wie ge n e in de utig die Vor te ile – s owoh l
wir tschaftlicher als auch ökologischer Ar t. Denn die Beschneiung
ve rbe s s e r t a uch de n Bode n - un d Ve ge t a tion s s ch utz a uf
de n Pis te n. Ne ga tive Aus wirk un ge n a uf Pfl a n ze nwuch s und
Ar tenzusammense tzung ents tehen nicht .“
B a y e r i sc h e Zu g sp i t z b ah n 3
Andere Skigebiete wie die Giganten des »harten Wintertourismus«
Ischgl und Sölden (beide Österreich) werben zwar mit ihren riesigen
Schneeanlagen, beziehen aber zu den ökologischen Fragen keine
Stellung. Als eine der wenigen Bergbahnen schreibt die Fellhornbahn
GmbH aus Oberstdorf ausführlich über die ökologischen Bedenken
beim Einsatz von technischer Beschneiung.4
1
BBSH Bergbahnen Saalbach Hinterglemm Ges.m.b.H (2008): Ökologische Bilanz.
http://www.lift.at/asp/winter/start.asp?mID=3 (Stand: 16.01.2008)
2
Hauser Kaibling Seilbahn- und Liftges.m.b.H. & Co KG (2008). Beschneiung – Schneesicherheit
fast garantiert.
http://www.hauser-kaibling.com/de/technik/beschneiung.htm (Stand: 16.01.2008)
3
Bayerische Zugspitzbahn (2008): Verbündete der Umwelt.
http://www.zugspitze.de/diebzb/umwelt.php (Stand: 16.01.2008)
4
Kröll, Augustin (2007): Pistenbeschneiung. Möglichkeiten und Grenzen. Oberstdorf: Fellhornbahn GmbH.
http://www.fellhorn.de/index.shtml?beschneiung (Stand: 16.01.2008)
60
Naturschützer gegen Bergbahnunternehmer. Harte Fronten.
Auf politischer Ebene wird die Frage der Beschneiungsanlagen meist
mit verhärteten Fronten geführt. Auf der einen Seite, der BUND Naturschutz und andere Umweltschützer, die Beschneiungsanlagen grundsätzlich ablehnen. Auf der anderen Seite, die Bergbahnunternehmer,
die Beschneiungsanlagen als wirtschaftlich notwendig und ökologisch
unbedenklich einstufen.
Die wichtige Frage bei Schneeerzeugern, wie aber auch bei anderen
technischen Lösungen des Klimaproblems, etwa dem Aufbau
riesiger Sonnenspiegel (um das Licht, das die Erde erwärmt, zurückzustrahlen) muss auch bei Schneekanonen gemäß dem Leitbild der
nachhaltigen Entwicklung die Frage aufgeworfen werden, ob die Anschaffung rentabel und umweltverträglich ist und keine nachhaltigen
Schäden verursacht.
Die Möglichkeiten der Schneekanonen sind durch die Temperaturen und
das verfügbare Wasser begrenzt. Ebenso muss die Frage gestellt
werden ob statt »Eco-Modelle« die Effizienzsteigerungen bewirken,
nicht Innovationen gefordert sind, wie etwa alternative und attraktive
Angebote bei Schneemangel.
„E in e Lös un g lie gt n ur in e in e m Ge s a m t kon ze pt , da s die
Auswirkungen des Klimawandels auf den bayer ischen Wintersport re gion a l be tr a ch te t un d n ich t in e in e m le tztlich
r uinösen Schneek anonenwe tt bewerb mit ös ter reichischen
Sk ior te n “.
H ub e r t We i g e r ( B u n d N a t u r sc h u t z) 1
Ausbesserung der Pisten „ja“,
Grundbeschneiung „nein“, wäre
ein möglicher Kompromiss.
Die Aussage von Hubert Weigner führt zu der Folgerung, dass
eine differenzierte Betrachtung der »Problematik der Schneeerzeugung«
von Nöten ist, um Lösungen statt Konfrontation zu schaffen.
Angebracht wäre beispielsweise die Frage, ob die technische Beschneiung
nur zur Pistenausbesserung, statt zur Grundbeschneiung eingesetzt
werden darf.
1
Weiger, Hubert (2008): Im: Bayrischen Rundfunk (2008): Wedeln im Grünen.
http://www.br-online.de/umwelt-gesundheit/artikel/0610/23-ausbahwahn-skigebiete/index.x
ml;jsessionid=EFW0SZD1JIUXQCSBUKSSM4QKIGRKEJVC (Stand: 23.11.2007 um 20:07 Uhr)
61
5.7 Schneeerzeuger – Lösung und Problemverstärker zugleich
Schneeerzeuger gehören heute genauso zur Infrastruktur
eines Skigebietes wie Lifte,
Restaurants und Pisten.
Das Beschneiungspotential wird
vorallem für niedrig gelegene
Orte in Zukunft stark abnehmen.
Ziel des fünften Teils der Arbeit war das Phänomen »Schneekanonen« in
eine transparente Folgeerscheinung des Klimawandels zu überführen
und die Gründe zu hinterfragen, warum diese eingesetzt werden. Das
Ergebnis der Betrachtungen ist, dass technische Schneeerzeung
heute zu der Standard-Infrastruktur eines Skigebietes gehört ebenso
wie Lifte und Restaurants. Technische Beschneiung ist sowohl kurzzeitige Lösung des Problems, als auch Verstärker des Problems der
Erwärmung und des daraus folgenden Schneemangels. Eine abschließende normative Bewertung ist nur insoweit möglich, als dass
gegen den Einsatz technischer Schneeerzeuger der enorm hohe
Energie- und Wasserverbrauch steht und die Böden sowohl stärker
belastet als auch geschützt werden. Andererseits ist es für Skigebiete kaum mehr möglich, allein durch natürlichen Schnee den Liftbetrieb aufrecht zu erhalten und wirtschaftlich zu überleben. Der
schneearme Winter 2006 veranlasste etliche Skiorte, massiv in den Ausbau
ihrer Beschneiungsanlagen zu investieren. Durch die aufgezeigte,
besonders im Alpenraum ausgeprägte Temperaturerhöhung, die in
etwa doppelt so hoch ausfällt als im globalen Mittel, wird das
Beschneiungspotential für niedrig gelegene Orte zukünftig abnehmen.
62
6 Möglichkeiten der Beobachtung
Aus den bisherigen Betrachtungen ergeben sich drei Thesen. Sie dienen
als Ausgangsbasis für den zweiten Teil mit der Leitfrage, wie technische
Schneeerzeuger porträtiert werden können.
1. Der Klimawandel ist eine nicht mehr zu leugnende, wissen
schaftlich belegte Veränderung. Die Folgen des Klima wandels bedrohen die Ansprüche der heute lebenden Men
schen an ihre Lebensqualität.
2. Im Wintersport setzen Anbieter und Nachfrager nicht auf die Entwicklung alternativer Konsummuster, sondern auf die technische Schneeerzeugung, um die Bedingungen zur Fort
führung von gewohntem Verhalten aufrecht zu erhalten.
Kommunikationsangebote zu
gestalten erfordert das Beobachten und Benennen von
Sachverhalten.
3. Kommunikationsangebote zu gestalten heißt zu beobachten. Dies erfordert das Benennen eines Gegenstandes oder eines Sachverhaltes. Das massenhafte Auftauchen von technischen Schneeerzeugern in den Wintersportgebieten im Alpenraum und in den Mittelgebirgen ist ein Zeichen für die Abnahme der natürlichen Schneesicherheit – bedingt durch den Temperatur-
anstieg im Alpenraum, der etwa doppelt so stark ausfällt
wie im globalen Mittel.
63
6.1 Was ist bedroht?
Vor der Frage, wie technische Schneeerzeuger beobachtet werden können
(Darstellungsform), muss die Frage gestellt werden, was durch den
Klimawandel bedroht ist. Warum beschreibt »Wandel« die
Situation nicht ausreichend, sondern warum wird stattdessen der Begriff
»Katastrophe« verwendet?
„ An dem Tag, an dem die Menschheit verschwinde t , beginnt
die Natur augenblicklich mit dem Hausputz. Sie putzt unsere
Häuser vom Antlitz der Erde. Alle werden sie verschwinden.“
A l a n We i sm a n n 1
Warum nicht weitermachen wie
bisher? Irgendwann gibt es
einen »Reset« des Planeten.
Aufbauend auf der Aussage von Alan Weismann wäre eine mögliche
Handlungsalternative ein »Reset«. Die Menschheit macht noch
ein paar hundert Jahre weiter wie bisher, stößt an die Grenzen ihrer Lebensbedingungen und stirbt aus. Die Erde erholt sich vom Menschen.
Frei jedweder Menschlichkeit generiert sich neues Leben auf der Erde.
Einen solchen »Plot-Point« in die Zukunft zu verlegen, der binär (entweder/oder) über »Erde mit Mensch« oder »Erde ohne Mensch«
entscheidet, fällt in den Aufgabenbereich von Sciene-Fiction-Autoren
und führt zu der Erkenntnis, dass eine intakte Natursituation auch
ohne die geringste Änderung bisheriger Gewohnheiten (in einigen
hundert Jahren) wieder möglich wäre. Wer aber ist bereit, ein paar
hundert Jahre darauf zu warten und dies ausschließlich für die Ermöglichung des »Erdputzes« zu tun?
In knapp einem Jahrzehnt hat sich das Weltsozialprodukt verdoppelt
und das Welthandelsvolumen verdreifacht.2 Gigantismus, rasender
Wachstum fordern einen Ressourcenverbrauch, der den Menschen die
Grenzen der »Weiter-So-Mentalität« aufzeigt.
Bedroht ist nicht »die Natur«,
sondern die Ansprüche des
Menschen an selbige.
Bedroht sind zum einen die Bedürfnisse der heute lebenden Menschen,
als auch die der zukünftigen Generationen, ohne dabei sicher
bestimmen zu können, wie diese aussehen werden. Sie werden unter
der Annahme geführt, dass sie sich nicht grundlegend von denen
der heute lebenden Menschen unterscheiden. In der religiösen Betrachtung
würde es um die »die Wahrung der Schöpfung« gehen.
In einer positivistischen Sicht bestand die Erde, bereits bevor der Mensch
sie besiedelte und hat über das Ableben des Menschen hinaus Bestand.
1
Weisman,Alan (2007): Die Welt ohne uns. München: Piper Verlag.
2
Ziegler, Jean (2005): Die neuen Herrscher der Welt. München: Goldmann Wilhelm GmbH.
64
In der Frühmoderne und der Romantik blickten die Maler in die Natur,
sprachen der Landschaft Schönheit zu und begannen diese zu malen.
Es war der Beginn der Entwicklung eines ästhetischen Anspruches an
die Landschaft. Durch die Veränderungen des Klimawandels ist
dieser Wert bedroht.
Wollen Bäume nicht doch
gefällt, Tiere nicht doch geschlachtet werden und Gletscher nicht doch abschmelzen?
Aus einer konstruktivistischen Perspektive wäre die Aussage „die Natur
hat ein Problem“ nicht haltbar. Dass Bäume nicht gefällt, Gletscher
nicht schmelzen und Tiere leben wollen, ist eine über Jahrtausende
durch Wissenschaft, Kultur und Religion bestätigte Beobachtung
des Menschen und zugleich nur eine seiner durch Kommunikation zum
Weltbild gewordenen Konstruktion.
Paradoxerweise würde sich die Natur ohne uns so entwickeln wie wir es
erwarten: unberührt, blühend und sprießend. In konstruktivistischer
Sichtweise ist die Natur nur eine Erfindung des Menschen und kein
Gegenstand oder Wert an sich. Die Frage wäre: Existiert eine Natur
ohne den Menschen? Der Begriff »Natur« und der Wert »Natur« würde
nicht existieren und eben so wenig die Erwartung, wie diese
geschaffen sein soll. Es würde niemand existieren, der einen Mikrochip
von einem Kirschbaum unterscheiden könnte. Es gäbe keine Unterscheidungen und keine Benennungen.
„ Ich habe noch nie jemanden entt äuscht , weil noch nie
e tw a s von m ir e r w a r te t wurde .“
K ü c h e n j u n g e L i n g u i n i a u s d e m F i l m » R a t a t o u i l le « 1
Das Problem ist die Differenz
zwischen Anspruch und beobachteter Wirklichkeit.
Der Mensch hat Ansprüche an seine Umwelt, an die Bedingungen mit
denen er leben will. Der Klimawandel verändert diese Bedingungen.
Zwischen Anspruch und Realität, welche der Mensch durch Beobachtung
erzeugt, entsteht eine Differenz. Ändert der Mensch analog zu der
Umweltveränderung nicht seine Erwartungen, klafft eine immer größer
werdende Lücke. Dies führt zur Enttäuschung – zur Nichterfüllung
von Ansprüchen.
Damit ist der Bedrohungsgegenstand bestimmt, der sich als „Anspruchshaltung des Menschen an seine Lebensbedingungen“ identifiziert.
Die gewonnene Perspektive wäre die Aussage, dass Entwicklung nicht
ausschließlich auf den Erhalt und die Wiederherstellung von Bedingungen zielen muss, sondern einer drohenden Gefahr ebenso mit der
Änderung der Anspruchshaltung begegnet werden kann.
1
Pixar-Studios / Walt Disney Pictures (2007): Ratatouille (Film).
http://www.disney.de/DisneyKinofilme/ratatouille (Stand: 16.01.2008) 65
6.2 Reaktion des Menschen auf die Bedrohung
Nachdem die Gefahr (Klimawandel) und der Bedrohungsgegenstand
(Erwartung des Menschen an seine Lebensbedingung) bestimmt
wurde, soll es um die Frage gehen, wie der Mensch darauf antwortet.
Wird dem Problem der Beobachtbarkeit von Schneeerzeugern eine
technische Lösung gerecht und entspricht diese dem Verhalten der
Liftbetreiber, die den Schneemangel mittels einer technischen Lösung
bekämpfen, indem sie Schnee aus Maschinen erzeugen?
Als klar war was Technik anrichten
kann erfand der »homo téchne«
die Technikfolgenabschätzung.
Technische Neuerungen stehen
für den Fortschritt – zugleich
können sie aber auch „nicht besonders nachhaltiges Potenzgehabe des Menschen“ sein.
Das Rad, die Dampfmaschine, die Glühbirne, das Internet, das Flugzeug,
oder die Gentechnologie – Erfindungen, welche die Welt nachhaltig
veränderten. Sie sind Ikonen geworden, Abbilder des menschlichen
Verhaltens Problemen zu begegnen oder aber das technisch Machbare
umzusetzen. Dass damit zugleich nicht bedachte Probleme entstehen
können, wie etwa bei der Erfindung des Verbrennungsmotors, wird
heute in der Disziplin der »Technologiefolgen-Abschätzung« behandelt.
Nicht nur ökonomische, soziale, ökologische und politische Risiken
neuer Technologien werden in dieser Disziplin abgeschätzt, sondern
auch ethische Fragen aufgeworfen.
Welches Ausmaß hat die Technik heute erreicht? Wenn man die Einführung
von Apples Iphone, einer neuen Playstation oder die Präsentation
neuer PKW-Modelle auf der IAA, der Internationalen Automobilausstellung beobachtet liegt es nahe, dies als »religionsähnlich« zu bezeichnen. In der technischen Antwort auf eine Gefahr steckt eine oft
nicht erfüllbare Hoffnung, was die Lösungskraft gegenüber dem
Problem betrifft. Schneeerzeuger können Schnee erzeugen, aber Schneegaranten sind sie nicht. Ihrer Anpreisung „ein Skigebiet zu 100%
schneesicher zu machen“ können sie nicht gerecht werden.
Eine weitere Frage zielt auf die Beweggründe ab, die eine Technikanschaffung motivieren. Ein versprochener und nicht einhaltbarer
Mehrwert einer neuen Technik oder eines Produktes wird durch Image
oder ideologische Aufbesserung ausgeglichen. Die sachliche Ebene,
auf der nach dem wirtschaftlichen Mehrwert der Investition gefragt wird,
wird dadurch verlassen. Ein Beispiel für dieses Funktionsprinzip
wäre Apple und seine Produktpolitik.1
An dieser Stelle soll nicht weiter auf den Begriff »Religion« eingegangen
werden. Nur insoweit, als dass Religion als eine gefühlsbetonte und
weniger wissenschaftliches Verfahren darstellt die Welt zu erklären.
1
sueddeutsche.de (2007): Die Apple-Lüge. 28.01.2007.
http://www.sueddeutsche.de/kultur/artikel/413/99314 (Stand: 01.12.2007 um 22:24 Uhr)
66
„( . . . )
Ich sehe nur, wie sich die Menschen pl agen.
Der kleine Gott der Welt bleibt s te ts von gleichem Schl ag,
Un d is t s o wun de r lich a ls wie a m e r s te n Ta g.
Ein wenig besser würd er leben,
Hä tts t du ih m n ich t de n Sch e in de s Him m e ls lich ts ge ge ben;
(...)“
G o e t h e s Fa u s t I 1
Das Verhältnis vom Mensch zur
Technik hat religiöse Ausmaße.
Für die folgende Frage, wie die Schneeerzeuger porträtiert werden
können, sei festgehalten, dass das Verhältnis Mensch / Technik einen
religiösen Gehalt aufweist. Gefragt werden kann in welchem Umfang
der Mensch seine Hoffnungen und Erwartungen in Maschinen und
Technologien projiziert.
6.3 Beobachten – Eine Lebensform und
Voraussetzung für Kommunikation
„( . . . )
Nich t oh n e Gr un d s ch e in t m a n da s Gute un d die Glück s e li gkeit an den Lebensfor men abzulesen.
(...)
E s gibt n ä m lich vor a lle m dre i h e r vor s te ch e n de Le be n sf or m e n, die L us t , die politis ch e un d die be tr a ch te n de .
(...)“
A r i s t o t e le s 2
Für Aristoteles war »das Beobachten« eine Lebensform.
Aristoteles verleiht der Tätigkeit des »Betrachtens« den Titel einer
Lebensform. Niklas Luhmann stellt den Beobachter ins Zentrum seiner
Theorie, wie Kommunikation entsteht. Die Frage was durch das
Beobachten und Porträtieren von technischen Schneeerzeugern beobachtet wird lautet: „Die Antwort des Menschen auf die Bedrohungen des Klimawandels.“
1
Goethe, Johann Wolfgang von (1808): Faust I. Prolog im Himmel. Cotta (Hg.).
http://gutenberg.spiegel.de/?id=5&xid=3448&kapitel=3&cHash=f2061be2842#gb_found
(Stand: 16.01.2008)
2
Aristoteles (2006): Nikomachische Ethik. 7.Auflage. München: dtv Taschenbuch. Seite 109.
67
Um wahrscheinlich zu machen, dass ein beobachtbares Phänomen
(Information), mithilfe des Mediums durch das es transportiert wird
(Mitteilung), beim Adressat ankommt (Verstehen), muss auf den ersten
beiden Prozessabschnitten möglichst präzise beobachtet werden.
Dem Beobachter der Beobachtung (Betrachter der Fotografien) muss ein
Mehrwert gegeben sein, um an das Beobachtete anzuschließen und
einen Kommunikationsprozess zu vollenden oder idealerweise diesen
durch die Äußerung eines weiteren Kommunikationsangebotes
weiterzuführen. Eine solche Fortführung des Prozesses wäre die Frage
des Betrachters an den Fotograf „Was sind das für Maschinen?
„Technische Schneeerzeuger?“ „Wo standen die?“ „Die da stand in
Obergurgl.“ und so weiter...
Man »beobacht« wenn man einem
Gegenstand, oder einem Sachverhalt »Achtung« schenkt.
In dem Begriff »Beobachtung« steckt der Begriff »Achtung«. Man
schenkt bei einem Beobachtungsprozess einem Objekt oder einem Fall
Achtung und etwas anderem Missachtung. Niklas Luhmann nennt
dies »Unterscheidung«. Demnach wäre eine objektive Beobachtung
nicht möglich, sondern jede Unterscheidung von einer subjektiv
bzw. perspektivisch-bedingten »Achtung« und »Missachtung« abhängig.
Deshalb soll die Frage nicht die ontologische Frage nach Objektivität
gestellt werden, sondern nach dem Grad an Objektivität. Man könnte von
einem Journalisten erwarten, dass er für den Leser relevante Unterscheidungen trifft und Objekte oder Fälle demnach beobachtet und benennt.
Dass er dabei zugleich die nicht relevanten nicht benennt, erfordert
einen Beobachter zweiter Ebene, der das nicht Bezeichnete der Unterscheidung des Journalisten benennen kann.
68
6.4 Klimawandel beobachtet
Rein wissenschaftlich betrachtet besteht der Klimawandel aus Zahlen,
Modellen und Messwerten, Prognosen und »Wenn-Dann-Szenarien«.
Der Klimawandel ist mehr als ein mathematisches Konstrukt. Er ist
eine konkrete Bedrohung der aufgezeigten Vorstellungen des
Menschen an seine Lebensbedingungen. Die Frage, wo und wie sich
der Klimawandel deutlicher als anderswo bemerkbar macht, führt
in die Bergwelt. Die größte Aktivität findet nicht dort statt wo soziale
oder ökologische Werte bedroht sind, sondern dort wo wirtschaftliche
Gewinne gefährdet sind. Dies trifft beim Wintertourismus zu. Menschliche
Bedürfniserfüllung (Skifahren) und Gewinnabsicht (Umsatz der Bergbahnen) stehen in Abhängigkeit zueinander.
Technische Schneeerzeuger
sind wahrscheinlich eine Ausprägung des Klimawandels
und noch wahrscheinlicher
eine Folge der menschlichen
Technikbegeisterung.
Technische Schneeerzeuger sollen im Folgenden als unterste Ebene, als
konkreteste Ausprägung des Klimawandels bezeichnet werden und
dienen daher als Beobachtungsgegenstand. Tiefgreifenden Veränderungen
zurückhaltend gegenüber zu stehen, könnte symbolisch für den
Menschen sein. Umso engagierter stürzt er sich in die Lösungsmöglichkeit
»Weiter-So« und erhält mithilfe von Technik, die Bedingung
»Wirtschaften wie bisher«.
Die kommenden Fragen beziehen sich nicht weiter auf das »was«, sondern
das »wie« technische Schneeerzeuger beobachtet werden können.
Jeder Kommunikationsaufgabe liegt die Suche nach der Darstellungsform zugrunde. Der Findung einer Form sollen einige Beispiele aus
der Kunst sowie die Beschreibung einiger bekannter Möglichkeiten
voraus geschickt werden.
69
6.5 Kunst und Klimawandel
In Kalle Laars »Calling the
Glacier« kann man dem Vernagtferner in Echtzeit beim
Abschmelzen zuhören.
Ein konkretes Beispiel für die Verarbeitung der Frage „Wie den Klimawandel beobachten?“ liefert das Projekt »Calling the Glacier A mobile
Elegy« von dem Klangkünstler Kalle Laar. Man wählt eine Telefonnummer und hört in Echtzeit die Abschmelzgeräusche des Vernagtferner in den Ötztaler Alpen. Eine Mischung aus Rauschen und Plätschern
klingt durch den Hörer. Die Sterbegeräusche des Gletschers in die
Ohren eines jeden Anrufers. Dieser serielle Audiostream liefert kaum
Abwechslung und wirkt penetrant aber lebendig.
Spencer Tunick zeigt die Nacktheit und die damit verbundene Verletzlichkeit der Gletscher. Er fotografierte hundert nackte Menschen auf
dem Schweizer Aletschgletscher.1 Die von Greenpeace begleitete Aktion
– die Schaffung einer Gruppenskulptur – soll auf den Klimawandel
aufmerksam machen und den Betrachter als Individium ansprechen.
6.6 Narrative Darstellungsform – Weiß auf Grün und Grün ohne Weiß?
Bezogen auf Fotografie wird nach der Abwägung zwischen »Inszenierung« (Wirklichkeit schaffen = Kreation) und Abbildung (Wirklichkeit wiedergeben = Reflexion) gefragt. Eine Synthese daraus wäre
die narrative (lat. narrare = erzählen) Form. Objekte und Kompositionen erzählen eine oder mehrere Einzelfälle, die zugleich eine
Funktion in einer übergeordneten Geschichte sein können.
„Vordergründig geht es um ein R aumschiff, das von einem
Alie n a n ge gr iff e n wird. A be r im Gr un de ge h t e s um die Bezie h un g zwis ch e n M e n s ch un d M a s ch in e .“
P ro f. A n d re a s P. B e c h t o ld 2
Welche Geschichten erzählt der
Klimawandel? Grüne Pisten?
Schneimeister? Schneetransport?
„Welche Geschichten erzählt der Klimawandel?“ Grüne Skipisten im
Winter? Weiße Schneestreifen in einer braun-grünen Landschaft im
Oktober? Hubschrauber, die Schnee vom Grossglockner zum Weltcuprennen nach Kitzbühel transportieren? Die Geschichte der Schneimeister? Am Arber im bayrischen Wald arbeiten angeblich die besten
Schneimeister der Alpen. In Garmisch produziert man angeblich
mehr Wasser als Schnee. Geschichten auf alpinforum.com, wo ein
Vertriebsmitarbeiter eines Schneeerzeuger-Herstellers fragt „Wird die
Arbeit über Schneekanonen negativ oder positiv?“3
1
Tunick (2007): Aletschgletscher. Fotoprojekt.
http://www.greenpeace.at/4830.html (Stand: 16.01.2008)
2
Bechtold, Andreas P. (2006): »Anfänge«. Über den Film »Alien«. HTWG Konstanz (Aula).
3
»Schwoab« (2008): Schneekanonen und Nachhaltigkeit. In: www.alpinforum.com. 02.11.2007
70
6.7 Abstraktion und Symbolismus - Das Stellvertreterprinzip
Da s Sym bol m a ch t de n W ie de re in tr itt e in e r Un te r s ch e idung in das durch sie unter schiedene f assbar. Es dient al s
Zeichen der Gas tfreundschaft in der Hand des Gas tes. Es
die n t a ls Z us a m m e n h a n g de s Ve tr a ute m un d Un ve r tr a ute m
im Ve r tr a ute n.“
Peter Fuchs1
Eine kunsthistorische Ikone
ist eine Figur in einer formelhaften Komposition, welche
die Vergegenwärtigung der
göttlichen Vollkommenheit
symbolisiert.
Neben der erzählenden bildet die abstrahierende Form (lat. abstrahere
= abziehen, trennen)2 eine weitere Möglichkeit der Verbildlichung
einer Beobachtung. Die Abstraktion in der Kunst bekam erst Anfang
des 20. Jahrhunderts mit dem Aufkommen der Industrialisierung
eine Bedeutung. Die Expressionisten drückten in der Malerei die zunehmende und als Bedrohung empfundene Urbanisierung des Lebensraumes aus. Ziel der sich von der wirklichkeitsgetreuen Abbildung
entfernenden Darstellungsweise war eine radikale Neuinterpretation des Beobachtungsgegenstandes durch den Künstler. Eine solche
Dynamik und Auflösung existierte in den Epochen davor, in der
romanischen und christlichen Kunst nicht. Die christlich motivierte
Kunst diente zur Darstellung biblischer Geschichten, oder wie im
Falle der Ikonenmalerei zur Vergegenwärtigung von Christus, der heiligen
Maria und anderer biblisch- oder katholisch-historischer Figuren.
Als Hintergrund für die Figuren diente eine formelhaft vereinfachte
Architektur, ein Haus, ein Rundbogen oder ein Turm. Die Beziehung
zwischen Figur und Hintergrund war nicht zwingend oder logisch,
vielmehr war sie austauschbar. Diese Idee, der Lösbarkeit des
Hintergrundes vom Vordergrund auf das vorliegende Fotokonzept bezogen
würde heißen, jedes Vordergrundmotiv ist auf jedem Hintergrund
platzierbar, ohne dass das Bild in seiner Funktion beeinträchtigt wird.
1
Fuchs, Peter (1992): Niklas Luhmann- beobachtet. Opladen/Leverkusen: Westdeutscher Verlag.
Seite 16f.
2
Stegmann, Markus (2002): Lexikon der modernen Kunst. art- Das Kunstmagazin (Hg.). Hamburg.
71
Ikonen mit christlichem Motiv
erfüllen eine Funktion im Alltag
des Glaubens. Sie machen Gott
gegenwärtig.
[Abbildung 4]
[Abbildung 5]
Romanische Buchmalerei I
Romanische Buchmalerei II
Wenn auch in der romanischen Malerei die symbolische Darstellung
verwendet wurde, etablierte sich der Begriff des Symbolismus (griechisch symbolon = Zeichen) erst, nachdem der Schriftsteller Jean Moréas
diesen auf eine literarische Darstellungsform bezog. Ziel der symbolischen Kunst war die Schaffung einer nicht mit dem Verstand (ratio)
erklärbaren Welt, sondern ein Abtauchen ins Mystische. Motive stehen
nicht für sich als Individuum, sondern repräsentieren Strömungen der
Zeit, in denen die Kunstwerke entstanden. Sie transportieren die
Ängste und Sehnsüchte der Menschen, symbolisieren das Unerklärliche,
die Bedrohung und Hoffnung zugleich. Sie werden zu einer funktionalen Instanz, vergleichbar mit Niklas Luhmanns Beschreibung der
funktional differenzierten Gesellschaft, die nicht aus handelnden
Menschen besteht, sondern aus Personen, die eine Funktion innerhalb
der Gesellschaft erfüllen.
6.8 Technische Schneeerzeuger
Kann die Idee – ein Motiv nicht
als Ausdruck seiner selbst,
sondern als Stellvertreter von
etwas anderem – auf das Porträtieren von Schneeerzeugern
angewendet werden?
– Ikonen einer menschlichen Verhaltensweise?
Eine deutlichere Ausprägung der Idee, eine Figur nicht als Ausdruck seiner
selbst, sondern als Ausdruck von etwas anderem zu verwenden,
findet sich beispielsweise in der christlichen Ikonenmalerei. Man spricht
hier nicht von Personen oder gar Persönlichkeiten – durch die
Verwendung des Begriffs »Figur« wird das Motiv auf eine symbolische
Funktion transformiert. Im Folgenden wird untersucht, inwieweit
in der Ikonenmalerei herrschende Gestaltungsregeln auf die Porträts
der technischen Schneeerzeuger angewendet werden können. Die
Frage wäre, wie Schneeerzeuger zum Abbild einer nicht sofort zu verstehenden Wirklichkeit werden können.
72
7 Kommunikationsaufgabe und fotografisches Konzept
Die Fotografien zeigen keine
»M18 von TechnoAlpin«, sie
zeigen die nicht durchschaubare Rätselhaftigkeit der
durch den Klimawandel veränderten Gegenwartswelt.
Die Frage: „Wie kann der Klimawandel beobachten werden?“, entwickelt
sich zu der Frage: „Wie können die Folgen des Klimawandels und die
Reaktion der Menschen auf diese Veränderung beobachtet werden?“.
Die Antwort : „Durch das Beobachten und Porträtieren technischer
Schneeerzeuger.“ Technische Schneeerzeuger als kleinst mögliche zu
beobachtende Ausprägung des Klimawandels. Im Folgenden geht es
um die Präzisierung der Darstellungsform mit dem Ziel, nicht den Klimawandel direkt zu zeigen, sondern die dadurch entstandene, fremd
und absurd wirkende Wirklichkeit zu reflektieren. Die folgende Arbeit
verfolgt kein direktes aufklärerisches Ziel, liefert keine Modelle,
Informationen und theoretisches Wissen. Sie zeigt nur eine Möglichkeit
der Beobachtung – die formal inszenierte und schematisierte Beobachtung mittels der Fotografie. Für das fotografische Konzept der vorliegenden
Arbeit lautet das aus dem Symbolismus abgeleitete Prinzip: Das Motiv
steht nicht als Individuum, nicht als »Propellerschneeerzeuger M18 von
TechnoAlpin«, es steht für die nicht durchschaubare Rätselhaftigkeit
der durch den Klimawandel veränderten Gegenwartswelt.
7.1 Ikonen – Von der »vera icon« bis zu Paris Hilton
Christliche Ikonen heben die
Transzendenz Gottes auf und
machen ihn über das Abbild –
das wahre Bild – erreichbar.
Ikonen (mittelgriechisch eikóna, zu griechisch eikon »Bild«)1 dienen in
der Tradition der byzantinischen Kunst zur Vergegenwärtigung des
Antlitzes Christi (vera icon = »das wahre Bild« ). Zugleich sollten sie
die Herrlichkeit der göttlichen Vollkommenheit darstellen. Die Transzendenz wird aufgehoben und Christus erreichbar. Es ist ein Versuch,
die Verkörperung des bisher nicht Greifbaren herbeizuführen. Sie geben nach platonischer Begrifflichkeit »Einsicht« in die Welt der Ideen,
der höchsten Stufe der menschlichen Erkenntnis. Demnach wäre jede
Erscheinung, jeder Gegenstand der physischen Welt nur ein Verweis
oder ein Abbild einer physikalisch nicht erlebbaren Wirklichkeit. Diese
Wirklichkeit, in der sich auch die Idee »Gott« abspielt und durch die
Tätigkeit »Glaube« aktualisiert wird, sollte über die Ikonenfigur einsehbar gemacht werden. Um auf diese Metaebene zu verweisen, verwendete man beispielsweise die strikte symmetrische Komposition, wie sie
in der sinnlich wahrnehmbaren Natur – in Abgrenzung zur durch
Glaube geschaffenen Wirklichkeit – unwahrscheinlich ist.
1
Brockhaus Enzyklopädie (2007) Online-Version, 2007
http://www.brockhaus-online.de 02.12.2007
73
Ab Mitte des neunten Jahrhunderts wurde die »Abbildung
Gottes« in den Ikonen von der
katholischen Kirche erlaubt.
Beim Angriff auf das World Trade Center wurden nicht allein
Tonnen von Stahl und Zement
vernichnet, sondern auch ein
Symbol für die westliche, kapitalistische Weltanschauung.
Die ersten als Ikonen bezeichneten Abbildungen christlicher Figuren
entstanden im dritten Jahrhundert. Als Vorläufer kann die ägyptische
Porträtmalerei als auch die spätantike illusionistische Malerei gesehen
werden. Die Stillvollendung der christlichen Ikonenmalerei fand etwa
zur Mitte des neunten Jahrhunderts statt1, als die katholische Kirche
nach dem Bilderstreit die figürliche Darstellung erlaubte und förderte.
Vor allem in der russischen Ostkirche fanden Ikonen eine weite Verbreitung und eine grundlegende Bedeutung im Alltagsleben von Gläubigen.
Im Russland des 17. und 18. Jahrhunderts wurden die Ikonen massenhaft produziert und mit immer mehr Details oder schmuckhaften
Umrandungen ausgestattet. Auch heute werden Ikonen gemalt –
unter dem Einfluss der modernen Kunstrichtungen – aber erkennbar
an ihre Tradition anknüpfend.
Die häufigste Verwendung fanden Ikonen in Wand-, Buch und Altarmalereien. Der Begriff »Ikone« bezeichnet kunsthistorisch gesehen
die christliche Malerei, bei der eine heilige Figur vor einem einfachen
Hintergrund abgebildet dazu dient, die Göttlichkeit zu vergegenwärtigen. Im modernen Sprachgebrauch wird ein Phänomen als Ikone
bezeichnet, wenn dieses wesentlich ist für die gegenwärtige Wirklichkeit. Beispielsweise das World-Trade-Center in New York. Es war ein
Symbol für die Größe und Macht der westlichen, auf Kapitalismus
basierten Welt. Mit ihrer Zerstörung wurden nicht allein Unmengen
von Stahl und Zement zerstört, sondern auch das Selbstverständnis
der Amerikaner und ihrer Verbündeten. Die Symbolhaftigkeit des Angriffs
vom 11. September markierte einen Wendepunkt in der Geschichte
und löste den Versuch einer Neustrukturierung der Weltordnung aus.
Neben diesem markanten Beispiel des World Trade Centers sollen
weitere Beispiele für Symbole angeführt werden.
• Bill Gates = American Dream, Erfolg, Reichtum
• Ernesto Ché Guevara = Revolution, Freiheit, Abenteuer
• Paris Hilton = Sex, Mode, Spaß, Pop, Klingelton-Mentalität
• Graf von Stauffenberg = Gewissen, Widerstand
• Google = Internet, Monopol, Kapitalismus
• Ipod = Image, Design, Usability
• Ferrari = Macht, Status, Potenz, Technik
Die Beispiele dienen auszugsweise als Beleg dafür, wie die Welt über
Symbole geregelt wird und sich selbst regelt, eben funktioniert.
Symbole sind Konzentrate, Zusammenfassungen menschlicher Aktivität,
nicht erfüllter Träume und gemeinsamer Identitätsbekundungen.
1
Velmans, Tanja (2001): Ikonen – Ursprung und Bedeutung. Stuttgart: Besler Verlag.
74
7.2 Ikonen – Beherrschung durch Symmetrie
Wichigstes Gestaltungselement
bei den Ikonen ist die Symmetie
– das Ebenmaß.
Um Gestaltungsmerkmale der Ikonenmalerei auf die Gestaltung der
Fotografien der technischen Schneeerzeuger anwenden zu können,
müssen die Grundregeln der Ikonenmalerei beobachtet und benannt
werden. Ikonen lassen sich meist durch einfache Regeln beschreiben,
basierend auf den geometrischen Grundformen Kreis, Dreieck und Oval.
Wichtigstes Gestaltungselement ist die Symmetrie (lateinisch-griechisch »Ebenmaß«, zu griechisch sýmmetros »gleichmäßig«).1 Hauptelement ist meist ein in der Bildmitte angeordnetes Gesicht oder
der Körper Christi‘ oder der Jungfrau Maria. Die Abstände des Motives
zu den Bildrändern links und rechts sowie oben und unten sind
meist identisch. Weiterhin wird die Symmetrie durch die Spiegelfähigkeit der beiden Bildhälften betont. Die Gliederung des Binnenraumes dient nicht zur Spannungserzeugung, sondern zur Zentralisierung des Motivs. Rechts und links des Motives zieren Statisten
oder Symbole das Bild und ergänzen dieses, nehmen aber keine für
das Gesamtbild bedeutende Funktion ein. Sie haben ausschließlich
dekorativen Charakter.
Die Proportionen wurden nicht naturgetreu, sondern anhand ihrer
Bedeutung und Funktion innerhalb des Bildes bemessen. Linien,
Farben und Gestik der Figuren werden verwendet, um das Wesentliche zu betonen. Der Hintergrund folgt ebenso nur vereinfachten
Formenregeln. Ein goldener Hintergrund diente als Symbol im Symbol,
als Vergegenwärtigung der göttlichen Macht und Einzigartigkeit.
Die Ikonenfiguren zeigen keine
Gefühle durch Mimik und Gestik.
Diese Strenge steht für die Annäherung an Gott durch Verzicht.
Die Gesten, Bewegungen und Mimiken der Figuren sind auf das
Wesentliche, auf das Typische reduziert. Sie spielen sich innerhalb
eines reduzierten Verhaltensschemas ab, das keine Individualität
zulässt. Gefühlsneutralität und asketischer Verzicht sind typisch für
die Figuren. Eine Vergegenwärtigung von Leblosigkeit, Stille,
Starrheit, sowie Beharrlichkeit und Kontinuität. Diese Lebensauffassung,
sich durch den Verzicht an Leidenschaft, Sprache und Bedürfnisse
Gott zu nähern, hat beispielsweise Philip Gröning in einem Dokumentarfilm gezeigt. In »Die Grosse Stille« dokumentiert er den Schweigeorden der »Karthäuser« in den französischen Alpen.2
1
Brockhaus Enzyklopädie (2007). Online-Version, 2007.
http://www.brockhaus-online.de (Stand: 02.12.2007)
2
Gröning, Philip (2006). Die grosse Stille (Film). X-verleih/Warner Bros.
75
7.3 Die ikonennahe Darstellungsweise in der Fotografie
Marilyn Monroe und James Dean
waren beliebte Motive und Symbole von »ways of life«.
In der Fotografie findet sich die Idee, etwas Abgebildetes als Symbol
für etwas Vertrautes zu verwenden, zum Beispiel in den Porträts
von James Dean oder Marilyn Monroe. Beide stehen sowohl als »einzigartige Persönlichkeiten« als auch als Symbol für Erfolg, Jugend,
exzessives Leben, Tod und Scheitern. Dagegen steht beispielsweise das
Porträts eines Handlangers von August Sander nur als Vertreter
der sozialen Schicht der Hilfsarbeiter.
[Abbildung 6]
[Abbildung 7]
Handlanger: Symbol einer Gesellschaftsschicht
James Dean: Symbol für Abenteuer
und exzessives Leben
Eine ikonenhafte Darstellung in einer seriellen Anordnung findet
sich beispielsweise in den Fotografien von Bernd und Hilla Becher.
Mehrere gleiche Objekte sind technisch und formal einwandfrei
durch Wiederholungen in einen Rhythmus eingebunden.
[Abbildung 8]
Serielle Porträts I
[Abbildung 9]
Serielle Porträts II
76
Es soll keine neue fotografische
Formensprache gefunden werden,
vielmehr eine bestehnde präzise
angewendet werden.
In der vorliegenden Arbeit, liegt der Anspruch nicht in der Findung
einer neuen und experimentellen Darstellungsweise, als vielmehr
in der präzisen Verwendung einer bestehenden Darstellungsweise
in einem neuen und den Problemen der Menschheitsentwicklung
angemessenen Kontext. In diesem Fall stellt der Klimawandel den
Kontext und das ikonennahe Porträtieren einer Folgeerscheinung
die Form dar.
[Abbildung 10]
Porträt eines Techniksymboles
[Abbildung 11]
Schneekanonen: Symbol für die menschliche Reaktion auf den Klimawandel?
77
7.4 Das symbolische Porträt
Für die fotografische Ausarbeitung ist nur ein einziges Motiv festgelegt:
Niederdruck-Propellermaschinen. Sie stehen am Pistenrand, auf
der Piste oder in Nähe der Seilbahnstationen. Die meiste Zeit über in
ihrem arbeitslosen Status verharrend, wirken sie wie Wächter,
bereit auf Knopfdruck Schnee über die Piste zu schießen. In eben diesem
bedächtigen, sinnlich ruhigen und zugleich schreiend lauten
Zustand sollen die Schneeerzeuger porträtiert werden.
Die gewählte Darstellunsgweise
soll Ruhe schaffen, Penetranz
erzeugen und die Schneeerzeuger mayestätisch und potent
wirken lassen.
Die gewählte Darstellungsweise soll Ruhe schaffen, Penetranz erzeugen
und dem Betrachter nicht sofort eröffnen, in welchem problematischen Kontext diese Maschinen stehen. Die in das Raster eingeordneten
Schneeerzeuger unterscheiden sich lediglich durch den Hintergrund
und den Hersteller bzw. Modelltyp und wirken austauschbar und symbolisch für die Reaktion des Menschen auf den Klimawandel.
Die beiden Gestaltungsregeln der Symmetrie sowie der Mimikreduktion
sind angelehnt an die Ikonenmalerei und als Gestaltungsgrundsatz
festgelegt. Die Schneeerzeuger werden konstant in der gleichen Position
und im gleichen Zustand gezeigt. Nicht im Einsatz. Wartend.
Als symbolisches Porträt, müssen die vorliegenden Fotografien zwei
Funktionen erfüllen. Erstens, jede Fotografie ist ein Porträt einer
einzigartigen Maschine und zweitens ist jede Maschine ein innerhalb
der Schneeerzeugermodelle austauschbarer Schneeerzeuger,
welcher auf die Veränderung der Welt durch den Klimawandel verweist.
78
7.5 Bildaufbau und Raster
Um das Ziel einer »ikonennahen« und technisierten Darstellung in
den Fotografien zu erreichen, werden an die Ikonenmalerei angelehnte
Gestaltungsgrundsätze abgeleitet.
Symmetrie
Die fotografierte Wirklickeit
wird an das Raster angepasst.
Ein vier- bzw. achtspaltiges Raster teilt das Aufnahmeformat sowohl in
der Horizontalen als auch in der Vertikalen in jeweils vier (bzw. acht)
Abschnitte. Ein zusätzliches zentriertes Dreieck begrenzt die maximale
Ausdehnung der Schneeerzeugung nach oben und unten. Die oberste
horizontale Vierteilung wird in der Mitte unterteilt (Achtelung). Diese
Linie legt die Ausdehnung des Körpers (kreisförmige Turbine) des
Schneeerzeugers nach oben hin fest. Die untere Grenze des Körpers des
Schneeererzeugers wird durch die unterste horizontale Linie der
Viertelung festgelegt (Raster siehe Anlage 1). Durch diese Rasterung
entsteht Symmetrie. Die Zentrierung des Motives sowie die Abstände
nach links und rechts sind gleich groß. Dadruch richtet sich die
Fotografie nicht nach der Wirklichkeit, z.B. schräg zum Hang stehenden
Schneeerzeugern, sondern die Wirklichkeit richtet sich nach den
Vorgaben aus dem Raster. Die horizontalen Linien der Maschinen
(z. B. die Unterkante der Kompressorverkleidung) verläuft immer
parallel zur Unterkante des Fotos. Dadurch wird die beobachtete Wirklichkeit in das Raster gezwungen.
[Abbildung 12]
Visualisierung des Rasters mit Motiv
79
Spiegelung des Hintergrunds und Achsensymmetrie
Der Hintergrund ist gespiegelt.
Der Hintergrund wird in der Mitte des Bildformats, d. h. in seiner vertikalen Achse gespiegelt. Diese Spiegelung des Hintergrunds steht symbolisch für die Fähigkeit des Menschen, die Bedingungen frei und mithilfe von Techniken zu gestalten. Technischer Schnee ist ebenso absurd wie
ein Schneeerzeuger vor einem gespiegelten Hintergrund.
Hintergrundmotive
Die Hintergrundmotive sind
niedliche Statisten.
Neben dem Motiv, dem Schneeerzeuger, zieren, wie in der Ikonenmalerei,
Statisten die Räume. Skilifte, Bäume, Masten, Zapfstellen, Zäune,
Matten und andere Schneeerzeuger. Wichtig bei dieser Betrachtung ist,
dass die Statisten keine wesentliche Rolle spielen, sie sind austauschbar
und nicht elementar.
Farbe
Knallendes Rot. Giftiges Gelb.
Schreiendes Grün.
Die Hauptfarbe bei Ikonen ist Gold, das repräsentativ für das Göttliche
steht. Dagegen trifft man bei den Schneeerzeugern auf knallendes Rot,
giftiges Gelb, künstliches Blau und schreiendes Grün. Die Lackierungen
der Schneeerzeuger sind grell und auffällig. Warnfarben zur Unfallvermeidung mit Pistenbenutzern? Durch die intensive Farbgebung heben
sich die Schneeerzeuger deutlich vom Hintergrund ab, integrieren sich
schwerfällig in ihr Umfeld. Um den »technischen Anteil« im Bild zu
erhöhen, werden die Farben verstärkt. Es wirkt noch etwas aufgesetzter, noch etwas unnatürlicher, so wie die Einrichtung einer Beschneiungsanlage in den Berg auch unwirklich wirkt.
Motivgestik
Die Schneeerzeuger schweigen. Auf Befehl greischen sie.
Verzicht, Schweigen, Beharrlichkeit. Mit diesen drei Worten ließen sich
die Schneeererzeuger beschreiben. Gezeigt werden ausschließlich
Schneeerzeuger, die nicht in Betrieb sind. Keine schneeerzeugenden
Schneeerzeuger sondern lediglich Schneeerzeuger, die in der Lage
sind Schnee zu erzeugen. In der Ikonenmalerei wird diese Armut an
Mimik und Gestik, diese Stummheit mit der göttlichen Perfektion
gleichgesetzt und der Fähigkeit der Figuren zu verzichten und körperlichen
Bedürfnissen zu entsagen, zu Gunsten spiritueller Aktivität.
80
7.6 Kommunikative Grenzen
Die Hintergrundinformationen,
der Kontext in den sich die Porträts eingliedern bleibt dem Betrachter zunächst verborgen.
Die Daten, Fakten und Hintergründe des Klimawandels, in den sich die
technischen Schneeerzeuger integrieren, bleiben dem Betrachter
zunächst verborgen. Der Einstieg in die Problematik geschieht vielmehr
durch eine künstlerische Darstellungsweise - durch die Porträts der
Schneeerzeuger. Eine genaue Abschätzung über die Anschlussfähigkeit
dieses Kommunikationsangebotes nicht möglich. Es gibt keine
Zielgruppenansprache. Mehrwert der Fotografien ist die Konfrontation
mit einer absurd und unrealistisch wirkenden Welt, dessen Zentrum
(Bildmitte) dem Schneeerzeuger zusteht. Er nimmt eine majestätische
Erzählposition ein.
In diesem Spannungsfeld, zwischen selbsterklärendem Zeichen (Ikone)
für die Reaktion des Menschen auf die drohende Gefahr des Klimawandels und dem mystischen Abbild einer aufgrund von fehlendem
Wissen nicht zu verstehenden Wirklichkeit, spielen die Fotografien.
Es handelt sich um eine Loslösung der Schneeerzeuger aus ihrem Kontext.
Durch den Verzicht der Einbettung in den Kontext des Klimawandels
und die Reduktion auf die Schneeerzeuger-Porträts handelt es sich um
eine isolierte Darstellungsform.
„Die Welt is t die Gesamt heit der Tatsachen, nicht der Dinge.
(1.1),
Wa s de r Fa ll is t , die Ta ts a ch e , is t da s Be s te h e n von Sa chve rh a lte n.“ ( 2)
Ludwig Wittenstein1
Etwas bekommt erst durch seine
Eingliederung in einen Kontext
Bedeutung – isoliert und alleine
kann es nicht existieren.
Die Idee, die Wirklichkeit in Einzelheiten zu zerlegen, die sich zueinander
verhalten, stammt von dem Philosoph Ludwig Wittgenstein. In seiner
Sprachphilosophie bekommt ein Wort seine Bedeutung nicht durch seine
Existenz, sondern erst durch seine Verwendung in einem Kontext zum
Beispiel in einem Satz oder in einem Weltbild. Dies führt zu der Frage,
welche Funktion ein Wort in seinem Umfeld einnimmt. Welche Funktion
nehmen die Schneeerzeuger im Kontext des Klimawandels ein?
1
Wittgenstein, Ludwig (1998): Logisch-philosophische Abhandlung, Tractatus logico-philosophicus. Kritische Edition. Frankfurt am Main: Suhrkamp, Seite 1.
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(2000): Wie erkenne ich Romanische Kunst? Augsburg: Bechtermütz Verlag.
Abbildung 5
(2000): Wie erkenne ich Romanische Kunst? Augsburg: Bechtermütz Verlag.
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Erklärung zur selbstständigen Anfertigung
Ich erkläre hiermit an Eides Statt,
dass ich die vorliegende Bachelorthesis (sowohl den schriftlichen als auch
den gestalterischen Teil) selbstständig angefertigt,
keine anderen als die angebenden Quellen benutzt,
die wörtlich oder dem Inhalt nach aus fremden Arbeiten entnommenen
Stellen, bildlichen Darstellungen und dergleichen als solche genau kenntlich
gemacht und
keine unerlaubte fremde Hilfe in Anspruch genommen habe.
Konstanz, 07.02.2008
Daniel Rosner
87
Anlage 1: Raster
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