– Führungsethik im Unternehmen – 1 Konkrete Auswirkungen der Führungs- und Unternehmensethik Auf der Grundlage der Vorüberlegungen wird von der These ausgegangen, dass sich das ethische Konzept einer Führungskraft unter anderem im Bindungsgrad der Mitarbeiter widerspiegelt und sich – so gesehen – in einer niedrigen Fluktuationsrate bzw. niedrigem Krankenstand wiederfinden lassen muss. In Bezug auf die Plausibilitätsstruktur ist nach dem Gütegrad des aktuellen ethischen Konzeptes zu fragen: Gibt es eine ethisch fundierte Plausibilitätsstruktur, so sollte eine positive Bilanz – d. h. niedrige Fluktuationsraten und niedrige Krankenstände – gezogen werden können. Das ethische Konzept der Führungskräfte hat auch Einfluss auf die Arbeitsmotivation und -zufriedenheit der Mitarbeiter sowie auf das Sozialklima. Das Fehlen ethischer Standards und Maximen muss sich demnach in den ‚Absentismus-Raten’, z. B. dem Krankenstand und den Lohnfortzahlungskosten wiederfinden lassen. Vor diesem Hintergrund befassen sich die nachfolgenden Analysen mit der Auswirkung ethischen Verhaltens der Führungskräfte auf den Krankenstand und die Fluktuation. 1.1 Auswirkungen auf den Krankenstand 1.1.1 Theoretische Vorüberlegungen Im Gegensatz zu der ganzheitlichen Definition der Gesundheit1 bedeutet Krankheit im medizinischen Sinne ein physisch und/oder psychisches Ungleichgewicht, das dem Individuum die Möglichkeit nimmt, an den unterschiedlichen Lebensbereichen aktiv teilzuhaben.2 Den sozialen Arbeitsbeziehungen, in denen der Einzelne lebt, kommt im Hinblick auf die Krankheit wesentliche Bedeutung zu: Konflikte und Krisensituationen, die sich in der Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt und ihren Anforderungen ergeben, können beim Einzelnen zu körperlichen, seelischen oder psychosomatischen Krankheiten führen.3 Aus dieser Betrachtung heraus wird schon der besondere subjektive Faktor des betrieblichen Krankenstandes deutlich: Je mehr sich der Arbeitnehmer in den betriebli1 2 3 „Gesundheit bedeutet vollständiges physisches, geistiges und soziales Wohlbefinden und nicht nur Nichtvorhandensein von Krankheit und physischer Schädigung.“ Nieder 1979, S. 12. Vgl. Socha 1984, S. 10. Vgl. Socha 1984, S. 205. chen Kontext einbezogen fühlt und mit seiner Arbeitssituation zufrieden ist, desto weniger wird er versuchen, sich der Arbeitssituation durch Krankheit bzw. Absentismus zu entziehen. Arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse bestätigen die Plausibilität des vermuteten Zusammenhangs, dass sich die subjektiv erlebte Arbeitssituation auf den Gesundheitszustand und damit auf den Fehlzeitenstand auswirkt.4 Ein hoher Fehlzeitenstand kann zunächst als Indikator dafür gesehen werden, dass innerhalb der betrieblichen Arbeitsbedingungen etwas nicht in Ordnung ist. „Belastende Arbeitsbedingungen lassen oft keinen anderen Ausweg als die Flucht in die Krankheit zu.“5 Bei einem hohen Fehlzeitenstand kann davon ausgegangen werden, dass die Abwesenheit vom Arbeitsplatz ein Reflex auf betriebliche Konflikte ist und nicht ursächlich mit einer medizinisch feststellbaren Krankheit einhergeht. Oder, anders herum ausgedrückt: „Betriebliche Konflikte führen nicht nur zu willkürlicher Abwesenheit, sondern zu echten Krankheiten.“6 Die subjektiv erlebte Arbeitssituation markiert somit eine wesentliche Dimension für Fehlzeiten und Absentismus, der als eine subjektive Verhaltensreaktion auf Belastungen und Konflikte im Unternehmen zu interpretieren ist. Der Nachweis, dass Fehlzeiten nicht ausschließlich aufgrund von Krankheiten im medizinisch-biologischen Sinne entstehen, sondern aufgrund von mangelhaften Arbeitsplatzverhältnissen, schlechtem Betriebsklima, belastenden Tätigkeitsverhältnissen und privaten Problemen, konnte und kann geführt werden.7 Darüber hinaus bestimmen eine Vielzahl von Einflussfaktoren das Entstehen der betrieblichen Fehlzeiten. Folgende Abbildung gibt einen Überblick über die Komplexität der Ursachen und der Differenzierung von Fehlzeiten:8 4 5 6 7 8 Vgl. Hinze 1982, S. 3. Trebesch in Nieder 1979, S. 35. Ulich in Nieder 1979, S. 25 f. Vgl. Sopp 1963, Grimm in Nieder 1979, S. 75. Aus: Trebesch 1979, S. 41. Abbildung 1: Ursachen von Fehlzeiten Fehlzeiten Krankenstand (arbeitsunfähig aufgrund Krankheit im medizinischbiologischen Sinn) (Sonder/Zusatz-)Urlaub, Weiterbildung, Kur/Heilverfahren, bezahlte (tariflich und gesetzlich geregelte) freie Arbeitszeit (Ausfallzeiten) abhängig von der Arbeitssituation (z. B. Arbeitsinhalt, Führungsstil, Konflikte) ohne direktes Krankheitsbild vom Arbeitsplatz unabhängig aufgrund von Außeneinflüssen wie Infektionskrankheiten vom Arbeitsplatz abhängig aufgrund individueller Konstitution und Lebensbedingungen wie chronische Leiden, Schwangerschaft usw. aufgrund Arbeitsunfall Absentismus (Abwesenheit vom Arbeitsplatz aufgrund besonderer Einstellung und Motivation) abhängig von der Lebenssituation (z. B. Persönlichkeit, familiäre Verhältnisse, Arbeitsweg, Saison, Nebentätigkeit, gesellschaftlichem Umfeld) aufgrund physischer Arbeitsbedingungen, wie z. B. durch Luft, Lärm, Arbeitsstoffe bedingte Berufskrankheiten aufgrund psychischer (Arbeits-) Bedingungen mit somatischem Krankheitsbild Im vorliegendem Erklärungszusammenhang beschränkt sich der Verfasser auf die Kriterien des ‚Absentismus’, insoweit sie Bestandteil der Arbeitssituation sind und auf die Kriterien des Krankenstandes, die auf die psychischen Arbeitsbedingungen zurückzuführen sind. Das Ausmaß bzw. die Länge der Fehlzeiten unterliegen ebenfalls sehr unterschiedlichen Einflussfaktoren, wie die nachfolgende Abbildung verdeutlicht: Tabelle 1: Einflussfaktoren auf das Ausmaß an Fehlzeiten 1. Umgebung des Arbeitsplatzes 1.1 Lautstärke 1.2 Luft 1.3 Sauberkeit 1.4 Temperatur 1.5 Zeit 2. Art der Arbeit 2.1 Ausstattung des Arbeitsplatzes 2.2 Kontrolle und Beachtung der Qualität 2.3 Klare Zuständigkeiten 2.4 Befriedigung durch die Arbeit 2.5 Unfallgefahr 2.6 Belastung 2.7 Wechsel der Tätigkeiten 2.8 Grad der Selbständigkeit 2.9 Auswechselbarkeit 2.10 Gefährdung der Gesundheit 3. 4. 5. Arbeitszeit 5.1 Möglichkeit unbezahlten Urlaubs 5.2 Ausmaß der Anwesenheitskontrolle 5.3 Möglichkeit der Ablehnung von Überstunden 6. Persönliche Einstellung zu krankheitsbedingter Abwesenheit 6.1 Vorwürfe bei Krankheit 6.2 Leichte Krankheit berechtigt zum Fehlen 6.3 Auch wegen Kleinigkeiten zum Arzt? 6.4 Vorbeugung 7. Entlohnung 7.1 Bezahlung gemäß Erfahrung 7.2 Bezahlung gemäß Ausbildung 7.3 Bezahlung gemäß Leistung 7.4 Bezahlung gemäß Betriebszugehörigkeit 7.5 Bezahlung gemäß Schwierigkeit 7.6 Bezahlung gemäß Verantwortung Persönliche Situation 7.7 Bezahlung gemäß Fähigkeiten 3.1 Möglichkeit, vorwärts zu kommen 7.8 Bezahlung im Vergleich zu Kollegen 3.2 Vertretung durch Betriebsrat 3.3 Grad der Mitbestimmung 8. Vorgesetzenverhalten 3.4 Einstellung zur Firma 8.1 Achtet auf Auslastung und Einsatz 3.5 Anerkennung der Leistung 8.2 Beratung vor Entscheidung 8.3 Strenge bei nachlassender Leistung Klima des Unternehmensbereiches 8.4 Beachtung der Pünktlichkeit 4.1 Zugehörigkeitsgefühl 8.5 Befehlston 4.2 Unterstützung durch 8.6 Vollständigkeit der Anweisungen Kollegen 8.7 Interesse bei persönlichen Problemen 4.3 Privater Kontakt zu Kollegen und Einsatz 4.4 Anerkennung durch Kollegen 8.8 Lob und Anerkennung 4.5 Verhältnis zum Vorgesetzten 8.9 Erklärung bei Änderung 8.10 Häufigkeit der Kontrollle9 Da in der Untersuchungseinheit lediglich die Beträge der geleisteten Lohnfortzahlung als absolute Summe vorliegen und keine Aufschlüsselung der Fehlzeiten nach Tagen – bezogen auf die Mitarbeiter –, kann im Weiteren nur eine grobe deskriptive Analyse erfolgen. Im Sinne des humanontogenetischen Ansatzes zur Entwicklung humanitärer Arbeitsbedingungen müsste eine Datensammlung zu allen genannten Faktoren erfolgen. Darüber hinaus müsste ein biographischer Bezug (vgl. Kapitel 4) hergestellt werden, um individuelle Veränderungen und Entwicklungen im Sinne des Humanisierungsgedankens dokumentieren zu können. Dies muss aufgrund der beschriebenen Datenlage jedoch weiteren Forschungen vorbehalten bleiben. 9 Vgl. Nieder 1979, S. 89. An der eingeschränkten Datensammlung in der Untersuchungseinheit wird aber auch ein Kennzahlensystem deutlich, das Krankenstand als reine ökonomische Größe definiert und somit den humanen Aspekt völlig ausblendet. Letztlich wird sich an dem erhöhtem Krankenstand nichts verändern, zum einen weil die vorliegenden Kennzahlen keinen Zugang zu den Ursachen der Fehlzeiten ermöglichen und weil zum anderen die Störung der Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter von der betrieblichen Situation in die ärztliche Sprechstunde verlagert wird. Pointiert formuliert, kann der Arzt die Krankheit nicht richtig diagnostizieren und deswegen wird der Therapieplan seinem Patienten ebenso wenig nützen wie dem Unternehmen, für das der Patient arbeitet. 1.1.2 Absentismus als Kriterium der Krankenstandes Wie weiter oben beschrieben, ist der Absentismus eine individuelle Reaktion der Arbeitnehmer auf belastend empfundene Arbeitssituationen. Absentismus ist mit den betrieblichen Fehlzeiten nicht identisch, sondern ist – wie gezeigt – eine Teilmenge des Krankenstandes. Absentismus ist der Ausdruck individueller Verhaltensweisen des Arbeitnehmers und seine Reaktion auf zu bestimmende Arbeitsbedingungen, die keine objektiv-medizinische Begründung aufweisen. Absentismus entsteht dann, wenn die Arbeitsbedingungen derart belastend sind, dass sie die Entscheidung, zu Hause zu bleiben, herausfordern.10 Einer solchen Sichtweise folgend, sind Absentisten weder als eingebildete Kranke, als Arbeitsverweigerer oder Faulenzer zu charakterisieren, sondern als Kranke mit sozialem und humanistischem Befund. Die notwendige Therapie sollte (und muss) auf diesen Befund eingehen. Nach Doubrawa11 können nachfolgende psychosozialen Belastungen definiert werden, die ein Krankheitsrisiko beinhalten: 1. Funktionale Überbeanspruchung einseitige Beanspruchung (Bildschirmarbeit), einförmige Tätigkeiten, die eine hohe Konzentration erfordern (Datentypisten) Fließbandfertigung Doppelbelastung durch Haushalt und Beruf 2. Personale Frustration 10 11 Vgl. Hinze 1982, S. 28. Vgl. Doubrawa, S. 29. Monotonie, durch stereotype Tätigkeiten Unzufriedenheit mit der Tätigkeit als solcher, z. B. durch fehlenden Sinngehalt der Arbeit Frustration des Bedürfnisses nach persönlicher Freiheit und Selbstbestimmung der Arbeitsbedingungen 3. Interpersonale Störungen soziale Isolierung am Arbeitsplatz Kontaktüberforderung bei zu hoher sozialer Dichte am Arbeitsplatz (in Kaufhäusern, Großraumbüros etc. ) Spannungen und Konflikte in den interpersonalen Beziehungen (Betriebsklima) Spannungen in der Beziehung zum Vorgesetzten (z. B. bei autoritärem Führungsstil) fehlende Anerkennung bei der Arbeit durch die Vorgesetzten übersteigertes Leistungsstreben, Konkurrenzdruck, Angst vor Versagen und Statusverlust12 Die einzelnen Faktoren legen auch die begründete Vermutung nahe, dass sich die einzelnen Faktoren gegenseitig beeinflussen, addieren oder ergänzen können und somit Mehrfachbelastungen nicht die Ausnahme, sondern die Regel sind. Unterschiedliche Faktoren innerhalb der Arbeitssituation lösen das AbsentismusVerhalten aus. Eine solche Verhaltensreaktion in und auf die Arbeitstätigkeit kann als Rückzugsverhalten aus einer Konfliktsituation verstanden werden, zu deren Lösung sich das Individuum außerstande sieht, die es dadurch zu lösen versucht, dass es sich dieser temporär entzieht. Die Wahrscheinlichkeit eines solchen Verhaltens wird insbesondere dann aktuell werden, wenn das Individuum nicht gelernt hat oder sich keine Möglichkeit anbietet, Konflikte anders zu bewältigen, als sich ihnen zeitweilig zu entziehen. Diese Verhaltensmuster deuten wiederum eine krankmachende Situationen an, die nicht medizinisch, sondern sozial und humanitär indiziert ist und einer entsprechenden Therapie bedürfen. Dass diese beschriebenen Situationen letztlich auch im medizinischem Sinne krank machen können, belegt Dahrendorf durch seine These, dass Konflikte echte Krankheiten erzeugen können.13 12 13 Vgl. Doubrawa, S. 30 f. Vgl. Dahrendorf 1959, zitiert nach Trebesch in Nieder 1979, S. 42. Die sozialen Spannungen im Betrieb bewirken zunächst die Bildung von umgeleiteten Konflikten. Diese werden nicht offen ausgetragen, sondern von informellen Gruppen der Betriebe dadurch geleitet, dass z. B. Anordnungen von Vorgesetzten nicht ausgeführt oder Umorganisationen abgelehnt werden.14 Auf Dauer werden diese so umgeleiteten Konflikte zu Risikofaktoren für die Gesundheit. Langfristig kann ein Individuum einen so vermittelten Dauerkonflikt psychisch nicht verkraften. Notwendigerweise kommt es zu Absentismus und danach zu einer medizinisch diagnostizierbaren Erkrankung. Autoritäres Verhalten von Vorgesetzten, Zeitmangel und Überforderung können Faktoren sein, die nervöse Leiden, Magen-Darm-Erkrankungen, rheumatische Leiden und vor allem Herzerkrankungen auslösen.15 Unterschiede hinsichtlich der Verursachung von Fehlzeiten zwischen Arbeitern und Angestellten werden häufig damit begründet, dass Arbeiter eine schlechtere Arbeitsmoral besäßen. Dies ist jedoch keineswegs der Fall. Vielmehr ist es so, dass Arbeiter aufgrund ihrer sozialen Position keine andere Möglichkeit haben, als sich dem Arbeitsplatz zu entziehen, wenn ihnen die Bewältigung einer Spannungs- oder Konfliktsituation nicht mehr möglich ist.16 Angestellte haben im Gegensatz zu Arbeitern viel eher in Konfliktsituationen die Möglichkeit, sich z. B. durch Telefonieren, Wechsel des Büros etc. der Situation zu entziehen.17 Als direkte Einflussgröße auf das Absentismusverhalten konnte das Verhalten der Vorgesetzten nachgewiesen werden. Unterschiedliche Untersuchungen sowohl von Kellner (1968) als auch von Mann/Baumgartel (1952) bestätigen diesen Zusammenhang.18 Vorgesetztenverhalten, das gekennzeichnet ist durch Kritik und unangemessene Kontrollmaßnahmen, fördert die Tendenz zum Absentismus ebenso wie die mangelhafte Einbindung in die Sozialstruktur der Gruppe oder des Betriebes.19 Nicht zuletzt sind organisationsstrukturierende Bedingungen anzuführen, deren Auswirkung das Arbeitsverhalten mitbestimmt; zum Beispiel erhöht die Anzahl der HierarchieEbenen oder der zunehmende Zentralisationsgrad den Absentismus.20 Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das unterschiedliche Fehlzeiten-Verhalten der Arbeitnehmer als individuelle Reaktionsmöglichkeit auf betriebliche Arbeitsbedingungen verstanden werden kann. Die subjektive Wahrnehmung der Arbeitssituation ist eine entscheidende Determinante für die Fehlzeiten-Entscheidung des Arbeitnehmers. Dabei drückt der gewählte Absentismus eine reale 14 15 16 17 18 19 20 Vgl. Dahrendorf 1959. Vgl. Dahrendorf 1959, S. 42. Vgl. Socha 1989, S. 44. Vgl. Socha 1989, S. 44. Vgl. Werner 1980, S. 1. Vgl. Werner 1980, S. 44. Vgl. Werner 1980, S. 44. Krankheit aus, die jedoch keine medizinische, sondern eine soziale und humanistische Indizierung und Therapie beinhaltet. Dass die Arbeitssituation als Auslöser des Absentismus angesehen werden kann, wird durch ihre zentrale Stellung innerhalb jeder Ursachenanalysen angedeutet.21 Diese verweisen darauf, dass eine Analyse der Ursachen von Fehlzeiten von einem Konzept ausgehen muss, welches die Arbeitssituation als entscheidenden Faktor auf das Verhalten der Person in einer Organisation berücksichtigen muss. 22 Ein von der Betriebsnorm abweichendes Verhalten lässt sich nicht generell auf individuelle Unzugänglichkeiten zurückführen. Es ist vielmehr das Ergebnis von Konflikten innerhalb der Arbeitssituationen, die von Vorgesetzten und ihrem Führungsstil wesentlich mitgeprägt werden. Die Frage nach einer ethisch ableitbaren Begründung des Führungsstils ist demnach nicht nur legitim, sondern angezeigt. 1.1.3 Kriterien des Absentismus Durch Absentismus – so lässt sich zusammenfassen – kann und wird ein Mitarbeiter auf die konfliktreiche Situation am Arbeitsplatz reagieren. Im nachfolgenden Schritt wird nun versucht, die Faktoren der Arbeitssituation zu analysieren, die zum Absentismus beitragen können. Um das Thema nicht zu sehr auszuweiten, werden die Merkmale der Untersuchungseinheit im Mittelpunkt stehen, die deskriptiv zu belegen sind; darüber hinaus gehende Aspekte werden ausgeblendet. Folgende Faktoren des Absentismus sollen näher betrachtet werden: Tätigkeit und Arbeitsbelastung Qualifikation Verhalten des Vorgesetzten 1.1.3.1 Tätigkeit und Arbeitsbelastung Im Sinne einer humanen Entwicklung der Arbeitswelt sollen Arbeitstätigkeiten bestimmte Elemente beinhalten: Die Arbeitsinhalte sollen Interesse bei den Arbeitnehmern wecken. Selbstständige Entscheidungen im Rahmen des Arbeitsplatzes sollen möglich sein. Aus der Arbeit soll Anerkennung resultieren. Es muss die Möglichkeit bestehen, bei der Arbeit etwas zu lernen. Die Arbeit soll Zukunftsperspektiven bieten.23 21 22 23 Vgl. Socha 1989, S. 46. Vgl. Trebesch in Nieder 1979, S. 58. Vgl. Seibel 1981. Der in diesem Zusammenhang untersuchte Krankenstand bezieht sich auf Reinigungskräfte in der Gebäudereinigung. Die Tätigkeiten gehören zu einem sehr hohen Anteil dem Bereich der so genannten ‚Unterhaltsreinigung’ an, also Tätigkeiten, die keine besonderen Fähigkeiten und Fertigkeiten beim Arbeitnehmer voraussetzen. Die Organisation der Reinigung erfolgt nach einem vorgegebenen Leistungsverzeichnis, in dem auch die Verfahren und Leistungswerte festgelegt sind. Es besteht demzufolge kaum Entscheidungsspielraum für die Mitarbeiter. Weil es sich bei Dienstleistungen generell um die Erbringung ‚immaterieller’ Güter handelt, gibt es kaum Möglichkeiten, ihre erbrachten Leistungen anzuerkennen. Unterhaltsreinigung entzieht sich auch deshalb der Anerkennung der erbrachten Leistung, weil das Arbeitsergebnis ständig, z. B. durch Benutzung, relativiert wird. Die Möglichkeit, etwas aus der Tätigkeit zu lernen, ist sehr gering, da die Mitarbeiter fast ausschließlich in festgelegten ‚Revieren’ eingesetzt sind und sich die Tätigkeiten regelmäßig wiederholen. Innerhalb der ‚Unterhaltsreinigung’ besitzen die möglichen Arbeitstätigkeiten ein eher niedriges Anspruchsniveau an Fachwissen und Fachkönnen. Das Lernpotenzial ist insgesamt sehr gering. Die Zukunftsperspektiven der Mitarbeiter sind eher düster. Der Markt der Gebäudereinigung wird durch eine Vielzahl von Anbietern bestimmt. Fundiertes Zahlenmaterial definiert den Markt deshalb als einen durch Verdrängungsmechanismen gekennzeichneten Markt. Die wesentlichen Merkmale eines Verdrängungsmarktes sind der Preis und die Leistung. Durch den notwendigen Preisverfall kommt es zwangsläufig zur Erhöhung der Leistung der Arbeitnehmer und damit gleichsam zu einer Erhöhung der Arbeitsbelastung. Anders ausgedrückt: Die erhöhten Leistungen, die durch die Mitarbeiter erbracht werden, kompensieren den Preisverfall. Im Jahr 1989 wurde z. B. in der Schulreinigung ein Leistungswert von ca. 180 qm pro Reinigungskraft kalkuliert. Aktuell liegen diese Werte branchenweit bei 330 qm und mehr pro Stunde. Die berufliche Perspektive der Mitarbeiter ist also durch eine stetige Erhöhung der Arbeitsbelastung geprägt. Aus diesen genannten Gründen liegen in der Tätigkeit der Mitarbeiter keine besonderen Anreize. Vielmehr muss man annehmen, dass die Tätigkeit die Tendenz zum Absentismus deutlich fördert. Die Höhe des Krankenstandes für das Gesamtunternehmen verdeutlicht nachfolgende Statistik: Tabelle 2: Entwicklung der Krankheitskosten Zeitraum (Jahr) Lohnfortzahlung (in DM) (in %) sozialversicherungspflichtig (in DM) (in %) sozialversicherungsfrei (in DM) (in %) 1992 12.261.666,04 4,29 11.064.506,57 5,50 1.197.159,47 1,42 1993 12.773.322,28 4,15 11.617.266,93 5,26 1.156.055,35 1,33 1994 13.531.513,34 4,36 12.179.428,73 5,38 1.352.084,61 1,61 1995 13.847.421,47 4,49 12.348.198,37 5,51 1.499.223,10 1,77 1996 11.184.848,52 3,82 10.081.444,17 4,74 1.103.404,35 1,37 1997 8.167.638,76 2,87 7.346.288,63 3,53 821.350,13 1,07 1998 9.305.500,77 2,95 8.422.740,43 3,56 882.760,34 1,13 1999 14.180.821,92 4,19 13.136.217,07 4,76 1.044.604,85 1,66 Da die genannten Grundbedingungen der Arbeitstätigkeit und Arbeitsbelastung generell für die gesamte Dienstleistungsgruppe gelten, könnte man folgern, dass Absentismus und Krankenstand generell und bundesweit sehr hoch sein müssten. Doch weit gefehlt: Die Spannbreite des Krankenstandes24 differiert um bis zu 12 % im Jahresdurchschnitt. Für Absentismus müssen demnach noch andere Faktoren gelten, wie z. B. die Arbeitstätigkeit und Arbeitsbelastung. Insgesamt ist der Krankenstand bei dem untersuchten Unternehmen sehr hoch. Der Verfasser hat zusätzlich den Krankenstand der einzelnen Organisationseinheiten analysiert (vgl. Tabellen 43-48, Abbildungen 5-10): Dadurch wird ersichtlich, dass der Krankenstand – trotz vergleichbarer beschriebenen Arbeitsbedingungen, die sich aus der Arbeitstätigkeit und der Arbeitsbelastung ergeben – stark differenziert. Es müssen also noch andere Kriterien als die der Berufsarbeit für die Erklärung des hohen und des differierenden Krankenstandes gefunden werden. Die wissenschaftliche Forschung bietet neben der Qualifikation der Mitarbeiter das Verhalten der Vorgesetzen als Kriterium für Absentismus bzw. Krankenstand an. 1.1.3.2 Die Qualifikation Berufliche Qualifikation wird in diesem Zusammenhang im Sinne tätigkeitsgebundener Merkmale und personenspezifischer Eigenschaften verstanden. Tätigkeitsgebun24 Ausgedrückt durch den Betrag der geleisteten Lohnfortzahlung. Ausfalltage werden in der Statistik bislang nicht erfasst. Im Zusammenhang mit vorliegender Problematik geht es jedoch in erster Linie um den Nachweis generell hoher Krankheitskosten. Ein intensiver Vergleich der einzelnen Organisationseinheiten weist dagegen Schwankungen von bis zu 12 % auf. Die im Zeitraum 1996-1998 sinkenden Krankheitskosten gehen mit gesetzlichen Bestimmungen (Kürzung der Lohnfortzahlung um 20 %) einher. In Organisationseinheiten mit niedrigem Krankenstand und nachweisbarem ethischen Konzept der Führungskraft steigen während dieser Zeitspanne sogar die Lohnfortzahlungskosten. dene Merkmale subsumieren die psychophysischen, intellektuellen und sozialen Qualifikationen, die eine bestimmte Tätigkeit erfordert; personenspezifische Eigenschaften subsumieren die Fertigkeiten und Fähigkeiten die ein Mitarbeiter besitzt. Tätigkeitsspezifische Belastungen und Bezüge zum Absentismus entstehen dann, wenn das Zusammenwirken der tätigkeitsgebundenen Merkmale und der tatsächlichen Fähigkeiten und Fertigkeiten des Mitarbeiters gestört ist. Dieser postulierte Zusammenhang wird durch unterschiedliche Studien umfassend belegt.25 Die unterschiedlichen Studien verweisen auf folgenden theoretischen Wirkungszusammenhang von Belastung und Qualifikation: Zu erhöhten Belastungen des Mitarbeiters kommt es aufgrund physischer und/oder psychischer Über- und Unterforderung, deren Ursache die Vertiefung der innerbetrieblichen Arbeitsteilung und die damit verbundene Partialisierung von Qualifikationsanforderungen ist.26 Historische Längsschnittstudien verweisen bei vielen Facharbeiter- und Handwerksberufen auf eine faktische Dequalifizierung der beruflichen Anforderung, verursacht durch langfristig wirkenden ökonomische, politische und ideologische Veränderungen.27 Die hier angesprochene Partialisierung der Arbeit mit notwendig einhergehenden Dequalifizierung der beruflichen Anforderungen bleibt auch für das Gebäudereiniger-Handwerk nicht folgenlos. Es gibt kaum noch Tätigkeitsbereiche, in denen das gesamte Handwerkswissen von technischen Führungskräften abverlangt wird. Von den Reinigungskräften vor Ort haben sich die Tätigkeiten in einer Weise partialisiert, dass kaum noch ein Zusammenhang mit dem umfassenden handwerklichen Können herzustellen ist. Dieser Entwicklungsprozess führt dazu, dass es zu einer Verschiebung der Arbeitsbelastung kommt, zu einem Wechsel von körperlich lokalisierbarer Schädlichkeit zu eher unspezifischen Belastungsformen, die durch die Partialisierung der Arbeit hervorgerufen und subjektiv erfahren werden.28 Die mit der Atomisierung der Arbeit einhergehende Dequalifizierung der Mitarbeiter führt zu einer Erosion der handwerklichen Qualifikation. Der Anteil an handwerklich qualifiziertem Personal beträgt in der Branche weniger als 1 %, innerhalb der Untersuchungseinheit ca. 0,7 %. Der Verlust von Handlungs- und Aufgabenkompetenz bedeutet für die Mitarbeiter eine Störung – bis hin zum Verlust- ihrer identitätsstrukturierenden Qualifikation. Dadurch kann es zur Störung oder zum Verlust der personalen und sozialen Identität kommen.29 25 26 27 28 29 Vgl. Dürr/Naschold 1982, S. 440 ff. Vgl. Dürr/Naschold 1982, S. 441. Vgl. Dürr/Naschold 1982, S. 227. Vgl. Dürr/Naschold 1982, S. 442. Vgl. Socha 1989, S. 66. Die sich aus der Notwendigkeit zur Neuorientierung und Reorganisation der Identität ergebende psychische Belastung kann sowohl psychische als auch psychosomatische Erkrankungen hervorrufen. Reaktionsformen auf die Dequalifizierung sind ebenso Alkoholmissbrauch und Absentismus.30 Die Formen der Dequalifizierung können und müssen allerdings bei der Untersuchungseinheit differenziert betrachtet werden. Wie in Kapitel 7.2 erwähnt, gibt es ein signifikantes Qualifizierungsgefälle zwischen den neuen und alten Bundesländern. Außerdem können im gesamten Dienstleistungsverbund einzelne Niederlassungen benannt werden, die ein hohes Qualifikationsniveau ihrer Mitarbeiter auch in der Breite aufweisen. Dieses Bekenntnis zum Qualifikationsstand der Mitarbeiter, das sich objektiv durch entsprechende Schulungsaktivitäten nachweisen lässt, ist fast ausschließlich abhängig vom ethischen Konzept und dem Führungsstil der jeweiligen Führungskraft. Dass das Bekenntnis zum Qualifizierungsstand positiven Einfluss auf den Krankenstand und dementsprechend auf den Absentismus hat, wird weiter unten beispielhaft an ausgewählten Niederlassungen nachgewiesen. 1.1.3.3 Das Verhalten des Vorgesetzten Eine Reihe von Untersuchungen zeigt, dass das Verhalten der Vorgesetzten als wesentlicher Einflussfaktor für Fehlzeiten angesehen werden kann.31 Dem Verhalten und dem ethischen Konzept des Vorgesetzten kommt insofern eine besondere Bedeutung zu, als es einen direkten Einfluss auf die Mitarbeiter hat. Das Verhalten des Vorgesetzten kann motivierend, die Arbeitszufriedenheit fördernd und bei entstehenden Konflikten auflösend wirken. Anerkennung der Leistung und berufliche Förderung der Mitarbeiter sind ebenfalls Merkmale einer mitarbeiterbezogenen Führungsethik. Mann und Baumgartel konnten diesbezüglich folgende Zusammenhänge feststellen: Vorgesetzte, die in der Lage sind, ein Betriebsklima zu schaffen, in dem Arbeitsprobleme ohne weiteres miteinander besprochen werden können, haben einen niedrigen Krankenstand. Vorgesetzte, die gern bereit sind, mit ihren Mitarbeitern auch persönlich zu sprechen, haben weniger Fehlzeiten. Die Frequenz der Gruppengespräche zur Teamentwicklung weist ebenfalls eine positive Beziehung zu einem niedrigem Krankenstand auf. 30 31 Vgl. Socha 1989, S. 65 f. Vgl. Vroom 1964. Je mehr Mitarbeiter mit ihrem Vorgesetzten zufrieden sind, desto geringer ist die Abwesenheitsrate.32 Der Faktor ‚Sozialkontakte’ kann ebenso als Bestandteil des Vorgesetztenverhaltens gesehen werden, weil auch hier das Verhältnis des Mitarbeiters zu seinem Vorgesetzten definiert ist. Das Teilhaben an Sozialkontakten innerhalb der Arbeitsorganisation wird entscheidend mitbestimmt vom Ethikkonzept der jeweiligen Führungskraft. Durch die gelebten ethischen Prinzipien wird der Nährboden für die qualitative und quantitative Substanz von Sozialkontakten bereitet. In einem von der Führungskraft geprägten positiven Umfeld besteht die Möglichkeit zu umfassenden formellen und informellen Sozialkontakten. Diese eröffnen dem Arbeitnehmer die Aufrechterhaltung seiner personalen und sozialen Identität und damit seiner Gesundheit. Diesem Gedankengang folgend, müsste sich dieser Aspekt der Führungsethik positiv auf die Höhe des Krankenstandes auswirken. Eine Vielzahl von Untersuchungen belegen den Zusammenhang von Sozialkontakten zu Motivation, positivem Betriebsklima und der Leistungsfähigkeit der Arbeitnehmer.33 Sozialkontakte dienen nicht nur der Weitergabe und Vermittlung von Informationen, sondern auch von Lob, Bestätigung und Ermunterung sowie der Sanktionierung und der Einhaltung von betrieblichen Normen und Werten. Aus dieser Perspektive betrachtet, bestimmen die Sozialkontakte die kommunikative Kompetenz der Führungsethik. Sie können Stress, Belastung und Frustrationen auffangen und Grundlage der individuellen Förderung und Entwicklung der Mitarbeiter sein. Das Verhältnis der Mitarbeiter zum Vorgesetzten entscheidet mit darüber, wie leistungsfähig oder gesund der Einzelne und die Gruppe ist und bleibt. Insbesondere im Hinblick auf die Entstehung von Fehlzeiten ist dieser Aspekt von nicht zu unterschätzender Bedeutung, da infolge gestörter Sozialkontakte die Entstehung von Erkrankungen begünstigt wird.34 Die Intensität der Sozialkontakte ist auch in der Untersuchungseinheit keine feste Größe, sondern immer abhängig von der kommunikativen Kompetenz und dem ethischen Konzept der jeweiligen Führungskraft. Ein hoher ethischer Anspruch an die Sozialkontakte müsste sich demnach auch auf die Höhe des Krankenstandes positiv auswirken und in der Analyse der Krankenstände einzelner Organisationseinheiten nachweisbar sein. 32 33 34 Vgl. Mann/Baumgartel, zitiert nach Hinze 1982, S. 137. Vgl. auch Stirn/Paul 1963. Vgl. Rosenstiel 1975; Wiswede 1980; Kellner in Nieder 1984. Vgl. Socha 1984, S. 92. 1.1.3.4 Zusammenfassung Ein noch nicht zu bestimmender Anteil der betrieblichen Krankenstandszahlen entzieht sich sowohl dem medizinischen Zugriff, der medizinischen Diagnose als auch medizinischer Therapie. Dieser Anteil am Krankenstand wird als Absentismus definiert. Bei einem hohen Fehlzeitenstand kann davon ausgegangen werden, dass die Abwesenheit vom Arbeitsplatz auch ein Reflex auf betriebliche Konflikte ist und nicht ursächlich mit einer medizinisch feststellbaren Krankheit einhergeht. Diese Tatsache kann viele und komplexe Ursachen haben. Im Zusammenhang mit dem ethischen Konzept und Verhalten der Führungskräfte können diese komplexen Zusammenhänge auf relevante Faktoren reduziert werden. Da die negativen Grundbedingungen der Arbeitstätigkeit und die hohe Arbeitsbelastung – bedingt durch entsprechende Leistungswerte – generell für die gesamte Dienstleistungsgruppe gelten, könnte man folgern, dass der Absentismusanteil am Krankenstand generell und bundesweit sehr hoch sein müsste. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Spannbreite des Krankenstände differiert um bis zu 12 % im Jahresdurchschnitt. Die Formen der Dequalifizierung können und müssen differenziert betrachtet werden. Neben dem Qualifizierungsgefälle zwischen den neuen und alten Bundesländern gibt es im gesamten Dienstleistungsverbund einzelne Niederlassungen, die ein hohes Qualifikationsniveau ihrer Mitarbeiter auch in der Breite aufweisen. Dieses Bekenntnis zum Qualifikationsstand ist nach Ansicht des Verfassers wesentlich verbunden mit dem ethischen Konzept der jeweiligen Führungskraft. Das Qualifikationspotenzial einer Niederlassung müsste entsprechende Auswirkung auf die Höhe des Krankenstandes haben und die Absentismusrate signifikant beeinflussen. Das Verhältnis der Mitarbeiter zum Vorgesetzten entscheidet mit darüber, wie leistungsfähig oder gesund der Einzelne und die Gruppe ist und bleibt. Dieses Verhältnis wird wesentlich vom ethischen Konzept der Führungskraft bestimmt und wird u. a. sichtbar in der kommunikativen Kompetenz der betrieblichen Sozialkontakte. Je ausgeprägter die Sozialkontakte sind, desto niedriger dürfte nach dieser Überlegung der Krankenstand und damit auch die Absentismusrate sein. Das genannte theoretische Konstrukt von der Abhängigkeit der Absentismusrate vom ethischen Konzept der jeweiligen Führungskraft versucht ein späteres Kapitel (8.2.1.3) zu festigen. Da im gesamten Dienstleistungsverbund zur Zeit der Befragung ca. 165 Niederlassungen tätig waren, kann hier keine vollständige Analyse aller Einheiten erfolgen. Exemplarisch wurden einzelne Niederlassungen ausgewählt, die stellvertretend für viele, möglicherweise für alle Organisationseinheiten des untersuchten Unternehmens zu sehen sind. 1.1.4 Ethik und Entwicklung des Absentismus Das untersuchte Unternehmen führt leider keine strukturierten und differenzierten Zahlen zum Krankenstand. Krankheit bzw. Absentismus unterliegen einer reinen Kostenbetrachtung. Durch eine solche rein ökonomische Betrachtung werden jedoch die sozialen und humanen Bedingungen des Krankenstandes völlig ausgeblendet. Wie im Folgenden auszuführen sein wird, ist eine Beeinflussung der Absentismusrate über die reine Kostenbetrachtung des Phänomens nicht möglich. Die Untersuchungseinheit dokumentiert die geleistete Lohnfortzahlung seit 1992. Weiterhin gibt es nur noch eine Unterscheidung zwischen sozialversicherungsfreien und versicherungspflichtigen Mitarbeitern. Für die 165 Niederlassungen des Unternehmens gelten vergleichbare Kriterien der Berufsarbeit, die hinsichtlich der theoretischen Absentismuswahrscheinlichkeit wie folgt zusammengefasst werden können: Arbeitssituation physische Arbeitsbedingungen Arbeitsbelastungen Arbeitsplatzverhältnisse Arbeitszeit Art der Arbeit Entlohnungssystem Nebentätigkeit Im Zusammenhang mit vorliegender Themenstellung ist eine eingehende Betrachtung der Einzelkriterien über den im vorherigen Kapitel hergestellten theoretischen Zusammenhang mit der Absentismuswahrscheinlichkeit nicht notwendig, sondern nur die logische Schlussfolgerung: Wenn für alle Niederlassungen der Untersuchungseinheit vergleichbare Kriterien der Berufsarbeit existieren, so müsste auch die Absentismusrate – jedenfalls tendenziell – in der Ausprägung vergleichbar sein. Die tolerierbaren Spannbreiten im Vergleich der Niederlassungen untereinander werden aber deutlich überschritten: So weist die Niederlassung Duisburg mit der niedrigsten Absentismusrate im Jahr 1992 einen Krankenstand von 1,43 % auf. Die Niederlassung mit dem höchsten Krankenstand hat dagegen im Jahr 1992 einen Anteil von 15,43 %. Zwischen diesen Extremwerten liegt eine sehr heterogenes Bild des Krankenstandes, das die These unterstreicht, dass die Kriterien der Berufsarbeit nicht der alleinige Faktor des Absentismus sind. Folgt man den inhaltlichen Implikationen des niedrigsten Absentismuswertes, so haben die Kriterien der Berufsarbeit offensichtlich nur eine geringere Bedeutung auf die Absentismuswahrscheinlichkeit, als man vermuten möchte. Deshalb müssen auch außerbetriebliche Strukturen in die Untersuchung einbezogen werden. Alle Niederlassungen werden in vergleichbarer Intensität mit den Einflüssen gesellschaftlicher Rahmenbedingungen konfrontiert, wie sie z. B. aus den Konjunkturdaten oder den betrieblich relevanten gesetzlichen Neuregelungen hervorgehen. Wenig Einfluss haben die Niederlassungen auf die Individualgenese des einzelnen Mitarbeiters. Innerhalb des privaten Umfeldes der Mitarbeiter können sich pathologische Entwicklungen vollziehen, die auf die Absentismuswahrscheinlichkeit Einfluss bekommen. Auf der Grundlage der theoretischen Vorüberlegungen zur Absentismuswahrscheinlichkeit lassen sich die Kriterien außerbetrieblicher Strukturen wie folgt bestimmen: privates Umfeld / familiäre Verhältnisse ökonomische Veränderungen gesellschaftliches Umfeld – Persönlichkeitsstruktur gesetzliche Veränderungen politische Entwicklungen Konjunktur Umwelt Tendenziell haben gesetzliche Veränderungen – z. B. die im Zusammenhang mit den eingeschränkten Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers35 – wenig Auswirkungen auf die Absentismusraten. Im Zusammenhang mit der um 20%igen Verringerung der Lohnfortzahlung könnte man zunächst annehmen, dass sich die Krankheitskosten für den Arbeitgeber auch um diesen Prozentsatz verkürzen müssten. Diese voreilige Schlussfolgerung findet sich nicht in der Entwicklung der Krankenkosten der Untersuchungseinheit wieder. Die Niederlassung 1 weist mit einem Anteil von 1,65 % wiederum den geringsten Anteil am Krankenstand auf. Dabei hat sich der Krankenstand – ausgedrückt in den Lohnfortzahlungskosten – keineswegs um die gesetzlichen 20 % verkürzt, sondern ist sogar in dieser Niederlassung leicht gestiegen. Die Interpretation dieses Zusammenhangs ist ebenso einfach wie bezeichnend: Die Veränderungen der gesetzlichen Rahmenbedingungen, wie die Verkürzung der Lohnfortzahlung auf 80 % des Lohnes, haben keinen stringenten Einfluss auf die Entwicklung der Absentismuswahrscheinlichkeit. Die Reduzierung des Absentismus auf das Kostenargument offenbart dagegen ein antihumanistisches Menschenbild, in 35 Vom 01.10.1996 bis zum 31.12.98 galt für einzelne Erwerbszweige die so genannte 80%Regelung bei der Lohnfortzahlung (Entgeltfortzahlungsgesetz). dem alle medizinischen, sozialen und psychologischen Befunde und Therapien außer Acht gelassen werden. Nach den mathematischen Gesetzen der Wahrscheinlichkeit müssten alle Niederlassungen der Untersuchungseinheit in tendenziell vergleichbarer Ausprägung mit pathologisch verlaufenden privaten Genesen der Mitarbeiter berührt sein. Daraus folgt, dass die Absentismuswahrscheinlichkeit der Mitarbeiter mit diesem Befund tendenziell vergleichbar bleiben dürfte. Die beschriebene Spannbreite der Krankheitszahlen verdeutlicht aber ein sehr heterogenes Bild des Absentismus – mit extremer Spannbreite bis zu 14,0 % –, das den beschriebenen Begründungszusammenhang als eher unwahrscheinlich erscheinen lässt. Insgesamt haben die Kriterien außerbetriebliche Strukturen einen kaum erkennbaren durchgehenden Zusammenhang auf die Absentismuswahrscheinlichkeit. Die Kürzung der Lohnfortzahlung hat auf Niederlassungen mit ohnehin niedriger Absentismusrate sogar gegenläufige Tendenzen. Darüber hinaus offenbart das Kostenargument in dieser sozialen, medizinischen und psychologischen Fragestellung des Absentismus ein Menschenbild, das auf reine Funktionalität abzielt und daher der humanistischen Entwicklung der Arbeitwelt diametral entgegen läuft. Die beschriebenen Kriterien der Berufsarbeit und der außerbetrieblichen Strukturen bieten kaum einen Zugang zur Erklärung der hohen Absentismusrate der Untersuchungseinheit. Auf dieser Grundlage ist deshalb auch keine positive Veränderung zu erwarten. Die Bedingungen müssen demzufolge in anderen Kriterien zu finden sein. Die theoretischen Vorüberlegungen haben deutlich gemacht, dass Absentisten weder eingebildete Kranke noch Arbeitsverweigerer oder Faulenzer sind. Vielmehr handelt es sich um Kranke, deren Befund medizinisch schwer zu diagnostizieren ist. Zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen unterstreichen ein Krankheitsbild mit sozialem und humanitärem Befund. Die Therapie ist deswegen auch anders zu definieren als die medizinische; sie verläuft über diejenigen Elemente, die die humanen und sozialen Befunde des Absentismus positiv beeinflussen können. Zweifellos kommt hierbei humanen und sozialen Werten die entscheidende Bedeutung zu, die über das ethische Konzept – quasi als Therapieform – in die betriebliche Realität einfließt. Anders ausgedrückt: Das ethische Konzept eines Unternehmens definiert den humanen und sozialen Kontext, in dem sich der Mitarbeiter bewegt. Absentismus ist ein individueller Reflex auf dieses ethische Konzept. Niedriger Absentismus entspricht einem hohen Anspruch des ethischen Konzeptes, hoher Absentismus einem mangelnden ethischen Konzept. Um diesen Zusammenhang nachzuweisen, werden Kriterien wichtig, die das ethische Konzept messbar bewerten können. Die theoretischen Vorüberlegungen haben nachfolgende Kriterien identifiziert, die innerhalb eines ethischen Konzeptes Absentismus negativ oder positiv beeinflussen können: Betriebliche Konflikte Betriebsklima psychische Arbeitsbedingungen Sozialkontakte Führungsstil / Verhalten des Vorgesetzten Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt Leistungsbereitschaft psychosoziale Belastungen Überbeanspruchung / Sinngehalt der Arbeit, interpersonale Störung Qualifikationspostulat, -möglichkeit Förderung der Mitarbeiter Anerkennung / Motivation Zukunftsperspektiven (z. B. Karriereplanung) Kompetenzmodell / ‚Identitätsstruktur’ Arbeitszufriedenheit Arbeitsmotivation Ansprechbarkeit des Vorgesetzten Teamentwicklung Aufrechterhaltung der sozialen und personalen Identität Lob, Bestätigung, Ermunterung, Teilhabe Einhaltung der betrieblichen Werte kommunikative Kompetenz der Ethik Die Schwierigkeit, ein auf diese Kriterien bezogenes ethisches Konzept – und zwar für jede Niederlassung – nachzuweisen und in Bezug zu den jeweiligen Absentismusraten und Fluktuationszahlen zu setzen, besteht im Fehlen der entsprechenden Kennzahlen. Im Laufe der Jahre 1998 und 1999 wurden deshalb verschiedene Interviews mit Niederlassungsleitern geführt, die niedrige Absentismusraten und niedrige Fluktuationsraten aufwiesen und aufweisen, um ein ethisches Konzept zu identifizieren, das diesen Kennzahlen entspricht. Dieses Vorgehen konnte jedoch nur rein deskriptiver Natur sein, weil die Kriterien des dargestellten ethischen Konzeptes qualitativer Natur sind und somit quantitativ nicht dargestellt werden können. Außerdem wurde auf die deskriptive Beschreibung derjenigen Kriterien verzichtet, die sich dem Zugriff entzogen, weil sie nicht zu überprüfen waren. Entsprechende wissenschaftliche Forschungen sind hier angebracht. Die oben aufgeführten Kriterien werden im Folgenden kurz erläutert. Betriebliche Konflikte Basis: Nachweis entsprechender Lösungsstrukturen, z. B. Teambildung, regelmäßige Dienstbesprechungen, Verhältnis zum Betriebsrat, Nachweis entsprechender Beispiele der Konfliktlösungen, Grad der Integration in das Gesamtkonzept der Unternehmensethik. Betriebsklima Basis: Sozialklima in den Niederlassungen, auswertbare Angaben der Mitarbeiter, Nachweis entsprechender Beispiele, Nachweis gemeinsamer Aktivitäten nach Arbeitsende, Betriebsfeste und -ausflüge, Grad der Integration in das Gesamtkonzept der Unternehmensethik. Psychische Arbeitsbedingungen Ein Teil des Betriebsklimas, entzieht sich dem deskriptiven Zugriff, kann durch Methoden und Verfahren der differentiellen Psychologie besser analysiert werden.36 Sozialkontakte Basis: Nachweise zu Betriebsfesten, -feiern, -ausflügen, regelmäßigen Arbeitsbesprechungen, Teambildungen, Analyse der auswertbaren Angaben der Mitarbeiter. Führungsstil / Verhalten des Vorgesetzten Basis: fundierter Nachweis des eigenen ethischen Konzeptes, Nachweis und Inhalte der Führungsgrundsätze, Teilhabe der Mitarbeiter am Erfolg, Betriebszugehörigkeit der Mitarbeiter, Qualifikationsstand der Mitarbeiter, Nachweis der Mitarbeiterentwicklung, Analyse der auswertbaren Angaben der Mitarbeiter, Grad der Integration in das Gesamtkonzept des Unternehmens. Auseinandersetzung mit der sozialen Umwelt Dieses Kriterium entzog sich dem hier durchgeführten deskriptiven Ansatz. Leistungsbereitschaft Basis: Grundkonzept des Betriebsklimas, des Führungsstils und der sozialen Kontakte; ist demnach in das jeweilige Konzept einbezogen. 36 Vgl. Catell 1962. Psychosoziale Belastungen (Überbeanspruchung, Sinngehalt der Arbeit, interpersonale Störungen) Basis: ebenfalls das Grundkonzept des Betriebsklimas, des Führungsstils, der psychischen Arbeitsbedingungen und der sozialen Kontakte; ist demnach in das jeweilige Konzept einbezogen Qualifikationspostulat, -möglichkeit Basis: Bildungsstand der Mitarbeiter und entsprechender, von der Führungskraft geförderter Bildungsaktivitäten, dem Umfang der Qualifizierungen in der Breite, der Einstellung zu Bildungsmaßnahmen, Analyse der auswertbaren Angaben der Mitarbeiter, Grad in das Gesamtkonzept der Unternehmensethik. Förderung der Mitarbeiter Basis: möglicher und nachweisbarer beruflicher Aufstieg innerhalb des Verantwortungsbereiches der Führungskraft, der Möglichkeit am internen Stellenmarkt teilzunehmen, Förderung der individuellen Entwicklung der Mitarbeiter, Analyse der auswertbaren Angaben der Mitarbeiter, Grad der Integration in das Gesamtkonzept der Unternehmensethik. Anerkennung / Motivation Basis: nachgewiesene Verfahren materieller und immaterieller Anerkennung der Mitarbeiter, Analyse der auswertbaren Angaben der Mitarbeiter, Grad der Integration in das Gesamtkonzept der Unternehmensethik. Zukunftsperspektiven – Kompetenzmodell und Identitätsstruktur – Basis: nachgewiesenes Modell der Zukunftsperspektiven, z. B. sicherer Arbeitsplatz, sozialer und beruflicher Aufstieg, Entwicklung des humanen Kompetenzbereiches, Möglichkeit der Identifikation mit der Unternehmenseinheit, Analyse der auswertbaren Angaben der Mitarbeiter, Grad der Integration in das Gesamtkonzept der Unternehmensethik. Arbeitszufriedenheit und -motivation Basis: Grundkonzept des Betriebs- und Sozialklimas, dem Führungsverhalten und der Teilhabe am Erfolg und ist dementsprechend kein eigenständig beschriebenes und bewertetes Kriterium des ethischen Konzeptes. Ansprechbarkeit des Vorgesetzten Basis: Konzept des Führungsverhaltens bzw. -stils; ist deswegen kein eigenständig bewertetes Kriterium im ethischen Konzept. Teamentwicklung (Aufrechterhaltung der sozialen und personalen Identität) Basis: Grundkonzept des Führungsverhaltens bzw. -stils, des Betriebs- und Sozialklimas, nachweisbare Konzepte der Kompetenzentwicklung im Verantwortungsbereich der Mitarbeiter, nachweisbarer Entscheidungsspielraum, Förderung des unternehme- rischen Denkens, Analyse der auswertbaren Angaben der Mitarbeiter, Grad der Integration in das Gesamtkonzept der Unternehmensethik. Lob, Bestätigung, Ermunterung, Teilhabe Basis: Konzept des Führungsverhaltens bzw. -stils (bewertet darüber hinaus die Teilhabe der Mitarbeiter am ökonomischen Erfolg der Untersuchungseinheit), Analyse der auswertbaren Angaben der Mitarbeiter, Grad der Integration in das Gesamtkonzept des Unternehmens. Einhaltung der betrieblichen Werte Basis: Konzept der Führungsethik, insbesondere nachgewiesene Prinzipien und Maßnahmen, die das ethische Konzept in der Unternehmenseinheit durchsetzen und aufrechterhalten, Grad der Integration in das Gesamtkonzept der Unternehmensethik. Kommunikative Kompetenz der Ethik Basis: Möglichkeit des herrschaftsfreien Dialogs über die Entwicklung des ethischen Konzeptes für die Unternehmenseinheit und den Grad der Integration in des Gesamtkonzept des Unternehmens. Da eine auf diesem ethischen Konzept fußende Analyse aller Niederlassungen (zurzeit 165) im Rahmen der Themenstellung nicht notwendig ist, wurde eine Auswahl von Niederlassungen getroffen, die jeweils eine hohe oder niedrige Absentismusrate und Fluktuationsfrequenz aufweisen. Die jeweiligen Zusammenhänge sollen die Wirkweise ethischer Konzepte herausstellen und die Relevanz auch für die ökonomische Unternehmensentwicklung begründen. 1.1.5 Die Entwicklung der Absentismusraten in ausgewählten Niederlassungen der Untersuchungseinheit Die Analyse nachfolgender Fokussierung des Krankenstandes37 auf drei ausgewählte Niederlassungen zeigt im Vergleich zur nächsthöheren Organisationseinheit (den so genannten Divisionen) als auch zum Gesamtunternehmen eine deutliche und seit 1992 durchgehend niedrige Absentismusrate. Auffällig ist, dass in den Niederlassungen 2, 5 und 6 seit 1996 keine bzw. nur extrem wenig Krankenlöhne an sozialversicherungsfreie Mitarbeiter ausbezahlt werden. Die Gründe sind im Rahmen vorliegender Arbeit nicht zitierfähig. 37 In Abhängigkeit von den Kosten der Lohnfortzahlung. Abbildung 2: Niedriger Krankenstand, Niederlassung 1 6,00 % 6,00 % 5,08 % 5,00 % 5,00 % 4,28 % 4,16 % 4,00 % 4,00 % 3,81 % 3,82 % 3,33 % 3,24 % 3,00 % 3,00 % 2,38 % 2,00 % 2,00 % 1,55 % 1,72 % 1,58 % 1,09 % 1,23 % 1,22 % 1,19 % 1,00 % 1,00 % 0,77 % 0,00 % 0,00 % 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei Divisionsdurchschnitt pflichtig Niederlassung 1 frei Niederlassung 1 pflichtig Tabelle 3: Niedriger Krankenstand, Niederlassung 1 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei pflichtig 1,24 % 5,31 % 215.964 DM 1.189.578 DM 1,64 % 5,19 % 284.247 DM 1.224.857 DM 1,79 % 4,83 % 318.488 DM 1.097.808 DM 1,85 % 5,30 % 327.488 DM 1.207.643 DM 1,54 % 4,71 % 271.769 DM 1.032.838 DM 1,17 % 3,81 % 194.313 DM 812.484 DM 1,45 % 3,68 % 271.217 DM 1.041.109 DM Niederlassung 1 frei pflichtig 0,77 % 4,28 % 40.005 DM 51.850 DM 1,23 % 4,16 % 66.389 DM 52.096 DM 1,55 % 3,24 % 85.316 DM 39.106 DM 1,58 % 5,08 % 85.071 DM 59.309 DM 1,19 % 3,82 % 64.322 DM 42.698 DM 1,09 % 2,38 % 55.873 DM 30.372 DM 1,22 % 3,33 % 60.918 DM 41.732 DM 2,65 % 206.488 DM 1,72 % 32.424 DM 5,99 % 987.927 DM 3,81 % 23.458 DM Abbildung 3: Niedriger Krankenstand, Niederlassung 2 7,00 % 7,00 % 6,00 % 6,00 % 5,96 % 5,39 % 5,00 % 5,33 % 5,00 % 5,00 % 4,71 % 4,04 % 4,00 % 4,00 % 3,73 % 3,14 % 3,00 % 3,00 % 2,57 % 2,00 % 2,00 % 1,00 % 1,00 % 0,95 % 0,57 % 0,00 % 0,00 % 0,00 % 1992 1993 0,01 % 0,04 % 0,05 % 0,00 % 1994 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei Divisionsdurchschnitt pflichtig Niederlassung 2 frei Niederlassung 2 pflichtig Tabelle 4: Niedriger Krankenstand, Niederlassung 2 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei pflichtig 3,75 % 5,15 % 21.345 DM 1.155.752 DM 3,54 % 5,44 % 45.956 DM 1.337.158 DM 1,68 % 5,25 % 34.879 DM 1.539.906 DM 1,71 % 5,84 % 45.938 DM 1.756.467 DM 0,56 % 4,99 % 15.594 DM 1.510.177 DM 0,27 % 3,59 % 7.467 DM 982.698 DM 0,46 % 3,84 % 23.290 DM 2.120.140 DM 0,61 % 5,65 % 16.538 DM 1.638.233 DM Niederlassung 2 frei pflichtig 0,00 % 3,73 % 0 DM 66.446 DM 0,57 % 5,00 % 1.328 DM 119.703 DM 0,95 % 5,39 % 3.824 DM 147.947 DM 2,57 % 5,96 % 11.688 DM 163.778 DM 0,00 % 4,71 % 0 DM 121.990 DM 0,04 % 3,14 % 322 DM 91.528 DM 0,01 % 4,04 % 88 DM 97.010 DM 0,05 % 113 DM 5,33 % 52.646 DM Abbildung 4: Niedriger Krankenstand, Niederlassung 3 7,00 % 7,00 % 6,00 % 6,32 % 6,00 % 5,00 % 4,00 % 4,99 % 5,17 % 5,18 % 5,00 % 3,87 % 4,09 % 3,77 % 4,00 % 3,82 % 3,19 % 3,00 % 3,33 % 3,00 % 2,43 % 2,00 % 2,00 % 1,74 % 1,50 % 1,00 % 1,00 % 0,65 % 0,36 % 0,00 % 1992 0,00 % 1993 1994 0,00 % 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei Divisionsdurchschnitt pflichtig Niederlassung 3 frei Niederlassung 3 pflichtig Tabelle 5: Niedriger Krankenstand, Niederlassung 3 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei pflichtig 2,81 % 5,76 % 71.175 DM 1.598.989 DM 2,21 % 5,93 % 62.305 DM 1.862.106 DM 1,67 % 6,07 % 61.240 DM 1.975.282 DM 2,26 % 5,86 % 105.797 DM 2.012.969 DM 1,01 % 5,20 % 39.275 DM 1.771.710 DM 0,74 % 3,88 % 25.612 DM 1.351.990 DM 0,46 % 3,84 % 23.290 DM 2.120.140 DM 0,61 % 5,65 % 16.538 DM 1.638.233 DM Niederlassung 3 frei pflichtig 5,17 % 4,09 % 986 DM 17.503 DM 0,00 % 4,99 % 0 DM 70.169 DM 2,43 % 5,18 % 833 DM 74.863 DM 0,65 % 3,87 % 316 DM 61.028 DM 0,36 % 3,77 % 151 DM 59.606 DM 1,50 % 3,82 % 1.049 DM 63.128 DM 1,74 % 3,19 % 1.451 DM 50.529 DM 3,33 % 1.337 DM 6,32 % 41.935 DM Im Gegensatz zu diesen Niederlassungen mit niedrigem Krankenstand wurden drei weitere Niederlassungen herausgesucht, die einen hohen Krankenstand aufweisen. Abbildung 5: Hoher Krankenstand, Niederlassung 4 7,00 % 7,00 % 6,80 % 6,18 % 6,00 % 6,00 % 5,93 % 5,29 % 5,00 % 5,00 % 4,50 % 4,13 % 4,00 % 4,00 % 3,65 % 3,00 % 3,00 % 2,17 % 2,25 % 1,96 % 2,00 % 1,55 % 0,91 % 0,95 % 2,00 % 1,36 % 1,00 % 1,00 % 0,00 % 0,00 % 1992 1993 1994 1995 Divisionsdurchschnitt frei Niederlassung 4 frei 1996 1997 1998 Divisionsdurchschnitt pflichtig Niederlassung 4 pflichtig Tabelle 6: Hoher Krankenstand, Niederlassung 4 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 Divisionsdurchschnitt frei pflichtig 1,55 % 5,51 % 303.460 DM 1.150.676 DM 1,64 % 4,83 % 336.058 DM 1.175.760 DM 2,02 % 5,01 % 403.902 DM 1.339.604 DM 2,17 % 5,34 % 433.233 DM 1.544.763 DM 1,93 % 4,22 % 359.977 DM 1.132.245 DM 1,63 % 2,84 % 305.245 DM 920.719 DM 1,52 % 2,83 % 286.546 DM 1.183.310 DM Niederlassung 4 frei pflichtig 0,91 % 4,50 % 9.820 DM 30.457 DM 0,95 % 4,13 % 10.577 DM 31.136 DM 1,36 % 5,93 % 15.104 DM 53.880 DM 2,17 % 6,80 % 28.228 DM 68.112 DM 2,25 % 6,18 % 29.072 DM 56.258 DM 1,96 % 3,65 % 22.756 DM 33.978 DM 1,55 % 5,29 % 18.875 DM 61.160 DM Abbildung 6: Hoher Krankenstand, Niederlassung 5 10,00 % 10,03 % 10,00 % 9,00 % 9,00 % 7,92 % 8,00 % 8,00 % 7,49 % 7,00 % 6,57 % 7,04 % 6,48 % 7,00 % 6,96 % 6,06 % 6,00 % 6,00 % 5,34 % 5,00 % 4,57 % 5,00 % 4,76 % 4,24 % 4,00 % 4,00 % 3,00 % 3,00 % 2,00 % 2,00 % 1,90 % 1,00 % 0,40 % 1,00 % 0,23 % 0,00 % 0,00 % 0,00 % 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei Divisionsdurchschnitt pflichtig Niederlassung 5 frei Niederlassung 5 pflichtig Tabelle 7: Hoher Krankenstand, Niederlassung 5 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei pflichtig 3,75 % 5,15 % 21.345 DM 1.155.752 DM 3,54 % 5,44 % 45.956 DM 1.337.158 DM 1,68 % 5,25 % 34.879 DM 1.539.906 DM 1,71 % 5,84 % 45.938 DM 1.756.467 DM 0,56 % 4,99 % 15.594 DM 1.510.178 DM 0,27 % 3,59 % 7.467 DM 982.698 DM 0,44 % 3,28 % 15.723 DM 1.389.959 DM 0,49 % 7.120 DM 5,09 % 839.730 DM Niederlassung 5 frei pflichtig 10,03 % 6,57 % 4.104 DM 214.196 DM 5,34 % 6,48 % 4.133 DM 245.126 DM 7,92 % 6,96 % 10.737 DM 265.788 DM 4,24 % 7,49 % 7.580 DM 273.862 DM 1,90 % 7,04 % 3.584 DM 235.530 DM 0,40 % 4,57 % 1.063 DM 235.530 DM 0,23 % 4,76 % 620 DM 224.701 DM 0,00 % 0 DM 6,06 % 104.664 DM Abbildung 7: Hoher Krankenstand, Niederlassung 6 9,00 % 9,00 % 8,00 % 8,00 % 7,72 % 6,84 % 7,00 % 6,33 % 7,00 % 5,90 % 6,00 % 6,00 % 5,90 % 5,61 % 5,00 % 5,00 % 4,84 % 4,00 % 4,00 % 3,45 % 3,00 % 3,00 % 2,86 % 2,00 % 1,00 % 2,00 % 1,22 % 0,78 % 1,00 % 0,43 % 0,00 % 0,00 % 1992 1993 0,00 % 1994 1995 1996 1997 0,00 % 1998 0,00 % 0,00 % bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei Divisionsdurchschnitt pflichtig Niederlassung 6 frei Niederlassung 6 pflichtig Tabelle 8: Hoher Krankenstand, Niederlassung 6 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 bis 05/99 Divisionsdurchschnitt frei pflichtig 3,75 % 5,15 % 21.345 DM 1.155.752 DM 3,54 % 5,44 % 45.956 DM 1.337.158 DM 1,68 % 5,25 % 34.879 DM 1.539.906 DM 1,71 % 5,84 % 45.938 DM 1.756.467 DM 0,56 % 4,99 % 15.594 DM 1.510.178 DM 0,27 % 3,59 % 7.467 DM 982.698 DM 0,44 % 3,28 % 15.723 DM 1.389.959 DM 0,49 % 7.120 DM 5,09 % 839.730 DM Niederlassung 6 frei pflichtig 1,22 % 5,61 % 289 DM 39.455 DM 2,86 % 7,72 % 3.203 DM 63.869 DM 0,00 % 6,33 % 0 DM 95.978 DM 0,43 % 5,90 % 829 DM 32.949 DM 0,78 % 5,90 % 452 DM 32.949 DM 0,00 % 4,84 % 0 DM 33.316 DM 0,00 % 3,45 % 0 DM 26.225 DM 0,00 % 0 DM 6,84 % 29.635 DM Da aus verschiedenen Gründen im Weiteren die positiven Potenziale der Niederlassungen mit guten Werten näher betrachtet werden, seien hier kurz die Hauptcharakteristika der Negativpotenziale benannt: Führungsstil des Niederlassungsleiters fehlendes ethisches Konzept häufiger Wechsel des Niederlassungsleiters externe Besetzungen der Niederlassungen fehlende Politik und Strategie sowie ethisches Konzept der Unternehmensleitung Die Negativserie könnte fortgesetzt werden, würde aber in der Tendenz keine neuen Erkenntnisse für diesen Zusammenhang bringen. Im Jahr 1999 wurden verschiedene Interviews mit ausgewählten erfolgreichen Niederlassungsleitern (Führungskräften) des Unternehmens geführt, um herauszufinden, ob es gemeinsame Merkmale des Erfolges gibt, ob diese gemeinsamen Merkmale des Erfolges die Führungskräfte der neuen und alten Bundesländer eint, ob sich der Erfolg in ihrem ethischen Konzept wiederfindet und ob sich Gemeinsamkeiten aus den individuellen Biographien ergeben. Um eine fundierte argumentative Basis zu erhalten, folgt ein Abriss des Zusammenhangs von Ethik und Fluktuation, sowie die Darstellung ausgewählter Niederlassungen der Untersuchungseinheit mit niedrigen Fluktuationsraten. Im Anschluss daran folgt dann die Interpretation der Ergebnisse: Welche ethischen Konzepte oder Elemente dieser Konzepte verbindet erfolgreiche Niederlassungsleiter? Anhand dieser Darstellung sollen die Potenziale dargestellt werden, die für eine positive Mitarbeiter- und damit Unternehmensentwicklung genutzt werden können. Zudem soll ein Beispiel für die Möglichkeit interner Benchmarks gegeben werden, um die Fortführung der Methodik auch in anderen Bereichen anzuregen.