TN 2009-5. - GEO-LEO

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TERRA NOSTRA – Schriften der GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung
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Vol. 2009/5
Heft 2009/5
Klima im System Erde
Klimawandel – Antworten und Fragen aus den Geowissenschaften
Zusammenfassungen der Konferenzbeiträge
Editor
Herausgeber Prof. Dr. Dr. h. c. Reinhard F. Hüttl, Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ,
Potsdam
Prof. Dr. Karin Lochte, Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung AWI,
Bremerhaven
Prof. Dr. Dr. h. c. Volker Mosbrugger, Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung SGN,
Frankfurt am Main
Editorial staff
Redaktion
Dr. Markus J. Schwab, Dr. Annette Rinke, PD Dr. Dieter Uhl
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Potsdam
Layout
Satz- und Layout
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Druck
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Copyright and responsibility for the scientific content of the contributions lie with the authors.
Copyright und Verantwortung für den wissenschaftlichen Inhalt der Beiträge liegen bei den Autoren.
ISSN 0946-8978
GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung, Berlin, Oktober 2009
Redaktionsschluss: 19.10.2009
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Einleitung............................................................................................................................................................................... 5
Programm der Konferenz....................................................................................................................................................... 6
Auftaktvorträge
Reinhard Hüttl
Klima im System Erde – Perspektivefeste Erde................................................................................................................ 9
Karin Lochte
Ozean und Polarregionen – Regulativ und Langzeitgedächtnis des Klimas.................................................................11
Volker Mosbrugger
Klimawandel und Evolution des Menschen....................................................................................................................12
4,5 Milliarden Jahre Erdgeschichte – Der stete Wandel des Klimas
Klimawandel ist natürlich – Wie groß können natürliche Klimaschwankungen sein? Rekonstruktion aus
geologischen Archiven und heutigen Befunden – Ist der Nachweis in Daten und Modellen möglich?
VO Brauer, Achim
Dynamik abrupter Klimaänderungen in der Vergangenheit.........................................................................................13
PO Bruch, Angela A.; Utescher, T. & Mosbrugger, V.
NECLIME – Neogene Climate Evolution in Eurasia........................................................................................................15
PO Helle, Gerd; Heinrich, I. & Planells, O.
Baumjahrringe als Archiv von Kohlenstoff- und Wasserkreislauf.................................................................................16
PO Dethloff, Klaus; Handorf, Dörte; Brand, S. & Läuter, M.
Der Puls der Atmosphäre – Dekadisches Auf und Ab ....................................................................................................18
PO Kuhn, Gerhard; Niessen, F., ANDRILL SMO & MIS Science Team
Stabilität des Westantarktischen Eisschildes in der erdgeschichtlichen Vergangenheit –
Ergebnisse der ANDRILL Bohrung..................................................................................................................................21
PO Laepple, Thomas & Lohmann, Gerrit
Anthropozän vs. Holozän. Die menschengemachte Erwärmung in Relation
zu orbital getriebenen Klimaveränderungen..................................................................................................................23
VO Lühr, Hermann & Korte, Monika
Die Änderung des geomagnetischen Feldes und seine Relevanz für Klimastudien.......................................................25
PO Matthes, Katja; Neef, L., Petrick, C. & Wenhaji Ndomeni, C.
Simulation natürlicher Klimavariabilität im atmosphärisch-hydrosphärischen System.............................................27
VO Rinke, Annette; Dethloff, K., Gerdes, R. & Dorn, W.
Arktische Atmosphäre und Meereis – Das komplexe Zusammenspiel.......................................................................... 28
VO = Vortragpräsentation, PO = Posterpräsentation 1
Klima im System Erde
VO Schauer, Ursula; Hendricks, S., Hansen, E., Fahrbach, E. & Rabe, B.
Dünnes Eis auf warmem Ozean – der Arktische Ozean im Wandel............................................................................. 30
PO Schwab, Markus J. & Frank, Ute
Klimawandel in Historischen Zeiten bis 10 000 Jahre vor heute – BeispielNaher Osten...............................................31
PO Stebich, Martina; Mingram, J., Spangenberg, A. & You, H.
Vegetationsgeschichte Nordostchinas und nordhemisphärische Klimavariabilität im Spiegel hochauflösender
Pollenanalysen laminierter Seesedimente aus dem Sihailongwan-Maar.....................................................................33
VO Tiedemann, Ralf; Steph, S., Lamy, F., Kuhn, G. & Prange, M.
Als es global 3 °C wärmer war als heute – eine Klimaperspektive aus derErdgeschichte.............................................35
VO Uhl, Dieter; Herrmann, M., Micheels, A., Schneck, R. & Mosbrugger, V.
Klimawandel in der Erdneuzeit – Was sagen uns Modelle und Fossilien im Vergleich................................................ 36
Unnatürliche und ganz natürliche Treibhausgase
Was wir über Treibhausgase natürlichen Ursprungs (nicht) wissen.
VO Hubberten, Hans-Wolfgang
Biogene Treibhausgase und Gashydrate aus dem Permafrost...................................................................................... 38
VO Miller, Heinrich
Ein Blick zurück – Veränderlichkeit der Treibhausgaskonzentrationen der letzten 800 000 Jahre............................. 40
VO di Primio, Rolando & Horsfield, Brian
Natürliche Methanemissionen aus ­sedimentären Ablagerungen über ­geologische Zeiträume.................................... 42
PO Rex, Markus & von der Gathen, Peter
Ozon-Klimakopplung: Ein wenig verstandener Beitrag zu Klimaänderungen in den Polargebieten.......................... 43
VO Sachs, Torsten; Tretner, A., Krings, T., Buchwitz, M., Bovensmann, H., Erzinger, J. & Burrows, J.
MAMap – Ein neuer flugzeuggetragener Sensor zur flächenhaften Ermittlung von Methanund CO2-Emissionen .......................................................................................................................................................45
VO Schicks, Judith & Erzinger, Jörg
Wechselwirkungen zwischen natürlichen Gashydraten und globaler Erwärmung – ein Teufelskreis?.......................47
VO Wolf-Gladrow, Dieter
Die Rolle des Ozeans im globalenKohlenstoffkreislauf..................................................................................................49
Tiere und Pflanzen: Treiber und Opfer des Klimawandels
Biologische Prozesse und biologische Vielfalt in Vergangenheit und Gegenwart. Leben als Spiegel des Klimawandels.
PO Brüggemann, Wolfgang; Russell, D. & Dorow, W.
Der Wald der Zukunft......................................................................................................................................................50
VO Gersonde, Rainer
Mikroskopisch klein aber mit großer Bedeutung – Mikrofossilien als Anzeiger vergangenen Klimas........................51
2
VO = Vortragpräsentation, PO = Posterpräsentation
Inhaltsverzeichnis
PO Haidle, Miriam N.; Bolus, M., Bruch, Angela A., Hertler, C., Kanaeva, Z., Kandel, A. W. & Märker, M.
The Role of Culture in Early Expansions of Humans – Eine Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der
Wissenschaften am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt am Main und an der
Eberhard Karls Universität Tübingen..............................................................................................................................53
VO Hertler, Christine; Bruch, A. A., Schrenk, F. & Mosbrugger, V.
Klimawandel und Evolution des Menschen....................................................................................................................54
VO Itzerott, Sibylle; Kaufmann, H. & Chabrillat, S.
Fernerkundungsdaten als Parameterlieferanten in regionalen Klimamodellen..........................................................55
PO Knust, Rainer; Bock, Ch., Lannig, G., Lucassen, M., Mark, F.C., Sartoris, F.J., Storch, D. & Pörtner, H.O.
Klimafolgen für die marine Biodiversität – Eine wissenschaftliche Grundlage . .........................................................57
PO Meyer, Bettina, Teschke, Matthias & Bathmann, U.
Der antarktische Krill – Ein Schlüssel­organismus im Klimawandel............................................................................59
VO Micheels, Arne & Mosbrugger, Volker
Biodiversität und Klima im Miozän................................................................................................................................61
VO Reise, Karsten; van Beusekom, J. & Buschbaum, C.
Das Weltnaturerbe Wattenmeer und die globale Erwärmung........................................................................................62
VO Tackenberg, Oliver; Cunze, S. & König, K.
Migration und Aussterben von Organismen unter Klimastress ....................................................................................63
VO Wilkes, Heinz; Mangelsdorf, K., Vieth, A. & Horsfield, B.
Geobiologische Stoffkreisläufe in der Erdkruste (Deep Biosphere)................................................................................65
Neues Wissen aus dem All für das Verstehen des Erdklimas
Die satellitenbasierte Erdbeobachtung als Werkzeug zum besseren Klimaverständnis. Vom Erdkern zum Weltall.
VO Bracher, Astrid; Dinter, T., Schmitt, B., Vountas, M., Burrows, J. P., Peeken, I. & Röttgers, R.
Detaillierter Blick aus dem All – Meeresalgen global betrachtet.................................................................................. 66
PO Kusche, Jürgen; Flechtner, Frank & Eicker, Annette
Massentransporte und Massenverteilungen im System Erde – Beiträge der neuen Generation von
Schwerefeld- und Altimetermissionen............................................................................................................................ 68
VO Schröter, Jens; Wenzel, M. & Lemke, P.
Interpretation gemessener Meeres­spiegelvariationen.....................................................................................................70
VO Thomas, Maik; Sasgen, I., Dobslaw, H. & Wickert, J.
Erdsystemmodellierung –Von geodätischen Beobachtungsdaten zum Prozessverständnis.........................................71
VO Wickert, Jens; Flechtner, F., Schöne, T. & Thomas, M.
Geodätisch basierte Erdbeobachtung – Ein Werkzeug für die Klimaforschung ..........................................................72
VO Miller, Heinrich
Eismassenbilanzen und Meeresspiegelanstieg – Was erwartet uns im 21. Jahrhundert...............................................74
VO = Vortragpräsentation, PO = Posterpräsentation 3
Klima im System Erde
Was geschieht mit unserer Umwelt? Lösungsansätze aus den Geowissenschaften
Meteorologische Extreme und Geo-Engineering – Vermeidung oder neue Wege zur Anpassung?
VO Huenges, Ernst & Bruhn, David
Nachhaltige Energiebereitstellung mit Geothermie........................................................................................................75
PO Kühn, Michael; Liebscher, A. & Zentrum für CO2-Speicherung
Geologische Speicherung und dauerhafte Fixierung von CO2 in salinen Aquiferen – Chancen und Risiken............. 77
VO Kuch, Ulrich
Neue Gesundheitsrisiken.................................................................................................................................................78
VO Merz, Bruno
Hochwasser-Risikomanagement inZeiten des globalen Wandels...................................................................................79
PO Mosbrugger, Volker & Krohmer, J.
Das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), Frankfurt.......................................................................... 80
VO von Storch, Hans; Meinke, Insa & Weisse, R.
Nordseesturmfluten im Klimawandel – Entwicklungen und Schutzmaßnahmen.......................................................81
VO Stribrny, Bernhard
Wissenstransfer – eine zentrale Herausforderung......................................................................................................... 84
PO Würdemann, Hilke; Morozova, D. & Lerm, S.
Komplexe mikrobiologische Wechselwirkungen in Speichergesteinen –
Auswirkungen auf CCS und Geothermie........................................................................................................................ 86
4
VO = Vortragpräsentation, PO = Posterpräsentation
Einleitung
Einleitung
Klima im System Erde
Klimawandel – Antworten und Fragen aus den
Geowissenschaften
Auch wenn die natürlichen Klimaveränderungen in der
Erdgeschichte gewaltige Sprünge zeigen, die ohne menschliches Zutun entstanden sind und deren Ursachen und Dynamik wir nicht genügend kennen, steht sicher fest, dass
der Mensch zur augenblicklichen Klimaveränderung beiträgt.
Mitigation, also Maßnahmen zur Reduktion der vom
Menschen verursachten Treibhausgasemissionen, ist deshalb notwendig. Die Annahme jedoch, dass wir mit diesen
Maßnahmen den Temperaturanstieg auf 2 Grad begrenzen könnten, halten wir für eine offene Frage.
Das darf uns nicht am Handeln zur Reduktion der Emissionen hindern, das darf uns aber auch nicht daran hindern, die nach wie vor vorhandenen, durchaus großen
Wissens­lücken im Verständnis der komplexen Klimadynamik unseres Planeten aufzuzeigen. Unsere Forschungseinrichtungen untersuchen die Klimadynamik im System
Erde und leiten mögliche Adaptionsstrategien zur Minderung der Effekte des Klimawandels, die sich jeweils regionalspezifisch ausprägen, ab.
Vor diesem Hintergrund wollen wir als führende Forschungseinrichtungen auf unseren jeweiligen Fachgebieten den derzeitigen Wissensstand darlegen und notwendige
Fragestellungen identifizieren, die uns über die gegenwärtige, eher politisch dominierte Diskussion hinausbringen.
5
Klima im System Erde
Programm der Konferenz
Montag, 2. November 2009
9.30 – 11.00 Uhr Registrierung
11.00 Uhr Eröffnung
11.10 Uhr Grußworte
Jürgen Mlynek, Präsident der Helmholtz-Gemeinschaft
Ernst Th. Rietschel, Präsident der Leibniz-Gemeinschaft
11.30 – 13.00 Uhr Auftaktvorträge
Reinhard Hüttl (GFZ)
Klima im System Erde – Perspektive feste Erde
Karin Lochte (AWI)
Ozean und Polarregionen – Regulativ und Langzeitgedächtnis des Klimas
Volker Mosbrugger (SGN)
Die Biosphäre im Klimasystem
Erde im Wandel
14.30 – 16.00 Uhr 4,5 Milliarden Jahre Erd­
geschichte – Der stete Wandel des Klimas
Achim Brauer (GFZ)
Dynamik abrupter Klimaänderungen in der
­Vergangenheit
Ralf Tiedemann (AWI)
Als es global 3 °C wärmer war als heute – Eine Klimaperspektive aus der Erdgeschichte
Ursula Schauer (AWI)
Dünnes Eis auf warmem Ozean – Der Arktische
­Ozean im Wandel
Annette Rinke (AWI)
Arktische Atmosphäre und Meereis – Das komplexe
Zusammenspiel
Dieter Uhl (SGN)
Klimawandel in der Erdneuzeit – Was sagen uns
­Modelle und Fossilien im Vergleich
Hermann Lühr (GFZ)
Die Änderung des geomagnetischen Feldes und seine
Relevanz für Klimastudien
6
16.30 – 18.00 Uhr Unnatürliche und ganz
­natürliche Treibhausgase
Rolando di Primio (GFZ)
Natürliche Methanemissionen aus sedimentären
­Ablagerungen über geologische Zeiträume
Hans-Wolfgang Hubberten (AWI)
Biogene Treibhausgase und Gashydrate aus dem
­Permafrost
Dieter Wolf-Gladrow (AWI)
Der Ozean – Größter CO2-Speicher im globalen
­Kohlenstoffkreislauf
Judith Schicks (GFZ)
Wechselwirkungen zwischen natürlichen Gashydraten
und globaler Erwärmung – Ein Teufelskreis?
Heinrich Miller (AWI)
Ein Blick zurück – Veränderlichkeit der Treibhausgaskonzentrationen der letzten 800 000 Jahre
Torsten Sachs (GFZ)
MAMap – Ein neuer flugzeuggetragener Sensor zur
flächenhaften Ermittlung von Methan- und
CO2-Emissionen
18.30 Uhr Podiumsdiskussion
Moderation: Horst Rademacher
Wissenschaftskorrespondent,
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)
Auf dem Podium:
Matthias Kleiner
Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft DFG
Fritz Vahrenholt
Vorsitzender der Geschäftsführung RWE Innogy GmbH
Anita Engels
Universität Hamburg
Karin Lochte und Heinrich Miller
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung AWI
Reinhard Hüttl und Achim Brauer
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ
Volker Mosbrugger und Pedro Martínez Arbizu
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung SGN
Anschließend Empfang
Programm der Konferenz
Dienstag, 3. November 2009
7.30 – 8.30 Uhr Registrierung
8.30 – 10.15 Uhr Tiere und Pflanzen – Treiber und
Opfer des Klimawandels
Arne Micheels (SGN)
Biodiversität und Klima im Miozän
Rainer Gersonde (AWI)
Mikroskopisch klein aber mit großer Aussage –
­Mikrofossilien als Anzeiger vergangenen Klimas
Heinz Wilkes (GFZ)
Geobiologische Stoffkreisläufe in der Erdkruste (Deep
Biosphere)
Oliver Tackenberg (SGN)
Migration und Aussterben von Organismen unter
Klimastress
Karsten Reise (AWI)
Das Weltnaturerbe Wattenmeer und die globale
­Erwärmung
Christine Hertler (SGN)
Klimawandel und Evolution des Menschen
Sibylle Itzerott (GFZ)
Fernerkundungsdaten als Parameterlieferanten für
regionale Klimamodelle
10.45 – 12.05 Uhr Neues Wissen aus dem All –
Für das Verstehen des Erdklimas
Jens Wickert (GFZ)
Geodätisch basierte Erdbeobachtung – Ein Werkzeug
für die Klimaforschung
Maik Thomas (GFZ)
Erdsystemmodellierung – Von geodätischen Beobachtungsdaten zum Prozessverständnis
Jens Schröter (AWI)
Die Interpretation gemessener Meeresspiegel­
variationen
Astrid Bracher (AWI)
Detaillierter Blick aus dem All – Meeresalgen global
betrachtet
Heinrich Miller (AWI)
Eismassenbilanzen und Meeresspiegelanstieg –
Was erwartet uns im 21. Jahrhundert?
13.15 – 14.30 Uhr Was geschieht mit unserer
Umwelt? Lösungsansätze aus den Geowissen­
schaften
Bruno Merz (GFZ)
Hochwasser-Risikomanagement in Zeiten des
­globalen Wandels
Ernst Huenges und David Brun (GFZ)
Nachhaltige Energiebereitstellung mit Geothermie
Hans von Storch und Insa Meinke (GKSS)
Hochwasser und Küstenschutz
Ulrich Kuch (SGN)
Neue Gesundheitsrisiken
Bernhard Stribrny (SGN)
Wissenstransfer – Eine zentrale Herausforderung
15.00 – 16.30 Uhr Forschungsstrategien für
die Zukunft
Klaus Töpfer (IASS)
Das Institute for Advanced Sustainability Studies,
Potsdam (angefragt)
Guy Brasseur und Irene Fischer-Bruns (CSC)
Die Aufgaben und Strategien des Climate Service
Center, Hamburg
Wolfgang Mett
(DLR) Erdbeobachtung im Netzwerk EOS (Earth
­Observing System)
Volker Mosbrugger (SGN)
Neue Forschungsstrategien am LOEWE-Forschungszentrum Biodiversität und Klima (BiK-F)
Karin Lochte (AWI)
Integrierte Forschungsansätze in der Helmholtz
­Klimainitiative
Reinhard Hüttl (GFZ)
Resümee
7
Klima im System Erde
Klima im System Erde – Perspektive feste Erde
Klima im System Erde – Perspektive
feste Erde
Reinhard F. Hüttl
Deutsches GeoForschungsZentrums GFZ,
[email protected]
Das rasante Bevölkerungswachstum und die damit einhergehende intensive Nutzung unseres Planeten erfordern
ein international abgestimmtes Handeln zum Erhalt des
Lebensraums Erde, zur Sicherung der Lebensgrundlagen
unserer und der nachfolgenden Generationen. Am Beispiel
der Klimaentwicklung wird diese hochkomplexe Aufgabenstellung für die Forschung besonders deutlich.
Es ist bekannt, dass sich das Klima in der Erdgeschichte
immer wieder geändert hat. Weniger bekannt ist jedoch,
dass sich das Klima gerade in den vergangenen etwa
10 000 Jahren sehr stabil und damit außergewöhnlich verhalten hat. Das gegenwärtige Klima der Erde ist nicht repräsentativ für die längerfristigen Klimabedingungen, die
auf der Erde seit etwa 600 Millionen Jahren und damit seit
Beginn der intensiven Entwicklung des Lebens geherrscht
haben. Paläoklimatische bzw. geologische Studien zeigen,
dass seit dieser Zeit ein viermaliger Wechsel von „Eishaus“
(mit großflächigen Vereisungen an den Polen) und „Treibhaus“ (keine Vereisung auf der Erde) stattgefunden hat.
Das Klima ist aber nicht nur in langen Zeiträumen einem
ständigen Wandel unterworfen. Rapide Schwankungen
zum Kalten wie zum Warmen sind ebenso Teil der Klimageschichte, so beispielsweise Temperaturänderungen von
acht Grad innerhalb weniger Jahre im Spätglazial vor etwa
13 000 Jahren in Grönland. Diese Variabilitäten auf verschiedenen Zeit- und Raumskalen tragen wesentlich zum
Verständnis der Klimadynamik bei und sind eine Basis für
das Erkennen eines anthropogenen Einflusses, der heute
aufgrund von Szenariensimulationen im Vordergrund der
Diskussion steht.
Unwidersprochen findet, und zwar beginnend mit der Industrialisierung, ein Erderwärmungsprozess statt. Ganz
offensichtlich ist der Mensch durch ständig wachsende
Treibhausgasemissionen, Land- und Ressourcennutzung
an dieser rezenten Klimaerwärmung beteiligt. Im Sinne
einer vorsorgenden Umweltpolitik ist es deshalb richtig,
eine Reduktion der Treibhausgasemissionen zu bewirken
(Mitigation). Aufgrund der Trägheit des Klimasystems
und der nach wie vor gegebenen Beteiligung natürlicher
Faktoren an der Klimadynamik ist es ebenfalls ein Gebot der Stunde, Anpassungsstrategien (Adaptation) an
die Auswirkungen des Klimawandels zu entwickeln. Mit
Bezug auf diese Anpassungsmaßnahmen, die immer auf
bestimmte Regionen zugeschnitten werden müssen, sind
regionalspezifische Veränderungen der Klimadynamik zu
erforschen. Hier spielt auch die Paläoklimaforschung eine
zentrale Rolle, weil der räumlich differenzierte Blick in die
erdgeschichtliche Vergangenheit mögliche Zukunftsszenarien eröffnet.
Wichtig ist dabei aber auch, dass die Erreichung einer
Art Klimakonstanz, wie dies das Konzept des sogenannten 2-Grad-Ziels impliziert, zwar politisch wünschenswert
erscheinen mag, aus geowissenschaftlicher Sicht aber als
unrealistisch einzustufen ist.
Ziel der Geowissenschaften sollte es sein, über ein umfassendes Erdsystem-Management dem Menschen eine
lebenswerte Umwelt sensu „Human Habitat“ mit kalkulierbaren Umweltveränderungen und – soweit möglich – Georisiken zu erhalten bzw. wieder herzustellen.
Eine erweiterte Betrachtung des Systems Erde als System
Erde-Mensch bedeutet deshalb nicht nur die konsequente
Weiterentwicklung der Geowissenschaften vor dem Hintergrund neuer wissenschaftlicher und gesellschaftlicher
Herausforderungen. Angesichts von vermutlich über neun
Milliarden Menschen auf unserem Planeten im Jahre 2050
werden die Geowissenschaften sich notwendigerweise zu
Leitwissenschaften der kommenden Dekaden entwickeln.
9
Klima im System Erde
Abb. 1: Beobachtungen der GRACE-Satelliten zeigen die saisonalen Schwankungen im Wasserhaushalt. Diese Schwankungen zeigen sich am
deutlichsten im Amazonasgebiet. (Quelle: GFZ)
Abb. 2: Niederschlagsdynamik in Hochasien ermittelt aus Sauerstoff­isotopen an tausendjährigen Wacholdern (Quelle: GFZ)
10
Ozean und Polarregionen – Regulativ und Langzeitgedächtnis des Klimas
Ozean und Polarregionen – Regulativ
und Langzeitgedächtnis des Klimas
Karin Lochte
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
[email protected]
Die Rolle des Ozeans im Klimasystem liegt vor allem in
seiner enormen Kapazität Wärme und Gase zu speichern
sowie globalen Wärmetransport durchzuführen. Alle Klimaveränderungen auf langen Zeitskalen wurden aus den
Ablagerungen in den Ozeansedimenten rekonstruiert.
Drei Beispiele zeigen, wie der Ozean in bis jetzt noch nicht
bekanntem Ausmaß auf zukünftige Klimaveränderungen
einwirken kann.
Die Bedeckung des arktischen Ozeans mit Meereis im
Sommer nimmt stärker ab als bisher angenommen. Seit
dem Rekordsommer 2007 hat sich eine Erholung der
Meereisausdehnung noch nicht eingestellt. Die Meereisdecke beeinflusst den Austausch von Wärme, Wasserdampf
und Strahlung zwischen Ozean und Atmosphäre und hat
damit große Auswirkungen auf das globale Klima und
den Wasserkreislauf. Die Modellszenarien für zukünftige Änderungen in der Meereisbedeckung des arktischen
Ozeans sind generell pessimistisch so dass mit großen Änderungen im arktischen Raum (und darüber hinaus) zu
rechnen ist (Abb. 1).
getation an Land und freiliegende Schelfe haben diesen
Prozess in der Eiszeit befördert. Während in Eiszeiten das
Land weniger produktiv und der Ozean „ergrünt“ war, ist
in Warmzeiten der Ozean verarmt und das Land reich an
Vegetation. Der Ozean enthält enorme Mengen gelösten,
anorganischen Kohlenstoffs (38 000 Gigatonnen) im Vergleich zum aktiven Kohlenstoffspeicher an Land (2 000
Gigatonnen). Daher haben auch schon geringe Veränderungen in der Speicherkapazität des Ozeans sehr große
Auswirkungen auf unser Klima.
Abb 1: Modellberechnungen der arktischen Meereisbedeckung im
Sommer. In der Mitte dieses Jahrhunderts wird mit einem drastischen Einbruch der Meereisbedeckung im Sommer gerechnet.
(Quelle: Holland, M. M., C. M. Bitz, and B. Tremblay (2006), Future
abrupt reductions in the summer Arctic sea ice, Geophys. Res. Lett.,
33, L23503, doi:10.1029/2006GL028024.)
Im Meeresboden an den Kontinentalrändern und in Permafrostböden sind große Mengen Methanhydrat gespeichert. Sie werden durch den hohen Druck und die niedrigen Temperaturen stabilisiert; sie sind jedoch an vielen
Stellen am Rande ihres Stabilitätslimits. Sie können durch
Erwärmung des Bodenwassers oder Auftauen von submarinem Permafrost freigesetzt werden und die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre rasch erhöhen.
Erhöhter Eiseneintrag fördert die Produktivität von Mikroalgen in bestimmten Ozeanregionen und damit Bindung und Speicherung von CO2 im Ozean. Geringere Ve-
11
Klima im System Erde
Klimawandel und Evolution
des Menschen
Volker Mosbrugger 1, 2
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum
[email protected]
2
Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt
1
Die Biosphäre ist kein Epiphänomen des Planeten Erde,
sondern eine die Erdgeschichte wesentlich gestaltende
Komponente. Entsprechend spielt sie für die Klimadynamik eine wichtige Rolle. Sie beeinflusst nicht nur Albedo
und Windverhältnisse, sondern vor allem auch die großen
oberflächennahen Stoffkreisläufe, etwa des Wassers, des
Kohlenstoffs oder Stickstoffs und damit die Quellen und
Senken der wichtigsten Treibhausgase. Umgekehrt verändert Klimawandel die Biosphäre und damit die Biodiversität tiefgreifend, von den Genen bis zu den Ökosystemen
und Biomen: Arten und Taxa sterben aus, neue entstehen,
die Verbreitung der Taxa und ihre genetische Diversität
ändern sich ebenso wie ihre Lebenszyklen oder die Zusammensetzung und Struktur von Ökosystemen. Klimawandel
hat somit immer unmittelbare Auswirkungen auf die für
den Menschen so wichtigen Ökosystemdienstleistungen.
Diese Wechselwirkungen zwischen Klima und Biosphäre
bzw. Biodiversität sind quantitativ bisher nicht vollständig
verstanden, besitzen aber ein großes Potential für Mitigations- und Adaptationsmaßnahmen im Klimaschutz. So
gibt es Vorschläge, ein Carbon-Capture-and-Storage-Verfahren (CCS) über Biomasse zu gestalten. Große Bedeutung kommt hier auch der Minimierung der Verluste an
tropischen Regenwäldern oder von Savannen zu. Unklar
und umstritten sind Potential und System-Konsequenzen
der Produktion und Nutzung von Bio-Kraftstoffen. Vermutlich noch wichtiger als im Mitigationsbereich ist ein
Biodiversitätsmanagement für eine rechtzeitige Anpassung an den anthropogenen Klimawandel. Angesichts
steigender Meeresspiegel spielen die Küstenökosysteme
12
(z. B. Mangroven, Watt, Deltas) und Riffe eine große Rolle.
Entsprechendes gilt für die Vegetation in der Anpassung
an die erwarteten häufigeren Extremwetterereignisse im
Flachland und Gebirge sowie im Wassermanagement in
Trocken- bzw. Halbtrockengebieten. Von zentraler Bedeutung ist ein Biodiversitätsmanagement ferner für die Fischerei-, Land- und Forstwirtschaft, denn hier sind rechtzeitige Anpassungsstrategien für ganze, z. T. anthropogene
Ökosysteme notwendig.
Zahlreiche weitere Beispiele für mögliche Mitigations- und
Adaptationsmaßnahmen mit Hilfe eines Biodiversitätsmanagements ließen sich aufführen. Entscheidend ist jedoch
stets, dass vor der Umsetzung einer Maßnahme das gesamte System der Prozesskopplungen und Wechselwirkungen verstanden ist. Diese Voraussetzung ist bisher jedoch
kaum gegeben.
Dynamik abrupter Klimaänderungen in der Vergangenheit
Dynamik abrupter Klimaänderungen in
der Vergangenheit
Achim Brauer
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 5.2 Klimadynamik
und Landschaftsentwicklung, [email protected]
Paläoklimatische Daten zeigen eindeutig, dass sich Klimawandel in der Vergangenheit häufig in abrupten Sprüngen
vollzogen hat. Diese nicht-lineare Eigenschaft des Klimas
ist bedingt durch Schwellenwertprozesse im gekoppelten
Atmosphäre-Hydrosphäre-Biosphäre-Geosphäre System,
die in ihrem komplexen Zusammenwirken kaum verstanden sind. Die offenen Fragen zur Dynamik abrupter
Klimaänderungen lassen sich in vier Fragekomplexen zusammenfassen: (1) Was genau bedeutet ‚abrupt’, d.h. in
welchen Zeiträumen können sich starke Klimaänderungen vollziehen? (2) Was sind die Auswirkungen schneller
Klimawechsel im Lebensraum des Menschen, d.h. wie
reagiert Fauna und Flora und wie ändern sich z. B. Erosionsprozesse und die Häufigkeiten von Extremereignissen?
(3) Was sind die Mechanismen und auslösenden Faktoren
abrupter Wechsel? (4) Wann ist mit dem Auftreten plötzlicher Sprünge im Klimasystem zu rechnen, und gibt es Anzeichen im Vorfeld solcher Ereignisse, anhand derer eine
Vorhersage möglich werden könnte?
Die Beantwortung dieser Fragen ist für eine bessere Abschätzung des zukünftigen Klimas von großer Bedeutung.
Da sich starke, abrupte Klimaänderungen in historischer
Zeit glücklicherweise nicht ereignet haben, sondern letztmalig zu Beginn des Holozäns vor 11 600 Jahren auftraten, ist deren Beobachtung und Rekonstruktion nur mit
Hilfe der Auswertung natürlicher Klimaarchive mit hoher
Auflösung möglich. Eine besondere Rolle kommt dabei
jahresgeschichteten Seesedimenten zu, die saisonal genaue Beobachtungen und eine genaue Bestimmung der
Zeitdauer klimatischer Übergänge erlauben. In diesem
Beitrag werden Ergebnisse der Untersuchungen an Sedimenten des Meerfelder Maarsees (Eifel) vorgestellt, die
genauen Aufschluss über die Abläufe während einer dras-
tischen Abkühlung vor 12 700 Jahren vermitteln (Brauer
et al., 2008). Etwa 2 000 Jahre nach der Erwärmung am
Ende der letzten Eiszeit kam es zu einer 1 100 Jahre andauernden Rückkehr eiszeitlicher Klimabedingungen.
Diese als Jüngere Dryas bekannte Kaltphase begann innerhalb weniger Jahre wie an den dramatischen Änderungen des Sees abzulesen ist. Die Sedimentdaten geben
zudem Aufschluss, welche Prozesse bei diesem abrupten
Klimawandel eine Rolle gespielt haben.
Literatur
Brauer, A., Haug, G.H., Dulski, P. Sigman, D.M., Negendank, J.F.W.
(2008). An abrupt wind shift in western Europe at the onset of
the Younger Dryas cold period. Nature Geoscience 1: 520-523.
Abb. 1: Entnahme von Seesedimenten mit einem modernen Stechkernsystem
13
Klima im System Erde
Abb. 2: Wechsel im Aufbau von Jahreslagen der Sedimente des Meerfelder Maarsees während der abrupten Abkühlung vor 12 700 Jahren: (a) Dünnschliffaufnahme mit polarisiertem Licht; die weiße Kurve zeigt Schwankungen des Eisengehalts im Sediment. (b-c) Mikroskopaufnahmen von Jahreslagen der
Jüngeren Dryas; (d-e) Mikroskopaufnahmen von Jahreslagen des Allerød; (b, d) Aufnahmen mit polarsiertem Licht.
14
NECLIME – Neogene Climate Evolution in Eurasia
NECLIME – Neogene Climate Evolution
in Eurasia
Angela A. Bruch, Utescher, T. & Mosbrugger, V.
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt am
Main, [email protected]
Darüber hinaus organisiert NECLIME auf dieser Konferenz Symposien zu den Themen „Beyond Milankovich
– pre-Pleistocene high-resolution climate signals“ und
„Climate and Evolution“, die offen sind für Beiträge aller
Interessierten.
Weitere Informationen sind im Internet abrufbar unter
www.neclime.de.
Seit 1999 ist NECLIME ein internationales offenes Netzwerk von Wissenschaftlern, die sich mit der Klimaentwicklung im Neogen Eurasiens beschäftigen. Grundsätzliches
Ziel von NECLIME ist ein besseres Verständnis paläoklimatischer Langzeitprozesse insbesondere der mittleren
Breiten, wobei vor allem die Rekonstruktion der terrestrischen Klimaentwicklung im Neogen in hoher zeitlicher
und räumlicher Auflösung im Vordergrund steht. Unter
dem gemeinsamen Dach von NECLIME kann bereits vorhandenes Wissen konzentriert und mit neuen Ergebnissen
zu neuen bzw. detaillierten Vorstellungen vom Paläoklima
Eurasiens erweitert werden. Hauptziele von NECLIME sind
(1) die quantitative Rekonstruktion der neogenen Klimageschichte Eurasiens und ihre zeitlichen und räumlichen
Muster. (2) Die Rekonstruktion der regionalen und globalen atmosphärischen Zirkulation im Neogen auf der Basis
von Klimamodellierungen. (3) Die Analyse neogener eurasischer Ökosysteme und ihrer Klimaabhängigkeit. (4) Die
Untersuchung bzw. das Erkennen von Wechselwirkungen
zwischen Klima, Vegetation, Fauna und Paläogeographie.
Ein wichtiger Schritt zur Bündelung der bisherigen Ergebnisse war die Publikation einer ersten Synthese, die 2007
als Sonderband in PALAEO3 (vol. 253) mit dem Titel „Miocene Climate in Europe – Patterns and Evolution (Eds:
A.A. Bruch, D. Uhl & V. Mosbrugger)“ erschien.
NECLIME ist jederzeit offen für neue Mitglieder und Kooperationen. Zur Zeit beteiligen sich über 80 Wissenschaftler aus 31 Ländern an dem Programm. Auf jährlichen
Workshops werden die aktuellen Arbeiten der einzelnen
Arbeitsgruppen diskutiert so wie gemeinsame Ziele und
weitere Aktivitäten abgestimmt. Das nächste Treffen wird
anlässlich der 8th European Palaeobotany – Palynology
Conference (Juli 2010) in Budapest, Ungarn, stattfinden.
15
Klima im System Erde
Baumjahrringe als Archiv von
Kohlenstoff- und Wasserkreislauf
Gerd Helle 1, Heinrich, I.1 & Planells, O.2
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 5.2 Klimadynamik
und Landschaftsentwicklung, [email protected];
[email protected]
2
 Dep. d’Ecologia, Universitat de Barcelona, Av. Diagonal 645,
08028-Barcelona, Spanien, [email protected]
1 
Als Teil der terrestrischen Biosphäre leben Bäume an der
wichtigen Schnittstelle zwischen Boden und Atmosphäre,
an der sich Wasser- und Kohlenstoffkreislauf treffen. Einerseits stellt die Wasserabgabe durch die Evapo­transpiration
der Blätter und Nadeln eine bedeutende Einflussgröße für
die atmosphärische Feuchte dar, andererseits wird bei der
Photosynthese Kohlenstoff in Form von CO2 aufgenommen
und im Holz gespeichert. Veränderungen der Stoffflüsse in beiden Kreisläufen sind eng an die Interaktion von
Klimaveränderungen mit regional­spezifischen Standort­
verhält­nissen geknüpft. Im Holz der Baumjahrringe wird
die Dynamik der Veränderungen in verschlüsselter Form
gespeichert. Bäume sind nahezu weltweit verbreitet (zwischen 50° S und 70° N). Innerhalb des globalen Netzwerks
von Geoarchiven liefern sie als Teil des menschlichen Lebensraums einzigartige Informationen sowohl über Rand­
gebiete menschlicher Zivilisation, als auch über Regionen
mit hoher Be­völkerungs­dichte bzw. großer wirtschaftlicher
Bedeutung, wie z. B. Europa. Die flächenhafte Verbreitung,
die hohe Aussagekraft der Messparameter (Jahrringbreite,
Holzdichte, Holzchemie, stabile Isotope von Kohlenstoff,
Sauerstoff und Wasserstoff), die präzise Datierbarkeit und
die hohe zeitliche Auflösung machen das Baumringarchiv zu einem wichtigen Bindeglied zwischen flächenbe­
zogen­en, aber relativ kurzen Datenreihen der modernen
Fernerkundung und den punktbezogenen, sehr langen
Daten­reihen der Geoarchiv­forschung. Die interdisziplinäre Auswertung der chemisch-physikalischen Jahrring­
parameter auf Basis von öko-physiologischen bis hin zu
paläoklimatischen Forschungs­ansätzen, schafft hochwertige Daten­reihen mit einer zeitlich hohen Auflösung, die
man sonst nur von instrumentellen Messdaten kennt. Die
16
räum­lich-zeitliche Dynamik von Klima (Temperatur und
Niederschlag), Wasser- und Kohlenstoffkreislauf und damit einher­gehenden Land­schafts­entwicklungs­prozessen
seit der letzten Eiszeit können somit präzise erfasst werden.
Literatur
[1] Planells, O., Helle, G. & Schleser, G.H. 2009 A forced response
to twentieth century climate conditions of two Spanish forests
inferred from widths and stable isotopes of tree rings, Climatic
Change, DOI 10.1007/s10584-009-9602-6.
Baumjahrringe als Archiv von Kohlenstoff- und Wasserkreislauf
Abb. 1: Rekonstruktion der Feuchteverhältnisse auf der Iberischen Halbinsel seit 1600 AD. Trockenheitsindex ent­wickelt aus Sauerstoff- und
Kohlenstoff­isotopenparametern in Kiefernjahrringen (Pinus uncinata) von Stand­orten der Pyrenäen und der Sierra Nevada. Deutlich erkennbar ist die Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Trockenperioden seit 1850 AD. Geringes Holzwachstum (graue Schattierungen, um 1825
und nach 1997) kann auftreten als Folge von feucht-kalten wie auch trocken-warmer Bedingung­en. Klassische Methoden, wie die Analyse von
Holzzuwachsdaten (Jahrringbreite) müssen deswegen mit modernen Verfahren (z. B. stabile Isotope) kombiniert werden, um hochwertige
Rekonstruktionen zu gewährleisten. [1] Planells et al. 2009.
17
Klima im System Erde
Der Puls der Atmosphäre – Dekadisches
Auf und Ab
Klaus Dethloff, Handorf, D., Brand, S.,Läuter, M.
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Sekt. Atmosphärische Zirkulationen, [email protected],
[email protected]
Polare Kältepole
Arktis und Antarktis stellen die Kältepole der atmosphärischen Zirkulation dar und beein­flussen die globale Zirkulation durch den meridionalen Gradienten der Strahlungsenergie zwischen den Polen und den Tropen. Der
meereisbedeckte, arktische Ozean wird zu großen Teilen
durch Landmassen eingeschlossen und ist durch eine jahreszeitlich variierende Eisdecke von 1–5 m Dicke mit der
polaren Atmosphäre gekoppelt. Die arktischen Landflächen sind von Oktober bis Mai mit Schnee bedeckt. Große
Landteile der Arktis entsprechen polaren Wüsten mit wenig
Vegetation und sind dauerhaft gefroren. Dieser Permafrost
taut nur im Sommer in einer dünnen oberen, der aktiven
Schicht auf. Atmosphärische Beob­achtungsdaten für die
Polarregionen in der Arktis und Antarktis sind nur spärlich vorhanden, da nur einige wenige Beobachtungsstationen existieren, die mit langfristigen Daten dienen können.
Deshalb stellen neben Satellitendaten u. a. die Reanalysen
des Europäischen Zentrums für mittelfristige Wettervorhersage brauchbare Datensätze für die Polarregionen dar,
die durch die Assimilation von existierenden Beobachtungs- und Satellitendaten in ein Wetter­vorher­sage­modell
erzeugt wurden. Die arktische Winterzirkulation wird in
der mittleren Troposphäre durch einen polaren Wirbel bestimmt, der mit seinem Druckminimum über Nordamerika liegt und sich bis nach West­europa erstreckt. Diese
Druckvertei­lung wird durch die Topographie der Erdoberfläche, die Land-Meerverteilung und die Abstrahlung
von Wärme in den Weltraum während der Polarnacht
bestimmt. Der Polarwirbel schwächt sich im Sommer ab
und wird stärker symmetrisch. Im Winter dominieren im
Bodenluftdruck das Islandtief, das Aleu­tentief im nordpa-
18
zifischen Becken und das Sibirienhoch. Das isländische
Tief und das Aleutentief werden durch den relativ warmen Ozean im Umfeld kalter Luftmassen bestimmt. Das
sibirische Hoch wird im Wesentlichen durch langwellige
Strah­lungs­abkühlung verursacht. Das Islandtief ist im
Sommer deutlich schwächer als im Winter. Die auf den
Meeresspiegel reduzierte Druckverteilung des Sommers
zeigt den höchsten Luftdruck über Grönland, der Barentsund der Beaufortsee. Niedriger Luftdruck herrscht wieder
im Islandtief, aber auch über Sibirien. Die mittlere Zirkulation des Winters wird durch großskalige planetare Wellenmuster bestimmt, die im Sommer wesentlich geringer
ausgeprägt sind.
Fernverbindungsmuster
Diese globalen Muster der Luftdruck- und Tempe­
raturverteilung haben sich in den Jahren von 1948–2009
deutlich verändert. In den Wintern trat eine signifikante
Erwärmung und in den Sommern eine leichte Abkühlung
auf. Die beobachtete Wintererwärmung steht im Zusammenhang mit den Änderungen der nordhemisphärischen
Zirkulation und des Fernverbindungs­musters der Nordatlantischen Oszillation (NAO) oder der Arktischen Oszillation (AO). Dieses natürli­che Variabilitätsmuster zeichnet
sich durch großräumige Schwankungen des Luftdrucks
im Bereich des Islandtiefs und des Azorenhochs aus. Eine
negative Luft­druckanomalie im islän­dischen Raum und
eine positive Luft­druckanomalie im Bereich der Azoren
kennzeichnen die positive Phase der NAO, wogegen eine
positive Luft­druckanomalie im Islandraum und eine negative Luft­druck­­anomalie im Azorenbereich für die negative Phase typisch sind. Diese Luft­druckanomalien gehen
einher mit einer verstärkten zonalen Strömung über dem
Nordatlantik in der positiven Phase und einer schwächeren
zonalen Strömung und damit stärkeren plane­taren Wellenmustern in der negativen Phase. Diese Schwankungen
üben einen starken Einfluss auf das Klima Europas aus.
In der positiven NAO-Phase gelangt vermehrt warme und
feuchte Meeresluft nach Nord- und Mitteleuropa, während
in der negativen Phase verstärkt großskalige Wellenmuster
kalte Polarluft nach Europa transportieren. Die AO ist mit
Der Puls der Atmosphäre – Dekadisches Auf und Ab
der NAO eng ver­bunden und verdankt ihre Existenz der
Orographie der Erdoberfläche, den Land-Meer Kontras­ten
und der Zyklonenaktivität [1]. Dabei wird ein symmetrisches AO-Muster bereits in einer Modellatmosphäre ohne
Kontinente und Ozeane erzeugt. Mit eingeschalteter Orographie der Erdoberfläche werden die beobachteten zonalen Asymmetrien der AO-Verteilung und die Zugbahnen
der synoptischen Zyklonen über den Ozeanen reproduziert.
Mit einem zusätzlichen längenabhängigen thermischen
Antrieb durch Ozeantem­peraturanomalien breitet sich
das AO-Muster in die Stratosphäre aus. Daraus ergibt sich,
dass dieses Fernver­bin­dungsmuster mit Rückkopplungen
innerhalb des Atmosphäre-Ozean-Meereissystems verbunden ist und durch Tropo-Stratosphären-Rück­kopplung
und die stratosphärische Ozonschicht beeinflusst wird. Neben diesen natürlichen Prozessen werden die atmosphärischen Fernverbindungsmuster auch durch anthropogene
Einflussfaktoren, wie Treibhausgaskonzentrationen und
Aerosolbelastung beeinflusst.
Zirkulationsregime
Das Grundkonzept für das Verständnis von dekadischer
Klimavariabilität auf der globalen und regionalen Skala ist das Konzept der atmosphärischen Zirkulationsregime. Es ist bekannt, dass atmosphärische Variabilität mit
Schwankungen einiger weniger bevorzugter großräumiger
Strömungsmuster in Verbindung steht, die in bestimmten
geografischen Regionen auftreten. Das Konzept der atmosphärischen Zirkulationsregime verbindet diese beobachteten Klimaschwankungen mit der atmosphärischen Dynamik unter der Annahme, dass niederfrequente Klimavariabilität durch Übergänge zwischen den bevorzugten
atmosphärischen Regimen und Änderungen in der Häufigkeit des Auftretens der Regime entsteht. Vergleichsstudien mit atmosphärischen Modellen, Datenanalysen, Analysen von Modellläufen mit erhöhten Treibhausgasen und
Paläoklima-Simulationen zeigen, dass sich eine Änderung
im externen Antrieb auf natürliche Variabilitätsmuster
projizieren kann, aber die Aufenthaltswahrscheinlichkeit
in den einzelnen Zirkulationsregimen ändert. Die Zirkulationsregime können mit Hilfe anspruchsvoller statistischer
Verfahren detektiert werden. Die gefundenen Regime projezieren sich auf die verschiedenen Phasen der bekannten
Fernverbindungsmuster, z. B. auf die positive und negative
Phase der AO bzw. NAO, den dominierenden Variabilitätsmustern im atlantisch-europäischen Raum. Diese Muster
variieren auf Zeitskalen von Jahren bis zu Jahrzehnten
und ihre stärkere/schwächere Ausprägung in negativen/
positiven Phasen verursacht ein Auf und Ab dekadischer
Zirkulationsanomalien der Atmosphäre. Der Einfluss der
führenden Variabilitätsmuster reicht bis in die Stratosphäre. Die positive Phase der AO steht demzufolge mit einem
stärkeren und kälteren Polarwirbel in Verbindung. Die
Stärke des Polarwirbels beeinflusst die Ausbreitung planetarer Wellen von der Troposphäre in die Stratosphäre
und ebenso die Übertragung extremer Anomalien von der
Stratosphäre hinab in die Troposphäre.
Erdsystemmodelle
Modellexperimente [2] haben gezeigt, dass Änderungen in
arktischen Prozessbeschreibungen, wie z. B. der Schneeund Eisalbedoparametrisierung, AO-ähnliche Anomalien
zur Folge haben und ebenfalls Einfluss auf die planetaren Wellenzüge und die Zyklonenzugbahnen haben können. Dies impliziert einen Einfluss auf die meridionale
Kopplung zwischen der Energiequelle in den Tropen und
der Energiesenke in der Arktis, so dass arktischen Klimaprozessen globale Auswirkungen zugeordnet werden
können. Anthropogen bedingte Klimaänderungen und
Phasenänderungen der AO/NAO überlagern einander, so
dass die Kenntnis der zukünftig vorherrschenden atmosphärischen Zirkulationsregime und der sie steuernden
Prozesse für glaubhafte regionale Klimaprojektionen
unerlässlich ist. Ein gekoppeltes Erdsystemmodell mit
integrierter Stratosphären-Chemie ist in [3] beschrieben
worden, um Wechselwirkungen zwischen der atmosphärischen Modelldynamik und der Verteilung und Konzentration von stratosphärischen Spurengasen zu untersuchen
und Rückkopplungen zwischen Chemie und Dynamik zu
verstehen. Ergebnisse dieser Modellsimulationen zeigen
stärkere troposphärische Strahlströme durch die Rückkopplung zwischen Chemie und Dynamik. Dadurch erge-
19
Klima im System Erde
ben sich veränderte zonale Windverteilungen und globale
atmosphärische Wellenmuster, die die Struktur der Arktischen Oszillation beeinflussen. Die Ergebnisse heben die
Bedeutung von dynamisch-chemischen Rückkopplungen
zwischen Tropo- und Stratosphäre hervor.
Ausblick
Um das gegenwärtige und zukünftige arktische Klima zuverlässig zu beschreiben, ist es notwendig, Klimamodelle
zu entwickeln, die in der Lage sind, Zirkulationsregime
und deren Variabilität hinreichend realistisch zu simulieren. In [4, 5] wurde gezeigt, dass gegenwärtige Klimamodelle die räumlichen Zirkulationsmuster wiedergeben,
aber nicht deren zeitliches Auf und Ab. Dazu ist ein verbessertes physikalisches Verständnis der Ursachen von
Klimaregimen und ihrer räumlichen und zeitlichen Änderungen unter den sich ändernden äußeren Randbedingungen erforderlich. Neben der Entwicklung verbesserter
arktischer Prozessbeschreibungen werden auch neue Modellansätze verfolgt, wie die Entwicklung eines adaptiven
Atmosphärenmodells [6], das zu einer verbesserten Multiskalen-Modellierung führen kann, da es die Auflösung
von Wechselwirkungen zwischen planetaren und synoptischen Wellen mit mesoskaligen Zirkulationsstrukturen
ermöglicht.
Literatur
[1] Sempf, M., Dethloff, K., Handorf, D., Kurgansky, M. V., (2007),
Towards Understanding the Dynamical Origin of Atmospheric
Regime Behavior in a Baroclinic Model, J. Atmos. Sci., 64, 887–
904.
[2] Dethloff, K., Rinke, A., Benkel, A., Koltzow, M., Sokolova, E., Saha,
S. K., Handorf, D., Dorn, W., Rockel, B., von Storch, H., Haugen, J.
E., Roed, L. P., Roeckner, E., Christensen, J. H., Stendel, M., (2006),
A dynamical link between the Arctic and the global climate system, Geophys. Res. Lett., 33, L03703, doi:10.1029/2005GL025245.
[3] Brand, S., Dethloff, K., Handorf, D., (2008), Tropospheric circulation sensitivity to an interactive stratospheric ozone, Geophys.
Res. Lett., 35, L05809, doi:10.1029/2007GL032312.
[4] Handorf, D., and K. Dethloff, (2009), Atmospheric teleconnections and flow regimes under future climate projections, Europ.
Phys. J., 174, 237–255, DOI:10.1140/epjst/e2009-01104-9.
[5] Handorf, D., Dethloff, K., Marshall, A.G., Lynch, A., (2009). Climate regime variability for past and present time slices simulated
20
by the Fast Ocean Atmosphere Model, J. Climate, 22(1), 58–70.,
doi:10.1175/2008JCLI2258.1.
[6] Läuter, M., Giraldo, F.X., Handorf, D., Dethloff, K., (2008). A Discontinuous Galerkin Method for the Shallow Water Equations
in Spherical Triangular Coordinates, J. Comp. Phys., 227(24),
10226–10242., doi:10.1016/j.jcp.2008.08.019.
Stabilität des Westantarktischen Eisschildes in der erdgeschichtlichen Vergangenheit
Stabilität des Westantarktischen Eisschildes in der erdgeschichtlichen Vergangenheit – Ergebnisse der ANDRILL
Bohrung
Gerhard Kuhn 1 , Niessen, F.1, ANDRILL SMO2 and
MIS Science Team
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Fachbereich Geowissenschaften, [email protected],
[email protected]
2
ANDRILL Science Management Office, Univ. of Nebraska-Lincoln,
USA
1
liegenden Eiskappe zum Schelfeis und dann zum offenen
Meer (Abb. 4) bei global etwa 3° C wärmeren Temperaturen und leicht erhöhten CO2 Gehalten von etwa 400 ppmv.
Modellierungen stimmen gut mit den geologischen Befunden überein und ermitteln einen Beitrag zur Meeresspiegelerhöhung von ca. 7 Metern von der Antarktis [2] Pollard & DeConto, 2009.
Literatur:
[1] Naish, T., et al., 2009, Obliquity-paced Pliocene West Antarctic ice
sheet oscillations: Nature, v. 458, p. 322–328.
[2] Pollard, D. & DeConto, R.M., 2009, Modelling West Antarctic ice
sheet growth and collapse through the past five million years:
Nature, v. 458, p. 329–332.
Wie stabil war der Westantarktische Eisschild (WAIS) in
der erdgeschichtlichen Vergangenheit, war er mal abgeschmolzen? Wie warm war es dann und wie hoch war der
CO2 Gehalt der Atmosphäre? Wie groß ist der Beitrag zu
einer Meeresspiegelerhöhung? Diese Fragen sind für Geowissenschaftler aktueller denn je, denn Antworten könnten Hinweise zu Auswirkungen des Klimawandels geben.
Sicher, es gibt Zeitreihen-Daten über Veränderungen des
Eisvolumens auf der Erde aber das Verhalten der regionalen polaren Eiskappen ist unzureichend bekannt und
kann nur durch Beobachtungen vor Ort erkundet werden.
Hierfür werden natürliche Archive benötigt, in denen Informationen aus der Vergangenheit gespeichert sind. Dies
ist der Fall im „Victoria Land Basin“ im Bereich des westlichen Ross Meeres in der Antarktis, wo durch günstige geologische Bedingungen Sedimente erhalten sind, die Zeitabschnitte der jüngeren Erdgeschichte dokumentieren. Im
internationalen ANDRILL Projekt wurden diese durch die
1 285 m tiefe Bohrung vom heute 84 m dickem McMurdo
Ice Schelf (MIS) aus erkundet (Abb. 1 bis 3).
Abb. 1: Der ANDRILL Bohrturm in der Antarktis (Foto Kuhn).
Hier gab es in den letzten 5 Millionen Jahren wiederholt
Zeiten, in denen das Schelfeis und große Teile des WAIS
abgeschmolzen waren [1] Naish et al., 2009. Diese Instabilitäten des Eisschildes traten periodisch auf und waren
durch Erdbahnparameter induziert. Hieraus folgte ein
mehrfacher Wechsel von einer auf dem Meeresboden auf-
21
Klima im System Erde
Abb. 2: Bohrung auf dem weiten Ross Schelfeis (Bohrstelle herangezoomt, Foto Kuhn).
Abb. 3: Karte der Antarktis und Lage der vorhandenen Bohrungen.
MIS AND-1B (gelber Punkt) war mit einem Kerngewinn von 98 %
sehr erfolgreich [1] Naish et al., 2009.
Abb. 4: Modellierte Eismächtigkeiten der Antarktis [2] (Pollard & DeConto, 2009) für verschiedene Klimaszenarien.
22
Anthropozän vs. Holozän
Anthropozän vs. Holozän.
Die menschengemachte Erwärmung in
Relation zu orbital getriebenen
Klimaveränderungen
Thomas Laepple & Lohmann, G.
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
Sekt. Dynamik des Paleoklimas, [email protected]
Die mittlere Temperatur der Erdoberfläche hat sich im
letzten Jahrhundert um ungefähr 0.7 °C erhöht. In Anbetracht dieser Temperaturänderungen ist es wichtig die
natürlichen Klimavariationen auf verschiedenen Zeit­
skalen zu quantifizieren und das letzte Jahrhundert in
Relation zur langfristigen Klimaentwicklung zu stellen.
Da instrumentelle Daten nur begrenzt in die Vergangenheit zurückreichen hat es sich bewährt, Simulationen von
Klimamodellen und indirekte Indikatoren des Klimas
(Proxydaten) zu kombinieren um vergangene Klimavariabilität abzuschätzen [1] Lorenz et al., 2006.
In dieser Studie analysieren wir die Temperaturentwicklung der letzten 6 000 Jahre in Verbindung mit Projektionen
für die zukünftige Temperaturentwicklung. Dazu verwenden wir Simulationen von gekoppelten Ozean-Atmosphäre
Modellen für das mittlere Holozän (PMIP II Projekt) und
für die rezente und zukünftige Klimaentwicklung (CMIP
III Projekt). Komplementiert werden diese mit einer transienten Klimamodellsimulation des mittleren und späten
Holozäns sowie mit Proxydaten der Meerestemperatur aus
Sedimentbohrkernen.
dagegen der anthropogenen Erhöhung der Treibhausgase
in Verbindung mit Klimafeedbacks zugeordnet werden [3]
Solomon et al., 2007. Hierbei ist es interessant sich die regionalen und saisonalen Unterschiede zu betrachten. In
den Extratropen und über großen Teilen des Meeres ist
die Sommertemperatur wahrscheinlich heute schon höher als im mittleren Holozän, während in den mittleren
und hohen Breiten (speziell über Land und über Teilen des
arktischen Ozeans) die Temperaturen des mittleren Holozän den nächsten 20 bis 80 Jahren erreicht werden. Die
Proxydaten zeigen eine generelle Übereinstimmung mit
den Modellsimulationen des Holozäns aber eine detaillierte Analyse der Unsicherheiten in den Daten und Modellen
ist nötig um robuste Schlüsse aus den Unterschieden zu
ziehen.
Literatur
[1] Lorenz, S.J., J.H. Kim, N. Rimbu, R.R. Schneider, and G. Lohmann, Orbitally driven insolation forcing on Holocene climate
trends: Evidence from alkenone data and climate modeling, Paleoceanography, 21 (1), 2006.
[2] Laepple, T. and G. Lohmann G., The seasonal cycle as template
for climate variability on astronomical time scales, Paleoceanography, in press, 2008PA001674, 2009
[3] Solomon, S., et al. (Eds.) (2007), Climate Change 2007: The Physical Science Basis: Working Group 1 to the Fourth Assessment
Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Cambridge Univ. Press.
Die generelle Struktur der sommerlichen Temperaturentwicklung in der Nordhemisphäre zeigt eine „Hockey
Schläger“ Form (Abb. 1). Die Nordhemisphärische Abkühlung wird teilweise in den letzten Jahren durch eine Erwärmung kompensiert. Die Gründe für den Holozänen Trend
liegen in den Änderungen der Erd-Sonnen Konfiguration
im Zusammenspiel mit Rückkopplungsmechanismen [2]
Laepple and Lohmann 2009. Die rezente Erwärmung kann
23
Klima im System Erde
Abb. 1: Simulierte Sommertemperaturentwicklung von 6 000 Jahren vor heute bis in das 21. Jahrhundert der oberflächennahen Lufttemperatur, 30 °N – 90 °N. Gezeigt sind Anomalien relativ zu der Zeitperiode 1850 bis 1920. Bitte beachten Sie die verschiedenen Zeitskalen für das
Holozän und den rezenten Zeitraum.
24
Die Änderung des geomagnetischen Feldes und seine Relevanz für Klimastudien
Die Änderung des geomagnetischen
Feldes und seine Relevanz für Klimastudien
Hermann Lühr & Monika Korte
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 2.3 „Erdmagnetfeld“,
[email protected]; [email protected]
Langfristige Veränderungen des Klimas während der vergangenen Jahrtausende werden bevorzugt aus Konzentrationsschwankungen von kosmologischen Radionukliden
in chronologisch geschichteten Ablagerungen rekonstruiert. Aus langen Eisbohrkernen konnte man die quasi-periodische Wiederkehr von Eiszeiten ableiten. Als klimarelevantes Proxy wird in der Regel das Isotop 18O verwendet.
Hohe Konzentrationen von δ18O sind ein Indiz für warmes
Klima. Die Produktionsrate des 18O hängt allerdings von
der Intensität der kosmischen Strahlung ab, und diese wird
wiederum vom geomagnetischen Feld moduliert. Für eine
verlässliche Interpretation der δ18O-Daten ist daher eine
Schätzung des Erdfeldes für die zurückliegenden hunderttausende von Jahren erforderlich. Eine wichtige Methode
zur Rekonstruktion der Feldstärke bedient sich der FlussSchwankungen des Isotops 10Be. Die Anti-Korrelation zwischen der δ18O- und der 10Be-Konzentration verdeutlicht
den Einfluss des Magnetfeldes (s. Abb. 1).
Auf kürzeren Zeitskalen spielt das geomagnetische Feld
eine bedeutende Rolle in der Klima-Modellierung, speziell
bei der Rekonstruktion solarer Strahlungsintensität. [2]
Solanki et al. (2004) hatten eine Schätzung der Sonnenaktivität für die letzten 11 000 Jahre präsentiert. Daraus
ergab sich, dass die Sonne in jüngerer Zeit besonders aktiv
ist. Das dabei verwendete Modell für das geomagnetische
Feld erwies sich als nicht sehr zuverlässig. Deshalb wurde
die Rekonstruktion der Sonnenaktivität von [3] Usoskin et
al. (2006) unter Verwendung des neueren Magnetfeldmodells von [4] Korte and Constable (2005) wiederholt. Dabei
ergaben sich signifikante Unterschiede für die Jahre, die
mehr als 4000 Jahre zurückliegen (s. Abb. 2). Damit wurde
die Aussage von [2] Solanki et al. (2004) bezüglich der
gegenwärtigen Prominenz der Sonnenaktivität merklich
relativiert.
Für die zurückliegenden Millennien findet man eine Reihe
von aussagekräftigen Klimaindikatoren in Bodenproben.
Aus diesen Proben eine global gültige Aussage für das Klima abzuleiten, ist jedoch im Allgemeinen nicht gerechtfertigt, da die Proben zum größten Teil aus Europa, Asien
und den USA stammen. Es gibt deutliche Anzeichen, dass
ionisierte Partikel in der mittleren und unteren Troposphäre zur Wolkenbildung beitragen. Eine Quelle für die
Ionisierung der Partikel ist die kosmische Strahlung. Die
Verteilung der Strahlungsintensität hängt zu einem gewissen Grade von der Struktur des geomagnetischen Feldes
ab. Daraus ergeben sich regionale Unterschiede in der
ionisationsbedingten Wolkenbildung. Diese Unterschiede
sind zu beachten, wenn von lokalen Sedimentproben auf
globale Klimabedingungen geschlossen wird. An Hand des
mehrere tausend Jahre überdeckenden Magnetfeldmodells
von [4] Korte and Constable (2005) wurde von [5] Usoskin
et al. (2008) die zeitliche Veränderung der atmosphärischen Ionisation durch kosmische Strahlung während der
letzten 2000 Jahre für alle Orte auf dem 45. Breitengrad
berechnet. Es ergeben sich deutliche längenabhängige Unterschiede in der Ionisationsstärke, die sich im Laufe der
Zeit verschieben. Daraus kann man schließen, dass regionale Klimaarchive nur unter Berücksichtigung des zeitgleich herrschenden Magnetfeldes zuverlässig zur Rekonstruktion des Weltklimas herangezogen werden können.
Literatur
[1] Muscheler, R., J. Beer, P.W. Kubik, H-A. Synal (2005): Geomagnetic field intensity during the last 60,000 years based on 10Be and
36 Cl from the summit ice cores and 14C, Quaternary Sci. Rev.,
24, 1849–1860.
[2] Solanki, S.K., I.G. Usoskin, B. Kromer, M. Schüssler, and J. Beer
(2004): Unusual activity of the Sun during recent decades compared to the previous 11,000 years, Nature, 431, 1084.
[3] Usoskin, I. G., S. K. Solanki, and M. Korte (2006): Solar activity
reconstructed over the last 7000 years: The influence of geomagnetic field changes, Geophys. Res. Lett., 33, L08103.
[4] Korte, M., and C. G. Constable (2005): Continuous geomagnetic
field models for the past 7 millennia: 2. CALS7K, Geochem. Geophys. Geosyst., 6, Q02H16.
25
Klima im System Erde
[5] Usoskin, I. G., M. Korte, and G. A. Kovaltsov (2008): Role of centennial geomagnetic changes in local atmospheric ionization,
Geophys. Res. Lett., 35, L05811.
Abb. 1: Vergleich des klimarelevanten δ18O mit dem Isotop 10Be. Aus
dem 10Be-Fluss lässt sich die geomagnetische Feldstärke ableiten (aus
[1]).
Abb. 2: Einfluss des Magnetfeldmodells auf die Schätzung der Sonnenaktivität. (A) Differenz zwischen Dipolmomenten der Feldmodelle; typischer Wert für das magnet. Moment, M = 8×1022 Am2. (B) Resultierende Differenz für die Sonnenfleckenzahl, SN; typischerweise
variiert SN von 10 bis 60 (aus [3]).
26
Simulation natürlicher Klimavariabilität im atmosphärisch-hydrosphärischen System
Simulation natürlicher Klimavariabilität
im atmosphärisch-hydrosphärischen
System
Katja Matthes 1,2 , Neef, L.1, Petrick, C.1 &
Wenhaji Ndomeni, C.2
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ,
Sekt. 1.5 Erdsystem-Modellierung, [email protected]
2
Institut für Meteorologie, Freie Universität Berlin, Carl-HeinrichBecker Weg 6–10, 12165 Berlin
1
Gelingt es, die natürlichen Klimaänderungen besser zu
verstehen, kann der anthropogen bedingte Anteil der
beobachteten globalen Erwärmung besser abgeschätzt
und künftige Klimaentwicklungen genauer vorhergesagt
werden. Während die Genauigkeit der anthropogenen Veränderungen sehr gut bekannt ist [1] IPCC (2007), gibt es
gerade bei der Abschätzung des Effektes der natürlichen
Klimavariabilität, z. B. bei Variationen der Sonneneinstrahlung oder gekoppelten Atmosphären-Ozean Prozessen, große Unsicherheiten.
onsmuster im Pazifik. Der „top-down“ stratosphärische
Mechanismus erzeugt Ozon- und Temperaturfluktuationen aufgrund von kurzwelligem solaren Antrieb in der
Atmosphäre und der „bottom-up“ Mechanismus generiert
eine gekoppelte Ozean-Atmosphärenantwort am Erdboden.
Die Modellergeb­nisse, in denen der „top-down“ und der
„bottom-up“ Mechanismen gemeinsam wirken, erklären
erstmals die – mit der Sonnenakti­vität zyklisch-schwankenden – beobachte­ten Niederschlags- und Temperaturmuster im Pazifischen Ozean (Abb 1). Ein Verständnis für
die physikalischen Mechanismen ist auch im Hinblick auf
dekadische Klimavariabilität im Pazifik und damit eine
dekadische Klimavorhersage essentiell.
Literatur
[1] IPCC (2007), Climate Change 2007: The Physical Science Basis:
Contribution from Working Group I to the Fourth Assessment
Report of the IPCC Intergovernmental Panel on Climate Change,
Solomon et al., Cambridge University Press, Cambridge, United
Kingdom and New York, NY, USA.
[2] Meehl, G.A., J.M. Arblaster, K. Matthes, F. Sassi, and H. van Loon
(2009), Amplifying the Pacific climate system response to a small
11 year solar cycle forcing. Science 325, 1114-1118.
Im Rahmen der Helmholtz-Hochschul-Nachwuchsgruppe
NATHAN am GFZ Potsdam und dem Institut für Meteorologie der FU Berlin geht es um die Quantifizierung und
Separation von natürlichen Beiträgen zur Klimavariabilität im atmosphärisch-hydrosphärischen System auf saisonalen bis multidekadischen Zeitskalen durch Kombination numerischer Modellierungsansätze mit geodätischen
Monitoring-Daten (Meeresspiegeländerungen, Erdrotation, Deformation, Erdschwere- und Magnetfeld). Ziel ist es
schließlich, durch eine Kombination freier und assimilierter Modellsimulationen anthropogen und natürlich verursachte Beiträge in den Beobachtungsdaten zu trennen.
Dass natürliche Prozesse auf komplexe Weise das Klimageschehen beeinflussen können, zeigt eine neue Science
Studie von [2] Meehl et al. (2009). Komplexe Wechselwirkungsmechanismen zwischen relativ geringen Strahlungsvariationen mit dem 11-jährigen Sonnenfleckenzyklus und dem System Atmosphäre-Ozean haben unter
anderem einen großen Einfluss auf tropische Zirkulati-
Abb. 1: Niederschlagsänderungen im Maximum der Sonnenfleckenaktivität. Oben: Beobachtung. Unten: Simulation mit gekoppelten
Atmosphärenchemie-Ozeanmodell ([2] Meehl et al. {2009}).
27
Klima im System Erde
Arktische Atmosphäre und Meereis –
Das komplexe Zusammenspiel
Annette Rinke, Dethloff, K., Gerdes, R. & Dorn, W.
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
­Fachbereich Klimawissenschaften, [email protected]
Das arktische Klima ist durch eine beträchtliche natürliche Variabilität charakterisiert, was den Nachweis und die
Zuordnung von arktischen Klimaänderungen kompliziert
macht. Abschätzungen der Klimamodellprojektionen weisen darauf hin, dass die für das Ende des 21. Jahrhunderts
projizierte oberflächennahe Temperaturzunahme in der
Arktis doppelt so groß ist wie die global gemittelte Temperaturzunahme [1] IPCC, 2007. Dabei ist die arktische
Temperaturänderung aber weder räumlich noch zeitlich
einheitlich [2] Rinke & Dethloff, 2008.
Die Meereisbedeckung regelt den Austausch von Wärme,
Feuchte und Impuls zwischen der Atmosphäre und dem
Ozean und hat damit einen starken Einfluss auf die atmosphärische Zirkulation. Rückkopplungsprozesse, in denen Meereis beteiligt ist, wie z. B. die Schnee/Eis-AlbedoRückkopplung, spielen eine wichtige Rolle im arktischen
Klimasystem und werden für die Verstärkung des arktischen Temperatursignals verantwortlich gemacht. Daher
ist eine realistische Darstellung der Meereiskomponente
in den Klimamodellen wichtig, um verlässliche Simulationen und Abschätzungen für das arktische Klima zu erhalten. Simulationen des sommerlichen arktischen Meereises
reagieren sensibel auf veränderte Beschreibungen von
z. B. Meereiswachstum, Rückstrahlvermögen (Albedo) von
Schnee und Eis, sowie der Schneebedeckung. Verbesserte
Parametrisierungen dieser Prozesse führen zu realistischeren Simulationen des sommerlichen Minimums der
arktischen Meereisbedeckung [3] Dorn et al., 2009.
Änderungen der Meereisbedeckung haben einen direkten
lokalen Effekt auf die Atmosphäre in der Arktis [4] Rinke
et al., 2006. Wenn sich z. B. während des Winters in Randeisgebieten offene Wasserflächen bilden, ändert sich der
28
Wärmeverlust des Ozeans dramatisch, was dann entsprechende Änderungen in der oberflächennahen Temperatur
und Zirkulation der Atmosphäre hervorruft [5] Lüpkes et
al., 2008. Zum anderen haben Meereisänderungen infolge
von Rückkopplungsprozessen auch globale Auswirkungen.
Änderungen in der Schnee/Eis-Albedo zeigen in Modellexperimenten Auswirkungen auf die atmosphärische Zirkulation in den mittleren Breiten, wie z. B. veränderte Zugbahnen von Tiefdruckgebieten, sowie einen Einfluss auf
die globale atmosphärische Zirkulation über veränderte
planetare Wellenmuster [6] Dethloff et al., 2006. Modellexperimente mit veränderter Meereisausdehnung und ­-dicke
zeigen ebenfalls Reaktionen in der atmosphärischen Zirkulation. Die hervorgerufenen atmosphärischen Signale
durch solche Meereisanomalien sind von gleicher Größenordnung. Eine Reduktion der Meereisdicke fördert eine
Verstärkung der Nordatlantischen Oszillation [7] Gerdes,
2006. Anomalien der Ozeanoberflächentemperatur und
der Meereisbedeckung entsprechend den beobachteten
Verhältnissen im Jahr 2007, dem Jahr der bisher niedrigsten Eisausdehnung in der Arktis, rufen in einem globalen
Atmosphärenmodell signifikante Luftdruckanomalien
hervor. In der Arktis findet sich ein anomales Tiefdruckgebiet über dem nördlichen Sibirien, wo es atmosphärischen
Wärmetransport und Meereistransport so beeinflußt, dass
die ursprüngliche Anomalie in der Meereisausdehnung
verstärkt werden würde. In beiden Fällen, Reduktion der
Eisdicke und Reduktion der Eisausdehnung wie in 2007,
finden sich Hinweise auf eine positive Rückkopplung zwischen Meereis und atmosphärischer Zirkulation [8] Blüth­
gen et al., 2009.
Literatur
[1] IPCC (2007): Climate change 2007-The physical science basis.
Contribution of working group I to the 4th assessment report of
IPCC, Cambridge Univ. Press, 996 pp.
[2] Rinke, A. & Dethloff, K. (2008): Simulated circum-Arctic climate
changes by the end of the 21st century, Glob. Planet. Change, 62,
173-186, doi:10.1016/j.gloplacha.2008.01004
[3] Dorn, W., Dethloff, K., Rinke, A. (2009): Improved simulation of
feedbacks between atmosphere and sea ice over the Arctic Ocean
in a coupled regional climate model, Ocean Modelling, 29, 103114, doi:10.1016/j.ocemod.2009.03.010
Arktische Atmosphäre und Meereis – Das komplexe Zusammenspiel
[4] Rinke, A., Maslowski, W., Dethloff, K., Clement, J. (2006): Influence of sea ice on the atmosphere: A case study with an Arctic atmospheric regional climate model, J. Geophys. Res., 111, D16103,
doi:10.1029/2005JD006957
[5] Lüpkes, C., Vihma, T., Birnbaum, G., Wacker, U. (2008): Influence
of leads in sea ice on the temperature of the atmospheric boundary layer during polar night, Geophys. Res. Lett., 35, L03805,
doi:10.1029/2007GL032461
[6] Dethloff, K., Rinke, A., & 13 Ko-Authoren (2006): A dynamical
link between the Arctic and the global climate system, Geophys.
Res. Lett., 33, L03703, doi:10.1029/2005GL025245
[7] Gerdes, R. (2006): Atmospheric response to changes in
Arctic sea ice thickness, Geophys. Res. Lett., 33, L18709,
doi:10.1029/2006GL027146
[8]Blüthgen, J., Gerdes, R., Werner, M. (2009): Impact of the extreme
Arctic sea ice retreat in 2007 on the atmospheric circulation, in
preparation
29
Klima im System Erde
Dünnes Eis auf warmem Ozean –
der Arktische Ozean im Wandel
Ursula Schauer 1 , Hendricks, S.1, Hansen, E.2,
Fahrbach, E.1, Rabe, B.1
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Fachbereich Klimawissenschaften, [email protected]
2
Norwegian Polar Institut, Tromsö
1
Literatur
[1] Haas, C., Lobach, J., Hendricks, S., Rabenstein, L., Pfaffling, A.
(2009): Helicopter-borne measurements of sea ice thickness,
using a small and lightweight, digital EM system, Journal of Applied Geophysics, 67(3), 234–241.
[2] Schauer, U., Beszczynska-Möller, A., Walczowski, W., Fahrbach,
E., Piechura, J., Hansen, E. (2008). Variation of Measured Heat
Flow Through the Fram Strait Between 1997 and 2006, Arcticsubarctic ocean fluxes: defining the role of the northern seas in
climate / ed. by Robert R. Dickson, Jens Meincke and Peter Rhines. Dordrecht: Springer 65–85.
Der rasche Rückgang des arktischen Meereises ist ein
beispielloser Vorgang, der mit größerer Geschwindigkeit
voran schreitet als durch Klimamodelle vorhergesagt. Die
Meereisfläche, über Satellitenfernerkundung großräumig
gut dokumentierbar, ist allerdings nur eine Komponente
des arktischen Klimasystems. Andere Komponenten müssen auf Messkampagnen vom Schiff, Hubschrauber oder
Flugzeug aus oder durch autonome Messysteme (Abb. 1)
erfasst werden.
Die Entwicklung der Meereisdicke wird seit den 1990er
Jahren zunächst durch Bohrungen, später durch ein elektromagnetisches Verfahren vom Hubschrauber und heute vom Flugzeug aus untersucht. Auch hier zeigt sich in
der zentralen Arktis eine drastische Abnahme um mehr
als 50 %, so dass die Möglichkeit einer puren regionalen
Umverteilung von Meereis auszuschließen ist [1] Haas et
al., 2009.
Mit der Abnahme des Meereisvolumens gehen Änderungen
im Ozean einher. Bei Spitzbergen wird seit einer Dekade
ein Array von Verankerungen unterhalten um den Einstrom an warmem Wasser aus dem Nordatlantik und den
Export von abgekühltem Wasser aus der Arktis zu messen.
Die Temperaturen des atlantischen Einstroms sind in den
vergangenen 10 Jahren stetig gestiegen [2] Schauer et al.,
2008. Während des IPY 2007/08 wurden zusätzlich umfangreiche internationale Programme mit schiffs- und
bojengestützten Aufnahmen der gesamten Arktis betrieben. Gemeinsam mit den Strömungsdaten erlaubt dieser
umfangreiche Datensatz erstmalig ein Wärmebudget des
Arktischen Ozeans aufzustellen.
30
Abb. 1: Ausbringen einer autonomen Messboje zur täglichen Erfassung von Meerwassereigenschaften bis in 800 m Tiefe (Foto K. Bakker). Die Boje driftet bis zu 3 Jahre mit der Eisscholle. Im Hintergrund
der Eisbrecher Polarstern.
Klimawandel in Historischen Zeiten bis 10 000 Jahre vor heute – Beispiel Naher Osten
Klimawandel in Historischen Zeiten bis
10 000 Jahre vor heute – Beispiel
Naher Osten
konstruieren [1] Schwab et al., 2004. Die so gewonnenen
Klimazeitreihen werden das Modellieren zukünftiger hydrologischer Änderungen in seiner vollen dynamischen
Breite und Amplitude realtitätsnaher erlauben.
Markus J. Schwab 1, 2, 3 & Frank, Ute 1
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, wissenschaftlicher Vorstandsbereich, [email protected]
2
GFZ, Sekt. 5.2 Klimadynamik und Landschaftsentwicklung, [email protected]
3
Dept. für Geodynamik und Sedimentologie, Universität Wien,
Althanstraße 14, 1090 Wien, Österreich
1
Süßwasser ist die wertvollste natürliche Ressource im Nahen Osten. Ursache der gegenwärtigen Übernutzung der
Wasserreserven ist eine Kombination von Bevölkerungswachstum, ökonomischer und landwirtschaftlicher Entwicklung sowie semi- bis aridem Klima und geringem
Niederschlag. Folgen sind Änderungen in der Vegetation
und damit verbundene Konflikte im Umgang mit dem Naturhaushalt der Region. Geringfügige Änderungen des natürlichen Wasserbudgets durch Klimavariationen besitzen
somit auch ein großes politisches und sozioökonomisches
Konfliktpotential.
Eines der wesentlichen Ziele der Klimaforschung und der,
in der Paläoklimaforschung wirkenden, Geowissenschaften ist das Verständnis von Fernbeziehungen zwischen den
klimatischen Systemen und deren Auswirkungen auf den
menschlichen Lebensraum. Seesedimente, d.h. Ablagerungen in Seen, entlang des Toten-Meer-Grabens und auf
den Golan-Höhen erlauben eine zeitlich höchstauflösende
bis jahresgenaue Rekonstruktion der hydrologischen Dynamik und Klimavariabilität in der Region.
Sedimentprofile aus dem vulkanischen Kratersee Birkat
Ram (Golan-Höhen) und des Toten Meeres wurden detailliert mit Methoden der Geo- und Biowissenschaften
(Sedimentologie, Geochemie, Magnetostratigraphie und
Pollenanalyse) untersucht. Mit der Analyse der Sedimente
lassen sich Klima, Vegetations- und Besiedlungsgeschichte
sowie die Erdbebenhistorie im zeitlichen Zusammenhang
mit der Entwicklung des Menschen und der Kulturen re-
Durch den Vergleich mit Sedimentprofilen der Region und
weiteren Datierungen können die untersuchten Sedimente
als Ablagerungen der letzten 10 000 Jahre (aus dem Holozän) eingeschätzt werden. Die sehr gute Übereinstimmung
zwischen den Paläosäkularvariations (PSV)-Kurven vom
See Birkat Ram und den Ergebnissen archäomagnetischer
Untersuchungen aus der Region bestätigen die, mit der
Radiokohlenstoff-Methode bestimmten Sedimentalter und
erlauben die Etablierung der PSV-Kurven als Referenzkurven für die Region. Die Indikatoren der Vegetation lassen
auf intensiveren Ackerbau (wohl in der Frühen Bronzezeit
und in der Römisch-Byzantinischen Zeit) im Bereich der
Golan Höhen schließen.
Seespiegel-Rekonstruktionen für das Tote Meer basieren
auf Informationen über die Sedimentzusammensetzung
und erlauben in Kombination mit Untersuchungen der
Vegetationsgeschichte das Erkennen von Synchronitäten zwischen Änderungen im Klima und menschlicher
Siedlungsgeschichte in der Region. So stehen erkannte
Zusammenbrüche der Landwirtschaft in engem Bezug
zu Klimaänderungen während der späten Bronzezeit, der
Eisenzeit und dem Ende der Byzantinischen Periode, in
denen die Seepiegelrekonstruktion Rückschlüsse auf trockenere (aride) Bedingungen im Gebiet des Toten Meeres
erlaubt [2] Neumann et al., 2007.
Literatur
[1] Schwab, M.J., Neumann, F., Litt, T., Negendank, J.F.W., Stein,
M. (2004): Paleoecological investigations based on Holocene
lacustrine sediments from the crater lake Birkat Ram, Golan
Heights (Near East). Quaternary Science Reviews 23, 1723-1731.
[2] Neumann, F., Kagan, E., Stein, M., Schwab, M.J. (2007): Holocene
Palaeoecology of the Dead Sea: Palynological and Sedimentological Studies at exposed paleo-lake exposures. Quaternary Science Reviews 26, 1476-1498.
[3] Zohary, M., 1973. Geobotanical Foundations of the Middle East,
Vol. 2. Stuttgart, Gustav Fischer Verlag, Swets & Zeitlinger, Amsterdam, 739pp.
31
Klima im System Erde
Abb. 1: Verteilung der heutigen a) Niederschläge b) Vegetationszonen (nach [3] Zohary 1973) und c) Klimazonen im Gebiet des zentralen Nahen Ostens.
Deutlich erkennbar ist das enge Beieinanderliegen der niederschlags- und temperaturabhängigen Zonen, deren Lage durch Klimawandel verändert wird und
prägnante Auswirkungen auf den menschlichen Lebensraum hat.
Abb. 2: Durch Klimawandel und menschlichen Einfluss auf den Wasserhaushalt verursachte Seespiegelerniedrigungen betragen im Toten
Meer gegenwärtig ca. 100 cm / Jahr (Foto Schwab).
32
Vegetationsgeschichte Nordostchinas und nordhemisphärische Klimavariabilität
Vegetationsgeschichte Nordostchinas
und nordhemisphärische Klimavariabilität im Spiegel hochauflösender Pollenanalysen laminierter Seesedimente aus
dem Sihailongwan-Maar
Martina Stebich 1 , Mingram, J.2, Spangenberg, A.1 &
Haitao You3
Senckenberg Forschungsstation für Quartärpaläontologie,
[email protected], [email protected]
2
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 5.2 Klimadynamik
und Landschaftsentwicklung, [email protected]
3
Chinese Academy of Sciences, Institute for Geology and Geophysics,
Beijing, [email protected]
1
Nordostchina gilt aufgrund seiner Lage im jahreszeitlich
wechselnden Einflussbereich des ostasiatischen Monsunsystems und des Sibirischen Antizyklons als Schlüsselregion für die Erforschung der Klimadynamik in Ostasien.
Ziel gemeinsamer Forschungsaktivitäten des Deutschen
Geoforschungszentrums, der Chinesischen Akademie der
Wissenschaften und des Senckenberg Forschungsinstitutes
ist die detaillierte Erfassung der Variabilität des ostasiatischen Monsunsystems und dessen Auswirkungen auf die
Geo- und Biosphäre an hochauflösenden SeesedimentArchiven des Longgang-Vulkanfeldes (Provinz Jilin).
Die vorgestellten pollenanalytischen Ergebnisse an einer
laminierten Sedimentsequenz aus dem SihailongwanMaar (Abb. 1a,b,c.) stellen den ersten hochauflösenden
paläoökologischen Datensatz aus Nordostchina dar, der
die vergangenen ca. 80.000 Jahre erfasst. Das Klima im
Untersuchungsgebiet mit Hauptniederschlägen im Sommer und extrem trocken-kalten Wintern ist Voraussetzung
für die saisonale Schichtung der Sedimente, die wiederum
die Grundlage für die derzeit 65.000 Jahre zurückreichende Warvenchronologie bildet.
trockeneren Klimabedingungen als heute schließen. In
Übereinstimmung mit Änderungen der nordhemisphärischen Sommerinsolation zeigt die eiszeitliche Vegetation
Veränderungen, die durch eine alternierende Ab- und
Zunahme der Taiga- bzw. Steppenanteile gekennzeichnet
ist. Die Pollendaten belegen überdies kürzere Phasen mit
günstigerem Klima, die mit bekannten höherfrequenten
Klimavariationen des zirkum-nordatlantischen Raumes
(Dansgaard-Oeschger-Zyklen) korrespondieren (Abb.
1d,e). Auch während des Spätglazials zeigen sich Änderungen im Pollenbefund, die den in europäischen Sedimentarchiven definierten Klimaschwankungen zeitlich exakt
entsprechen [1] Stebich et al., 2009.
Die bisher aus dem Sihailongwan-Maarsee gewonnenen
Pollendaten stellen eine Chronik der Vegetations- und Klimaentwicklung Nordostchinas in bisher nicht erreichter
Genauigkeit dar. Die präzise Chronologie gestattet eine
überregionale Vernetzung der Befunde, sodass sich lokale
Änderungen von Klima und Vegetation im Kontext nordhemisphärischer Klimaschwankungen betrachten lassen
– eine wesentliche Grundlage zur Aufdeckung der dem
Klimasystem zugrunde liegenden Steuermechanismen.
Literatur
[1]Stebich, M., Mingram, J. et al. (2009): Late Pleistocene spread of
(cool-)temperate forests in Northeast China and climate changes
synchronous with the North Atlantic region. Global and Planetary Change 65: 56-70.
Die untersuchten Pollenproben lassen auf ein mosaikartiges Nebeneinander von Steppen und Taigawäldern
während des letzten Glazials unter deutlich kälteren und
33
Klima im System Erde
Abb. 1: Sihailongwan Maar (a). Ausgewählte Pollenkörner aus dem Sihailongwan-Sediment (b). Laminierter Sedimentabschnitt (c). Sauerstoffisotopenkurve aus Grönland (d) und Erlenpollen aus dem Sihailongwan (e) – beide Kurven zeigen zwischen 29 000 und 65 000 Jahren vor
heute eine synchrone Zyklizität des Klimas an.
34
Als es global 3 °C wärmer war als heute – eine Klimaperspektive aus der Erdgeschichte
Als es global 3 °C wärmer war als heute
– eine Klimaperspektive aus der
Erdgeschichte
Ralf Tiedemann 1 , Steph, S.1, Lamy, F.1, Kuhn, G.1 &
Prange, M.2
Alfred-Wegener Institut für Polar- und Meeresforschung,
Sekt. Marine Geologie und Paläontologie,
[email protected], [email protected],
[email protected], [email protected]
2
Universität Bremen, Fachber. Geowissenschaften,
[email protected]
1
Im Zuge des Anstiegs der anthropogenen Treibhausgaskonzentrationen wird für das Ende des 21. Jahrhunderts eine
mittlere globale Erwärmung von ca. 3 °C prognostiziert
[1]. Um ein vergleichbar warmes Zeitintervall zu finden
und zu untersuchen, müssen wir 3 bis 5 Millionen Jahre in der Erdgeschichte zurückreisen, in das Pliozän. Im
Vergleich zu heute lagen die atmosphärischen CO2 Gehalte
damals etwas höher und die mittlere globale Temperatur
war um ca. 3° erhöht. Zu dieser Zeit fehlte eine ausgedehnte Eiskappe auf Grönland und der Meeresspiegel lag ca.
25 m höher als heute.
Die Rekonstruktion der Pliozänen Umweltbedingungen
verspricht daher bedeutende Einsichten in die ozeanischatmosphärische Klimakopplung und die Rolle der Ozeanzirkulation in einer wärmeren Treibhauswelt [1].
Neue Befunde aus Paläoklimadaten und Klimamodellen
weisen darauf hin, dass der tropische Pazifik während des
warmen Pliozäns von einem „permanenten El Nino ähnlichen Klimazustand“ geprägt war (schwache Passatwinde,
stark verringerter Küstenauftrieb, geringe biologische Produktivität in den heutigen subtropischen Auftriebsregionen, veränderte Niederschlagsmuster bis in weit entfernte
Regionen), der dann später vermutlich durch Änderungen
in der thermohalinen Zirkulation beendet wurde. Erste
Ergebnisse von einem Sedimentkern der unterhalb des
antarktischen Ross-Schelfeis gebohrt wurde, weisen darüber hinaus auf ein wiederholtes Abschmelzen der westantarktischen Eiskappe in dem Zeitraum vor 5 bis 3 Millionen
Jahren hin. Solche Abschmelzereignisse hätten einen Anstieg des Meeresspiegels um bis zu 7 Metern zur Folge.
Literatur
[1] IPCC, 2007. Climate Change 2007: The Physical Science Basis.
Contribution of Working Group I to the Fourth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change
Abb. 1: Fieberkurve des Erdklimas für den Zeitraum der letzten 5 Millionen Jahre. Warmzeiten sind in rot, Eiszeiten in blau gekennzeichnet.
35
Klima im System Erde
Klimawandel in der Erdneuzeit – Was
sagen uns Modelle und Fossilien
im Vergleich
Dieter Uhl 1, 2 , Herrmann, M.1, Micheels, A.1, 3,
Schneck, R.1 & Mosbrugger, V.1, 3
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum,
[email protected], [email protected],
[email protected], [email protected],
[email protected]
2
Uni Tübingen, Institut für Geowissenschaften
3
Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt
1
In der Erdneuzeit (während der vergangenen 65 Millionen
Jahre) gab es global drastische Klimaänderungen. Einem
generellen Abkühlungstrend (der vom Treibhausklima der
frühen Erdneuzeit [Paläozän und Eozän] mit Wäldern
nördlich und südlich des Polarkreises bis hin zum gegenwärtigen „Eishausklima“ mit vereisten Polargebieten
reicht) überlagert, waren zahlreiche kürzere oder längere Klimaschwankungen, die sich auch in Veränderungen
der Fauna und Flora niederschlugen. Anhand charakteristischer Fossilien, die uns Auskunft über Faunen- und
Florenwandel im Laufe der Erdgeschichte geben, kann
man daher mehr oder minder genaue Rückschlüsse auf
bestimmte Klimafaktoren und deren Veränderungen im
Laufe der Zeit ziehen.
Für solche Paläoklimarekonstruktionen stehen uns heute eine Reihe verschiedener Methoden zur Verfügung. Im
kontinentalen Bereich sind es dabei vor allem paläobotanische Methoden die uns die relativ genaue und verlässliche
Rekonstruktion bestimmter Klimaparameter erlauben.
Neben Vergleichen mit den ökologischen und klimatischen
Ansprüchen der heute noch lebenden, nächsten Verwandten fossiler Arten sind es vor allem funktional bedingte
Anpassungen von Blättern (z. B. Blattgröße, Blattform,
Form des Blattrandes) die es uns ermöglichen bestimmte
Klimaparameter wie z. B. die mittlere Jahrestemperatur
und die Temperatur des kältesten Monats recht genau und
sicher abzuschätzen [1] Uhl et al., 2007.
36
Diese auf Fossilien basierende Paläoklimarekonstruktionen können nun quasi als Langzeittests von Paläoklimamodellen verwendet werden, um die Verlässlichkeit dieser
Modelle für zukünftige Klimaszenarien besser abschätzen
zu können [2] Micheels et al., 2007. Da es unmöglich ist
a priori die Ergebnisse von in die Zukunft gerichteten
Modellen zu verifizieren oder zu falsifizieren, testet man
diese Modelle mit Szenarien aus der Erdgeschichte um so
a posteriori festzustellen, wie verlässlich die Ergebnisse
der Modelle eingeschätzt werden können. Dazu vergleicht
man die Ergebnisse der Modelle mit den Ergebnissen der
auf Fossilien beruhenden Paläoklimarekonstruktionen,
um so systematische Abweichungen der Modellergebnisse
vom „tatsächlichen“ Klima festzustellen (dabei muss man
natürlich berücksichtigen, dass die auf Fossilien basierenden Rekonstruktionen auch nur Annäherungen an die
„tatsächlichen“ Klimabedingungen sind und jede Methode ihre ureigensten Fehler und Probleme hat [1] Uhl et al.,
2007).
Direkte Vergleiche zwischen Modellergebnissen und auf
Fossilien basierenden Paläoklimarekonstruktionen zeigen
bei realistischer Wahl spezifischer Klima- und Umweltparameter (z. B. atmosphärische Kohlendioxid-Konzentration, Land-See-Verteilung) in vielen Fällen gute bis sehr
gute Übereinstimmungen. Allerdings gelingt es mit Hilfe
dieser Vergleiche auch einige systematische Probleme der
Klimamodelle aufzuzeigen, die bei der Weiterentwicklung der Modelle berücksichtigt werden sollten, um so die
Glaubwürdigkeit der Modelle für Voraussagen über die zukünftige Entwicklung des Klimas zu verbessern.
Literatur
[1] Uhl, D., Klotz, S., Traiser, C., Thiel, C., Utescher, T., Kowalski, E.A.
& Dilcher, D.L. (2007): Paleotemperatures from fossil leaves – a
european perspective. – Palaeogeogr., Palaeoclimatol., Palaeoecol. 248: 24–31.
[2] Micheels, A., Bruch, A.A., Uhl, D., Utescher, T. & Mosbrugger, V.
(2007): A Late Miocene climate model simulation with ECHAM4/
ML and its quantitative validation with terrestrial proxy data. –
In: Bruch, A., Uhl, D. & Mosbrugger, V. (Hrsg.) Miocene Climate
in Europe – patterns and evolution: A first synthesis of NECLIME.- Palaeogeogr., Palaeoclimatol., Palaeoecol. 253: 267–286.
Amsterdam.
Klimawandel in der Erdneuzeit – Was sagen uns Modelle und Fossilien im Vergleich
Abb. 1: Fossiles Blatt einer Birke aus dem Eozän von Spitzbergen, Alter ca. 50 Millionen Jahre (Slg. Naturhistoriska Riksmuseet Stockholm). Ein Zeugnis fossiler Wälder jenseits des Polarkreises.
37
Klima im System Erde
Biogene Treibhausgase und Gashydrate
aus dem Permafrost
Hans-Wolfgang Hubberten
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
­Forschungsstelle Potsdam, Sekt. Periglazialforschung,
[email protected]
Als Ergebnis einer negativen Energiebilanz ist etwa ein
Viertel der kontinentalen Erdoberfläche von Permafrost
unterlagert. Dieser permanent gefrorene Untergrund ist
vor allem in den riesigen Permafrostgebieten der Tundren
und der borealen Waldgebiete Asiens und Nordamerikas
mit Mächtigkeiten bis über 1 000 m weit verbreitet. Als
Folge der Meeresregressionen während der letzten Glazialzeiten tritt Permafrost darüber hinaus reliktisch in den
heutigen Schelfgebieten der Arktis auf. Klimaänderungen,
vor allem die in den letzten Dekaden beobachtete globale
Erwärmung, verändern das thermische Regime des Permafrosts, führen zu seiner Degradation und wirken sich
vielfältig auf die Landschaft, die Infrastruktur in besiedelten Regionen und die Ökosysteme insbesondere der Arktis
und Subarktis aus [1] Hubberten & Schirrmeister, 2006.
Die raschesten Reaktionen auf wechselnde Klimabedingungen werden an den Grenzschichten Permafrost – Atmosphäre ablaufen, wobei es bei einer Erwärmung vor allem zu einer Erhöhung der saisonalen Auftautiefe kommen
wird. Dies hat unter anderem einen starken Einfluss auf
die Stabilität des organischen Kohlenstoffs der in großen
Mengen in arktischen und subarktischen Böden gebunden
ist. Je nach Änderung von Temperatur und Niederschlag
und damit des Energie- und Wasserhaushaltes der oberflächennahen Schicht, wird das Ökosystem des Bodens
reagieren und vor allem der durch Mikroorganismen verursachte Kohlenstoffumsatz in unterschiedlicher Art und
Weise beeinflusst. Dies kann sowohl zu positiven als auch
zu negativen Rückkopplungseffekten in Bezug auf das Anwachsen der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan in
der Atmosphäre führen. Es ist aber anzunehmen, dass bei
einer Erhöhung der Auftautiefe die Kohlenstofffreisetzung
zunimmt und wegen einer vermuteten Versumpfung vor
38
allem über anaerobe Prozesse in Form von Methan in die
Atmosphäre abgegeben und damit zu einer weiteren Verstärkung des Treibhauseffektes beitragen wird (siehe auch
Vortrag Sachs).
Neben der oberflächennahen Methan und Kohlendioxidbildung durch die Aktivität von Mikroorganismen findet
man freies Methan auch in tiefer liegenden gefrorenen
Schichten des Permafrosts unterhalb der saisonalen
Auftauschicht. Diese entstanden während früherer Wärmeschwankungen oder in der Frühphase der jetzigen
Warmzeit unterhalb der alten Landoberfläche und wurden anschließend in eisreichen und organikführenden
Permafrostabfolgen fixiert. Ein klimabedingtes Tauen des
Permafrosts und eine Intensivierung der Erosion der eisreichen arktischen Küsten kann zu einer Freisetzung von
bislang noch nicht abschätzbaren Treibhausgasmengen in
die Atmosphäre führen [2] Koch et al., 2009, [3] Lantuit et
al., 2009.
Mit der Erforschung von Seen in Permafrostgebieten ist
in den letzten Jahren eine weitere Methanquelle in den
Blickpunkt der Wissenschaft getreten. Durch das positive
Wärmepotential des Wassers in Seen bildet sich eine dauerhaft aufgetaute Zone unter den Wasserkörpern die bei
einer Tiefe über 2 m auch im Winter nicht mehr zufriert.
Dadurch werden zusätzliche Mengen von fossilem organischem Kohlenstoff für die mikrobielle Umsetzung zur
Verfügung gestellt, der vorher über mehrere tausend oder
zehntausend Jahre eingefroren war [4] Walter et al., 2007.
In den Schelf- und Tieflandsgebieten Eurasiens und Nordamerikas treten im Permafrost selbst oder im Untergrund
hohe Methankonzentrationen in Form von Gashydraten
auf, deren Erschließung als Energiequelle der Zukunft
ein zunehmendes Interesse gilt (Abb. 1). Vor allem in der
Region der Beaufort See und des Mackenzie-Deltas aber
auch in der Kara See wurden dazu in den letzten Jahren
Erkundungsbohrungen abgeteuft. Diese permafrostgebundenen geogenen Gashydrate haben eine völlig andere
Entstehungsgeschichte als die typischen marinen Hydratvorkommen, die in den Ozeanen in den Tiefseebecken
Biogene Treibhausgase und Gashydrate aus dem Permafrost
oder den Kontinentalhängen auftreten und sollten von
diesen klar unterschieden werden. Es ist zu erwarten, dass
die beobachtete Klimaerwärmung zu einer Destabilisierung der im Untergrund der Permafrostgebiete auftretenden Gashydrate führen wird. Dies kann zu einem derzeit
nicht abschätzbaren zusätzlichen Methan-Eintrag in die
Atmosphäre führen. In der Region der Laptev-See wurden
bereits Methananomalien bestimmt wobei Methan aus
dem tauenden submarinen Permafrost in die Wassersäule
strömt [5] Shakova & Semiletov, 2007. Eine Bilanzierung
der im und unter dem Permafrost vorhandenen Gashydrat-Mengen und eine Abschätzung der möglichen Treibhausgas-Freisetzung aus diesen Quellen ist derzeit kaum
möglich. Dies gilt vor allem für die flachen Schelfmeere
Sibiriens in denen bis mehrere hundert Kilometer von der
heutigen Küste entfernt bis zu 400 m mächtiger submariner Permafrost auftritt der Anzeichen einer Degradation
zeigt [6] Overduin et al. 2007. Vor allem in dieser Fragestellung sind intensive Untersuchungen in den nächsten
Jahren dringend geboten.
Literatur
[1] Hubberten, H.-W. & Schirrmeister, L. (2004): Rolle des Permafrosts bei der Landschaftsbildung in der Arktis und Subarktis.
– In: Lozan, J.L., et al., (Hrsg.), Warnsignale aus den Polarregionen, 48-53.
[2] Koch, K., Knoblauch, C. & Wagner, D. (2009): Methanogenic community composition and anaerobic carbon turnover in submarine permafrost sediments of the Siberian Laptev Sea. – Environm.
Microbiol. 11: 657-668.
[3] Lantuit, H., Rachold, V., Pollard, W.H., Steenhuisen, F., Odegard,
R. & Hubberten, H.-W. (2009): Towards a calculation of organic
carbon release from erosion of Arctic coasts using non-fractal
coastline datasets. – Mar. Geol. 257: 1-10.
[4] Walter, K.M., Edmards, M., Grosse, G., Zimov, F.S. & Chapin, F.S.
(2007): Thermokarst lakes as a source of atmospheric CH4 during the last dglaciation. – Science 318: 633-646.
[5] Shakova, N. & Semiletov, I. (2007): Methane release and coastal
environment in the East Siberian Arctic shelf. – J. Mar. Sci. 66:
227-243.
[6] Overduin, P.P., Hubberten, H.-W., Rachold, V., Romanovskii, N.N.,
Grigoriev, M. & Kasymskaya, M. (2007): The evolution and degradation of coastal and offshore permafrost in the Laptev and East
Siberian Seas during the last climatic cycle. – Geol. Soc. Amer.
Spec. Pap. 426: 97-111.
Abb. 1: Permafrostlandschaft mit den möglichen Methan-Produzenten
39
Klima im System Erde
Ein Blick zurück – Veränderlichkeit der
Treibhausgaskonzentrationen der
letzten 800 000 Jahre
Heinrich Miller
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Sekt. Glaziologie, [email protected]
Die großen und kalten polaren Eisschilde sind nicht nur
wesentliche Faktoren im globalen Klimageschehen, sie
stellen auch ein herausragendes Archiv des Paläoklimas
und der generellen Bedingungen der Paläoumwelt dar. Sie
sind das einzige Archiv, in dem die Atmosphäre der Vergangenheit uns heute zugänglich ist. Dieses Archiv wird
durch Bohrungen erschlossen und an den so gewonnenen
Eisbohrkernen können mit Hilfe einer Reihe von analytischen Verfahren Proxies für die Umweltbedingungen der
Vergangenheit bestimmt werden.
Ebenso erlauben moderne Verfahren die Bestimmung des
stabilen Kohlenstoffisotopenverhältnisses δ13C am Methan
oder CO2. Hieraus kann dann abgeleitet werden in welcher
Weise die Biosphäre regulierend in den Kohlenstoffkreislauf einwirkt.
Diese Ergebnisse über die klimagekoppelten natürlichen
Veränderlichkeiten der Treibhausgaskonzentrationen füh­
ren zu einem verbesserten Verständnis des Gesamtsystems und ermöglichen damit in Verbindung mit Modellrechnungen auch eine Bewertung der von uns Menschen
verursachten Erhöhung der Treibhausgaskonzentration.
Diese ist heute bereits so groß wie die größte in der Vergangenheit beobachtete Veränderung, nämlich die zwischen
den Warm- und Kaltzeiten.
Wird die im Eis eingeschlossene Luft extrahiert, dann kann
daran unter anderem die Konzentration der Treibhausgase Methan und CO2 gemessen werden. Heute ist durch ein
europäisches Eiskernbohrprojekt in der Antarktis dieses
Archiv zurück bis 800 000 Jahre vor heute zugänglich geworden und damit die Veränderlichkeit der Konzentration
der Treibhausgase. Diese ist in eindeutiger Weise mit der
Temperatur korreliert und es zeigt sich, dass bis zum Beginn des industriellen Zeitalters die Konzentration von CO2
nie höher war als 280 ppm und die niedrigsten Werte um
etwa 180 ppm gelegen waren.
Es zeigt sich auch, dass die Veränderlichkeit der Methankonzentration rascheren Schwankungen unterliegt als die
der CO2 -Konzentration und mit den Temperaturveränderungen der Nordhemisphäre verknüpft ist, während die
CO2 -Konzentration mit den Temperaturen der Südhemisphäre variiert.
40
Abb. 1: Bohrcamp der EPICA Tiefbohrung an der Kohnen Station,
Antarktis.
Ein Blick zurück – Veränderlichkeit der Treibhausgaskonzentrationen der letzten 800 000 Jahre
Abb. 2: Geschützt vor Stürmen werden die Bohrarbeiten in einem 6 m tiefen Schacht durchgeführt. Der 12 m
lange Bohrturm ist gerade in horizontaler Lage.
Abb. 3: Ein frisch erbohrter Eiskern.
41
Klima im System Erde
Natürliche Methanemissionen aus
­sedimentären Ablagerungen über
­geologische Zeiträume
Rolando di Primio & Horsfield, B.
GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 4.3 Organische Geochemie,
[email protected]
Der anthropogene Beitrag an Treibhausgasen ist ein zen­
trales Thema der gegenwärtigen Diskussion um den Klimawandel. Hierbei wird aber oft der natürliche oder geogene Beitrag vernachlässigt. Aus Forschungen der letzten 10
bis 20 Jahre ist bekannt, dass geogene Methanemissionen
einen wichtigen Effekt auf das Weltklima haben können.
Gashydrate spielen hierbei eine zentrale Rolle, vor allem
in marinen Gebieten. Sie wirken als Speicher für große
Mengen an natürlichem Erdgas (hauptsächlich Methan),
und können, bei Veränderungen der Temperatur- oder
Druckbedingungen, plötzlich diese gespeicherten Treib­
hausgase freigeben, mit drastischen Konsequenzen für
das globale Klima.
In terrestrischen Sedimentbecken kann natürlich entstandenes Methan direkt in die Atmosphäre gelangen.
Hier spielen die Entstehungs- und Absenkungsgeschichte
des Beckens über geologische Zeiträume eine zentrale Rolle. Wir können zeigen, dass gewaltige Methanmengen aus
terrestrischen Sedimentbecken über begrenzte Zeiträume
in die Atmosphäre gelangen. Der Effekt dieses Beitrages
zum globalen Klima, und vor allem zur Klimaentwicklung der letzten 65 Millionen Jahre, muss durch die Untersuchung der weltweit mehr als 500 sedimentären Becken
geklärt werden.
Abb. 1: Ergebnisse aus der numerischen Simulation der geologischen Entwicklung des Western Canada Beckens. Heutige Schwerölakkumulationen entstanden durch die Entstehung und Ansammlung von Erdöl und Erdgas vor etwa 70 Millionen Jahren. Zeitgleich mit der Entstehung
der Schweröllagestätten wurden riesige Mengen an Methan direkt an die Atmosphäre abgegeben.
42
Ozon-Klimakopplung: Ein wenig verstandener Beitrag zu Klimaänderungen in den Polargebieten
Ozon-Klimakopplung: Ein wenig verstandener Beitrag zu Klimaänderungen
in den Polargebieten
Markus Rex & von der Gathen, P.
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Sekt. Atmosphärische Zirkulationen
[email protected], [email protected]
Der Abbau der stratosphärischen Ozonschicht in den Polarregionen gehört zu den stärksten vom Menschen verursachten Veränderungen im Erdsystem. In der Stratosphäre,
der Luftschicht von etwa 15–45 km Höhe, wird der Strahlungshaushalt und damit auch die Temperaturverteilung
von der Absorption solarer Strahlung in der Ozonschicht
dominiert – durch die dabei entstehende Wärme nimmt
die Temperatur dort um mehrere zehn Grad Celsius nach
oben hin zu. In der Antarktis kommt es jedoch in jedem
Frühjahr zu einem praktisch vollständigen Verlust der
Ozonschicht und auch in der Arktis wird im Bereich des
Ozonschichtmaximums in einigen Jahren mehr als die
Hälfte des Ozons zerstört (z. B. Rex et al., 1997; 2006). Die
daraus resultierende Umstellung des Strahlungshaushalts
der Atmosphäre und das Fehlen der strahlungsbedingten
Heizquelle kann besonders in den Polargebieten einen
großen Einfluss auf das Klima haben. Die Wechselwirkungen zwischen Ozonschicht und Klimasystem sind jedoch
derzeit noch unvollständig verstanden. In den derzeitigen
IPCC-Klimamodellen sind die chemischen Prozesse, die
die Ozonschicht zerstören, nicht enthalten und die Wechselwirkungen zwischen Ozonzerstörung und Klimaänderungen können daher nicht wiedergegeben werden.
Einfluss von Klimaänderungen auf den polaren
Ozonverlust
Wir haben in den vergangenen Jahren Verfahren entwickelt, den anthropogenen Ozonverlust präzise zu bestimmen und von natürlicher Variabilität zu trennen (z. B. von
der Gathen et al., 1995; Rex et al., 1998; 2002). Abbildung 1
zeigt die gemessenen Ozonverluste aufgetragen gegen V PSC
– einen Parameter, der angibt, wie kalt ein Winter in der
Stratosphäre ist. Der gezeigte Zusammenhang gibt demnach die Klimasensitivität des arktischen Ozonverlusts für
die derzeitige FCKW-Belastung der Atmosphäre an: Es werden etwa 15 DU zusätzlicher Ozonverlust pro Grad Celsius
Abkühlung der arktischen Stratosphäre auftreten (Rex et
al., 2004; 2006).
Abbildung 2 zeigt die langfristige Entwicklung von VPSC
über die letzten 40 Jahre. Die Extremwerte haben über die
gesamte Periode hinweg erheblich zugenommen: Diese
Änderung der klimatischen Bedingungen in der arktischen Stratosphäre hat zu den erheblichen Ozonverlusten
in der Arktis seit Mitte der 1990er Jahre beigetragen. (Rex
et al., 2004; 2006).
Einfluss des Ozonlochs auf das Klima
der Antarktis
Die große Ausnahmeregion in der globalen Erwärmung
stellt der zentrale antarktische Kontinent dar, der sich
leicht abgekühlt hat, jedoch bei gleichzeitig starker Erwärmung der antarktischen Halbinsel. Dieses Muster der
Temperaturveränderungen ist das Ergebnis einer veränderten Luftmassenströmung im Bereich der Antarktis,
nämlich der Verstärkung des sogenannten Southern Annular Modes (Thompson and Solomon, 2002). Zunehmend überzeugende Hinweise aus Modellstudien weisen
darauf hin, dass diese Zirkulationsänderung vom Ozonloch verursacht wurde (Shindell et al., 2004; Marshall et
al., 2006; Turner et al., 2009). Sollte sich diese Hypothese
als richtig herausstellen, wäre durch die erwartete Erholung des Ozonlochs bis etwa 2070 mit einer Umkehr des
Abkühlungstrends in der Antarktis zu rechnen und auch
ein besonders ausgeprägter Erwärmungstrend dort ist im
Bereich des Möglichen. Die derzeitige IPCC Klimamodelle
beinhalten diesen Rückkopplungseffekt zwischen Ozonloch und Oberflächenklima nicht.
43
Klima im System Erde
Literatur
Marshall, G.J., et al.,(2006). The Impact of a Chang-ing Southern Hemisphere Annular Mode on Antarctic Peninsula Summer Temperatures. Journal of Climate 19: 5388–5404.
Rex, M., et al., (1997). Prolonged stratospheric ozone loss in the
1995/96 Arctic winter, Nature, 389, 835–838.
Rex, M., et al., (1998). In-situ measurements of stratospheric ozone depletion rates in the Arctic winter 1991/1992: A Lagrangian
approach, Journal of Geophysical Research, 103/D5, 5843–5853.
Rex, M., et al., (2002). Chemical depletion of Arctic ozone in winter
1999/2000, Journal of Geophysical Research, 107(D20), 8276,
doi:10.1029/2001JD000533
Rex, M., et al., (2004). Arctic ozone loss and climate change, Geophysical research letters, 31, L04116, doi:10.1029/2003GL018844.
Rex, M., et al., (2006). Arctic winter 2005: Implications for stratospheric ozone loss and climate change, Geophysical Research Letters, 33, L23808, doi:10.1029/2006GL026731.
Shindell, D.T.; Schmidt, G.A. (2004). Southern Hemisphere climate response to ozone changes and greenhouse gas in­creases. Geophysical Research Letters 31: L18209, doi:10.1029/2004GL020724.
Thompson, D.W.J.; Solomon, S. (2002). Interpretation of recent
southern hemisphere climate change. Science 296: 895–899.
Turner, J., et al., (2009). Non-annular atmospheric circulation
change induced by stratospheric ozone depletion and its role in
the recent increase of Antarctic sea ice extent. Geophysical Research Letters 36: L08502, doi:10.1029/2009GL037524.
von der Gathen, P., et al., (1995). Observational evidence for chemical
ozone depletion over the Arctic in winter 1991–92, Nature, 375,
131–134.
Abb. 1: Zusammenhang zwischen polarem Ozonverlust und dem Bildungspotenzial Polarer Stratosphärischer Wolken: Ein Maß für die Klimasensitivität des polaren Ozonverlusts (Rex et al.,2006).
Abb. 2: Indikator für die Änderung des winterlichen polaren stratosphärischen Klimas:
Langfristige Entwicklung des PSC-Bildungspotentials über die letzten 40 Jahre (Rex et
al., 2006).
44
MAMap – Ein neuer flugzeuggetragener Sensor zur flächenhaften Ermittlung von Methan- und CO2-Emissionen
MAMap – Ein neuer flugzeuggetragener
Sensor zur flächenhaften Ermittlung von
Methan- und CO2-Emissionen
Torsten Sachs 1 , Tretner, A.1, Gerilowski, K.2, Krings,
T.2, Buchwitz, M.2, Bovensmann, H.2, Erzinger, J.1 &
Burrows, J.2
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 4.2 Anorganische
und Isotopengeochemie, [email protected]
2
Institut für Umweltphysik, Universität Bremen, Otto-Hahn-Allee 1,
28334 Bremen
1
Etwa 5–8 % der Landfläche der Erde sind von arktischer
Tundra bedeckt, die als dominantes terrestrisches Ökosystem der Arktis durch ihre Interaktion mit der Atmosphäre
und der Cryosphäre eine wichtige Rolle im globalen Klimasystem spielt. Gleichzeitig sind Tundra-Ökosysteme durch
ihre Anpassung an die klimatischen Gegebenheiten und
durch das Vorkommen von Dauerfrostboden (Permafrost)
extrem sensibel. Durch die in der Arktis bereits stattfindende, relativ zum globalen Mittel stärkere Erwärmung,
finden Veränderungen statt, die zur Zeit nicht zufriedenstellend verstanden und vor allem nicht gut quantifiziert
werden können. Dieses liegt unter anderem in der sehr
lückenhaften Datenlage und dem daraus direkt folgenden
mangelnden Prozessverständnis begründet.
Die Mengen des klimawirksamen Treibhausgases Methan
und die Prozesse, die an deren Freisetzung aus Permafrostbeeinflussten Tundra-Ökosystemen beteiligt sind, stellen
ein derzeit hochaktuelles Beispiel sowohl für die mangelhafte Datenlage als auch für unzureichendes Prozessverständnis dar. Bisherige Studien zur Methanfreisetzung
aus arktischer Tundra wurden fast ausschließlich auf
sehr kleinen räumlichen Skalen (bis ca. 1 m²) mittels geschlossener Kammersysteme durchgeführt. Die Ergebnisse
wurden anschließend auf die regionale oder globale Skala
extrapoliert. Dieses Vorgehen führte zu erheblichen Unsicherheiten in den globalen Abschätzungen, da der Gasaustausch zwischen terrestrischen Ökosystemen und der
Atmosphäre sowohl zeitlich als auch räumlich hochgradig
variabel ist. Dieses gilt nicht nur aber auch für Methan
und vor allem in den Ökosystemen der hohen nördlichen
Breiten, die durch extrem kleinskalige räumliche Heterogenität charakterisiert sind (Abb. 1). Sowohl für CO2 als
auch für Methan gilt außerdem, dass zwar teilweise lange Datenreihen mit hoher zeitlicher Auflösung vorliegen
(z. B. durch kontinuierliche Eddy Kovarianz Messungen),
die räumliche Abdeckung aber nach wie vor unzureichend
ist, insbesondere in schwer zugänglichen Gebieten wie den
ausgedehnten russischen und nordamerikanischen Tundrenflächen.
Neuere Ergebnisse aus sibirischer Tundra [1] zeigen beispielsweise, dass gemessene Emissionen auf der Ökosystemskala nicht nur leicht eine Größenordnung geringer
sein können als die üblicherweise publizierten Emissionen
aus Punktmessungen, sondern dass sich vor allem auch
die dominierenden Steuerfaktoren je nach betrachteter
Skala (und angewandter Messmethodik) unterscheiden
können. So werden Methanemissionen auf der Ökosystemskala (Hektar bis Quadratkilometer) neben den bekannten
bodenbürtigen Steuerfaktoren (z. B. Bodentemperatur)
entscheidend durch die Eigenschaften der atmosphärischen Grenzschicht gesteuert. Vor allem die Stärke der atmosphärischen Turbulenz und die Luftdruckentwicklung
spielen hier eine wichtige Rolle. Bisherige Standardmethoden schließen solche Einflussfaktoren designbedingt aus,
so dass wichtige Transportprozesse nicht erkannt und bei
Modellansätzen folglich nicht beachtet wurden. Das führt
dazu, dass aktuelle Methanemissionsmodelle solche Daten, die auf größeren Skalen gewonnen wurden, nicht befriedigend reproduzieren können.
Viele Unsicherheiten, die mit der mangelnden räumlichen
Repräsentativität vorhandener Messungen in Methan emittierenden Gebieten verbundenen sind, sowie Unzulänglichkeiten aktueller Prozessmodelle aufgrund fehlenden
Prozessverständnisses auf größeren räumlichen Skalen
könnten durch den vom Deutschen GeoForschungsZentrum und dem Institut für Umweltphysik der Universität
Bremen gemeinsam entwickelten, flugzeuggetragenen
Sensor „Methane Airborne Mapper“ (MAMap) entscheidend reduziert werden. MAMap ist ein 2-Kanal Spektro-
45
Klima im System Erde
meter, das in der Lage ist, gleichzeitig Methan, CO2 und
O2 Konzentrationen in der Atmosphäre mittels Absorptionsspektrometrie zu detektieren. Dabei deckt MAMap die
relevanten Bereiche des nahen und kurzwelligen Infrarotabsorptionsbereiches der untersuchten Gase (~760 nm
für O2, ~1600 nm für CO2, ~1660 nm für CH4) mit einer
spektralen Auflösung von 0.46 nm für O2 und 0.82 nm für
CH4 und CO2 ab. Die Bodenpixelgröße variiert mit Flughöhe und Geschwindigkeit und beträgt bei 1 000 m Höhe und
200 km/h Geschwindigkeit ca. 35 × 25 m. Gegenwärtig
wird über Land bei niedriger Albedo eine Präzision von
1 % der atmosphärischen Hintergrundkonzentration erreicht.
anthropogenen, geogenen oder biogenen Quellen wie Deponien, Schlammvulkane oder destabilisierte Gashydrate
an Kontinentalhängen, oder auf den sibirischen Schelfgebieten, geben (siehe Vortrag Hubberten). In multiskaligen
Messdesigns wie beispielsweise in den derzeit entstehenden TERENO Observatorien mit boden- oder turmbasierten Messungen, sowie flugzeug- und satellitengetragenen
Sensoren können Prozesse auf verschiedenen relevanten
räumlichen und zeitlichen Skalen untersucht werden.
Hier kann MAMap als Bindeglied zwischen boden- und
satellitengestützten Untersuchungen zu einem besseren
mesoskaligen (~1 – 100 km²) Prozessverständnis beitragen (Abb. 1).
MAMap kann nicht nur Informationen über räumlich ausgedehnte, unzugängliche Ökosysteme liefern und somit
Unsicherheiten in regionalen und globalen Abschätzungen gegenwärtiger „diffuser“ Methanquellen reduzieren,
sondern auch neue Einblicke in auf kleiner Fläche sehr
stark emittierende aber räumlich unregelmäßig verteilten
Literatur
[1] Sachs, T., Wille, C., Boike, J. & Kutzbach, L. (2008): Environmental controls on ecosystem-scale CH4 emission from polygonal
tundra in the Lena River Delta, Siberia – J. Geophys. Res., 113,
G00A03, doi:10.1029/2007JG000505.
Abb. 1: Starke räumliche Heterogenität wie im sibirischen Lenadelta (Bildmitte), erfordert Messungen auf mehreren relevanten Skalen (links)
unter Zuhilfenahme verschiedener Methoden (rechts). Dargestellt sind von unten nach oben Messungen mittels geschlossener Kammersysteme
(Punktmessungen), mikrometerologische Eddy Kovarianz Messungen (Hektar bis Quadratkilometer), flugzeugbasierte Fernerkundung (z. B.
MAMap) und satellitengestützte Fernerkundung für globale Messungen.
46
Wechselwirkungen zwischen natürlichen Gashydraten und globaler Erwärmung – ein Teufelskreis?
Wechselwirkungen zwischen natürlichen Gashydraten und globaler Erwärmung – ein Teufelskreis?
ben. Da Methan ein starkes Treibhausgas ist, würde dies
zu einer Verschärfung der globalen Erwärmung führen.
Literatur
Judith M. Schicks & Erzinger, J.
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sektion 4.2 Anorganische
und Isotopengeochemie, [email protected]
Mit dem Begriff Gashydrate werden allgemein eisähnliche
Verbindungen bezeichnet, die zur Gruppe der Clathrate,
also den so genannten Einschlussverbindungen gehören.
Bei den Gashydraten bilden Wassermoleküle über Wasserstoffbrückenbindungen Käfigstrukturen aus, die zu einem
dreidimensionalen Netzwerk zusammengefügt werden
(Abbildung 1). Diese Käfigstrukturen werden durch eingeschlossene Gastmoleküle stabilisiert. Als Gastmoleküle
kommen vorwiegend unpolare Verbindungen, wie z. B.
leichtere Kohlenwasserstoffe in Frage [1]. Natürliche Gashydrate enthalten überwiegend Methan, sie können daneben aber auch höhere Kohlenwasserstoffe oder andere
Gase, wie z. B. CO2 oder H2S enthalten [2]. In diesem Fall
spricht man von Mischhydraten. Gashydrate bilden sich
bei erhöhten Drücken und niedrigen Temperaturen, daher kommen sie in der Natur vorwiegend in Permafrostbereichen oder submarin an Kontinentalhängen vor. Die
weltweiten Vorkommen lassen vermuten, dass der in Gashydraten gebundene Anteil an Kohlenstoff etwa 10 000 Gigatonnen beträgt und somit doppelt soviel wie in den fossilen Brennstoffträgern Erdgas, Kohle und Erdöl zusammen
(Abbildung 2). Die Stabilität der Gashydrate ist jedoch von
deren Zusammensetzung abhängig. Dies bedeutet, dass
auch der Einfluss einer möglichen globalen Erwärmung
auf die natürlichen Hydratvorkommen von deren Zusammensetzung abhängt: reines Methanhydrat zersetzt sich
bei Temperaturerhöhung und gleichbleibendem Druck
sehr viel eher als Mischhydrate, wenn diese neben Methan
auch höhere Kohlenwasserstoffe enthalten (Abbildung 3).
Eine globale Erwärmung könnte dennoch die Zersetzung
einiger natürlicher Gashydratvorkommen und somit eine
Freisetzung von Methan in die Atmosphäre zur Folge ha-
[1] Sloan, E.D. (1998): Clathrate Hydrates of Natural Gases, Marcel
Dekker, Inc.
[2] Lu, H., Seo, H.Y., Lee J., Moudrakowski, I., Ripmeester J.A., Chapman N.R., Coffin R.B., Gardner G., Pohlman J. (2007) Nature
445,303-306.
[3] Kvenvolden K.A., Grantz A. (1990) in: The Arctic Ocean Region.
The Geology of North America, (Hrsg. A. Grantz, L. Johnson, J.F.
Sweeney) Geological Society of America, Boulder, Colorado, 539549.
Abb. 1: links: Natürliche Gashydratprobe, die im Rahmen der IODP
Expedition 311 eingeholt werden konnte. Die Hydrate liegen als weiße
Klümpchen im Sediment vor. Rechts: Molekularer Aufbau der Gashydrate. Die Wassermoleküle (rot) sind über Wasserstoffbrückenbindungen vernetzt. Die resultierenden Käfigstrukturen werden durch
eingeschlossene Gasmoleküle stabilisiert.
47
Klima im System Erde
Abb. 2: Angenommene globale Verteilung des Kohlenstoffs basierend auf Kalkulationen von Kvenvolden et al. [3]. In dieser Darstellung wurden
feinverteilte Kohlenstoffresourcen, wie z. B. Kerogen nicht einbezogen.
Abb. 3: Stabilitätsbereiche von reinem Methanhydrat und verschiedener gemischter Gashydrate. Es ist die Zusammensetzung des Gasgemisches angegeben, welches zur Synthese der Hydrate eingesetzt wurde. Die Stabilitätsgrenzen der gemischten Hydrate liegen im Vergleich zu
dem reinen Methanhydrat deutlich zu höheren Temperaturen und niedrigeren Drücken verschoben. Übertragen auf natürliche Bedingungen
kann das Bedeuten, dass die stabileren gemischten Hydrate weniger anfällig auf eine globale Erwärmung reagieren und in anderen Regionen
zu erwarten sind als reine Methanhydrate.
48
Die Rolle des Ozeans im globalen Kohlenstoffkreislauf
Die Rolle des Ozeans im globalen
Kohlenstoffkreislauf
Dieter Wolf-Gladrow
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Marine
Biogeosciences, [email protected]
Der Ozean ist der größte aktive Kohlenstoffspeicher im
modernen globalen Kohlenstoffkreislauf (Abb. 1). Er enthält rund 38 000 Gt C (Gigatonnen Kohlenstoff, 1 Gigatonne = 1 Milliarde Tonnen = 1 000 000 000 Tonnen) und
damit rund 50mal soviel Kohlenstoff wie die Atmosphäre
(rund 800 Gt C, überwiegend in Form von Kohlendioxid,
CO2). Die Landvegetation einschließlich Böden, Mooren
etc. besitzt mit etwa 2 300 Gt C weniger als ein Zehntel der
Kohlenstoffmenge, die im Ozean vorhanden ist. Zwischen
den genannten Kohlenstoffspeichern gibt es einen ständigen Austausch von großen Mengen (Größenordnung 100
Gt C pro Jahr) Kohlenstoff hauptsächlich in Form von
CO2.
In den ersten 800 Jahren des letzten Jahrtausends befand
sich der globale Kohlenstoffkreislauf nahezu in einem
Fließgleichgewicht, d. h. die Kohlenstoffflüsse in und aus
den großen Speichern waren balanciert. Dementsprechend
lag die atmosphärische CO2 Konzentration bei einem konstanten Wert von 280 Millionstel Volumeneinheiten (ppmv
= parts per million per volume).
Durch die Verbrennung fossiler Energieträger (Kohle, Öl,
Gas) und durch die veränderte Landnutzung wurden seit
Beginn der industriellen Revolution (nach 1750) große
Mengen CO2 (mehr als 300 Gt C) in die Atmosphäre abgegeben. Dies hat zu einem deutlichen Anstieg der atmosphärischen CO2 Konzentration (heute 380 ppm) geführt.
Ein großer Teil des emittierten CO2 ist allerdings vom
Ozean aufgenommen worden. Dies hat bereits zu einer
messbaren Versauerung des Oberflächenozeans geführt.
Um die zukünftige CO2-Aufnahmemenge des Ozeans vorhersagen zu können, müssen eine Vielzahl von physikalischen, chemischen und biologischen Prozessen im Ozean
verstanden sein. Im Vortrag werden die wichtigsten Prozesse vorgestellt, insbesondere die so genannten Kohlenstoffpumpen, und ein Ausblick in die nächsten Jahrzehnte
gewagt.
Abb. 1: Der moderne globale Kohlenstoffkreislauf für 1990er Jahre (IPCC Report, 2007, Fig. 7.3, p. 515) zeigt die Größen der Kohlenstoffspeicher
(in Einheiten von Gigatonnen Kohlenstoff = Gt C; die schwarzen Werte beziehen sich auf die vorindustrielle Zeit zwischen den Jahren 1000 und
1750; die roten Werte sind die Veränderungen in den letzten 250 Jahren) und die jährlichen Kohlenstoffflüsse (in Einheiten von Gigatonnen
Kohlenstoff pro Jahr) zwischen den Speichern (schwarze Zahlen = vorindustriell, rote Zahlen = Veränderungen gegenüber vorindustriellen
Werten). 1 ppmv atmosphärisches CO2 entspricht 2.12 Gigatonnen Kohlenstoff.
49
Klima im System Erde
Der Wald der Zukunft
Wolfgang Brüggemann 1 , Russell, D.2 & Dorow, W.2
ein Aufwuchsversuch gestartet, bei dem Jungbäume der
genannten Arten mit solchen Arten verglichen werden, die
üblicherweise in Südhessen angebaut werden.
Goethe-Universität Frankfurt, Inst. f. Ökologie, Evolution und
Diversität, [email protected]
2
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung Görlitz (DR) und
Frankfurt (WD), [email protected],
[email protected]
1
Im Zuge der für Mitteleuropa prognostizierten Klimaänderungen wird sich in den kommenden Jahrhunderten auch
die Waldzusammensetzung in Zentraleuropa verändern,
insbesondere auf Standorten, die bereits jetzt als trocken
angesprochen werden. Wärmere, trockenere Sommer werden den Wassermangel für Bäume auf diesen Standorten
verschärfen, mildere Winter werden die auf den Bäumen
lebende Insektenwelt beeinflussen und ggf. zu erhöhtem
Schädlingsbefall führen. Im BiKF-Projekt „Wald der Zukunft“ werden mediterrane Eichenarten daraufhin untersucht, ob sie als potentielle Waldbäume für Trockenstandorte in Mitteleuropa infrage kommen. Dabei werden vier
wissenschaftliche Ansätze an drei verschiedenen Standorten verfolgt: Physiologisch untersuchen wir die winterund die sommerliche Trockenresistenz der Bäume und
bodenbiologisch studieren wir ihre Auswirkungen auf die
ökologische Funktionalität im Boden im Hinblick auf den
Streuabbau. Entomologisch untersuchen wir ihre Besiedlung durch mitteleuropäische Fauna bei der Einbringung
in Bestände, die aufgrund des Baumartenspektrums des
Standortes bereits über die entsprechende Fauna von Eichen bewohnenden Arten verfügen. Damit werden neben
den physiologischen auch die ökologischen Eigenschaften
der Arten Quercus pubescens, Q. frainetto und Q. ilex in
der Rhein-Main-Ebene auf besonders trockenen Standorten analysiert. Wir haben derzeit eine experimentelle Probefläche mit definierter Bewässerung und Trockenstress
an der Goethe-Universität sowie eine Felduntersuchungsfläche auf einem sandigen Dünenstandort bei Rüsselsheim
etabliert. 2010 wird von der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (Göttingen, Versuchsleitung: Dr. H.
Rumpf) in Kooperation mit uns an einem ebenfalls sehr
trockenen Versuchsstandort in Lampertheim (Südhessen)
50
Abb. 1: Physiologische Photosynthese- und Chlorophyllfluoreszenzmessung an trockengestressten mediterranen Eichen in der Versuchsanlage an der Goethe-Universität Frankfurt
Mikroskopisch klein aber mit großer Bedeutung – Mikrofossilien als Anzeiger vergangenen Klimas
Mikroskopisch klein aber mit großer
Bedeutung – Mikrofossilien als Anzeiger
vergangenen Klimas
Beispiele kieseliger und kalkiger Mikroorganismen, Maßstäbe in µm (1 µm = 0.001 mm)
Rainer Gersonde
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
Sekt. Marine-Geologie und Paläontologie
Grundlage der biologischen Produktion und der Nahrungsketten im Ozean sind mikroskopisch kleine Organismen,
die in gewaltigem Umfang in im durchlichteten Oberflächenwasser der Weltmeere wachsen. Es handelt sich um
Algen die mit Hilfe des Sonnenlichtes organisches Material
synthetisieren (Photosysnthese) wobei Kohlenwasserstoff
gebunden wird. Einige Algengruppen bauen artspezifische Skelette oder Gehäuse aus Kalk oder Glas, die nach
Absterben der Organismen am Meeresboden abgelagert
werden können. Zusammen mit mikroskopisch kleinem
Zooplankton, das ebenfalls solche Hartteile ausbildet,
können sie wesentliche Komponente der am Meeresboden
abgelagerten Sedimente darstellen. Die Mikrofossilablagerungen sind die „Goldgrube“ für Geowissenschaftler, die
aus Ablagerungen des Ozeans vergangene Klimazustände
rekonstruieren, um damit nicht nur die Klimaentwicklung
auf unserem Planeten zu dokumentieren sondern auch
klimawirksame Prozesse über eine große Spannweite von
unterschiedlichen Klimazuständen hinweg zu studieren.
Hintergrund ist, dass sich aus der Zusammensetzung der
überlieferten Arten Daten zu Wassertemperatur, Salzgehalt, Meereisbedeckung und Produktionsregimen ableiten
lassen. Darüber hinaus können aus der geochemischen
Zusammensetzung (u. a. Isotopengeochemie) der kalkigen
und kieseligen Hartteile Informationen zu Änderungen
des kontinentalen Eisvolumens, des Meeresspiegels, der
Wassermassenentstehung und Zirkulation sowie zu Wassertemperatur und Nährstoffnutzung abgeleitet werden.
Im Vortrag werden Beispiele von Klimarekonstruktionen
mit Mikrofossilien aus dem Südozean vorgestellt und mit
Daten aus anderen Klimaarchiven (Eiskerndaten) verglichen.
Abb. 1: Diatomee (Kieselalge), (Foto Macknapp)
Abb. 2: Radiolarie (kieseliges Mikrozooplankton), (Foto Macknapp)
51
Klima im System Erde
Abb. 3: Foraminifere (kalkiges Mikrozooplankton), (Foto
­Tiedemann)
Abb. 4: Coccolithophoriden (Kalkalgen), (Foto Baumann)
52
The Role of Culture in Early Expansions of Humans
The Role of Culture in Early Expansions of Humans - Eine Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften am
Senckenberg
Forschungsinstitut
undEarly
Naturmuseum
Frankfurt amWandels
Main und
der Eberhard Karlsvon
Universität
Tübingen
The Role
of Culture in
Expansions
deran
Umweltbedingungen
frühen zu
späteren
of Humans – Eine Forschungsstelle der
Heidelberger Akademie der Wissenschaften am Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt am
Main und an der Eberhard Karls Universität Tübingen
Expansionen abnimmt, während die Bedeutung von kulturellen und technologischen Neuerungen zunimmt.
Weitere Informationen sind im Internet abrufbar unter
www.roceeh.net.
Miriam N. Haidle 1, Michael Bolus 2, Angela A.
Bruch 1 , Christine Hertler 1, Zara Kanaeva 2, Andrew
W. Kandel 2, Michael Märker 2
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum
Frankfurt am Main
2
Eberhard Karls Universität Tübingen
1
Von Afrika ausgehend breitete sich die menschliche Gattung in den letzten 2 Millionen Jahren in verschiedenen
Wellen nach Asien und Europa aus. Während der Lebensraum der Australopithecinen und frühen Menschenformen wie bei anderen Tieren durch natürliche Bedingungen beschränkt war, erlaubten kulturelle Errungenschaften im Laufe der Menschwerdung neue Anpassungswege
an die Umwelt. Erst der moderne Mensch war schließlich
in der Lage, bis dahin unberührte Gebiete wie Australien,
die Subpolarregion und Amerika zu besiedeln.
Die Forschungsstelle der Heidelberger Akademie der Wissenschaften hat zum Ziel, die raumzeitlichen Wanderungsmuster von Homininen in Afrika, Asien und Europa
zwischen 3 Millionen und 20 000 Jahren vor heute zu rekonstruieren und die natürlichen und kulturellen Bedingungen der verschiedenen Ausbreitungen zu beleuchten.
Grundlage dafür soll eine Datenbank bilden, die vegetations-geschichtliche und paläontologische Informationen
zur Habitatmodellierung integriert und mit archäologischen und paläoanthropologischen Daten verknüpft. Die
Ergebnisse sollen Eingang finden in einen digitalen Atlas
der Mensch-Umwelt-Entwicklung auf der Basis Geographischer Informationssysteme (GIS). Als Arbeitshypothese dient die Annahme, dass der ursächliche Einfluss des
53
Klima im System Erde
Klimawandel und Evolution
des Menschen
Christine Hertler 1,2,3 , Bruch, A.A.1, 2, Schrenk, F.1, 3 &
Mosbrugger, V.1, 4
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum,
[email protected], [email protected]
[email protected]
[email protected]
2
Heidelberger Akademie der Wissenschaften
3
Goethe Universität Frankfurt
4
Biodiversität und Klima Forschungszentrum, Frankfurt
1
Der anthropogene Klimawandel ist nur der jüngste Ausdruck einer sehr langen Geschichte der Klima-MenschWechselwirkung, die tatsächlich die gesamte Entwicklungsgeschichte des Menschen geprägt hat. Schon die
Trennung der Hominiden-Linie von der Linie der Menschenaffen vor 6 bis 8 Millionen Jahren hing mit einer allgemeinen Klimaveränderung im Obermiozän zusammen.
Damals kam es in Afrika infolge einer fortschreitenden
globalen Abkühlung und Aridisierung zur Entstehung von
Offenlandschaften (Savannen), die erst die Entwicklung
des aufrechten Ganges ermöglichte. Die Entwicklung von
Werkzeugen und damit die „Erfindung“ der kulturellen
Evolution hängen ebenfalls mit Klimaveränderungen vor
3-2 Millionen Jahren zusammen und machen den Menschen mehr und mehr von Klima und Natur unabhängig.
Ob die verschiedenen „Out-of-Africa-Ausbreitungen“ des
frühen Menschen ab 2 Millionen Jahre vor allem durch
evolutionäre Veränderungen, Klima- und Umweltwandel
oder durch kulturelle Neuentwicklungen möglich wurden, ist noch Gegenstand aktueller Forschungen, doch ist
klar, dass Klimawandel dabei eine wichtige Rolle spielte.
Mit der neolithischen Revolution greift der Mensch dann
umgekehrt zunehmend aktiv in das Klimasystem ein, was
schließlich zur aktuellen Problematik des anthropogenen
Klimawandels führt. Eine historische Betrachtung dieser
komplexen Mensch-Klima-Wechselwirkung führt zu einem realistischeren, evolutionären Selbstverständnis des
Menschen, aber auch zu einer differenzierten Sicht des
anthropogenen Klimawandels.
54
Abb. 1: Der globale Abkühlungstrend im mittleren Miozän führte
zu verringerten Niederschlägen. Mit der zunehmenden Trockenheit
breiteten sich Grassavannen aus. (Abbildungsnachweis: Prof. Dr.
Friedemann Schrenk)
Fernerkundungsdaten als Parameterlieferanten in regionalen Klimamodellen
Fernerkundungsdaten als Parameterlieferanten in regionalen Klimamodellen
Sibylle Itzerott, Kaufmann, H. & Chabrillat, S.
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 1.4 Fernerkundung,
[email protected]
Die Methode der Fernerkundung bezeichnet Verfahren,
mit denen ausschließlich durch die Aufzeichnung und
Auswertung elektro-magnetischer Wellen quantitative Daten über Objekte aus einer gewissen Entfernung („berührungsfrei“) gewonnen werden können. Mit ihr lassen sich
seit etwa 40 Jahren durch boden-, flugzeug- und satellitengestützte Beobachtung rezente Prozesse der Landschaftsentwicklung an der Erdoberfläche abbilden. So erhält
man durch die Fernerkundung wiederholte flächenhafte
Oberflächenabbildung von Landschaftsausschnitten, um
daraus durch Zustandsvergleiche in den einzelnen Aufnahmen auf Prozessabläufe zu schließen und Prozessbeschreibungen abzuleiten. Allerdings ist auch bei ständiger
Weiterentwicklung der Technik und damit steigender Datengüte kein Aufzeichnungssystem in der Lage, alle Anforderungen nach möglichst großer räumlicher und zeitlicher Auflösung sowie hoher Bildkanalanzahl zu erfüllen.
Die Detailliertheit der Prozessbeschreibung ist abhängig
von der Auflösung der Daten in:
› räumlicher Dimension – Größe des einzelnen aufgezeichneten Bildpunktes (60 cm bis 1 km)
› zeitlicher Dimension – Wiederkehrrate des Aufnahmesystems (täglich bis monatlich)
› spektraler Dimension – Anzahl der Bildkanäle, Wellenlängenbereich (Radar, optische Daten, multi- bis
hyperspektral).
Bei der Informationsgewinnung über die Eigenschaften
von Boden, Vegetation, Hydrologie und Topographie spielt
die Fernerkundung eine wichtige Rolle. Mit ihr lassen sich
diese Daten wesentlich effektiver ermitteln als mit Bodenmesskampagnen. Folgende wesentliche Parameter sind als
variable (Vegetation, Bodenfeuchte) oder invariable (Bodenart) Modelleingangsgrößen mit Fernerkundungsdaten
erfassbar:
› die Landnutzung als dynamisches Muster der Verteilung von vegetationsbedeckten und nicht vegetationsbedeckten Flächen und die Untersetzung mit Kennwerten
zum Strahlungs- und Wasserumsatz in der Vegetation
(Albedo, Biomasse, Infiltration, Verdunstung)
› Beschaffenheit des Untergrundes (Geologie/Boden) sowie die Untersetzung mit Kennwerten z. B. zu Infiltrationsraten, Speichervermögen
› Reliefverhältnisse als wesentlicher Faktor für Wasserund Stofftransport im Raum
› Dynamisches Muster der Wasserverteilung im Gebiet
(Oberflächenwasserkörper, Bodenfeuchte).
Die wiederholte Erfassung der Parameter macht es gleichzeitig möglich, das Ablaufen von Geoprozessen im Untersuchungsgebiet zu überwachen, die zur Veränderung der
Landschaftsausstattung/ des „Klimaverhaltens“ führen
(Degradation, Nutzungsstrukturwandel).
Regionale Klimamodelle beschreiben die Landschaft und
die darin ablaufenden wetterbestimmenden Prozesse als
einzelne Raster der Landschaftskompartimente (Abb. 1),
die untereinander in Verbindung stehen und so die Modellierung des durch die Sonnenstrahlung angeregten Austausches von Wasser, Luft und gelösten oder festen Partikeln in horizontaler und vertikaler Ebene ermöglichen.
55
Klima im System Erde
Abb. 1: Widerspiegelung der Landschaftscharakteristik in regionalen Klimamodellen als Grundlage zur Parametergewinnung aus Fernerkundungsdaten
56
Klimafolgen für die marine Biodiversität – Eine wissenschaftliche Grundlage
Klimafolgen für die marine Biodiversität
– Eine wissenschaftliche Grundlage
Rainer Knust, Bock, Ch., Lannig, G., Lucassen, M.,
Mark, F.C., Sartoris, F.J., Storch, D. & Pörtner, H.O.
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Sekt. Integrative Ökophysiologie, [email protected]
Regelmäßige Untersuchungen auf See und die Auswertung
von Langzeitdatenreihen zeigen bereits heute signifikante
Veränderungen der marinen Umwelt in den letzten Dekaden. Dabei sind die Veränderungen der Eisdynamik und
des Temperaturregimes in den hohen Breiten der Arktis
und Antarktis die Kräfte, die die Veränderungen in der
polaren marinen Biologie treiben (siehe Poster B. Meyer
et al.). Für die gemäßigten Breiten der Nord- und Ostsee,
sowie des Nordatlantiks liegen eine Reihe von Langzeitreihen vor, deren Auswertung deutliche Veränderungen der
marinen Umwelt aufzeigen. So stieg z. B. die mittlere Wassertemperatur vor Helgoland um 1.13° in den letzten vierzig Jahren, verbunden mit signifikanten Veränderungen
auf unterschiedlichen Systemebenen vom Phytoplankton
als Primärproduzenten bis hin zu den Fischen [1][2]. Prominenteste Beispiele hierfür sind der Rückgang des Kabeljaus [3] und anderer genutzter Fischarten [4] und die Einwanderung und Etablierung von Arten, die bisher in der
Nordsee wenn überhaupt nur sehr sporadisch auftraten
[5]. Eine Verbindung dieser Veränderungen in der marinen Biodiversität mit Veränderungen im Klimaregime der
betroffenen Seegebiete liegt nahe und kann auch in vielen
Fällen als statischer Zusammenhang zwischen z. B. Erhöhung der Wassertemperaturen und Veränderungen in der
Artenzusammensetzung dargestellt werden. Für belastbare Zukunftsprognosen über mögliche Veränderungen im
Zusammenhang mit Klimaveränderungen genügen diese
statistischen Analysen aber nicht. Hierzu bedarf es eines
tieferen Verständnisses der mechanistischen Zusammenhänge zwischen dem Klimaregime einerseits und der Reaktion von Schlüssel- oder Indikatorarten auf diese Veränderungen andererseits.
Mit Ausnahme der warmblütigen Tiere wie Robben und
Wale sind nahezu alle Tiere des Meeres wechselwarm. Das
heißt ihre Körpertemperatur entspricht der Wassertemperatur. Die Temperatur ist ein wesentlicher Faktor, der
alle lebenswichtigen Stoffwechselprozesse im Körper beeinflusst. Aufgrund dessen haben sich die Organismen im
Laufe der Evolution auf das Temperaturregime ihres jeweiligen Lebensraums angepasst. Dies gilt sowohl für Tiere,
die unter sehr konstanten aber sehr kalten Temperaturen
der Polargebiete leben, als auch für Tiere der gemäßigten
Breiten, die an relativ hohe jahreszeitliche Veränderungen
in der Wassertemperatur angepasst sind. So leben z. B. die
Eisfische der Hochantarktis bei einer mehr oder weniger
konstanten Temperatur von -1.8 °C. Durch diese spezielle
Anpassung an die Kälte sind die Tiere aber nicht in der Lage
bei höheren Temperaturen zu überleben. Verallgemeinert
lässt sich sagen, dass Organismen in einem bestimmten
Temperaturfenster leben können und dass innerhalb dieses Fensters ein Bereich identifiziert werden kann, in dem
alle biologischen Prozesse innerhalb des Organismus optimal funktionieren (Abb. 1). Kommt es nun aufgrund von
klimatischen Veränderungen zu einer Veränderung der
Wassertemperatur, so kommt es je nach Breite des Temperaturfensters und Anpassungsfähigkeit der Organismen
zu einem Ungleichgewicht zwischen Temperaturanspruch
der Organismen und dem Temperaturregime im Lebensraum mit entsprechenden Konsequenzen für Wachstum,
Fortpflanzung und damit verbundenen Abwanderungen
oder dem Aussterben der Arten. Die Verbindung von ökologischen Felduntersuchungen mit experimentellen Arbeiten im Labor zur Physiologie von ausgewählten Schlüsselarten ist eine wichtige Grundlage für die Modellierung von
Zukunftsszenarien über die Veränderung von Biodiversität
vor dem Hintergrund zukünftiger klimatischer Entwicklungen [6][7] (Abb. 3).
Literatur
[1] Wirtz, K., Wiltshire, K. H. (2005). Long-term shifts in marine ecosystem functioning detected by inverse modeling of the Helgoland Roads time-series, Journal of Marine Systems,56,262–282.
[2] Wiltshire, K. H., Manly, B. F. J. (2004). The warming trend at
Helgoland Roads, North Sea: phytoplankton response, Helgoland
marine research, 58(4), 269–273.
57
Klima im System Erde
[3] Pörtner, H.-O., Bock, C., Knust, R., Lannig, G., Lucassen, M.,
Mark, F.C., Sartoris, F.J. (2008): Cod and climate in a latitudinal
cline: physiological analyses of climate effects in marine fishes,
Climate Reseach, 37, 253–270.
[4] Allison L.P., Paula J.L., Jim R.E., John D.R. (2005): Climate
Change and Distribution Shifts in Marine Fishes. Science Vol.
308, 1912–1915.
[5] Ehrich, S., C. Stransky, (2001): Spatial and temporal changes
in the southern species component of North Sea bottom fish
assemblages. In: I. Kröncke, M. Türkay, J. Sündermann (Hrsg.):
Burning issues of North Sea ecology. Senckenbergiana maritima.
Proceedings of the 14th international Senckenberg Conference
North Sea 2000, pp. 143–150.
[6] Pörtner, H.O., Berdal, B., Blust, R., Brix, O., Colosimo, A., DeWachter, B., Giuliani, A., Johansen, T., Fischer, T., Knust,R., Naevdal,
G., Nedenes, A., Nyhammer, G., Sartoris,F.J., Serendero, I., Sirabella, P., Thorkildsen, S., Zakhartsev,M., (2001). Climate induced
temperature effects on growth performance, fecundity and recruitment in marine fish: developing a hypothesis for cause and
effect relationships in Atlantic cod (Gadus morhua) and common eelpout (Zoarces viviparus). Continental Shelf Research 21,
1975–1997.
[7] Pörtner, H.O., Knust, R. (2007): Climate Change Affects Marine
Fishes through the Oxygen Limitation of Thermal Tolerance. Science Vol. 315, 95–97.
Abb. 1: Das Temperatur-Fenster von Tieren. Organismen können
nur in einem bestimmten Temperaturfenster leben Im Bereich des
Temperatur-Optimums sind alle Lebensäußerungen (Performanz),
wie z. B. Wachstum, Fruchtbarkeit, Mobilität etc. im Optimum. Mit
zunehmender, bzw. abnehmender Temperatur nimmt die Leistungsfähigkeit des Organismus ab (Pejus-Bereich). Nach dem Erreichen
der kritischen Temperaturen, ist ein Überleben der Organismen nur
zeitlich befristet möglich, Wachstum und Fortpflanzung findet nicht
mehr statt. Ein maßgeblicher Steuerungsparameter dabei ist die Versorgung des Organismus mit Sauerstoff. Wie breit das Temperaturfenster ist und wo das Optimum liegt, wird durch die Anpassung der
Organismen an das Temperaturregime im Lebensraum bestimmt.
Organismen in den Polargebieten sind an sehr kalten Temperaturen
angepasst, ihr Temperaturfenster ist sehr eng, entsprechend sensible
reagieren sie auf Temperaturveränderungen. Verändert nach [3].
58
Abb. 2: Mechanistischer Zusammenhang zwischen Veränderungen der
Besiedlungsdichte (Abundanz) der
Aalmutter (Zoarces viviparus) und
der Wassertemperatur. Langzeituntersuchungen im Feld zeigen einen
statistischen Zusammenhang zwischen der Abnahme der Besiedlungsdichte und hohen Sommertemperaturen. Dieser zunächst statistische
Zusammenhang wird durch Untersuchungen der Stoffwechselprozesse
im Labor erklärbar: Die Art lebt bei
ca. 14 °C in ihrem thermischen Optimum. Bei dieser Temperatur wächst
das Tier optimal, der Blutfluss versorgt den Organismus bei dieser
Temperatur optimal mit Sauerstoff.
Bei steigender Temperatur nimmt der Sauerstoffbedarf aufgrund
erhöhten Stoffwechsels zu, bei Überschreiten einer kritischen Temperatur kann der Organismus nicht mehr optimal mit Sauerstoff
versorgt werden, ein längeres Überleben jenseits der kritischen Temperatur (20 °C) ist nicht möglich. Die hohen Sterberaten und damit
das Absinken der Besiedlungsdichte bei hohen Sommertemperaturen
ist damit durch das physiologische Leistungsvermögen dieser Art abzuleiten [7].
Abb. 3: Mit Hilfe moderner Labormesstechniken können Stoffwechselprozesse an lebenden Meerestieren ermittelt werden. Hier ein Kabeljau in einem Schwimmkanalversuch. Mit Hilfe eines Kernspintomographen werden Stoffwechselprozessen während des Schwimmens
bei unterschiedlichen Wassertemperaturen gemessen. Diese Messungen sind Grundlage für die Ermittlung der Temperaturtoleranz von
Meeresorganismen aus unterschiedlichen klimatischen Regionen.
(Foto: Wittig AWI)
Der antarktische Krill – Ein Schlüssel­organismus im Klimawandel
Der antarktische Krill – Ein Schlüssel­
organismus im Klimawandel
Bettina Meyer 1, Teschke, Mathias 2 & Bathmann, U.1
Alfred-Wegener Institut, Polare Biologische Ozeanographie,
[email protected]; [email protected]
2
Charité Universitätsmedizin Berlin, Institut für Med. Immunologie,
Abt. Chronobiologie, [email protected]
1
Der antarktische Krill, Euphausia superba, nimmt im
marinen Nahrungsnetz des Südozeans eine zentrale Rolle
ein, da er die Nahrungsgrundlage zahlreicher Tiere darstellt (Abb. 1). Auf der Grundlage einer Biomasse von ca.
100 bis 500 Millionen Tonnen hat sich in den letzten 40
Jahren eine kommerzielle Krillfischerei etabliert. So hat
z. B. die Fischmehlindustrie, deren herkömmliche Fischressourcen weitestgehend erschöpft sind, den Krill als
neue Futtermittelquelle für die Aquakultur erschlossen.
Aufgrund einiger interessanter Inhaltsstoffe des Krill, hat
auch die Gesundheitsindustrie den Organismus entdeckt,
was ebenfalls zu einer Zunahme der kommerziellen Krillfischerei führt. Insgesamt agiert die heutige Krillfischerei
mit jährlich ca. 150 000 t noch weit unter der erlaubten
maximalen Fangmenge von 4 Mill. t. Ein viel unberechenbarerer Faktor, der große Schwankungen im Krillbestand
verursachen kann, ist allerdings der globale Klimawandel.
Langzeituntersuchungen haben gezeigt, dass im südwestlichen atlantischen Sektor des Südozeans, der mehr als 50%
des Krillbestandes beheimatet (Abb. 2) und eine der sich
am schnellsten erwärmenden Regionen der Erde darstellt,
die Populationsdichte des Krill in den letzten 30 Jahren um
bis zu 80% zurückgegangen ist (Abb. 3a, [1]). Aufgrund der
Schlüsselposition des Krill im Südozean führte dies ebenfalls zu einer Abnahme zahlreicher Krill-Konsumenten
wie Pelzrobben, einigen Pinguinarten sowie Albatrossen.
Die Populationsdichte des Krill im Sommer hängt offenbar von der vorangegangenen Ausdehnung und Dauer der
winterlichen Meereisbedeckung ab (Abb. 3b). Eine lang
anhaltende winterliche Meereisbedeckung begünstigt das
Überleben der Nachfolgegeneration sowie die Reproduk­
tion des erwachsenen Krills und führt zu einer Erhöhung
des Bestandes. Der mechanistische Zusammenhang zwischen Krill und Meereis ist jedoch noch weitestgehend ungeklärt und stellt eine zentrale Fragestellung der Arbeitsgruppe „Antarktischer Krill“ am AWI dar [2, 3, 4, 5].
Insgesamt sind die Adaptationsmechanismen von Krill an
seine durch extreme saisonale Veränderungen charakterisierte Umwelt (z. B. Futterangebot, Eisbedeckung Tageslichtdauer) kaum verstanden (Abb. 4). Um aber den Einfluss verschiedener Szenarien der globalen Erderwärmung
auf den Lebenszyklus von Krill und letztendlich auf das
marine antarktische Nahrungsnetz zu verstehen, ist dieses
Wissen essentiell.
Literatur
[1] Atkinson, A. (2004): Long-term decline in krill stock and increase in salps within the Southern Ocean. Nature 432: 100-103.
[2] Meyer, B., Fuentes, V., Guerra, C., Schmidt, K., Spahic, S., Cisewski, B., Freier, U., Olariaga, A., Bathmann, U. (2009:) Physiology,
growth and development of larval krill Euphausia superba in
autumn and winter in the Lazarev Sea, Antarctica. Limnol. Oceanogr. 54: 1595-1614.
[3] Meyer, B., Auerswald, L., Spahic, S., Pape, C., Fach, B., Teschke,
M., Lopata, A., Fuentes, V. (2009): Seasonal variation in body
composition, metabolic activity, feeding, and growth of adult
krill Euphausia superba in the Lazarev Sea. Mar. Ecol. Prog.
Ser, in print.
[4] Teschke, M., Kawaguchi, S., Meyer, B. (2008): Effects of simulated light regimes on maturity and body composition of Antarctic
Krill, Euphausia superba, Mar Biol, 154: 315-324.
[5] Teschke, M., Kawaguchi, S., Meyer, B. (2007): Simulated light regimes affect feeding and metabolism of Antarctic krill, Euphausia superba, Limnol. Oceanogr. 52: 1046-1054.
[6] Quetin LB, Ross RM (1991) Behavioural and physiological characteristics of the Antarctic krill, Euphausia superba. Amer Zool
31:49-63
59
Klima im System Erde
Abb. 1: Die Nahrungsbeziehungen des antarktischen Krill, Euphausia superba, und seine zentrale Rolle im marinen, antarktischen
Ökosystem.
Abb. 2: Populationsdichte und Verteilung des Krill im Südozean (Atkinson et al. 2004).
Abb. 3: Rückgang der Krillpopulation im südwestlichen atlantischen
Sektor des Südozeans (a) und Beziehung zwischen der Dauer der
winterlichen Meereisbedeckung und der Krilldichte (Atkinson et al.
2004).
Abb. 4: Jahreszeitlicher Verlauf der Krillentwicklung von der Eiablage, dem Schlupf in der Tiefe über den Entwicklungsaufstieg im
Sommer sowie der Larvalentwicklung vom Calyptopis-, über das
Furciliastadium zum juvenilen Tier (modifiziert nach [6]). Die verschiedenen Grünschattierungen verdeutlichen die unterschiedliche
Futterkonzentration in der Wassersäule im Jahresverlauf und die
verschiedenen Gelbschattierungen den saisonalen Verlauf der Tageslichtdauer.
60
Biodiversität und Klima im Miozän
Biodiversität und Klima im Miozän
Arne Micheels 1 & Mosbrugger, V.1
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum, Sektion Klima und Umwelt, und Biodiversität und Klima Forschungszentrum
(LOEWE BiK F), [email protected],
[email protected]
1
Im Laufe des Känozoikums (65 Mio. J. bis heute) kühlte
sich das Klima stetig ab. Das Miozän (~32 bis ~5 Mio. J.)
ist eine späte Phase dieser känozoischen Abkühlung. Zwar
ähnelte die Gestalt der Erde bereits sehr weitgehend der
heutigen, doch war das Klima im Miozän noch wärmer
und humider [1]. Boreale Wälder erstreckten sich damals
in Gebiete, die heute durch eine Tundrenlandschaft oder
sogar Polarwüste gekennzeichnet sind [2], was bedeutet,
daß hohe nördliche Breiten im Miozän wärmer als heute gewesen sein müssen. Die im Verhältnis zu heute humideren Klimaverhältnisse des Miozäns zeigen sich beispielsweise daran, daß es noch keine Sahara gab, sondern
Nordafrika vielmehr durch eine Savannen- und Graslandschaft geprägt war. Die känozoische Klimaabkühlung war
sicherlich ursächlich für die Veränderungen der Vegetation. In der Folge wird allerdings auch der Wandel der Vegetation seinerseits auf das Klima zurückgewirkt haben, was
jedoch bislang noch unzureichend untersucht ist.
Um die Effekte der Vegetation auf das Klima im Miozän
besser zu verstehen, wurden Experimente mit Klimamodellen durchgeführt [2], [3]. Ersetzt man in einer Paläoklimasimulation die Vegetationsverteilung des Miozäns
mit der heutigen, so führt dies zu einer Abkühlung (Abb.
1). Die Größenordnung dieses vegetationsbedingten Abkühlungstrends (1,7 °C) ist vergleichbar mit den unteren
Abschätzungen des zukünftigen Klimawandels. Abb. 1
macht auch deutlich, daß im Modellexperiment vor allem
die höheren Breiten von einer Abkühlung betroffen sind.
Primär ist dies eine Folge der „Entwaldung“, d.h. des Ersetzens borealer Wälder durch heutige Tundren. Darüber
hinaus verdeutlicht ein Sensitivitätsexperiment (Abb. 1
rechts), daß das Erscheinen der Sahara zu einer Abkühlung hoher Breiten ebenfalls beiträgt [3]. Der Wandel von
einer Savannenlandschaft zur Wüste in Nordafrika führt
somit nicht nur regional zu einer Abkühlung und zu arideren Klimaverhältnissen, sondern er hat eine globale Bedeutung für das Klima.
Abb. 1: Temperaturdifferenz (in °C) durch eine globale (Abb. 1,
links) und eine regionale (Abb. 1, rechts) Vegetationsänderung in
Modellexperimenten für das Miozän [4].
Literatur
[1] Mosbrugger, V., Utescher, T., Dilcher, D.L. (2005): Cenozoic continental climatic evolution of Central Europe. – Proceedings of the
National Academy of Science 102: 14964 – 14969.
[2] Micheels, A., Bruch, A.A., Uhl, D., Utescher, T., Mosbrugger, V.
(2007): A Late Miocene climate model simulation with ECHAM4/
ML and its quantitative validation with terrestrial proxy data. –
Palaeogeography Palaeoclimatology Palaeoecology 253: 267 –
286.
[3] Micheels, A., Eronen, J., Mosbrugger, V. (2009): The Late Miocene
climate response to a modern Sahara desert. – Global and Planetary Change 67: 193 – 204.
[4] Micheels, A., Mosbrugger, V. (2009): Vegetationsänderungen und
Klimaabkühlung im Miozän. – Senckenberg Jahresbericht.
61
Klima im System Erde
Das Weltnaturerbe Wattenmeer und die
globale Erwärmung
Karsten Reise, van Beusekom, J. & Buschbaum, C.
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Wattenmeerstation Sylt, [email protected],
[email protected], [email protected]
Das weltweit größte zusammenhängende Wattgebiet befindet sich an der Nordseeküste und ist in diesem Jahr durch
die Unesco zum Weltnaturerbe erklärt worden. Wie kann
dieser einzigartige Naturraum kommenden Generationen
erhalten bleiben, wenn die Wassertemperatur um 2–3 °C
bis zum Ende dieses Jahrhunderts steigt? Voraussichtlich
wird sich die heutige Flora und Fauna der französischen
Atlantikküste bis ins Wattenmeer ausbreiten. Das wäre
nicht weiter dramatisch, denn viele Arten leben auch heute schon an beiden Küsten. Dennoch hat in den letzten
Jahren ein geradezu revolutionärer Umbruch im Ökosystem der Nordseeküste begonnen. Die Ursache liegt in einer
kombinierten Wirkung von Welthandel und Klimawandel
[1] Reise & van Beusekom, 2008.
Größere und schnellere Schiffe sowie Transporte für Aquakulturen bringen immer mehr Organismen aus Übersee
zur Nordseeküste. Sie stammen meist von wärmeren Küsten und profitieren in den letzten 15 Jahren von milderen
Wintern und wärmeren Sommern im Wattenmeer. Riffe
Pazifischer Austern nehmen den Platz der Muschelbänke
ein (Abb. 1). Tangwälder sind an den Prielrändern entstanden, wo vorher kaum Algen wuchsen. Mitunter erschließt sich der Wandel nur bei genauem Hinsehen: Australische Seepocken wachsen auf allen Muschelschalen im
Gezeitenbereich, wo vorher eine europäische, an kälteres
Wasser angepasste Seepocke saß.
Mit der rasch voranschreitenden biologischen Globalisierung an der Küste, verändern sich Biotopstruktur, Nahrungsnetz und die Funktionalität des Ökosystems. Da
viele Arten weltweit verschleppt werden, verringert dieser
Wandel die regionalen Unterschiede. Global geht Vielfalt
62
verloren, nimmt lokal und regional aber oftmals zu. Die
Vorherrschaft erringen universell verbreitete Arten, die besonders robust und anpassungsfähig sind. Leicht ist man
versucht, darin eine Analogie zum globalisierten Weltbürger zu sehen.
Literatur
[1] Reise, K. & van Beusekom, J.E.E. (2008): Interactive effects of global and regional change on a coastal ecosystem. – Helgol. Mar.
Res. 62: 85 – 91.
Abb. 1: Pazifische Austern überwachsen im Sylter Watt die Muschelbänke und dehnen sich noch weiter aus (Foto Reise). Diese verwilderten Austern sind meist miteinander verwachsen und daher für den
Gourmetmarkt nicht zu gebrauchen. Auch die Küstenvögel vermögen
sie bisher nicht als Nahrung zu nutzen.
Migration und Aussterben von Organismen unter Klimastress
Migration und Aussterben von Organismen unter Klimastress
Oliver Tackenberg 1 , Cunze, S.2 & König, K.3
BIK-F: Biodiversität und Klima Forschungszentrum / Goethe-Universität Frankfurt, Institut für Ökologie, Evolution und Diversität:
[email protected]
2
BIK-F: Biodiversität und Klima Forschungszentrum:
[email protected]
3
BIK-F: Biodiversität und Klima Forschungszentrum:
kö[email protected]
1
Der Klimawandel wird sich auf das Vorkommen von Pflanzen- und Tierarten auswirken. Beispielsweise geht man
mittelfristig davon aus, dass mitteleuropäische Pflanzenund Tierarten ihr Areal als Folge der sich verschiebenden
Klima- und Vegetationszonen um bis zu 6 km pro Dekade
nordwärts verschieben müssen [1].
Die Verschiebung der Bereiche mit günstigen Klimabedingungen wird dabei häufig mit Hilfe von Ökologischen
Nischenmodellen vorhergesagt. Diese Ökologischen Nischenmodelle berechnen aus bekannten georeferenzierten Fundpunkten der Organismen und relevanten
Umweltfaktoren (z. B. Temperatur, Niederschlag) die
ökologische Nische der betreffenden Art. Diese beschreibt
die Umweltbedingungen und das Areal unter der die Art
aktuell vorkommt (Abb. 1A: Aktuelles Areal). Wendet man
die Nischenmodelle auf zukünftige Klimaszenarien, z. B.
des IPCC an, erhält man als Ergebnis das Gebiet, in dem
zukünftig günstige (Klima-) Bedingungen für die jeweilige Art herrschen, die Art also potentiell vorkommen kann
(Abb. 1B: Potentielles Areal).
keit wurde bisher allerding nur selten im Rahmen der organismischen Klimafolgenforschung betrachtet, u. a. weil
es dabei erhebliche methodische Probleme gibt, die erst in
den letzten Jahren mit der Entwicklung prozessbasierter
Modelle von Ausbreitungs- und Migrationsfähigkeit bearbeitet werden können.
Im ersten Teil des Vortrages werden wir für ausgewählte
Pflanzenarten zunächst mit Hilfe ökologischer Nischenmodelle die Verschiebung der potentiellen Areale durch
den Klimawandel quantifizieren. Anschließend werden
wir mit Hilfe prozessbasierter Ausbreitungsmodelle untersuchen, ob die Pflanzenarten sich überhaupt schnell
ausbreiten können um der Verschiebung der potentiellen
Areale zu folgen.
Literatur
[1] Thuiller, W., Biodiversity – Climate change and the ecologist. Nature, 2007. 448(7153): p. 550-552.
[2] Tackenberg, O., et al., Sind Pflanzen in der Lage den vorhergesagten klimabedingten potentiellen Arealverschiebungen zu folgen? BfN Scripten, 2009. 246: p. 30.
Je nach betrachtetem Organismus und Klimaszenario
verschieben sich diese potentiellen Areale unterschiedlich
weit. Um die Auswirkungen des Klimawandels auf die Biodiversität abschätzen zu können, muss allerdings noch
eine weitere Frage beantwortet werden: Können die Arten
sich überhaupt schnell genug ausbreiten, um der Verschiebung ihres potentiellen Areals zu folgen (Abb. 1C: Realisierbares Areal)? Die Ausbreitungs- und Migrationsfähig-
63
Klima im System Erde
Abb. 1: Sisymbrium strictissimum L. A): Aktuelles (mit BIOMOD)
vorhergesagtes Areal. B): Für 2080 vorhergesagtes potentielles Areal
für das IPPC-Scenario Af1. C): Realisierbares Areal unter der Annahme mittlerer Migrationsfähigkeit. Abbildung aus [2]
64
Geobiologische Stoffkreisläufe in der Erdkruste (Deep Biosphere)
Geobiologische Stoffkreisläufe in der
Erdkruste (Deep Biosphere)
Heinz Wilkes 1 , Mangelsdorf, K.1, Vieth, A.1 &
Horsfield, B.1
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 4.3 Organische Geochemie, [email protected], [email protected],
[email protected], [email protected]
1
Der ganz überwiegende Teil des organischen Materials auf
der Erde liegt fein verteilt in Sedimenten und Sedimentgesteinen vor, die gleichzeitig den Lebensraum für den
größten Teil der Mikroorganismen auf unserem Planeten darstellen [1]. In den letzten 20 Jahren wurde immer
deutlicher, dass die Biosphäre viel tiefer in die Erdkruste reicht (mehrere Kilometer), als bislang angenommen.
Diese tiefen mikrobiellen Ökosysteme spielen eine wichtige
Rolle an der Schnittstelle des relativ schnellen biologischen und des außerordentlich langsamen geologischen
Teils des globalen Kohlenstoffkreislaufs. Im Allgemeinen
ist Sauerstoff in diesen Lebensräumen nicht verfügbar, so
dass anaerobe Atmungs- und Stoffwechselvorgänge die
dominierenden biologischen Prozesse darstellen. Abiotische Vorgänge, insbesondere die durch erhöhte Temperaturen verursachte Entstehung niedermolekularer organischer Verbindungen aus abgestorbener Biomasse, liefern
Kohlenstoff- und Energiequellen für tiefe mikrobielle
Lebensgemeinschaften [2,3]. Gashydrate in marinen und
terrestrischen Umgebungen ebenso wie die Lagerstätten
fossiler Brennstoffe stellen dabei bemerkenswerte mikrobielle Lebensräume dar, in denen die Verfügbarkeit von
Energiequellen nahezu unbegrenzt ist. Die Temperatur
und die Verfügbarkeit von Nährstoffen (z.B. Elektronenakzeptoren für die Atmung) scheinen zu den wichtigsten
Faktoren zu gehören, die die mikrobielle Aktivität bestimmen. Der biologische Abbau von Kohlenwasserstoffen in
Erdöl- und Erdgaslagerstätten reduziert nicht nur den
wirtschaftlichen Wert dieser Energieressourcen, sondern
verschlechtert auch ihre umweltrelevanten Eigenschaften
ganz erheblich [4]. Die mikrobielle Oxidation von Kohlenwasserstoffen, insbesondere von Methan oberhalb der
klimasensitiven Gashydrat-Vorkommen, ist von eminenter
Bedeutung für die Konzentration von Treibhausgasen in
der Atmosphäre. Der anaerobe Abbau von Kohlenwasserstoffen ist daher ein Schlüsselelement im Hinblick auf die
Rolle der tiefen Biosphäre im globalen Kohlenstoffkreislauf und im Klimasystem.
Literatur
[1] Whitman, W.B., Coleman, D.C. & Wiebe, W.J. (1998): Prokaryotes:
The unseen majority. PNAS 95: 6578–6583
[2] Horsfield, B., Schenk, H.J., Zink, K., Ondrak, R., Dieckmann, V.,
Kallmeyer, J., Mangelsdorf, K., di Primio, R., Wilkes, H., Parkes,
R.J., Fry, J.C. & Cragg, B. (2006): Living microbial ecosystems within the active zone of catagenesis: implications for feeding the
deep biosphere. Earth and Planetary Science Letters 246: 55–69.
[3] Glombitza, C., Mangelsdorf, K. & Horsfield, B. (2009): A novel
procedure to detect low molecular weight compounds released
by alkaline ester cleavage from low maturity coals to assess its
feedstock potential for deep microbial life. Org. Geochem. 40:
175–183.
[4] Vieth, A. & Wilkes, H. (2006): Deciphering biodegradation effects
on light hydrocarbons in crude oils using their stable carbon
isotopic composition: A case study from the Gullfaks oil field, offshore Norway. Geochim. Cosmochim. Acta 70: 651–665.
Abb. 1: Vereinfachte Darstellung des organischen Kohlenstoffkreislaufs (links) und der wichtigsten Kohlenstoffreservoire auf der Erde
(rechts); die kleinen weißen Quadrate veranschaulichen kleinere
Kohlenstoffreservoire im Verhältnis zur Menge an fein verteiltem
organischem Kohlenstoff in Sedimentbecken, die durch das große
schwarze Rechteck repräsentiert wird.
65
Klima im System Erde
Detaillierter Blick aus dem All –
Meeresalgen global betrachtet
Astrid Bracher 1 ,2 , Dinter, T.1 ,2, Schmitt, B.1, Vountas,
M.2, Burrows, J. P.2, Peeken, I.3 & Röttgers, R. 4
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, PHYTOOPTICS Gruppe, [email protected]
2
Universität Bremen, Institut für Umweltphysik, PHYTOOPTICS
Gruppe, PF 330440, 28334 Bremen, [email protected]
3
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Polare
Biologische Ozeanographie, AWI, [email protected]
4
GKSS Research Center, Fernerkundungs Gruppe, Institut für Küstenforschung, Geesthacht, [email protected]
1
Marines Phytoplankton ist die Basis des marinen Nahrungsnetzes und spielt als biologische Pumpe eine bedeutende Rolle im globalen Kohlenstoffkreislauf. Die am AWI
in Zusammenarbeit mit dem Institut für Umweltphysik
entwickelte Methode PhytoDOAS (siehe [1]) ermöglicht
es, aus Satellitendaten nicht nur die allgemeine Verteilung des Phytoplanktons weltweit zu ermitteln, sondern
durch die Nutzung spektral hochaufgelöster Daten auch
deren Zusammensetzung nach unterschiedlichen funktionalen Gruppen. Mit den neuen Satellitenkarten können
zeitliche Veränderungen unterschiedlicher Algengruppen
global beobachtet und Auswirkungen des Klimawandels
besser eingeschätzt werden. Bisher war es nur möglich,
die allgemeine Verteilung von Phytoplankton im Meer
quantitativ zu bestimmen. Verschiedene Algengruppen
haben aber unterschiedliche Funktionen sowohl für das
Nahrungsnetz im Meer als auch für unser weltweites Klima. Die PHYTODOAS-Methode nutzt Daten des Sensors
„SCIAMACHY“, der seit sieben Jahren kontinuierlich an
Bord des europäischen Umweltsatelliten „Envisat“ vom
Weltraum aus die Farbe der Weltmeere detektiert. Aus
den Bildern können die Verteilungen von zwei bedeutenden Phytoplankton-Gruppen, Kieselalgen und Blaualgen,
quantitativ abgeleitet werden. Algen gewinnen die Energie, die sie für die Photosynthese benötigen, durch die
Absorption des Sonnenlichts mit bestimmten Pigmenten,
wie dem Chlorophyll. Die aufgenommene Strahlung wird
als so genanntes Absorptionsspektrum ermittelt und ist
66
für verschiedene Algengruppen aufgrund ihrer Pigmentzusammensetzung spezifisch. Die unterschiedlichen
Spektren können aus den SCIAMACHY- Daten bestimmt
werden. Bei der Auswertung der Algengruppen muss aber
auch die Absorption anderer Stoffe berücksichtigt werden:
Auch das Wasser selbst und die Spurengase in der Luft wie
z. B. Ozon und Stickoxide absorbieren Licht. Allerdings
gibt es auch Grenzen für den Satelliten. Bei schlechtem
Wetter und Wolken kann die Farbe des Ozeans nicht vom
Satelliten gesehen werden, also können auch keine Algenkarten erstellt werden. Dann helfen nur die Messungen
vor Ort. Die Absorptionseigenschaften der Algen werden
dann direkt im Wasser ermittelt und mit den Satellitendaten verglichen. Solche Messungen wurden auf verschiedenen mehrwöchigen Schiffsexpeditionen mit dem
deutschen Forschungsschiff „Polarstern“ im Atlantischen
Ozean durchgeführt. Die Validierung der Satellitendaten
(sog. „ground truthing“ – Überprüfung am Boden) und
der Vergleich mit einem globalen biogeochemischen Modell haben gezeigt, dass die Satellitenkarten die Verteilung
der Algengruppen mit großer Genauigkeit wiedergeben
können. Algen produzieren mit Hilfe von Photosynthese
Nahrung und Sauerstoff. Dabei nehmen sie Kohlendioxid
auf und entziehen es der Atmosphäre. Ein Teil der Algen
wird gefressen und gelangt in die Nahrungskette, andere
sinken an den Meeresboden und versenken auf diese Weise
Kohlendioxid. Unterschiedliche Gruppen von Phytoplankton spielen ganz unterschiedliche Rollen für Klima und
marines Nahrungsnetz: Kieselalgen sind mit ihren Silikatschalen zum Beispiel wesentlich am Aufbau von Material
biologischen Ursprungs beteiligt, das unten am Ozeanboden abgelagert wird. Blaualgen können im Gegensatz zu
anderen Algen, die organischen Stickstoff zum wachsen
benötigen, selbst elementaren Stickstoff fixieren. Um Auswirkungen des Klimawandels genauer studieren zu können, sind daher Langzeitdatensätze über die Verteilung
und Produktivität verschiedener Phytoplankton-Gruppen
von größter Bedeutung.
Detaillierter Blick aus dem All – Meeresalgen global betrachtet
Literatur
[1] Bracher A. Vountas M., Dinter T., Burrows J.P., Röttgers R., Peeken
I. (2009): Observation of cyanobacteria and diatoms from space
using PhytoDOAS on satellite sensor SCIAMACHY data. Biogeosciences 6:751-764.
Abb. 1: Globale Biomasse – Verteilungen von Kieselalgen (Diatomeen) im Oktober/November 2005. Die Informationen wurden aus radiometrischen Messungen des Satellitensensors SCIAMACHY auf ENIVSAT mit Hilfe der PhytoDOAS Methode (nach [1]) ausgewertet. Kieselalgen
sind eine Gruppe von Algen, die eine Schale aus dem Salz der Kieselsäure besitzen. Die Karte zeigt, dass viele Kieselalgen im Frühjahr der
Südhemisphäre im Südpolarmeer und in einigen Küstengebieten auftreten. Hier gibt es genug Nährstoffe und im Wasser gelöste Kieselsäuren,
denn hier wird zum einen kaltes, nährstoffreiches Tiefenwasser an die Ozeanoberfläche gebracht wird (z. B. in Auftriebsgebieten und in hohen
Breiten, wo das Meer durch Abkühlung und Stürme im Winter durchmischt wurde) und zum anderen ist der Nährstoffreichtum in den Mündungsgebieten der Flüsse in Küstennähe groß (Abbildung von [1]).
67
Klima im System Erde
Massentransporte und Massenverteilungen im System Erde – Beiträge der neuen Generation von Schwerefeld- und
Altimetermissionen
Jürgen Kusche , Flechtner, F. & Eicker, A.
1
2
1
Universität Bonn, Institut für Geodäsie und Geoinformation, Nussallee 17, 53115 Bonn, [email protected]
2
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 1.2,
Erdbeobachtungssatelliten, [email protected]
1
Die Beobachtung der Erde aus dem Weltraum ist ein wesentliches Mittel zur Erforschung von Prozessen im Erdsystem. Nur mit Satelliten ist es möglich, die Erde global
zu erfassen und gleichzeitig Zeitreihen aufzubauen, aus
denen Veränderungen im Erdsystem erkennbar werden.
Mit einer Vielzahl zeitgleicher Schwerefeld- und Altimetermissionen (CHAMP, GRACE, GOCE, Jason-1, ICESat, in
Kürze Cryosat-II) ist derzeit eine einzigartige Situation
gegeben, aus der sich neue Möglichkeiten ergeben, das
Verständnis des Erdsystems durch Nutzung einander sich
ergänzender Beobachtungen zu verbessern. Entscheidend
dabei ist, dass Massentransportprozesse mit Schwerefeldmissionen integral quantifiziert werden können, Veränderungen sich also nicht wie bei anderen Beobachtungsverfahren allein auf Grenzflächen beziehen.
In Deutschland wurde 2006 das DFG-Schwerpunktprogramm SPP1257 „Massentransporte und Massenverteilungen im System Erde“ ins Leben gerufen, um die Aktivitäten zur Auswertung und Interpretation von Schwerefeld- und Altimeterdaten zu bündeln und zu koordinieren
[1]. Ziel des interdisziplinär angelegten Programms ist ein
Durchbruch im Verständnis von Abschmelzvorgängen der
Gletscher und Eisschilde, Veränderungen des Meeresspiegels, der Ozeanzirkulation und des globalen Wasserkreislaufs, sowie geophysikalischer Prozesse in Erdmantel und
-kruste. Ebenso wichtig ist das Verständnis der Wechselwirkungen zwischen den Teilsystemen. Das SPP1257 hat
nicht nur dazu beigetragen, dass die Datenbasis für die
Entwicklung nachhaltiger Strategien in Zeiten von Klimawandel und Ressourcenknappheit erweitet und verbessert
68
werden konnte, sondern ebenso, dass die deutsche Erdsystemforschung international eine Spitzenposition einnimmt.
Einige ausgewählte Ergebnisse sollen dies verdeutlichen.
So konnten mit GRACE das Abschmelzen der Eisschilde in
Grönland und der Antarktis und die entsprechenden Beiträge zum Meeresspiegelanstieg quantifiziert werden. Ein
weiteres Beispiel ist die Beobachtung des hydrologischen
Kreislaufes. Mit GRACE ist es erstmals möglich, die integrale Änderung aller kontinentalen Wasserspeicher direkt
zu messen, so dass sich neue Möglichkeiten zur Kalibrierung und Verbesserung hydrologischer Modelle ergeben.
Ein drittes Beispiel stellt die Beobachtung der Ozeane
dar. Mit Hilfe der neuen Schwerefeldmissionen konnten
raumzeitliche Veränderungen der Ozeanmassen ermittelt werden. In Kombination mit der Satellitenaltimetrie
lassen sich damit Zeitreihen für die Veränderung der Ozeanwärmespeicherung ableiten. Alle diese Ergebnisse sind
offenkundig von großer Aktualität für die klimabezogene
Forschung, und sie zeigen dass mit der neuen Generation
von Schwerefeld- und Altimetersatelliten ein für die Bilanzierung des globalen Klimawandels wichtiges Beobachtungsystem geschaffen werden konnte. Eine Fortsetzung
der Datenreihen durch eine zeitnah realisierte GRACENachfolgemission ist daher sehr erstrebenswert.
Literatur
[1] Ilk, K.H., J. Flury, R. Rummel, P. Schwintzer, W. Bosch, C. Haas,
J. Schröter, D. Stammer, W. Zahel, H. Miller, R. Dietrich, P. Huybrechts, H. Schmeling, D. Wolf, J. Riegger, A. Bardossy and
A. Güntner (2005) Mass Transport and Mass Distribution in the
Earth System – Contribution of the New Generation of Satellite
Gravity and Altimetry Missions to Geosciences, Proposal for a
German Priority Research Program. �������������������������
GOCE-Projektbüro Deutschland, Technische Universität München, GeoForschungsZentrum
Potsdam, 2. Edition.
Massentransporte und Massenverteilungen im System Erde
Abb. 1: Themen des DFG-Schwerpunktprogramms SPP1257 „Massentransporte und Massenverteilungen im System Erde“.
69
Klima im System Erde
Interpretation gemessener Meeres­
spiegelvariationen
bewirkt. Zwei Drittel beruhen auf einer nicht balancierten
Zufuhr von Schmelzwasser.
Jens Schröter 1 , Wenzel, M.1 & Lemke, P.1
Literatur
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung, Fachbereich Klimasystem, [email protected]
1
Seit über einhundert Jahren wird ein langsamer Anstieg
des Meeresspiegels beobachtet. Der hauptsächliche Grund
dafür ist im globalen Anstieg der Temperatur zu suchen.
Meerwasser dehnt sich bei Erwärmung aus. Aber auch indirekt bewirkt der Temperaturanstieg eine Erhöhung des
Meeresspiegels durch das Abschmelzen von Gletschern,
Eiskappen und im vergangenen Jahrzehnt auch durch den
beobachteten Rückgang der Grönländischen und teilweise
Antarktischen Eisschilde. Die Frage, ob sich dieser Trend
in den kommenden Jahrzehnten bis Jahrhunderten fortsetzen wird, ist von unmittelbarem Interesse für Millionen
von Anwohnern der Küsten. Eine quantitative Antwort hierauf ist bemerkenswert komplex.
Für eine brauchbare Vorhersage müssen wir zunächst die
Vorgänge, die stattfinden, messen und verstehen. Gezeitenpegel ermitteln den Meeresspiegel nur sehr lokal. Erst seit
20 Jahren wird der Meeresspiegel auf der globalen Skala
von Radarsatelliten vermessen. Die Ergebnisse zeigen ein
vielschichtiges Bild (siehe Abbildung 1). Großen Gebieten
mit einem positiven Trend stehen auch Gebiete mit einem
Absinken des Meeresspiegels gegenüber. Nur im globalen
Mittel zeigt sich ein stetiger Anstieg von ca. 3 mm pro Jahr.
Ein Teil der regionalen Unterschiede kann man mit lokaler Erwärmung des Ozeans erklären [1], wie auch in der
Abbildung 1 rechts gezeigt. Große Unterschiede bleiben
bestehen, die verdeutlichen, dass weitere Prozesse beteiligt sind. Um auch Änderungen im Salzgehalt und Massenverlagerungen durch die Strömungen konsistent zu
beschreiben, assimilieren wir alle verfügbaren Daten in
ein dynamisches Ozeanmodell, wie für eine Wettervorhersage [2]. Wir können daraus ableiten, dass die Erwärmung
des Wassers nur etwa ein Drittel des beobachteten Anstiegs
70
[1] Ivchenko, V. O., Danilov, S., Sidorenko, D., Schröter, J., Wenzel, M.,
Aleynik, D. L. (2008). Steric height variability in the Northern Atlantic on seasonal and interannual scales, J. Geophys. Res., 113,
C11007, doi:10.1029/2008JC004836.
[2] Wenzel, M., Schröter, J. (2007). The global ocean mass budget in
1993--2003 estimated from sea level change, Journal of physical
oceanography, 37(2), 203-213.
Abb. 1: oben: Der Anstieg des regionalen Meeresspiegels in mm pro
Jahr für die Periode 1987 bis 2000.
Abb. 2: Der allein durch Temperaturschwankungen hervorgerufene
Anstieg für den gleichen Zeitraum.
Erdsystemmodellierung – Von geodätischen Beobachtungsdaten zum Prozessverständnis
Erdsystemmodellierung –
Von geodätischen Beobachtungsdaten
zum Prozessverständnis
klimarelevanten Signale verlässlich zu identifizieren und
damit das hohe Anwendungspotential geodätischer Messdaten für die Klimaforschung zu nutzen.
Maik Thomas, Sasgen, I., Dobslaw, H. & Wickert, J.
Infolge ihrer Präzision sowie ihrer homogenen räumlichen und zeitlichen Überdeckung bieten insbesondere
die mit Satellitenverfahren gewonnenen Beobachtungen
der Meereshöhen, des Erdschwerefeldes und der Erdrotation eine belastbare Datengrundlage zur Beantwortung
klimarelevanter Fragestellungen. Durch den Einsatz
numerischer Modellsimulationen lassen sich diese mit
fernerkundlichen Methoden erhaltenen Informationen
in die ursächlichen Prozesse zerlegen und folglich nicht
nur hinsichtlich ihrer Bedeutung für den globalen Wandel interpretieren, sondern auch in Form von Rand- und
Anfangsbedingungen für zukünftige modellgestützte Klimaprojektionen einsetzen.
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Dept. 1 Geodäsie und Fernerkundung, Sekt. 1.5: Erdsystem-Modellierung,
[email protected]
Klimarelevante Veränderungen im System Erde sind begleitet von weitreichenden Massenumverteilungen, die
sich äußern in Meeresspiegeländerungen, Schnee- und
Eisschmelzen, Extremwetterereignissen, schwankenden
kontinentalen Süßwasservorkommen bis hin zu Deformationen der Erdkruste. Derartige Schwankungen in der
geosphärischen Massenverteilung bilden sich ab in den
klassischen geodätischen Observablen, nämlich der Erdfigur, dem Erdschwerefeld und der Orientierung der Erde
im Raum, weshalb die geodätischen Beobachtungsgrößen
stets auch wertvolle qualitative und insbesondere quantitative Informationen über den Zustand und die Veränderungen des Klimasystems enthalten. Da diese mit terrestrischen, Flugzeug und Satelliten gestützten Methoden
gewonnenen hochpräzisen Beobachtungen jedoch stets
das Ergebnis einer Vielzahl von physikalischen Prozessen
reflektieren, sind komplementäre Methoden aus der geophysikalischen Systemmodellierung notwendig, um die
Der Vortrag demonstriert, inwieweit Altimeterdaten der
Meereshöhen, Schwerefelder der Satellitenmission GRACE
und Erdrotationsschwankungen aus GPS- und interferometrischen Messungen in Kombination mit Methoden
der numerischen Modellierung zur Quantifizierung klimarelevanter Änderungen im Erdsystem genutzt werden
können und somit einen wichtigen Beitrag zum Prozessverständnis leisten.
Abb. 1: Langfristige Änderungen der Geoidhöhe über der Antarktis. Mittels numerischer Modelle lassen sich die aus Schwerefeldbeobachtungen
der Satellitenmission GRACE abgeleiteten totalen Trends (Mitte) zerlegen in die Beiträge infolge postglazialer Landhebungen (rechts) und
Eismassenveränderungen (links).
71
Klima im System Erde
Geodätisch basierte Erdbeobachtung –
Ein Werkzeug für die Klimaforschung
Jens Wickert, Flechtner, F., Schöne, T. & Thomas, M.
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Dept. 1 Geodäsie und
Fernerkundung, [email protected]
gen im Erdinneren, auf den Kontinenten, in den Ozeanen,
der Atmosphäre und in den eisbedeckten Gebieten unseres
Planeten abzuleiten (Abb. 1). Die GRACE-Daten werden für
derartige Untersuchungen von einer Vielzahl von Wissenschaftlern weltweit dafür genutzt.
Die Geodäsie ist nach der klassischen Definition von Friedrich Robert Helmert (1843-1917) die „Wissenschaft von der
Ausmessung und Abbildung der Erdoberfläche“. Dies umfasst die Bestimmung der geometrischen Figur der Erde
(Geoid, Topografie), ihres Schwerefeldes und der Orientierung der Erde im Weltraum (Erdrotation). Die ursprünglich statische Betrachtungsweise wurde Mitte des 19. Jahrhunderts in Frage gestellt, als sich der preußische General
Baeyer Gedanken zu dynamischen Veränderungen der
Lage und der Umdrehungsdauer der Erde machte.
Mittlerweile ist bekannt, dass Form und Bewegung der Erde
auch von vielen Umweltveränderungen, wie z. B. der von
Atmosphäre, Kryosphäre und der Hydrosphäre, abhängig
sind. Genau diese Abhängigkeit nutzen geodätische Beobachtungsverfahren, um Informationen über derartige Veränderungen und somit über den globalen Wandel zu bekommen. Sie werden dadurch zu einem leistungsfähigen
Werkzeug für die Klimaforschung. Eine besondere Rolle
spielen dabei Satellitenverfahren, da sie Informationen im
globalen Maßstab liefern.
Abb. 1: Globale Variabilität der Wassermassen in den großen Flussbecken in cm-Wassersäule abgeleitet aus monatlichen GRACE-Schwerefeldmodellen (links) und dem hydrologischen Modell WGHM (rechts)
für den Zeitraum 2003 bis 2008 (GFZ).
Wir geben einen Überblick über relevante Techniken, die
am GFZ eingesetzt werden und stellen aktuelle Beobachtungsergebnisse vor. Ein traditioneller Schwerpunkt hierbei sind die Schwerefeldmissionen, eine Forschungsrichtung, die 1995 mit dem Start des GFZ-1 Satelliten intensiviert wurde. Mit den Satelliten CHAMP (Start 2000) und
GRACE (Start 2002) wurde danach eine qualitativ neue
Stufe bei der globalen Schwere­feldbestimmung erreicht.
Beispielsweise können aus den GRACE-Daten monatliche
Erdschwerfeldmodelle mit einer bisher nicht erreichten
Genauigkeit abgeleitet werden, die es gestatten, Informationen über langzeitige, klimarelevante Massenumlagerun-
Zusätzlich hat sich am GFZ in den vergangenen Jahren
auch eine beachtliche Expertise bei der Anwendung des
Global Positioning Systems (GPS) für die Geowissenschaften etabliert. GPS wurde 1995 primär für Navigations­
anwendungen vollständig operationell und ist mittlerweile auch zu einem leistungsfähigen, geodätisch basierten,
Werkzeug für die Klimaforschung geworden, welches vom
zukünftigen Galileo-System deutlich profitieren wird. Mit
GPS wird beispielsweise ein globaler Referenzrahmen für
satelliten- und bodengestützte Beobachtungen zu Veränderungen der Meeresoberflächen geschaffen. Aus diesen
Daten können auch klimarelevante Veränderungen der
72
Geodätisch basierte Erdbeobachtung – Ein Werkzeug für die Klimaforschung
Erdsystemparameter wie Erdrotation abgeleitet werden.
Zusätzlich tragen satellitengestützte GPS-Daten auch
zur Schwerfeldbestimmung bei. Weiterhin haben sich
auch GPS-basierte Beobachtungstechniken zur Atmosphärenfernerkundung etabliert. Diese Verfahren nutzen
atmosphä­rische Ausbreitungseffekte der GPS-Signale aus.
Mit regionalen und globalen Boden­netzen, die z.T. seit
1994 betrieben werden, können Veränderungen des atmosphärischen Wasserdampfgehaltes sichtbar gemacht werden. GPS-Signale, die an Bord von Satelliten, wie CHAMP
oder GRACE, aufgezeichnet werden, können zusätzlich
globale Temperatur­verteilungen in verschiedenen Höhen
und deren Änderung mit hoher Genauigkeit sichtbar machen (Abb. 2).
Abb. 2: Mittlere Zonale Temperaturvariabilität (Kurzzeit-Trend) in
verschiedenen Höhen in Kelvin/Jahr abgeleitet aus CHAMP und GRACE GPS-Radiookkultationsmessungen zwischen 2001 und 2009. Rote
Farbe kennzeichnet Erwärmung, blaue Farbe Abkühlung (GFZ).
73
Klima im System Erde
Eismassenbilanzen und Meeresspiegelanstieg – Was erwartet uns im
21. Jahrhundert
Heinrich Miller
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung,
Sekt. Glaziologie, [email protected]
Seit langem werden an weltweit verteilten Pegeln die Veränderungen des Meeresspiegels beobachtet und heute haben wir – nicht zuletzt auch gestützt auf Beobachtungen
aus dem Weltraum – die gut gesicherte Erkenntnis, dass
im Mittel der Meeresspiegel um etwa 3 mm/Jahr ansteigt
und dass dieser Anstieg sich gegenüber der jüngeren Vergangenheit beschleunigt hat.
Es gibt zwei Hauptgründe für die Zunahme. Zum einen
erwärmt sich mit der Zunahme der globalen Mitteltemperatur das Wasser der Weltmeere und zum anderen schmelzen die Gebirgsgletscher und Teile der kleinen und großen
polaren Eiskappen und Eisschilde und dieses Schmelzwasser gelangt in den Ozean und führt ebenfalls zu einer
Erhöhung des Meeresspiegels.
Diese Erhöhung des Meeresspiegels hat weitreichende Folgen für alle Küstenregionen und die Menschen, die dort
leben. Sie führt über verstärkte Küstenerosion zu Land-
verlust und diesem kann nur über eine Verstärkung der
Küstenschutzmaßnahmen wie Erhöhung der Deiche oder
aber durch Verlagerung landeinwärts begegnet werden.
Alle denkbaren Maßnahmen aber sind mit weitreichenden
sozialen und finanziellen Folgen verbunden und deshalb
kommt hier einer möglichst genauen Vorhersage über die
künftigen Veränderungen und der Geschwindigkeit mit der
diese geschehen werden eine besondere Bedeutung zu.
Die größten Unbekannten in allen Überlegungen zu dieser
Frage stellen die noch relativ unzureichend erforschten
polaren Eisschilde Grönlands und der Antarktis dar. So
ist die Kenntnis der Gesamtmassenbilanz dieser Eisschilde noch mit großen Fehlern behaftet und die jüngeren
Erkenntnisse über die Geschwindigkeit mit der sich die
Fließgeschwindigkeiten dieser Eismassen verändern können zeigen ebenfalls an, dass diese Eismassen sich rascher
verändern können als bislang gedacht.
Dennoch können wir mit großer Sicherheit Abschätzungen der maximal möglichen Wasserspende aus dem Eis
treffen sowie die künftig notwendigen Forschungs- und
Beobachtungsstrategien festlegen. Damit wird die notwendige Planung für die Reaktionen auf den Meeresspiegelanstieg nachhaltig unterstützt und es lassen sich Hinweise
für die notwendigen gesellschaftspolitischen Entwicklungen geben.
Abb. 1: Der Anstieg des Meeresspiegels seit 1870 (modifiziert nach IPCC 2007). Deutlich zu erkennen ist, dass sich der Anstieg zunehmend beschleunigt hat.
74
Nachhaltige Energiebereitstellung mit Geothermie
Nachhaltige Energiebereitstellung mit
Geothermie
Ernst Huenges & Bruhn, David
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Internationales Geothermiezentrum, [email protected],
[email protected]
Anspruchsvolle energie- und umweltpolitische Zielsetzungen stellen die Energieversorgung vor neue Herausforderungen: Der Energiemix der Zukunft soll ökologisch verträglich, ressourcensicher und wettbewerbsfähig sein. Langfristige Energiesicherheit und nachhaltige
Energiekon­zepte sind gefragt. Das Ziel der Europäischen
Union, bis zum Jahr 2020 den Anteil der erneuerbaren
Energien am gesamten Energieverbrauch der EU auf 20 %
zu steigern, macht die hohen Erwartungen an diese Energieträger deutlich.
Die Geothermie ist dabei ökonomisch und umweltpolitisch
äußerst interessant. Anders als Wind und Sonne steht sie
rund um die Uhr zur Verfügung und ist damit grundlastfähig. Mit geothermischer Energiebereitstellung sind
zudem nur sehr geringe CO2-Emissionen verbunden. Die
Erdwärme stellt somit eine ökologisch beispielhafte Alternative zur Kernkraft und zu fossilen Energieträgern dar.
Aus Erdwärme kann Energie in Form von technisch
nutzbarer Wärme oder elektrischem Strom bereitgestellt
werden. Die Fündigkeit ist nicht auf vulkanische Gebiete beschränkt, im Prinzip gibt es Erdwärme überall. In
Deutschland eignen sich für die tiefe Geothermie zur
Stromerzeugung bevorzugt drei Regionen: das süddeutsche Molassebecken, der Oberrheingraben und das Norddeutsche Becken. Allerdings sind mehrere Kilometer tiefe
Bohrungen erforderlich, um Temperaturen zu erschließen, die hoch genug sind, um über Dampfturbinen elektrische Generatoren anzutreiben. Die Erschließung stellt
spezifische Anforderungen an Technik und Engineering
und ist beim aktuellen Entwicklungsstand noch mit hohen Investitionen verbunden.
Die Komplexität geothermischer Systeme verlangt einen
ganzheitlichen Ansatz, der das Zusammenspiel der einzelnen Komponenten – von der Lagerstättenerschließung
bis zur erzeugten Kilowattstunde – berücksichtigt. Die
Herausforderungen liegen in der sicheren Erkundung
und Erschließung geothermischer Lagerstätten sowie in
der Entwicklung Produktivität steigernder Maßnahmen,
um einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb zu erreichen.
Technologisch und ökonomisch tragfähige Konzepte sind
gefragt, um den geringen Marktanteil der Geothermie an
der Energieversorgung zu stärken.
In Mitteleuropa stehen die sog. Enhanced Geothermal
Systems (EGS)-Technologien im Mittelpunkt. Mit Stimulationsmaßnahmen wird die Produktivität geothermischer
Lagerstätten erhöht. Sie eignen sich besonders für Standorte, an denen die Wirtschaftlichkeit nicht von vornherein gegeben ist. Etwa 95 % des geothermischen Potenzials
in Deutschland sind mit dieser Technologie erschließbar.
Auch international werden verlässliche Stimulationstechnologien verstärkt nachgefragt.
Abb. 1: Prinzip geothermischer Stromerzeugung (Organic Rankine
Cycle)
75
Klima im System Erde
Abb. 2: Fördertest in der GFZ-Forschungsbohrung 4/05 im brandenburgischen Groß Schönebeck
76
Geologische Speicherung und dauerhafte Fixierung von CO2 in salinen Aquiferen – Chancen und Risiken
Geologische Speicherung und dauerhafte Fixierung von CO2 in salinen Aquiferen – Chancen und Risiken
Michael Kühn, Liebscher, A. & Zentrum für
CO2-Speicherung
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Zentrum für CO2-Speicherung, [email protected]; [email protected]
Die globale Mitteltemperatur steigt seit Beginn des industriellen Zeitalters signifikant an. Dieser Temperaturanstieg
korreliert mit einem Anstieg der CO2-Konzentrationen in
der Atmosphäre und impliziert einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Klimawandel und CO2-Emissionen
aus der Nutzung fossiler Brennstoffe. Eine zentrale Option
zur Reduktion und Vermeidung dieser CO2-Emissionen ist
die CCS-Technologie – Abscheidung, Transport und Speicherung von CO2. Die Speicherung erfolgt in geologischen
Formationen wie leergeförderten Erdöl- bzw. -gasfeldern
oder tiefliegenden, salzwasserführenden Gesteinsschichten (saline Aquifere). Abschätzungen zeigen, dass saline
Aquifere sowohl national als auch global das größte Speicherpotential besitzen. So betragen die nationalen Speicherkapazitäten in Erdöl- und -gasfeldern nur ~2,4 Gt CO2
gegenüber 20 ± 8 Gt CO2 in salinen Aquiferen.
Die zentrale Anforderung an alle Arten der geologischen
CO2-Speicherung ist es, Leckagen aus dem Speicherkomplex zu verhindern und eine dauerhafte CO2-Speicherung
sicherzustellen, um negative Auswirkungen auf das Klima
sowie mögliche Gesundheits- und Umweltrisiken auszuschließen. Leckagen können punktuell an (Alt)bohrungen
oder (re)aktivierten Störungen sowie flächenhaft durch
das Deckgestein auftreten (Abb. 1). Um das Verhalten und
die Ausbreitung des injizierten CO2 im Speicherhorizont zu
überwachen und potenzielle Leckagen frühzeitig zu detektieren, sind umfangreiche geophysikalische und geochemische Monitoringtechniken notwendig.
Neben der Leckage von CO2 und den damit verbundenen
Gefahren können bei der Speicherung in salinen Aquiferen weitere Risiken entstehen. Das injizierte CO2 verdrängt
die in den Speicherhorizonten vorhandenen salinen Formationsfluide (Abb. 1). Diese primär lateral verdrängten
Formationsfluide können die Deckschichten durchdringen und/oder entlang von Störungen in höher gelegene
Grundwasserhorizonte aufsteigen. Bedenkt man, dass
bei der industriellen CO2-Speicherung die CO2-Fahnen im
Speicherhorizont laterale Ausdehnungen im 10er bis 100er
km2 Maßstab erreichen werden, ist von einer entsprechend
weitreichenden Verdrängung und Mobilisierung der Formationsfluide auszugehen. Neben einem potenziellen Aufstieg in höher gelegene Horizonte kann diese Verdrängung
der Formationsfluide auch einen limitierenden Faktor
für die Kapazitätsberechnungen darstellen. Eine genaue
Kenntnis, Bewertung und Überwachung der Ausbreitung
der Formationsfluide ist deshalb für eine sichere, dauerhafte CO2-Speicherung unerlässlich.
Abb. 1: Schematische Darstellung potenzieller Risiken bei der CO2Speicherung in salinen Aquiferen. Altbohrungen sowie (re)aktivierte Störungen stellen dabei mögliche Leckagewege für das CO2 dar.
Zusätzlich führt die Ausbreitung des CO2 im Untergrund zu einer
Verdrängung und Mobilisierung von salzhaltigen Formationsfluiden,
die eventuell in höher gelegene Grundwasserhorizonte aufsteigen
können.
77
Klima im System Erde
Neue Gesundheitsrisiken
Ulrich Kuch
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung, Biodiversität und
Klima Forschungszentrum (BiK-F), [email protected]
Der anthropogene Klimawandel ist sowohl auf direkte als
auch auf indirekte Weise mit einer Vielzahl von Risiken
für die Gesundheit von Menschen, Nutz- und Wildtieren
verbunden. In ihrer Häufigkeit zunehmende Extremwetter-Ereignisse wie Hitzewellen (oft mit Dürren und Bränden), Zyklone und besonders schwere oder lang anhaltende Regenfälle und Überflutungen ziehen neben ihren
direkt beobachtbaren Auswirkungen ein breites Spektrum
an Gesundheitsproblemen nach sich, das von wasser- und
insektenübertragenen Infektionskrankheiten und Schlangenbissen bis hin zu akuter und chronischer Unterernährung und langanhaltenden sozialen Verwerfungen reichen
kann. Langsamere Veränderungen wie steigende Temperaturen und Meeresspiegel, die zu einer Verringerung der
nutzbaren Landfläche führen, oder allmähliche Änderungen von Niederschlägen und Grundwasser, erhöhen stetig
die Verletzlichkeit der betroffenen Bevölkerung. Hieraus
können Kettenreaktionen von Problemen für das öffentliche Gesundheitswesen entstehen, die ihre Zuspitzung
nicht selten in der Herausforderung finden, unter widrigen Umweltbedingungen eine große Anzahl ihrer Lebensgrundlage beraubter Menschen versorgen zu müssen.
Mit unerwünschten Auswirkungen des Klimawandels
muss auch bei Vorkommen, Verbreitung und Häufigkeit
bestimmter Pathogene und ihrer Überträger wie Stechmücken, Zecken oder Nagetieren gerechnet werden, die alle
in vielfältiger Weise von klimatischen Faktoren abhängig
sind. Die Komplexität der Veränderung ganzer Ökosysteme
in Verbindung mit Aussterbe- und Einwanderungsereignissen und z.T. schneller genetischer Anpassung bedingt hier
einen großen, fächerübergreifenden Forschungsbedarf.
Besondere Brisanz verleiht dieser Thematik der Umstand,
dass der Mensch durch Waren- und Reiseverkehr dem
78
Klimawandel sogar noch vorgreift, indem er „exotische“
Krankheitsüberträger wie die Asiatische Tigermücke (Abb.
1) um den ganzen Globus verbreitet. Nicht nur sind solche
Tiere in der Lage, sich in Regionen mit bereits heute günstigem Klima dauerhaft auszubreiten und örtliche Pathogene zu übertragen, sie stellen auch Krankheitsüberträger
dar, die sich in zweifachem Sinne „in der Warteschleife“
befinden: für wärmeres Klima in höheren Breiten und für
die Ankunft der passenden tropischen Viren etwa in Zugvögeln oder erkrankten Reisenden. Klimabedingte Migration und damit zusammenhängende weitere unkontrollierte Urbanisation werden derartige Risiken potenzieren.
Abb. 1: Die Asiatische Tigermücke (Aedes albopictus) ist im Mittelmeergebiet bereits weit verbreitet. In Italien verursachte sie 2007 den
Ausbruch des Chikungunya-Fiebers, einer tropischen Viruserkrankung. (Foto: James Gathany, CDC)
Hochwasser-Risikomanagement in Zeiten des globalen Wandels
Hochwasser-Risikomanagement in
Zeiten des globalen Wandels
Bruno Merz
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Sekt. 5.4 Hydrologie,
[email protected]
Hochwasserrisiken entstehen aus der Interaktion von
Gefährdung, Exposition und Anfälligkeit. Alle drei Risikokomponenten ändern sich in der Zeit und die Änderungsraten werden zunehmend höher. Die Gefährdung,
ausgedrückt durch die Wahrscheinlichkeit und Magnitude von Hochwasserabflüssen, verändert sich aufgrund des
Klimawandels, auch wenn seine Auswirkungen auf die
regionale Hochwassersituation heute noch mit sehr großen Unsicherheiten behaftet sind. Die Exposition erfasst
die durch Hochwasser gefährdeten Menschen, Sachwerte
und Ökosysteme. Ihre Anfälligkeit entscheidet letztendlich
darüber, wie stark sie bei einem bestimmten Hochwasser
geschädigt werden. Während sich der Klimawandel auf
Zeitskalen von Dekaden und Jahrhunderten vollzieht,
können sich Exposition und Anfälligkeit schneller ändern.
Außerdem haben sie in vielen Fällen einen stärkeren Effekt auf Veränderungen des Hochwasserrisikos als Änderungen der Gefährdung.
Abb. 1: Veränderung der Hochwassergefährdung in Deutschland
für die Periode 1951-2002: Trendanalyse der Hochwasserabflüsse im
Winterhalbjahr für 145 Einzugsgebiete. Punkte bzw. Pfeile zeigen die
Lokation der Pegel. 23% der Einzugsgebiete zeigen einen signifikanten steigenden Trend (Pfeile), 77% der Einzugsgebiete zeigen keinen
signifikanten Trend (Punkte), fallende Trends werden nicht detektiert.
Der Klimawandel und andere weitreichenden und teilweise nicht vorhersagbaren Effekte des globalen Wandels
vergrößern die Unsicherheit für den Umgang mit Hochwasserrisiken. In Anbetracht großer Unsicherheiten sind
die traditionellen Schutzstrategien zu überprüfen. Es sind
insbesondere adaptierbare und no-regret Strategien zu
stärken und in das Risikomanagement zu integrieren.
Literatur
[1] aus Petrow, Th., Merz, B., 2009: Trends in flood magnitude,
frequency and seasonality in Germany in the period 1951 –
2002. Journal of Hydrology, 371, 129 – 141 doi: 10.1016/j.jhydrol.2009.03.024.
79
Klima im System Erde
Das Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F), Frankfurt
auch in der Organisation des Biodiversität und Klima Forschungszentrums mit seinen sechs Projektbereichen wider
(siehe Abb. 1).
Volker Mosbrugger 1 & Krohmer, J.²
Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung,
[email protected]
2
Biodiversität und Klima Forschungszentrum; Senckenberganlage
25, 60325 Frankfurt, [email protected]
1
Kernaufgabe des seit 1. Juli 2008 im Rahmen der hessischen Landes-Offensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) geförderten Biodiversität und Klima Forschungszentrum (BiK-F) ist es,
durch transdisziplinäre Forschung neue Erkenntnisse
über die Wechselwirkungen zwischen Biodiversität und
Klima zu gewinnen. Dabei werden mit innovativen Forschungsansätzen und unter Einsatz eines breiten Spektrums moderner Methoden – von der satellitengestützten
Fernerkundung bis hin zu Molekulargenetik und Massenspektrometrie – die Zusammenhänge von Klimawandel
und Biodiversitätsveränderungen in der erdgeschichtlichen Vergangenheit und in der Gegenwart analysiert. Ziel
ist es, daraus verlässliche Projektionen für die Zukunft
und mögliche Handlungsoptionen abzuleiten.
Die Aufgabenstellung umfasst eine organismisch orientierte Klimafolgenforschung ebenso wie die Rückkopplungen der Biodiversitätsveränderungen auf das Klima.
Untersucht werden dabei lang-, mittel- und kurzfristige
Prozesse, nämlich die Wechselwirkungen zwischen Klima
und Evolution, zwischen Klima und Arealveränderungen
sowie zwischen Klima und ontogenetischen Anpassungen.
Um auch die verschiedenen Lebensräume und Klimaregionen zu erfassen, werden die Studien in marinen und
terrestrischen Systemen in tropisch/subtropischen, in
gemäßigten und in alpin/polaren Klimazonen durchgeführt; eine räumliche Konzentration erfolgt auf ein NordSüd-Transekt von Nordeuropa über den gesamten Mittelmeerraum, die arabischen Küsten und Afrika bis in die
Antarktis. Dieses wissenschaftliche Konzept spiegelt sich
80
Um die Forschungsergebnisse erfolgreich in die Politik und
Anwendung zu übermitteln, erfolgt eine enge Zusammenarbeit mit politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Akteuren. Im Dialog mit den jeweils relevanten
Anspruchsgruppen werden die Daten und Erkenntnisse
des Forschungszentrums entsprechend aufbereitet. Hierzu
gehören Beiträge in Form von Szenarien einer veränderten Fauna und Flora ebenso wie die Analyse der sozialökologischen und sozial-ökonomischen Wirkungen, die
von einer solchen veränderten Tier- und Pflanzenwelt ausgehen, insbesondere hinsichtlich der Folgen für Nutzung
und Schutz natürlicher Ressourcen und im Hinblick auf
weitere ökosystemare Dienstleistungen.
Beteiligte Partner: Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung (Frankfurt a.M., Federführung), Goethe-Universität (Frankfurt a.M.), Institut für sozial-ökologische
Forschung (Frankfurt a.M.), Deutscher Wetterdienst (Offenbach); EUMETSAT (Darmstadt).
Abb. 1: Struktur und Forschungsinhalte des neuen Forschungszentrums.
Nordseesturmfluten im Klimawandel – Entwicklungen und Schutzmaßnahmen
Nordseesturmfluten im Klimawandel –
Entwicklungen und Schutzmaßnahmen
Hans von Storch, Insa Meinke & Weisse, R.
Institut für Küstenforschung, GKSS Forschungszentrum Geesthacht,
[email protected], [email protected], [email protected]
Der Meeresspiegel ist in den letzten 100 Jahren weltweit
durchschnittlich etwa zwei Dezimeter angestiegen. Auch
der Meeresspiegel in der Nordsee hat mit dieser Entwicklung ungefähr Schritt gehalten. Weil Sturmfluten daher
heute durch den Meeresspiegelanstieg ein höheres Ausgangsniveau als früher vorfinden, laufen sie in der Nordsee durchschnittlich etwa zwei Dezimeter höher auf als
noch vor 100 Jahren.
Zusammenfassung
Bisher hat sich der vom Menschen verursachte Klimawandel kaum auf die Nordseesturmfluten ausgewirkt.
Künftig können sie jedoch höher auflaufen. Bis 2030 ist
der derzeitige Küstenschutz an der Nordsee fast genauso
wirksam wie heute. Bis Ende des Jahrhunderts kann jedoch Handlungsbedarf entstehen, denn bis dahin können
Sturmfluten drei bis elf Dezimeter höher auflaufen als
heute. Wie sich küstennahe Prozesse, wie zum Beispiel Gezeiten, Sedimentation und wasserbauliche Maßnahmen,
auf Wasserstände in der Deutschen Bucht auswirken können, muss künftig noch erforscht werden.
Bisher Sturmfluten nur durch Meeresspiegelanstieg höher
Wie stark sich Sturmfluthöhen an der deutschen Nordseeküste ändern, hängt in erster Line vom Meeresspiegelanstieg und vom Windklima in der Deutschen Bucht
ab. Die Windverhältnisse haben sich über der Nordsee mit
dem Klimawandel bisher nicht systematisch verändert.
Sowohl Wind- als auch Luftdruckmessungen zeigen vielmehr, dass Stärke und Häufigkeit der Nordseestürme im
letzten Jahrhundert starken Schwankungen unterlagen.
Diese liegen jedoch im normalen Schwankungsbereich.
Eine Sturmsaison bringt heute aufgrund des vom Menschen verursachten Klimawandels weder heftigere noch
häufigere Stürme in der Deutschen Bucht hervor als zu
Beginn des letzten Jahrhunderts. Dementsprechend laufen
Sturmfluten heute windbedingt nicht höher auf als noch
vor 100 Jahren.
In Zukunft können sich zusätzlich stärkere Stürme auswirken
Klimarechnungen für die Zukunft weisen darauf hin, dass
der Meeresspiegel weltweit künftig stärker ansteigen kann
als bisher. In den letzten Jahrzehnten ist der globale Meeresspiegel durchschnittlich bereits stärker angestiegen als
zu Beginn des letzen Jahrhunderts. Würde man die derzeitige Anstiegsrate auf 100 Jahre linear fortschreiben, läge
der Meeresspiegelanstieg bei etwa drei Dezimeter. Der UN
Klimarat IPCC erwartet bis Ende des 21. Jahrhunderts einen Meeresspiegelanstieg von etwa zwei bis sechs Dezimeter. Das bedeutet, dass sich die durchschnittliche bisherige
Anstiegsrate des letzten Jahrhunderts (zwei Dezimeter) im
nächsten Jahrhundert verdreifachen kann, mindestens
aber gleich bleibt. Bis 2030 könnte der Meeresspiegel im
weltweiten Durchschnitt verglichen zu heute etwa ein bis
zwei Dezimeter ansteigen. Außerdem können sich Prozesse in den großen Eisschilden Grönlands und der Antarktis
so verstärken, dass sie den globalen Meeresspiegel zusätzlich ansteigen lassen. Insgesamt ist dann laut IPCC ein
weltweiter Meeresspiegelanstieg von zwei bis acht Dezimeter bis zum Ende des 21. Jahrhunderts plausibel.
Obwohl sich das Windklima über der Nordsee bisher nicht
systematisch geändert hat, weisen Klimarechnungen für
die Zukunft darauf hin, dass die Nordseestürme im Winter
stärker werden können. Dies gilt vor allem für Stürme aus
westlichen und nördlichen Richtungen. Hauptsächlich
Stürme aus diesen Richtungen stauen auch die Wassermassen an der deutschen Nordseeküste auf. Sturmflutszenarien weisen darauf hin, dass Sturmflutwasserstände
windbedingt bis zum Ende des Jahrhunderts höher auf-
81
Klima im System Erde
laufen können. Die Wissenschaftler am GKSS-Institut für
Küstenforschung erarbeiten derzeit weitere Szenarien für
künftige windbedingte Änderungen von Sturmflutwasserständen in der Nordsee. Die aktuellen Ergebnisse haben
die bisherige Spannbreite von einem bis drei Dezimeter
bestätigt, um welche die Sturmflutwasserstände an der
Nordseeküste bis Ende des Jahrhunderts höher auflaufen
können.
Geht man nun davon aus, dass der Meeresspiegelanstieg
an der deutschen Nordseeküste auch künftig etwa dem
durchschnittlichen globalen Meeresspiegelanstieg entspricht, wird auch das Ausgangsniveau der Nordseesturmfluten in Zukunft weiter ansteigen. Zusammen mit einem
veränderten Windklima können Nordseesturmfluten bis
zum Ende des Jahrhunderts dann insgesamt etwa drei bis
elf Dezimeter höher auflaufen als heute.
Bis 2030 ist der aktuelle Küstenschutz an der Nordsee ungefähr noch so wirksam wie heute, denn bis dahin werden
Sturmfluten voraussichtlich „nur“ ein bis drei Dezimeter
höher auflaufen als heute. Bis Ende des Jahrhunderts kann
durch die erhöhten Sturmflutwasserstände allerdings
Handlungsbedarf entstehen. Bis dahin müssten Küstenschutzmaßnahmen angepasst werden. Küstenbewohnern
muss das Sturmflutrisiko bewusster werden, damit sie
ihre Lebensbereiche vor möglichen Beeinträchtigungen
schützen.
Genauere Kenntnisse küstennaher Prozesse
nötig
Die künftigen Änderungen für den Meeresspiegelanstieg
stammen aus dem jüngsten Bericht des UN Klimarates
IPCC 2007. Der Meeresspiegel kann jedoch in verschiedenen Regionen unterschiedlich stark ansteigen. Beispielsweise können Änderungen der Ozeanzirkulation
die Deutsche Bucht anders beeinflussen als den Golf von
Mexiko. Außerdem können langfristige Änderungen im
Luftdruck- und Schwerefeld der Erde zu unterschiedlichen
Anstiegsraten des Meeresspiegels in verschiedenen Regionen führen. Die „Delta Commissie“ hat unter Mitarbeit
82
von GKSS-Wissenschaftlern für die Niederlande ein regionales „worst case“ Szenario erarbeitet. Demnach ist ein
Meeresspiegelanstieg von dreizehn Dezimetern bis zum
Ende des 21. Jahrhunderts an der Niederländischen Küste nicht auszuschließen. Für die deutsche Nordseeküste
ist der mögliche zukünftige Meeresspiegelanstieg bisher
nicht regional abgeschätzt worden. Die Angaben zu den
veränderten künftigen Sturmflutwasserständen können
sich somit ändern, wenn es genauere Abschätzungen zum
regionalen Meeresspiegelanstieg in der Deutschen Bucht
gibt.
Wie hoch die Wellen dann tatsächlich am Deich auflaufen, wird neben dem Wasserstand auch durch den Seegang
beeinflusst. Windbedingt liegen auch die bisherigen Änderungen des Seegangs im normalen Schwankungsbereich.
In Verbindung mit den möglichen künftigen Änderungen
des Windklimas kann sich der Seegang in der Deutschen
Bucht während einer Sturmflut Ende des Jahrhunderts
um zwei bis fünf Dezimeter erhöhen. Wie genau sich demzufolge künftig der Wellenauflauf am Deich verändern
kann, ist bisher aber nicht bekannt.
Neben dem Meeresspiegelanstieg und dem Windklima
wirken sich außerdem die Gezeiten auf Sturmfluthöhen
aus. Innerhalb der Deutschen Bucht haben sie sich seit
Mitte des letzten Jahrhunderts zum Teil stark verändert.
Die Ursachen hierfür und die möglichen künftigen Veränderungen im Gezeitenregime sind bisher noch ungeklärt. Auch Form und Beschaffenheit des Untergrundes
können Sturmflutwasserstände verändern. Insbesondere
im Bereich der Elbe haben sich Sturmflutwasserstände in
der Vergangenheit stärker erhöht als in anderen Regionen
der Deutschen Bucht. Als Ursache kommen auch wasserbauliche Maßnahmen infrage. Fraglich ist außerdem ob
die küstennahe Sedimentation das Watt auch mit einem
künftig möglicherweise stärkeren Meeresspiegelanstieg
mitwachsen lässt. Wäre das nicht der Fall würde sich dies
neben den Folgen für das Ökosystem auch auf die Sturmfluthöhen auswirken können. Bevor mögliche künftige
Nordseesturmfluten im Klimawandel – Entwicklungen und Schutzmaßnahmen
Änderungen durch den vom Menschen verursachten Klimawandel regional genauer abgeschätzt werden können
müssen noch viele einzelne Prozesse und Wechselwirkungen genauer verstanden werden.
Für die Beratung von Entscheidungsträgern vor Ort steht
das Norddeutsche Klimabüro der GKSS zur Verfügung,
­siehe www.norddeutsches-klimabuero.de.
Literatur:
Grabemann, I., Weisse, R. (2008): Climate change impact on extreme
wave conditions in the North Sea: an ensemble study Ocean Dynamics, 58(3-4), 199-212, doi:10.1007/s10236-008-0141-x
Langenberg, H., Pfizenmayer, A., von Storch, H., Sündermann,J.
(1999): Storm related sea level variations along the North Sea
coast: natural variability and anthropogenic change, Cont. Shelf
Res., 19, 821-842
Rockel, B., Woth, K. (2007): Future changes in near surface wind extremes over Europe from an ensemble of RCM simulations, Climate Change, doi:10.1007/s10584-006-9227-y
von Storch, H., Gönnert, G., Meine, M. (2008): Storm surges an option for Hamburg, Germany, to mitigate expected future aggravation of risk, Env. Sci. Pol., 11, 735-742, doi:10.1016/j.envsci.2008.08.003
von Storch, H., Woth, K. (2008): Storm surges, perspectives and options, Sustainability Science, 3, 33-44, doi: 10.1007/s11625-0080044-2
Weisse, R., Plüß, A. (2006): Storm related sea level variations along
the North Sea Coast as simulated by a high-resolution model
1958-2002, Ocean Dynamics, 56(1), 16-25, doi: 10.1007/s10236005-0037-y
Woth, K. (2005): Projections of North Sea storm surge extremes in
a warmer climate: How important are the RCM driving GCM
and the chosen scenario? Geophys. Res. Lett., 32, L22708,
doi:10.1029/2005GL023762
83
Klima im System Erde
Wissenstransfer – eine zentrale
Herausforderung
Bernd Stribrny
Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum, Abteilung
Paläontologie und Historische Geologie, und BiKF Biodiversität und
Klima Forschungszentrum, [email protected]
Wissen, abgeleitet vom althochdeutschen Wort wizzan
beziehungsweise von der indogermanischen Perfektform
*woida, „ich habe gesehen,“ somit auch „ich weiß“ (Wikipedia), wird sehr unterschiedlich definiert und ist „a
matter of on-going debate among philosophers“. Wissenstransfer läuft ganz allgemein durch jede Form der
Kommunikation zwischen Personen oder Gruppen ab. Als
Beispiele seien der Wissensfluss zwischen Professor und
Student, Ärztin und Patient oder Verkäufer und Kunde
genannt, wobei die Richtung des Austauschs keine Rolle
spielt. Geschichtlich betrachtet stellen die Höhlenmalereien von Altamira (19 000–1200 v. Chr.), die Keilschrift
der Sumerer (3500 v. Chr.), die Erfindung des Buchdrucks
(1452 n. Chr.) und schließlich das Internet (1969 n. Chr.)
Meilensteine im Einsatz neuer Techniken für den Wissenstransfers dar.
Wissenstransfer über das Klima und System
Erde – wo liegen hier die zentralen Herausforderungen?
Erstens, beide Systeme verfügen über riesige Raum- und
Zeitskalen, die sich der direkten Betrachtung – siehe oben
„ich habe gesehen“ – und dem Vorstellungsvermögen entziehen. Zweitens stellen das Klima und die Erde komplexe
multikausale Systeme dar, die durch intensive Wechselwirkungen miteinander verbunden sind (Abb. 1). Wissen
über derartige Systeme zu erarbeiten ist schwierig, es zu
transferieren ebenso. Für einen erfolgreichen Transfer ist
es häufig notwendig, naturwissenschaftliches Systemwissen in allgemein verständliches „Handlungswissen“ zu
überführen, damit es von Entscheidungsträgern in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft aufgenommen und in
Maßnahmen umgesetzt werden kann. Computergestütz-
84
te Entscheidungsunterstützungssysteme bieten hier neue
Möglichkeiten bei der operativen oder strategischen Entscheidungsfindung. Bei unstrittigem Wissen läuft dieser
Prozess meist problemlos, es sei denn, die Zielgruppe ist
beratungsresistent. Strittiges Systemwissen aufzubereiten, um es in Handlungswissen zu transferieren, bedarf
einer klaren Trennung von Beobachtung oder Nachricht
und daraus abgeleiteter Interpretation beziehungsweise
Kommentar. Gegensätzliche Auffassungen gilt es zunächst
wertungsfrei aufzuzeigen und anschließend in einer
Stellungnahme zu interpretieren. Dadurch hat die Zielperson gegebenenfalls die Möglichkeit, sich anhand der
Faktenlage eine eigene Meinung zu bilden und die Interpretation zu akzeptieren oder zu verwerfen. Ein Beispiel
für zunächst strittiges Wissen über das System Erde stellt
Alfred Wegeners Theorie von der Kontinentalverschiebung
dar. Wegener trug seine Beobachtungen am 6. Januar 1912
im Frankfurter Senckenberg-Museum vor. Anfangs wurde
seine Theorie heftig diskutiert, dann beinahe vergessen,
heute bildet sie die Grundlage für die Plattentektonik.
Auch die Klimadebatte, geprägt von langwierigen Auseinandersetzungen über die Ursachen der Erderwärmung
und die Höhe des anthropogenen Anteils, ist ein klassisches Beispiel für strittiges Wissen im Klimasystem. Problematisch entwickelt sich der Transfer, wenn Wissen aus
politischen, wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen geschönt, gefärbt oder gar mit Desinformationen versehen
wird. Auch hierfür lassen sich Beispiele finden.
Fazit: Wissenschaft hat die Pflicht, belastbares Wissen zu
schaffen. Im Idealfall ist Wissen qualitätsgesichert. Nach
dem Transfer muss Wissen als fundierte Basis für eine
gesellschaftliche und politische Debatte taugen. Wissens­
transfer ist keine Einbahnstraße und häufig ebenso komplex wie das System Klima und Erde.
Wissenstransfer – eine zentrale Herausforderung
Abb. 1: Windkanter, durch Wind und Sand geschliffene Gerölle aus Geschieben der Weichsel-Eiszeit – ein klassisches Beispiel für Interaktionen
zwischen Klima und Erde. Fundort: Niedersachsen.
85
Klima im System Erde
Komplexe mikrobiologische
Wechselwirkungen in Speichergesteinen – Auswirkungen auf CCS und
Geothermie
Hilke Würdemann, Daria Morozova &
Stephanie Lerm
Deutsches GeoForschungsZentrum GFZ, Zentrum für CO2-Speicherung, [email protected]
Obwohl die Existenz mikrobieller Gemeinschaften in tiefen
Sedimenten mittlerweile anerkannt ist, wurde der Einfluss
mikrobiologischer Stoffwechselprozesse auf die geotechnische Nutzung von Aquiferen bisher nicht systematisch
untersucht. Erste Studien zeigten, dass Mikroorganismen
sowohl die Injektivität im bohrlochnahen Bereich, die Mineralbildung im Reservoir als auch die Beständigkeit der
verwendeten Materialien erheblich beeinflussen können.
Aussagen zur Relevanz von Mikroorganismen für die im
Reservoir ablaufenden Prozesse können mit Hilfe von molekularbiologischen Verfahren getroffen werden, weil sie
auch nicht kultivierbare Organismen erfassen und Aussagen über die Stoffwechselaktivität der gefundenen Organismen liefern können. Ziel unserer Forschungsarbeiten
ist eine Charakterisierung der mikrobiellen Biozönosen in
Aquiferen und die Bewertung möglicher Wechselwirkungen mit der geotechnischen Nutzung. Aus den Ergebnissen
sollen Handlungsempfehlungen für eine Optimierung der
geotechnischen Nutzung abgeleitet werden.
Am Beispiel eines Untertagelabors zur CO2-Speicherung
und zweier geothermischer Anlagen wird die Bedeutung
mikrobiologischer Stoffwechselvorgänge gezeigt. Eine vor
Beginn der CO2-Injektion gefundene erhebliche Minderung der Injektivität konnte durch ein intensives Fluidmonitoring während der Reinigung der Injektionsbohrung
auf untertage ablaufende mikrobiologische Prozesse zurückgeführt werden. Die Korrelation zwischen dem Gehalt
an Feststoffen, dem gelösten organischen Kohlenstoff, den
organischen Säuren und der Abnahme der Sulfatkon-
86
zentration im bohrlochnahen Bereich wiesen auf eine
biologische Umsetzung der organischen Bestandteile der
Bohrspülung hin. Dieser Prozess hatte die Bildung von
Eisensulfid zur Folge, welches die Gesteinsporen im bohrlochnahen Bereich verstopfte.
Für zwei geothermische Anlagen im Norddeutschen Becken ergaben sich klare Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen mikrobieller Aktivität und dem Auftreten
von Korrosion und Injektivitätsminderung. Der Erfolg
von Regenerationsmaßnahmen dokumentierte sich in
der Änderung der Biozönose. So konnte im Anschluss an
eine Desinfektion mit Wasserstoff­peroxid ein filamentöser, kompakte Biofilme bildender Mikroorganismus
(Thiothrix) nicht mehr nachgewiesen werden.
Abb. 1: Fluoreszenzmikroskopische Aufnahme der mikrobielle Biozönose im Fluid der Injektionsbohrung (670m Tiefe) ein Jahr nach
Start der CO2-Injektion. (Blau = DAPI, alle lebenden Zellen, rot =
Sulphatreduzierer, grün = Eubakterien)
Klima im System Erde
Klima im System Erde
Klima im System Erde
Klima im System Erde
TERRA NOSTRA – Schriften der GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung
Übersicht über die erschienenen Hefte 2004–2009
2004/1
2004/2
2004/3
2004/4 2004/5
2005/1
2005/2
2005/3
2005/4
2005/5
2006/1
2006/2
2006/3
2006/3a
90
TSK X. 10. Symposium Tektonik, Struktur- und Kristallingeologie. Kurzfassungen der Vorträge und
Poster. 31.03.–02.04.2004, Aachen. – 108 S. – Verkaufspreis: € 11,50
18th International Senckenberg Conference. VI International Palaeontological Colloquium in
Weimar. Late Neogene and Quaternary Biodiversity and Evolution: Regional Developments and Inter­
regional Correlations. Conference Volume. April 25–30, 2004, Weimar, Germany. – 289 S. –
Verkaufspreis: € 21,A.M.S.El. Workshop 2004. „Analytik als Werkzeug für die Klima- und Geoforschung“.
Programme und Zusammenfassungen der Tagungsbeiträge. 7.–8. Juni 2004, Alfred-Wegener-Institut,
Bremerhaven. – 42 S. – Verkaufspreis: € 7,XXVIII SCAR & COMNAP XVI. SCAR Open Science Conference. “Antarctica and the Southern Ocean in
the Global System”. XI SCARLOP Symposium. “Towards the International Polar Year and Beyond”.
Abstract Volume. July 25–31, 2004, Bremen, Germany. – 480 S. – Verkaufspreis: € 26,Proceedings of the XI SCALOP Symposium. “Towards the International Polar Year and Beyond”.
28 July, 2004, Bremen, Germany. – 242 S. – Verkaufspreis: € 21,19th Colloquium on Latin American Geosciences. April 18–20, 2005, Potsdam. – 147 S. –
Verkaufs­preis: € 14,2nd European Conference on Permafrost. Programme and Abstracts. June 12–16, 2005, Potsdam,
Germany. – 224 S. – Verkaufspreis: € 20,22. Internationale Polartagung der Deutschen Gesellschaft für Polarforschung. Programm und
Zusammenfassung der Tagungsbeiträge. 18.–24. September 2005, Jena. – 151 S. – Verkaufspreis: € 14,50
2nd International Alfred Wegener Symposium. Programme and Abstract. October 30 – November 02,
2005, Bremerhaven, Germany. – 115 S. – Verkaufspreis: € 13,DFG-SPP 1135. Dynamics of the Central European Basin System. 4th Rundgespräch. November 30 –
December 02, 2005, Eringerfeld, Germany. 136 S. – Verkaufspreis: € 14,- vergriffen
ICDP-Workshop PASADO. Potrok Aike Lake Sediment Archive Drilling Project. Scientific
Programme – Abstract Volume – Excursion Guide – Participants. March 15–19, 2006, Rio Gallegos,
Santa Cruz, Argentina. – 90 S. – Verkaufspreis: € 11,50
150 Years of Neanderthal Discoveries. Early Europeans – Continuity & Discontinuity. Congress,
July 21st–26th, 2006 in Bonn, Germany. – 170 S. – Verkaufspreis: € 17,Shaping the Earth’s Surface: Dynamics and Changing Environments. GV International Conference
2006 and 96th Annual Meeting of the Geologische Vereinigung e.V. September 25–29, 2006, Potsdam,
Germany. – 118 S. – Verkaufspreis: € 14,Geomagnetic Field Variations: Space-Time Structure, Processes, and Effects on System Earth.
International Final Colloquium of the German Science Foundation Priority Programme 1097.
Jointly organized by the Deutsche Forschungsgemeinschaft and the Deutsche Akademie der Naturforscher
Leopoldina. October 4–5, 2006. – 120 S. – Verkaufspreis: € 14,-
TERRA NOSTRA – Schriften der GeoUnion Alfred-Wegener-Stiftung
2007/1–2 The Oceans in the Earth System. International Conference 2007 and 97th Annual Meeting of the
­Geologische Vereinigung e.V. (GV), Bremen, Germany, October 1–5, 2007. – 267 S. – Verkaufspreis: € 21,2008/1 23. Internationale Polartagung der Deutschen Gesellschaft für Polarforschung. Münster, 10.–14.
März 2008. Programm und Zusammenfassung der Tagungs­beiträge. – 107 S. – Verkaufspreis: € 14,2008/2 12th International Palynological Congress (IPC-XII), 8th International Organisation of Palaeo­
botany Conference (IOPC-VIII). Abstract Volume. August 30 – September 5, 2008 in Bonn, Germany.
– 337 S. – Verkaufs­preis: € 25,2009/1 KALMAR – First Bilateral Workshop on Russian-German Cooperation on Kurile-Kamchatka
and the ­Aleutean Marginal Sea-Island Arc Systems. Program and Abstracts. Petropavlovsk-Kamchatka, Russia, April 27 – May 1, 2009. – 73 S. – Verkaufspreis: € 10,2009/2 System Erde – Mensch. Handlungsoptionen und Managementstrategien. Dokumentation der
­Strategiekonferenz am 12. und 13. Juni 2008 in Berlin. Herausgegeben von Rolf Emmermann, Gerold
Wefer und Volker Mosbrugger. – 118 S. – Verkaufspreis: € 5,2009/3 Paläontologie. Schlüssel zur Evolution. 79. Jahrestagung der Paläontologischen Gesellschaft,
Bonn, 5.–7. Oktober 2009. Kurzfassung der Tagungsbeiträge. – 126 S. – Verkaufspreis: € 14,2009/4
Annual Meeting of the German Association of Stable Isotope Research (GASIR). Abstract Volume. –
Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Stabile Isotope e.V. (ASI). Tagungsband. – AWI Potsdam,
5.–7. Oktober 2009. – 86 S. – Verkaufspreis: € 10,-
Gesamtübersicht über die Hefte seit 1993:
http://www.geo-union.de/TERRA_NOSTRA_1993-2008.pdf
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Klima im System Erde
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