www.evimed.ch Tumor-Nekrose-Faktor-alpha-Blocker assoziiert mit schweren Infektionen und Malignomen Frage: Ist eine Therapie mit Tumor-Nekrose-Faktor-alpha-Blockern bei Patienten mit rheumatoider Arthritis mit dem Auftreten von schweren Infektionen und Malignomen assoziiert? Hintergrund: Tumor-Nekrose-Faktor-alpha-Blocker werden bei Patienten mit rheumatoider Arthritis eingesetzt. Es bestehen aber Bedenken, dass mit einer solchen Therapie die Abwehr gegenüber Infektionen und Tumoren geschwächt wird. Die Resultate von einzelnen randomisiert, kontrollierten Studien mit Tumor-Nekrose-Faktor-alpha-Blockern sind widersprüchlich. Wohl vor allem deshalb, weil diese Studien zu klein sind, um ein erhöhtes Risiko für Infektionen und Tumore nachweisen zu können. Einschlusskriterien: • Randomisiert, kontrollierte Studien, welche: o Patienten mit rheumatoider Arthritis einschlossen o Tumor-Nekrose-Faktor-alpha-Blocker (nur Infliximab oder Adalimumab) mit Placebo über mindestens 12 Wochen verglichen o Das Auftreten von schweren Infektionen und Malignomen erfassten Ausschlusskriterien: • Randomisiert, kontrollierte Studien, welche Etanercept mit Placebo verglichen. Studiendesign: Systematic Review Resultat: • • • • • Neun Studien konnten eingeschlossen werden. In sieben dieser Studien wurden Patienten eingeschlossen, bei denen ein Therapieversuch mit Methotrexat nicht erfolgreich war. Die Therapiedauer betrug in einer Studie 12 Wochen, in den anderen zwischen 24 und 52 Wochen. Die Qualität der Studien war im Allgemeinen gut. In den Behandlungsgruppen traten bei 3493 Patienten 29 Malignome auf (0.8%) gegenüber 3 in den 1512 Patienten der Kontrollgruppen (0.2%). Die Behandlungsgruppen hatten damit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Malignomen (odds ratio 3.3, 95% CI 1.29.1). Das Risiko war jedoch dosisabhängig. In Studien mit höheren Dosen traten häufiger Malignome auf (odds ratio 4.3, 95% CI 1.6-11.8) als in Studien mit niedrigen Dosen (odds ratio 1.4, 95% CI 0.3-5.7). Die Wahrscheinlichkeit für schwere Infektionen war mit Tumor-Nekrose-Faktor-alpha-Blockern gegenüber Placebo auch erhöht (odds ratio 2.0 (95% CI 1.3-3.1). Allerdings gab es keine Unterschiede zwischen Studien mit hohen oder niedrigen Dosen. Die number-needed-to-harm (Anzahl Patienten, die behandelt werden müssen, bis eine schwere Nebenwirkung auftritt) betrug für eine Behandlungsdauer von 6-12 Monaten 154 (95% CI 91-500) für Malignome und 59 (95% CI 39-125) für schwere Infektionen. www.evimed.ch Kommentar: • • • • Der Systematic Review wurde sorgfältig durchgeführt. Beispielsweise wurden auch pharmazeutische Firmen für zusätzliche Daten angefragt und eine sorgfältige statistische Analyse durchgeführt. Studien mit Etanercept wurden nicht eingeschlossen. Die Autoren argumentieren, dass Etanercept eine grundsätzlich andere immunmodulatorische Wirkung hat wie Infliximab oder Adalimumab, die in die Analysen eingeschlossen wurden. Allerdings hätten die Analysen für die verschiedenen Wirkstoffe getrennt gemacht werden können, so dass das Argument der Autoren nicht plausibel erscheint. Eine Unklarheit besteht bezüglich der Unabhängigkeit der Autoren gegenüber der pharmazeutischen Industrie, welche die Editoren von JAMA veranlasst hat, einen Kommentar zu schreiben. Dies ist ziemlich unüblich und drückt Misstrauen gegenüber den Autoren aus. Die Resultate sind für die Produzenten von Infliximab oder Adalimumab sicherlich nicht erfreulich. Die Autoren machten jedoch erst Angaben zu ihren Verbindungen zur pharmazeutischen Industrie, als der vorliegende Artikel bereits editiert war. Für den Leser bleiben die Konsequenzen dieses Konflikts aber unklar. Diese Arbeit ist jedoch sicherlich von Bedeutung, weil sie mit den relativ niedrigen numberneeded-to-harm auf relevante Nebenwirkungen von Tumor-Nekrose-Faktor-alpha-Blockern hinweist. Literatur: Bongartz T. et al: Anti-TNF antibody therapy in rheumatoid arthritis and the risk of serious infections and malignancies: systematic review and meta-analysis of rare harmful effects in randomized controlled trials. JAMA. 2006 May 17;295(19):2275-85. Verfasser: Milo Puhan