14 akademie Molekulare Onkologie Zielgenau gegen Krebszellen Eine Mutationsanalyse als prognostischer und prädiktiver Test bei Gastrointestinalen Stromatumoren optimiert die Therapiesteuerung. 5_2010 ter Erkrankung erfolgt eine sogenannte Target-Therapie mit Tyrosinkinase-Hemmern. Ursache: Gen-Mutation Ursache für die Entstehung von GIST ist eine Genmutation, die zur Veränderung eines Rezeptorproteins (Rezeptor-Tyrosinkinase) an der Oberfläche bestimmter Zellen führt. Die Rezeptor-Tyrosinkinase dient als Bindungsstelle für Wachstums- beziehungsweise Botenstoffe. Bei Bindung wird über eine Signalkette das Zellwachstum angeregt. Löst sich die Bindung, wird die Signalkette unterbrochen – die Aktivität der Zelle einschließlich der Zellteilung wird verlangsamt. Im Fall einer Mutation ist die Rezeptor-Tyrosinkinase dauerhaft aktiv. Es kommt zu einem unkontrollierten Zellwachstum. Die meisten GIST zeigen Mutationen im KIT-Gen (CD117), bei wenigen ist das Gen PDGFRA (platelet derived growth factor A) betroffen. Ziel der neuen therapeutischen Ansätze bei fortgeschrittener oder metastasierter Erkrankung ist es, die Aktivität der Rezeptor-Tyrosinkinasen und damit Zellwachs- Fotos: Sebastian Kaulitzki, ktsdesign (Fotolia) Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) zählen zu den Weichteil- oder Weichgewebstumoren (Sarkome) im Magen-Darm-Trakt, die zum Teil erst seit wenigen Jahren eindeutig diagnostiziert werden können. Mit 50 bis 70 Prozent entwickeln sie sich am häufigsten im Magen gastro, gefolgt von zirka 20 bis 30 Prozent im Dünndarm intestinal. Selten haben sie ihren Ursprung im Zwölffinger- oder Dickdarm oder in der Speiseröhre. Mittleres Alter bei Erkrankungsbeginn ist 55 bis 65 Jahre. Kinder und Jugendliche sind sehr selten betroffen. Im deutschsprachigen Raum geht man von zirka 15 neuen Fällen je eine Million Einwohner aus, also 1500 bis 1800 Neuerkrankungen pro Jahr. Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Etwa die Hälfte der Tumore rezidiviert nach der Operation oder metastasiert. Die Risikoeinteilung einer potenziellen Malignität erfolgt nach einer Tabelle des amerikanischen Arztes Fletcher und hängt ab von der Größe des Primärtumors und der Mitoserate. Auf Bestrahlung und Chemotherapie reagieren GIST weitgehend unempfindlich. Die wichtigste Behandlung bei örtlich begrenzten Tumoren ist daher die Operation. Bei fortgeschrittener oder metastasier- akademie 15 tum und -proliferation zu unterbinden. Dies geschieht zum Beispiel durch Blockade der ATP-Bindungsstelle dieser Proteine. Derzeit stehen für die Firstline- und die Secondline-Therapie zwei wirksame Tyrosinkinase-Hemmer zur Verfügung (Glivec/Novartis und Sutent/Pfizer). Das Medikament der Secondline-Therapie kommt bei Resistenz oder Unverträglichkeit während der Firstline-Therapie zur Anwendung. Molekulare Typisierung Die molekulare Typisierung gastrointestinaler Stromatumore gewinnt zunehmend an Bedeutung. Neben der prognostischen Relevanz verschiedener Mutationstypen hat die Kenntnis der zugrundeliegenden KIT- und PDGFRAMutationen auch zentrale Bedeutung für das zu erwartende Therapieansprechen auf die Behandlung mit TyrosinkinaseHemmern. Patienten mit einer Mutation im Exon 11 des KIT-Rezeptors zeigen beispielsweise ein deutlich besseres Ansprechen auf die Therapie mit dem standardmäßig eingesetzten Tyrosinkinase-Hemmer als Patienten mit einer Exon-9Mutation. Daher wird bei einer Mutation in Exon 9 eine doppelte Anfangsdosis des Medikaments empfohlen. GIST ohne den Nachweis einer Mutation in den KIT-Exonen 9 und 11 zeigen oft ein geringes Ansprechen. Verschiedene Studien konnten zeigen, das GIST mit Mutationen im PDGFRA-Gen in der Regel als prognostisch günstiger einzustufen sind als KIT-mutierte Fälle. Eine Ausnahme bildet die häufigste Punktmutation im Exon 18 des PDGFRA-Gens (D842V), welche zu einem primären Therapieversagen führt. GIST-Mutationsanalyse Der KIT- und PDGFRA-Genstatus kann an Formalinfixiertem, Paraffin-eingebettetem Gewebe ermittelt werden, was auch die retrospektive Untersuchung älterer Archivproben ermöglicht. Unser Jenaer Labor bietet diese Analyse in Form einer molekularbiologischen Stufendiagnostik an. Mithilfe eines gefärbten Schnittpräparats wird das Tumorgewebe lokalisiert und durch Makrodissektion selektiv aus dem Paraffinblock entnommen. Nach DNA-Isolation wird die Exon 9 Mutation (A502_Y503dup) mittels Real-Time PCR-Analyse nachgewiesen. PCR-Amplifikationen und die folgende DNA-Sequenzierung definierter Exone des KITRezeptors (Exon 11, 13, 14, 17) und im PDGFRA (Exon 12, 14, 18) erfolgen in Abhängigkeit vom Tumorstatus des Patienten (Primär-/Sekundärtumor). Das Ergebnis der Mutationsanalyse wird anschließend unter Berücksichtigung aktueller klinischer Daten zum prognostischen Therapieansprechen ausführlich befundet. Optimale Behandlungsstrategie Die molekulardiagnostische Analyse des Mutationsstatus definierter Exone des KIT-Rezeptors und des PDGFRA gewinnt zunehmend an Bedeutung für die zielgerichtete Therapiesteuerung bei der Behandlung von fortgeschrittenem oder metastasiertem GIST mit Tyrosinkinase-Hemmern. Kennt der Arzt den Mutationsstatus, kann er die Behandlung optimal auf den Patienten abstimmen (lesen Sie hierzu auch Seite 26 dieser Ausgabe). Individualisierte Medizin: In Zukunft könnte jeder Patient eine auf seine Genetik und Biologie hin optimierte Therapie erhalten. Kontakt Dr. rer. nat. Jörg Schickel synlab/Oncoscreen Löbstedter Straße 93 07749 Jena Tel: 0 36 41 – 5 07 40 E-Mail: [email protected] 5_2010